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SWE Magazin Ausgabe 02_2023 Sommer

Das Magazin der Stadtwerke Erfurt für Kunden und Erfurter mit vielen Geschichten aus und über Erfurt, Informationen zu den Produkten und Dienstleistungen der Stadtwerke, Porträts, Erfurttipps

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Das bedeutet der Ausbau<br />

der E-Mobilität für Erfurt<br />

Die Energiewende in den<br />

Stromnetzen und deren praktische<br />

Umsetzung – wie sieht es im Alltag<br />

in der Landeshauptstadt aus?<br />

Energiewende – ein gigantisches Wort, ist es ja auch.<br />

Wie überall ist dies auch bei der Stadtwerke Erfurt<br />

Gruppe angekommen und beschäftigt die Unternehmen<br />

seit Jahren. Insbesondere auch die Stromnetze.<br />

Aber was heißt dies denn nun im Alltag bzw. für die Zukunft?<br />

Antworten können unter den vielen Mitwirkenden die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der <strong>SWE</strong> Netz GmbH geben, der<br />

<strong>SWE</strong>-Tochter, welche für den Betrieb der Strom- und Gasnetze<br />

in der Landeshauptstadt Erfurt zuständig ist.<br />

Hanno Rupp, Abteilungsleiter Technik Stromnetz (Text) Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

Vielleicht ein bisschen Statistik vorab …<br />

Im Netzgebiet Erfurt sind mittlerweile über 2.300 Einspeiser<br />

elektrischer Energie am gut 3.150 Kilometer langen mit<br />

gut 1.080 bestückten Trafostationen Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetz<br />

angeschlossen, die meisten als Fotovoltaikanlagen<br />

– Tendenz derzeit stark steigend, insbesondere bei<br />

Großflächenanlagen. Größter Erzeuger ist das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk<br />

der <strong>SWE</strong> Energie. Die kleinsten Einspeiser<br />

sind die Mini-Solar-Kraftwerke bis derzeit 600 Watt maximale<br />

Leistung (auch Balkonanlagen genannt). Die Elektromobilität<br />

und der Anschluss elektromobiler Ladeinfrastruktur steigt rasant<br />

– etwa 450 Ladepunkte sind derzeit bei der <strong>SWE</strong> Netz registriert.<br />

Auch die leistungsstarken Wärmepumpen und elektrische<br />

Durchlauferhitzer werden verstärkt nachgefragt und für<br />

den Anschluss an das Netz direkt oder innerhalb der Kundenanlage<br />

über das Kundenportal (www.swe-netz.de/netz+portal)<br />

der <strong>SWE</strong> Netz angemeldet.<br />

Was bedeuten die enormen zusätzlichen<br />

Netzanschlüsse für den Stromnetzbetrieb?<br />

Beispiel Elektromobilität: Die Mitarbeiter der <strong>SWE</strong> Netz beschäftigen<br />

