Ein Fenster zum ICH - Teil 4 - von Herbert Paukert
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<strong>Paukert</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Fenster</strong> <strong>zum</strong> Ich – <strong>Teil</strong> 4 42<br />
(C) Leistungsvorteil vom Typus des Bestimmens und Normierens<br />
In einem klassischen Experiment <strong>von</strong> Sherif wird in einem verdunkelten Raum<br />
ein schwacher Lichtstrahl konstant auf eine bestimmte Wandstelle gerichtet, so<br />
dass ein fester Lichtpunkt entsteht. Durch die automatisch ablaufenden, kleinen<br />
Augenbewegungen kommt es zu einer scheinbaren Bewegung des Lichtpunktes.<br />
Die Versuchspersonen sollen nun die Länge dieser scheinbaren Bewegung des<br />
Lichtpunktes schätzen.<br />
Dabei geht es im Gegensatz <strong>zum</strong> oben beschriebenen Leistungstyp nicht um die<br />
Beurteilung eines objektiven Sachverhaltes, sondern um die Bestimmung einer<br />
fiktiven Norm, welche nichts mit der sachlichen Realität zu tun hat. Es geht dabei<br />
also um die Normierung einer Illusion.<br />
Sherif gliedert sein Experiment in drei zeitliche Phasen. Zunächst erfolgen vier<br />
isolierte <strong>Ein</strong>zelversuche (A1 - A4) und eine dreißig Minuten dauernde Pause, in<br />
der zur Ablenkung ein Rechentest durchgeführt wird. Hierauf erfolgen drei<br />
Gruppenversuche (Z1 - Z3), wo jede Person ihr Schätzergebnis der Scheinbewegung<br />
laut mitteilt, ansonsten aber nichts sagt. Nach einer abermaligen Pause<br />
<strong>von</strong> dreißig Minuten, erfüllt mit Rechenaufgaben zur Vermeidung einer Diskussion,<br />
werden zuletzt wieder vier isolierte <strong>Ein</strong>zelversuche (A5 - A8) durchgeführt.<br />
In der ersten Phase weisen die <strong>Ein</strong>zelurteile <strong>von</strong> drei Versuchspersonen (1, 2, 3)<br />
erhebliche Differenzen auf. Am Beginn der Gemeinschaftssituation werden die<br />
eigenen Urteile in Frage gestellt. Die gegenseitige Kommunikation, die eine<br />
Person über die anderen Schätzurteile informiert, führt dann zu einer deutlichen<br />
Konvergenz der Urteile. Dieses so genannte Konvergenzprinzip führt schließlich<br />
zu einer normativen Fixierung, die noch zusätzlich mit dem Prädikat der sozialen<br />
Selbstverständlichkeit ausgestattet wird. Mathematisch hat sich herausgestellt,<br />
dass das Gruppenurteil UG gegen das geometrische Mittel √(U1*U2*U3) der drei<br />
<strong>Ein</strong>zelurteile U1, U2 und U3 konvergiert.<br />
Die Gruppenfunktion des "Bestimmens und Normierens" geht den anderen<br />
Gruppenleistungen voraus: Zunächst wird eine Arbeitssituation in einem Bestimmungsakt<br />
festgelegt und dann erst wird die Arbeit geleistet.