28.12.2012 Aufrufe

Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...

Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...

Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

M 33<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

Sind Märkte Monster, wie unser Altbundespräsident Horst Köhler<br />

meint?<br />

Nein, Märkte sind an sich keine Monster. Aber wenn sie nicht mehr ausreichend kontrolliert<br />

werden, können sie sich zu Monstern entwickeln. […] Je abstrakter Märkte werden<br />

und je schneller sie funktionieren, um so eher können sie entarten.<br />

Was heißt das konkret?<br />

Wenn wir beide heute ein Geschäft machen und wissen, wir sehen uns danach nie wieder,<br />

verhalten wir uns anders, als wenn wir uns übermorgen wiedertreffen würden. Es<br />

ist also ein Unterschied, ob man zu seinem Geschäftspartner eine emotionale Beziehung<br />

aufbaut oder anonym am Computer ein Geschäft mit einem Mausklick abwickelt.<br />

[…] Sie fordern einen ordnenden, kontrollierenden Staat, der aber<br />

nicht zum Mitspieler in der Wirtschaft werden soll. Lassen sich diese<br />

beiden Rollen in der Realität überhaupt auseinanderhalten?<br />

Der Staat soll als Schiedsrichter die Spielregeln überwachen. Als Mitspieler kann er eine<br />

Menge Mist machen.<br />

[…] Sie sind ein Anhänger der Freiburger Schule, erwähnen Friedrich<br />

August von Hayek aber mit keinem Wort. Passt seine These, dass<br />

Demokratie und freie Marktwirtschaft sich bedingen, nicht in Ihr<br />

Konzept?<br />

Hayek war nur sehr locker mit der Freiburger Schule verbunden. Seine starke Polarisierung<br />

zwischen Freiheit und Sozialismus entstammt einer Zeit von konkurrierenden Weltanschauungen.<br />

Heute wissen wir, dass jedes Gesellschaftssystem Teilsysteme mit eigenen<br />

Spielregeln hervorbringt. Auch der politisch eher rechts einzuordnende Philosoph<br />

Niklas Luhmann hat einmal gesagt, dass Moral in der Wirtschaft genauso wenig verloren<br />

hat wie Doping im Sport. Die Herausforderung ist, die Teilsysteme – also etwa Wirtschaft<br />

und Gesellschaft – in eine vernünftige Balance zu bringen.<br />

Bei Hayek spielt auch der Wettbewerb eine große Rolle. Sie wollen, dass<br />

die Menschen lieber kooperieren statt konkurrieren.<br />

Ich bin für Wettbewerb und schaue mir gerne die Bundesligatabelle an. Aber Wettbewerb<br />

kann nicht moralfrei und zügellos vonstattengehen. Wir brauchen also einen<br />

Schiedsrichter. Ich glaube aber auch, dass Kooperation Menschen glücklicher <strong>macht</strong> als<br />

Konkurrenz. Beide Triebkräfte stecken in uns und wirken oft gemeinsam. […]<br />

Der Bestseller-Autor, Philosoph und Publizist Richard David Precht wurde 1964 in<br />

Solingen geboren und wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Er studierte<br />

Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte in Köln und promovierte dort 1994<br />

über das Werk von Robert Musil. Bekannt wurde Precht 2007 durch seinen Bestseller<br />

„Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“<br />

Quelle: Riecke, T., <strong>Handelsblatt</strong>, Nr. 018, 26.01.2011, 106<br />

109

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!