12.06.2023 Aufrufe

CONNECTIONS_53-d

R&M Fachmagazin CONNECTIONS no. 53

R&M Fachmagazin CONNECTIONS no. 53

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

oder auch neue Wunderstoffe wie «Graphen»<br />

(Nobelpreis 2010), auf denen zukünftig eine<br />

noch viel leistungsfähigere Elektronik aufbauen<br />

könnte.<br />

Neue Quantentechnologien könnten uns<br />

zuletzt aber auch den Weg zur Umsetzung<br />

zweier von niemand Geringerem als Richard<br />

Feynman ausgesprochenen technologischen<br />

Visionen eröffnen: erstens, dass es technisch<br />

möglich sein sollte, individuelle Atome zu manipulieren<br />

(Feynman 1959). Wir bezeichnen<br />

diese Entwicklung heute als «Nano-Technologie»,<br />

von vielen Techno-Advokaten bereits<br />

als eine der aufregendsten Zukunftstechnologien<br />

deklariert. Zweitens die vielleicht<br />

noch packendere Vision eines sogenannten<br />

«Quantencomputers» (Feynman 1981). Dieser<br />

vermag auf zahlreichen Quantenzuständen,<br />

sogenannten «Quantenbits» (Qubits), parallel<br />

zu rechnen, anstatt wie klassische Computer<br />

Informationen Bit für Bit zu verarbeiten. Mit<br />

seiner Hilfe liessen sich Probleme lösen, die für<br />

die heute in Physik, Biologie, Wetterforschung<br />

und anderswo eingesetzten Supercomputer<br />

noch bei Weitem zu komplex sind.<br />

Hochgradig interessante<br />

Zusammenhänge<br />

Konkret beruhen Quantencomputer auf dem<br />

Phänomen der Verschränkung, dem wohl<br />

bizarrsten Phänomen in der Quantenwelt:<br />

Eine Anzahl von Quantenteilchen lassen sich<br />

in einen Zustand bringen, in dem sie sich so<br />

verhalten, als wären sie mit einer Geisterhand<br />

aneinandergekoppelt, auch wenn sie räumlich<br />

weit voneinander entfernt sind. Jedes<br />

Teilchen weiss sozusagen, was die anderen<br />

gerade treiben. Sie gehören allesamt einer<br />

gemeinsamen physikalischen Entität (die<br />

Physiker bezeichnen dies als Wellenfunktion)<br />

an. Zwischen den Teilchen besteht dann eine<br />

Das neuste Buch von Lars Jaeger<br />

Supermacht Wissenschaft – Unser<br />

Leben zwischen Himmel und Hölle<br />

ist seit<br />

August 2017<br />

im Handel<br />

erhältlich<br />

050.6523<br />

Korrelation, die eine instantane Vorhersage<br />

darüber erlaubt, welcher Zustand bei dem<br />

einen Teilchen realisiert ist, wenn man das<br />

andere gemessen hat. Auch dann, wenn viele<br />

Kilometer zwischen ihnen liegen. Es ist so, als<br />

wenn jemand in Deutschland instantan spüren<br />

würde, was seinem Zwilling in Australien<br />

gerade passiert.<br />

Mit einem solchen Ensemble von verschränkten<br />

Qubits können die Physiker, so erhoffen<br />

sie sich, auf allen möglichen seiner Zustände<br />

simultan operieren. Während ein normaler<br />

Computer all die Bits in vielen, vielen Schritten<br />

hintereinander bearbeiten, d.h. von jeweils 0<br />

auf 1 bzw. von 1 auf 0 umlegen muss, kann<br />

ein Quantencomputer alle diese Schritte mit<br />

einem Mal verarbeiten. Diese hochgradige<br />

Parallelisierung der Operationen erhöht die<br />

Rechenleistung des Computers exponentiell<br />

mit der Anzahl der Qubits, im Gegensatz zu<br />

einem klassischen, sequenziell arbeitenden<br />

Computer, dessen Rechenleistung nur linear<br />

mit der Anzahl der verfügbaren Rechenbausteine<br />

ansteigt.<br />

Eine weitere neue Quantentechnologie<br />

sorgt schliesslich für eine effiziente und<br />

störungsfreie Übertragung von Qubits: die<br />

Quanten-Teleportation, also der Transport<br />

von Qubits zwischen zwei Orten. Grundlage<br />

dieser Technologie ist, dass zwei Quantenteilchen<br />

(z.B. Photonen) zu einem gemeinsamen<br />

quantenphysikalischen Zustand verschränkt<br />

und anschliessend räumlich getrennt werden,<br />

ohne dass dabei ihr gemeinsamer Zustand<br />

zerstört wird. Eines der Teilchen wird zum<br />

Empfänger gesendet, das andere wird beim<br />

Sender mit der zu teleportierenden (Quanten-)Information<br />

(Qubit) überlagert. Durch<br />

eine Messung am Sender bestimmt sich nach<br />

den Gesetzen der Quantenphysik automatisch<br />

und augenblicklich auch der Zustand<br />

des entfernten verschränkten Teilchens, ohne<br />

dass zwischen beiden irgendeine direkte<br />

Interaktion stattfindet. Das Ergebnis dieser<br />

Messung wird dann konventionell an den<br />

Empfänger übertragen. Mit dieser Information<br />

kann dessen Qubit dann so transformiert<br />

werden, dass es den gleichen Zustand wie das<br />

Sender-Qubit besitzt. Auf diese Weise wurde<br />

die gewünschte (Quanten-)Information vom<br />

Sender zum Empfänger gebracht, ohne dass<br />

das Teilchen dabei physisch transportiert<br />

wurde. Mit Quanten-Teleportation scheint<br />

neben dem Quantencomputer auch das<br />

«Quanteninternet» zum Greifen nah zu sein.<br />

Hadern die meisten von uns noch mit den erkenntnistheoretischen<br />

und philosophischen<br />

Implikationen der Quantenphysik, so sollten<br />

wir zugleich gut auf ihr weiterhin beispiellos<br />

revolutionäres technologisches Zukunftspotenzial<br />

achten. Denn das Verständnis der<br />

neuen Quantentechnologien eröffnet uns<br />

einen Blick in die Ferne – in eine Zukunft,<br />

die uns schon sehr bald bevorsteht.<br />

090.7272<br />

Olga René Tysyachnyuk Eichenberger<br />

| Project Manager<br />

Synergia Head of Corporate SE, Ukraine<br />

Communications<br />

olga.tysyachnuk@synergia.ua<br />

rene.eichenberger@rdm.com<br />

050.6522<br />

<strong>CONNECTIONS</strong> 10I2017–<strong>53</strong><br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!