MAYERLING IM VERLAUF SEINER GESCHICHTE - Karmel-Mayerling
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<strong>MAYERLING</strong><br />
<strong>IM</strong> <strong>VERLAUF</strong> <strong>SEINER</strong> <strong>GESCHICHTE</strong><br />
VON DER LAURENTIUS-KAPELLE<br />
ZUM KARMEL ST. JOSEF<br />
Diplomarbeit<br />
Eingereicht an der<br />
Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien<br />
zur Erlangung des akademischen Grades eines<br />
Magisters der Theologie<br />
der fachtheologischen Studienrichtung<br />
Betreuer: Univ.-Prof. DDr. Floridus Röhrig CanReg<br />
Peter Rückl<br />
2002
INHALTSVERZEICHNIS<br />
VORWORT .............................................................................................. 5<br />
I. VOR<strong>GESCHICHTE</strong> ........................................................................... 6<br />
1. Der Wienerwald ...................................................................................................... 6<br />
2. Besiedelung .............................................................................................................. 6<br />
3. Christianisierung ..................................................................................................... 7<br />
4. Das Bistum Passau zur Zeit der Babenberger ................................................... 10<br />
II. STIFT HEILIGENKREUZ ............................................................. 12<br />
1. Die Erneuerung des monastischen Lebens ........................................................ 12<br />
a) Die Situation der Kirche am Ende des ersten Jahrtausends ...................... 12<br />
b) Die Reform der abendländischen Kirche ..................................................... 13<br />
c) Der Zisterzienserorden ................................................................................... 15<br />
2. Die Gründung von Heiligenkreuz ...................................................................... 18<br />
a) Leopold III. – Stifter des Klosters .................................................................. 18<br />
b) Die Zisterzienser in Heiligenkreuz ............................................................... 20<br />
c) Das Schenkungsgebiet .................................................................................... 24<br />
III. <strong>MAYERLING</strong> <strong>IM</strong> WIENERWALD ........................................... 29<br />
1. Alland, die Urpfarre im Wienerwald ................................................................. 29<br />
2. <strong>Mayerling</strong> ............................................................................................................... 31<br />
a) Die Herren von Murlingen ............................................................................ 32<br />
b) Das 13. und 14. Jahrhundert .......................................................................... 32<br />
3. Die Seelsorge der Heiligenkreuzer Mönche ...................................................... 33<br />
a) Die Entwicklung des Klosters Heiligenkreuz ............................................. 33<br />
b) Übernahme der Pfarrseelsorge ...................................................................... 34<br />
c) Die Pfarre Alland ............................................................................................. 35<br />
2
4. Die Laurentius-Kapelle in <strong>Mayerling</strong> ................................................................. 37<br />
a) Der Bau der Kapelle und die Zerstörung durch die Türken ..................... 37<br />
b) Der Ausbau der Kapelle unter Abt Michael Schnabel ............................... 39<br />
c) Die Gründung der Bruderschaft (1654) ........................................................ 43<br />
d) Neubau der Kirche unter Abt Clemens Schäffer ........................................ 45<br />
e) Zeit des Wiederaufbaus .................................................................................. 48<br />
5. Religiöses Leben in <strong>Mayerling</strong> ............................................................................ 50<br />
a) Meßstiftung ...................................................................................................... 50<br />
b) Prozessionen ..................................................................................................... 51<br />
c) Geistliche Berufungen ..................................................................................... 52<br />
d) Die Seelsorger der Laurentius-Kirche .......................................................... 53<br />
e) Die Zeit der Aufklärung ................................................................................. 54<br />
IV. KRONPRINZ RUDOLF ............................................................... 56<br />
1. Das Jagdschloß ....................................................................................................... 56<br />
a) Ein Ort der Erholung ...................................................................................... 56<br />
b) Kauf und Umbau zu einem Jagdschloß ....................................................... 56<br />
2. Die Tragödie ........................................................................................................... 62<br />
a) Die letzte Fahrt nach <strong>Mayerling</strong> .................................................................... 62<br />
b) Das Ende zweier Menschen ........................................................................... 67<br />
3. Die Suche nach der Wahrheit .............................................................................. 73<br />
V. DAS KARMELITINNENKLOSTER ST. JOSEF ..................... 81<br />
1. Stiftung des Klosters durch Kaiser Franz Joseph I. .......................................... 81<br />
a) Ein Ort der Sühne ............................................................................................ 81<br />
b) Der <strong>Karmel</strong>itenorden ...................................................................................... 84<br />
c) <strong>Karmel</strong>itinnen in Österreich .......................................................................... 88<br />
2. Der Umbau des Jagdschlosses in ein Kloster .................................................... 91<br />
a) Das Kloster ....................................................................................................... 91<br />
b) Der Bau der Kirche .......................................................................................... 93<br />
c) Abriß der Laurentius-Kirche ......................................................................... 99<br />
3
3. Der Beginn des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters ............................................................ 103<br />
a) Der Neuanfang ............................................................................................... 103<br />
b) Einweihung der Kirche ................................................................................. 107<br />
4. Das Leben hinter Klostermauern ...................................................................... 110<br />
a) Das Leben im jungen Kloster ....................................................................... 110<br />
b) Tochtergründungen ...................................................................................... 117<br />
c) Schicksale in schwerer Zeit .......................................................................... 121<br />
d) Der Wiederbeginn 1945 ................................................................................ 126<br />
SCHLUSS .............................................................................................. 129<br />
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ......................... 132<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..................................................... 142<br />
LEBENSLAUF ...................................................................................... 144<br />
4
VORWORT<br />
Das winzige <strong>Mayerling</strong> gehört heute zum Fixprogramm der meisten historisch<br />
interessierten Österreich-Touristen. Hier endete am 30. Januar 1889 das Leben des<br />
Rudolf von Österreich und der Baronesse Mary Vetsera. Was die Besucher so<br />
anzieht, ist gewiß zum einen die spekulationsträchtige Intimgeschichte eines<br />
Kronprinzen und seiner Geliebten, vor allem aber die Tatsache, daß dieser kleine<br />
Ort am Rande der Weltgeschichte zum tragischen Schauplatz für die Habsburger-<br />
Dynastie und in gewisser Weise sogar zum Wendepunkt einer ganzen Epoche<br />
geworden ist.<br />
Bis zum heutigen Tag beschäftigen sich Historiker und Forscher mit diesem<br />
Geschehen. Unzählige Bücher und Artikel wurden im Laufe der Jahrzehnte mit<br />
dem Anspruch veröffentlicht, nun endlich das Rätsel von <strong>Mayerling</strong> gelöst zu<br />
haben. Es wurde zwar schon vieles geklärt, doch eine absolut sichere Rekonstruk-<br />
tion der letzten Stunden des Thronfolgers konnte noch niemand erbringen.<br />
Die vorliegende Arbeit beabsichtigt nicht, die Liste der verschiedensten Hypothe-<br />
sen zu verlängern. Vielmehr soll auf dem Hintergrund des Ortes <strong>Mayerling</strong><br />
(angefangen von der erstmaligen Nennung in der Stiftungsurkunde für Heiligen-<br />
kreuz über das Schicksal der <strong>Mayerling</strong>er Laurentius-Kirche, der Errichtung eines<br />
Jagdschlosses bis hin zum Umbau in ein Kloster und der Übernahme durch die<br />
<strong>Karmel</strong>itinnen von Wien-Baumgarten) die Entstehung und Geschichte des<br />
<strong>Karmel</strong>s von <strong>Mayerling</strong> nachgezeichnet werden.<br />
Den Schwestern des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters von <strong>Mayerling</strong> sei an dieser Stelle<br />
herzlich gedankt für die Einsichtnahme in historisch bedeutsame Unterlagen. Da<br />
in der Literatur speziell über das Kloster und seine Geschichte kaum etwas zu<br />
finden ist, möge diese Arbeit als eine kleine Ergänzung dienen zum großen Thema<br />
der „Causa <strong>Mayerling</strong>“.<br />
5
1. Der Wienerwald<br />
I. VOR<strong>GESCHICHTE</strong><br />
Seit mehr als 600 Jahren wird der Wald, der die Stadt Wien im Westen einschließt,<br />
als Wienerwald bezeichnet 1 . Trotz des Namens gehören aber etwa 90 Prozent<br />
dieses beliebten Erholungs- und Wandergebietes nicht zu Wien, sondern zum<br />
Bundesland Niederösterreich, das die Hauptstadt zur Gänze umschließt. An den<br />
Ausläufern der Ostalpen dehnt sich das Gebiet des Wienerwaldes auf einer Fläche<br />
von 1250 km² aus. Es erstreckt sich in der Ost-West-Dimension von der Randzone<br />
des Wiener Beckens bis zum Einschnitt des Traisentals südlich von St. Pölten und<br />
in der Nord-Süd-Richtung vom Donauknie bei Höflein bis zur Senke der Flüsse<br />
Gölsen und Triesting.<br />
2. Besiedelung<br />
Im Jahre 15 v. Chr. eroberten die Römer unter Kaiser Augustus die Gebiete südlich<br />
der Donau und errichteten die Provinzen Noricum und Pannonien, wobei der<br />
Wienerwald vermutlich die Grenze zwischen ihnen darstellte. 2 Pannonien, das<br />
riesige Gebiet vom Wienerwald und den oststeirischen Bergen bis zum Donau-<br />
knie, wurde unter Kaiser Trajan (105-107) in einen oberen (Pannonia superior) und<br />
einen unteren Bereich (Pannonia inferior) aufgeteilt. Mit dem Zerfall des<br />
Römischen Reiches im 5. Jahrhundert kam die Provinz Pannonia prima, das<br />
heutige Viertel unter dem Wienerwald, an die vom Osten kommenden Hunnen.<br />
Als in der Provinz Noricum die Bedrohung durch die Ostgoten immer größer<br />
wurde, veranlaßte Odoaker im Jahre 488 die Räumung der romanischen<br />
Bevölkerung. Ein Teil blieb aber zurück und vermischte sich mit den zuwandern-<br />
den Völkern. Im 6. Jahrhundert waren die Langobarden im Land. Sie zogen später<br />
nach Italien. Ihnen folgten die Awaren, eine adelige Oberschicht asiatischer<br />
1 Vgl. Twerdy, Geschichte, 9.<br />
2 Vgl. Loidl, Wien, 11.<br />
6
Herkunft, die über den Kaukasus bis an die untere Donau wanderten. 3 In der<br />
Folgezeit dehnten sie ihren Herrschaftsbereich bis zum Wienerwald aus und<br />
stießen bald mit dem westgermanischen Stamm der Bajuwaren zusammen. Dieses<br />
Volk, aus verschiedenen Völkerschaften zusammengewachsen, hatte sich nach 500<br />
zwischen Lech und Enns angesiedelt. 4 Als sich die Bayern von der fränkischen<br />
Abhängigkeit lösen wollten und die Herzogsfamilie der Agilolfinger die<br />
Selbständigkeit anstrebte, kam es zum Konflikt, der Karl den Großen veranlaßte,<br />
den letzten Agilolfinger 788 abzusetzen und das bayrische Gebiet dem<br />
Frankenreich einzugliedern. Damit reichte das aufstrebende Frankenreich bis an<br />
die Enns. Einige Jahre später unternahm Karl der Große einen Feldzug gegen die<br />
Awaren, um sie schließlich im Jahre 803 endgültig zu unterwerfen. 5 Als Schutz für<br />
sein Reich errichtete Karl der Große in dem eroberten Land das System der<br />
Markgrafschaften. Damit beginnt die Geburtsstunde der Geschichte Österreichs. 6<br />
3. Christianisierung<br />
Mit den Römern war das Christentum ins Land gekommen. Es ist interessant<br />
festzustellen, daß der Hauptmann Cornelius, der von Petrus getauft wurde, zur<br />
zweiten italischen Kohorte gehörte. Wie ein Grabstein aus Carnuntum nahelegt,<br />
wurde diese Truppe bereits um 69 n. Chr. von Palästina nach Carnuntum verlegt.<br />
Ob sich noch weitere Christen im Land aufhielten, kann allerdings nur vermutet<br />
werden. 7<br />
Die Anwesenheit von christlichen Legionären wird uns auch in einem Bericht über<br />
das sogenannte Regenwunder des Jahres 174 bezeugt. Während des Markoman-<br />
nenkrieges gerieten die Römer in einer Schlacht gegen die Quaden in große Not.<br />
Vom zahlenmäßig überlegenen Feind umzingelt, vermochten sie den Kampf<br />
wegen der glühenden Sonne nicht mehr fortzusetzen und drohten wegen Wasser-<br />
mangel zu verdursten. Da brachte ein plötzlich aufziehendes Gewitter mit<br />
3 Vgl. Zöllner, Geschichte, 42.<br />
4 Vgl. Menke, Landschaften, 70ff.<br />
5 Vgl. Schragl, Geschichte, 23f.<br />
6 Vgl. Röhrig, Leopold III., 12.<br />
7 Vgl. Wodka, Kirche, 2.<br />
7
ergiebigem Regen und Hagel den erschöpften Soldaten die heißersehnte Rettung.<br />
Die heidnischen Berichterstatter schrieben das Wunder dem Eingreifen einer ihrer<br />
Göttergestalten zu. Für die christlichen Schriftsteller, darunter Tertullian von<br />
Karthago, konnte die Hilfe nur von Gott stammen, der die Bittgebete der christ-<br />
lichen Soldaten erhörte. Das Ereignis ist übrigens auf der etwa 30 m hohen Marc-<br />
Aurel-Säule als Bildbericht dargestellt. Diese, zu Ehren des im Jahre 180<br />
verstorbenen Kaisers Marc Aurelius errichteten Säule, steht heute noch auf der<br />
Piazza Colonna in Rom. 8<br />
Neben den Soldaten dürften wahrscheinlich auch Händler das Christentum in<br />
diesen Teil des römischen Reiches gebracht haben, wie das auch in anderen<br />
Ländern der Fall war.<br />
Die erste Christianisierung des nordwestlichen Pannonien war vermutlich von<br />
Sirmium (Mitrovica), Aquileia und Mailand ausgegangen. Als Severin um das Jahr<br />
456 über Pannonien nach Ufernorikum kam, war dieses Land bereits von einer<br />
kirchlichen Organisation erfaßt. 9 Durch die Lebensbeschreibung des Heiligen, die<br />
Vita Severini, die sein Schüler Eugippius verfaßte 10 , sind wir besonders gut über<br />
diesen Zeitabschnitt, etwa 453 bis 488, unterrichtet. So erfahren wir, daß es bereits<br />
bestehende Kirchen in Asturis (Zeiselmauer), Comagenis (Tulln) und Favianis<br />
(Mautern) gab. Über die Herkunft Severins können wir nichts Sicheres sagen. Es<br />
wird angenommen, daß er aus dem italischen Adel stammte und als Beamter tätig<br />
war. Durch ein Bekehrungserlebnis änderte er sein Leben und ging zu den<br />
Mönchen des „Ostens“. Nach dem Tod Attilas führte ihn sein Weg nach Norikum,<br />
wo er zwischen Lorch und Salzburg sehr segensreich wirkte. Er förderte das<br />
religiöse Leben, gründete Klöster und beschützte in der Zerfallszeit des<br />
Römischen Reiches die Zivilbevölkerung. Durch diesen „Mann Gottes“ erreichte<br />
das Christentum eine erste Blütezeit. Als Odoaker die Räumung der Provinz<br />
anordnete, zogen die meisten Römer im Sommer 488 ab. Dabei wurden auch die<br />
Gebeine des 482 verstorbenen Severin nach Neapel mitgenommen. 11<br />
8 Vgl. Ubl, Regenwunder, 16f.<br />
9 Vgl. Loidl, Wien, 11.<br />
10 Vgl. Knoell, Vita.<br />
11 Vgl. Schragl, Geschichte, 14f.<br />
8
Durch die Völkerwanderung, in deren Verlauf der Wiener Raum im 6. und<br />
7. Jahrhundert von den Awaren, Langobarden und Slawen besetzt wurde, kam<br />
das bisher entstandene christliche Leben fast gänzlich zum Erliegen. 12<br />
Das Gebiet zwischen Enns und Wienerwald hatte den Awaren als Schutzzone<br />
gegenüber den Bayern gedient und war für fast 300 Jahre weitgehend siedlungs-<br />
leer geblieben. Awaren und Slawen waren Heiden, standen aber dem Christentum<br />
keineswegs feindlich gegenüber. Einer der ersten Missionare dürfte der aus<br />
Aquitanien stammende Amandus gewesen sein. Als weiterer Glaubensbote hatte<br />
der hl. Rupert von Salzburg um 700 die Slawenmission erfolgreich betrieben.<br />
Auch der hl. Emmeran wollte von Regensburg aus den Osten missionieren. Da<br />
aber die Awaren wieder im Raum Enns militärisch tätig waren, wurde er vom<br />
bayrischen Herzog Theoto zurückgehalten. 13<br />
Im Jahre 739 führte der hl. Bonifatius die Organisation der Diözesen im Herzog-<br />
tum Bayern durch. Es wurden die Bistümer Freising, Regensburg, Salzburg und<br />
Passau gegründet. 14 Unter Karl dem Großen erfolgte eine verstärkte Ost-<br />
erweiterung des Frankenreiches. Zuerst bekam diese Expansionspolitik Herzog<br />
Tassilo III. von Bayern zu spüren. Er wurde abgesetzt und in ein Kloster gesteckt.<br />
Die mit ihm verbündeten Awaren waren das nächste Ziel der bis zur Raab-<br />
mündung vordringenden Franken. 15 Durch die Eroberungen Karls des Großen<br />
konnte sich auch das Christentum ausbreiten. Anders als bei der Zwangsmission<br />
der Sachsen wollte man die Awaren durch Milde und Geduld für den christlichen<br />
Glauben gewinnen. Das neu eroberte Land wurde 830 zwischen den beiden<br />
Diözesen Salzburg und Passau aufgeteilt, wobei Salzburg die Steiermark und<br />
Passau das spätere Ober- und Niederösterreich erhielt. 16 Dadurch, daß die<br />
Bischofssitze sehr weit entfernt waren, wurden sogenannte Chorbischöfe ein-<br />
gesetzt. Sie vertraten den Diözesanbischof bei Amtshandlungen, wobei ihr<br />
eigentliches Wirkungsfeld im Osten lag. Es wird vermutet, daß Lorch der Sitz<br />
eines solchen Hilfsbischofs war. 17<br />
12 Vgl. Loidl, Wien, 12.<br />
13 Vgl. Weißensteiner, Babenberger, 23.<br />
14 Vgl. Schragl, Geschichte, 23.<br />
15 Vgl. Weißensteiner, Babenberger, 24.<br />
16 Vgl. Loidl, Wien, 12.<br />
17 Vgl. Heuwieser, Passau, 199.<br />
9
Um 900 drang das Nomadenvolk der Magyaren in die Ostmark ein. Das Gebiet<br />
ging für das fränkische Reich verloren, und die Enns bildete wieder die Grenze.<br />
Von der Pannonischen Ebene aus zogen sie Beute suchend weit ins bayrische Land<br />
hinein. Erst 955 siegte der spätere Kaiser Heinrich I. in der Schlacht auf dem<br />
Lechfeld bei Augsburg über die Ungarn, und die Schreckensherrschaft hatte bald<br />
ein Ende. 18<br />
4. Das Bistum Passau zur Zeit der Babenberger<br />
Um die Grenzen des Reiches besser schützen zu können, wurde zwischen Enns<br />
und Wienerwald eine Mark errichtet. Diese wird in einer Schenkungsurkunde aus<br />
dem Jahre 996 erstmals Ostarrichi genannt. 19 Zwanzig Jahre zuvor hatte mit<br />
Markgraf Leopold I. die Herrschaft der Babenberger in diesem Gebiet begonnen.<br />
Der Name „Babenberger“ geht auf Otto von Freising zurück, der selber dieser<br />
Familie entstammte. Er leitete diese Bezeichnung vom fränkischen Grafen<br />
Adalbert ab, der seinen Sitz auf dem Domberg zu Bamberg hatte. Vermutlich<br />
bestand ein gewisses verwandtschaftliches Verhältnis zwischen beiden Familien.<br />
Eine vollständige Klärung der Herkunft konnte man noch nicht gewinnen. Es darf<br />
aber angenommen werden, daß die Babenberger vom Herzogshaus der<br />
Luitpoldiger oder Arnulfinger abstammten. 20<br />
Der Passauer Bischof Pilgrim (971-991) bemühte sich erfolgreich, die Stellung<br />
seines Bistums in der Babenbergermark zu festigen und auszubauen. Er kümmerte<br />
sich auch intensiv um die Missionierung der Ungarn. Daher versuchte er Passau<br />
zur Metropole für die ungarischen und mährischen Bistümer erheben zu lassen.<br />
Der Versuch, mit Hilfe einer Urkundenfälschung, der bekannten Lorcher<br />
Fälschung, sein Ziel zu erreichen, scheiterte am Einspruch des Salzburger<br />
Erzbischofs. Doch kann diese Tat seine Leistungen für die Passauer Kirche nicht<br />
schmälern. 21<br />
18 Vgl. Zöllner, Geschichte, 60.<br />
19 Wandruszka, Ostarrichi, 7ff; MG DD OIII, Nr. 232.<br />
20 Vgl. Röhrig, Leopold III., 14.<br />
21 Vgl. Schragl, Geschichte, 32.<br />
10
In der Karolingerzeit und der frühen Babenbergerzeit kann von einer Pfarr-<br />
organisation noch keine Rede sein. Wenn auch Urpfarren genannt werden, so<br />
waren diese bestenfalls Seelsorgestützpunkte. Pilgrims Nachfolger gingen nun<br />
daran, die kirchliche Organisation in Niederösterreich auszubauen. Ein entschei-<br />
dender Schritt erfolgte unter Bischof Berengar (1013-1045). Nach dem damaligen<br />
Recht konnte eine Kirche bzw. Pfarrei nur derjenige stiften, der auch Grund und<br />
Boden besaß. Kaiser Heinrich II. schenkte im Jahre 1014 dem Passauer Bischof je<br />
eine Königshufe in Herzogenburg, Krems, Tulln, Altenwörth und Stockerau zur<br />
Errichtung einer Kirche. Als Kirchenpatron erhielten diese Orte den heiligen<br />
Stephanus, den Hauptpatron von Passau. 22<br />
Im weiteren Verlauf dieser Studie soll nun die Rede sein vom historischen Umfeld<br />
jenes Ortes, der das speziellen Thema der Arbeit darstellt. Die Geschichte Mayer-<br />
lings ist untrennbar mit der Gründung und dem Schicksal des Zisterzienserstifts<br />
Heiligenkreuz verbunden.<br />
22 Vgl. Schragl, Geschichte, 33.<br />
11
II. STIFT HEILIGENKREUZ<br />
1. Die Erneuerung des monastischen Lebens<br />
a) Die Situation der Kirche am Ende des ersten Jahrtausends<br />
Die germanische Auffassung vom Recht des Besitzers über Grund und Boden<br />
wirkte sich aus im sogenannten „Eigenkirchenwesen“, das wohl weniger eine Art<br />
der Seelsorgsorganisation als vielmehr ein Lehenssystem war und bald das ganze<br />
Abendland erfaßt hatte. Der Lehensherr, der auf seinem Grundstück eine Kirche<br />
errichtete, übergab diese einem Priester zu eigen, der damit sein Lehensmann<br />
wurde. Ebenso geschah es bei den Klöstern. Der Stifter gab das Eigenkloster dem<br />
Abt zu Lehen. Er konnte aber auch, da er Lehensherr blieb, das ganze Kloster oder<br />
einen Teil davon einem Weltpriester oder gar einem Laien als Lehen geben. Der<br />
Lehensherr behielt auch den Anspruch auf den Ertrag des Lehens, gewährte<br />
Rechte und setzte Pflichten fest. Die Ein- und Absetzung von Geistlichen oder<br />
Äbten konnte ohne Zustimmung des Diözesanbischofs erfolgen. Nach damals<br />
geltendem Recht war dieser Vorgang nichts Besonderes.<br />
Viel gravierender war die Tatsache, daß auch die Bistümer auf diese Art und<br />
Weise von den Herrschern vergeben wurden. Der König überreichte dem<br />
Auserwählten die Insignien Stab und Ring, worauf dieser den Treueeid leistete.<br />
Im Laufe der Zeit nannte man diesen Akt der Amtseinführung Investitur. 23 Es<br />
kam auch vor, daß der König sogar Laien zu Bischöfen und Äbten ernannte. Dabei<br />
spielten oft politische und wirtschaftliche Interessen ein gewisse Rolle. Da die<br />
belehnten Geistlichen keine Erben hatten, fiel das Lehen nach deren Tod an den<br />
Grundherrn zurück. Ständige Erbstreitigkeiten wurden vermieden, was sich<br />
günstig für den Frieden und die Beständigkeit des Reiches auswirkte.<br />
Wie schon zur Zeit der Apostel (vgl. das Beispiel Simon des Magiers in Apg 8,9-<br />
24) scheuten sich manche nicht, solche geistlichen Güter mit Geld zu erkaufen. Die<br />
Investierten versuchten nun, ihre Auslagen wieder hereinzubekommen und<br />
forderten für rein geistliche Amtshandlungen Geld, wobei sie damit in den Sog<br />
23 Vgl. Kempf, Bischofskirchen, 316.<br />
12
echter Simonie gerieten. Das Kirchenrecht verbot zwar die Simonie, doch wurde<br />
sie immer wieder angewandt.<br />
Diese Abhängigkeit wirkte sich auf die gesamte kirchliche Organisation aus und<br />
beeinflußte das geistliche und kirchliche Leben stark. Die Kirche kam immer mehr<br />
