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SWE Magazin Ausgabe 02_2023 Sommer

Das Magazin der Stadtwerke Erfurt für Kunden und Erfurter mit vielen Geschichten aus und über Erfurt, Informationen zu den Produkten und Dienstleistungen der Stadtwerke, Porträts, Erfurttipps

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Eine Rohrbrücke an der Gas- und Dampfturbinenanlage<br />

▶ ▶ ▶<br />

rechte Kernbohrungen zu beherrschbaren Kosten in große<br />

Tiefen führen.“ Auch waagerechtes Ablenken beim Bohren<br />

– kein Problem. Die <strong>SWE</strong> Energie hat eine Machbarkeitsstudie<br />

in Auftrag gegeben. Mit dabei u. a. die geotechnik<br />

heiligen stadt GmbH, die Universität Jena und das Landesamt<br />

für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (Referat 81). Ziel<br />

ist es, gesichert herauszufinden, ob der Erfurter Untergrund<br />

für eine Tiefenbohrung geeignet ist und ob sich das Ganze<br />

wirtschaftlich trägt. Dazu werden unter anderem alle vorhandenen<br />

geologischen Daten ausgewertet, die wegen früherer<br />

Erdgasförderungen und Bergbautätigkeiten in Thüringen<br />

reichlich vorhanden sind.<br />

Das Thüringer Becken liegt auf einer Art Granitsockel, der<br />

sich (theoretisch) bestens für die Geothermie eignet: „Doch<br />

zu 100 Prozent sicher ist das nicht. Wir brauchen eine Probebohrung,<br />

damit wir wissen, ob das Granitgestein, das wir<br />

anbohren wollen, auch die notwendigen Eigenschaften besitzt“,<br />

sagt Schweng. Bis zu 25 Millionen Euro würde diese<br />

Bohrung kosten.<br />

Die Geothermie-Anlage würde, wenn aufgrund der Ergebnisse<br />

der Probebohrung grünes Licht gegeben werden kann,<br />

im Nordosten der Landeshauptstadt errichtet – auf dem Gelände<br />

des Gas- und Dampfturbinenkraftwerkes, kurz GuD.<br />

Hier wird mit Gas nicht nur Strom erzeugt, hier wird auch<br />

ein Großteil der Wärme für die Fernwärmeversorgung produziert.<br />

Ein rund 60 Meter hoher Bohrturm müsste errichtet werden<br />

und etwa anderthalb Jahre würde es dauern, bis die<br />

beiden senkrechten Bohrungen und der „Fächer“ im Granit<br />

fertig sind. Die Investitionskosten bis zur Inbetriebnahme<br />

liegen bei mehr als 100 Millionen Euro. Wird die Anlage<br />

gebaut, könnte sie im besten Falle ab dem Jahr 2<strong>02</strong>6 rund<br />

60 Megawatt Energie produzieren – das entspricht gut der<br />

Hälfte der Fernwärmeenergie des ganzen Jahres, was die<br />

GuD mit Erdgasverbrennung für die Stadt Erfurt erzeugen<br />

muss.<br />

Die Laufzeit der Geothermie-Anlage wird auf 20 bis 100<br />

Jahre geschätzt, die einzigen zusätzlichen Kosten würden in<br />

Form von Betriebskosten anfallen.<br />

Tauchsieder nutzt grüne Energie<br />

Probebohrung ist jetzt geplant<br />

Der Wärmespeicher am Standort Iderhoffstraße. Mit der hier gespeicherten Energie<br />

kann Erfurt im <strong>Sommer</strong> zehn Stunden lang mit Wärmeenergie versorgt werden<br />

Ein weiteres Projekt in Sachen alternative Energie wird in den<br />

nächsten Monaten entstehen – ebenfalls auf dem Gelände<br />

der GuD. Ein gewaltiger Tauchsieder soll den Gasverbrauch<br />

des Kraftwerks senken und ein wichtiger Baustein in Sachen<br />

Energiewende werden.<br />

Power to Heat (Strom zu Wärme) heißt das Prinzip, das<br />

hinter dem Ganzen steckt. Und das funktioniert so: In einem<br />

Elektrodenkessel wird mithilfe von Strom kaltes Wasser erhitzt<br />

und das fließt, sobald die richtige Temperatur (ca. 95<br />

Grad) erreicht ist, ins Fernwärmenetz. Die gesamte Anlage<br />

wird vom Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz finanziert, ein<br />

