ELMA, Juni Juli 2023

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TITELTHEMA
©Kinderhaus Nürnberg
Fina macht keine besonderen Kunststückchen, sie ist ein ganz normaler Hund.
Und dennoch: Fina kann kleine Wunder vollbringen. Da ist zum Beispiel der kleine
Junge, der sich im Kindergarten kaum ein Wort zu sagen traute, weil er dachte,
sein Deutsch sei nicht gut genug, und dann munter drauflosplapperte. Bei Fina
vergaß er seine Scheu und erzählte ihr in aller Ausführlichkeit alles, was sie über
sein Lieblingsbuch, „Die kleine Raupe Nimmersatt“ wissen muss. Manchmal hilft
die Vierbeinerin auch bei den Hausaufgaben. Jenem Mädchen etwa, dem es unendlich
schwerfiel, bei der Sache zu bleiben. Mit Fina ging’s auf einmal. „Nach jeder
Aufgabe durfte sie Fina ein Leckerli geben. Da
hat sie es geschafft, sich auf den Punkt zu konzentrieren“,
erzählt Finas Frauchen Heike Bloß.
Die 44-Jährige arbeitet in der Verwaltung der
Kinderhaus Nürnberg gGmbH, die verschiedene
Kindertageseinrichtungen in der Noris betreibt.
Hündin Fina darf seit mehr als zehn Jahren täglich
mit zur Arbeit, sie ist also eigentlich ein Bürohund.
Doch seit einiger Zeit besucht Fina auch
regelmäßig die Kinder. „Als wir 2015 ein Haus
in der Nürnberger Südstadt eröffneten, stellten
wir fest, dass es hier viele Kinder mit erhöhtem
KLEINE
WUNDER
Förderbedarf gibt“, berichtet Bloß. Das pädagogische
Konzept wurde integrativ angepasst,
eine eigene Fachabteilung, unter anderem mit
Heilpädagogen, aufgebaut. „Weil Fina so ein liebes
und freundliches Wesen hat, entstand die
Idee, dass sie als Besuchshund einfach mal mit
in der Turnhalle dabei sein könnte.“ Die Kinder
lernten dabei die wichtigsten Grundregeln
im Umgang mit Hunden, manche kamen überhaupt
zum ersten Mal in Kontakt mit einem. Die
Reaktionen: Begeisterung, Neugier, manchmal
auch Stolz: Dass Fina auf ein Kommando wie
„Sitz“ aus ihrem Mund tatsächlich hörte, sei für
einige eine völlig neue und wertvolle Erfahrung
gewesen. Inzwischen besucht Heike Bloß mit
Fina ausschließlich Einzelförderstunden, in denen gezielt auf die individuellen Bedürfnisse
eines Kindes eingegangen werden kann. Berührende Gänsehautmomente
erlebt sie dabei immer wieder. Wie schafft der Hund das? Warum hat ein eher stilles
Kind plötzlich keine Angst mehr, zu sprechen? „Ein Hund wertet nicht“, sagt Bloß.
Er korrigiert keine falsche Aussprache, er macht sich nicht lustig, das Aussehen ist
ihm völlig egal. Das entspannt, nimmt Druck raus, lässt Unsicherheiten vergessen
machen. Fellnasen schaffen aber noch mehr: In Studien wurde nachgewiesen, dass
der Umgang mit ihnen die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit steigen
lässt. Kinder trainieren mit ihnen spielerisch soziale Kompetenzen, sie lernen etwa,
Rücksicht zu nehmen. Selbst Kinder, die sehr zappelig sind und sich nur schwer
selbst regulieren können, sind motiviert, einem Tier zuliebe still zu sein.
Ein Hund, der Kindern die Angst vorm
Reden nimmt. Alpakas, die selbst den
größten Zappelphilipp entspannen. Tiere
sind manchmal die besten Therapeuten.
Text Manuela Prill