in die Abhängigkeit der weltlichen Macht. Die Zahl der Eigenkirchen und<br />
Eigenklöster war bald größer als jene der anderen. Eine straffe Ordnung in den<br />
Diözesen war dadurch erschwert, da die verschiedenen, oft sehr komplizierten<br />
und verklauselten Lehensbeziehungen Ausnahmen und Sonderstellungen der<br />
Belehnten verlangten.<br />
Ein weiteres Übel war die Mißachtung des Zölibats, auch Nikolaismus genannt.<br />
Der Zölibat gehörte bereits zur kanonischen Ordnung der abendländischen<br />
Kirche, doch geriet er vielfach in Vergessenheit. Besonders auf dem Land war die<br />
Priesterehe weit verbreitet. Niedrige Herkunft, unzureichende theologische und<br />
spirituelle Ausbildung sowie eine nur begrenzte Aufsicht durch die Oberhirten<br />
führten dazu, daß gerade die Landpriester im Konkubinat oder in einer richtigen<br />
Ehe lebten. Selbst in den Klöstern kam es vor, daß Mönche Frauen und Kinder<br />
hatten. 24 Als Folge dieser Verfehlungen vernachlässigten die Priester nicht nur<br />
ihre geistlichen Pflichten, sondern verschleuderten auch das Kirchengut, um die<br />
Versorgung ihrer Kinder zu gewährleisten. So war es kein Wunder, daß der<br />
Ausbau und die Organisation der Kirche bei diesen Zuständen stagnierte.<br />
b) Die Reform der abendländischen Kirche<br />
Diese Zustände machten es notwendig, eine Änderung herbeizuführen. Die<br />
Kirche mußte sich von der Umklammerung der weltlichen Macht lösen und ihre<br />
Selbständigkeit wieder erlangen. Abhilfe konnte nur ein an den ursprünglichen<br />
Idealen ausgerichtetes und erneuertes Priester- und Mönchstum bringen. Ihre<br />
Leitung mußten Bischöfe und Äbte übernehmen, die nicht von weltlichen Herren<br />
abhängig, sondern kanonisch frei gewählt waren. Die oberste Leitung der Kirche<br />
bedurfte eines Papstes, der den Willen und die Fähigkeit besaß, die kirchliche<br />
Ordnung wieder herzustellen.<br />
24 Vgl. Kempf, Reformbewegungen, 390.<br />
13
Als 909 das Benediktinerkloster Cluny gegründet wurde, ahnte noch niemand,<br />
daß von hier aus ein neues Aufblühen des klösterlichen Lebens erfolgen sollte.<br />
Gleich zu Beginn wurde die Abtei dem Schutz des Papstes unterstellt und so dem<br />
beliebigen Zugriff der weltlichen wie geistlichen Gewalt entzogen. Die erreichte<br />
Exemtion gewährleistete nun eine freie Abtwahl. Ferner gestatteten zahlreiche<br />
päpstliche Privilegien dem jeweiligen Abt, daß Bischöfe nur mit seiner Erlaubnis<br />
Weihen und sakrale Handlungen vornehmen durften. Mit dem Beginn unter Abt<br />
Berno (909-927) stieg die Zahl der Mitglieder kontinuierlich an und erreichte unter<br />
Petrus Venerabilis (1122-1157) eine Größe von fast 400. 25<br />
Das Programm zur Neuordnung und geistigen Erneuerung lautete: Unabhängig-<br />
keit von der weltlichen Macht, Treue zum Papst, straffe Disziplin, sittenstrenger<br />
und frommer Lebenswandel. Obwohl Cluny nicht als Reformkloster gegründet<br />
wurde, verbreitete sich dieser neue Geist sehr rasch auch in den Nachbarländern.<br />
In der Zeit, in der die cluniazensische Reform erste Auswirkungen zeigte, kamen<br />
auch Päpste auf den Stuhl Petri, die von der Notwendigkeit einer umfassenden<br />
Reform überzeugt waren. Ihr hervorragender Vertreter war Gregor VII. (1073-<br />
1085), dem der endgültige Durchbruch der Reformen gelang. Diese hatten die<br />
Entflechtung und relative Trennung von Kirche und Staat, von kirchlicher und<br />
weltlicher Gewalt, zum Ziel. Weitere Punkte waren die Beseitigung der Simonie<br />
sowie die strenge Einhaltung des Zölibats für Priester.<br />
Bei der Umsetzung dieser Punkte kam es zum Interessenskonflikt mit dem Kaiser,<br />
der seinen Einfluß auf die Kirche schwinden sah. Dabei stellte sich ein großer Teil<br />
der deutschen Geistlichkeit gegen Gregor. Der Investiturstreit konnte erst 60 Jahre<br />
später durch das Wormser Konkordat beigelegt werden. Die Ehelosigkeit und ein<br />
dem geistlichen Stand entsprechender Lebenswandel wurde durch das neunte<br />
und zehnte allgemeine Konzil (1. Laterankonzil 1123 und 2. Laterankonzil 1139)<br />
erneut festgelegt und eingeschärft.<br />
Die Päpste hatten nun die Kirche aus der Bevormundung geführt, und das<br />
Vorbild der Cluniazenser gab dem Klerus den Anstoß, sich auf seine wahre<br />
Berufung zu besinnen.<br />
25 Vgl. Bulst, Cluny, 2173.<br />
14
c) Der Zisterzienserorden<br />
Die machtvolle Entwicklung des benediktinischen Mönchtums, ausgehend vom<br />
Kloster Cluny, hatte die Kirche und das Papsttum aus einer tiefen Krise zu neuer<br />
Stärke herausgeführt. Das 12. Jh. bedeutete für Cluny und seine Töchterklöster die<br />
höchste Blüte, doch zugleich sollte es der Beginn des Niedergangs werden, so daß<br />
der Satz „ecclesia semper reformanda“ in dieser Zeit besonders für das benedik-<br />
tinische Mönchtum aktuell wurde.<br />
Zahlreiche Schenkungen hatten zu großem Besitz und Reichtum der Klöster<br />
geführt. Eine aufwendig gefeierte Liturgie, die oft übertrieben gepflegte Kultur,<br />
das Eintauchen in die Attraktion der Welt und der Verlust an Bescheidenheit und<br />
Einfachheit führten die Mönche zu einer geistigen Trägheit, die sich schließlich<br />
auszuwirken begann in einer unzureichenden Beobachtung der Ordensregel. Es<br />
schien, daß die Ideale ihres Vaters, des hl. Benedikt, in Vergessenheit geraten<br />
waren. Aber wie schon so oft im Leben der Kirche, wenn nach einer Reform der<br />
Verfall folgt und dieser wieder durch eine Reform überwunden wird, so sollte<br />
dieses Mal ein neuer grüner Zweig am Baum des Mönchtums zu wachsen<br />
beginnen.<br />
Im Jahre 1098 begann Robert von Molesme mit einigen Gefährten sich in der<br />
verlassenen und unwegsamen Gegend von Cîteaux 26 niederzulassen. Ihre Absicht<br />
war, die ursprüngliche Regel des hl. Benedikt in Treue und Strenge zu leben und<br />
das Gleichgewicht zwischen Liturgie und Arbeit wieder anzustreben.<br />
Das Novum Monasterium 27 , so nannten es die Mönche, sollte nicht in Abhängig-<br />
keit von einer weltlichen Herrschaft geraten. Mit der Forderung nach wirtschaftli-<br />
cher Selbständigkeit wollte man die eigenkirchlichen Strukturen überwinden.<br />
Außerdem verzichteten sie auf Einnahmen durch Verpachtungen und forderten<br />
von den Bauern keine Zehentabgaben. 28 Daher bestellten sie ihre gerodeten Felder<br />
selbst und sicherten sich damit ihren Lebensunterhalt. Dieses System der Selbst-<br />
versorgung war dadurch möglich geworden, weil der landwirtschaftliche Eigen-<br />
26 Das neue Kloster erhielt den Namen „Cîteaux“ (lat. Cistercium). Nach diesem Ort wurden<br />
später alle Mönche des Reformordens „Zisterzienser“ genannt.<br />
27 Vgl. Bouton, Cîteaux, 2104.<br />
28 Vgl. Kempf, Orden, 524.<br />
15
etrieb von den Konversen 29 übernommen wurde, die sich nun deutlich von den<br />
Chorprofessen unterschieden. Das Armutsprinzip wirkte sich auch auf den Bau<br />
der Kirchen und deren Einrichtungen aus. Man versuchte alles so schlicht wie<br />
möglich zu gestalten. Nicht einmal ein Kirchturm war erlaubt, sondern nur ein<br />
Dachreiter erhob sich über dem Kirchendach. Ferner trug die abgeschiedene Lage<br />
dazu bei, den weltlichen Einflüssen zu entfliehen und sich ganz in den Dienst<br />
Gottes zu stellen. Neben der Selbstheiligung und der Handarbeit zählte die Feier<br />
der Liturgie zu den wichtigsten Aufgaben der Ordensleute.<br />
Doch die strenge Zucht und die strikte Einhaltung der Benediktus-Regel bewog in<br />
den ersten Jahren wenige zum Eintritt in den Orden. Zwar bemühten sich der<br />
erste Abt Robert und seine Nachfolger Alberich und Stephan Harding sehr, die<br />
Mönchsgemeinschaft zu vergrößern, doch ihr Nachwuchs blieb vorerst recht<br />
bescheiden. Erst mit dem Eintritt des hl. Bernhard und seiner Gefährten sollte es<br />
anders werden.<br />
Aus dem burgundischen Hochadel stammend, kam Bernhard 1090 in Fontaines<br />
zur Welt 30 . Seine Erziehung und wissenschaftliche Bildung erhielt er von den<br />
Stiftsherrn in Chatillon. Als seine Mutter starb, die einen großen Einfluß auf seine<br />
religiöse Begabung ausgeübt hatte, machte er sich auf die Suche nach dem rechten<br />
Weg. Mit der Absicht, ein klösterliches Leben zu führen, bat er 1112 mit 30<br />
Verwandten 31 und Freunden um Aufnahme in Cîteaux. Jetzt begann durch die<br />
überragende Persönlichkeit Bernhards ein schnelles Wachstum des Zisterzienser-<br />
ordens. Von Cîteaux aus wurde nun die zisterziensische Spiritualität in die Welt<br />
getragen. In rascher Folge entstanden neue Tochterklöster in La Ferte, Pontigny,<br />
Morimond und Clairvaux. Sie bildeten die Gruppe der sogenannten Primar-<br />
abteien, von wo aus später alle Zisterzienserklöster ihren Ursprung nahmen. 32<br />
29 Die „Konversen“ lebten ohne klerikale Weihe in begrenzter Askese im Klosterverband. Als<br />
laikale Gruppe hatten sie ein einfaches Versprechen abgelegt und führten zur Entlastung der<br />
Ordensgeistlichen die praktischen Arbeiten aus. Eine wichtige Bedeutung gewannen die<br />
Konversen bei den Zisterziensern, wo sie an der Bewirtschaftung des Landbesitzes und am<br />
Handel der Stadthöfe großen Anteil hatten. Vgl. Rüther, Konversen, 1423f; Töpfer, Konversen,<br />
27ff.<br />
30 Vgl. Winkler, Übersicht, 38.<br />
31 Allein von seinen Geschwistern waren 4 Brüder darunter.<br />
32 Vgl. Wolter, Reformorden, 20.<br />
16
Die Einheit der vielen Neugründungen wurde dadurch gewahrt, daß die Ordens-<br />
verfassung, die Charta Caritatis, für alle errichteten Klöster galt. Ein übertriebener<br />
Zentralismus wurde genauso abgelehnt wie die völlige Eigenständigkeit der<br />
einzelnen Klöster. Die Äbte der rechtlich selbständigen Abteien trafen sich jährlich<br />
zu Beratungen in Cîteaux. Dieses Generalkapitel übte die höchste Gewalt im<br />
Orden aus, beließ aber den Klöstern die volle finanzielle und innerklösterliche<br />
Verwaltungsautonomie. Jährliche Visitationen durch den Abt des jeweiligen<br />
Mutterklosters sorgten für die Einhaltung der Anweisungen des Generalkapitels. 33<br />
Die Abtei Clairvaux verdankte seine Gründung dem hl. Bernhard, der von seinem<br />
Abt Stephan 1115 dazu beauftragt wurde. Bernhard blieb bis zu seinem Tod<br />
Oberer dieses Klosters. Durch sein Beispiel und seine Predigten hatte er viele<br />
Menschen bekehrt und für den Orden gewonnen. Von Clairvaux aus, wo<br />
hunderte Mönche und Konversen lebten, wurden zahlreiche Filialgründungen 34<br />
vorgenommen. Daher gilt der hl. Bernhard nicht zu Unrecht als zweiter Gründer<br />
des Zisterzienserordens. Großen Einfluß übte er auch außerhalb der Kloster-<br />
mauern aus. In vielen Fällen mußte er zwischen streitenden Parteien vermitteln.<br />
Als Berater des Papstes und der Fürsten führte ihn der Weg in andere Länder, und<br />
als eifriger Prediger rief er zur Verteidigung des wahren Glaubens 35 auf. Trotz<br />
seiner angeschlagenen Gesundheit schonte er seinen Körper nicht und war darauf<br />
bedacht, die Ordensvorschriften genau zu befolgen. Sein umfangreiches Schriften-<br />
tum zeugt von einer tiefen Spiritualität. Obwohl schon ernstlich krank, begab er<br />
sich 1153 noch nach Lothringen, um zwischen dem dortigen Bischof und<br />
mehreren Feudalherren Frieden zu stiften. 36 Im selben Jahr starb er in seinem<br />
geliebten Kloster Clairvaux. So hatte der hl. Bernhard sein Leben ganz in den<br />
Dienst der Kirche gestellt und dazu beigetragen, daß der Zisterzienserorden eine<br />
weite Verbreitung im 12. Jh. fand. Bis zu seinem Tode gründete er allein von<br />
Clairvaux aus 69 Klöster.<br />
33 Vgl. Nimmervoll, Zisterzienser, 28.<br />
34 Als Bernhard starb, besaß Clairvaux 168 Tochterklöster von insgesamt 350 Zisterzen.<br />
35 1830 wurde der hl. Bernhard von Papst Pius VII. zum Kirchenlehrer ernannt.<br />
36 Vgl. Wendelborn, Bernhard, 225.<br />
17
Die Tatsache der baldigen Heiligsprechung am 18. Januar 1174 durch Papst<br />
Alexander III. zeigt die große Bedeutung und Beliebtheit beim Volk vor und auch<br />
nach seinem Tod.<br />
2. Die Gründung von Heiligenkreuz<br />
a) Leopold III. – Stifter des Klosters<br />
Zu der Zeit, als sich der Zisterzienserorden auch über die Grenzen Frankreichs<br />
auszubreiten begann, wurde die Mark Österreich vom Markgrafen Leopold III.<br />
regiert. Er wurde um 1075 in Melk geboren und gehörte dem Geschlecht der<br />
Babenberger an. Als einziger Sohn Leopolds II. übernahm er nach dessen Tod 1095<br />
die Herrschaft des Landes und galt sogar als Kandidat für die Kaiserkrone. 37<br />
Durch seine kluge und umsichtige Politik gelang es ihm, den kleinen Bereich<br />
seines Territoriums vor den innenpolitischen deutschen Kämpfen zu bewahren<br />
und somit eine ungestörte Entwicklung zu sichern.<br />
Seine zweite Frau Agnes, die Tochter des Kaisers Heinrich IV., schenkte ihm<br />
17 Kinder. 38 Nach dem Willen der Eltern waren die zwei jüngsten Söhne für den<br />
geistlichen Stand bestimmt. Konrad wurde zunächst Bischof von Passau und<br />
einige Jahre später zum Erzbischof von Salzburg gewählt. Seinen Sohn Otto setzte<br />
Markgraf Leopold zum Propst des Stiftes Neuburg ein. Da er aber erst 14 Jahre alt<br />
war, lag die Leitung zunächst in den Händen des Vikars Opold, der schon öfters<br />
die Geschäfte des Klosters geführt hatte. Mit der Ernennung zum Propst dürfte<br />
Leopold mit seinem Sohn weitreichende Pläne verfolgt haben. Zum einen konnte<br />
dadurch sein Einkommen gesichert und ein teures Studium finanziert werden.<br />
Zum anderen dachte der Markgraf wohl auch an die Schaffung eines von Passau<br />
unabhängigen Bischofsstuhls in Klosterneuburg mit Otto als dessen erstem<br />
37 Vgl. Zöllner, Geschichte, 68.<br />
38 Vgl. Röhrig, Leopold III., 68f.<br />
18
Bischof. 39 Um eine gründliche theologische Ausbildung zu ermöglichen, schickte<br />
ihn sein Vater aber zunächst nach Paris. 40<br />
Nach Abschluß der etwa 5-jährigen Studienzeit in Paris und vielleicht auch in<br />
Chartres machte sich Otto 1132 mit 15 Gefährten auf den Weg zurück in die<br />
Heimat. Auf der Reise übernachteten sie im Zisterzienserkloster Morimond, das in<br />
der Diözese Langres lag. Diese Abtei war 1115 von Cîteaux aus gegründet worden<br />
und galt als vierte Primarabtei des Zisterzienserordens. Der Aufenthalt in der<br />
Zisterze machte auf Otto und seine Begleiter einen so großen Eindruck, daß sie<br />
sich entschlossen, in dieser Niederlassung der grauen Mönche zu bleiben. 41<br />
Nach einem Jahr der Vorbereitung legte Otto die Ordensgelübde ab. Bis zu diesem<br />
Zeitpunkt dürfte sich sein Vater Leopold noch Hoffnungen gemacht haben, daß<br />
sein Sohn als Propst zurückkehrte, um die kirchenpolitischen Pläne des Vaters zu<br />
verwirklichen. Jetzt aber war diesen Erwartungen ein Ende gesetzt, und der Mark-<br />
graf begann mit der Umgestaltung des Eigenstiftes Neuburg in ein Augustiner-<br />
Chorherrenstift. 42<br />
Nachdem Otto etwa 5 Jahre als Mönch in Morimond gelebt hatte, wählten ihn<br />
seine Mitbrüder als Nachfolger des am 6. Januar 1138 verstorbenen Abtes<br />
Walcher. Nur kurze Zeit war es ihm vergönnt dem Kloster vorzustehen. Bereits im<br />
selben Jahr wurde er zum Bischof von Freising berufen, wobei er bemüht war, die<br />
strengen Gewohnheiten seines Ordens, zu denen er sich ein Leben lang verpflich-<br />
tet hatte, weiterzuführen. 43 Mit großer Tatkraft ging er an die Erneuerung des<br />
Freisinger Bistums und an die Beilegung der anstehenden Probleme. Er verteidigte<br />
die Rechte der Kirche gegen die Übergriffe der Wittelsbacher Vögte, brachte<br />
39 Vgl. Röhrig, Leopold III., 107.<br />
40 Frankreich galt im 12. Jahrhundert als das klassische Bildungsland, das zahlreiche hervorragende<br />
Kathedral- und Klosterschulen in Chartres, Reims, Tours, Orleans und Laon besaß. In<br />
Paris bestand zwar noch keine Universität, doch hatte das von Wilhelm von Champeaux<br />
gegründete Chorherrenstift St. Viktor einen ausgezeichneten Ruf. Zu seinen Lehrern zählte der<br />
berühmte Theologe Hugo von St. Viktor, der mit Bernhard von Clairvaux in Briefkontakt<br />
stand.<br />
41 Dieser Entschluß dürfte aber nicht spontan oder gar unüberlegt gewesen sein. Höchstwahrscheinlich<br />
hatte Otto in Paris das Gedankengut des Reformordens und das strenge Ordensleben<br />
der Zisterzienser kennengelernt. Von einer direkten Begegnung mit Bernhard von<br />
Clairvaux ist uns zwar nichts überliefert, sie darf aber auch nicht ganz ausgeschlossen werden.<br />
Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 28.<br />
42 Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 32.<br />
43 Vgl. Hausberger/Hubensteiner, Kirchengeschichte, 132.<br />
19
entfremdeten Besitz wieder ein, reformierte das Domkapitel und die Domschule<br />
und fand noch Zeit, eine Weltgeschichte zu schreiben, die den Titel trägt<br />
„Chronica sive historia de duabus civitatibus“. 44<br />
Als er 1158 auf dem Weg zum Generalkapitel nach Cîteaux seine Profeßabtei in<br />
Morimond besuchen wollte, erkrankte er und starb in seinem Heimatkloster am<br />
22. September 1158. 45<br />
b) Die Zisterzienser in Heiligenkreuz<br />
Bald nach seinem Klostereintritt in Morimond hatte sich Otto bemüht, die<br />
Ausbreitung seines Ordens auch in seiner Heimat zu erreichen. In einem Brief an<br />
seinen Vater bat er ihn um die Gründung eines Zisterzienserklosters in seinem<br />
Herrschaftsbereich. Leopold III. erfüllte diese Bitte und überließ Abt Gottschalk<br />
und seinen zwölf Mönchen 46 ein Gebiet im südöstlichen Wienerwald. Fernab von<br />
jeglichem Verkehr, wie es die strengen Satzungen des Reformordens vorschrieben,<br />
ließen sich die Mönche in einer breiten Talmulde, am Zusammenfluß des<br />
Sattelbaches und des Dornbaches, nieder. 47 Auf die Neuankömmlinge aus Bur-<br />
gund wartete nun eine harte und schwere Arbeit, denn das Waldgebiet mußte erst<br />
von ihnen gerodet werden.<br />
Als Gründungstag des Klosters Heiligenkreuz sind uns verschiedene Jahreszahlen<br />
überliefert. Es kommen der 11. September 1133 48 , der 11. September 1135, und der<br />
18. März oder 18. April 1136 49 als Termin in Frage, an welchem die Neugründung<br />
entstand.<br />
Zunächst einmal schickte der Abt von Morimond eine Gruppe von Mönchen mit<br />
ihrem neuen Abt Gottschalk an der Spitze, um einen geeigneten Platz zu<br />
44 Dieses Werk, heute meist „Chronik“ genannt, stellt in acht Büchern eine allgemeine Geschichte<br />
von der Schöpfung bis zum Weltgericht dar.<br />
45 Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 298ff.<br />
46 Mit dem ersten Abt Gottschalk kamen folgende uns namentlich bekannte Mönche aus<br />
Morimond: Wilhelm, der dann zum ersten Prior in Heiligenkreuz gewählt wurde, und<br />
Friedrich, der mit Otto, dem Sohn des Markgrafen Leopold III., in Morimond eingetreten war<br />
und später dem zweiten Tochterkloster von Heiligenkreuz in Zwettl als Abt (1142-1156)<br />
vorstand. Vgl. Watzl, Cistercienser, 1f.<br />
47 Die ersten Mönche kamen wahrscheinlich im Sommer 1133 aus Morimond. Vgl. Watzl, Stift, 7.<br />
48 Vgl. Hradil, Zeichen, 61.<br />
49 Vgl. Frey, Stift, 4.<br />
20
erkunden. Markgraf Leopold wies ihnen wahrscheinlich am 11. September 1133<br />
den Ort „Satelbach“ zu. Das Gut befand sich in jenem Gebiet, das der deutsche<br />
König Heinrich II. (1002-1024) im Jahre 1002 dem Geschlecht der Babenberger<br />
geschenkt hatte. 50 Neben dem Wald, der erst durch Rodung den Ackerbau<br />
ermöglichte, boten mehrere Bäche einen idealen Platz für Mühlen und Fischteiche.<br />
Nun beschlossen die Mönche, mit dem Bau einer vorläufigen Anlage aus Holz zu<br />
beginnen, wobei sie in der Zwischenzeit das schon bestehende markgräfliche<br />
Haus bewohnten. Als die provisorischen Gebäude, Kapelle, Kapitelsaal, Speisesaal<br />
und Schlafraum errichtet waren, konnten die „grauen Mönche“ mit der Vita<br />
regularis beginnen. 51 Im Frühjahr des Jahres 1136, vielleicht am 18. März oder<br />
18. April, legte der Diözesanbischof Reginmar von Passau, in Anwesenheit des<br />
Stifters Leopold und seiner Familie, den Grundstein für den Bau des Klosters aus<br />
Stein. 52 Diese unterschiedlichen Jahreszahlen, die letztlich nicht ganz geklärt<br />
werden können, stellen aber für das Stift Heiligenkreuz markante Punkte ihrer<br />
Entstehung dar und haben auch für das heutige Leben des Klosters ihre<br />
Bedeutung. 53<br />
Wie alle Klöster der Zisterzienser wurde die Neugründung Maria, der Königin<br />
des Himmels und der Erde, geweiht, und aus Verehrung des heilbringenden<br />
Zeichens unserer Erlösung nannte Leopold seine Stiftung von Anfang an Heiligen-<br />
kreuz. Diese Namensgebung steht im Zusammenhang mit einer Kreuzreliquie, 54<br />
die der Markgraf gleich zu Beginn dem Kloster als Geschenk überließ. Eine<br />
weitere und größere Kreuzreliquie brachte 1182 Herzog Leopold V. aus Jerusalem<br />
50 Vgl. Lechner, Babenberger, 62.<br />
51 Vgl. Watzl, Cistercienser, 1.<br />
52 Vgl. Watzl, Stift, 4.<br />
53 Die Jubiläumsfeierlichkeiten der beiden letzten Jahrhunderte wurden in Heiligenkreuz an zwei<br />
unterschiedlichen Jahresterminen angesetzt. So begingen die Mönche die 700-Jahrfeier vom 14.<br />
bis 21. September 1834. Aber erst nach 101 Jahre feierte man vom 8. bis 15. September 1935 das<br />
8. Jahrhundert seiner Gründung. Da man nun annimmt, daß die eigentliche Gründung 1133<br />
stattgefunden hat, könnte das nächste Jubiläum schon im Jahre 2033 gefeiert werden.<br />
54 Nach dem Bericht des Chronikon paschale fand am 14. September 320 die Kaiserin Helena,<br />
Mutter Konstantin des Großen, in Jerusalem das Kreuz, an dem Christus starb. Nach der<br />
wunderbaren Auffindung wurden kleinere und größere Partikel als Reliquien an Kirchen und<br />
Einzelpersonen verteilt. Der größere Längsbalken blieb jedoch in Jerusalem und fiel bei der<br />
Eroberung der Heiligen Stadt 614 in die Hände der Perser. Das Heilige Kreuz konnte aber<br />
einige Jahre später durch den Sieg von Kaiser Herakleios über die Perser zurückgewonnen<br />
werden. Zum Andenken an dieses Ereignis feiert die Kirche am 14. September das Fest der<br />
21
mit. Auf seiner ersten Pilgerreise in das Heilige Land erhielt er diese Kostbarkeit<br />
vom König von Jerusalem als Geschenk. Das handgroße Stück vom Kreuzesholz 55<br />
unseres Herrn Jesus Christus vermachte er am 31. Mai 1188 in einer feierlichen<br />
Schenkung im Taiding 56 von Mautern dem Kloster Heiligenkreuz. Leopold V. liegt<br />
im Kapitelsaal des Klosters begraben, und eine Darstellung auf einem Glasfenster<br />
im Brunnenhof zeigt ihn mit der Kreuzreliquie in der Hand. Lange Zeit verehrten<br />
die Mönche diese kostbaren Stücke. Unbekannte entwendeten bei einem Einbruch<br />
am 1. Januar 1649 die erste und kleinere Reliquie aus der Kreuzkapelle. Die<br />
größere Kreuzpartikel blieb jedoch erhalten. 57<br />
Das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald<br />
„Erhöhung des Heiligen Kreuzes“. Am darauffolgenden Sonntag wird jährlich dieses Gedächtnis<br />
im Stift Heiligenkreuz als Hauptfest begangen. Vgl. Schaefers, Geschichte, 614f.<br />
55 „1182. Liupoldus dux Austrie Ierosolimam ivit. Eodem anno revertitur afferens portionem<br />
sancte crucis ad mensuram virilis manus.“ MG SS 9, 617.<br />
56 „Taiding“ war die geläufige Bezeichnung für eine Gerichtsversammlung. Vgl. Kroeschell,<br />
Taiding, 434f.<br />
57 Das Holz dieser Kreuzreliquie ist braunrot und in Form eines Doppelkreuzes mit zwei<br />
Querbalken zusammengestellt. Der Längsbalken mißt 24 cm, der untere Querbalken 11,5 cm,<br />
22
Für Leopold III. dürften neben der Bitte seines Sohnes noch andere Gründe<br />
ausschlaggebend gewesen sein, ein Zisterzienserkloster zu stiften. Wie wir aus der<br />
Stiftungsurkunde entnehmen können, hat der Markgraf auf göttliche „Eingebung“<br />
und auf „Rat“ seines Sohnes sich entschlossen, Brüder aus Morimond zu rufen. Er<br />
wollte ein Haus des Gebetes und des monastischen Lebens schaffen, wo Gott<br />
gelobt und verehrt werden sollte. Diese spirituelle Intention des Stifters kommt<br />
wiederholt zum Ausdruck, indem er z. B. wünscht, daß diese seine Schenkung<br />
„nicht nur Unserem Wohlsein und Frieden und Unserer Ruhe, sondern auch dem<br />
Heile und Seelenfrieden Unserer in Christo entschlafenen Eltern zum Nutzen<br />
gereichen“ 58 . Trotz seines hohen Ansehens als Herrscher fühlte er sich unfähig, ein<br />
wirklich gutes und Gott wohlgefälliges Werk zu tun, und so bat er die Mönche,<br />
die ja durch ihren Stand dazu berufen waren, für ihn und seine Familie die Barm-<br />
herzigkeit Gottes zu erflehen. Als Lohn dafür war er bereit, sie mit seiner Habe zu<br />
unterstützen, wie „die Ulme den Weinstock.“ 59 Noch heute werden Monat für<br />
