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Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...

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Zeit für Reformen!<br />

M 21<br />

Der deutsche Staatsapparat ist für eine schrumpfende Bevölkerung zu groß, die<br />

Schuldenlast zu hoch. Die Regierung muss die guten Jahre nutzen, um die sozialen<br />

Sicherungssysteme zu reformieren. Der moderne Staat muss alles tun, um Wachstum<br />

zu stimulieren.<br />

Schon Ludwig Erhard sah voraus, welchen Balanceakt die Kombination von Kapitalismus<br />

und sozialem Ausgleich erfordern würde. Er ahnte, dass die Soziale Marktwirtschaft<br />

stets anfällig sein würde für eine überzogene Umverteilungspolitik, die die Wirtschaftskraft<br />

des Landes lähmt. „Solche Wohltat muss das Volk immer teuer bezahlen, weil kein<br />

Staat seinen Bürgern mehr geben kann, als er ihnen vorher abgenommen hat“, mahnte er<br />

in einer Ansprache am 13. Januar 1958. Zugleich warnte Erhard vor einer „immer mehr<br />

zum Selbstzweck ausartenden Sozialbürokratie“. […]<br />

163 Milliarden Euro – mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts – flossen zuletzt in Sozialleistungen.<br />

Doch zwei Dinge ahnte Erhard nicht: in welchem Ausmaß der Staat bereit<br />

sein würde, sich zu verschulden, um trotz langsameren Wirtschaftswachstums steigende<br />

Sozialausgaben zu finanzieren. Und wie sehr sich die demografischen Rahmenbedingungen<br />

für den deutschen Sozialstaat ändern würden.<br />

Bis auf zwei Billionen Euro – mehr als 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung – ist<br />

die Staatsverschuldung in Deutschland gestiegen. Gleichzeitig schrumpft die Bevölkerung<br />

bereits seit dem Jahr 2003 und wird nach heutigem Stand bis zum Jahr 2050 um 17<br />

Millionen auf nur noch 64 Millionen Bürger schrumpfen. Das ist eine schwere Belastung<br />

für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands.<br />

Was die Kombination dieser Faktoren für die Staatsfinanzen bedeutet, hat die Ratingagentur<br />

Standard & Poor‘s in einer schockierenden Langfristanalyse hochgerechnet. Die<br />

deutsche Schuldenquote einschließlich der Zahlungsverpflichtungen der Sozialkassen<br />

würde bis 2050 auf das Vierfache des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen, wenn die<br />

Politik nicht rasch gegensteuert. Das ist zwar ein hypothetischer Wert – die Finanzmärkte<br />

würden Deutschland in den Staatsbankrott zwingen, bevor er eintritt – , aber er zeigt<br />

die Dimension der Herausforderung. Die Sozialkassen haben einen großen Anteil an dieser<br />

Entwicklung: Ohne weitere Reformen würde der Anteil der Renten­, Gesundheits­<br />

und Pflegeausgaben am BIP bis Mitte des Jahrhunderts von jetzt 19 auf 29 Prozent steigen,<br />

hat Standard & Poor‘s errechnet. Die Alterung der Gesellschaft würde unser Land<br />

in den Ruin treiben.<br />

Diese Rechnung <strong>macht</strong> überdeutlich: Der Staat ist für eine schrumpfende Bevölkerung überdimensioniert.<br />

Er hat Zahlungsversprechen abgegeben, die er nicht einhalten kann. […] In<br />

diesem Jahrzehnt erntet Deutschland zwar eine „demografische Dividende“. Das heißt,<br />

der Staat spart Geld, weil die Bevölkerung schrumpft, die Wirtschaft wächst und die<br />

Arbeitslosenzahlen sinken. So werden zum Beispiel die Schulklassen immer kleiner, die<br />

Ausgaben für Arbeitslose sinken, und die Infrastruktur wird weniger beansprucht.<br />

Absehbar ist aber, dass aus der „demografischen Dividende“ bald eine „demografische<br />

Hypothek“ wird. Die wird sichtbar, wenn weniger Menschen in die Sozialkassen einzahlen,<br />

aber mehr Menschen aus ihnen alimentiert werden oder wenn weniger Steuerzahler<br />

höhere Zinslasten der Staatsschulden aufbringen müssen. Darum fordern auch die führenden<br />

deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem gestern veröffentlichten Frühjahrsgutachten<br />

die Regierung auf, die nächsten Jahre zu nutzen: „Um die Tragfähigkeit<br />

der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, sollte das strukturelle Defizit des Staates in<br />

den kommenden Jahren weiter verringert werden.“<br />

Quelle: Heilmann, D., <strong>Handelsblatt</strong>, Nr. 070, 08.04.2011, 6<br />

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