Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
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Wirtschaftsordnung, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftssystem<br />
Wie in anderen Erklärungsansätzen werden auch hier die wirtschaftlichen Entscheidungen<br />
und Handlungen als abhängig von einem Bedingungsrahmen angesehen. Zu ihm gehören<br />
die Wirtschaftsordnung einerseits und die sozialökonomische Umwelt andererseits.<br />
Die Wirtschaftsordnung umfasst alle Regeln, Normen und Institutionen, die als meist<br />
längerfristig angelegte Rahmenbedingungen wirtschaftliche Entscheidungs und Handlungsspielräume<br />
von Individuen und wirtschaftlichen Einheiten (Haushalte, Unternehmen)<br />
abgrenzen. Unter ordnungstheoretischem (morphologischem) Gesichtspunkt sind<br />
Wirtschaftsordnungen die Kombination einer begrenzten Zahl von Ordnungsformen. Als<br />
Klassifikationskriterien von Wirtschaftsordnungen werden z. B. Formen der Planung und<br />
Lenkung, Eigentums, Markt und Preisbildungs und Unternehmensformen sowie Formen<br />
der Geld und Finanzwirtschaft angesehen. Jede Ordnungsform hat verschiedene<br />
Ausprägungen: Der Wirtschaftsprozess kann zentral oder dezentral gelenkt werden; Produktionsmittel<br />
können Privat, Staats oder Gesellschaftseigentum sein; der Güteraustausch<br />
auf Märkten kann durch Leistungswettbewerb, aber auch durch Monopole<br />
geprägt sein; Willensbildung und durchsetzung sowie Erfolgsrechnung von Unternehmen<br />
können verschiedenen Organisationsprinzipien folgen usw. Die Vielfalt konkreter<br />
Wirtschaftsordnungen ist Ausdruck der Fülle von Kombinationsmöglichkeiten dieser<br />
Ausprägungen von Ordnungsformen.<br />
Die Ordnungsformen werden in den meisten Gesellschaften der Gegenwart – mehr oder<br />
weniger umfangreich – in Verfassung, Gesetzen und Rechtsverordnungen normiert. So<br />
kann z. B. die Form der Lenkung des Wirtschaftsprozesses gesetzlich geregelt sein<br />
(Pflicht zur Aufstellung und Erfüllung von gesamtwirtschaftlichen Plänen) oder Privateigentum<br />
an Produktionsmitteln gesetzlich verboten werden. Fehlen solche rechtlichen<br />
Normierungen, bilden sich Ausprägungen von Ordnungsformen spontan heraus. Rechtlich<br />
verankerte Normen und Institutionen, durch die Entscheidungs und Handlungsspielräume<br />
von Wirtschaftseinheiten bestimmt sind, werden als Wirtschaftsverfassung<br />
bezeichnet. Sie wird wesentlich durch das politische und kulturelle System einer Gesellschaft<br />
geprägt. Ihre Interpretation ist ein erster Ansatzpunkt, um raumzeitbezogene<br />
Wirtschaftsordnungen zu erfassen.<br />
Die sozialökonomische Umwelt – die zweite Säule des Bedingungsrahmens – umschließt<br />
die bereits genannten Faktoren, zu denen auch ein politisches und kulturelles Teilsystem<br />
einer Gesellschaft zu zählen sind. Ändert sich die Umwelt (z. B. Ressourcenerschöpfung),<br />
erfolgen Reaktionen im Wirtschaftsprozess (z. B. Ressourcensubstitution), die wiederum<br />
Umweltänderungen (z. B. Veränderungen des politischen Systems, Anhebung des<br />
Wissensstandes durch technische Fortschritte) auslösen können.<br />
Die Anpassungsfähigkeit an die Umwelt wird wesentlich durch die Art und Weise der<br />
Beziehungen beeinflusst, die zwischen den wirtschaftlichen Entscheidungs und Handlungseinheiten<br />
bestehen. Sie stellen in ihrer Gesamtheit das Wirtschaftssystem dar. Die<br />
Vielfalt der wirtschaftlichen Beziehungen, die die Einheiten bei Arbeitsteilung zum Zwecke<br />
der Knappheitsminderung eingehen, kann analytisch durch Bildung von Subsystemen<br />
erfasst werden: das Planungs und Koordinationssystem einerseits und das Motivations<br />
und Kontrollsystem andererseits.<br />
Den Zusammenhang zwischen Wirtschaftsordnung, Wirtschaftsverfassung, Wirtschaftssystem<br />
und sozialökonomischer Umwelt verdeutlicht die Abbildung:<br />
Quelle: Thieme, J. (2007): Wirtschaftssysteme, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie<br />
und Wirtschaftspolitik, Bd. 1, 9. A., München: Vahlen Verlag, 10f.