Monat Totenmessen für die Stifter und Wohltäter des Klosters gefeiert. 60<br />
Durch ihre strenge Lebensweise sollten die Zisterzienser auch für die Mark<br />
Österreich Gnade und Frieden erflehen sowie für die Sünden der damaligen Zeit<br />
Abbitte leisten und Fürsprache erflehen. Zugleich verband Leopold mit dieser<br />
Stiftung auch die Möglichkeit einer geeigneten Grabstätte für seine Dynastie. 61 Der<br />
Markgraf und seine Frau Agnes wurden jedoch im Kapitelsaal von Kloster-<br />
neuburg bestattet, da sich das Kloster Heiligenkreuz zum Zeitpunkt ihres Todes<br />
erst im Aufbau befand. 62<br />
der obere 6,5 cm. Die Breite beträgt 1,7 cm und die Dicke 1,3 cm. Es ist die größte Kreuzreliquie<br />
nördlich der Alpen. Vgl. Hradil, Zeichen, 75.<br />
58 Hlawatsch, Stiftungsurkunde, 4.<br />
59 Hlawatsch, Stiftungsurkunde, 4.<br />
60 Damit diese Gebetsverpflichtung im Kloster nicht in Vergessenheit gerät, wurde eine alte<br />
handschriftliche Aufstellung der Stifteranniversarien mit den einzelnen Stiftungen am Eingang<br />
zur Sakristei angebracht.<br />
61 Im Kapitelsaal, der Anfang des 13. Jahrhunderts entstand, fanden mehrere Generationen der<br />
Babenberger ihre letzte Ruhestätte. Unter einfachen Steinplatten befinden sich die sterblichen<br />
Überreste der Markgrafen und Herzöge von Österreich aus dem Geschlecht der Babenberger.<br />
Vgl. Niemetz, Grablege, 7.<br />
62 Leopold III. starb unerwartet am 15. November 1136 und wurde am 6. Januar 1485 von Papst<br />
Innozenz VIII. heiliggesprochen. Seine Frau Agnes erreichte das damals sehr hohe Alter von<br />
70 Jahren und starb am 24. September 1143. Vgl. Röhrig, Leopold III., 18; vgl. Dienst, Agnes, 20-<br />
25.<br />
23
Neben der religiösen Hauptabsicht wird wohl auch ein gewisses wirtschaftliches<br />
Interesse des Stifters mit eine Rolle gespielt haben. Die Zisterzienser – stets<br />
bestrebt, die in der Regel des heiligen Benedikt formulierten Ideale des Mönch-<br />
tums ohne Einschränkung zu verwirklichen – legten neben dem Gebet auch<br />
großen Wert auf die Arbeit. 63<br />
Durch die von ihnen betriebene Selbstversorgung gelangten die Zisterzienser<br />
allmählich zu einer fortschrittlichen Agrartechnik. Aus sumpfigen Böden und<br />
ödem Land verstanden sie es, fruchtbare Äcker zu bereiten. Sie waren ausgezeich-<br />
net in Land- und Forstwirtschaft und Meister der Fischzucht und des Weinanbaus.<br />
Mit ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen konnten sie die wirtschaftliche Kraft des<br />
Landes stärken und ihr Wissen an andere weitergeben. Auch aus diesem Grund<br />
suchte der Markgraf jene fähigen Ordensmänner an die damalige Ostgrenze seiner<br />
Mark zu holen, um durch sie den Landaufbau zu fördern.<br />
Man kann also sagen, daß der vorrangige Grund für eine Klostergründung im<br />
Mittelalter gewiß zuallererst der war, einen Ort des Gebetes zu errichten. Doch<br />
muß auch der kolonisatorische, kulturelle und dynastische Aspekt im Auge<br />
behalten werden, wie er gerade am Beispiel von Heiligenkreuz deutlich sichtbar<br />
geworden ist.<br />
c) Das Schenkungsgebiet<br />
Am 1. November 1002 schenkte König Heinrich I. dem damaligen Markgrafen<br />
Heinrich II. ein Gut am Ostrand des Wienerwaldes und 20 Königshufe, 64 die<br />
nördlich der Donau lagen. Die im Wienerwald gelegene Schenkung 65 umfasste<br />
das Gebiet zwischen der „Durran Liezniccham“ (Dürren Liesing) und der<br />
63 Wie es im Kapitel 48 der Benediktus-Regel über die Handarbeit lautet, ist Müßiggang der<br />
Feind der Seele. Deshalb sollen sich die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu<br />
bestimmten Stunden dagegen mit heiliger Lesung beschäftigen. Weiters heißt es, daß die<br />
Brüder nicht verdrossen sein dürfen, wenn sie Aufgrund ihrer Verhältnisse die Ernte selbst<br />
einbringen müssen. Denn erst dann sind sie wirkliche Mönche, wenn sie von der Arbeit ihrer<br />
Hände leben, wie es die Apostel schon taten. Vgl. Steidle, Regel, 145f.<br />
64 Die „Hufe“ war Ursprünglich ein bäuerlicher Wirtschaftsbetrieb (Hofstatt) mit dazugehörigem<br />
Kulturland. Im Hoch- und Spätmittelalter verstand man darunter zunehmend eine Flächen-<br />
Einheit entsprechend einer (Voll-)Bauernstelle. Vgl. Hägermann/Hedwig, Hufe, 154-156.<br />
65 Vgl. BUB IV/I, Nr. 556.<br />
24
„Triezniccham“ (Triesting), also den Raum des heutigen Gaaden, Heiligenkreuz,<br />
Alland und Kleinmariazell.<br />
Heinrich II. und seine Nachfolger waren bemüht, die Grenze zum Osten vor<br />
feindlichen Einfällen zu sichern und das Land auszubauen. Bei diesen Bemühun-<br />
gen setzte Leopold III. einen wichtigen Schritt in diese Richtung, als er den aus<br />
Morimond gerufenen Zisterziensern ein Gebiet aus dieser Königsschenkung<br />
überließ. In der Stiftungsurkunde 66 von Heiligenkreuz aus dem Jahre 1136 wurde<br />
– neben den Beweggründen für die Schenkung – besonders genau die Grenze des<br />
Gründungsterrains angegeben. Noch vor der Herstellung der Stiftungsurkunde<br />
hatte Markgraf Leopold das Dorf Brumgesveld (Preinsfeld) von einem gewissen<br />
Anselm von Lachsendorf zur räumlichen Komplettierung der Stiftung erworben. 67<br />
Das Kloster Heiligenkreuz wurde somit nachweisbar, wie aus der im folgenden<br />
angeführten Stiftungsurkunde 68 ersichtlich ist, von den Babenbergern auf eigenem<br />
Grund und Boden gegründet:<br />
„Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Allen Christgläubigen, den<br />
gegenwärtigen und zukünftigen, mehre sich Friede und Freude für und für!<br />
Auf daß die Werke der Fürsten und ihre Schenkungen den ehrwürdigen Stätten fest und<br />
unversehrt verbleiben, ist es angezeigt, sie urkundlich zu vermerken, ist es angezeigt, sie<br />
mit aller Vorsicht dem Gedächtnis der Nachkommen anzuvertrauen. Deshalb habe Ich<br />
Liupoldus, von Gottesgnaden Markgraf von Oesterreich in gegenwärtiger Urkunde<br />
niederlegen lassen, daß Ich auf Eingebung dessen, von dem alles Gute kommt, und auf Rat<br />
Meines lieben Sohnes Otto, der sich zu Morimund dem Zisterzienser-Orden angeschlossen<br />
66 Wie bei anderen Urkunden stellt sich auch im Fall dieser Stiftungsurkunde die Frage, ob es sich<br />
hier um eine sogenannte diplomatische Fälschung handelt. Die inhaltliche Richtigkeit ist<br />
niemals bezweifelt worden. Oskar von Mitis nahm jedoch an, daß die Stiftungsurkunde auf<br />
Grund des Zehentstreites zwischen dem Stift Heiligenkreuz und dem Pfarrer Leopold von<br />
Alland angefertigt wurde. Um die Ansprüche des Stiftes nachzuweisen, erstellte man aus<br />
Mangel eines vorhanden Schriftstückes - mit Hilfe echter Vorlagen - diese Urkunde. Als<br />
Hauptargument führte Mitis den Charakter der Schrift an, der auf das 13. Jh. hinweist.<br />
Demgegenüber stellte P. Watzl fest, daß ganz ähnliche Schriftzüge in burgundischen Handschriften<br />
bereits Mitte des 12. Jh. vorkommen. Außerdem hob P. Watzl hervor, daß alle<br />
Landzuweisungen der Babenberger urkundlich verbrieft wurden, und daher hielt er auch an<br />
der Echtheit der Urkunde fest. Vgl. Watzl, Stiftsbrief, 42f; vgl. Mitis, Urkundenwesen, 270ff.<br />
67 Vgl. BUB II, Nr. 469.<br />
68 Das Original befindet sich im Stiftsarchiv Heiligenkreuz. Pergament, 700 x 500 mm, Siegel<br />
durchgedrückt.<br />
25
hat, Brüder aus dem genannten Kloster Morimund berufen und ihnen an dem Orte, der<br />
bisher Sattelbach hieß, jetzt aber wegen des siegreichsten Zeichens unserer Erlösung zum<br />
heiligen Kreuze genannt wird, eine Stätte zur Niederlassung angewiesen habe.<br />
Aus Freude an ihrem Ordensleben und in Vorsorge um ihre Bedürftigkeit habe Ich aus<br />
eigener Machtvollkommenheit unter Beistimmung und auf Bitten Unserer Ehegemahlin<br />
Agnes und Unserer Söhne Albert, Heinrich, Liupold und Ernest Gott und der seligen<br />
immerwährenden Jungfrau Maria und den Brüdern, die sich im genannten Orte<br />
gesammelt haben oder sammeln werden, das ringsumliegende und Unserer Gerechtsame<br />
gehörige Land geschenkt mit Aeckern, Wiesen, Weiden, Gewässern, Wäldern – ob bebaut<br />
oder unbebaut – mit den Grenzen, die Wir gegeben haben und die Wir hier zu verzeichnen<br />
für dienlich erachten. Es sind aber folgende:<br />
Von dem Zusamfluß des Sattelbachs und der Schwechant bis Murligen (<strong>Mayerling</strong>); von<br />
da in der Richtung des sogenannten Mühlenweges bis zum Priventan und auf demselben<br />
Weg, der durch den Priventan zieht, bis zum Ort, der Husruch heißt, und von da wieder<br />
auf dem genannten Weg bis zum Sattelbach und von da in gerader Richtung bis zu einer<br />
Anhöhe, die gewöhnlich Hoheche (Hoheneck) heißt, und von da über ein Bächlein, das<br />
Dorinbach (Dornbach) genannt wird, auf die Schneide des Berges, der Keizeruche<br />
(Gaisruck) heißt, und von da auf dem Sichendorfer (Sittendorf) Waldweg und von da bis<br />
zu der Stelle, wo ein Bächlein mit Namen Marchbach entspringt, von da auf dem Wege,<br />
der zum Draschirchner (Traiskirchner) Weg führt, bis zur Vereinigungsstelle und von da<br />
bis zu einer Quelle, die in einem Ort, namens Muchersdorf entspringt, und von da auf<br />
einen Berg, dessen Name Ebenberch ist, und von da auf den Weg (Moggergraben), der<br />
zum Sattelbach hinabführt, und flußabwärts bis zum Zusammenfluß mit der Swechant.<br />
Wir wünschen, daß diese Unsere Schenkung und desselben Klosters Stiftung nicht nur<br />
Unserem Wohlsein und Frieden und Unserer Ruhe, sondern auch dem Heile und Seelenfrieden<br />
Unserer in Christo entschlafenen Eltern zum Nutzen gereichen, und hoffen, es<br />
werde Unserer Gebrechlichkeit bei der göttlichen Barmherzigkeit einigermaßen zuträglich<br />
sein, wenn Wir, da Wir selbst keine Frucht eines guten Werkes tun, wenigstens diejenigen,<br />
welche wahrhaft Gott Frucht bringen, von Unserer Habe stützen, wie die Ulme den<br />
Weinstock.<br />
Damit jedoch das, was Wir getan haben, umsomehr bekräftigt und verbürgt werde, so<br />
sollen der gegenwärtigen Urkunde die Zeugen und Unser Siegel beigefügt werden.<br />
Graf Chunradus de Pilstein (Peilstein), Otto de lengenbach, Rapoto de nezta (Nöstach),<br />
Sterfrit de becelinesdorf (Pötzleinsdorf), Otto de Leusdorf (Leesdorf), Ulricus de Gadmen<br />
26
(Gaaden), Ulricus de Sigenvelde, Rudegerus und sein Bruder Rupertus de Sigchendorf<br />
(Sittendorf), Anshalmus de Sparwarsbach (Sparbach), Ebergerus de Adelahte (Alland),<br />
Hartungus de Ruhenegcke (Rauhenecke), Jubort de tribanswinchele (Tribuswinkel), Ozo<br />
und Otfridus de Murlingen, Hartwicus.<br />
So geschehen im Jahre 1136 nach des Herrn Menschwerdung unter Lothars Regierung im<br />
achten Jahre seines Königreiches, seines Kaisertums im dritten.“ 69<br />
Die in der Urkunde angeführten Grenzen decken sich zum Teil mit jenen der<br />
heutigen Gemeinde Heiligenkreuz, mitunter gibt es auch gewisse Abweichungen.<br />
Als erster Markierungspunkt wird die Stelle bezeichnet, an der sich der Sattelbach<br />
mit der Schwechat vereinigt. Dieser Ort wird heute Sattelbach genannt. Die<br />
Grenze verläuft dann am linken Ufer der Schwechat entlang bis nach <strong>Mayerling</strong>,<br />
wo der aus Raisenmarkt kommende Raisenbach in die Schwechat fließt. Von<br />
dieser Bachmündung geht nun die Grenze in einem rechten Winkel zum Flußbett<br />
nach Norden folgend, dem Mühlweg entlang, der bergauf zur Allander Höhe<br />
führt. Anrainer dieses Wegstückes waren die in der Zeugenliste angeführten Ozo<br />
und Otfried von Murlingen. Der Verlauf dieses Feldweges wurde weitgehend<br />
zerstört und 1893 durch eine neu gebaute Straße ersetzt. 70 Auf der Höhe ange-<br />
langt, geht es auf dem Kamm nach Westen und über die 1848 neu angelegte Straße<br />
Heiligenkreuz – Alland. Dann zeigt der sogenannte Rennweg den weiteren<br />
Grenzverlauf. Dieser Waldweg führt zum Privathon, umkreist dessen Hoch-<br />
plateau und gelangt zum Sattelbach unweit des Ortes Grub. Auf der anderen Seite<br />
des Baches geht es aufwärts in nordöstlicher Richtung zum Kamm des Hochecks<br />
und von da über den Dornbach steil empor zum Gaisruck. Auf dem Sittendorfer<br />
Weg zieht sich die Grenze weiter bis zur Quelle des Marbaches und folgt dem<br />
Verlauf des Baches bis zum sogenannten Wienerbrückel. Von dort geht es in<br />
südlicher Richtung zum Weißen Kreuz, wobei vorher der Weg nach Traiskirchen<br />
gekreuzt wird. Die erwähnte Quelle beim Weißen Kreuz auf der Siegenfelder<br />
Höhe spendet auch heute noch Wasser. Die Grenzlinie führt nun durch das Heutal<br />
69 Eine hochdeutsche Übersetzung der Gründungsurkunde durch P. Friedrich Hlawatsch wurde<br />
1935 in der Jubiläumsausgabe der Sancta Crux S. 3 veröffentlicht.<br />
70 Vgl. Schachinger, Wienerwald, 490.<br />
27
zum Sattelbach und an dessen rechtem Ufer hinab zur Schwechat und schließt so<br />
den Kreis des Fundationsgebietes. 71<br />
Die endgültige Übergabe dieses Gebietes an die Zisterzienser erfolgte durch einen<br />
Umritt der Grenzen. Dieser kirchliche und weltliche Brauch, Kirchen und Kapel-<br />
len, Acker- und Dorffluren zu umreiten, war der sichtbare Ausdruck dafür, daß<br />
die Besitzergreifung auch rechtlich als vollzogen galt. Wie man annehmen darf,<br />
beteiligten sich daran Markgraf Leopold III., dessen Schwager Graf Konrad von<br />
Peilstein und die in der Gründungsurkunde namentlich angeführten Nachbarn,<br />
babenbergische Ministeriale. 72<br />
71 Vgl. Watzl, Stiftsbrief, 37ff.<br />
72 Vgl. Watzl, Babenberger, 12.<br />
28
III. <strong>MAYERLING</strong> <strong>IM</strong> WIENERWALD<br />
1. Alland, die Urpfarre im Wienerwald<br />
Über die Errichtung von Pfarren in der frühen Babenbergerzeit fehlen uns heute<br />
Gründungsurkunden oder andere Aufzeichnungen, welche uns darüber genaue<br />
Auskunft geben könnten. In vielen Fällen findet sich die Erstnennung einer Pfarre<br />
in Urkunden, die mit der Gründung kaum mehr etwas zu tun haben. So bezeugen<br />
diese Schriftstücke dann mehr die weitere Entwicklung dieser „Urpfarren“, wenn<br />
z. B. eine Grenzbeschreibung erfolgte oder der Besitz an ein Kloster übertragen<br />
wurde. Über den Zeitraum zwischen der eigentlichen Pfarrerrichtung und der<br />
ersten Erwähnung 73 können heute oft nur Vermutungen angestellt werden. Der<br />
Begriff Pfarre wird in unserem Gebiet erst gegen Ende des 11. Jahrhunderts<br />
verwendet.<br />
In diese Zeit dürfte die Gründung der Pfarre Alland fallen. Sie war landesfürst-<br />
licher Besitz und Eigenpfarre der Babenberger, wie aus dem erhaltenen Zehent-<br />
vertrag von Greifenstein vom September 1135 deutlich ersichtlich ist. In diesem<br />
Abkommen verzichtete Markgraf Leopold III. auf den Zehent seiner 13 Eigen-<br />
pfarren und überließ sie dem Bischof Reginmar von Passau. Neben Alland sind<br />
folgende Pfarren angeführt: Klosterneuburg, Niederhollabrunn, Gars, Altpölla,<br />
Eggendorf im Thale, Groß-Rußbach, Mistelbach, Falkenstein, Oberleis, Meisling,<br />
Weitersfeld und Pulkau. 74<br />
Als Patron erhielt die Allander Pfarrkirche den hl. Georg. 75 Die ursprünglich ein-<br />
schiffige Holzkirche wich im 11. Jahrhundert einem Bau aus festem Mauerwerk.<br />
Im Patronatsbuch des Stiftes Klosterneuburg wird das Gotteshaus 1115 erstmals<br />
erwähnt. 76 Lange Zeit übernahmen weltliche Priester die seelsorgliche Betreuung<br />
der Bevölkerung. Ihr Pfarrgebiet dehnte sich – vor der Klostergründung von<br />
Heiligenkreuz – vom Tal der Triesting bis in das Tal der Liesing aus und umfaßte<br />
dabei einen Großteil des Wienerwaldes. Im Laufe der Jahrhunderte kam es zu<br />
73 Vgl. Feigl, Babenberger, 52.<br />
74 Vgl. BUB IV/I, Nr. 674.<br />
75 Vgl. Zinnhobler, Bistumsmatrikeln, 195.<br />
76 Vgl. Dorffner, Alland, 35.<br />
29
zahlreichen Veränderungen, welche die Großpfarre immer kleiner werden ließen.<br />
Einige neue Pfarren wurden errichtet und somit von der Mutterpfarre losgelöst,<br />
darunter schon frühzeitig die Orte Laab im Walde, Merkenstein und Gaaden.<br />
Andere wiederum erlangten zwar ihre Eigenständigkeit, vermochten jedoch den<br />
Wirren der Zeit nicht standzuhalten und ihr Sprengel fiel wieder an die Mutter-<br />
pfarre zurück.<br />
Einen merklichen Eingriff für die weithin ausgedehnte Pfarre Alland brachte die<br />
Gründung des Klosters Heiligenkreuz. Die in unmittelbarer Nachbarschaft ange-<br />
siedelten Zisterzienser zahlten nämlich aufgrund ihrer Ordensregel keinen<br />
Zehent. Üblicherweise war der Zehent dreigeteilt zwischen Bischof, Grundherr<br />
und Pfarrer. Durch ein Privileg von Papst Innozenz II. aus dem Jahre 1132 waren<br />
die Mönche von der Entrichtung dieser Abgabe befreit. 77 Da der Pfarrzehent aber<br />
die Haupteinnahmequelle für den Pfarrherrn bildete, verlor er nun einen großen<br />
Teil seiner Einkünfte. Das führte natürlich zu Spannungen zwischen den beiden<br />
Parteien. Erst 1236 schlichtete ein von Bischof Rüdiger eingesetztes Komitee den<br />
langjährigen Streit. Der Vergleich sah vor, daß der Pfarrer von Alland auf den<br />
Zehent des Klosterlandes verzichtete und im Gegenzug das Stift der Pfarre<br />
3 Mansen 78 in Dornbach und die Einkünfte eines Talentes in Traiskirchen als<br />
Entschädigung übergab. 79 Somit war endlich der Frieden zwischen dem Abt Egilof<br />
und Liupold, dem Pfarrer von Alland, hergestellt.<br />
Ohne große Schwierigkeiten verliefen die Verhandlungen um den Entfall des<br />
Zehents mit dem Passauer Bischof Reginmar. Auf Bitten des Markgrafen<br />
Leopold III., seiner Gemahlin Agnes und ihrer Söhne Adalbert, Leopold, Heinrich<br />
und Ernst verzichtete Reginmar auf den bischöflichen Anteil von Heiligenkreuz.<br />
Der Zehent umfaßte den gesamten, vom Konvent betriebenen Eigenbau sowie alle<br />
in Zukunft urbar zu machenden Neureute. Als Ersatz erhielt er 1136 vom Mark-<br />
grafen zwei Mansen in Alland und <strong>Mayerling</strong>. 80 Die Manse in Alland entsprach<br />
den heutigen Grundstücken mit den Häusern Alland Nr. 4, 6, 7, 8, 9, 10 und 11.<br />
77 Vgl. Watzl, Babenberger, 13.<br />
78 „Mansus“ ist der lat. Ausdruck für Hufe.<br />
79 Vgl. BUB II, Nr. 323; FRA II/11, Nr. 80.<br />
80 Vgl. FRA II/11, Nr. 2.<br />
30
Auf dem zweiten Gut in <strong>Mayerling</strong> befinden sich jetzt die Häuser Raisenmarkt<br />
Nr. 15 und Schwechatbach Nr. 25. 81<br />
Nicht nur der Zeitpunkt der Entstehung der Pfarre Alland wirft Fragen auf,<br />
sondern auch, warum die Bewohner ihrem Ort diesen Namen gaben. Im Laufe der<br />
Jahrhunderte machte der Ortsname Alland zahlreiche Wandlungen durch. In alten<br />
Urkunden findet man neben Adelathe, Alhait und Alecht auch Varianten wie<br />
Olecht, Oleth, Allacht und Alant. Daher gibt es verschiedene Deutungsversuche,<br />
woher der Name „Alland“ kommt.<br />
Zur Zeit der Babenberger, die das Gebiet um Alland besaßen, bedeutete „adel-<br />
achte“ adeliger Besitz. Der Name könnte auch von „adel“ = Sumpf, Pfütze stam-<br />
men, denn hier soll sumpfiges und mooriges Wasser in die Schwechat geflossen<br />
sein. 82 Ein weiterer Erklärungsversuch des Ortsnamens „Allacht“ geht auf die acht<br />
Kirchen zurück, die einmal zur Pfarre gehörten: Alland, Merkenstein, Raisen-<br />
markt, Schwarzensee, Sparbach, Sittendorf, Groisbach und <strong>Mayerling</strong>. 83<br />
Wie so vieles in der Geschichte des Wienerwaldes hat sich die Zusammengehörig-<br />
keit dieser acht Gotteshäuser im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Heute<br />
befindet sich nur mehr <strong>Mayerling</strong> im Pfarrgebiet von Alland.<br />
2. <strong>Mayerling</strong><br />
Am Fuße einer Anhöhe des Wienerwaldes, die wegen der Kontur ihres aus dem<br />
Wald aufragenden zweizackigen Felsengipfels „Bischofsmütze“ genannt wird,<br />
liegt der Ort <strong>Mayerling</strong>. Zu welcher Zeit sich in <strong>Mayerling</strong> die ersten Menschen<br />
niederließen und mit ihnen eine bescheidene Siedlungstätigkeit entstand, läßt sich<br />
nicht mehr feststellen. Es bleibt uns aber die Möglichkeit, der Bedeutung des<br />
Ortsnamens nachzugehen bzw. nach seiner Herkunft zu fragen. Der ursprüng-<br />
liche Name Murlingen oder Mowerlingen enthält das Wort Mure, welches Mauer<br />
bedeutete. 84 So wäre es naheliegend, daß es sich bei den „Murlingern“ um Leute<br />
81 Vgl. Dorffner, Alland, 34.<br />
82 Vgl. Dorffner, Alland, 25f.<br />
83 Vgl. KirchTop, 1.<br />
84 Lexer, Handwörterbuch, 2251.<br />
31
handelte, die bei Steinmauern oder Mauerresten siedelten. 85 Ob diese Mauern<br />
Überreste aus der Römerzeit oder aus einer anderen Epoche waren, bleibt jedoch<br />
unbeantwortet.<br />
a) Die Herren von Murlingen<br />
Erstmals historisch faßbar sind die Bewohner dieser Gegend ab dem 12. Jh.. In<br />
dieser Zeit lebten dort am linken Ufer der Schwechat die Herren von Murlingen.<br />
Ihre Namen kommen in der Stiftungsurkunde des nahegelegenen Klosters<br />
Heiligenkreuz vor. Als unmittelbare Nachbarn bezeugten Ozo und Otfridus de<br />
Murlingen 1136 die Schenkung des Markgrafen Leopold III. an die Zisterzienser-<br />
mönche aus Morimond. Wie aus der Urkunde weiter ersichtlich ist, wurde für die<br />
Grenzbestimmung des Fundationsgebietes eine „via molendini“ gewählt. 86 Dieser<br />
Mühlenweg führte bei der Einmündung des Raisenbaches in die Schwechat<br />
bergauf zur Allander Höhe. Als Anrainer dieses Weges besaß Ozo und Otfrid ein<br />
Gut in der Nähe des heutigen <strong>Karmel</strong>itinnenklosters. 87<br />
Das Geschlecht der Herren von Murlingen scheint gegen Ende des 12. Jh. aus-<br />
gestorben zu sein. Denn in einer Urkunde des Bischofs Wolfker von Passau um<br />
1196 wurde ein Bernhardus von Murlingen ein letztes Mal genannt. Dieser<br />
bezeugte die Exemtion der von Frau Adelheid erbauten Kirche zu Sparbach von<br />
der Mutterpfarre Alland. 88 Der einstige Edelsitz, der eher unbedeutend war, ist<br />
heute vollkommen verschwunden.<br />
b) Das 13. und 14. Jahrhundert<br />
In den folgenden Jahrhunderten dürfte <strong>Mayerling</strong> kaum bewohnt gewesen sein.<br />
Nur vereinzelt sind uns Hinweise über die Besitzverhältnisse im 13. und 14. Jahr-<br />
hundert überliefert. Eine dieser spärlichen Erwähnungen findet sich im Gülten-<br />
verzeichnis des Stiftes. Danach besaß Heiligenkreuz 1294 in <strong>Mayerling</strong> einen Hof<br />
85 Vgl. Schuster, Ortsnamen, 511; Weigl, Ortsnamenbuch, 106.<br />
86 Vgl. FRA II/11, Nr. 1.<br />
87 Vgl. Watzl, Urbar, 83.<br />
88 Vgl. FRA II/11, Nr. 22.<br />
32
und eine Mühle beim Steinhof, 89 die Otto von Arnstein am 15. Mai 1276 auf<br />
seinem Totenbett dem Stift vermacht hatte. 90 Sein Neffe, Hadmar von Arnstein,<br />
beurkundet 1277 einen Gütertausch mit dem Kloster unter dem Castrum<br />
Rauheneck, genannt auf der Leiten und verzichtete auf ein Bauland im Gebiet von<br />
Siegenfeld. 91 Über hundert Jahre später verkauften am 6. März 1378 Lorenz der<br />
Hutter von Baden und seine Hausfrau Chunigunde an ihre Oheime Nicolaus und<br />
Lienhart Wedel den Berg zwischen <strong>Mayerling</strong> und Alland. Dieses herzogliche<br />
Lehen wurde „Chirichperkch“ (Kirchberg) genannt. 92 Mitverkauft wurde auch<br />
eine am Fuße des Kirchberges gelegene Hofstatt. 93 Nach Pater Hermann Watzl,<br />
der das Urbar der Waldmark der Cisterce Heiligenkreuz von 1431 herausgab,<br />
befand sich diese Hofstatt dort, wo jetzt das Haus <strong>Mayerling</strong> Nr. 4, das Franzis-<br />
kanerinnenkloster, steht. 94<br />
Am 11. November 1392 beurkundeten die Brüder Niklas und Lienhart Wedel, daß<br />
Abt und Konvent von Heiligenkreuz ihnen folgende Gründe zu „Mawrling pei<br />
der Swechent“ überlassen haben: „... ain gerawt, darnach ain Jeuch aker, die ist<br />
gelegen pei des vischern wisen, und awer ain Jeuch aker, die ist gelegen pei<br />
Fridreichs des pawern aker, und ain halb Jeuch aker und ain chlaines wisel und<br />
nicht mer.“ 95 Als Grundzins waren jährlich am Michaelstag 38 Pfennige zu ent-<br />
richten und der Zehent vom Ertrag des Ackerboden zu leisten.<br />
3. Die Seelsorge der Heiligenkreuzer Mönche<br />
a) Die Entwicklung des Klosters Heiligenkreuz<br />
Seit der Gründung des Klosters in Heiligenkreuz mühten sich die Mönche, die<br />
89 Die jährlichen Abgaben an das Stift waren: zwei Hühner, eine Gans und neun Schilling am<br />
Michaelstag, vier Hühner zu Weihnachten, zwei Hühner zu Fastenbeginn, drei Käse und<br />
dreißig Eier zu Ostern und vier Käse. Vgl. Gsell, Gültenbuch, 27.<br />
90 Vgl. FRA II/11, Nr. 220; Kryspin, Steinhof, 158-165.<br />
91 Vgl. FRA II/11, Nr. 229.<br />
92 Ob zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon eine Kirche in <strong>Mayerling</strong> stand und der Berg davon<br />
seinen Namen erhielt, kann nicht nachgewiesen werden.<br />
93 Vgl. UboE, Nr. 323.<br />
94 Vgl. Watzl, Urbar, 83.<br />
95 FRA II/16, Nr. 326.<br />
33
ihnen anvertrauten Aufgaben treu zu erfüllen. Manche Probleme mußten sie<br />