sich seit mehreren Jahren mit den Szenarien, welche Auswirkungen<br />

ein Massen-Roll-out von elektromobiler Ladeinfrastruktur<br />

in einzelnen typischen Stadtgebieten bedeuten würde.<br />

Die Netze bieten derzeit noch ausreichend Kapazitätsreserven –<br />

teilweise 30 bis 40 Prozent. Es könnten also noch einige Ladesäulen<br />

an das Netz angeschlossen werden, ohne dass das<br />

Netz gleich kollabiert. Aber das geht eben nicht überall und so<br />

kommen schon einige Netzteile an die Kapazitätsgrenze. „Eine“<br />

Lösung könnte eine intelligente Netzsteuerung im betroffenen<br />

Gebiet sein, ggf. sogar gekoppelt mit anderen elektrischen<br />

Marktteilnehmern (Stichworte Einspeisemanagement, Nutzung<br />

von Speichern, steuerbare Verbrauchseinrichtungen, Interaktionen<br />

mit E-Mobilen u. v. m.). Das hört sich gut und fortschrittlich<br />

an. Die Entwicklungen gehen in diese Richtung. Es muss aber<br />

auch deutlich gesagt werden, dass einige Basisgrundlagen –<br />

Gesetze, Regularien, technische Anwendungsregeln, technisches<br />

Know-how etc. – erst am Anfang stehen und noch enorme<br />

Zeit in Anspruch nehmen werden. Auch bedeuten Smart<br />

Grids (Fachbegriff für intelligente Netze) auch enorme Investitionen<br />

in Steuerungs- und Kommunikationstechnik und deren<br />

Betreibung. Nicht zu vergessen die besondere IT-Sicherheit, die<br />

für den sicheren Betrieb der Anlagen, aber auch für den Personen-<br />

und Datenschutz von herausragender Bedeutung ist. Der<br />

Bereich Stromnetze der <strong>SWE</strong> Netz ist an vielen Entwicklungen<br />

beteiligt und bereitet sich auf die Anforderungen stringent vor.<br />

Konkret im Alltag bedeutet dies aber auch, dass an manchen<br />

Örtlichkeiten klassische Netzerweiterungen, sprich Netzausbau<br />

und -anschluss, unausweichlich sind und deshalb mit klassischem<br />

Tiefbau und Montage erfolgen muss. Es gibt Netzanmeldungen,<br />

welche bis zu 9 Megawatt Leistung für elektrische<br />

Ladeinfrastruktur nachfragen. Das ist in vielen Netzteilen definitiv<br />

nicht ansatzweise mit normalen wirtschaftlichen Mitteln<br />

leistbar. Es muss also mehr als sonst geplant, gegraben (Tiefbaubaustellen),<br />

elektrotechnische Netzanlagen (Trafostationen,<br />

Mittel- und Niederspannungskabel sowie Datenkabel) beschafft<br />

und montiert werden. Das Ganze ist meistens mit einem<br />

Genehmigungsverfahren verbunden, denn Standorte von Stationen<br />

und Kabelverteilern müssen durch den Grundstückseigentümer<br />

(in der Regel die Stadt Erfurt) gestattet werden. Dies<br />

betrifft auch Großteile der Kabeltrassen, welche in den öffentlichen<br />

Bauraum verlegt werden (z. B. Gehwege).<br />

Energiepolitische Vorgaben<br />

Der Gesetzgeber hat, zuletzt im Osterpaket 2<strong>02</strong>2, einen stringenten<br />

und massiven Ausbauplan mit konkreten Vorgaben für<br />

die Entwicklung von:<br />

➡ elektrisch-regenerativer<br />

Einspeiseleistung (Fotovoltaik, Wind onshore)<br />

➡ Anzahl von Wärmepumpen<br />

➡ Ausbau Ladeinfrastruktur für elektromobile Fahrzeuge<br />

beschlossen und dies mit einem absoluten Beschleunigungsdrang<br />

kommuniziert. Die Vorgaben in Leistung und Stück sehen<br />

Zeiträume bis 2045 vor und bedeuten für den gesamten Energiesektor,<br />

insbesondere für die Stromnetzbetreiber eine gigantische<br />

Aufgabe. Dies muss von der <strong>SWE</strong> Netz antizipiert werden, um angesichts<br />

der derzeit ungünstigen Rahmenbedingungen (eingeschränkte<br />

Kapazitäten für Material, Montagen und Dienstleistungen,<br />

lange Liefer- und Realisierungszeiten, knappe Ressourcen,<br />

Personalmangel – kaum Fachkräfteressourcen etc.) trotzdem das<br />

Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Die Umsetzungen der politischen<br />

