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OCG Journal 03/22 Digitale Grundbildung

Alles über das neue Pflichtfach an Österreichs Schulen

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Schwerpunktthema: <strong>Digitale</strong> <strong>Grundbildung</strong><br />

stehen, das wäre kontraproduktiv – sie<br />

müssen Pausen machen dürfen. Es heißt<br />

immer: „Alles in deinem Tempo, du entscheidest,<br />

wann du bereit bist die Prüfung<br />

zu machen.“ Deswegen schaffen<br />

auch alle die Prüfungen.<br />

Durch die Nebenwirkungen der Chemotherapie<br />

ist es immer wieder auch ein<br />

extremes Auf- und Ab, daher ist es selbstverständlich<br />

möglich, Termine kurzfristig<br />

zu verschieben zu können. Durchschnittlich<br />

braucht ein*e Teilnehmer*in ein Jahr,<br />

bis sie*er den ECDL absolviert hat. Man<br />

erlebt die Erfolge und Rückschläge im<br />

Kampf gegen die Krankheit mit den Kindern<br />

und Jugendlichen mit.<br />

Wie alt sind die Kinder / Jugendlichen?<br />

Sie sind zwischen 9 Jahre bis 20 Jahre alt.<br />

Wobei sich manche auch Jahre später<br />

melden, die den ECDL dann noch fertig<br />

machen wollen. Alle die mit den ECDL<br />

starten, sind mit Begeisterung dabei.<br />

Es gibt auch Teilnehmer*innen, mit<br />

starken kognitiven und körperliche Einschränkungen.<br />

Sie haben schon alle<br />

Therapien abgeschlossen und brauchen<br />

eine Tagesstruktur. Für diese Jugendlichen<br />

haben wir das Projekt Jugend &<br />

Zukunft gestartet, mit dem Ziel sie in den<br />

Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />

Wie werden die Teilnehmer*innen mit<br />

Computern ausgestattet?<br />

Mittlerweile ist das überhaupt kein Problem<br />

mehr, wir haben auch ein Kontingent<br />

an Geräten zur Unterstützung für<br />

Kinder und Jugendliche ohne PC.<br />

Sie machen die Schulungen ganz allein,<br />

dies ist nur dank Online-Unterricht möglich.<br />

Wie wird der Online-Unterricht bei<br />

den Kindern aufgenommen.<br />

Den Online-Unterricht gibt es in diesem<br />

Projekt seit 2008 und das Interesse war<br />

von Beginn an sehr groß, an dieser Art<br />

von Schulung teilnehmen zu können.<br />

Vor Corona war das auch was sehr Besonderes.<br />

Also, sie hatten vielen eine Erfahrung<br />

voraus. Es gibt im Übrigen schon<br />

Teilnehmer*innen, die ich persönlich gar<br />

nicht kennenlerne. Vor 20 Jahren war das<br />

unvorstellbar. Der persönliche Kontakt ist<br />

und bleibt aber ein sehr wichtiger und<br />

zentraler Bestandteil des Projektes. Interessant<br />

finde ich allerdings, dass die 9- bis<br />

12-jährigen, auch ohne persönlichen Erstkontakt<br />

sofort mit den Online-Schulungen<br />

beginnen. Aber die, die in Pubertät<br />

sind, begrüßen persönliche Begegnungen<br />

schon. Und ich fahre auch weiterhin<br />

durch die Bundesländer und lerne die<br />

Teilnehmer*innen persönlich kennen.<br />

Aber die Jungen sind ja fast nur mehr<br />

gewohnt so in Kontakt zu kommen. In<br />

vielen Fällen ist der Online-Unterricht<br />

auch notwendig, da es Kinder und Jugendliche<br />

gibt, deren Immunsystem ist<br />

so schwach, dass sie nicht in einer Gruppe<br />

sein können.<br />

Welche Wirkung hat das Projekt für die<br />

Teilnehmer*innen?<br />

Was sich für uns herausgestellt hat: Es<br />

gibt Vielen eine Zukunftsperspektive. Ein<br />

Teilnehmer hat Jahre später erzählt, für<br />

ihn war es ein Blick nach vorne: es gibt<br />

auch wieder ein Leben danach. Neben<br />

den Inhalten ist der persönliche Kontakt,<br />

in Beziehung treten etwas sehr Wichtiges.<br />

Denken wir nur daran, wie es uns am<br />

Beginn von Corona im ersten Lockdown<br />

gegangen ist. Die sozialen Kontakte haben<br />

sich komplett reduziert. Es ist allen<br />