meistern, und es war nicht leicht, das Stift zu erhalten. Anscheinend herrschte<br />
großes Interesse, in dieses Kloster einzutreten, denn der rasch anwachsende<br />
Konvent umfaßte bald um die 300 Mönche und Laienbrüder. Da aber das<br />
Fundationsgebiet überwiegend aus Wald, Wiesen und Weiden bestand, fehlte der<br />
notwendige Ackerboden für das tägliche Brot. In dieser schwierigen Situation lud<br />
König Bela II. (1131-1141) den Konvent nach Ungarn ein, um sich dort nieder-<br />
zulassen. Damit schien für die Neugründung im Wienerwald die letzte Stunde<br />
gekommen zu sein. Um jedoch diese Not-Umsiedlung zu verhindern, bat Abt<br />
Gottschalk den Markgrafen Leopold IV., das ertragreiche Gut Trumau dem<br />
Kloster zu übereignen. Auf dem Landtaiding in Tulln 1138 kam der Sohn des<br />
Stifters der Bitte des Abtes nach 96 , und 3 Jahre später, am 17. Oktober 1141, ver-<br />
machte er auf dem Sterbebett in Niederalteich dem Kloster auch die Grangie zu<br />
Thallern. 97 Somit sicherte er die Existenz der jungen Gründung und die Mönche<br />
konnten mit dem Rhythmus von „Ora et labora“ fortfahren.<br />
Trotz dieser Sorge bemühte sich gleich der erste Abt von Heiligenkreuz, auch an<br />
anderen Orten Neugründungen vorzunehmen. Er sandte einige Mitbrüder nach<br />
Zwettl, Baumgartenberg und Czikador. Seine Nachfolger erweiterten die Liste der<br />
Tochtergründungen mit Marienberg, Lilienfeld, Goldenkron und Neuberg a. d.<br />
Mürz. 98<br />
Überall, wo sich die Mönche niederließen, erwarben sie sich bald den hervor-<br />
ragenden Ruf als Kulturträger des Landes. Ihre Tätigkeit erstreckte sich weit über<br />
das ihnen anvertraute Gebiet, doch eines taten sie nach alter Ordenstradition<br />
nicht: Sie übten in den ersten Jahrhunderten keine eigentliche Pfarrseelsorge aus.<br />
b) Übernahme der Pfarrseelsorge<br />
Da sich aber im Laufe der Zeit das Kloster Heiligenkreuz mehr und mehr zum<br />
geistigen und religiösen Zentrum für die Bewohner des Wienerwaldes entwickelte,<br />
war es fast unmöglich, sich auf Dauer einer geordneten Seelsorge zu entziehen.<br />
96 Vgl. BUB II, Nr. 470.<br />
97 Vgl. Watzl, Quellen, 31f.<br />
98 Vgl. Schücker, Scheffer, 6f.<br />
34
Wenn heute 17 Stiftspfarren 99 von Ordensgeistlichen betreut werden, so stellt sich<br />
die Frage, welche Gründe zu dieser seelsorglichen Tätigkeit außerhalb der Kloster-<br />
mauern geführt haben. Als erster Faktor sind wohl die im 13. und 14. Jahrhundert<br />
vom Stift aus errichteten Grangien 100 zu nennen. Diese Gutshöfe, die von Laien-<br />
brüdern bewirtschaftet wurden, wandelten sich in den späteren Jahrhunderten<br />
aus Mangel an Brüderberufen in Dorfgemeinschaften um. So entstanden aus den<br />
ehemaligen Grangienkapellen die jetzigen Pfarrkirchen, die dann auch weiterhin<br />
in den fürsorglichen Händen der Mönche blieben. Ein weiterer Faktor für die<br />
Übernahme der Pfarrseelsorge war die Schenkung von Pfarrkirchen an das Stift.<br />
Auf diese Weise gelangten die Pfarren Niedersulz und Alland in den Verant-<br />
wortungsbereich des Klosters.<br />
c) Die Pfarre Alland<br />
Die einstige Urpfarre Alland war nach dem Tod des letzten Babenbergers,<br />
Friedrichs II., in den Besitz seiner Nichte Gertrud gekommen. Aus Freude über die<br />
Geburt ihres Sohnes Friedrich in Alland gewährte sie dem Ort eine Reihe von<br />
Privilegien und befreite die Bewohner von vielen Abgaben. Außerdem verlieh sie<br />
1253 das Patronats- und Praesentationsrecht über die Kirche St. Georg dem Stift<br />
Heiligenkreuz. 101 Ein Jahr später anerkannte König Ottokar von Böhmen als<br />
Herzog von Österreich und Steiermark diese Schenkung. 102 1255 wurde die<br />
Übergabe durch den Diözesanbischof Otto von Passau und 1257 durch Papst<br />
Alexander IV. bestätigt.<br />
Mit der Einflußnahme auf die Besetzung des Pfarrbeneficiums in Alland kam ein<br />
wertvolles Recht in die Hände der Heiligenkreuzer. Ein weiterer Schritt erfolgte<br />
am 17. März 1380, als Bischof Albert von Passau die Pfarre dem Stift einverleibte,<br />
99 Vgl. Österreichische Zisterzienserkongregation, Zisterzienser, 32f.<br />
100 „Grangien“ waren Hofanlagen, von denen aus die Laienbrüder einen Landkomplex bewirtschafteten.<br />
Viele Abteien besaßen bis zu 20 solcher Grangien, die in der Regel kranzförmig in<br />
weiterer Entfernung den zentralen Wirtschaftshof des Kloster umgaben. Neben den Ackerhöfen<br />
kannten die Zisterzienser auch spezielle Viehhöfe, Schafhöfe und Weinhöfe. Vgl.<br />
Schneider, Grangie, 1653f.<br />
101 Vgl. FRA II/16, Nr. 120.<br />
102 Vgl. FRA II/16, Nr. 123.<br />
35
wodurch es nun auch über die Pfarrpfründe verfügen konnte. 103 Aufgrund dieser<br />
Neuerwerbung kam es jedoch mit der bischöflichen Kanzlei in Passau zu<br />
Schwierigkeiten. Dort wurde die Inkorporation bestritten, weil sie zwar vollzogen,<br />
aber nicht ordnungsgemäß registriert worden sei. Erst durch die Vermittlung des<br />
Papstes Urban VI. 1386 104 und einer nochmaligen Beurkundung durch Bischof<br />
Georg am 30. Oktober 1389 kam die endgültige Eingliederung zustande. 105<br />
Bereits 1381 hatte das Stift, nach Ableben des Pfarrers Johannes Fürstenau, mit<br />
Nikolaus von Weitra den ersten Heiligenkreuzer als Pfarrer von Alland eingesetzt.<br />
Im Auftrag des Bischofs von Passau führte der nicht namentlich genannte Pfarrer<br />
von Sittendorf den von Abt Colomann II. und Konvent präsentierten Mönch in<br />
den Besitz der Pfarre Alland ein. Zweifellos repräsentierte dieser Priestermönch<br />
sein Kloster in der neuen Pfarre, doch die Pastoration versah, entsprechend den<br />
diesbezüglich noch geltenden Ordensvorschriften, sein Vikar Heinrich Schusling.<br />
Mit Jakob von Bruck trat am 9. Oktober 1384 wieder ein Weltpriester den Seel-<br />
sorgeposten in Alland an. Als aber dieser die Pfarre Haugsdorf übernahm, beauf-<br />
tragte Bischof Georg von Passau im Jahre 1411 den Pfarrer von Mödling, Frater<br />
Nikolaus in die Pfarre zu investieren. 106<br />
Es fand vielleicht noch öfter ein Wechsel von Weltpriestern und Stiftsgeistlichen in<br />
dieser Pfarre statt. Denn erst die wirtschaftliche Not und der Priestermangel gaben<br />
ab der Mitte des 16. Jahrhunderts den Anstoß, die inkorporierten Pfarren aus-<br />
schließlich mit Konventualen zu besetzen. 107<br />
Viele Jahrhunderte hindurch blieben die Zisterzienser ihrer Tradition treu und<br />
verbrachten ihr Leben hinter Klostermauern. Als sie aber die Notwendigkeit<br />
sahen, die Seelsorge in den Pfarren zu übernehmen, versuchten sie ihr monasti-<br />
sches Leben mit den neuen Aufgaben in Einklang zu bringen. Bis auf den heutigen<br />
Tag gelang es ihnen, dieses segensreich zu verwirklichen.<br />
103 Vgl. FRA II/16, Nr. 296.<br />
104 Vgl. FRA II/16, Nr. 318.<br />
105 Vgl. FRA II/16, Nr. 321.<br />
106 Vgl. Watzl, Quellen, 545ff.<br />
107 Dieser Prozeß begann mit Abt Ulrich Müller (1558-1584) und fand unter Abt Michael Schnabel<br />
(1637-1658) seinen Abschluß.<br />
36
4. Die Laurentius-Kapelle in <strong>Mayerling</strong><br />
a) Der Bau der Kapelle und die Zerstörung durch die Türken<br />
Nachdem die Zisterzienser mit großem Fleiß eine beeindruckende Klosteranlage<br />
in Heiligenkreuz errichtet hatten, gingen sie an die Arbeit, auch für die Bevölke-<br />
rung Gotteshäuser zu schaffen. So bauten sie auf eigene Initiative Kapellen in<br />
<strong>Mayerling</strong> und in Siegenfeld, die für den öffentlichen Gottesdienst bestimmt<br />
waren. 108<br />
Den Anfang machte im Jahre 1412 Abt Albert (1402-1414), als er zu Ehren des<br />
hl. Laurentius eine Kapelle an einer günstig gelegenen Hügelstufe unweit des<br />
ehemaligen Herrensitzes des Ozo und Otfried von Murlingen errichten ließ. Noch<br />
im selben Jahr, am Sonntag nach Jakobi, konsekrierte sie Andreas, Suffragan des<br />
Passauer Bischofs. 109<br />
Nach einigen Jahrzehnten des Bestehens war sie offenbar nicht mehr zu benützen.<br />
Ob die Kapelle durch den habsburgischen Bruderkrieg, in dem 1463 Alland<br />
geplündert und verwüstet wurde, oder während des Ungarneinfalls unter König<br />
Matthias Corvinus 110 bzw. durch einen sonstigen Unglücksfall entweiht wurde,<br />
wird aus den Dokumenten nicht ersichtlich. Jedenfalls stellte Abt Bernhard<br />
Medrizer (1516-1519) die Kapelle wieder her und am 15. September 1515 wurde<br />
sie von Bischof Bernardus, dem Mitarbeiter des Passauer Fürstbischofs Wiguläus,<br />
eingeweiht. 111 Dieses Geschenk der Zisterzienser an die Bevölkerung sollte ihnen<br />
aber bald wieder genommen werden.<br />
Unter dem Zeichen des Halbmondes fielen im Jahre 1529 kriegerische Horden in<br />
Österreich ein. Über Ungarn drang das von Sultan Soliman II. angeführte türki-<br />
sche Heer gegen Wien vor und belagerte bereits Ende September die Stadt. Da die<br />
Hauptstadt erfolgreich verteidigt wurde, fielen die „Renner und Brenner“ in den<br />
Wienerwald ein. Bis zu 100.000 Menschen sollen getötet oder verschleppt worden<br />
sein. Heiligenkreuz und alle benachbarten Siedlungen wurden von der leichten<br />
108 Vgl. Watzl, Alland, 100.<br />
109 Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7.<br />
110 Vgl. Gutkas, Corvinus, 19f.<br />
111 Vgl. Frey, Denkmale, 26.<br />
37
Reiterei geplündert und zerstört, Alland „in grundt verprandt“ und <strong>Mayerling</strong><br />
verwüstet. Mitsamt den Gehöften brannte die Laurentius-Kapelle bis auf die<br />
Grundmauern nieder. 112<br />
Ein neuerlicher Einfall erfolgte 3 Jahre später (1532), wobei die Klosterkirche zum<br />
zweiten Mal abbrannte. Das Urbarregister über das Ungeld zu Alland vom Jahre<br />
1534 gibt uns einen Einblick in die Verwüstungstätigkeit der Türken in den um<br />
Heiligenkreuz liegenden Siedlungen. Der Zustand vieler Orte und Häuser wird<br />
als öde bezeichnet. 113 Die durch türkische Scharen abermals heimgesuchten<br />
Mönche von Heiligenkreuz mußten zuvor einen erheblichen Teil ihrer Kirchen-<br />
schätze an Kaiser Maximilian abliefern. Um die Verteidigung finanzieren zu<br />
können, erhielt Ferdinand I. vom Papst sogar die Erlaubnis, den vierten Teil des<br />
Kirchenvermögens einzuziehen. Klöster und Pfarren mußten bedeutende Sum-<br />
men aufbringen und verkauften daher Teile ihrer Güter. 114<br />
Nur sehr langsam erholten sich die Zisterzienser von dieser wirtschaftlichen Not<br />
und konzentrierten sich beim Wiederaufbau hauptsächlich auf ihr Kloster und auf<br />
die ihnen anvertrauten Pfarrkirchen. Auch die verminderte Bevölkerung trug<br />
dazu bei, daß man keine pastoralen Notwendigkeit darin erkannte, die Kapelle in<br />
<strong>Mayerling</strong> neuerlich aufzubauen. Über ein Jahrhundert lang gaben die Reste der<br />
Brandruine Zeugnis von dieser schrecklichen Zeit. Außerdem spiegelte das zer-<br />
störte Gotteshaus das Bild des im Zerfall befindlichen katholischen Glaubens<br />
wieder.<br />
Die Notwendigkeit einer Reform der Kirche war bei Päpsten und Bischöfen gewiß<br />
schon lange ein aktuelles Thema. Der Ernst der Lage aber und die Dringlichkeit<br />
einer Reform wurde von vielen unterschätzt. So konnte sich die von Martin Luther<br />
ausgelöste Reformation schnell ausbreiten. Gerade in den Städten und besonders<br />
unter den Adeligen fand sie zahlreiche Anhänger.<br />
Die Ideen Luthers hielten auch Einzug in die Pfarre Alland, besonders zu<br />
Schwarzensee und Raisenmarkt, wo mit Hilfe von Hans Christoph Freiherr von<br />
Wolzogen sogar ein protestantischer Pastor eindrang. Durch den klugen aus-<br />
112 Vgl. Schachinger, Türkeneinfälle, 527.<br />
113 Vgl. Schachinger, Wienerwald, 252.<br />
114 Dabei ging ein Großteil der mittelalterlichen Kunstwerke verloren. Nur ein Kelch und eine<br />
Monstranz wurden an jedem Ort gelassen. Vgl. Frey, Denkmale, 26.<br />
38
harrenden Eifer der Äbte von Heiligenkreuz und der Pfarrer von Alland wurde er<br />
aber nach einiger Zeit wieder verdrängt und die Bewohner zum katholischen<br />
Glauben zurückgeführt. 115<br />
Durch die Ausbreitung der neuen Lehre herrschte auch ein Mangel an Priester-<br />
und Ordensberufen. Um den Personalstand des Klosters zu heben, mußte Abt<br />
Konrad Schmid (1547-1558) aus seiner schwäbischen Heimat geeignete Postulan-<br />
ten herbeiziehen. So bestand der Konvent im 16. Jh. größtenteils aus Schwaben. 116<br />
b) Der Ausbau der Kapelle unter Abt Michael Schnabel<br />
Mit der Gegenreformation brach auch für Heiligenkreuz eine bessere Epoche an.<br />
Die Äbte Konrad und Udalrich (1558-1584) überwanden den finanziellen Tiefstand<br />
und setzten einen Neuanfang. Abt Konrad baute Kirche und Kloster wieder auf. Sein<br />
Nachfolger, Abt Udalrich, kümmerte sich um die inkorporierten Pfarren und setzte<br />
dort Konventualen als Pfarrer ein. 117 Der Pfarrer von Alland, Jakob Bernhard Hitz<br />
(1558-1566), wohnte jedoch nicht im Pfarrhof, sondern weiterhin im Kloster. 118<br />
Eine neue Blüte und ein wirtschaftlicher Wohlstand begann unter Abt Michael<br />
Schnabel. Er wurde am 17. September 1607 in Pfaffstätten als Sohn verarmter<br />
Stiftsuntertanen geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters nahmen sich die<br />
Mönche seiner an und unterrichteten ihn in Musik und in den Wissenschaften.<br />
Am 1. Januar 1624 legte er die Profeß ab und wurde zur weiteren Ausbildung an<br />
die Wiener Universität geschickt. 1631 erhielt er die Priesterweihe, und einige<br />
Jahre später setzte ihn der Generalvikar, Abt Ignaz Krafft von Lilienfeld, als<br />
Subprior in Heiligenkreuz ein. Als Abt Christoph Schäffer im Sommer 1637 starb,<br />
wählten ihn seine Mitbrüder am 8. September 1637 zum Abt. 119 Mit ihm erstarkte<br />
wieder der klösterliche Geist nach der Regel des hl. Benedikt. Er führte die rege<br />
Bautätigkeit seines Vorgängers fort.<br />
115 Vgl. KirchTop, 5.<br />
116 Vgl. Watzl, Stift, 18.<br />
117 In Alland 1558, Münchendorf 1560, Niedersulz 1576, Winden, Mönchhof und Gaaden 1582,<br />
Podersdorf 1583, Trumau 1584. Vgl. Watzl, Stift, 19.<br />
118 Zu seiner Pfarre Alland gehörten folgende Filialkirchen: Sittendorf, Sparbach, Raisenmarkt,<br />
Schwarzensee, <strong>Mayerling</strong> und Siegenfeld. Vgl. Watzl, Quellen, 548.<br />
119 Vgl. Watzl, Cistercienser, 71f.<br />
39
Nun begann auch für die über ein Jahrhundert lang in Schutt gelegene Kapelle in<br />
<strong>Mayerling</strong> eine neue Zeit. Der Abt faßte den Entschluß, das zerstörte Gotteshaus<br />
wieder aufzubauen und übertrug diese Aufgabe dem Provisor von <strong>Mayerling</strong>,<br />
Pater Edmund Flöhel. 120 Sein großes Verdienst war die Wiedererrichtung der<br />
Laurentius-Kapelle in <strong>Mayerling</strong> im Jahre 1643. Nachdem er vom Abt den Auftrag<br />
erhalten hatte, machte sich Pater Edmund mit Hilfe zahlreicher Wohltäter an die<br />
Arbeit. Diese „Herrn und Christgläubigen“ wurden von seinem späteren Nach-<br />
folger, Pater Johannes Baptist Jurmann, in einer von ihm selbst verfaßten Hand-<br />
schrift 121 namentlich festgehalten.<br />
Als ersten führt er seinen Abt Michael, der die Baumaterialien zur Verfügung<br />
stellte, an. Weiters folgen:<br />
Herr Bernardus Preill, Abt des Neuklosters in Wiener-Neustadt, der das<br />
notwendige Eisen hergab.<br />
Herr Mathias Palffy, Abt von Martinsberg in Ungarn steuerte 3 Gulden bei.<br />
Pater Robertus Mädl, Vikar in Niedersulz 2 fl.<br />
Herr Hyacinthus Kornathy, Kapellmeister des Erzherzog Leopold, stiftete das Bild<br />
des heiligen Laurentius für den Altar.<br />
Georg Schweizer malte ein Antependium,<br />
Sebastian Kirchmayr von Preinsfeld gab 14 fl.,<br />
Vincentius Schroflechner 10 fl.,<br />
Peter Sturm aus Sulz 5 fl.,<br />
Mathias Stürkh aus Gaaden 3 fl.,<br />
Georg Preys 3 fl.,<br />
Hans Rappold, Richter zu Preinsfeld 2 fl. 30 kr.,<br />
Hans Fellinger, Richter zu Siegenfeld 2 fl. 30 kr.,<br />
Achaz Kirchmayr von Grub 2 fl.,<br />
Ander Häller von Sulz 1 fl. 30 kr.,<br />
Erhard Mährl, Stiftsförster in Grub und<br />
Veit Wagenhofer, Zöchmeister der Kirche in <strong>Mayerling</strong>, halfen bei der Arbeit.<br />
Richard Mild, Maurermeister aus St. Pölten, errichtete die Kapelle für einen<br />
geringen Lohn. Für den weiteren Unterhalt des Gotteshauses gab Abt Michael<br />
1647 einen Weingarten in Kaltenberg bei Baden. 122<br />
120 Pater Edmund Flöhel, 1605 in Trumau geboren, hatte am 20. August 1631 die Profeß abgelegt<br />
und 1635 die Primiz gefeiert. Er war zuerst Sakristan im Kloster, dann wurde er Küchenmeister<br />
und vom 6. Januar 1640 bis zum 9. Januar 1646 Waldschaffer und Provisor in <strong>Mayerling</strong>. Vgl.<br />
Watzl, Cistercienser, 77.<br />
121 Vgl. Jurmann, Laurenty, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 13.<br />
122 Vgl. Jurmann, Laurenty, 6-9.<br />
40
Obwohl die Kapelle auf dem Gebiet der Pfarre Alland 123 errichtet wurde und<br />
somit zu den Filialen der St. Georgskirche zählte, besorgten fast ausschließlich<br />
Patres von Heiligenkreuz die Gottesdienste. Der Abt bestellte immer wieder ein<br />
Mitglied aus dem Konvent zum Provisor für <strong>Mayerling</strong>. Auch alle baulichen Neu-<br />
und Umgestaltungen gingen stets von der Initiative des Stiftes aus. Das<br />
Gotteshaus hatte seine eigene Dotation, darunter auch einige Weingärten, und<br />
zahlreiche Wohltäter trugen mit ihren Spenden zum Unterhalt bei. So wurde diese<br />
Kapelle von den Zisterziensern treu behütet und umsorgt. 124<br />
Pater Edmund Flöhel war nach dieser segensreichen Aufbauarbeit in <strong>Mayerling</strong><br />
noch ein Jahr als Verwalter in Thallern tätig, bevor ihn eine Krankheit ins Kloster<br />
zurückzwang, wo er im März 1648 starb.<br />
Pater Johannes Baptist Jurmann übernahm bereits zwei Jahre vorher am 8. Januar<br />
1646 die Nachfolge als Provisor in <strong>Mayerling</strong>. Dieses Amt versah er bis zu seinem<br />
Tod am 28. April 1658. 125 Wie sein Vorgänger erwarb auch er sich besondere<br />
Verdienste um <strong>Mayerling</strong>. So gestattete der Abt auf seine Bitte hin, daß nicht nur<br />
an Kirchweih und am Fest des hl. Diakons und Märtyrers Laurentius ein Gottes-<br />
dienst gefeiert wurde, sondern auch an anderen Tagen ein Gottesdienst gehalten<br />
werden durfte.<br />
1647 schenkten Bernhard Holler, Rektor der Universität Wien, Hans Suttinger von<br />
Thurnhof und Leonhard Denckl, einen silbernen Kelch mit Patene. Johannes<br />
Gritsch, Richter von Neuhaus, kaufte für die hl. Messe ein neues Missale und<br />
Jacob Weinrieder, Hof- und Grundschreiber zu Heiligenkreuz, gab ein kleines<br />
Glöcklein. 126<br />
Am 16. Mai 1648 wurde die noch fehlende Sakristei angebaut, für die Thoma<br />
Schein, Richter zu Grub, 1 fl. 30 kr., Johann Pacher, Pfaffstätten, 6 fl. und Johann<br />
Pösserer eine halbe Krone spendeten. Mit Hilfe der Ortsrichter, Gregor Hieringer<br />
von Sulz und Anton Ritter von Grub und seiner Gemeinde, erwarb P. Jurmann<br />
123 Vgl. Schweikhardt, Oesterreich, 228.<br />
124 Vgl. „Maierling“, Laurentius-Kapelle, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 27.<br />
125 Johannes Baptist Jurmann wurde 1602 zu Laibach geboren, legte 1630 die Profeß ab und feierte<br />
1632 seine Primiz. In den darauffolgenden Jahren war er Sakristan, Novizen- und Konversenmeister,<br />
Beichtvater der Konventualen, Kämmerer und Küchenmeister im Stift. Später kam die<br />
Aufgabe des Waldschaffers hinzu. Vgl. Watzl, Cistercienser, 75f.<br />
126 Vgl. Jurmann, Laurenty, 10.<br />
41
eine Glocke, die zu Ehren Unserer Lieben Frau und Himmelskönigen Maria am<br />
16. Juni 1648 geweiht wurde. Im selben Jahr begann man den ehemaligen<br />
„Freythof und Gottes Acker“ um die Kapelle neu anzulegen, und am 20. Juli 1649<br />
wurde er fertiggestellt. Pater Augustinus Zelmer, Pfarrer von Alland, beteiligte<br />
sich mit 3 Gulden.<br />
Zur Verschönerung der Kapelle spendete Nikolaus Wohlmueth ein Muttergottes-<br />
bild, Johann Wilhelm Managetta, Rektor der Wiener Universität, schenkte eine<br />
schwarz seidene Kasel, und Johann Baptist Suttinger von Thurnhof ließ durch<br />
seine Tochter Mariam ein schönes Antependium anfertigen. 127<br />
1650 erwarb Pater Jurmann vom Opfer- und Kirchengeld den dritten Weingarten.<br />
Am Fest des hl. Laurentius spendeten die Gläubigen 12 Pfund Kerzen und 12 fl.<br />
Frau Regina Schulz beauftragte ihren Maler, das Bild des hl. Laurentius zu<br />
restaurieren. Eine weitere andächtige Frau vermachte ein Christusbild und ein<br />
Muttergottesbild.<br />
Weil die <strong>Mayerling</strong>er Bauern ihre Anbauflächen zu nahe an die Kapelle gelegt<br />
hatten, beauftragte Abt Michael den Pater Benedict Lambert, Grundbuchschreiber<br />
von Heiligenkreuz, er solle ein ausreichendes Stück für einen Kirchenanger<br />
ausweisen. Als Ersatz für den verlorenen Grund durfte der betroffene Bauer<br />
Stephan Knotzer seinen Acker in Richtung Wald ausweiten. 128<br />
Seit der Wiedererrichtung der Kapelle im Jahre 1643 war die Zahl der Gläubigen,<br />
die hier Zuflucht in ihren Nöten und Anliegen suchten, kontinuierlich gestiegen,<br />
und schon bald wurden wunderbare Gebetserhörungen gemeldet. Als Abt<br />
Michael davon erfuhr, beschloß er die Kapelle zu erweitern. So wurden 1650 und<br />
1651 unter der Leitung von Pater Jurmann Steine gebrochen, nach <strong>Mayerling</strong><br />
gebracht und damit die Kapelle um einen halben Teil erweitert. Die Bauern aus<br />
Sulz, <strong>Mayerling</strong>, Grub und Preinsfeld halfen tatkräftig mit, und andere Wohltäter<br />
unterstützten dieses Vorhaben mit finanziellen Mitteln. 129<br />
127 Vgl. Jurmann, Laurenty, 14-22.<br />
128 Vgl. Jurmann, Laurenty, 28-30.<br />
129 Vgl. Jurmann, Laurenty, 31f.<br />
42
Weiters verfügte der Abt, daß nicht nur an Kirchweih, sondern auch am dritten<br />
Pfingstfeiertag, am Fest Johannes des Täufers und an Mariä Himmelfahrt ein feier-<br />
licher Gottesdienst gehalten werden soll. 130<br />
Die erste hl. Messe in der erweiterten Kapelle feierte der Provisor am Fest des hl.<br />
Laurentius im Jahre 1651. Vom reichlich eingegangenen Opfergeld kaufte er einen<br />
neuen Kelch und ein neues Missale. P. Theobald Hug, P. Rudolf Lehn und Herr<br />
Johann Garbero zierten das Gotteshaus mit schönen Bildern. 131 Da es aber aus<br />
Mangel an Fenstern im Inneren der Kapelle noch sehr dunkel war, hatte P. Jurmann<br />
ein Jahr später die flache Holzdecke niederreißen und statt dessen ein Gewölbe<br />
mit einem Fenster errichten lassen. Außerdem ließ er eine mittlere Glocke zu<br />
Ehren des hl. Johannes des Täufers gießen und weihen. Der Wiener Bürger Hans<br />
Schlidt stiftete am 21. Juni 1652 eine St. Laurentius-Fahne. Auch wurde in diesem<br />
Jahr der mittlerweile vierte Weingarten angekauft.<br />
Nach 1 ½-jähriger Bautätigkeit war damit die Erweiterung abgeschlossen und am<br />
11. August weihte Abt Michael Schnabel die Kapelle, den Hochaltar und – in der<br />
zum Tal hin gerichteten Seitenkapelle – den Marienaltar. Das dazugehörige Lieb-<br />
frauenbild hatte Herr Georg Khielmann malen lassen. Die Bilder Johannes der<br />
Täufer und Johannes der Evangelist wurden durch Hans Gritsch und Hans Rigler<br />
zu Ehren ihrer Patrone bereits 1650 in Auftrag gegeben. 132<br />
Die Erweiterung der Kapelle verlangte auch eine Erweiterung des umliegenden<br />
Grundstückes. Um den Kirchenanger zu vergrößern, erwarb daher der Provisor<br />
von den <strong>Mayerling</strong>er Bauern Stephan Rappold, Gregor Schein und Marco Kirch-<br />
mayr ein Stück Ackerland für den Preis von 11 fl. Der Kauf wurde in Beisein von<br />
P. Christoph Reichel und Viti Wagenhofer, Richter von <strong>Mayerling</strong>, am 28. April<br />
1653 geschlossen. 133<br />
c) Die Gründung der Bruderschaft (1654)<br />
Europa wurde im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit von einer Pest-<br />
130 Vgl. Jurmann, Laurenty, 33.<br />
131 Vgl. Jurmann, Laurenty, 38.<br />
132 Vgl. Jurmann, Laurenty, 39-41.<br />
133 Vgl. Jurmann, Laurenty, 43f.<br />
43
epidemie heimgesucht. Die Pest galt als eine besonders schreckliche und ent-<br />
setzliche Krankheit, weil sie in kurzer Zeit den Tod brachte und andere rasch<br />
infizierte. 134 Wenige Personen genügten, um eine ganze Stadt in große Bedrängnis<br />
zu bringen. Daher nahmen die Menschen Zuflucht bei den heiligen Rochus und<br />
Sebastian, welche sie bei auftretenden Heimsuchungen behüten und bewahren<br />
sollten.<br />
Im Jahre 1654 wurde das Fest des hl. Sebastian am 20. Januar in besonders<br />
feierlicher Form von vier Priestern gestaltet. Viele Gläubige hatten daran teil-<br />
genommen, gebeichtet und kommuniziert. Zu diesem Anlaß überreichten die<br />
Gläubigen durch die Patres Franz Eiserer und Johannes Jurmann eine schriftliche<br />
Petition an den Abt, worin sie ihn um die Errichtung einer Bruderschaft zu Ehren<br />
