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Der Wein - Pro Stuttgart

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Viertelesstreit: Welcher <strong>Wein</strong> schmeckt in welchem Glas am besten? Karin Wiemer<br />

dere liegt unter Umständen: im<br />

Glas. Denn der württembergische<br />

<strong>Wein</strong>freund schlotzt traditionsgemäß<br />

nicht einfach aus irgendwas,<br />

schon gar nicht aus einem<br />

gewöhnlichen <strong>Wein</strong>glas. Ein<br />

Henkelglas muss es sein. Wobei<br />

die Bezeichnung „Henkelglas“,<br />

die zusätzliche Ausstattung, seinen<br />

eigentlichen Wert nicht zum<br />

Ausdruck bringt und daher eher<br />

von Neig’schmeckten und traditionsunkundigenNachkömmlingen<br />

verwendet wird. Denn eigentlich<br />

ist es ein Viertelesglas.<br />

Ein bauchiges Glasgefäß, ohne<br />

Stiel, dafür mit solidem Boden<br />

und somit standfest auch bei<br />

ausdauerndem Gebrauch. Und<br />

das Entscheidende: Es fasst einen<br />

Viertelliter.<br />

Den Eichstrich braucht hier aber<br />

keiner. Praktischerweise würden<br />

jedwede Tricksereien und Geizereien<br />

von Seiten des Wirts auf einen<br />

Blick und schon von weitem<br />

entlarvt: Schließlich muss das<br />

Glas voll sein, damit das Maß voll<br />

ist, das heißt, sobald die Flüssigkeit<br />

über den Rand schwappt, wie<br />

bei einer überlaufenden Badewanne,<br />

ist das Soll erfüllt. Das<br />

Viertele ist mehr als eine Mengen -<br />

angabe. Es ist das Schwabenmaß<br />

an sich. Schon sprachlich ist es<br />

die einzig mögliche Einteilung:<br />

wie klänge ein Drittele oder etwa<br />

ein Fünftele? Völlig unmöglich.<br />

Ganz abgesehen von den Streitereien<br />

am Glasrand: Wie soll man<br />

sich, bitteschön, eine Literflasche<br />

teilen mit Fünftele – zu zweit?<br />

Oder gar eine Dreiviertelliterflasche?<br />

Aber das steht ohnehin<br />

meist nicht zur Debatte, denn die<br />

ließe sich zu zweit eh nicht gescheit<br />

teilen, zwei Gläsle <strong>Wein</strong><br />

pro Nase müssen schon drin sein.<br />

„Die <strong>Wein</strong>stube und das Viertele<br />

gehören einfach zusammen“, sagt<br />

Andreas Scherle, seit letztem Jahr<br />

Inhaber der alteingesessenen<br />

„<strong>Wein</strong>stube Stetter“ im Bohnenviertel.<br />

Das Henkelglas ist für ihn<br />

Ausdruck schwäbischer Gastlichkeit<br />

und geselligen Beisammenseins.<br />

„Man hockt ungezwungener<br />

zusammen bei einem Viertele“,<br />

hat er festgestellt. Wenn nicht<br />

das Gespräch den <strong>Wein</strong> begleitet,<br />

sondern der <strong>Wein</strong> das Gespräch<br />

verflüssigt, dann ist das Henkelglas<br />

richtig. Es könnte daher auch<br />

Besenglas oder <strong>Wein</strong>stubenglas<br />

heißen.<br />

Badener im Stielglas<br />

Die Alternative, das Stielglas, bietet<br />

<strong>Wein</strong>liebhaber Scherle auch<br />

an. „Ein schwäbisches Viertele<br />

kommt ins Henkelglas, ein badischer<br />

<strong>Wein</strong> ins Stielglas“, beschreibt<br />

der <strong>Wein</strong>liebhaber die<br />

weinpolitisch korrekte Philosophie<br />

des <strong>Wein</strong>hauses. Auch bei<br />

Dreiviertelliterflaschen gibt es<br />

Gläser mit Stiel dazu. Die „<strong>Wein</strong>stube<br />

Kochenbas“ hält es ähnlich,<br />

allerdings gibt es hier gar keine<br />

badischen <strong>Wein</strong>e: „Wir sind hier<br />

in Württemberg, da gehört das<br />

Viertelesglas doch dazu“, sagt<br />

man hier, „und die Leute erwarten<br />

es auch.“ Christin Wöhrwag<br />

kommt aus einer Rheingauer<br />

<strong>Wein</strong>baufamilie. Sie hatte anfangs<br />

ihre <strong>Pro</strong>bleme mit dem Henkelglas,<br />

genau wie schon mit dem<br />

Rheingauer Römerglas, als sie ihrem<br />

Mann, Hans-Peter Wöhrwag,<br />

in das Untertürkheimer <strong>Wein</strong>gut<br />

folgte. Mittlerweile zeigt sich für<br />

sie darin ein Stück Originalität.<br />

Kultur und Tradition der Region.<br />

„<strong>Der</strong> Trollinger gehört ins Viertelesglas,<br />

das muss man nicht groß<br />

zelebrieren“, meint sie. Für an-<br />

<strong>Wein</strong>-Boulevard 11<br />

Denn der <strong>Wein</strong><br />

erneuet die Kräfte<br />

ermüdeter Männer.“<br />

Homer

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