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Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...

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Soziale Marktwirtschaft als ordnungspolitisches Leitbild<br />

Die neue Wirtschaftsordnung als ein konkreter Ordnungstyp wurde unter dem Begriff<br />

„Soziale Marktwirtschaft“, wie ihn der wissenschaftliche Begründer A. Müller­Armack<br />

prägte, bekannt. Ohne hier näher auf Nuancierungen zwischen »Altliberalen« mit rechtsstaatlicher<br />

Fokussierung, „Ordoliberalen i.e.S.“ mit ergänzender leistungsstaatlicher Orientierung<br />

oder gar »Sozialliberalen« mit darüber hinausgehender, wohlfahrtsstaatlicher<br />

Orientierung (vgl. dazu Grosskettler 1999) eingehen zu können, kann der Grundgedanke<br />

der Sozialen Marktwirtschaft nach Müller­Armack darin gesehen werden, » ... das Prinzip<br />

der Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden« (Müller­<br />

Armack 1976, S. 243). Die wirtschaftliche Koordination erfolgt primär über Märkte. Der<br />

Staat greift aber korrigierend ein, sobald die Marktergebnisse Unvollkommenheiten und<br />

Fehler aufweisen. Die Soziale Marktwirtschaft will einen ökonomischen und sozialen<br />

Rahmen schaffen, der sowohl eine effiziente Produktion als auch persönliche Freiheit<br />

bei gleichzeitigem sozialen Ausgleich fördert. Sie ergänzt das Rechtsstaatspostulat des<br />

klassischen Liberalismus, das die Sicherung der Freiheit des Individuums gegen staatliche<br />

Übergriffe in den Vordergrund stellt, um das Sozialstaatspostulat und damit um das<br />

Ziel der Gerechtigkeit und der sozialen Sicherheit (Gleichheit des staatsbürgerlichen Status<br />

und der Startbedingungen). Das Sozialstaatspostulat bindet die Gesetzgebung, findet<br />

aber im Grundgesetz weniger Konkretisierungen als das Rechtsstaatsprinzip. Seine Realisierung<br />

ist in hohem Maße von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig und lässt<br />

dem Gesetzgeber bewusst eine Gestaltungsfreiheit innerhalb der Grenzen der Verfassung.<br />

Die Grundlagen für die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft lieferte der Neoliberalismus<br />

in Form des sog. Ordoliberalismus der Freiburger Schule. Gemeinsam mit dessen<br />

geistigen Vätern (Eucken, Böhm, Rüstow, Röpke) gingen die Praktiker der Sozialen<br />

Marktwirtschaft auf eine kritische Distanz zur staatlichen Wirtschaftslenkung. Gemeinsam<br />

ist ihnen aber die Überzeugung, dass der klassische Wirtschaftsliberalismus die<br />

Leistungsfähigkeit des Wettbewerbs zwar erkannt, die Tendenz zu Wettbewerbsbeschränkungen<br />

(Unternehmenszusammenschlüsse, Kartellbildung) und die sozialen Probleme<br />

aber zu wenig berücksichtigt habe. Sie kritisierten ihn unter dem Aspekt, dass er<br />

keine Wirtschafts­ und Wettbewerbsordnung gestaltet habe. Diese wurde gleichsam als<br />

eine Naturform angesehen und als keiner gesonderten Sicherung bedürftig erachtet.<br />

Hier hatte der Wettbewerb auf den Märkten nicht die Funktion eines Instruments, sondern<br />

er ist naturgegeben und lenkt von sich aus und von innen heraus die Wirtschaft zu<br />

einem für alle Beteiligten befriedigenden Ergebnis. Im Gegensatz dazu forderte der<br />

Ordoliberalismus eine bewusst gestaltete Wirtschaftsordnung, in deren Mittelpunkt eine<br />

staatliche Rahmenordnung des marktwirtschaftlichen Wirtschaftsprozesses stehen sollte.<br />

Er lehnt jede Form der Machtbildung, sei sie politisch oder ökonomisch, ab (z.B. Kartelle,<br />

Interessengruppen), da sie die Freiheit der Individuen beschränke und die Tendenz<br />

zum punktuellen staatlichen Interventionismus in sich trage. Darum forderte er einen<br />

starken Staat mit einer einheitlichen Wirtschafts­ und Sozialpolitik bei Vorrang von<br />

Regeln gegenüber Interventionen, von Ordnungs­ gegenüber Prozesspolitik. Bei der<br />

Umsetzung der Ordnungskonzeption in ein wirtschaftspolitisches Konzept, das die Ziele<br />

und Mittel zu ihrer Realisierung bestimmt, wurde zusätzlich der Wachstums­ und Effizienzgesichtspunkt<br />

der wirtschaftlichen Tätigkeit explizit eingeführt. Freiheits­ und Effizienzaspekt<br />

des Marktmechanismus gehen einher. Sozial wird sie durch Einkommensumverteilung<br />

im Rahmen von Sozialpolitik. Die Entscheidung zugunsten der Sozialen Marktwirtschaft<br />

als eines Leitbildes war somit eine bewusste Entscheidung, ein Werturteil,<br />

basierend auf der vermuteten Effizienz der Wettbewerbsordnung und ihren liberalen<br />

Wertinhalten (vgl. Schlecht 1990, S. 10 ff.). Ein einheitliches Dogma besaßen die geistigen<br />

Väter der Sozialen Marktwirtschaft nicht, aber:

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