der hll. Rochus und Sebastian baten. 135 Der Abt bewilligte die vom Stiftskämmerer<br />
Pater Franz Eiserer gegründete religiöse Vereinigung. In ihr verpflichteten sich die<br />
Mitglieder, besonders dafür zu beten, daß das Land von der Pest verschont blei-<br />
ben möge. Am 9. Juli 1654 genehmigte auch Rom die Bruderschaft, und Papst<br />
Innozenz X. verlieh ihr zahlreiche Ablässe. So konnten alle Mitglieder einen voll-<br />
kommenen Ablaß erlangen unter den gewöhnlichen Bedingungen: am Tag der<br />
Einschreibung, in der Sterbestunde nach dem Empfang der Wegzehrung, bei<br />
stiller Anrufung des Namens Jesu und beim Besuch der Kapelle oder des Bruder-<br />
schaftsaltares am Fest des hl. Laurentius. Aus diesem Grund war ein weiterer<br />
Seitenaltar für die beiden hll. Rochus und Sebastian – auf der linken Seite der<br />
Kapelle zum Hügel hin – errichtet worden. Weiters gab es einen Ablaß von<br />
7 Jahren und 40 Tagen für die Feste der Heiligen Sebastian, Rochus, Bernhard und<br />
am Fest Allerheiligen, schließlich noch einen Ablaß von 60 Tagen, sooft man den<br />
Bruderschafts-Versammlungen beiwohnte oder Werke der leiblichen bzw. geist-<br />
lichen Barmherzigkeit vollzog. 136<br />
Als Beginn für die Tätigkeit bzw. Wirksamkeit der Bruderschaft wurde das Fest<br />
Allerheiligen gewählt, und zu diesem Anlaß zelebrierte Abt Michael Schnabel ein<br />
134 Neben der Cholera war die Pest eine der furchterregendsten Seuchen, die, aus Zentralasien<br />
kommend, Europa von 1348 bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts immer wieder erschütterte.<br />
135 Vgl. Jurmann, Laurenty, 45ff.<br />
136 Vgl. Jurmann, Laurenty, 50ff.<br />
44
feierliches Amt in <strong>Mayerling</strong>. 137 Eine Mitgliederliste dieser Bruderschaft liegt zwar<br />
nicht mehr vor, doch darf man annehmen, daß sich viele Gläubige daran beteilig-<br />
ten, denn wie uns P. Jurmann berichtet, hatten bereits in der Zeit zwischen 1645-<br />
1651 so manche wunderbaren Gebetserhörungen auf die Fürbitte des hl. Lauren-<br />
tius stattgefunden.<br />
Im Jahre 1656 erhielt die Kapelle einen steinernen Kirchturm. 138 Am 9. August des<br />
selben Jahres weihte Abt Michael Schnabel eine neue Glocke. Für den Abt dürfte<br />
dies die letzte größere Handlung in <strong>Mayerling</strong> gewesen sein, denn am 24. März<br />
1658 starb er 51-jährig nach einem segensreichen Wirken. Einen Monat später, am<br />
28. April, verschied auch P. Johannes Jurmann, der über zwölf Jahre in <strong>Mayerling</strong><br />
verdienstvoll gewirkt hatte. Nach seinem Tod übernahm der Gründer der<br />
Bruderschaft, Pater Franz Eiserer, diese Aufgabe, die er aber nur mehr kurze Zeit<br />
wahrnehmen konnte. Denn bereits am 5. August mußte er – wahrscheinlich<br />
krankheitsbedingt – dieses Amt abgeben, und am 7. November starb auch er. So<br />
verschieden innerhalb eines einzigen Jahres jene drei Heiligenkreuzer, die sich in<br />
besonderer Weise um die Laurentius-Kapelle verdient gemacht hatten und ihr zu<br />
neuem Leben verhalfen. Die Bevölkerung war dafür stets dankbar gewesen,<br />
indem sie dieses Gotteshaus gerne besuchte, beim Umbau mithalf und sogar eine<br />
Bruderschaft gründete.<br />
Nun herrschte reges Leben in diesem Heiligtum, ein sichtbares Zeichen auch<br />
dafür, daß sich die Gegenreformation durchgesetzt hatte und das Glaubensleben<br />
wieder erstarkte. 139<br />
d) Neubau der Kirche unter Abt Clemens Schäffer<br />
Abt Clemens Schäffer 140 war geborener Wiener. Er trat sehr jung in das Stift ein<br />
und wurde am 11. April 1658 zum 52. Abt von Heiligenkreuz gewählt. Abt<br />
137 Vgl. Watzl, Alland, 138.<br />
138 Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7.<br />
139 Vgl. Watzl, Alland, 137.<br />
140 Abt Clemens Schäffer wurde am 27. Februar 1629 in Wien geboren, legte am 1. Januar 1648 die<br />
Gelübde ab, studierte danach Philosophie und Theologie in Wien und feierte am 26. Mai 1654<br />
seine Primiz. Dann übernahm er für zwei Jahre die Aufgabe des äbtlichen Sekretärs, anschließend<br />
bekleidete er das Amt des Subpriors und später das des Priors. Vgl. Watzl, Cistercienser, 90.<br />
45
Clemens – er war bei seiner Wahl erst 29 Jahre alt – zählt zu den großen Äbten der<br />
Neuzeit. 141<br />
Anscheinend zog es immer mehr Wallfahrer nach <strong>Mayerling</strong>, denn die erweiterte<br />
Kapelle bot bald zuwenig Platz. Aus Dankbarkeit, daß das Stift Heiligenkreuz die<br />
furchtbare Pest im Jahre 1679 glücklich überstanden hatte, beschloß Abt Clemens<br />
Schäffer, den alten Bau abzureißen und durch einen vollständigen Neubau zu<br />
ersetzen.<br />
Der von ihm angeordnete Neubau der Laurentius-Kirche mit zwei Seitenkapellen,<br />
zu Ehren der seligen Jungfrau Maria und der hll. Rochus und Sebastian, wurde in<br />
zweijähriger Bauzeit (1681-82) vollendet. Als Maurermeister war der Italiener<br />
Caroli Canoual tätig, und das Dach stellte der Zimmermeister Johannes Heri aus<br />
Traiskirchen her. 142<br />
Den Kirchturm krönte ein Kreuz, in dessen Knauf am 15. September 1681 ein<br />
Memoriale für die Nachwelt eingeschlossen wurde, das die bisherige Geschichte<br />
und die Namen aller Konventualen enthielt. 143 Nachdem die Kirche errichtet und<br />
unter Dach gebracht war, konnte man sich um die Innenausstattung kümmern.<br />
Abt Clemens Schäffer betraute damit den Bildhauer Benedikt Sondermayr, der<br />
sich in einem Kontrakt verpflichtete, innerhalb von nur 3 Monaten, also bis Ende<br />
April, fünf Figuren zu liefern. 144 Für die Malerei im Innenraum der Kirche war der<br />
Laienbruder Fr. Stephan Molitor 145 verantwortlich. Die Ausführung des Hoch-<br />
141 Trotz der Schrecken der Pest (1679) und des Türkenansturms (1683) konnte er das Kloster<br />
zusammenhalten und die Bautätigkeit seines Vorgängers Michael Schnabel fortsetzen.<br />
142 Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer. StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7.<br />
143 Die Kopie dieses Schriftstückes befindest sich im Stiftsarchiv, und daraus ist ersichtlich, daß<br />
noch weitere Gegenstände in den Knauf gelegt wurden. Dabei handelte es sich um ein echtes<br />
Kreuz aus Spanien sowie um Reliquien der Märtyrer Paulinus, Olympus, Julianus, Antoninus,<br />
Crescentius, Vitus, Innocentius und ein heiliges Wachstäfelchen aus Flandern. Vgl. Memoriale<br />
des Abtes Klemens Schäffer. StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7.<br />
144 Der Auftrag wurde am 21. Januar 1682 erteilt und umfaßte folgende Figuren: Benedikt und<br />
Bernhard zu 7 Schuh, Clemens zu 5 Schuh, zwei nackte Engel sitzend, mit fliegenden<br />
Gewändern, nach der Proportion des Altares sowie etliche Engelsköpfe und Zierraten aus<br />
guten dürren Lindenholz, vom Meister selbst geschnitten. Als Preis wurden 124 fl. und ein<br />
Eimer Wein vereinbart und nach erfolgter Lieferung am 3. Juli 1682 bezahlt. Außerdem erhielt<br />
Benedikt Sondermayr vom Laienbruder Fr. Stephan Molitor für die Anfertigung zweier<br />
Seitenaltäre und für zwei geschnitzte Rahmen 67 fl. Vgl. Bildhauer-Rechnung, StAHlkr.,<br />
Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 10.<br />
145 Fr. Stephan Molitor wurde am 29. September 1642 in Schlüchtern (Hessen-Nassau) geboren<br />
und legte als Laienbruder am 6. Januar 1670 die Profeß ab. Um sein Malertalent weiter auszubilden,<br />
schickte ihn Abt Clemens nach Venedig. Nach seiner Rückkehr arbeitete er eine gewisse<br />
46
altarbildes und der beiden Seitenaltäre wurden dem Wiener Maler Franz Blumb<br />
übergeben, der damals auch im Stift zahlreiche Aufträge ausgeführt hatte. Die<br />
Gesamtkosten des Kirchenneubaus beliefen sich auf 5839 fl. 34 kr. 2 pf. 146<br />
Die so entstandene neue Kirchenanlage wurde noch vervollständigt und ergänzt<br />
durch ein nebenstehendes doppelstöckiges Herrenhaus. 147 Die Freude über das<br />
schöne Gotteshaus sollte aber nicht lange dauern.<br />
Kaum hatte sich das Land von der schrecklichen Pestepidemie erholt, da drohte<br />
ein neues Unheil. Durch die politischen Verhältnisse in Ungarn und durch das<br />
ehrgeizige Streben des Großwesirs Kara Mustapha angespornt, rückten die<br />
Türken im Frühjahr 1683 auf Wien vor. In den Sommermonaten fielen Tataren-<br />
schwärme, die dem Hauptheer voran eilten, in das Gebiet südlich der Donau ein<br />
und verwüsteten wie schon 1529 das flache Land bis zur Enns. 148<br />
Zunächst suchten die Bewohner der umliegenden Dörfer von Heiligenkreuz<br />
Zuflucht hinter den schützenden Klostermauern. Als aber die Lage immer bedroh-<br />
licher wurde, veranlaßte Abt Clemens Schäffer seine Patres das Stift zu verlassen<br />
und stellte ihnen Geleitbriefe für Klöster in Oberösterreich, Bayern, Steiermark<br />
oder Böhmen aus.<br />
Kurz darauf durchstreiften am 14. Juli die Türken den Wienerwald und drangen<br />
nach Heiligenkreuz vor. 149 Die im Stift Zurückgebliebenen versuchten, die gewal-<br />
tige Übermacht des Feindes abzuwehren. Aber trotz heftigem Widerstand gelang<br />
es ihnen nicht, die Eindringlinge aufzuhalten. Wer nicht im Kampf umkam, fiel in<br />
die Hände der Tataren. Das Kloster selbst wurde geplündert und weitgehend<br />
zerstört. Ähnliche Szenen spielten sich in der Nachbarpfarre Alland ab. Dort<br />
äscherten sie die ganze Ortschaft samt dem Pfarrhof ein und metzelten viele<br />
Bewohner nieder. Der Turm und der Dachstuhl der Pfarrkirche wurden zerstört,<br />
doch das Kircheninnere mit den Altären blieb unversehrt. Am gleichen Tag fielen<br />
Zeit im Atelier des Malers Bloem in Wien. Anschließend hielt er sich in Baumgartenberg,<br />
Heiligenkreuz und Wien auf, wo er am 12. Dezember 1695 starb. Vgl. Watzl, Cistercienser, 121.<br />
146 Die von Fr. Stephan Molitor erstellte Malerrechung betrug 933 fl. 57 kr. Vgl. Maler-Rechnung,<br />
StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 9. Franz Blumb bekam für den Hochaltar samt dem oberen Blatt<br />
150 fl. sowie für das untere und obere Blatt der beiden Seitenaltäre 120 fl. Vgl. Neubau-<br />
Rechnung 1681/82, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 6.<br />
147 Vgl. Friedrich, <strong>Mayerling</strong>, 120.<br />
148 Vgl. Schragl, Geschichte, 85.<br />
149 Vgl. Gutkas, Türkenjahr, 15.<br />
47
die „Renner und Brenner“ über die Laurentius-Kirche in <strong>Mayerling</strong> her. Kirche<br />
und Herrenhaus wurden angezündet, Hoch- und Seitenaltar zertrümmert. Der<br />
Turm mit den Glocken stürzte ein, und die umgefallene Giebelmauer durchschlug<br />
das Gewölbe. Kostbare Kirchengeräte, davon zwei silberne Kelche und 11 Kaseln,<br />
wurden geraubt. Verschont blieb nur das hl. Grab Christi. Siebzig Menschen<br />
wurden von den Türken in <strong>Mayerling</strong> entweder getötet oder in die Sklaverei<br />
verschleppt. 150<br />
In der Zwischenzeit wurde die Situation der Verteidiger der Stadt Wien sehr<br />
bedrohlich. Nur langsam erhielten die Truppen des Herzogs von Lothringen<br />
Verstärkung aus den umliegenden Ländern. Am 12. September kam es dann zur<br />
entscheidenden Entsatzschlacht um Wien. Die Türken wurden vernichtend<br />
geschlagen und weit nach Ungarn zurückgedrängt, wo sie nun keine größere<br />
Gefahr mehr für das Abendland darstellten. 151<br />
e) Zeit des Wiederaufbaus<br />
Vier Jahre dauerte es, bis alle Mitglieder des Konvents, welche in den österreichi-<br />
schen und deutschen Zisterzienser-Abteien brüderliche Aufnahme gefunden<br />
hatten, wieder in Heiligenkreuz vereint waren. Obwohl der angerichtete Schaden<br />
größer war als im Jahre 1529, beseitigte man rascher die Spuren der Verwüstung.<br />
Die durch Seuchen und Türkeneinfall stark verminderte Bevölkerung vermehrte<br />
sich jedoch durch die Zuwanderung aus verschont gebliebenen Gegenden. 152<br />
Im Januar 1684 kehrte Abt Clemens Schäffer in sein schwer beschädigtes Kloster<br />
zurück. Aber nicht nur das Kloster war öde Brandstätte, sämtliche Wirtschaftshöfe<br />
und Untertanenhäuser in der Waldmark, auf der Wienerebene und um den<br />
Neusiedlersee waren ein Raub der Flammen geworden. Nun sah er auch mit Ent-<br />
setzen, wie die von ihm aufgebaute Laurentius-Kirche verwüstet da lag. Mit Hilfe<br />
150 Vgl. Watzl, Türken, 8 ff.<br />
151 Vgl. Broucek/Hillbrand/Vesely, Türkenbelagerung, 48f.<br />
152 In den folgenden Monaten wurde eine Bestandsaufnahme der Schäden erstellt. Demnach<br />
sollen die Türken etwa 30.000 Menschen getötet und etwa 87.000 in die Gefangenschaft geführt<br />
haben. Von den insgesamt 47.994 Häusern in Niederösterreich wurden 7757 durch Brand<br />
zerstört. Vgl. Gutkas, Türkenjahr, 28f.<br />
48
von Künstlern, Handwerkern, Bauern und Holzhauern, die ins zerstörte Land<br />
kamen, ging Abt Klemens Schäffer an das Werk des Neuanfangs.<br />
Der seit dem 20. Mai 1671 zuständige Provisor, Pater Alberich Höffner, begann in<br />
den folgenden Jahren mit dem Wiederaufbau in <strong>Mayerling</strong>. Bereits 1685 bekam<br />
das Herrenhaus einen neuen Dachstuhl. Ein Jahr später brachte der Zimmer-<br />
meister Martin Griesler aus Wilhelmsburg die Laurentius-Kirche unter Dach. Das<br />
beschädigte Gewölbe konnte zwar aus Mangel an Arbeitskräften und Baumaterial<br />
nicht renoviert werden, aber zumindest der Kirchturm ragte wieder in den<br />
Himmel empor, und am 7. August läutete die von Mathias Glaser gegossene<br />
Glocke zum ersten Mal den Engel des Herrn. Der Maler Adrian Bloem lieferte<br />
zwei Bilder, die die Heiligste Dreifaltigkeit und Maria mit dem Jesuskind<br />
darstellten. 153<br />
1692 konnte mit der Beschaffung von 1000 Ziegeln das Kirchengewölbe hergestellt<br />
und mit Stuckarbeiten verziert werden. Nun pilgerten die Gläubigen wieder zu<br />
diesem Ort und dankten Gott für seine Hilfe in den Jahren der Not.<br />
Abt Gerhard Weichselberger (1705-1728) ließ 1712 einen neuen Turm errichten<br />
und stattete die Kirche mit einem vergoldeten Hauptaltar sowie mit zwei Seiten-<br />
altären aus. 154<br />
Am 8. Juli 1725 weihte der Passauer Bischof, Joseph Dominikus Fürst von Lam-<br />
berg, drei Altäre in <strong>Mayerling</strong>. Als Oberhirt des noch an Umfang größten Bistums<br />
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ist Joseph Dominikus von<br />
Lamberg als bedeutender Seelsorge-Bischof anzusehen. Auf einer seiner vielen<br />
Visitationsreisen durch das Bistum kam er auch nach Heiligenkreuz. Vielleicht<br />
war es das letzte Mal, daß er in der Pfarre Alland als Diözesanbischof eine Amts-<br />
handlung vornahm, denn Kaiser Karl VI. versuchte das 1722 zum Erzbistum<br />
erhobene Wien auf Kosten des Bistums Passau zu vergrößern, ein Bemühen, das<br />
nach längeren Verhandlungen schließlich zum Erfolg führte. Am 15. März 1729<br />
wurde das Viertel unter dem Wienerwald mit seinen 64 Pfarren in die Erzdiözese<br />
Wien einverleibt. 155<br />
153 Vgl. Neumann, Heiligenkreuz, 142.<br />
154 Vgl. Watzl, Alland, 139.<br />
155 Vgl. Leidl, Passau, 132f.<br />
49
Wie aus einem im Turmknopf gefundenen Pergamentzettel ersichtlich ist, ließ der<br />
am 13. September 1728 zum Abt gewählte Robert Leeb 1730 die Kirche renovieren.<br />
Weiters wird in diesem Dokument von der Errichtung eines Turmes mit einem<br />
Kreuz berichtet. Da von einer turris major die Rede ist, nimmt Dr. Albert Ilg an,<br />
daß die Laurentius-Kirche eine gewisse Zeit zwei Türme besessen haben<br />
könnte. 156<br />
Abt Robert erbaute zwei Jahre später gegenüber dem Eingang der Laurentius-<br />
Kirche eine kleine Kapelle des Heiligen Grabes, die der Form jener in Jerusalem<br />
entsprach. Den Anstoß dafür gab sicherlich seine in der Zeit vom 17. März 1719<br />
bis 3. September 1720 durchgeführte Reise ins Heilige Land. 157<br />
5. Religiöses Leben in <strong>Mayerling</strong><br />
a) Meßstiftung<br />
Welche Bedeutung hatte die Filialkirche in <strong>Mayerling</strong> für das Glaubensleben der<br />
Bewohner des Wienerwaldes im 18. und 19. Jahrhundert? Wie schon oben<br />
erwähnt, suchten die Menschen in Zeiten der Not immer wieder diese Kirche auf<br />
und erflehten den Schutz Gottes durch die Vermittlung der Pestpatrone Rochus<br />
und Sebastian. Dem hl. Laurentius, dem diese Kirche geweiht wurde, brachten die<br />
Gläubigen eine besondere Wertschätzung entgegen. Ein Seitenaltar mit dem Bild<br />
Unserer Lieben Frau zeugte davon, daß man die Muttergottes innig verehrte und<br />
sie um Hilfe anrief.<br />
Die Äbte von Heiligenkreuz stellten immer wieder die notwendigen finanziellen<br />
Mittel für die Neuerrichtung bzw. Erhaltung des Gotteshauses zur Verfügung.<br />
Was aber noch wichtiger war: Sie beauftragten kontinuierlich einen ihrer Patres<br />
als Provisor, der sich um die Gläubigen kümmerte.<br />
Die Laurentius-Kirche in <strong>Mayerling</strong> war zwar ein eher bescheidener, aber vom<br />
Volk sehr geschätzter Ort des Gebetes. Seit 1730 feierte der Provisor an allen<br />
Sonntagen die hl. Messe, ferner an den Festen der hll. Sebastian (20. Januar),<br />
156 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 170f.<br />
157 Vgl. Watzl, Cistercienser, 152f.<br />
50
Laurentius (10. August) und Rochus (16. August) sowie am Kirchweihfest (9. Juli)<br />
und an den Quatembertagen im März, Mai, Oktober und Dezember. 158<br />
Nicht nur um das irdische Leben machten sich die Leute Gedanken, sondern auch<br />
um das Leben danach. So ließen sie für das eigene Seelenheil und das ihrer<br />
verstorbenen Verwandten hl. Messen zu gewünschten Zeiten lesen.<br />
Am 1. November 1738 stifteten Nikolaus Kronister, Lederer-Meister in Wien, und<br />
seine Ehefrau Rosina für den Hauptaltar der Filialkirche in <strong>Mayerling</strong> zur<br />
öffentlichen Verehrung ein Muttergottesbild in einem schwarzgebeizten Rahmen<br />
mit vergoldeten Leisten. Zur würdigen Feier der Gottesdienste übergaben sie<br />
einen vergoldeten silbernen Kelch mit Patene sowie Priester- und Kirchenornat.<br />
Zudem vermachten sie ein Stiftungskapital von 400 fl. für 13 hl. Messen. Das<br />
Kapital wurde am 1. Juli 1738 im Wiener Oberkammeramt gegen jährlich fünf<br />
Prozent angelegt. Die 20 Gulden erhielt das Kloster Heiligenkreuz, das auch dafür<br />
zu sorgen hatte, daß ein Ordensgeistlicher die hl. Messen in der Intention der<br />
Stifter persolvierte. 159 Die Meßfeier sollte in der Zeit von Georgi bis Michaeli um<br />
7 Uhr und von Michaeli bis Georgi erst um 8 Uhr gehalten werden. 160<br />
Abt Alberik Fritz (1755-1787) bestätigte am 30. Juli 1768 die von seinem Vorgänger<br />
angenommene Meßstiftung und erklärte sich bereit, sie nach dem Willen des<br />
Stifters zu erfüllen. 161<br />
Mit Erlaß des fürsterzbischöflichen Ordinariates Wien vom 5. Dezember 1899<br />
wurde die Kronister-Stiftung auf sieben Messen reduziert und bestimmt, daß<br />
dieselbe in der Stiftskirche zu Heiligenkreuz gefeiert werden solle. 162<br />
b) Prozessionen<br />
Die Volksfrömmigkeit zeigte sich in dieser Zeit besonders in Andachten, Prozes-<br />
158 Vgl. Watzl, Alland, 140.<br />
159 Folgende Tage waren dafür bestimmt: Weihnachtstag, Oster- und Pfingstdienstag, Dreifaltigkeitssonntag,<br />
Mariä Lichtmeß, Mariä Verkündigung, Mariä Heimsuchung, Mariä Himmelfahrt,<br />
Mariä Geburt, Mariä Opferung sowie an den Festen Johannes des Evangelisten, Nikolaus und<br />
Rosina. Vgl. Kopie des Stiftsbriefes NÖ Landesarchiv Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung Karton<br />
61, Nr. 39/533/186.<br />
160 Vgl. Meßstiftungsurkunde, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11.<br />
161 Vgl. Kopie des Stiftsbriefes NÖ Landesarchiv Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung Karton 61,<br />
Nr. 39/533/188.<br />
162 Vgl. Meßstiftungsurkunde, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11.<br />
51
sionen und Wallfahrten, die gleichsam der sichtbare Ausdruck für das bewegte<br />
Innenleben einer Pfarrgemeinde waren.<br />
In der Pfarre Alland gab es im 18. Jahrhundert zahlreiche solcher Aktivitäten. So<br />
unternahm man zu den einzelnen Filialkirchen sogenannte Kirchtagsprozessionen<br />
und feierte dort einen feierlichen Gottesdienst. Die Prozessionen zur Laurentius-<br />
Kirche nach <strong>Mayerling</strong> fanden am Sonntag nach dem 2. Juli, am Tag der Kirch-<br />
weihe und am 10. August, dem Fest des Kirchenpatrons Laurentius satt. Am<br />
17. August machten die Holzhauer aus Klausenleopoldsdorf eine Votivprozession<br />
zu Ehren des hl. Rochus.<br />
Die St. Jakob-Kirche in Raisenmarkt wurde am Fest der Apostel Philippus und<br />
Jakobus (1. Mai), am Festtag des Kirchenpatrons Jakobus (25. Juli) und an St. Kathrein<br />
besucht.<br />
Auch nach Schwarzensee ging jährlich an bestimmten Tagen eine Gruppe, um<br />
dort zu beten, die Predigt zu hören und ein hl. Amt mitzufeiern.<br />
Ebenso unternahmen die Allander Pfarrkinder Wallfahrten in benachbarte Pfarren.<br />
Darunter waren Heiligenkreuz, Kleinmariazell, St. Pankraz, Altenmarkt, Hafner-<br />
berg, Dornau und Pottenstein. Mehrtägige Wallfahrten führten nach Mariazell<br />
und Gutenstein. Die insgesamt 23 Wallfahrten und Prozessionen lassen auf eine<br />
große Beliebtheit unter der Bevölkerung schließen. 163<br />
c) Geistliche Berufungen<br />
Ein gutes Vorbild kann mehr bewirken als eine gute Predigt. Dieser Satz gilt<br />
besonders für alle Bemühungen um einen guten Ordensnachwuchs. Damals wie<br />
heute stammten zahlreiche Patres aus den vom Stift betreuten Pfarren. Die jungen<br />
Burschen sahen die Zisterzienser, wie sie als gute Winzer im Weinberg Gottes<br />
arbeiteten und wollten ihnen nachfolgen. Auch aus dem kleinen Ort <strong>Mayerling</strong> 164<br />
gingen im Laufe der Zeit zwei Priesterberufe hervor: Ambros Schöny und Robert<br />
Lintner, die beide in Heiligenkreuz eintraten.<br />
163 Vgl. Watzl, Alland, 104ff.<br />
164 Häuser- und Einwohnerzahlen: (1795) 10 Häuser; (1822) 10 Häuser; (1831) 12 Häuser, 115<br />
Einw.; (1853) 116 Einw.; (1870) 13 Häuser, 108 Einw.; (1880) 14 Häuser, 104 Einw.; (1890) 14<br />
Häuser, 114 Einw.; (1900) 14 Häuser, 136 Einw. Vgl. TopNÖ, 333; Schnürer, Topographie, 426.<br />
52
Ambros Schöny war zunächst Kooperator in St. Gotthard (1810-1813) und in<br />
Heiligenkreuz (1813-1816), dann Pfarrverweser in Steinbruch (1816-1817) und in<br />
St. Gotthard (1817-1825), bis er schließlich – ins Stift zurückberufen – mit der<br />
Aufgabe als Frühprediger betraut wurde (1825-1840). Bei einem Spaziergang auf<br />
den Bodenberg am 7. November 1846 erlitt er einen tödlichen Schlaganfall. Er war<br />
als außerordentlicher Prediger geschätzt und war ein großer Förderer der musi-<br />
schen Künste. 165<br />
Der zweite <strong>Mayerling</strong>er, der seinen Weg in das Stift Heiligenkreuz fand, war der<br />
am 16. Februar 1823 geborene Robert Lintner. Er wirkte zunächst als Kooperator<br />
in Niedersulz (1847-1850), war dann Frühprediger und Sakristan im Stift und wur-<br />
de anschließend Pfarrverweser in Mönchhof. Vom 1. Oktober 1855 bis 1. August<br />
1860 unterrichtete er als Professor am Gymnasium in Wiener Neustadt und<br />
übernahm dann für 5 Jahre das Amt des Pfarrverwesers in Pfaffstätten. Bis zu<br />
seinem Tod am 17. November 1868 versah er die Aufgabe des Konviktpräfekten. 166<br />
d) Die Seelsorger der Laurentius-Kirche<br />
Den Gottesdienst und die Leitung der 1654 von P. Franz Eiserer gegründeten<br />
Rochus und Sebastian-Bruderschaft übernahmen die vom jeweiligen Abt bestell-<br />
ten Provisoren. 167 Diese übten zugleich das Amt des Priors oder Kämmerers im<br />
Stift aus.<br />
Es waren dies:<br />
P. Edmund Flöhel 6.01.1640 – 8.01.1646 Provisor<br />
P. Johannes Baptist Jurmann 8.01.1646 – 28.04.1658 Provisor<br />
P. Franz Eiserer 28.04.1658 – 5.08.1658 Provisor<br />
P. Leopold Fidelis 5.08.1658 – 31.12.1659 Provisor<br />
P. Caspar Asam 1.01.1660 – 31.03.1671 Provisor<br />
165 Ambros Schöny wurde am 18. Januar 1785 in <strong>Mayerling</strong> geboren. Die Einkleidung fand am<br />
22. Oktober 1804 statt, und nachdem er am 1. November 1807 die Profeß abgelegte hatte, erhielt<br />
er Ende 1808 die Priesterweihe. Vgl. Watzl, Cistercienser, 214f.<br />
166 Robert Lintner wurde am 17. September 1841 eingekleidet, legte am 9. November 1845 die<br />
Profeß ab und feierte am 2. August 1846 seine Primiz. Vgl. Watzl, Cistercienser, 234.<br />
167 Die Daten für die Liste der Seelsorger stammen aus dem Werk „Die Cistercienser von Heiligenkreuz“<br />
von P. Florian Watzl.<br />
53
P. Bernhard Piller 31.03.1671 – 20.05.1671 Provisor<br />
P. Alberik Höffner 20.05.1671 – 3.01.1693 Provisor<br />
P. Marian Schirmer 3.01.1693 – 5.10.1696 Provisor<br />
P. Rainard Ruetz 5.10.1696 – 16.11.1703 Provisor<br />
P. Benedikt Üblein 16.11.1703 – 5.10.1709 Provisor<br />
P. Wolfgang Auinger 5.10.1709 – 8.02.1713 Provisor<br />