schwergefallen, plötzlich wenige oder<br />

keine persönlichen Kontakte mehr zu<br />

haben. Viele Patient*innen machen diese<br />

Erfahrungen aufgrund ihrer langen Spitalsaufenthalte.<br />

Wir stellen eine Verbindung<br />

zur Außenwelt her.<br />

Die meisten freuen sich, wenn sie bei<br />

mir den Computer aufdrehen und über<br />

Word, Excel, Powerpoint oder das Internet<br />

reden bzw. lernen können. Es dreht<br />

sich in der Zeit alles um die Krankheit, daher<br />

begrüßen es alle mit mir über ganz<br />

andere interessante Themen reden zu<br />

können. Es ist eine willkommene Ablenkung.<br />

Die für mich schönsten Rückmeldungen<br />

waren: „Es hat mir sehr viel Spaß<br />

gemacht und nebenbei habe ich auch<br />

was gelernt.“<br />

Es baut sich eine eigene Beziehung zu<br />

den Kindern auf. Man wird oft auch für<br />

die Eltern zur Vertrauensperson. Und Eltern<br />

nutzen die Zeit als Möglichkeit einmal<br />

ohne schlechtes Gewissen aus dem<br />

Zimmer zu gehen.<br />

Also die Struktur und den Kontakt zur<br />

Außenwelt sind sehr wichtig, welche Bedeutung<br />

haben die Lerninhalte an sich?<br />

Die Lerninhalte sind schon wichtig. Zum<br />

Beispiel hatte ich einen Teilnehmer, der<br />

mich gebeten hat, dass ich seinem Informatiklehrer<br />

eine Bestätigung ausstelle,<br />

dass er zwei ECDL Module gemacht hat.<br />

Aufgrund kognitiver Einschränkungen<br />

hat er beim Lernen einfach nur mehr Zeit<br />

gebraucht als die anderen Gleichaltrigen.<br />

Sein IT-Lehrer wusste das nicht und<br />

musste natürlich den Stoff in vorgegebener<br />

Zeit durchbringen. Mir ist bewusst,<br />

dass ich wie schon erwähnt keinen Zeitdruck<br />

habe und mich daher ganz auf das<br />

Tempo des Teilnehmers einstellen kann.<br />

Aber am Ende bekam der Junge eine<br />

Eins in Informatik und andere Schüler*innen<br />

gingen zu ihm, wenn sie in den verschiedenen<br />

Programmen etwas wissen<br />

wollten. Oder ein ähnliches Beispiel, ein<br />

Junge, der am Telefon sagt: „Nur zur Info,<br />

nächste Woche werde ich mich schon<br />

nicht mehr an Sie erinnern“. Aber es war<br />

trotzdem möglich mit ihm zu lernen,<br />

denn umso öfter er etwas wiederholt,<br />

umso eher erinnert er sich.<br />

Wo holen Sie sich Ihre Kraft, um sich immer<br />

wieder mit diesen traurigen Schicksalen<br />

zu konfrontieren?<br />

Für mich ist das Schöne daran, dass man<br />

menschlich so viel geben kann. Ich versuche<br />

schon seit meiner Kindheit gerne,<br />

Menschen zum Lachen zu bringen und<br />

das ist so etwas Positives. Viel Kraft gibt<br />

mir meine Familie. Ich habe selbst vier<br />

wunderbare, gesunde Kinder und, wie es<br />

so schön heißt, eine starke Frau an meiner<br />

Seite.<br />

Ein Beispiel, ich wollte gerade bei einem<br />

Kind die Prüfung abnehmen, dann ruft<br />

die Mutter an und sagt, der Junge hat 40<br />

Grad Fieber, also habe ich zu ihm gesagt,<br />

du musst die Prüfung nicht machen, in<br />

deinem Zustand würde ich mich nicht<br />

einmal im Bett aufsetzen. Aber er wollte<br />

das unbedingt. Ich habe ihm dann die<br />

Fragen vorgelesen, da seine Augen so glasig<br />

waren und er so schwach war. Als ich<br />

ihm gesagt habe, dass er jetzt die Prüfung<br />

bestanden hat, ist er mit einem breiten<br />

Grinser im Gesicht zurück ins Bett gefallen.<br />

In dieser Situation so eine Freude und<br />

Zufriedenheit bei ihm zu sehen, ist genau<br />

das, warum ich es so gerne mache.<br />

Was für Berufswünsche haben die Kinder?<br />

In dem Projekt Jugend & Zukunft geht es<br />

<strong>03</strong> • 20<strong>22</strong> | <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong><br />

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