faktor Sommer 2023
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mensch<br />
Die Distribo GmbH, ein Joint Venture beider Unternehmen,<br />
leistet in Göttingen komplexe Lagerlogistik und<br />
Produktionsversorgung. Zufall ist dabei der alleinige Investor<br />
des im <strong>Sommer</strong> 2014 eingeweihten Logistikzentrums<br />
am Siekanger.<br />
Gerade entsteht dort das nachhaltigste Logistikzentrum<br />
der Region. Alles, was technisch machbar ist, wird<br />
umgesetzt, so dass das Gebäude 60 Prozent weniger<br />
Energie verbraucht, als es bei einer konventionellen Bauweise<br />
der Fall wäre. „So klimatisieren wir mit einer<br />
Sheddach-Konstruktion, die das Licht herein und die<br />
Wärme draußen lässt, und kommen komplett ohne fossile<br />
Brennstoffe aus. Es wird am Ende des Tages ein energiepositives<br />
Gebäude sein, das die extrem hohen Kundenanforderungen<br />
von Sartorius erfüllen wird“, sagt<br />
Müller-Kronberg. Für Zufall ist das mit weit über 20<br />
Millionen Euro die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte.<br />
Ziel der Zufall logistics group ist es, zum<br />
100-jährigen Jubiläum nicht nur CO 2 -neutral zu sein,<br />
sondern zusätzlich die Rentabilität zu verdoppeln – das<br />
erfordert Mut, Logistik neu zu denken.<br />
NEUE THEMEN BRAUCHEN einen eigenen Raum,<br />
in dem man sich bewusst Zeit nimmt und mit neuen<br />
Impulsen und neuer Methodik an der Zukunft arbeitet.<br />
„Das ist im turbulenten Tagesgeschäft schwierig“, erzählt<br />
Müller-Kronberg. Dieser Raum entstand 2019 mit dem<br />
zufall.lab auf dem ehemaligen Gelände der Spedition<br />
Hermann Weber. „Es braucht offene und kreative Menschen.<br />
Und vielfältige Perspektiven, auch aus anderen<br />
Wirtschaftszweigen, um ein neues Kundenverständnis<br />
und neue, zunehmend digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln“,<br />
ergänzt der CEO.<br />
Entstanden ist eine Zukunftswerkstatt, in der hierarchiefrei<br />
und erlebbar anders gearbeitet wird. Und tatsächlich<br />
herrscht hier eine angenehme Atmosphäre mit<br />
offen gestalteten und flexibel nutzbaren Räumen. Nachhaltigkeit<br />
ist ein Wort, das häufig fällt. So lag der Umbau<br />
des alten Gebäudes unter den Kosten eines Neubaus.<br />
Vorhandenes wurde, wo immer möglich, integriert. Das<br />
Dach wurde begrünt, und im Innenhof hat sich am kleinen<br />
Teich ein Entenpärchen eingenistet. Die Vitra-Stühle,<br />
auf denen wir beim Interview sitzen, kommen aus zweiter<br />
Hand, und Teile der ehemaligen Deckenverkleidung<br />
dienen heute als Schallschutzelemente. „Dass wir unsere<br />
Zukunft gerade in diesen Räumen gestalten können, die<br />
jahrzehntelang Heimat für klassisches Speditionsgeschäft<br />
gewesen sind, schafft für uns eine besondere Verbindung“,<br />
erklärt Müller-Kronberg bestimmt.<br />
DIE LOGISTIK-BRANCHE stiftet einen enormen Mehrwert<br />
für die Gesellschaft. Sie ist die Voraussetzung für<br />
eine funktionierende Wirtschaft und baute in der Vergangenheit<br />
darauf, dass die Menschen durch ihren Konsum<br />
zum Wachstum beitragen. „Als Unternehmer und<br />
Vater erlebe ich, dass diese Wachstumslogik keine Zukunft<br />
mehr hat. Es geht um ökologische und soziale<br />
Werte“, so Müller-Kronberg. Aber entzieht verantwortungsvoller<br />
und somit reduzierter Konsum einem Transport-<br />
und Logistikunternehmen nicht die wirtschaftliche<br />
Grundlage? Die klare Antwort des CEO lautet: „Der<br />
Weg führt nur über Umdenken.“ Weniger E-Commerce<br />
und mehr Re-Commerce. Upcycling statt neu kaufen,<br />
und Sharing statt selbst besitzen. Regional statt langer<br />
Transportwege. Und ganz oben auf der Liste: Eigenverantwortung.<br />
Jeder steht in der Pflicht, mit dem eigenen<br />
Verhalten einen Beitrag zu leisten. Und darauf aufbauend<br />
gilt es, zu lernen und die richtigen, oft unbequemen<br />
Fragen zu stellen. Noch sind die Antworten für eine<br />
komplett nachhaltige Logistik nicht da, aber Müller-<br />
Kronberg sieht Ansätze in der richtigen Richtung und<br />
Kunden, die zusammen mit der Zufall logistics group<br />
wachsen wollen.<br />
„DIE MENSCHEN BEI ZUFALL haben tolle Ideen. Wir müssen<br />
zuhören und verstehen, was sie sehen“, sagt Müller-<br />
Kronberg. Als schnell denkender Visionär ist er oft zu<br />
ungeduldig, aber es sei elementar, mit den Menschen im<br />
Gespräch zu sein. Auch dafür bietet das zufall.lab einen<br />
großzügigen Rahmen und mit einer Million Euro pro<br />
Jahr ein ausreichendes Budget, sich auszuprobieren, Projekte<br />
anzustoßen und konkrete Entwicklungen voranzutreiben.<br />
So ist ein digitaler Zwilling des Umschlaglagers<br />
aufgebaut worden, mit dem sich Prozesse virtuell testen<br />
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