P. Laurenz Döltl 8.02.1713 – 28.01.1715 Provisor<br />
P. Raimund Vitali 8.03.1713 – 5.02.1715 Tempv.<br />
P. Felix Zitteräll 28.01.1715 – 30.05.1718 Provisor<br />
P. Petrus Nicolai 22.02.1715 – 18.06.1718 Tempv.<br />
P. Augustin Wiss 1774 – 1775 Benefiziat<br />
P. Paulus Köck 1775 – 1776 Benefiziat<br />
e) Die Zeit der Aufklärung<br />
Einen merklichen Eingriff in das Leben der Kirche in Österreich brachte die<br />
josephinische Kirchenreform. Bereits unter Kaiserin Maria Theresia begann die<br />
staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten. Ihr Sohn Joseph II. führte<br />
diese Politik der tiefgreifenden Veränderungen im Kirchenwesen fort. Eines seiner<br />
Hauptanliegen, das in besonderer Weise auch das Stift Heiligenkreuz betraf, war<br />
die Verbesserung der Pfarrseelsorge und die Verringerung der Klöster. 168 Dabei<br />
fielen die Tochterklöster Baumgartenberg, Goldenkron und Neuberg dem jose-<br />
phinischen Klostersturm zum Opfer. 169 Selbst Heiligenkreuz rechnete mit der<br />
Aufhebung, die aber glücklicherweise doch nicht erfolgte. Das Stift war nämlich<br />
als einziges Kloster in dieser einsamen Waldgegend fähig, im Notfall seine<br />
Mitglieder zur Aushilfe in die umliegenden Weltpriesterpfarren zu senden.<br />
So erhielt zwar Heiligenkreuz nicht den Todesstoß durch eine Aufhebung,<br />
wodurch die Mitglieder heimatlos geworden wären, aber durch das 10-jährige<br />
Aufnahmeverbot für Novizen wurde die Klostergemeinschaft fast um die Hälfte<br />
168 Vgl. Schragl, Geschichte, 99.<br />
169 Vgl. Pexa, Orden, 58.<br />
54
verringert. Innerhalb dieser Sperrfrist sank die Zahl der Mitglieder von 80 im<br />
Jahre 1780 auf 48 im Jahre 1790. 170<br />
Mit Dekret vom 9. August 1783 war es zur Aufhebung aller religiösen Vereinigun-<br />
gen gekommen und zum Einzug ihres gesamten Vermögens. Damit war auch die<br />
im Jahre 1654 in <strong>Mayerling</strong> gegründete Rochus und Sebastian-Bruderschaft am<br />
Ende. 171 In der gesamten Erzdiözese fielen damals über 200 Bruderschaften dieser<br />
Verordnung zum Opfer. 172<br />
Im selben Jahr erfolgte eine Neuorganisation der Pfarreinteilung. Zu den 13 bisher<br />
vom Stift aus seelsorglich betreuten Pfarren kamen noch 5 hinzu. Dabei wurde<br />
Raisenmarkt von der Pfarre Alland abgetrennt und zusammen mit Schwarzensee<br />
selbständig. 173 Der Grund für diese Errichtung lag wohl an dem Umstand, daß der<br />
Weg zur Pfarrkirche über eine Stunde betrug und dies den Pfarrkindern nicht<br />
mehr zugemutet werden konnte.<br />
Der Geist des Josephinismus hatte im Leben des Klosters Heiligenkreuz seine<br />
Spuren hinterlassen, und davon war auch die Laurentius-Kirche nicht ausgenom-<br />
men. Die Auflösung der Bruderschaft schwächte ihr Gefüge. Das Äußere unterlag<br />
den Einflüssen der Witterung. Dies alles veranlaßte den Abt Xaver Seidemann<br />
(1824–1841), die Kirche 1825 neu herzurichten. 174<br />
55 Jahre später wurde das Gotteshaus durch Abt Heinrich Grünbeck (1879–1902)<br />
abermals umfassend restauriert (1880–81). 175 Zu dieser Zeit ahnte wohl niemand,<br />
daß es das letzte fürsorgliche Werk der Zisterzienser aus Heiligenkreuz für diese<br />
Kirche sein sollte.<br />
170 Vgl. Watzl, Stift, 27f.<br />
171 Vgl. Koll, Heiligenkreuz, 162.<br />
172 Vgl. Loidl, Wien, 183.<br />
173 Vgl. KirchTop, 269.<br />
174 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 171.<br />
175 Die am 3. Mai 1851 geweihten Glocken wurden abgenommen, und nachdem der Zimmermeister<br />
Karl Schwaiger den Turm neu eindeckte, wieder aufgezogen. Die Kapelle erhielt ein<br />
neues Dach, und eine Turmverschalung wurde angebracht. Der Spenglermeister Franz Karl<br />
Hofer reparierte das Turmkreuz; für die Maurerarbeiten war der Maurermeister Alexander<br />
Sandolik zuständig. Die Renovierungskosten beliefen sich auf insgesamt 3322 fl. 49 kr. Vgl.<br />
Rechnungen der Restaurierung 1880/81, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 8.<br />
55
1. Das Jagdschloß<br />
a) Ein Ort der Erholung<br />
IV. KRONPRINZ RUDOLF<br />
Nicht nur in unserer Zeit flüchten die Menschen aus dem hektischen Treiben der<br />
Städte hinaus in die unberührte Natur, sondern bereits in früheren Jahrhunderten<br />
wußten dies die Menschen zu schätzen. Ein erster Hinweis auf einen Erholungs-<br />
suchenden in <strong>Mayerling</strong> ist die Überlieferung aus dem Jahre 1640, nach der ein in<br />
Wien beschäftigter italienischer Handelsmann namens Tonolino hier Genesung<br />
gefunden hat. Zum Dank dafür ließ er ein Steinrelief mit der Darstellung der<br />
armen Seelen im Fegefeuer in der Laurentius-Kirche anbringen. 176<br />
In der Zeit der Romantik, um 1800, wurde der Wienerwald als Ausflugsziel ent-<br />
deckt. Kaiser Franz I. und sein Staatskanzler Metternich verbrachten den Sommer<br />
regelmäßig in der Kurstadt Baden. Dichter, Maler und Komponisten ließen sich<br />
von den sanftgewölbten Waldkuppen inspirieren und gestalteten danach ihre<br />
Kunstwerke.<br />
Ein oftmaliger Besucher von <strong>Mayerling</strong> war in seinen jüngeren Jahren der<br />
bekannte Liederkomponist Hugo Wolf. In einem kleinen Landhaus oberhalb des<br />
Ortes komponierte er nach einem Möricke-Text das Mausefallensprüchlein und<br />
das D-moll-Quartett. 177<br />
b) Kauf und Umbau zu einem Jagdschloß<br />
Zu allen Zeiten war der Wienerwald ein bevorzugtes Jagdgebiet. Zuerst den<br />
Babenbergern und dann besonders den Habsburgern war damit ein Revier<br />
gegeben, das unmittelbar vor den Toren ihrer Residenzstadt lag. Damit sie dieses<br />
Gebiet ausgiebig nutzen konnten, war der Wald mit seinem Wildbestand einem<br />
176 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 172.<br />
177 Vgl. Werner, Wolf, 19ff.<br />
56
esonderen Schutz unterstellt. Schon der Babenberger Landesfürst Leopold V.<br />
(1177-1194) legte großen Wert auf den ungestörten Aufenthalt der Tiere. 178<br />
Auch Kronprinz Rudolf, 179 der ein leidenschaftlicher Weidmann war, suchte gerne<br />
diese Gegend auf und schrieb sogar einen Aufsatz mit dem Titel „Der Wiener-<br />
wald“. Darin hob er hervor, daß der Wienerwald in botanischer, landschaftlicher<br />
und auch in historischer Sicht zu den interessantesten Landstrichen Niederöster-<br />
reichs zählt. Als begeisterter Naturforscher mußte er jedoch feststellen, daß<br />
verschiedene Tierarten im Laufe der Zeit aus den Wäldern verschwunden waren.<br />
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die letzten Bären und Luchse erlegt, und<br />
auch die Wildkatze mußte den Platz räumen. Nur selten tauchte in besonders<br />
strengen Wintern ein versprengter Wolf aus Ungarn auf. Dachs, Fuchs, Fischotter,<br />
Edelmarder und die gewöhnlichen kleinen Raubtiere waren in reichlicher Zahl<br />
vorhanden. Vom Nutzwild waren es Hochwild und Rehe, die noch im ganzen<br />
Gebiet, an manchen Stellen in recht bedeutender Menge, vorkamen. Mehrmals<br />
wurden in der Umgebung von Baden und Alland Gemsen erlegt, die vom nahen<br />
Schneeberg in die Vorgebirgslandschaft herabkamen. 180<br />
Zu den schönsten Gegenden des ganzen Gebietes zählte für Rudolf wohl der<br />
Lammerauer Forstbezirk. Dort ging er unter anderem am 19. Januar 1886 mit<br />
seinem Vater auf Hochwildjagd. Der die Jagd leitende Forstmeister Hornsteiner<br />
führte die erlauchte Jagdgesellschaft zu ihren Ständen. Anwesend waren auch<br />
Prinz Philipp von Coburg und Flügeladjutant Freiherr von Fliesser. Der leiden-<br />
schaftliche und treffsichere Jäger Kaiser Franz Joseph I. brachte damals drei<br />
Hirsche zur Strecke. 181<br />
Mit den Einheimischen wechselte Kronprinz Rudolf immer wieder ein paar Worte<br />
und war sonst recht leutselig. In dem einfachen Forsthaus in Alland richtete er<br />
178 Dies wird z. B. ersichtlich aus einigen Urkunden von 1177 und 1188, in denen Leopold dem<br />
Kloster Heiligenkreuz weitere Waldgebiete schenkte und die Mönche ausdrücklich darauf<br />
hinwies, zum Schutz des Wildes Waldrodungen zu unterlassen und keine Viehhürden und<br />
Waldbienenstöcke mehr aufzustellen. Vgl. BUB I, Nr. 51 und Nr. 73.<br />
179 Erzherzog Rudolf, Kronprinz von Österreich-Ungarn, war der einzige Sohn Kaiser Franz<br />
Josephs I. und seiner Gemahlin Kaiserin Elisabeth. Rudolf wurde am 21. August 1858 auf<br />
Schloß Laxenburg geboren.<br />
180 Vgl. Hamann, Kronprinz, 340ff.<br />
181 Vgl. Püchel, Kronprinz, 108ff.<br />
57
sich eine bescheidene Unterkunft ein, und seine Jagdgäste wurden im Gasthof<br />
„Zum Löwen“ untergebracht. 182<br />
Mitte der 80er Jahre des 19. Jh. bestand <strong>Mayerling</strong> aus 14 Häusern. Schon von<br />
weitem sichtbar erhob sich rechts oberhalb der Straße Baden-Alland die Lauren-<br />
tius-Kirche. Etwas unterhalb befand sich das langgestreckte, einstöckige Gasthaus<br />
Eipeldauer mit Gastgarten. Parallel dazu stand das ebenfalls einstöckige Haus des<br />
Heiligenkreuzer Stiftsförsters Knapp mit eingerichteten Fremdenzimmern. Nach<br />
Osten bildeten einige kleine Gebäude mit den Dienstwohnungen für das Gesinde<br />
den Abschluß der im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz befindlichen Objekte. 183<br />
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag ein kleines ebenerdiges Gasthaus, in<br />
dem die Fuhrleute einkehrten und das heute den Namen „Zum alten Jagdschloß“<br />
trägt. 184 Wenige Meter nach der Abzweigung in Richtung Maria Raisenmarkt<br />
befand sich ein großer Gutsbesitz mit einer Villa nebst Gesindehaus und einem<br />
viereckigen Wirtschaftshof (<strong>Mayerling</strong>er Hof), den der aus Wien stammende<br />
Michael Fischer 1880 erwarb. Er modernisierte und vergrößerte dieses stark abge-<br />
wirtschaftete Gut. Es blieb jedoch nicht lange in seinem Besitz, denn Fischer verlor<br />
bei Börsenspekulationen sein Geld und verkaufte daher 1884 den <strong>Mayerling</strong>er Hof<br />
an den Grafen Reinhard von Leinigen-Westerburg. 185<br />
Um bei den Jagdausflügen in der Gegend um Alland für sich und seine Gäste ein<br />
eigenes Quartier beziehen zu können, bemühte sich Kronprinz Rudolf, einige<br />
Gebäude in <strong>Mayerling</strong> zu erwerben und diese in ein Jagdschloß umzugestalten.<br />
Bereits 1886 erwarb Rudolf vom Grafen Leinigen den <strong>Mayerling</strong>er Hof. Außerdem<br />
tauschte er im Oktober 1886 die im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz befindlichen<br />
Gebäude neben der Laurentius-Kirche mit zwei Häusern in <strong>Mayerling</strong>. 186 Nur<br />
182 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 122.<br />
183 Vgl. Holler, Tragödie, 118.<br />
184 Damals war ein gewisser Gottwald und später ein Herr Gratzer Besitzer dieses Gasthauses.<br />
185 Michael Fischer, der 1873 an der Börse sehr viel Geld verlor, erwarb von seinem noch<br />
verbliebenen Vermögen den <strong>Mayerling</strong>er Hof. Zu den bereits im Stall stehenden 44 Milchkühen<br />
kaufte er noch einen schottischen Zuchtstier, einen Zuchteber auch Yorkshire sowie<br />
Pferde und Ochsen und baute eine Geflügelfarm auf. Für diesen großen Viehbestand mußte er<br />
noch weitere Wiesen erwerben, so daß sein Besitz sich nach Südwesten bis zum Neißelstein<br />
erstreckte. Als er sich wieder nach oben gearbeitet hatte, verlor er abermals sein Geld an der<br />
Börse und mußte den Gutshof verkaufen. Verarmt zog er mit seiner Familie in ein altes Palais<br />
im Dreherpark in Wien-Meidling. Vgl. Holler, <strong>Mayerling</strong>, 100.<br />
186 Für das Forsthaus, das Gasthaus, das Zinshaus und die Gartenkellerei samt Grundstücken im<br />
Gesamtausmaß von 7 Joch 1433 Klafter erhielt das Stift Heiligenkreuz von Kronprinz Rudolf<br />
58
schweren Herzens stimmten die Patres von Heiligenkreuz diesem Wunsch des<br />
Kronprinzen zu, da sie ihm aus Rücksicht gegenüber dem Kaiserhaus keine<br />
Absage erteilen wollten.<br />
Laurentius-Kirche mit Jagdschloß<br />
Rudolf war nun im Besitz eines stattlichen Gutes. Weil jedoch das Anwesen von<br />
der Verkehrsverbindung Baden-Alland durchschnitten wurde, verlegte die Nieder-<br />
österreichische Landesregierung auf Ansuchen des Thronfolgers die Straße und<br />
führte sie in einem Bogen südlich um den <strong>Mayerling</strong>er Hof herum.<br />
Im Laufe des Jahres 1887 ließ der Kronprinz größere bauliche Veränderungen<br />
durchführen. Die gesamte Anlage des Besitzes gliederte sich in einen oberen und<br />
einen unteren Teil. Der obere Teil bestand aus dem eigentlichen Jagdschloß, das<br />
hufeisenförmig angelegt war. Hier bildete das ehemalige Gasthaus Eipeldauer den<br />
Haupttrakt, in welchem die Privaträume des Kronprinzenpaares eingerichtet<br />
wurden. Nach Osten zu erstreckte sich ein ebenerdiger Dienertrakt, in den das<br />
Osttor integriert war. Für die kleine Erzherzogin Elisabeth wurde das frühere<br />
Forsthaus, das parallel zum Schloß stand, eingerichtet. Bis auf den heutigen Tag<br />
wird dieses Gebäude „Elisabethtrakt“ genannt. Den Abschluß bildete ein kleines<br />
Küchengebäude. Der Schloßhof war in einen Garten französischen Stils mit einem<br />
Springbrunnen umgestaltet worden. Unterhalb des Schlosses erstreckte sich ein<br />
die Häuser Nr. 1 und Nr. 2 in <strong>Mayerling</strong> samt Grundstücken im Gesamtausmaß von 38 Joch<br />
301 Klafter. Der Preis der dem Kronprinz übergebenen Realitäten wurde mit 40.000 fl. und<br />
jener der vom Stift übernommenen Realitäten mit 15.000 fl. beiderseits vereinbart. Die dadurch<br />
entstandene Preisdifferenz von 25.000 fl. wurde dem Kloster bar ausbezahlt. Vgl. NÖ Landesarchiv,<br />
C Fasc. 6 Zl 56809/1886 und C Fasc. 4 Zl 3218/1887.<br />
59
zweiter Garten mit einer überdachten Kegelbahn, die auch als Schießstand diente.<br />
Der gesamte Komplex war von einer Mauer umgeben, wobei man in den Innenhof<br />
des Jagdschlosses entweder durch das Haupttor im Osten oder durch das Süd-<br />
bzw. Nordtor gelangte.<br />
Gesamtansicht des Jagdschlosses <strong>Mayerling</strong> zur Zeit der Tragödie.<br />
Im unteren Teil des kronprinzlichen Besitzes wurde ein Telegrafenamt im Parterre<br />
der ehemaligen „Leinigen-Villa“, die nun „Coburger-Schlößchen“ hieß, unterge-<br />
bracht. Ebenso befand sich dort eine kleine Wohnung für die Hofdame der Kron-<br />
prinzessin Stephanie. Im ersten Stock lagen die Räume für die Familie des Prinzen<br />
60
von Coburg. Im <strong>Mayerling</strong>er Hof waren Fremdenzimmer für Gäste eingerichtet,<br />
und der Schloßwart Zwerger sowie die Leibjäger und der Gärtner hatten dort ihre<br />
Wohnungen. Außerdem ließ Rudolf einen „Luxusstall“ für Pferde bauen. 187<br />
Lageplan des Jagdschlosses im Jahre 1889. Rekonstruktion: Fritz Judtmann.<br />
Bereits am 19. und 20. November 1887 konnte das kronprinzliche Jagdschloß<br />
eingeweiht werden. Als Gäste waren das Kaiserpaar, das Ehepaar Coburg und<br />
einige Jagdfreunde Rudolfs geladen. 188<br />
In der Zeit vom Einweihungstag bis zum 30. Januar 1889 fanden von <strong>Mayerling</strong><br />
aus nur zehn Jagden satt. Auch entspricht es nicht der Tatsache, daß sich Rudolf<br />
mit seiner Familie hier öfters aufgehalten hätte. Im Laufe der 16 Monate kam seine<br />
Gemahlin Stephanie nur zweimal in diesen Wienerwaldort, und die dreijährige<br />
Tochter Elisabeth weilte hier aus Gesundheitsgründen, jedoch ohne ihre Eltern,<br />
vom 1. bis 17. Juni 1888. Dagegen lud der Kronprinz öfters den Grafen Josef Hoyos<br />
187 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 124f.<br />
188 Die Jagdfreunde waren: Graf Potocki, Baron Kemenyi, Baron Bornemisza, Graf Bombelles und<br />
Major Graf Rosenberg. Die Tafelmusik besorgte die Zigeunerkapelle Pongracz aus Klausenburg,<br />
und das Udel-Quartett trug nach dem Diner schöne Lieder vor. Vgl. Mitis, Rudolf, 392.<br />
61
und fast jedesmal seinen Schwager, den Prinzen Philipp von Coburg, zu seinen<br />
Jagdausflügen ein. Der Umgangston war eher leger, das steife Hofzeremoniell fiel<br />
weg und man ging im steirischen Lodenrock und in Kniebundhose. Die Zimmer<br />
waren schlicht und einfach eingerichtet. Anstatt der Lakaien besorgten orts-<br />
ansässige Frauen die Bedienung und das Aufräumen. 189<br />
Scheinbar unberührt von diesen besitzlichen und baulichen Veränderungen blieb<br />
die Laurentius-Kirche. Sie war weiterhin Eigentum des Stiftes Heiligenkreuz. Ob<br />
und wie sich die neuen Besitzverhältnisse auf den Kirchenbesuch auswirkten,<br />
kann nicht mehr nachvollzogen werden. Jedenfalls standen die um die Kirche<br />
gruppierten Gebäude den Patres und Wallfahrern nicht mehr zur Verfügung.<br />
2. Die Tragödie<br />
a) Die letzte Fahrt nach <strong>Mayerling</strong><br />
Die Männer in der Umgebung des Kronprinzen, besonders sein kaiserlicher Vater,<br />
pflegten die Jagd als eine ihrer liebsten Vergnügungen. Von frühester Kindheit an<br />
wurde Rudolf auf diesem Gebiet unterwiesen und systematisch gefördert. Je mehr<br />
Wild er erlegte, um so mehr Lob erntete er von seinem Vater. Bereits mit acht<br />
Jahren erlegte er seinen ersten Hirsch. Für den kleinen Kronprinzen erschlossen<br />
sich immer reizvollere Jagdmöglichkeiten. War es zuerst der Schönbrunner<br />
Schloßpark und der wildreiche Tiergarten zu Lainz, so folgten bald die Hoch-<br />
gebirgsjagden im Salzkammergut, in den steirischen und niederösterreichischen<br />
Voralpen.<br />
Die frühe Selbständigkeit des Thronfolgers, der Wildreichtum des kaiserlichen<br />
Besitzes sowie die zahlreichen Jagdeinladungen in die weitläufigen Reviere des<br />
Hochadels führten in den folgenden Jahren zu einer vermehrten Aktivität auf<br />
diesem Gebiet. Sein Jagdprogramm wurde immer dichter. Wie aus seinem Tage-<br />
buch hervorgeht, verbrachte Rudolf von den 365 Tagen des Jahres 1885 mehr als<br />
189 Weitere Gäste, die Kronprinz Rudolf im Laufe der Zeit nach <strong>Mayerling</strong> einlud: Erzherzog Otto,<br />
Erzherzog Ludwig Viktor, Prinzessin Louise von Coburg, Sektionschef Szögyeny-Marich,<br />
Dr. Auchenthaler, Graf Bombelles und Tiermaler Pausinger. Vgl. Holler, <strong>Mayerling</strong>, 106.<br />
62
200 Tage im Revier. 190 Die Zeit war anscheinend vorbei, in der er sich nach seiner<br />
Frau Stephanie und seiner Tochter Elisabeth sehnte. Die Behauptung, daß die<br />
Jagdleidenschaft des Kronprinzen in den letzten Jahren seines Lebens wieder<br />
wesentlich abgenommen habe, trifft tatsächlich zu. 191<br />
In den ersten Wochen des Jahres 1889 jagte Rudolf noch in den Donauauen, im<br />
Hütteldorfer Tiergartenrevier und gemeinsam mit seinem Vater in Mürzsteg. 192<br />
Die Jagd im kaiserlichen Tiergarten im Revier Hütteldorf am 23. Januar sollte<br />
dann schließlich für den Kronprinzen die letzte sein. 193<br />
Bereits Tage zuvor hatte Rudolf bei der Jagd in Orth an der Donau am 20. und 21.<br />
Januar seinen Jagdfreund Graf Josef Hoyos zu einer Jagd nach <strong>Mayerling</strong> einge-<br />
laden; den genauen Termin wollte er aufgrund seiner vielfältigen Arbeit aber erst<br />
später festlegen. 194<br />
Am Samstagnachmittag, dem 26. Januar, teilte Rudolf seinem Leibjäger Püchel<br />
dann mit, daß er am kommenden Dienstag nach <strong>Mayerling</strong> fahren wolle, um dort<br />
auf Hochwildjagd zu gehen. Püchel erhielt den Auftrag, bereits am Montag-<br />
vormittag nach Alland zu fahren und sich mit dem Forstmeister Hornsteiner in<br />
Verbindung zu setzten. Außerdem sollte er den Wirtschaftsinspektor informieren,<br />
daß dieser eine Wirtschaftsabteilung zur Fahrt nach <strong>Mayerling</strong> bereitstelle. 195<br />
Ferner ließ Rudolf dem Grafen Hoyos durch seinen kaiserlichen Hofleibjäger<br />
Wodiczka mitteilen, er möge sich für den 29. und 30. Januar zur Fahrt und Jagd<br />
nach <strong>Mayerling</strong> bereit halten. 196<br />
Anläßlich des Geburtstags von Kaiser Wilhelm II. fand in der deutschen Botschaft<br />
in Wien am Sonntagabend ein großer Empfang statt, bei dem Kaiser Franz Joseph,<br />
das Kronprinzenpaar und sämtliche Diplomaten erschienen. Es war der letzte<br />
Auftritt des Kronprinzen in der Öffentlichkeit. Hierbei beauftragte der Kronprinz<br />
190 Vgl. Mitis, Rudolf, 63.<br />
191 Im Jagdjahr 1888 gingen sowohl die Tagesstrecken als auch die Gesamtstrecke merklich<br />
zurück. Das Oberst-Jägermeisteramt meldete für diesen Zeitraum lediglich einen Abschuß von<br />
über 1.180 Stück Wild durch den Kronprinzen in seinen Revieren. Vgl. Tomiczek, Kronprinz,<br />
71f.<br />
192 Vgl. Bourgoing, Kaiser, 147.<br />
193 Dabei erlegte er fünf Stück Edelwild und zwei Edelmarder. Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 39.<br />
194 Vgl. Mitis, Rudolf, 341.<br />
195 Vgl. Püchel, Kronprinz, 149.<br />
196 Vgl. Haman, Rudolf, 446.<br />
63
den Grafen Hoyos, er möge sich mit Prinz Philipp von Coburg wegen der bevor-<br />
stehenden Jagd in <strong>Mayerling</strong> in Verbindung setzen. 197<br />
Am nächsten Tag arbeitete der Kronprinz wie gewohnt an seinem Schreibtisch in<br />
der Hofburg und empfing den Oberstleutnant Albert Mayer, um mit ihm militäri-<br />
sche Dienststücke zu bearbeiten. Auch die befreundeten Journalisten Moriz Szeps<br />
und Berthold Frischauer waren an diesem Vormittag beim Kronprinzen und<br />
legten die Resultate der französischen Wahlen vor, aus denen General Georges<br />
Boulanger siegreich hervorgegangen war. Außerdem stattete Alexander von<br />
Battenberg Rudolf einen Besuch ab. 198<br />
Als der Oberstleutnant nach 10 Uhr vormittags das Arbeitszimmer verlassen<br />
hatte, teilte Rudolf seinem Leibjäger Püchel mit, daß er in der vergangenen Nacht<br />
sein Programm bezüglich <strong>Mayerling</strong> geändert habe und heute schon hinaus fahre.<br />
Loschek, Vodicka und das Wirtschaftspersonal seien bereits dorthin unterwegs,<br />
und sein Wagen würde für 12 Uhr mittags bereitstehen. Bis dahin erwarte er<br />
jedoch noch einen dringenden Brief und ein Telegramm. Um 11 Uhr überbrachte<br />
Loscheck den angekündigten Brief und innerhalb der folgenden halben Stunde<br />
das mittlerweile eingetroffene Telegramm. Über die Verfasser und den Inhalt<br />
dieser beiden Schriftstücke ist nie etwas bekannt geworden. 199<br />
Ein weiterer Besuch, der jedoch für die Umgebung des Kronprinzen unbemerkt<br />
bleiben sollte, wurde von ihm erwartet. Nach Rudolfs Anweisungen brachte seine<br />
Cousine, Gräfin Marie Larisch, an diesem Vormittag die Baronesse Mary Vetsera<br />
in die Hofburg. 200 Dieses 17-jährige Mädchen kam schon seit November letzten<br />
Jahres zum wiederholten Male auf einem inoffiziellen Weg in das Appartement<br />
des Kronprinzen. Als die beiden Frauen dort ankamen, wünschte Rudolf die<br />
Baronesse allein zu sprechen und ging mit ihr in ein Nebenzimmer. Die Gräfin<br />
sollte jedoch ihre Freundin nicht wiedersehen. Denn diese eilte in der Zwischen-<br />
zeit auf demselben Weg zurück und stieg in den schon bereitstehenden Wagen<br />
des Leibfiakers Bratfisch, der sie zum Treffpunkt „Roter Stadl“, einem Ausflugs-<br />
197 Vgl. Mitis, Rudolf, 341f.<br />
198 Vgl. Holler, Tragödie, 152.<br />
199 Vgl. Püchl, Kronprinz, 150.<br />
200 Vgl. Wallersee, Vergangenheit, 190f.<br />
64
lokal im Wienerwald, brachte. Dort wartete sie auf den in Kürze nachkommenden<br />
Kronprinzen. 201<br />
Kurz vor Mittag war in der Hofburg der Kutschierwagen vorgefahren. Püchel<br />
meldete dies dem Kronprinzen, der gerade ins Vorzimmer heraustrat. Während<br />
beide die Säulenstiege zum Wagen hinabgingen, äußerte Rudolf seine Freude,<br />
endlich wieder Wald und hoffentlich auch Wild zu sehen. Unten angekommen<br />
sprang Rudolf auf den Einspänner, den er selbst kutschierte, und bei der Abreise<br />
rief ihm Püchel noch ein „Weidmannsheil, kaiserliche Hoheit“ nach. 202 Zunächst<br />
führte die Fahrt durch den 5. Bezirk, die der Polizeiagent Karl Wiligut beobachtete<br />
und diese auch umgehend dem Polizeipräsidium in einem Telegramm mitteilte. 203<br />
Am Schloß Schönbrunn vorbei verließ Rudolf Wien und gelangte, indem er das<br />
letzte Stück zu Fuß zurücklegte, gegen 13 Uhr zum vereinbarten Treffpunkt.<br />
Gemeinsam mit Mary Vetsera fuhr er dann von dort aus auf einem recht umständ-<br />
lichen Weg weiter nach <strong>Mayerling</strong>, wo sie ungesehen im Schutze der Dämmerung<br />
eintrafen. 204<br />
Am nächsten Tag trafen Prinz Coburg und Graf Hoyos von Wien kommend<br />
ungefähr um 8 Uhr in <strong>Mayerling</strong> ein. Gemeinsam mit seinen geladenen Gästen<br />
nahm der Kronprinz das Frühstück zu sich und erzählte ihnen von der schwieri-<br />
gen Fahrt, die er am Vortag von Wien nach <strong>Mayerling</strong> erlebt hatte. Dabei hätten<br />
ihn die widrigen Straßenverhältnisse sogar gezwungen, beim Anschieben des<br />
Wagens am vereisten Gaadener Berg behilflich zu sein. Bei dieser Aktion habe er<br />