Kooperationsvertrag wurde bereits unterzeichnet.<br />

Die Frage war: Wie kann man mit erneuerbaren Energien<br />

die CO 2<br />

-Emissionen reduzieren, die durch das Beheizen von<br />

Gebäuden entstehen? Eine Möglichkeit in Städten mit Fernwärmeversorgung<br />

wie Erfurt ist die Power-to-Heat-Technologie<br />

(PtH). Dabei wird Strom aus Windkraftanlagen zur<br />

Erzeugung von „grüner Fernwärme“ genutzt. Und das gilt<br />

vor allem für Zeiten, in denen dieser grüne Strom nicht über<br />

die Stromnetze abtransportiert werden kann. Hintergrund:<br />

Wenn die Windparks im Nordosten Deutschlands aufgrund<br />

von Starkwind viel Strom erzeugen und dieser nicht vollständig<br />

vor Ort verbraucht bzw. weitertransportiert werden<br />

kann, müssen Windräder zum Schutz der Stromleitungen<br />

und Umspannwerke vor Überlastung abgeregelt, also<br />

aus dem Wind genommen werden. Das heißt: Grüner Strom<br />

wird gar nicht erst produziert – obwohl die Windräder das<br />

hergeben könnten.<br />

Wie kann man also diesen grünen Strom dennoch produzieren<br />

und nutzen, ohne dass die Netze zusammenbrechen?<br />

Ganz einfach: Der Strom wird in einen Elektrodenkessel<br />

umgelenkt, der das Wasser erhitzt und dann in das Fernwärmenetz<br />

abgibt. Während der Elektrodenkessel in Betrieb ist,<br />

macht das gasbetriebene Kraftwerk Pause. Somit entsteht<br />

ein doppelter Nutzen: Erneuerbare Energien werden besser<br />

ausgenutzt und zusätzlich wird die Verbrennung fossiler<br />

Brennstoffe reduziert.<br />

Übrigens: Die Kooperation zwischen den <strong>SWE</strong> und 50Hertz<br />

beruht auf einer Regelung im Energiewirtschaftsgesetz<br />

(EnWG), die Ende 2<strong>02</strong>3 ausläuft. Aufgrund dieser Regelung<br />

können Übertragungsnetzbetreiber die Kosten für die Errichtung<br />

von PtH-Anlagen übernehmen, wenn dadurch kostengünstig<br />

und effizient Netzengpässe beseitigt werden. Das ist<br />

in Erfurt der Fall, weshalb 50Hertz die Investitionen in die Anlage<br />

in Höhe von rund acht Millionen Euro schultert.<br />

Erneuerbare Energien besser nutzen<br />

„Das Prinzip ‚Nutzen statt Abregeln‘ ist volkswirtschaftlich<br />

und ökologisch sinnvoll, weil das Potenzial der erneuerbaren<br />

Energien dadurch besser ausgeschöpft wird“, sagt Dr. Dirk<br />

Biermann, Geschäftsführer Märkte und Systembetrieb von<br />

50Hertz. Und weiter: „In Erfurt entsteht die neunte PtH-Anlage,<br />

die Stadtwerke oder andere regionale Energieversorger in<br />

Kooperation mit 50Hertz errichten. Insgesamt steht der Systemführung<br />

von 50Hertz damit in naher Zukunft ein Gesamtpotenzial<br />

von rund 200 Megawatt zur Verfügung, um Netzengpässe<br />

zu entschärfen und zugleich Strom aus Windkraftanlagen<br />

ins Gesamtsystem zu integrieren. Langfristig ist ein<br />

Vielfaches an PtH-Leistung erforderlich, um die Fernwärmenetze<br />

klimafreundlich zu machen. Dafür muss der Gesetzgeber<br />

jedoch die entsprechenden regulatorischen Rahmenbedingungen<br />

schaffen.“<br />

Zusätzlich plant die <strong>SWE</strong> Energie entsprechend ihrer „Wärmenetzstrategie<br />

2040“, eigene Windkraftanlagen optional zu<br />

betreiben und diesen gewonnenen grünen Strom in weiteren<br />

Power-to-Heat-Anlagen in Wärme für die Haushalte umzuwandeln.<br />

„Das kann den Erfurterinnen und Erfurtern eine<br />

stabile und unabhängige Wärmeversorgung sichern“, sagt<br />

Karel Schweng, Geschäftsführer <strong>SWE</strong> Energie. Unterm Strich<br />

ist diese Methode, Wärme zu schaffen, auf Dauer günstiger,<br />

als weiter immer teurer werdendes Gas zu verheizen.<br />

Henry Köhlert (Text) Steve Bauerschmidt, Andreas Hultsch (Fotos)<br />

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