Ziele werden durch die Branche und den konkreten, örtlichen<br />

Netzbetreiber in Regionalszenariorechnungen, Netzentwicklungs-<br />

und Netzausbauplänen ermittelt bzw. dargestellt und<br />

sind zukünftig neben anderen Informationen auf einer bundesweit<br />

einheitlichen Webseite einsehbar.<br />

Hemmnisse, Probleme!?<br />

Die <strong>SWE</strong> Netz GmbH sitzt im Prozess dieser Netzentwicklungen<br />

oft zwischen den Stühlen der beteiligten Bürger, Investoren und<br />

den Behörden. Die Dramatik der energiepolitischen Vorgaben<br />

und deren konkreten Auswirkungen im Alltagsgeschäft eines<br />

kommunalen Netzbetreibers scheinen jedoch noch nicht von<br />

allen Beteiligten in vollem Umfang wahrgenommen zu werden.<br />

Dies muss sich ändern, nur gemeinsam kann diese gigantische<br />

Aufgabe gelöst werden. Kompromisse sind notwendig.<br />

Wenn etwas beschleunigt werden muss, dann heißt dies, dass<br />

man ggf. von bisherigen Standards und Verfahrensprozessen<br />

zugunsten der angestrebten Lösung abweichen muss. Gelingt<br />

dies nicht, werden wir die Menge von Projekten, Baustellen, Einschränkungen<br />

nicht realisieren können.<br />

Die Hemmnisse und Probleme gehen bei der Planung los.<br />

Einen Standort für eine Trafostation zu finden, ist mittlerweile<br />

eine anspruchsvolle und leider auch zeitintensive Aufgabe geworden.<br />

Beispiel: Wenn in einem bereits bestehenden Wohnkarree<br />

in Größenordnung elektromobile Ladeinfrastruktur nachgefragt<br />

wird und die vor Ort vorhandenen Netze dies nicht mehr<br />

bereitstellen können, heißt dies Netzausbau, z. B. mit der Errichtung<br />

einer Trafostation und dem dazugehörigen Bau der Leitungstrassen.<br />

Das bedeutet konkret, an irgendeiner passenden<br />

Stelle muss ein Bauwerk in welcher gestalterischen Form auch<br />

immer hinzukommen, ob man will oder nicht. Hier erwartet die<br />

<strong>SWE</strong> Netz mehr koordinierte Kompromissbereitschaft bei den<br />

Grundstücksbesitzern und Ämtern.<br />

Wenn es um Tiefbauarbeiten für Kabeltrassen geht, werden<br />

die Bedingungen und Auflagen seit Jahren umfangreicher, aufwendiger<br />

und somit zeitintensiver. In Anbetracht der gigantischen<br />

Aufgaben und großen Erwartungen muss dies gemeinschaftlich<br />

verbessert werden. Dies kann z. B. erfolgen, indem<br />

die Richtlinien zur verkehrsrechtlichen Sicherung von Arbeitsstellen<br />

so angepasst werden, dass Vollsperrungen und somit<br />

größere Einschränkungen des fließenden und ruhenden Verkehrs<br />

vermieden werden. Und dies alles unter den Bedingungen,<br />

dass die Baustellen zwangsläufig zunehmen werden. Die Bürger<br />

von Erfurt werden auch mehr Verständnis dafür aufbringen müssen,<br />

dass es zunehmend zu Beeinträchtigungen kommen wird.<br />

Fazit<br />

Mit den bisherigen Methoden, Prozessen und Rahmenbedingungen<br />

werden die Ziele kaum zu schaffen sein. Die Energiewende<br />

und deren Ableitungen stellen eine gewaltige, allumfassende<br />

gesellschaftliche Aufgabe dar. Alle Lebensbereiche<br />

sind davon betroffen. Wenn es um die konkrete, praktische Umsetzung<br />

des energiepolitischen Willens geht, gilt es noch viel<br />

Aufklärungsarbeit zu leisten, Kompromissbereitschaft zu verinnerlichen<br />

und letztlich Anstrengungen bei allen Beteiligten<br />

(Stadtwerke, städtischen Stellen, Bürger und Unternehmen) zu<br />

unternehmen.<br />

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