sich verkühlt und noch am Abend befürchtet, schwer krank zu werden. Daher<br />
würde er auf die geplante Jagd im Revier Glashütte verzichten und sich so gut wie<br />
möglich schonen. Die Gäste sollten die geplante Jagd ohne ihn unternehmen. 205<br />
Von der Anwesenheit Marys im Jagdschloß ahnten die Herren wohl nichts.<br />
201 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 64f.<br />
202 Vgl. Püchl, Rudolf, 151.<br />
203 Vgl. Polizeibericht, <strong>Mayerling</strong>, 5f.<br />
204 Vgl. Judtmann, Rudolf, 98.<br />
205 Vgl. Mitis, Kronprinz, 342.<br />
65
Jagdschloß zur Zeit des Kronprinzen<br />
Wie Rudolf und Mary ihren letzten Tag verbrachten, wissen wir nicht. Wir wissen<br />
nur, daß Prinz Coburg gegen 13.30 Uhr von der Jagd zurückkehrte, mit dem<br />
Kronprinzen noch Tee trank und dann wie vereinbart mit ihm nach Wien<br />
zurückfahren wollte, da beide zum Familiendiner um 18 Uhr in die Hofburg gela-<br />
den waren. Rudolf erklärte jedoch, er beabsichtige wegen des starken Schnupfens<br />
noch in <strong>Mayerling</strong> zu bleiben und schickte ein Entschuldigungstelegramm an<br />
seine Frau Stephanie. 206<br />
Um 19 Uhr aß der Kronprinz mit Hoyos zu Abend. Die dabei geführte Unter-<br />
haltung bietet uns wenig Aufschlußreiches. 207 Anschließend zog sich Rudolf<br />
zurück, und Hoyos begab sich in sein Quartier im <strong>Mayerling</strong>er Hof.<br />
206 Vgl. Haman, Rudolf, 465f.<br />
207 Es ging unter anderem um die am nächsten Tag geplante Jagd im Revier Schöpflgitter, den<br />
Instinkt verschiedener Vorsteherhunde, die Kochkünste der Köchin, über die Telegramme des<br />
Grafen Karolyi und um den sich zugezogenen Schnupfen. Vgl. Mitis, Kronprinz, 342f.<br />
66
) Das Ende zweier Menschen<br />
Was sich nun in der Nacht und am Morgen im Jagdschloß in <strong>Mayerling</strong> abspielte,<br />
hat nicht nur die österreichisch-ungarische Monarchie erschüttert, sondern bewegt<br />
bis heute Menschen auf der ganzen Welt. Unzählige Bücher wurden seither<br />
geschrieben, und verschiedenste Versionen des Geschehens fanden Verbreitung.<br />
Eine offizielle Untersuchung des Tathergangs wurde abgelehnt, und den vielen<br />
Gerüchten, die gleich unmittelbar danach durch die Zeitungen verbreitet wurden,<br />
konnte und wollte man gar nicht widersprechen.<br />
Die einzigen beiden schriftlichen Erinnerungen an das Ereignis des 30. Januar 1889<br />
sind die Aufzeichnungen des Kammerdieners Loschek und des Grafen Hoyos.<br />
Die „Loschek-Denkschrift“ von 1928 208<br />
Was war geschehen? Laut dem Bericht des Kammerdieners Johann Loschek kam<br />
Rudolf in der Frühe um 6.10 Uhr „vollständig angezogen zu mir in das Zimmer heraus<br />
und befahl mir, einspannen zu lassen. Ich war noch nicht im Hofe draußen als ich zwei<br />
Detonationen hörte, ich lief sofort zurück der Pulvergeruch kam mir entgegen, ich stürmte<br />
zum Schlafzimmer, doch es war entgegen der Gewohnheit Rudolfs abgesperrt sonst sperrte<br />
er das Zimmer nie ab. Was nun machen ich holte sofort Graf Hoyos und mit einem<br />
Hammer bewaffnet schlug ich die Türfüllung ein, daß ich gerade mit der Hand hinein<br />
konnte um die Türe von innen aufzusperren. Welch grauenhafter Anblick – Rudolf lag<br />
entseelt auf seinem Bette angezogen – Mary Vetsera ebenfalls auf Ihrem Bette vollständig<br />
angekleidet. Rudolfs Armeerevolver lag neben ihm. Beide hatten sich überhaupt nicht<br />
schlafen gelegt. Beiden hing der Kopf herunter. Gleich beim ersten Anblick konnte man<br />
sehen, daß Rudolf zuerst Mary Vetsera erschossen hatte und dann sich selbst entleibte. Es<br />
fielen nur zwei wohlgezielte Schüsse.“ 209<br />
208 Johann Loschek diktierte 1928 im Alter von 83 Jahren seinem Sohn Johann Loschek junior seine<br />
Erinnerungen an die Tragödie von <strong>Mayerling</strong>. Nach seinem Tod im Jahr 1932 veröffentlichte<br />
das Neue Wiener Tagblatt und gleichzeitig die Berliner Illustierte Zeitung den Inhalt der<br />
„Loschek-Denkschrift“. Die Denkschrift seht im Widerspruch zu Loscheks Aussagen bei<br />
Hoyos. Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 416.<br />
209 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 134.<br />
67
Die „Hoyos-Denkschrift“ von 1889 210<br />
Dieser Bericht steht in einem gewissen Widerspruch zu dem, was Graf Hoyos in<br />
seiner Denkschrift festhielt. Demnach sei er einige Minuten vor 8 Uhr vom<br />
Schloßwart Zwerger aufgesucht worden, der ihm im Auftrage des Kammer-<br />
dieners Loschek meldete, „daß Se. kaiserliche Hoheit der Kronprinz nicht zu wecken sei.<br />
Auf meine Erwiderung, daß er eben sehr gut und fest schlafen werde, machte er weitere<br />
Mittheilungen, und zwar, der Kronprinz sei um 6 Uhr 30 auf gewesen, im Morgenanzug<br />
ins Vorzimmer gegangen, habe dort an Loschek, der im Nebenzimmer wohnte, den Auftrag<br />
gegeben, ihn um 7 Uhr 30 wieder zu wecken und für selbe Stunde ein Frühstück und den<br />
Fiaker Bratfisch mit seinem Wagen zu bestellen, und habe sich dann, vor sich hinpfeifend,<br />
wieder in das Schlafgemach zurückbegeben. Loschek klopfte nun seit 7 Uhr 30<br />
ununterbrochen, erst mit dem Finger, dann mit einem Scheite Holz an die Thüre des<br />
Schlafzimmers, ohne daß irgend ein Lebenszeichen erfolgt. Die Thüre des Schlafzimmers<br />
gegen das Vorzimmer sei von Innen und ebenso die Thüre, welche von der Wendeltreppe<br />
vom ersten Stock in das Schlafgemacht führt, ebenfalls von Innen versperrt und stecken die<br />
Schlüssel. Nun war aller Grund vorhanden, Unheil zu ahnen, und eilte ich mit<br />
Schloßwarth Zwerger in das Schlößchen. Loschek wiederholte mir dort die bereits<br />
angeführte Aussage. Nachdem ich selbst geklopft und sehr laut den Kronprinzen gerufen<br />
hatte, frug ich noch rasch, ob mit Kohlen geheizt wurde, was verneint wurde. Da Loschek<br />
die Verantwortung wegen eventuellem Einbruch der Thüre nicht übernehmen wollte, gab<br />
ich den Befehl, die Thüre auf meine eigene Verantwortung sofort zu erbrechen. Nun erst<br />
erklärte Loschek, daß der Kronprinz nicht allein sei, und setzte hinzu, eine Baronesse<br />
Wecsera sei bei ihm. Diese Mittheilung brachte mich begreiflicher Weise in die größte<br />
Bestürzung, umsomehr, als ich weder eine Ahnung von der Anwesenheit der Baronesse in<br />
<strong>Mayerling</strong> noch überhaupt von Beziehung von ihr mit dem durchlauchtigsten<br />
Kronprinzen hatte, und für mich auch nicht der geringste Anlaß vorlag, irgend welche<br />
Beziehung auch nur entfernt zu vermuthen. Nun war das Schlimmste zu befürchten, bei<br />
der Todtenstille, die im Schlafgemache herrschte, war an die Möglichkeit einer<br />
erfolgreichen Hülfe kaum zu denken, da seit 6 Uhr 30 fast sieben Viertl Stunden<br />
210 Graf Josef Hoyos schrieb seine eigenen Wahrnehmungen schon Anfang Februar 1889 nieder,<br />
um sich von dem Verdacht zu befreien, von der Anwesenheit Mary Vetseras in <strong>Mayerling</strong><br />
gewußt zu haben. Diese „Hoyos-Denkschrift“ hinterlegte er versiegelt im Haus-, Hof- und<br />
Staatsarchiv, wo sie von Dr. Mitis aufgefunden und 1928 in seinem Buch über Kronprinz<br />
Rudolf veröffentlicht wurde. Vgl. Mitis, Kronprinz, 345f.<br />
68
vergangen waren, und die Verantwortung, die ich tragen sollte, eine Erdrückende. Meine<br />
Uhr zeigte 8 Uhr 9 Minuten, Prinz Coburg mußte beinahe schon da sein. Auf meine in der<br />
Vorhalle gestellte Frage eilte einer der Leute außer den Hof und meldete, der Prinz fahre<br />
soeben heran. In Kürze theilte ich dem Prinzen im Billardzimmer die Sachlage mit, und<br />
kamen wir nach kurzer Berathung zu dem Entschlusse, die Thüre auf unsere<br />
Verantwortung erbrechen zu lassen. Unter den so unendlich heiklen Umständen sollte<br />
Loschek allein sich von der Sachlage überzeugen und die Bestimmung weiterer Zeugenschaft,<br />
wenn nicht Gefahr im Verzuge ist, ausschließlich Sr. a. Majestät vorbehalten<br />
bleiben. Nachdem die Thüre gegen das Vorhaus abgeschlossen war, wurde, im Beisein des<br />
Prinzen Coburg und mir, durch Loschek mittelst einer Holzhacke das Schloß der Thüre zu<br />
sprengen versucht, doch erst das Einschlagen der Thürfüllung verschaffte Einlaß. Loschek,<br />
der in das Gemach blickte, erklärte, daß Beide als Leichen im Bette lägen. Unsere<br />
Bestürzung und unser Schmerz waren unaussprechlich. Es wurde die Frage erörtert, ob<br />
nicht ein Arzt herbeizurufen sein. Bei den gegebenen Umständen war dies, wenn alles<br />
Leben entflohen war, aber nicht rathsam. Es handelte sich vor Allem darum, zu constatieren,<br />
ob jede Hülfe vergeblich wäre. Loschek sollte sich davon überzeugen. Nachdem<br />
die Thüre, durch die eingeschlagene Füllung greifend, mit dem Schlüßl von Innen geöffnet<br />
war, trat Loschek ein, um nach wenig Augenblicken zu erklären, daß sich keine Spur von<br />
Leben in den Körpern befindet, der Kronprinz über den Bettrand gebeugt liege, eine große<br />
Blutlache vor sich, und der Tod voraussichtlich durch Vergiftung mit Cian Cali erfolgt sei,<br />
da hiebei solche Blutstürze vorkämen. Der Tod durch Schußwaffe wurde erst später<br />
constatirt.“ 211<br />
Soweit die uns bekannten schriftlichen Berichte der beiden Zeugen Johann<br />
Loschek und Graf Hoyos, die erhebliche Differenzen aufweisen und in denen ein<br />
Widerspruch dem anderen folgt. Abgesehen von den unterschiedlichen Zeit-<br />
angaben, will Loschek zwei Detonationen gehört und die Türfüllung mit einem<br />
Hammer eingeschlagen haben. Folgerichtig fand er auch die beiden Leichen mit<br />
Schußwunden vor, wobei er sofort erkannt haben will, daß Rudolf zuerst Mary<br />
und dann sich selbst erschossen habe. Außerdem sei die Tatwaffe neben dem<br />
Toten gelegen.<br />
Ganz anders will Graf Hoyos es erlebt haben. Demnach wurde die Tür, im Beisein<br />
des Prinzen Coburg, mit Hilfe einer Holzhacke gewaltsam geöffnet, und Loschek<br />
211 Vgl. Mitis, Kronprinz, 345f.<br />
69
hätte zunächst eine Vergiftung der beiden angenommen. Erst später habe man die<br />
eigentliche Todesursache, die durch eine Schußwaffe erfolgt sei, festgestellt.<br />
Übereinstimmend berichten beide vom morgendlichen Erscheinen Rudolfs und<br />
dessen Anweisungen an seinen Kammerdiener, sowie von der verschlossenen Tür<br />
und vom Aufbrechen derselben durch Loschek.<br />
Außerdem scheint es merkwürdig, daß Hoyos nie seine eigenen Beobachtungen<br />
kundtat, sondern sich nur auf die Aussagen des Kammerdieners Loschek berief,<br />
obwohl der Graf selber durch die offene Tür in das Sterbezimmer Rudolfs blicken<br />
konnte und dabei die beiden Leichen gesehen haben mußte.<br />
Ob die große Zeitspanne von nahezu 40 Jahren, die zwischen den einzelnen<br />
Abfassungen der Berichte lag, der Grund war, daß das Geschehen vom 30. Januar<br />
in <strong>Mayerling</strong> so unterschiedlich geschildert wurde oder ob beide eine bestimmte<br />
Aussageabsicht verfolgten, läßt sich heute kaum mehr eruieren.<br />
Nachdem Loschek festgestellt hatte, daß jede Hilfe vergeblich sei, wurde der<br />
kaiserliche Leibarzt Dr. Widerhofer von Wien telegraphisch herbeigerufen, ohne<br />
ihm jedoch die näheren Umstände mitzuteilen. Damit nicht ein Unbefugter das<br />
Sterbezimmer betreten konnte, wurde es zugesperrt und Prinz Coburg blieb zur<br />
Bewachung im Jagdschloß zurück. Währenddessen eilte Graf Hoyos nach Wien,<br />
um die Todesnachricht persönlich in die Hofburg zu bringen. Dabei wurde dem<br />
Kaiserpaar die Version von der Vergiftung ihres Sohnes durch Mary Vetsera<br />
berichtet. Die Majestäten blieben anscheinend den ganzen Tag über den eigent-<br />
lichen Sachverhalt des furchtbaren Geschehens in Unkenntnis. Da Dr. Widerhofer<br />
spät abends von <strong>Mayerling</strong> in die Hofburg zurückkehrte, konnte er dem Kaiser<br />
erst am nächsten Morgen mitteilen, daß sich Rudolf erschossen habe. 212<br />
Am Vormittag des 30. Januar versuchte die sich um ihre Tochter Mary Sorgen<br />
machende Baronin Helene Vetsera bei der Kaiserin vorzusprechen und sie wegen<br />
dem Verhältnis ihrer Tochter mit Rudolf um Hilfe zu bitten. Leider konnte ihr die<br />
Kaiserin nur mehr den Tod der beiden mitteilen. Bestürzt über die Nachricht, daß<br />
ihre Tochter den Kronprinzen vergiftet habe, verließ die Baronin die Hofburg. 213<br />
212 Vgl. Bibl, Kronprinz, 104ff.<br />
213 Vgl. Hamann, Elisabeth, 557f.<br />
70
In der Zwischenzeit war Dr. Widerhofer im Jagdschloß eingetroffen, wo er mit<br />
Prinz Philipp und Kammerdiener Loschek die Sachlage zu klären begann. Der<br />
Arzt fand den Thronfolger tot am Bettrand sitzend, jedoch Haupt und Oberkörper<br />
vornübergebeugt, wobei die herabgesunkene rechte Hand fast den Boden be-<br />
rührte. Durch diese gekrümmte Haltung des Körpers soll die Kopfwunde auf den<br />
ersten Blick gar nicht zu sehen gewesen sein. 214<br />
Während in Wien die ersten Zeitungen in Extraausgaben 215 die erschütternde<br />
Meldung verbreiteten, der Kronprinz sei durch einen Jagdunfall, einen Schlag-<br />
anfall bzw. einen Herzschlag zu Tode gekommen, machte sich die Hofkommis-<br />
sion 216 auf den Weg nach <strong>Mayerling</strong>. Ihre Aufgabe bestand darin, das Testament<br />
des Verstorbenen zu suchen. Als es schon dunkel war, kamen die Mitglieder der<br />
Kommission in <strong>Mayerling</strong> an und nahmen das erforderliche Protokoll auf. Danach<br />
brachte man die weibliche Leiche in ein anderes Zimmer, in dem sie erst am<br />
nächsten Tag von Dr. Auchenthaler untersucht wurde. Die sterbliche Hülle des<br />
Kronprinzen wurde in den mitgebrachten kupfernen Sarg gelegt. Ein Leichen-<br />
wagen brachte den Sarg nach Baden, wo die Waggons eines Sonderzuges bereit-<br />
standen. Am Wiener Südbahnhof angekommen, wurde der Leichnam des Kron-<br />
prinzen in die Hofburg gebracht und um 2 Uhr früh in seinem Schlafzimmer<br />
aufgebahrt. 217<br />
Der spätere Abt von Heiligenkreuz, Dr. Gregor Pöck, schilderte 40 Jahre danach,<br />
wie die Nachricht über das schreckliche Geschehen im benachbarten <strong>Mayerling</strong><br />
das Kloster erreichte. Noch sehr lebendig hatte er in Erinnerung, daß am Abend<br />
des 30. Januar sein Zimmernachbar an seine Tür klopfte und, nachdem er ein-<br />
getreten war, ihm mit ernster Miene den Tod des Kronprinzen Rudolf mitteilte.<br />
Diese Information stammte vom Stiftsorganisten, der sie von Wien mitgebracht<br />
hatte. Noch am Abend zelebrierte Abt Grünbeck in der neben dem Jagdschloß<br />
gelegenen Laurentius-Kirche eine Trauermesse. Danach wurde er in das Sterbe-<br />
214 Vgl. Holler, Tragödie, 206f.<br />
215 Vgl. Wiener Abendpost 1889 Nr. 25; Wiener Zeitung 1889 Nr. 26.<br />
216 Der Hofkommission gehörten an: Dr. Rudolf Kubasek, Nikolaus Poliakovits, Karl Ritter<br />
Schultes von Felzdorf, Hofburgpfarrer Dr. Laurenz Mayer, Ferdinand Kirschner, Claudius von<br />
Klaudy, Dr. Heinrich Slatin, Carl Graf Bombelles, Prinz Philipp von Sachsen-Coburg und Prof.<br />
Dr. Hermann Widerhofer. Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 398.<br />
217 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 146f.<br />
71
zimmer Rudolfs geführt und verließ es tränenüberströmt, wie der damalige<br />
Ministrant Norbert Hofer, ein Schüler des Stiftsgymnasiums, berichtete. 218<br />
Am nächsten Tag besprach Graf Bombelles, Obersthofmeister des Kronprinzen,<br />
mit dem Polizeipräsidenten Baron Krauß, auf welche Weise die Entfernung der<br />
Leiche von Mary Vetsera zu geschehen habe. Daraufhin schickte Baron Krauß die<br />
Polizeikommissare Habrda und Baron Gorup mit dem Auftrag nach Heiligen-<br />
kreuz, dem dortigen Abt einen Brief von Graf Bombelles zu übergeben. Darin<br />
ersuchte dieser den Abt Grünbeck um die Beerdigung der verstorbenen Baronesse<br />
Mary Vetsera in Heiligenkreuz. Bombelles deutete in seinem Schreiben darauf hin,<br />
daß seiner Majestät dem Kaiser damit ein besonderer Dienst erwiesen werde. 219<br />
Nach kurzer Verhandlung gab der Abt die Zustimmung und erklärte sich bereit,<br />
den benötigten Sarg in der Stiftstischlerei anfertigen zu lassen. 220<br />
Am Abend gelangte Dr. Slatin mit Rudolfs Leibarzt Dr. Auchenthaler nach Mayer-<br />
ling, und letzterer erstellte das Totenbeschauprotokoll. Um jedoch eine zweite<br />
Leiche der Öffentlichkeit zu verschweigen und dennoch keine gesetzwidrige<br />
Handlung zu vollziehen, bescheinigte Dr. Auchenthalter, daß Mary Vetsera Selbst-<br />
mord begangen hatte. Anschließend übernahmen Graf Stockau und Alexander<br />
Baltazzi den Leichnam ihrer Nichte. So heimlich wie nur möglich brachten sie ihre<br />
verstorbene Verwandte in der Nacht mit einem Wagen nach Heiligenkreuz. 221<br />
Dort fand dann am nächsten Tag um 9.15 Uhr die Beisetzung im Beisein von Graf<br />
Stockau und seinem Schwager Alexander Baltazzi sowie der Kommisäre Habrda<br />
und Gorup auf dem Ortsfriedhof statt. Die kirchliche Einsegnung nahm der<br />
Stiftsprior Pater Malachias Dedic vor. Wegen der widrigen Wetterverhältnisse<br />
mußten die Anwesenden bei der Beerdigung behilflich sein. 222 Mary Vetsera<br />
wurde zunächst in einem provisorischen Grab beigesetzt und erst Mitte Mai in<br />
eine neuerbaute Gruft umgebettet. 223<br />
218 Vgl. Holler, Tragödie, 217.<br />
219 Brief des Grafen Bombelles an den Abt Grünbeck, StAHlkr., <strong>Mayerling</strong>, Rub. 22, Fac. 8.<br />
220 Vgl. Bibl, Kronprinz, 116f.<br />
221 Vgl. Planitz, Vetsera, 79f.<br />
222 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 173ff.<br />
223 Im selben Jahr wurde nach den Plänen von Prof. Avanzo an der Ostseite des Friedhofs eine<br />
romanische Gruftkapelle erbaut und am 31. Oktober 1889 vom Abt Grünbeck eingeweiht. Vgl.<br />
Holler, Tragödie, 295f.<br />
72
Obwohl die Hofbehörden und der Polizeiapparat den Tod und die Beerdigung<br />
von Mary Vetsera so geheim wie nur möglich halten wollten, blieb dieser Versuch<br />
erfolglos, denn bereits einige Tage später berichteten schon die Zeitungen darüber.<br />
Der Hof schwieg beharrlich über irgend eine Verbindung Rudolfs mit der<br />
Baronesse Vetsera und gab nie zu, daß sie mit dem Thronfolger bzw. durch ihn<br />
gestorben sei.<br />
Im Gegensatz zu Mary Vetsera fand für den verstorbenen Kronprinzen Rudolf<br />
eine dem höfischen Protokoll entsprechende Beisetzung statt. Sein Leichnam<br />
wurde zunächst in seinem Appartement und später auch in der Hofburgkapelle<br />
aufgebahrt. Dort hatte das Volk für zwei Tage die Gelegenheit, sich von ihrem<br />
Thronfolger zu verabschieden. Am 5. Februar fand die Trauerfeier in der<br />
Kapuzinerkirche statt, und anschließend wurde der Sarg in die Kapuzinergruft<br />
gebracht. 224<br />
3. Die Suche nach der Wahrheit<br />
In der habsburgischen Familiengruft fand Rudolf zwar seine letzte Ruhestätte,<br />
doch über seinen und Mary Vetseras Tod wurden alle nur erdenklichen Gerüchte<br />
in Umlauf gebracht. Bis in unsere Tage werden die verschiedensten Versionen<br />
über das Geschehen in jener Januarnacht in <strong>Mayerling</strong> weltweit verbreitet. Dem<br />
Kaiser war allem Anschein nach daran gelegen, die volle Wahrheit zu verheim-<br />
lichen. Die an dem Todesfall beteiligten Zeugen mußten sich mit einer<br />
Unterschrift verpflichten, über die Vorgänge der Tragödie Stillschweigen zu<br />
bewahren. 225 Außerdem wurden Protokolle nicht wahrheitsgemäß erstellt und<br />
andere schriftliche Dokumente verschwanden oder wurden gleich ganz ver-<br />
nichtet. Der Obduktionsbefund erschien nur auszugsweise in der amtlichen<br />
Wiener Zeitung, wodurch in der Bevölkerung erneut das Mißtrauen stieg. Da<br />
nicht das gesamte Gutachten veröffentlicht wurde, vermutete man, daß wiederum<br />
etwas verheimlicht werden sollte. 226 Graf Hoyos hielt in seiner Denkschrift fest,<br />
224 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 313f.<br />
225 Vgl. Holler, Tragödie, 264.<br />
226 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 201.<br />
73
daß ein für den 31. Januar anberaumtes Verhör verschiedener Zeugen in den<br />
Räumen des Obersthofmeisteramtes plötzlich abgesagt wurde und jede weitere<br />
Untersuchung unterblieb. 227<br />
Im Laufe der Zeit haben zwar die Historiker in mühevoller Arbeit wichtige<br />
Begebenheiten aufgedeckt und unauffindbare Unterlagen zu rekonstruieren<br />
versucht. Doch am Ende ihrer umfangreichen Forschungen mußten sie immer<br />
wieder eingestehen, daß das Geschehen vom 30. Januar 1889 in <strong>Mayerling</strong> noch<br />
nicht vollständig gelöst ist und verschiedene Fragen weiterhin offen bleiben.<br />
Oskar Freiherr von Mitis – „Das Leben des Kronprinzen Rudolf“, 1928<br />
Einen ersten und bahnbrechenden Beitrag zur Aufhellung des Rätsels von<br />
<strong>Mayerling</strong> leistete Oskar Freiherr von Mitis, indem er im Jahre 1928 eine wissen-<br />
schaftliche Biographie Rudolfs erstellte. Als Direktor des Haus-, Hof- und Staats-<br />
archivs 228 hatte er ungehinderten Zugang zu den dort deponierten Unterlagen. So<br />
war es ihm unter anderem möglich, die dort aufbewahrte Hoyos-Denkschrift zu<br />
sichten und erstmalig zu veröffentlichen. Dazu kamen zahlreiche Briefe und<br />
Schriften aus den Jahren 1875-1889, die einen Einblick in die politischen Ansichten<br />
Rudolfs bieten. Obwohl die österreich-ungarische Monarchie schon Jahre zuvor<br />
zerfallen war, nahm Mitis auf die noch lebenden Personen Rücksicht, die<br />
unmittelbar Zeugen der Geschehnisse gewesen oder höchst persönlich betroffen<br />
waren, vor allem die Witwe des Kronprinzen, Erzherzogin Stephanie. Wenn auch<br />
in der Folgezeit neue Quellen entdeckt und erschlossen wurden, so griffen die<br />
Autoren immer wieder auf das von Mitis geschaffene Standardwerk zurück.<br />
Mitis plante zunächst, seine Darstellung nur bis zum Vorabend des Geschehens zu<br />
führen. Das Unglück selbst mit allen seinen ungeklärten Fragen und Wider-<br />
sprüchen wollte er aber nicht mehr behandeln; ein Vorhaben, das sich dann doch<br />
nicht verwirklichen ließ.<br />
Mitis kam zu dem Ergebnis, daß die volle Wahrheit über Rudolfs Untergang nach<br />
wie vor unserer Kenntnis entzogen bleibt. Wie er endete, war für Mitis kaum mehr<br />
strittig. Er ging davon aus, daß Rudolf den Tod durch eigene Hand fand. Die<br />
227 Vgl. Mitis, Kronprinz, 348.<br />
228 Mitis leitete das Haus-, Hof- und Staatsarchivs in den Jahren 1919 bis 1925.<br />
74
Frage nach dem auslösenden Moment des Doppelselbstmordes ließ er jedoch<br />
unbeantwortet. 229 Denn er stellte fest, daß der tiefer liegende Ausgangspunkt für<br />
Rudolfs Handlung nicht in einem einzelnen, bestimmten Motiv zu finden sei.<br />
„Eine Summe von Widrigkeiten persönlicher Art und tragische Verhältnisse<br />
höherer Ordnung haben, vielfach ineinandergreifend, eine Saat aufgehen lassen,<br />
die schon biologisch in sein Dasein gebettet gewesen. Die unerträgliche Last dieses<br />
Ganzen zog ihn in die Tiefen des Lebens hinab und ließ ihn den Willen zum<br />
Sterben fassen.“ 230<br />
Nach Mitis kam es zu einer gewissen Stagnation in der <strong>Mayerling</strong>-Forschung. Auf<br />
Grund der Qualität und Quellennähe, die Mitis in seinem Buch vorzuweisen hat,<br />
wurden andere abgeschreckt, tiefer in das Geheimnis vorzudringen. Außerdem<br />
boten die politischen Wirren keine günstige Voraussetzung für eine objektive<br />
Beurteilung des Falles. 231 Erst nach dem 2. Weltkrieg setzte wieder eine gezielte<br />
historische Forschung ein. Anlaß dazu gab unter anderem die 1955 in Berlin<br />
aufgefundene Geheimakte des Polizeipräsidenten Baron Franz Krauß.<br />
In der Folgezeit brachten zahlreiche Autoren eine Reihe ausgezeichneter Bücher<br />
heraus. Da diese Literaturliste sehr umfangreich ist, soll hier nur auf ein paar<br />
wenige Publikationen hinweisen werden.<br />
Fritz Judtmann – „<strong>Mayerling</strong> ohne Mythos“, 1968 232<br />
Der bekannte Architekt und Ausstattungschef am Wiener Burgtheater, Dr. Fritz<br />
Judtmann, versuchte in mehr als 5-jähriger intensiver Arbeit die einzelnen Phasen<br />
der Katastrophe von <strong>Mayerling</strong> aufzudecken. Mit großer Gewissenhaftigkeit und<br />
Sorgfalt bemühte er sich dabei, zahlreichen Details des so umfangreichen Fragen-<br />
komplexes nachzugehen. Dadurch gelang es ihm, nicht nur viele Berichte und<br />
229 Vgl. Mitis, Kronprinz, 214.<br />
230 Mitis, Kronprinz, 204f.<br />
231 Der Antiliberalismus, vor allem des katholischen Ständestaates bis 1938, bot keine günstige<br />
Voraussetzung für eine objektive Beurteilung des liberal und antiklerikal denkenden Kronprinzen.<br />
Auch die Verwirklichung des von Rudolfs Erzfeind Schönerer herbeigesehnten Anschlusses<br />
Österreichs an das Deutsche Reich 1938 lief dem betont österreichischen Patriotismus<br />
Rudolfs gänzlich zuwider. Vgl. Hamann, Rudolf, 10.<br />
