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Unter der Staleke 230, Sommer 2023

Heimatzeitung für die Gemeinde Hagen im Bremischen – Die STALEKE erscheint vier Mal im Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte der Gemeinde Hagen im Bremischen verteilt.

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Steilen schreibt: „Am 27. Mai<br />

1857 rief er den landwirtschaftlichen<br />

Verein Hagen mit 50 Mitglie<strong>der</strong>n<br />

ins Leben. Es spricht für<br />

das große Vertrauen, das Fachtmann<br />

sich in <strong>der</strong> kurzen Zeit<br />

seiner Amtstätigkeit in Hagen<br />

bereits erworben hatte, wenn<br />

er sofort zum Vorsitzenden des<br />

neuen Vereins gewählt wurde<br />

und dieses Ehrenamt bis zu seinem<br />

Fortgange innehatte. Er ließ<br />

namhafte Redner nach Hagen<br />

kommen, die über die neuesten<br />

Erkenntnisse sprachen und die<br />

Landleute zu besseren Arbeitsweisen<br />

ermunterten.“<br />

Landwirtschaftlicher Verein<br />

Hagen<br />

Die Aufgabe dieses Vereins war<br />

die <strong>Unter</strong>stützung <strong>der</strong> Bauern<br />

bei <strong>der</strong> Einführung mo<strong>der</strong>ner<br />

Methoden in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

Durch die Entlassung<br />

<strong>der</strong> Bauern aus dem Meierverhältnis,<br />

die sie zu Eigentümern<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>eien machte, war<br />

<strong>der</strong> Anfang gemacht. Fachtmann<br />

verfasste dazu selbst<br />

eine Schrift: „Gebundenheit<br />

o<strong>der</strong> freie Veräußerung des<br />

Grundbesitzes im Königreich<br />

Hannover.“<br />

Die neu gegründete Amtssparkasse<br />

leistete gute Dienste, indem<br />

sie Kredite als Hilfe anbot.<br />

Weitere Umwälzungen waren:<br />

" Die Aufteilung <strong>der</strong> Allmende<br />

gab auch Kötnern und kleinen<br />

Brinksitzern die Gelegenheit,<br />

Eigentümer von Län<strong>der</strong>eien<br />

zu werden.<br />

" Die Verkopplung von Grundstücken<br />

zu größeren Einheiten<br />

brachte Erleichterung <strong>der</strong><br />

Feldarbeit und die Erträge erhöhten<br />

sich.<br />

" Die Nutzbarbarmachung <strong>der</strong><br />

Moore durch Entwässerung<br />

brachte Fortschritte bei <strong>der</strong><br />

Torf- und Landgewinnung.<br />

" Statt <strong>der</strong> alten Methode des<br />

Plaggendüngens kamen<br />

mo<strong>der</strong>ne Düngemittel, z.B.<br />

Kunstdünger, zum Einsatz<br />

und <strong>der</strong> einfache, von Pferden<br />

gezogene Pflug und das<br />

Dreschen mit dem Flegel<br />

wurden nach und nach durch<br />

Maschinen ersetzt.<br />

" Durch Vorträge, Zeitschriften<br />

und den Einsatz von Wan<strong>der</strong>lehrern<br />

konnten die Eingesessenen<br />

viel über die neue<br />

Form <strong>der</strong> Landwirtschaft erfahren.<br />

In vielen Orten wurden landwirtschaftliche<br />

Berufsfachschulen<br />

gegründet, z.B. in Stotel. In<br />

Hagen lei<strong>der</strong> nicht, was <strong>der</strong><br />

Amtmann Fachtmann sehr bedauerte.<br />

Später, 1893, führten gemeinsame<br />

Einkaufsoptionen für Saatgut<br />

und Dünger sowie gemeinsame<br />

Vermarktung <strong>der</strong> Ernte zu<br />

einem genossenschaftlichen<br />

Handeln durch Gründung eines<br />

Landwirtschaftlichen Consum-<br />

Vereins.in Hagen Das war <strong>der</strong><br />

Vorläufer <strong>der</strong> heutigen Raiffeisen-Genossenschaft.<br />

Bis in die<br />

1960er Jahre war das Domizil<br />

in einem Fachwerkbau neben<br />

<strong>der</strong> Gastwirtschaft Funke, heute<br />

Griechisches Restaurant am<br />

Amtsdamm. Hier gab es auch<br />

eine Viehwaage, und es fanden<br />

Eber- und Bullenkörungen statt.<br />

In die Amtszeit des Regierungsrats<br />

Fachtmann fiel die von <strong>der</strong><br />

Regierung vorgeschriebene<br />

Gründung einer Witwen- und<br />

Waisenkasse für Staatsdiener<br />

und 1857 wurden in Hannover<br />

allgemein Hausnummern eingeführt.<br />

Wichtig war dem rührigen Amtmann<br />

ebenfalls die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Verkehrswege, denn<br />

