Der Wein - Pro Stuttgart

nomen est omen: Prof. Dr. Dr. Dieter Weingart im Weingarten Wolfgang Schmidt
Refraktometer fährt sie heute in,
so Weingart, „meinem Notfallkoffer
für Winzer“ mit.
Im Herbst kann Weingart seinen
Weinanbau hochrechnen. Dann
hängen durch seine praktizierte
extreme Ertragsreduzierung –
„ich schneide nicht nur Trauben
heraus, ich halbiere zudem noch“
– an den rund 200 Rebstöcken etwa
300 Kilogramm Trauben. Löwenanteil
ist Lemberger, dazu ein
bisschen Cabernet Cubin. Weinlese
bei den Weingarts ist Familiensache.
Die Ehefrau, ebenfalls
Zahnmedizinerin, zwei Töchter
und der Sohn packen da mit an.
Im Weinberg steht ein großer
Tisch, darauf die handverlesenen
Trauben in Obstkörben à 12 Kilogramm-Einheiten.
In der genossenschaftlichen
Kelter der
Weinmanufaktur Untertürkheim
nimmt Kellermeister Jürgen Off
das Lesegut in Empfang. Der
Weinmacher ist offen für Weingarts
Ideen. „Ich hab da ein bisschen
Narrenfreiheit, die sagen, da
kommt der verrückte Professor
wieder“, erzählt Weingart. Deswegen
kommt dem Lesegut auch
eine entsprechende Behandlung
zugute. Auf der Maische liegt
Weingarts Lemberger in einem
(ausgedienten) Barrique ohne Deckel.
Die tagelange Maischegärung,
wie die Reifung seiner
Tropfen in einem Barrique mit
Zweitbelegung, untersucht der
Professor dann auch immer wieder
bei spontanen Kellervisiten.
Gibt Anregungen. So etwa steht
bei Jürgen Off nun wieder eine
alte Ent rappungsmaschine aus
Holz. Weingart tüftelte daran, um
ein extrem schonendes Abbeeren
zu erzielen. Gemeinsame jährliche
Studienreisen mit Weinfreunden
wie Bernd Munk, bringen
solche Ideen ins Haus und „lassen
uns auch immer regelmäßig
fachsimpeln und das wirkt sehr
befruchtend auf den Betrieb“,
sagt Munk.
Auf dem ganzen Globus unterwegs
ist der Mediziner in seiner
derzeitigen Funktion als Weltpräsident
des International Team for
Implantology (ITI). Dabei inspiziert
er das eine und andere
Weinanbauland, kann erzählen
von Australien, Südafrika und
Kalifornien, „wo überwiegend
Maschinen im Einsatz sind“ und
hat „Respekt bekommen vor den
Württemberger Weingärtnern,
die von Hand arbeiten“.
Akribisch rechnet er seine Freizeitstunden
als Wengerter nicht.
„Andere spielen Golf, um den
Kopf frei zu bekommen. Ich habe
da meinen Weinberg. Und ich
habe ein Hobby mit Produkt“,
sagt schließlich der Pionier in Sachen
Premiumwein.
Ute Böttinger
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