Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Unterrichtseinheit „Unsere Wirtschaftsordnung“ - Handelsblatt macht ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
M 32<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
Was denn sonst?<br />
Nicht die Menschen sind schuld, sondern das System. Die vom Systemimperativ Wettbewerb<br />
ausgehenden Anreize treiben die Menschen zu nachhaltigem Gewinnstreben an.<br />
Aber hat nicht die Gier in diesem System zu Exzessen geführt?<br />
Was hätte denn der Einzelne dagegen tun sollen? Banker, die sich vor zwei, drei Jahren<br />
geweigert hätten, bestimmte hochverzinsliche Papiere ihren Kunden anzubieten, hätten<br />
doch mit Entlassung rechnen müssen. Im gegebenen System des Wettbewerbs haben<br />
sich die Banker rational verhalten, auch wenn alle zum Schaden des Ganzen gehandelt<br />
haben. Ökonomen sprechen vom Gefangenendilemma. […]<br />
Also ist die Politik für die Krise verantwortlich?<br />
Ich staune jedenfalls über die Selbstgerechtigkeit von Politikern, die erst beim Abstecken<br />
des Ordnungsrahmens und ihren Kontrollpflichten versagen und nun dem Markt beziehungsweise<br />
den Bankern die Schuld zuschieben. […]<br />
Bundespräsident Horst Köhler mahnt die Manager, zu den<br />
Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns zurückzukehren. Hat er da<br />
nicht recht?<br />
Er fordert zugleich aber auch bessere Regeln, sonst wäre das der Versuch, Systemfehler<br />
mit personalen Appellen zu lösen. Dabei sagen selbst unsere Lebensweisheiten wie „Der<br />
Ehrliche ist der Dumme“, dass dies nicht ausreichen kann.<br />
Wie beurteilen Sie das Verhalten unserer Manager und Unternehmer in<br />
der Krise?<br />
Es ist bedauerlich, dass unsere TopManager bei TVTalkshows wie Anne Will nicht in<br />
der Lage sind, die Marktwirtschaft als moralisches System zu erklären. Doch das ist nicht<br />
ihre Schuld, da es diese Diskussion seit 40 Jahren nicht gegeben hat.<br />
Was sollten sie denn sagen?<br />
Zu sagen, dass die Marktwirtschaft zu mehr Wohlstand führt, reicht nicht. Die Menschen<br />
wollen moralische Antworten. Man müsste erklären, dass und warum die Marktwirtschaft<br />
die der modernen Welt angepasste institutionalisierte Nächstenliebe ist.<br />
Schließlich leben selbst Menschen, die nach unserer Definition arm sind, heute viel länger,<br />
weil unser System die gesundheitlichen und sozialen Versorgungseinrichtungen<br />
finanziert.<br />
Homann, 65, hatte bis 2008 den Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik an der<br />
Ludwig-Maximilians-Universität in München inne. Von 1990 bis 1999 lehrte er an der<br />
Katholischen Universität Eichstätt Unternehmensethik.<br />
Quelle: Handschuch, K./Ramthun, C., WirtschaftsWoche, Nr. 016, 11.04.2009, 26<br />
107