Ein Fenster zum ICH - Teil 4 - von Herbert Paukert
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<strong>Paukert</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>Fenster</strong> <strong>zum</strong> Ich – <strong>Teil</strong> 4 18<br />
[4.2.7] Von der Skinner-Box zur Persönlichkeit (Skinner 1953)<br />
B. F. Skinner ist der Hauptvertreter eines strengen Behaviorismus. Neben den,<br />
durch äußere Reize ausgelösten Reaktionen gibt es noch spontanes unvermitteltes<br />
Verhalten, dessen Ursachen nur im Inneren des Organismus liegen. Skinner nennt<br />
es operantes Verhalten. Durch nachfolgende Reizsetzungen kann die Häufigkeit<br />
des Auftretens dieser Verhaltensweisen verändert werden. Als Verstärker werden<br />
alle einer Handlung nachfolgenden Ereignisse bezeichnet, welche die Wahrscheinlichkeit<br />
ihres Auftretens erhöhen. Dabei zeigt es sich, dass positive<br />
Verstärker (Belohnungen) viel effizienter wirken als negative (Bestrafungen).<br />
In der so genannten Skinner-Box befinden sich Versuchstiere (Ratten oder<br />
Tauben) in einfachen und leicht kontrollierbaren Situationen. Ratten können<br />
einen Hebel drücken, Tauben aus einer Schüssel picken. Durch systematische<br />
Verstärkung werden die Verhaltensweisen dann gezielt manipuliert. Wie gelangt<br />
man aber <strong>von</strong> solchen einfachen tierischen Handlungen zu dem komplexen Verhalten<br />
menschlicher Persönlichkeit? Nach Skinner spielen zwei Mechanismen<br />
eine wichtige Rolle: das Prinzip der Annäherung (generalized approximation) und<br />
das Prinzip der Nachahmung (successive imitation).<br />
Das erste Prinzip besagt, dass man ein angestrebtes, komplexes Zielverhalten<br />
dadurch erreicht, dass man jede einzelne Handlung, die sich dem gewünschten<br />
Ziele annähert, verstärkt. Dadurch können auch komplexe und stabile Verhaltensmuster,<br />
ja sogar die Fähigkeit <strong>zum</strong> Befriedigungsaufschub erlernt werden.<br />
Das zweite Prinzip besagt, dass man durch direkte Nachahmung lernen kann, aber<br />
nur dann, wenn die Nachahmung selbst verstärkt wird.<br />
Die individuelle Persönlichkeit ist Resultat der Geschichte ihrer Verstärker.<br />
Persönlichkeit wird dadurch völlig abhängig <strong>von</strong> den jeweiligen Lernsituationen<br />
gesehen. Pathologisches Verhalten besteht aus der Sicht der Lerntheorie in<br />
entweder überhaupt nicht gelernten oder sozial schlecht angepassten Reaktionen.<br />
So ist beispielsweise die Depression ein mögliches Resultat des Entzuges<br />
positiver Verstärker aus der Umwelt. Zur Erklärung einer Verhaltensstörung genügt<br />
die Kenntnis der individuellen Lerngeschichte, alle psychoanalytischen<br />
Begriffe wie das Unbewusste oder die Verdrängung werden abgelehnt. Die<br />
Therapie besteht dann in einer gezielten, auf den Prinzipien der Lerntheorie<br />
beruhenden Verhaltensmodifikation. Psychotherapie bedeutet in diesem Sinne<br />
Verhaltenstherapie.