232 Die von Dr. Judtmann geleistete Forschungsarbeit dauerte von 1964–1968. Leider konnte Judtmann<br />
den Erfolg seines Buches nur mehr kurz erleben, denn bereits wenige Wochen nach<br />
Erscheinen seines Werkes verstarb er. Da ein großes Interesse für das bereits vergriffene Buch<br />
75
Behauptungen als Erfindungen zu entlarven, sondern auch eine Reihe ungeklärter<br />
Probleme völlig zu lösen. Ferner mußte er auch feststellen, daß manche Fragen auf<br />
Grund fehlender Belege nicht mehr vollkommen beantwortet werden können.<br />
Judtmann durchforschte die Bestände zahlreicher in- und ausländischer Archive,<br />
außerdem suchte er Kontakt zu den Nachfahren der mit der Affäre in irgendeinem<br />
Zusammenhang stehenden Persönlichkeiten und konsultierte zahlreiche Spezial-<br />
listen. Trotz des Verlustes aller Pläne war es ihm durch seine Fachkenntnisse als<br />
Architekt möglich, das Jagdschloß <strong>Mayerling</strong> in Grundriß und Einrichtung zu<br />
rekonstruieren.<br />
Judtmann vertritt auf Grund einiger Indizien die Auffassung, daß der gemein-<br />
same Selbstmord des Kronprinzen Rudolf und der Baronesse Mary Vetsera schon<br />
vor der Fahrt nach <strong>Mayerling</strong> geplant war und daß der Thronfolger dieses Vor-<br />
haben mit einer Schußwaffe ausgeführt habe. Zwar erörtert Judtmann auch<br />
verschiedene Thesen, die auf einen Mord hinweisen, dennoch schenkt er den<br />
Zeugenaussagen mehr Glauben, die von Selbstmord sprechen. 233<br />
Adam Wandruszka – „Das Leben des Kronprinzen Rudolf“, 1971 234<br />
Drei Jahre nach Judtmanns Erfolg kam es zu einer Neuauflage der klassischen<br />
Mitis-Biographie über Kronprinz Rudolf. Adam Wandruszka wurde mit der<br />
Aufgabe betraut, das Werk mit Hilfe der inzwischen publizierten Quellen und<br />
Darstellungen auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen. Gleich in seiner<br />
Einleitung bietet er eine neue Version über die eventuellen Hintergründe des<br />
gemeinsamen Sterbens von Rudolf und Mary an. Nachdem eine Verschwörungs-<br />
theorie aufgrund fehlender stichhaltiger Beweise für ihn nicht in Frage kommt,<br />
vertritt Wandruszka die Ansicht, daß das auslösende Moment für Rudolfs Hand-<br />
lung bei Mary Vetsera zu finden sei. Gewisse Anzeichen sprächen dafür, daß sie<br />
bestand, kam es 1982 zur Neuauflage des Werkes, das von der Witwe des Autors, Margot Judtmann,<br />
und dem Baltazzi-Vetsera-Forscher, Hermann Swistan dafür leicht überarbeitet wurde.<br />
233 Hier ist vor allem die Denkschrift von Dr. Heinrich Slatin zu nennen. Als Hofsekretär im<br />
Obersthofmarschallamt tätig, verfaßte er als Mitglied der Hofkommission das Protokoll zur<br />
Feststellung des Tatbestandes am 30.1.1889 in <strong>Mayerling</strong>. Ebenso erstellte er am darauffolgenden<br />
Tag ein Protokoll über den Tod von Mary Vetsera. Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 416.<br />
234 Im Zusammenhang mit der Neuauflage des von Oskar Freiherr von Mitis geschaffen Standardwerkes<br />
veröffentlichte Wandruszka im Anhang die Briefe, die Rudolf an Professor Billroth<br />
geschrieben hat.<br />
76
sich eine Schwangerschaft eingebildet haben könnte. So sei dann für den ohnehin<br />
depressiven, längst mit dem Gedanken an Selbstmord spielenden Prinzen das<br />
Mädchen die eigentliche treibende Kraft für die Ausführung der Tat gewesen. 235<br />
Wandruszka meint, daß den Kronprinzen ein schweres Schuldgefühl gegenüber dem<br />
jungen Mädchen erfaßt habe, ein Selbstvorwurf, der in den Abschiedsbriefen mit den<br />
Worten „wie ein Gentlemen diese Welt zu verlassen“ zum Ausdruck gekommen wäre.<br />
Brigitte Hamann – „Rudolf“, 1978<br />
Als die Historikerin Dr. Brigitte Hamann 1978 eine Kronprinzen-Biographie ver-<br />
öffentlichte, stand ihr schon bedeutend mehr Material zur Verfügung als seiner-<br />
zeit für Mitis. Die Autorin zeigt die Hintergründe der Entwicklung zur Tragödie<br />
auf und bringt dabei viele belegte, doch bisher unbekannte Details aus den dreißig<br />
Lebensjahren des Thronfolgers.<br />
Hamann hat ihre umfangreiche und fundierte Forschungstätigkeit über Rudolf<br />
nicht nur auf wenige Woche vor bzw. nach seinem Tod beschränkt, sondern auch<br />
die einzelnen Lebensabschnitte beleuchtet. Aus ihrer Sicht hätte Rudolf wenig<br />
Chancen gehabt, seine liberalen Gedanken als Thronfolger umzusetzen, da sein<br />
Vater alles versucht hätte, um ihn auf politischer Ebene zu isolieren. Aufgrund<br />
seiner Ansichten bereits von den Antisemiten, den Deutschnationalen und der<br />
Hofpartei angefeindet, habe er in seiner Familie auch kein Verständnis gefunden<br />
für seine freundschaftlichen Beziehungen zu liberalen Kreisen und seine Vorliebe,<br />
sich bei Heurigenstimmung zu amüsieren. Zudem häuften sich in der anfangs<br />
glücklichen Ehe die Konflikte mit Stephanie. Dies alles hätte den nach Liebe und<br />
Geborgenheit suchenden Rudolf schließlich auf Abwege gebracht. Nicht zuletzt<br />
sei der auch durch seinen Lebenswandel physisch und psychisch erkrankte Kron-<br />
prinz der Meinung gewesen, daß der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn nach dem<br />
Tod seines Vaters ohnedies auseinanderfallen würde. In Anbetracht all dieser<br />
Schwierigkeiten, die Rudolf bedrängten und in die er sich verstrickt hatte, kommt<br />
Hamann zu dem Ergebnis, daß der Kronprinz im Januar 1889 eindeutig als<br />
Selbstmordkandidat gelten mußte. Sie hält es daher für am wahrscheinlichsten,<br />
235 Seine Lebensmüdigkeit äußerste Rudolf schon im Sommer 1888, als er seine Freundin Mizzi<br />
Caspar zu einem Doppelselbstmord im Husarentempel bei Mödling überreden wollte. Vgl.<br />
Hamann, Rudolf, 429f.<br />
77
daß der Doppelselbstmord – im Einvernehmen mit Mary Vetsera – vom Kron-<br />
prinzen ausgeführt wurde. Die Autorin räumt allerdings auch offen ein, daß das<br />
Geheimnis von <strong>Mayerling</strong> nach derzeitiger Quellenlage nicht zweifelsfrei aufzu-<br />
klären ist.<br />
Erich Feigl – „Kaiser Karl“, 1984<br />
Für ein gewisses Aufsehen sorgte Erich Feigl, als er in seinem Buch über Kaiser<br />
Karl von der Ermordung des Kronprinzen Rudolf sprach. Gestützt auf die<br />
Zeugenaussagen Kaiserin Zitas und ihres Bruders Prinz Xavier setzt sich Feigl mit<br />
den Ursachen und Folgen des angeblich gewaltsamen Todes auseinander.<br />
Demnach wurde Kronprinz Rudolf das Opfer der anti-österreichischen Politik<br />
Clemenceaus. 236 Um das Motiv und die Hintermänner dieser furchtbaren Tat zu<br />
ergründen, holt Feigl in seiner Darstellung sehr weit aus. Auf die näheren Einzel-<br />
heiten des Mordanschlages geht er nicht ein, sondern versucht, die politischen<br />
Zusammenhänge zu erläutern. Zunächst wendet er den Blick auf die bittere<br />
Niederlage Frankreichs gegen Deutschland im Jahre 1871. Dieser verlorene Krieg<br />
saß bei den Nationalisten sehr tief, und der politisch engagierte Georges<br />
Clemenceau schwor Vergeltung. Um an Deutschland Rache zu nehmen, habe<br />
Frankreich Verbündete benötigt, und so schien Österreich neben Rußland dafür<br />
ein geeigneter Partner zu sein. Da jedoch Kaiser Franz Joseph weiterhin am<br />
Bündnis mit Deutschland festhielt, habe man versucht seinen Sohn und Thron-<br />
folger für diese Sache zu gewinnen. Cornelius Herz, ein Vertrauensmann<br />
Clemenceaus, hätte sich nach Wien begeben, um dort Kronprinz Rudolf zu einem<br />
Staatsstreich zu überreden. Der Kronprinz, der sich nicht gegen seinen eigenen<br />
Vater auflehnen wollte, habe die ultimative Forderung aber strikt abgelehnt. Weil<br />
Cornelius Herz nun fürchten mußte, daß sein Plan an Bismarck verraten werden<br />
könnte, was möglicherweise unabsehbare außenpolitische Konsequenzen nach<br />
sich gezogen hätte, mußte Rudolf zum Schweigen gebracht werden.<br />
Wohl habe Rudolf nach seiner Ablehnung des Planes die auf ihn zukommende<br />
Gefahr erkannt und sich auch noch einige Wochen vor der Tat seinem Onkel,<br />
Erzherzog Karl Ludwig, anvertraut, doch konnte das Unheil dadurch nicht mehr<br />
236 Georges Clemenceau, französischer Staatsmann, 1841-1929.<br />
78
aufgehalten werden. Eine Gruppe von Berufsmördern habe sich mit Hilfe einer<br />
Leiter Zutritt in das Jagdschloß verschafft und nach einem heftigen Handgemenge<br />
den Kronprinzen getötet. Die selben Männer hätten dann auch Mary Vetsera, die<br />
in einem anderen Teil des Schlosses untergebracht war, ermordet und sie neben<br />
den toten Kronprinzen gelegt, um ihn vollends zu kompromittieren. Die Täter<br />
seien dann unerkannt entkommen. Auf eine Verfolgung hätte man anscheinend<br />
wegen der brisanten Umstände verzichtet. 237<br />
Gerd Holler – „<strong>Mayerling</strong>. Die Lösung des Rätsels“, 1980 238<br />
Wieder eine andere Version vertritt Dr. Gerd Holler, Kurarzt in Baden bei Wien, in<br />
seinem 1980 erschienenen Buch „<strong>Mayerling</strong>. Die Lösung des Rätsels“. Er wendet<br />
zunächst seinen Blick auf Mary Vetsera und versucht ihre eigentliche Todes-<br />
ursache herauszufinden, um dann die Schlüsse über Rudolfs Ende zu ziehen.<br />
Holler ist überzeugt, daß aus den heute noch vorliegenden Zeugenaussagen und<br />
vorhandenen Berichten nirgends die tatsächliche Todesursache Marys einwand-<br />
frei belegt ist. Er geht davon aus, daß die Liebe des Thronfolgers zu Mary Vetsera<br />
nicht ohne Folgen geblieben wäre und bereits Mitte Januar 1889 eine Schwanger-<br />
schaft des jungen Mädchen medizinisch erwiesen war. Innerhalb der nächsten<br />
14 Tage wäre dann die Entscheidung gefallen. Nachdem beide in einer Abtreibung<br />
den einzigen Ausweg gesehen hätten, sei diese in absoluter Geheimhaltung durch-<br />
geführt worden. Alles wäre nach Wunsch gelungen, bis bei Mary Komplikationen<br />
aufgetreten seien, die ihren Leben ein Ende gesetzt hätten. Erst nach diesem<br />
furchtbaren Ereignis sei für Rudolf – angesichts der für ihn drohenden Folgen –<br />
ein Selbstmord zwingend geworden. Er sei, wie er selbst schrieb, „als Gentlemen“<br />
aus dieser Welt geschieden. Für Rudolf, der nach Hollers Recherchen stets kern-<br />
gesund gewesen sei, hätte es als Offizier und Ehrenmann nach dem damals<br />
geltenden Ehrenkodex eben nur noch eine Konsequenz gegeben: die Kugel.<br />
Neben diesen grundsätzlichen sechs Darstellungsversuchen gibt es eine Fülle von<br />
Hypothesen und Fragen, die in weiteren Werken zur Sprache kommen. Hat der<br />
237 Vgl. Feigl, Kaiser, 7-65.<br />
238 1988 kam es zu einer Neuauflage dieses Buches.<br />
79
Kronprinz für sich keine Chance mehr gesehen, jemals den Thron besteigen und<br />
seine politischen Vorstellungen verwirklichen zu können, und deshalb einfach<br />
Schluß gemacht? War Rudolf in eine ungarische Verschwörung gegen seinen<br />
Vater verwickelt, und zog er aus Angst vor dem Mißlingen die letzte Konsequenz?<br />
War er Opfer eines politischen Attentates? War ein schwächlicher, von schweren<br />
Krankheiten gezeichneter Mann, nicht mehr imstande, das Leben zu ertragen? Hat<br />
ein alkoholsüchtiger Morphinist die schreckliche Tat im Rausch begangen? War<br />
die Ehe des Kronprinzen so zerrüttet, daß er in Liebeseuphorie bzw. in gemein-<br />
samer letzter Verzweiflung mit einer kleinen Baronesse diese Welt verließ?<br />
Jede dieser Theorien hat ihre Verfechter gefunden, doch keine konnte das Wie und<br />
das Warum endgültig und mit absoluter Sicherheit klären. Die vorhandenen<br />
Dokumente reichen zur restlosen Aufklärung des Falles nicht aus, der nach wie<br />
vor die Historiker beschäftigt. Es werden auch weiterhin Autoren auftreten, die<br />
sich ihre ganz persönliche <strong>Mayerling</strong>-Theorie zusammenstellen und der Über-<br />
zeugung sind, die richtige Lösung des Rätsels gefunden zu haben.<br />
Nicht zuletzt liegt in solch bleibender Offenheit des Rätsels <strong>Mayerling</strong> für viele ein<br />
Hauptmotiv, sich überhaupt mit der Geschichte dieses Ortes und dem tragischen<br />
Tod des Kronzprinzen und seiner Geliebten zu befassen.<br />
80
V. DAS KARMELITINNENKLOSTER ST. JOSEF<br />
1. Stiftung des Klosters durch Kaiser Franz Joseph I.<br />
a) Ein Ort der Sühne<br />
Schon wenige Tage nach dem Tod des Kronprinzen Rudolf wurden Überlegungen<br />
angestellt, was nun mit dem Jagdschloß in <strong>Mayerling</strong> geschehen sollte. 239 Eine<br />
Fürstin v. Windisch-Graetz wandte sich mit der Bitte an ihren Beichtvater P. Mayr<br />
in Maria Schein, er möge ihr doch einen Rat geben bezüglich einer Sühnestiftung<br />
in <strong>Mayerling</strong>. In einem Brief antwortete dieser am 13. Februar 1889, daß es gut,<br />
echt katholisch und habsburgisch wäre, wenn dort „ein Kloster strengster<br />
Observanz errichtet würde, mit der Aufgabe Tag und Nacht für den Kaiser, für<br />
den Kronprinzen und für das Reich zu beten.“ 240<br />
Unabhängig von dieser Anregung war bereits bei Hof eine ähnliche Idee ent-<br />
standen. Die Kaiserin selbst unterstützte den Wunsch ihres Gemahls, der aus<br />
seiner katholischen Überzeugung heraus das Haus des Unheils in ein Haus des<br />
Segens umwandeln wollte. Die Intention des gläubigen Kaisers war, Gott für das<br />
Geschehene dauernd Abbitte zu leisten und durch Buße, Opfer und Gebet die<br />
Barmherzigkeit Gottes für die Seele seines verstorbenen Sohnes zu erflehen.<br />
Der Kaiser teilte seinen Entschluß dem Feldbischof Dr. Anton Gruscha mit und<br />
ersuchte ihn, eine geeignete Ordensgemeinschaft vorzuschlagen. Die Wahl des<br />
Bischofs viel auf den Orden der Unbeschuhten <strong>Karmel</strong>itinnen, die in Baumgarten,<br />
einem westlichen Vorort von Wien, ein neues Kloster errichtet hatten. Im Auftrag<br />
des Kaisers begab sich der Bischof Anfang Februar nach Baumgarten und teilte<br />
der dortigen Priorin, Mutter Maria Euphrasia Kaufmann, das Anliegen des<br />
Kaisers mit. Obwohl der <strong>Karmel</strong> in Baumgarten selbst erst seit etwa zehn Jahren<br />
bestand und noch dazu eine Neugründung in Selo bei Laibach vorbereitete, nahm<br />
Mutter Maria Euphrasia den Vorschlag mit Begeisterung auf. Ein solches Werk<br />
239 Nach einem Vorschlag sollten sämtliche Gebäude abgerissen und an ihrer Stelle ein Wald<br />
gepflanzt werden. Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 339.<br />
240 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 339.<br />
81
entsprach ja so ganz dem Geist des Ordens, und für Gottes Ehre war ihr kein<br />
Opfer und keine Schwierigkeit zu groß. 241<br />
Im Stiftbrief, der im Juli 1891 ausgefertigt wurde, gibt Kaiser Franz Joseph den<br />
Grund für die Errichtung des Klosters in <strong>Mayerling</strong> mit folgenden Worten an:<br />
„Nach dem namenlosen Unglücke, welches Mich durch das Hinscheiden meines<br />
innigstgeliebten Sohnes, des Kronprinzen Erzherzog Rudolf getroffen, habe Ich den<br />
Entschluß gefaßt, an dessen Sterbestelle ein Kloster erbauen zu lassen und dasselbe dem<br />
Orden der <strong>Karmel</strong>itinnen zu widmen.“ 242 Außerdem ließ der Kaiser genau festhalten,<br />
welchen Zweck er mit seine Stiftung beabsichtigte. Es ist „dem Orden der <strong>Karmel</strong>itinnen<br />
in dem in <strong>Mayerling</strong> gegründeten Kloster eine bleibende Heimstätte zu schaffen;<br />
sohin <strong>Karmel</strong>itinnen-Ordensschwestern in diesem Kloster Unterkunft und Unterhalt zu<br />
bieten. Dieselben haben in dem ihnen gewidmeten Kloster nach den Regeln ihres Ordens<br />
zu leben und die ihnen nach diesen Regeln obliegenden frommen Werke zu üben.<br />
Insbesondere haben sie alltäglich für das Seelenheil Weiland des Kronprinzen Erzherzogs<br />
Rudolf zu beten.“ 243<br />
Die Schwestern fühlten, daß es sich hier nicht nur um eine fromme Stiftung<br />
handelte, sondern an erster Stelle um eine Stätte der Sühne, der Genugtuung und<br />
des Opfers. Dieses kommt bereits ganz deutlich auf den ersten Seiten ihrer<br />
Klosterchronik zum Ausdruck. „In zweifacher Weise wollen die ehrwürdigen<br />
Schwestern, welche der Wille und die Munifizenz des erlauchten Landesvaters zu ewiger<br />
Stiftung hier versammelt hat, Jesum Christum anbeten und ehren, dadurch, daß sie die<br />
Beleidigungen Gottes gut zu machen und zu sühnen suchen, welche hier geschehen sind.<br />
Dies ist der ausgesprochene Zweck der Stiftung.“ 244 Außerdem wollen die Schwestern<br />
„wie sonst überall, wo der heilige Carmel blüht, ununterbrochen Tag und Nacht das<br />
Lamm Gottes anbeten und benedeien.“ 245<br />
Um sich ein eigenes Bild von seiner neuen Stiftung zu machen, besuchte der<br />
Kaiser am 2. November 1889 zum ersten Mal das Kloster in <strong>Mayerling</strong>. Nach der<br />
hl. Messe besichtigte er die verschiedenen Räumlichkeiten, und ehe er die<br />
241 Vgl. Klosterchronik I, 10.<br />
242 Am 7. August 1890 schrieb der Kaiser in Ischl diese Zeilen, die dann im Stiftbrief aufgenommen<br />
wurden.<br />
243 Stiftbrief.<br />
244 Klosterchronik I, I.<br />
245 Klosterchronik I, I.<br />
82
Schwestern verließ, wiederholte er mit von Tränen erstickter Stimme: „Ich kann<br />
Ihnen Allen nicht genug empfehlen für meinen armen Rudolf zu beten!“ 246<br />
Am folgenden Tag schrieb er an Katharina Schratt und berichtete ihr, daß er ganz<br />
zufrieden von den Schwestern aus <strong>Mayerling</strong> zurückgekehrt sei, denn „beten<br />
werden sie viel, so daß die Absicht meiner Stiftung erfüllt werden wird.“ 247<br />
Am 30. Januar 1890, dem ersten Jahrestag nach dem schrecklichen Unglück,<br />
besuchte der Kaiser erneut das Kloster in <strong>Mayerling</strong>. In seiner Begleitung war<br />
diesmal auch seine Gattin Elisabeth und die jüngste Tochter des Kaiserpaares, die<br />
21-jährige Erzherzogin Marie Valerie. Die Klosterchronik vermerkt über diesen<br />
Besuch: “Die unglücklichen Eltern sowohl als die Erzherzogin waren tief ergriffen, aber<br />
dennoch gereichte es ihnen zu sanftem Troste, daß sie an dem schmerzlichen Jahrestag dem<br />
hl. Meßopfer an der selben Stelle beiwohnen konnten, wo Gott so schwer beleidigt worden<br />
war, und sie nun hoffen dürfen, daß durch die vielen Gebete, die fortan hier zum Herrn<br />
emporsteigen, ihrem beklagenswerthen Sohne Gottes Barmherzigkeit zugewendet werden<br />
wird.“ 248<br />
Wenn auch die Schwestern von ihrem Stifter einen klaren Auftrag erhalten hatten,<br />
an der Unglücksstätte die Sühnegebete für Rudolf niemals verstummen zu lassen,<br />
so wollten sie sich nicht nur auf diese eine Intention beschränken. Nicht nur einer<br />
Person sollte ihr Beten und Leben nach den drei Gelübden zugute kommen,<br />
sondern auch für alle anderen, die der Barmherzigkeit Gottes bedürfen:<br />
„So oft das göttliche Lamm auf dem Altare hier sich darbringen will für das Heil der Welt<br />
und für die Ehre des himmlischen Vaters, so oft wollen auch sie dieses Lamm Gottes<br />
umgeben und begleiten und so mitzuhelfen die Früchte des welterlösenden Leidens und<br />
Sterbens des Gottes Sohnes recht vielen zuzuwenden, besonders dem erlauchten Stifter<br />
und seiner Familie, Lebende und Abgestorbene, ebenso seinen Untertanen und<br />
Völkern“. 249<br />
Jeden Tag nehmen die Schwestern in ihren Herzen die äußeren und noch mehr die<br />
großen inneren Nöte der Menschen mit und tragen sie vor Gott, auch heute noch.<br />
246 Klosterchronik I, 31.<br />
247 Hamann, Freundin, 190.<br />
248 Klosterchronik I, 41.<br />
249 Klosterchronik I, II.<br />
83
) Der <strong>Karmel</strong>itenorden<br />
Als Kaiser Franz Joseph I. 1889 in <strong>Mayerling</strong> das <strong>Karmel</strong>itinnenkloster stiftete,<br />
konnte dieser Orden bereits auf eine lange und geschichtsträchtige Zeit zurück-<br />
blicken. Von einer Gründung im eigentlichen Sinn kann man bei den <strong>Karmel</strong>iten<br />
nicht sprechen. Es muß vielmehr von einem Prozeß der Entstehung ausgegangen<br />
werden, dessen Anfänge und erste Entwicklungen weitgehend im Verborgenen<br />
liegen. Das Aufblühen des Eremitenlebens und die Kreuzzüge ins Heilige Land im<br />
11. und 12. Jahrhundert müssen als Ereignisse genannt werden, die wesentlich mit<br />
der Entstehung des <strong>Karmel</strong>itenordens zu tun haben.<br />
Seinen Namen verdankt der Orden einem langgestrecktem Bergrücken an der<br />
Mittelmeerküste, der sich von Haifa weit in das Land Palästina hinein ausdehnt. 250<br />
Schon im Alten Testament hatte dieser Berg die Menschen zum stillen Verweilen<br />
und Gebet eingeladen. Hier lebte der Prophet Elija, der geistige Vater des <strong>Karmel</strong>i-<br />
tenordens. In dem berühmten Wettstreit mit den Baals-Propheten verteidigte er<br />
den Glauben an Jahwe gegen jede Entehrung und gegen jede Form von Synkretis-<br />
mus. Durch diese Aufsehen erregende Aktion führte er das wankelmütige Volk<br />
Israel wieder zu Jahwe zurück. Hier auf dem <strong>Karmel</strong> hat Elija Feuer vom Himmel<br />
herabgerufen, und von hier aus brach er zur letzten Reise nach Moab auf, wo<br />
nochmals Feuer vom Himmel fiel, um ihn zu entrücken. Elijas tiefe Gottverbun-<br />
denheit und seinen ungestümen Eifer für die Sache Gottes nahm sein Schüler<br />
Elischa mit Begeisterung auf und hielt sie lebendig. Jahrhunderte hindurch haben<br />
sich immer wieder Gottsuchende in die Einsamkeit des <strong>Karmel</strong> zurückgezogen<br />
und ein Leben der Entsagung geführt. 251<br />
Zur Zeit der Kreuzzüge ließen sich Pilger und Kreuzfahrer aus dem Abendland an<br />
der Elijasquelle am Berg <strong>Karmel</strong> nieder und errichteten zu Ehren der Muttergottes<br />
eine kleine Kapelle. Als sich die Eremiten entschlossen, eine organisierte Lebens-<br />
form anzunehmen, wandten sie sich an Albert, den Patriarchen von Jerusalem. Sie<br />
baten ihn, ihre Lebensweise in Form einer Regel aufzuschreiben und gutzuheißen.<br />
250 Der <strong>Karmel</strong> (hebr. „Baumgarten“) ist das südlich der Bucht von Akko als Kap in die Küstenebene<br />
ragende Gebirge. Der in südöstliche Richtung verlaufende Bergrücken hat eine Länge<br />
von ungefähr 33 km und ist bis zu 546 m hoch. Vgl. Bohlen, <strong>Karmel</strong>, 1251.<br />
251 Vgl. Fornara, Elija, 19ff.<br />
84
Irgendwann zwischen 1206 und 1214 gab Albert den Eremiten die gewünschte<br />
Lebensordnung (formula vitae). 252<br />
Einige Jahre später (1226) erhielten sie durch Papst Honorius III. auch höchste<br />
kirchliche Bestätigung, die nicht ganz selbstverständlich war. Das 4. Laterankonzil<br />
von 1215 hatte nämlich – um das Ausufern stets neuer Ordensgründungen einzu-<br />
dämmen – beschlossen und festgelegt, daß zukünftige neue Gemeinschaften auf<br />
eine bereits bestehende Regel zurückgreifen müßten. Für die <strong>Karmel</strong>iten hätte dies<br />
bedeutet, daß sie unter der allgemeinen Regel der Augustiner-Eremiten aufge-<br />
gangen wären. In einem Schreiben an den Papst konnten die <strong>Karmel</strong>iten aber<br />
erfolgreich darauf verweisen, daß Patriarch Albert ihnen die Regel bereits vor dem<br />
Verbot des Laterankonzils übergeben hatte und sie somit kirchenrechtlich bereits<br />
bestanden hatten. Unter Papst Gregor IX. wurde das Gesetzeswerk Alberts als<br />
Regel bezeichnet, und in der Bulle vom 6. April 1229 verbot er den Eremiten,<br />
Ländereien oder Güter zu besitzen. In diesen und ähnlichen Schritten vollzieht<br />
sich mehr und mehr die faktische Anerkennung ihrer Eigenständigkeit. 253<br />
Allmählich wurden die <strong>Karmel</strong>eremiten als „Brüder Unserer Lieben Frau vom<br />
Berg <strong>Karmel</strong>“ bekannt, ein Titel, der dann 1252 zum ersten Mal in einem päpst-<br />
lichen Schreiben auftaucht, und schließlich entwickelte sich daraus ihre offizielle<br />
Bezeichnung: „Orden der Brüder der Seligen Jungfrau Maria vom Berge <strong>Karmel</strong>“.<br />
Ihre Spiritualität war bestimmt von einer ausgeprägten Marienfrömmigkeit, ver-<br />
bunden mit der Verehrung des Propheten Elija. Im Gegensatz zu den Franzis-<br />
kanern oder Dominikanern konnten die <strong>Karmel</strong>iten keinen bestimmten Gründer,<br />
geschweige denn ein Gründungsdatum vorweisen. Es besteht jedoch eine<br />
Verbindung mit dem Propheten Elija, die erstmals von Jacques de Vitry (von 1216<br />
bis 1228 Bischof von Akkon) bezeugt wurde. Dieser schrieb, daß „andere“ in<br />
Nachahmung des hl. Anachoreten, des Propheten Elija, am Berg <strong>Karmel</strong> ein<br />
Einsiedlerleben führen und in der Nähe der Elijasquelle in bescheidenen Zellen<br />
leben. Elija galt für die Eremiten als erster Einsiedler und Wüstenvater. 254<br />
1238 wurden die <strong>Karmel</strong>iten durch den Einfall der Sarazenen aus Palästina<br />
vertrieben und ließen sich im Abendland nieder. Erste Niederlassungen erfolgten<br />
252 Vgl. Giordano, <strong>Karmel</strong>, 56f.<br />
253 Vgl. Smet/Dobhan, <strong>Karmel</strong>iten, 25f.<br />
254 Vgl. Platting, