Ein Fenster zum ICH - Teil 4 - von Herbert Paukert
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<strong>Paukert</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Fenster</strong> <strong>zum</strong> Ich – <strong>Teil</strong> 4 40<br />
In eindimensionalen Rangsystemen mit steilem Anstieg sind mehrere interessante<br />
Effekte beobachtet worden: Aus Angst vor dem Nachrücken des Untergebenen<br />
und aus Neid auf den Vorgesetzten entstehen oft alternierende Bündnisse<br />
zwischen den Mitgliedern einer hierarchischen Stufe. Das als Radfahrer-Effekt<br />
bezeichnete Phänomen zeigt die Tendenz auf, sich <strong>zum</strong> Vorgesetzten submissiv<br />
und <strong>zum</strong> Untergebenen dominant zu verhalten ("Nach oben buckeln, nach unten<br />
treten").<br />
Bei Trägern mittlerer Rangpositionen, deren Versuche, an die Führungsspitze zu<br />
gelangen, erfolglos sind, wird oftmals eine Tendenz zur Radikalisierung beobachtet.<br />
Sie verwandeln ihre gruppenintern erlittenen Frustrationen in eine nach<br />
Außen gerichtete Aggressivität (siehe Ferienlager <strong>von</strong> Sherif). Interessant sind<br />
auch die so genannten Außenseiterrollen und die erste (Alpha) und die letzte<br />
(Omega) Rangposition. So ist beispielsweise die Führerrolle, die Alpha-Position,<br />
im Wesentlichen durch vier Merkmale gekennzeichnet:<br />
• große persönliche Tüchtigkeit<br />
• hohes Selbstbewusstsein und Dominanzstreben<br />
• starke Identifikation mit den Gruppennormen<br />
• scharfe soziale Wahrnehmung und gute soziale Intelligenz<br />
Zur Erfassung der Beziehungs-Strukturen innerhalb einer Gruppe wird die so<br />
genannte Soziogramm-Technik angewendet. Jedes Mitglied muss den Beliebtesten<br />
(+) und den Unbeliebtesten (-) angeben. Trägt man die Wähler als Zeilen<br />
und die Gewählten als Spalten in eine so genannte Soziomatrix, so kann man aus<br />
der Verteilung der (+) und (-) in der Matrix gruppenspezifische Erkenntnisse<br />
gewinnen (Rangreihe, Cliquenbildung, Konflikttendenz und Kohäsionsstärke).<br />
Auch können sich verschieden angeordnete Gruppenstrukturen entwickeln (Kette,<br />
Stern, Ring, vollständiges Netz).<br />
Die Kontaktdichte kann direkt an der Anzahl der gegenseitigen Kontakte gemessen<br />
werden. Sie ist ein Maß für den Zusammenhalt (Kohäsion) der Gruppe.<br />
Allgemein zeigt es sich, dass bei leistungsmäßiger Überbeanspruchung der<br />
Gruppe ihre Kohäsion deutlich absinkt.<br />
Umgekehrt proportional zur Kontaktdichte ist die so genannte soziale Distanz<br />
definiert. Ghetto und Elite sind Minderheiten in einer Großgruppe, die einen<br />
starken Binnenkontakt und eine hohe Distanz zur Majorität der Gesamtgruppe<br />
aufweisen.