gepflasterte Straßen waren damals<br />

noch eine Seltenheit.<br />

Steilen schreibt: „Wohl schnitt<br />

die Bremer Heerstraße, (heute L<br />

135, früher B6), ausgebaut in den<br />

Jahren von 1828 bis 1832, den<br />

Amtsbezirk, aber sie diente einseitig<br />

dem bremischen Handel<br />

und erlangte für den Verkehr im<br />

Amte selbst keinerlei Bedeutung.<br />

Dagegen fehlte eine durchgehende<br />

Straße in West-Ostrichtung.<br />

Sie wurde zu einem unabweisbaren<br />

Bedürfnis, als 1862 die<br />

hannoversche Geestebahn mit<br />

dem Haltepunkt Stubben eröffnet<br />

worden war. Es begann <strong>der</strong><br />

Ausbau <strong>der</strong> Straße von Hagen<br />

über Bramstedt und Bokel nach<br />

Stubben und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite nach Sandstedt. Die Sparkasse<br />

mit ihren Überschüssen<br />

trug dazu bei, solche Arbeiten zu<br />

för<strong>der</strong>n.<br />

Es gab aber noch an<strong>der</strong>e Möglichkeiten,<br />

die Wege zu bessern,<br />

etwa durch Aufschütten, Ziehen<br />

von Begleitgräben usw. In dieser<br />

Hinsicht war Fachtmann unermüdlich<br />

tätig, vor allem in den<br />

Moorgebieten. So suchte er durch<br />

Tausch im Ahemoor eine Grundlage<br />

für wirksame Entwässerung<br />

und bessere Wege zu schaffen.“<br />

Am Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

entdeckte man den wirtschaftlichen<br />

Wert des Torfes als Brennmaterial<br />

und die abgetorfte Fläche<br />

als Acker- und Weideland.<br />

Das Hagener Ahemoor wurde<br />

ab 1820 vom Staat, das war damals<br />

<strong>der</strong> König von Hannover,<br />

an Interessenten meierrechtlich<br />

vergeben und seitdem Königsmoor<br />

genannt. Beim Handtorfstich<br />

wurde im <strong>Sommer</strong> durch<br />

Abzugsgräben das Wasser abgeleitet,<br />

die im Winter, wenn<br />

<strong>der</strong> Torf eingebracht war, wie<strong>der</strong><br />

verschlossen wurden. 1<br />

Allerdings brachte dem rührigen<br />

Amtmann seine Aktivität in<br />

den Moorgebieten rund um Hagen<br />

eine schwere Rüge seiner<br />

Vorgesetzten ein, er habe seine<br />

Befugnisse überschritten. Ihm<br />

wird vorgeworfen, sich persönlich<br />

bereichert zu haben, indem<br />

er, als er von bevorstehenden<br />

Entwässerungsvorhaben <strong>der</strong><br />

Regierung erfuhr, billig Moorland<br />

gekauft und das verbesserte<br />

Land später teuer wie<strong>der</strong><br />

abgegeben zu haben. Darüber<br />

liegen Verträge in den Akten,<br />

in denen die Kauf- und Verkaufspreise<br />

ausgelassen sind.<br />

Fachtmann verteidigt sich vehement:<br />

das sei seine Privatangelegenheit<br />

und „er lasse sich<br />

nicht gern in den Beutel schauen“.<br />

Am Ende muss er die Summen<br />

offenlegen und den Tadel<br />

seiner Vorgesetzten in seinen<br />

Personalakten dulden.<br />

Trotzdem wurde er 1865 nach<br />

Osterholz versetzt, wirkte dort<br />

als Amtmann ebenfalls 10 Jahre<br />

und gründete auch dort eine<br />

Amtssparkasse. 1871/72 verfasste<br />

er eine Beschreibung des<br />

Kreises Osterholz. 2<br />

In <strong>der</strong> nächsten Ausgabe <strong>der</strong><br />

„<strong>Staleke</strong>“ wird ausführlich über<br />

die Gründung <strong>der</strong> Amtssparkasse<br />

Hagen berichtet. s<br />

Fortsetzung folgt. Jutta Siegmeyer<br />

1) Wikipedia 2) NLA Stade Rep 74 OHZ Nr. 189<br />

Geht es Ihnen auch manchmal so? Beim Frühjahrsputz o<strong>der</strong> Aufräumen findet man<br />

den alten Karton o<strong>der</strong> den Ordner mit den Dokumenten aus Großvaters o<strong>der</strong> gar<br />

Urgroßvaters Zeit wie<strong>der</strong>, und man bekommt Lust, darin zu stöbern. Alte Briefe,<br />

Verträge, Stammbücher, Kochrezepte und vieles an<strong>der</strong>e kommt zum Vorschein. Nur<br />

lei<strong>der</strong> ist alles handschriftlich und in deutscher Schrift verfasst und daher mühsam<br />

zu entziffern. Dann ist <strong>der</strong> Spaß schnell vorbei! Für solche Fälle finden Sie Hilfe beim<br />

Kultur- und Heimatverein: Telefon 04746 397 (J. Siegmeyer). Wir transkribieren<br />

(umschreiben in Druckschrift) und deuten Ihre Dokumente.<br />

Die nächsten Zusammenkünfte <strong>der</strong> Geschichtswerkstatt in <strong>der</strong> Burg Hagen finden<br />

<strong>2023</strong> immer montags um 19.00 Uhr statt, und zwar 24. Juli, 21. August, 25. September,<br />

23. Oktober, 20. November, 11. Dezember. Gäste sind immer herzlich willkommen.<br />

UNTER DER STALEKE SOMMER <strong>2023</strong> | 53

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