Ein Fenster zum ICH - Teil 4 - von Herbert Paukert
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<strong>Paukert</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Fenster</strong> <strong>zum</strong> Ich – <strong>Teil</strong> 4 39<br />
[4.5.7.1] Die Bildung einer Gruppe<br />
Der in Amerika tätige türkische Soziologe M. Sherif führte 1949 dreiwöchige<br />
Ferienlager mit 25 zwölfjährigen Burschen durch. Dabei studierte er wichtige<br />
gruppendynamische Prozesse. In den ersten Tagen lernten die Buben einander<br />
kennen, und es bildeten sich auf Grund gegenseitiger Sympathie spontane<br />
Freundschaftsgruppen. Nach dieser <strong>Ein</strong>gangsphase wurde <strong>von</strong> Sherif entgegen<br />
der anfänglichen Sympathiebindungen eine <strong>Ein</strong>teilung in zwei Gruppen vorgenommen.<br />
Vor allem durch gemeinschaftliche Aktivitäten in Rivalität zur anderen<br />
Gruppe (sportliche Wettkämpfe) kam es schon nach wenigen Tagen zu einem<br />
engen Zusammenschluss innerhalb der Gruppen und zu einem besonderen WIR-<br />
Erlebnis (Unifikation). Es bildeten sich positive Meinungen über die Eigengruppe<br />
(Autostereotype) und negative Meinungen über die Fremdgruppe (Heterostereotype).<br />
Am Ende des Ferienlagers wurden die beiden Gruppen wieder aufgelöst,<br />
und in eine einzige Großgruppe integriert. Es zeigte sich, dass der Unterschied<br />
der früheren Auto- und Hetero-Stereotypen wieder geringer wurde und der<br />
erreichte Gruppenzusammenhalt (Kohärenz) sich wieder lockerte.<br />
Am Beispiel der Ferienlager-Versuche <strong>von</strong> M. Sherif konnten fünf wichtige<br />
Faktoren zur Gruppenbildung festgestellt werden:<br />
(1) gemeinsame Gegner<br />
(2) gemeinsame Not<br />
(3) gemeinsamer Leistungsvorteil<br />
(4) gemeinsamer Sicherheitsvorteil<br />
(5) gemeinsame Freude<br />
[4.5.7.2] Die Binnenstruktur der Gruppe<br />
Jede Gruppe enthält ein System <strong>von</strong> Rollen und Rollen-Erwartungen. Es hat sich<br />
nun gezeigt, dass sich in vielen Gruppen ein zweidimensionales Rangsystem<br />
ausbildet, dessen eine Dimension die Beliebtheit und dessen andere Dimension<br />
die Tüchtigkeit ist. Sympathie- und Leistungsrangreihe divergieren <strong>zum</strong>eist, so<br />
dass sich an der Spitze Führungs-Duale entwickeln (Präsident und Kanzler).<br />
Die so genannte Homan'sche Regel besagt, dass je höher die Rangposition ist,<br />
umso stärker ist auch die persönliche Identifikation mit den Gruppennormen.