Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Didaktische Struktur der <strong>Unterrichtseinheit</strong><br />
1.2 Erkenntnisleitende Interessen und Gründe für die Auswahl der<br />
Thematik<br />
■ ■ Wer die „Grammatik“ einer Gesellschaft verstehen will, in die er über seine Arbeits und<br />
Lebenssituationen untrennbar im Alltag eingebunden ist, muss die Struktur einer Wirtschaftsordnung<br />
verstehen, sonst verbleiben die vielfältigen wirtschaftlichen Erscheinungen<br />
beziehungslos nebeneinander und behalten einen episodenhaften Charakter. Das Wissen<br />
um zentrale Ordnungsformen und elemente einer Wirtschaftsordnung gehört deshalb zum<br />
unabdingbaren Orientierungswissen, das der Ökonomieunterricht zu vermitteln hat.<br />
■ ■ Die Schülerinnen und Schüler müssen den Charakter der Wirtschaftsordnung als permanente<br />
ordnungspolitische Gestaltungsaufgabe erkennen. Deutlich werden muss, dass es sich<br />
bei der Weiterentwicklung unserer marktwirtschaftlichen Ordnung um ein stetiges gesellschaftliches<br />
Ringen handelt, dessen Auswirkungen sich in den Unternehmen und privaten<br />
Haushalten tagtäglich zeigen.<br />
■ ■ Bezogen auf die individuellen Handlungs und Entscheidungsmöglichkeiten folgt hieraus:<br />
Wer den Charakter der Wirtschaftsordnung nicht versteht, in der er lebt, arbeitet und<br />
konsumiert, wählt oder unternehmerisch tätig ist, wird nur unzureichend wirtschaftliche,<br />
arbeitsweltliche und politische Sachverhalte beurteilen und mitgestalten können, zumal<br />
kein Arbeitnehmer, Konsument, Unternehmer vom Prozess und dem Ergebnis der Fortentwicklung<br />
der Wirtschaftsordnung eines Landes im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen<br />
unberührt bleibt.<br />
Die individuelle Position als Bürgerin bzw. Bürger kann nur in Kenntnis des wirtschaftlichen<br />
Gesamtzusammenhangs und der Interessen anderer Personen, Gruppen und Organisationen<br />
relativiert und bestimmt werden. Ökonomische Bildung ist in diesem Sinne eine<br />
notwendige geistige Ressource sowohl für das Verständnis der bestehenden als auch für die<br />
weitere Gestaltung einer künftigen Wirtschaftsordnung eines Landes.<br />
■ ■ An dieser Stelle gilt es einem vielfach geäußerten Missverständnis entgegenzutreten: Die<br />
Wirtschaftsordnung des eigenen Landes als Ausgangspunkt der unterrichtlichen Auseinandersetzung<br />
mit (alltags)ökonomischen Phänomenen und Zusammenhängen zu wählen,<br />
bedeutet NICHT, Schülerinnen und Schüler im Sinne einer kritiklosen Übernahme bestehender<br />
ordnungspolitischer oder marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen zu normieren<br />
bzw. zu indoktrinieren. Die Auseinandersetzung mit den selbst erfahrbaren Handlungsbedingungen<br />
im wirtschaftlichen Geschehen stellt vielmehr überhaupt erst die Voraussetzung<br />
dafür dar, sich mit alternativen Ordnungskonstrukten sowie deren Zielsetzungen und<br />
Wirkungen angemessen auseinanderzusetzen. Hierbei ist jedoch stets darauf zu achten, dass<br />
es nicht zu unzulässigen Vergleichen von realen Ordnungen und idealtypischen Vorstellungen<br />
kommt.<br />
■<br />
■ Mit der Aufhebung der Systemkonkurrenz zwischen marktwirtschaftlichen und zentralverwaltungswirtschaftlichen<br />
Ordnungen erledigt sich die permanente Frage nach der Legitimation<br />
des wirtschaftlichen Systems nicht von allein. Im Gegenteil tritt sie zum Teil nur noch<br />
deutlicher hervor und verlangt nach einem geschärften Bewusstsein der Bürgerinnen und<br />
Bürger, immer wieder die Ergebnisse unserer Wirtschaftsordnung nicht nur wirtschaftlichfunktional,<br />
sondern auch im Lichte der menschlichen Sinnfrage zu sehen und den ethischen<br />
Gehalt einer Wirtschaftsordnung zu prüfen. Unterricht zur Wirtschaftsordnung im<br />
Rahmen der ökonomischen Bildung muss den Lernenden deutlich machen, dass in einem<br />
marktwirtschaftlichen System die Moral nicht in den individuellen Motiven der Handelnden<br />
liegt, sondern in den „sanktionsbewehrten Regeln, die das Handeln der Bürger lenken. Der<br />
systematische – nicht einzige – Ort der Moral in der modernen Gesellschaft ist die Rahmenordnung.“<br />
(Homann 1994, 74) Es muss deutlich werden, dass Urteile über „eine vermeintlich<br />
ethische Minderwertigkeit der Sozialen Marktwirtschaft nicht selten auf Trugbildern<br />
17