Erfolgreiche Laubfrosch-Wiederansiedlung im ... - VipersGarden

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DIETMAR GÜTZ Erfolgreiche Laubfrosch-Wiederansiedlung im Ballungsraum Hamburg W iederansiedlungen sind ein legales, aber bislang von Naturschutzbehörden kaum angewandtes Mittel des Artenschutzes. Gerade für Ballungsräume scheint diese Methode aber besonders notwendig und sinnvoll zu sein. Einleitung Im verkehrsreichen Ballungsraum Hamburg starben die Laubfrösche in den siebziger Jahren aus, weil sie offensichtlich wegen zu hoher Verkehrsdichte nicht mehr zuwandern konnten. Deshalb sollte diese Art im Auftra- ge der Umweltbehörde Hamburg in rena- turierten Schutzgebieten am Stadtrand wie- derangesiedelt werden (HAMANN 1981). Mit dem Versuch wurde 1986 im Naturschutzge- biet Duvenstedter Brook im Norden Ham- burgs begonnen, weil hier biotopverbessernde Pflegemaßnahmen seit 1977 ohnehin ange- laufen waren. Gebietsauswahl (1) Vom Gebiet sind ehemalige Laubfrosch- vorkommen bekannt. Außerdem war die Be- treuung des Vorhabens durch amtliche Natur- schutzwarte und Naturschutzverbände gesi- chert. (2) Der Duvenstedter Brook ist 800 ha groß und hat viele Habitatstrukturen sowie eine abgerundete Fläche, so daß randliche Störun- gen (Eutrophierung) den Kern des Gebietes nicht erreichen. Fließgewässer entspringen im Gebiet und „entwässern" nach außen, so daß kaum Schadstoffe über Fließgewässer hineingetragen werden. Analyse Habitatstrukturen Bevor 1986 Maßnahmen ergriffen wurden, erfolgte ab 1983 eine Literatur-Analyse (CLAUSNITZER (1986), DIERKING-WESTPHAL (1985), LEMMEL (1977)) über die für den Laubfrosch in seinem Lebenszyklus erfor- derlichen Habitatelemente (Sommerlebens- räume, Überwinterungsareale, Laichplätze) und ein Vergleich mit den tatsächlich vor- handenen Bedingungen im Naturschutzge- biet. Der Vergleich zeigte, daß auf ca. 750 (von 800) ha im NSG Duvenstedter Brook gute Voraussetzungen für geeignete Sommer- lebensräume (feuchte Wiesen u. Weiden, gebüschreiche Wegsäume, sonnige Laub- waldränder, Weidengebüsche) und Winter- quartiere (Laubwälder, Pfeifengrasbulten- stadien) gegeben waren. Völlig unzureichend war hingegen die Laichplatzausstattung: die ehemaligen Laichgewässer waren ganz verfüllt oder mit Weidengebüsch zugewach- sen und beschattet. Günstig war, daß seit 1977 Moorflächen wieder großflächig ver- näßt waren und einige Feuchtwiesen wieder höhere Wasserstände infolge reduzierter Gra- benreinigung aufwiesen. Gebüsche und süd- exponierte, stufige Laubwaldränder waren vorhanden. Wiederansiedlungsmaßnahmen Laub- frosch Bis zur Mitte der siebziger Jahre gab es Laubfrosch-Nachweise im Nordostteil der feuchtkühlen Niederung des Duvenstedter Brookes (FILITZ mdl.). Da hier nur die Laich- gewässer verschwunden oder vollkommen elaphe 4 (1996) Heft 1 65

DIETMAR GÜTZ<br />

<strong>Erfolgreiche</strong> <strong>Laubfrosch</strong>-<strong>Wiederansiedlung</strong> <strong>im</strong><br />

Ballungsraum Hamburg<br />

W<br />

iederansiedlungen sind ein legales, aber bislang von Naturschutzbehörden<br />

kaum angewandtes Mittel des Artenschutzes. Gerade für<br />

Ballungsräume scheint diese Methode aber besonders notwendig<br />

und sinnvoll zu sein.<br />

Einleitung<br />

Im verkehrsreichen Ballungsraum Hamburg<br />

starben die Laubfrösche in den siebziger<br />

Jahren aus, weil sie offensichtlich wegen zu<br />

hoher Verkehrsdichte nicht mehr zuwandern<br />

konnten. Deshalb sollte diese Art <strong>im</strong> Auftra-<br />

ge der Umweltbehörde Hamburg in rena-<br />

turierten Schutzgebieten am Stadtrand wie-<br />

derangesiedelt werden (HAMANN 1981). Mit<br />

dem Versuch wurde 1986 <strong>im</strong> Naturschutzge-<br />

biet Duvenstedter Brook <strong>im</strong> Norden Ham-<br />

burgs begonnen, weil hier biotopverbessernde<br />

Pflegemaßnahmen seit 1977 ohnehin ange-<br />

laufen waren.<br />

Gebietsauswahl<br />

(1) Vom Gebiet sind ehemalige <strong>Laubfrosch</strong>-<br />

vorkommen bekannt. Außerdem war die Be-<br />

treuung des Vorhabens durch amtliche Natur-<br />

schutzwarte und Naturschutzverbände gesi-<br />

chert.<br />

(2) Der Duvenstedter Brook ist 800 ha groß<br />

und hat viele Habitatstrukturen sowie eine<br />

abgerundete Fläche, so daß randliche Störun-<br />

gen (Eutrophierung) den Kern des Gebietes<br />

nicht erreichen. Fließgewässer entspringen<br />

<strong>im</strong> Gebiet und „entwässern" nach außen, so<br />

daß kaum Schadstoffe über Fließgewässer<br />

hineingetragen werden.<br />

Analyse Habitatstrukturen<br />

Bevor 1986 Maßnahmen ergriffen wurden,<br />

erfolgte ab 1983 eine Literatur-Analyse<br />

(CLAUSNITZER (1986), DIERKING-WESTPHAL<br />

(1985), LEMMEL (1977)) über die für den<br />

<strong>Laubfrosch</strong> in seinem Lebenszyklus erfor-<br />

derlichen Habitatelemente (Sommerlebens-<br />

räume, Überwinterungsareale, Laichplätze)<br />

und ein Vergleich mit den tatsächlich vor-<br />

handenen Bedingungen <strong>im</strong> Naturschutzge-<br />

biet. Der Vergleich zeigte, daß auf ca. 750<br />

(von 800) ha <strong>im</strong> NSG Duvenstedter Brook<br />

gute Voraussetzungen für geeignete Sommer-<br />

lebensräume (feuchte Wiesen u. Weiden,<br />

gebüschreiche Wegsäume, sonnige Laub-<br />

waldränder, Weidengebüsche) und Winter-<br />

quartiere (Laubwälder, Pfeifengrasbulten-<br />

stadien) gegeben waren. Völlig unzureichend<br />

war hingegen die Laichplatzausstattung: die<br />

ehemaligen Laichgewässer waren ganz<br />

verfüllt oder mit Weidengebüsch zugewach-<br />

sen und beschattet. Günstig war, daß seit<br />

1977 Moorflächen wieder großflächig ver-<br />

näßt waren und einige Feuchtwiesen wieder<br />

höhere Wasserstände infolge reduzierter Gra-<br />

benreinigung aufwiesen. Gebüsche und süd-<br />

exponierte, stufige Laubwaldränder waren<br />

vorhanden.<br />

<strong>Wiederansiedlung</strong>smaßnahmen Laub-<br />

frosch<br />

Bis zur Mitte der siebziger Jahre gab es<br />

<strong>Laubfrosch</strong>-Nachweise <strong>im</strong> Nordostteil der<br />

feuchtkühlen Niederung des Duvenstedter<br />

Brookes (FILITZ mdl.). Da hier nur die Laich-<br />

gewässer verschwunden oder vollkommen<br />

elaphe 4 (1996) Heft 1 65


aumbeschattet waren, das übrige Habitat<br />

aus Feuchtwiesen und Laubwald aber unver-<br />

ändert geblieben war und gerade in diesem<br />

Abschnitt über 25 neue Teiche entstehen<br />

sollten (GLITZ 1995), wurde der Versuch<br />

gewagt, hier eine kontrollierte <strong>Laubfrosch</strong>-<br />

<strong>Wiederansiedlung</strong> vorzunehmen. Das An-<br />

siedlungsgewässer wurde 1986 neu geschaf-<br />

fen. Es liegt südexponiert und windgeschützt<br />

vor Laubwald und ist ca. 40x50 m groß, aber<br />

nur 1 m tief und hat buchtenreiche, flache<br />

scher Herkunft aus privatem Altbesitz sowie<br />

1992/93 Quappen von nordniedersächsischen<br />

Elterntieren (Landkreis Celle) ausgesetzt.<br />

Mit Genehmigung der Niedersächsischen Be-<br />

hörden war Herr CLAUSNITZER berechtigt,<br />

wildlebende Paare aus Beständen <strong>im</strong> Land-<br />

kreis Celle zu entnehmen, diese in Aquarien<br />

ablaichen zu lassen und die Quappen für<br />

diesen Versuch nach Hamburg zu bringen.<br />

Durch diese gemeinsame Arbeit konnte Herr<br />

CLAUSNITZER seine Erfahrung mit Ansiedlun-<br />

Abb. 1. Ansiedlungsgewässer mit 0,5 m tiefen Flachwasserzonen mit flutendem<br />

Wasserschwaden in Südlage vor Laubwald und Gebüschen. (Foto: D. GLITZ)<br />

Uferzonen (vgl. Abb.l). In unmittelbarer<br />

Umgebung wurden 17 weitere Gewässer neu<br />

angelegt oder saniert. Direkt angrenzend ans<br />

Ansiedlungsgewässer war 1980 eine Wiese<br />

aus der Nutzung genommen worden, die<br />

sich zum Großseggenried entwickelte.<br />

Unter Beachtung der „Laufener" Emp-<br />

fehlungen für die Wiedereinbürgerung ge-<br />

fährdeter Tiere (ANONYMUS 1981), wurden<br />

1986-88 nur Kaulquappen von hamburgi-<br />

66<br />

gen direkt weitergeben (CLAUSNITZER 1984).<br />

Die Elterntiere wurden nach dem Ablaichen<br />

wieder zum He<strong>im</strong>atgewässer zurückgebracht.<br />

Nach persönlicher Übergabe wurden die<br />

Quappen in Hamburg - in der Regel von<br />

Privat - weiter gepflegt, bis ihre vier Beine<br />

gut entwickelt waren und möglichst die Re-<br />

duzierung der Schwanzflosse begonnen hat-<br />

te und erst dann <strong>im</strong> Gewässer ausgesetzt,<br />

weil so die Verluste durch Feinde gemindert<br />

1<br />

elaphe 4 (1996) Heft


Abb. 2. Stauwasser-<br />

teiche mit Austrock-<br />

nung <strong>im</strong> August und<br />

September sind für<br />

Laubfrösche ideal. In-<br />

folge der Trockenpha-<br />

sen werden Kaulquap-<br />

penfresser wie Stich-<br />

linge, Rückenschw<strong>im</strong>-<br />

mer, Gelbrandkäfer so-<br />

wie Libellenlarven<br />

ganz oder stark redu-<br />

ziert.<br />

(Foto: D. GÜTZ)<br />

werden. Durch den amtlichen Naturschutz-<br />

wart BARTHEN wurden die Quappen 1992/93<br />

auch z. T. in „Freiland-Aquarien" direkt<br />

neben dem Ansiedlungsgewässer großgezo-<br />

gen, so daß fast 100% der Tiere als Jungfrö-<br />

sche in den Biotop entlassen werden konn-<br />

ten (ausgesetzte Quappenanzahl, siehe Tab.<br />

1). Gefüttert wurde mit handelsüblichem<br />

Fischfutter, gegen hungrige Krähen wurden<br />

die Becken mit Kükendraht geschützt.<br />

Um ein Überleben der <strong>Laubfrosch</strong>quappen<br />

vor Fischen zu begünstigen, wurden sechs<br />

Gewässer <strong>im</strong> Grundwasserschwankungs-<br />

bereich so angelegt, daß sie möglichst nur<br />

bis zum Monat August Wasser führen, dann<br />

mehrere Wochen völlig trocken fallen (ver-<br />

gleiche Abbildung 2) und erst zum Herbst<br />

sich wieder mit Wasser füllen. Als „Sitz-<br />

warte" für erwachsene Frösche blieben eini-<br />

ge in Seggenrieden aufkommende Jungerlen<br />

stehen. Außerdem wurden die Nahrungs-<br />

und Temperaturverhältnisse an anliegenden<br />

Wegrändern verbessert, indem mehrere gro-<br />

ße Erlen und Eichen - gegen nachhaltige<br />

Proteste der Förster und mancher Besucher -<br />

gefällt wurden und wieder sonnige Stauden-<br />

und Gebüschsäume entstehen konnten, was<br />

in der feuchtkühlen Moor-/Wiesenniederung<br />

besonders wichtig war (vgl. CLAUSNITZER<br />

1986).<br />

Jahr Ausgesetzte Anzahl rufender Anzahl Anzahl Ruf-Gewässer<br />

Quappenmenge ♂♂ Ruf-Gewässer mit ≥ 5 rufenden ♂♂<br />

1986 600 — — —<br />

1987 700 — — —<br />

1988 500 4 2 —<br />

1989 — 3 2 —<br />

1990 — 7 3 —<br />

1991 — 6 2 —<br />

1992 1200 4 2 —<br />

1993 1600 18-20 9 2<br />

1994 — 11-15 5 1<br />

1995 — 50-56 16 7<br />

Tab. 1. <strong>Wiederansiedlung</strong> des <strong>Laubfrosch</strong>s (Hyla arborea)<br />

elaphe 4 (1996) Heft 1<br />

67


Erfolgskontrollen<br />

Als Erfolgskontrolle wurden seit 1986 jähr-<br />

liche Zählungen der rufenden (♂♂ mittels<br />

ca. 50 Begehungen <strong>im</strong> Frühjahr und Sommer<br />

durch den Verfasser vorgenommen. Teil-<br />

weise wurden die Laubfrösche durch Ab-<br />

spielen eines Tonbandes zum Rufen st<strong>im</strong>u-<br />

liert. Quappen und Jungfrösche wurden nur<br />

1993 gesucht. Die Daten von 1994/95 stam-<br />

men von SCHULZ (schriftl.) sowie HAMMER<br />

und RÖBBELEN (mdl).<br />

Ergebnisse / Beobachtungen<br />

Der Versuch verlief in zwei Ansiedlungs-<br />

phasen und zwar von 1986 bis 1988 sowie<br />

1992/93. Von der großen Anzahl ausgesetz-<br />

ter Quappen erreichten aufgrund hohen<br />

Feinddruckes durch Stichlinge offenbar nur<br />

wenige die Geschlechtsreife, wodurch die<br />

Erfahrung TESTER's (1990) aus der Schweiz<br />

bestätigt wird. Als rufende Männchen blie-<br />

ben nur sehr wenige Tiere übrig, weil offen-<br />

sichtlich selbst in den sommertrockenen<br />

Laichgewässern infolge winterlicher groß-<br />

flächiger Überschwemmungen der Naß-<br />

wiesen <strong>im</strong>mer wieder Massenvorkommen des<br />

NSG Duvenstedter Brook<br />

<strong>Laubfrosch</strong><br />

® Ansiedlung (1986-1988.1992/93)<br />

• Rufgewässer 1993 mit Anzahl<br />

rufender a*t<br />

01993 kein RufgewSsser<br />

Anzahl rufender<br />

Männchen<br />

Hauptrufgewässer des <strong>Laubfrosch</strong>es <strong>im</strong> NSG Duvenstedter Brook<br />

Abb. 4. Hauptrufgewässer des Laubfro-<br />

sches <strong>im</strong> NSG Duvenstedter Brook<br />

gelb = Ansiedlungsgewässer<br />

Dreistachligen Stichlings entstehen, der kaum<br />

Kaulquappen überleben läßt. Am 6.6.1994<br />

fand CLAUSNITZER <strong>im</strong> Laichgewässer keine<br />

<strong>Laubfrosch</strong>-Quappen, aber massenhaft Stich-<br />

linge (CLAUSNITZER, schriftlich).<br />

Stichlings-<br />

reiche Flachwasserzonen des<br />

Großen Moores wurden dar-<br />

über hinaus <strong>im</strong>mer wieder<br />

von rufenden Männchen be-<br />

vorzugt, eine Teilpopulation<br />

konnte sich hier aufgrund<br />

sehr hohen natürlichen Feind-<br />

druckes aber nicht entwik-<br />

keln (vgl. Abb. 3). Der be-<br />

sondere Fischreichtum sowie<br />

35 Graureiherbrutpaare in di-<br />

rekter Nachbarschaft, etwa 30<br />

bis 50 Graugänse, Höcker-<br />

schwan-Brutpaare und Grün-<br />

delenten lassen hier offenbar<br />

von zugewanderten Laubfrö-<br />

schen und deren Quappen <strong>im</strong><br />

Abb. 3. Verteilung und<br />

Anzahl rufender Laub-<br />

frosch-Männchen in 1993<br />

68 elaphe 4 (1996) Heft 1


Nebenrufgewässer des <strong>Laubfrosch</strong>es nahe des Ansiedlungsgewässers 68.8<br />

Anzahl rufender<br />

Männchen<br />

Abb. 5. Nebenrufgewässer des Laubfro-<br />

sches in der Nähe des Ansiedlungs-<br />

gewässers 68.8.<br />

gelb = Ansiedlungsgewässer<br />

Verlauf des Sommers nichts übrig. In 900 m<br />

Entfernung hiervon fand sich trotzdem <strong>im</strong><br />

Ansiedlungsgewässer alljährlich eine Ruf-<br />

gruppe aus drei bis sieben Männchen die<br />

sich von 1988 bis 1992 aber nicht vergrößer-<br />

te. Wohl aufgrund der norddeutschen kühlen<br />

Witterung, großen Feinddruckes und früher<br />

Mahdtermine bildeten sich<br />

erst 1995 nach der 2. Ansied-<br />

lungsphase mehrere und grö-<br />

ßere Rufgruppen mit mehr<br />

als fünf rufenden Männchen<br />

(Tab. 1 und Abb.4).<br />

SCHULZ stellte Mitte Juni<br />

1995 fest, daß <strong>im</strong> Nordostteil<br />

nach der Mahd der Wiesen<br />

auf Flurstück 49 keine Laub-<br />

frösche mehr zu hören oder<br />

zu finden waren. Vorher hat-<br />

ten hier über Wochen 11<br />

Männchen intensiv gerufen.<br />

Es war bis an die Teichränder<br />

Abb. 6. Rufgewässer-<br />

wechsel <strong>im</strong> April 1993<br />

herangehend gemäht worden, so daß die hier<br />

tagsüber <strong>im</strong> Gras sitzenden Frösche mit Si-<br />

cherheit durch die tiefliegenden Kreiselmäher<br />

alle vernichtet wurden. Zusätzlich war am<br />

Teichufer gegen großblättrigen Ampfer (Sitz-<br />

warte) gespritzt worden (SCHULZ mdl.). Die-<br />

se Beobachtung mag erklären, warum der<br />

<strong>Laubfrosch</strong> Weidetümpel oder Teiche mit<br />

Gebüschsäumen „bevorzugt", in Wiesen wird<br />

er heute wohl schlichtweg weggemäht und<br />

mit Spritzmitteln vergiftet.<br />

Vom Ansiedlungsgewässer hatten sich die<br />

Männchen sternförmig max. 1 km entfernt.<br />

Auffällig war, daß nur der Ansiedlungs-<br />

tümpel <strong>im</strong> Teichzentrum (s. Abb. 3 und 7)<br />

als Rufgewässer konstant von 1988-95 auf-<br />

gesucht wurde. Von den 68 neu angelegten<br />

Teichen wurden während dieser Zeit insge-<br />

samt 22 Tümpel in einem Jahr von minde-<br />

stens einem rufenden (3 genutzt. Neun in der<br />

Nähe des Ansiedlungsgewässers liegende<br />

Kleingewässer wurden in derselben Zeit in<br />

zwei Jahren von eins bis vier Männchen<br />

besucht, nur <strong>im</strong> direkt angrenzenden Nach-<br />

bartümpel wurde in vier verschiedenen Jah-<br />

ren gerufen (siehe Abb. 5). Wohl aufgrund<br />

der Vielzahl an Gewässern zeigt die Vertei-<br />

lung der Rufgruppen pro Teich von 1988 bis<br />

1995 keine Konstanz.<br />

Am Anfang der Rufperioden scheinen<br />

Laubfrösche verschiedene Teiche zu testen.<br />

elaphe 4 (1996) Heft 1 69


Seit dem 20.4.1993 wechselten beispiels-<br />

weise vier bis sechs Männchen auf Flurstück<br />

49 zehn Tage lang zwischen den sechs Ge-<br />

wässern innerhalb der Wiese, erst ab dem<br />

30.4.93 riefen dann vier Männchen konstant<br />

an einem Tümpel, der 1992 nicht aufgesucht<br />

worden war (siehe Abb. 6). Zuerst einzeln<br />

rufende Männchen schließen sich fast <strong>im</strong>-<br />

mer schnell größeren Rufgruppen in der Nähe<br />

an. Neugeschaffene Teiche wurden inner-<br />

halb der ersten zwei Jahre nicht von Laub-<br />

fröschen besiedelt (siehe Abb. 4 und 5).<br />

Da <strong>im</strong> Teichzentrum (vgl. GÜTZ 1995)<br />

ausreichend Gewässer für Paarungsaktivitä-<br />

ten verschiedener Arten vorhanden sind, tren-<br />

nen sich die Arten manchmal räumlich. So<br />

riefen <strong>im</strong> April 1993 Wasser- und Laubfrö-<br />

sche <strong>im</strong> Ansiedlungsteich zunächst gemischt.<br />

Nachdem sich hier acht <strong>Laubfrosch</strong>männchen<br />

konzentrierten, zogen die vier bis fünf<br />

Wasserfrösche in den angrenzenden nördli-<br />

chen Teich (46.1), der ohne Laubfrösche<br />

war. Nachdem die Laubfrösche Ende Juni<br />

70<br />

ihre Rufaktivität einstellten, kamen die<br />

Wasserfrösche zurück und riefen wieder <strong>im</strong><br />

Teich 68.8.<br />

Das bisherige Max<strong>im</strong>um war 1995 mit ca.<br />

50 bis 56 Männchen in 16 Rufgewässern<br />

erreicht, wobei <strong>im</strong> Aussetzungsgewässer<br />

selbst mit acht bis elf Männchen eine an-<br />

zahlmäßig hinreichend große Rufgruppe exi-<br />

stierte sowie in sechs weiteren Rufgewässern<br />

mindestens fünf Männchen aktiv waren (Tab.<br />

1 und Abb. 4). Da der bislang erfolgreiche<br />

Ansiedlungsversuch erst seit 1993 beendet<br />

ist, soll die weitere Entwicklung der noch<br />

relativ kleinen Population (vgl. Abb. 7) wei-<br />

ter beobachtet werden. Im Bereich der Haupt-<br />

rufgewässer sollen zusätzlich zahlreiche<br />

Brombeergebüsche gepflanzt und weitere<br />

Gebüschsäume hergestellt werden, um nach<br />

TESTER (1990) den Nahrungs- und Ruhe-<br />

bedürfnissen der Laubfrösche besser zu ent-<br />

sprechen und um die wiederangesiedelte Art<br />

am Rande des Ballungsraumes Hamburg<br />

endgültig zu sichern.<br />

elaphe 4 (1996) Heft 1


Empfehlungen<br />

Absiedlungen oder <strong>Wiederansiedlung</strong>en von<br />

Amphibien können bei sorgfältiger Vorbe-<br />

reitung <strong>im</strong> Einzelfall interessierten Vereins-<br />

mitgliedern empfohlen werden. Notwendig<br />

ist eine Absprache mit und Genehmigung<br />

durch das jeweilige Landesamt für Natur-<br />

schutz sowie den örtlichen Naturschutz-<br />

behörden. Geeignet wä-<br />

ren Boden- und Gesteins-<br />

abbaugebiete, neue Aus-<br />

gleichsflächen, wieder-<br />

vernäßte Niedermoore<br />

oder Feuchtgrünland so-<br />

wie Standort- und Trup-<br />

penübungsplätze der<br />

Bundeswehr. Ansiedlun-<br />

gen können die schwere<br />

Passierbarkeit unserer<br />

zerschnittenen, gespritz-<br />

ten Landschaft offen-<br />

sichtlich mindern.<br />

Danksagung<br />

Für Ihre Unterstützung<br />

und Überlassung von<br />

Originaldaten danke ich<br />

Diplom-Biologe Dr. K.<br />

SCHULZ, Hamburg und H.<br />

J. CLAUSNITZER, Celle.<br />

Mein Dank gilt auch dem<br />

Kollegen H. UHLISCH für die Erstellung der<br />

Karten.<br />

Literatur<br />

ANONYMUS (1981): Empfehlungen für die Wieder-<br />

einbürgerung gefährdeter Tiere. - Tagungs-<br />

bericht ANL 12: 113-114.<br />

CLAUSNITZER, H. J. & CLAUSNITZER, C. (1984):<br />

Erste Ergebnisse einer <strong>Wiederansiedlung</strong> des<br />

Luubfroschs Hyla arborea (L. 1785) <strong>im</strong> Land-<br />

kreis Celle (Niedersachsen). - Salamandra 20<br />

(1): 50-55.<br />

CLAUSNITZER, HJ. (1986): Zur Ökologie und Er-<br />

nährung des <strong>Laubfrosch</strong>es Hyla a. arborea (L.<br />

1758) <strong>im</strong> Sommerlebensraum. - Salamandra<br />

22 (2/3): 162-172.<br />

CLAUSNITZER, HJ. & BÖRNINGHAUSEN, F. (1991):<br />

Langjährige Ergebnisse von zwei Wiederein-<br />

bürgerungen des <strong>Laubfrosch</strong>es mit Vorschlä-<br />

gen zum Artenschutz. - Natur u. Landschaft,<br />

H. 6/1991.<br />

DIERKING-WESTPHAL, U. (1985): Artenhilfs-<br />

programm <strong>Laubfrosch</strong>. - Broschüre Landes-<br />

amt für Naturschutz und Landschaftspflege<br />

Schleswig-Holstein 1985.<br />

GLITZ, D. (1995): Amphibienschutzerfolge durch<br />

neu angelegtes Teichsystem. - Natur u. Land-<br />

schaft, H. 7/1995.<br />

GÜTZ. D. (1995): Neue Teichsysteme fördern<br />

Abb. 8. Rufende <strong>Laubfrosch</strong>-Männchen halten etwa 0,5<br />

bis 1 m Abstand voneinander. (Foto: Dr. KNUD SCHULZ)<br />

Amphibienpopulationen. - elaphe Heft 3/95:<br />

64-69.<br />

HAMANN, K. (1981): Artenschutzprogramm. Ver-<br />

breitung und Schutz der Amphibien und Rep-<br />

tilien in Hamburg. - Schriftenreihe Umwelt-<br />

behörde Hamburg, H. 1/1981.<br />

LEMMEL, G. (1977): Die Lurche und Kriechtiere<br />

Niedersachsens - Grundlagen für ein Schutz-<br />

programm. - Schr.R. Nat.u.LSCHPflege in<br />

Nds. Heft 5.<br />

TESTER, U. (1990): Artenschützerisch relevante<br />

Aspekte zur Ökologie des <strong>Laubfrosch</strong>es (Hyla<br />

arborea L.). - Diss. Universität Basel.<br />

Autor<br />

DIETMAR GLITZ<br />

Bundesamt für Naturschutz<br />

Konstantinstraße 110<br />

53179 Bonn<br />

elaphe 4 (1996) Heft 1 71

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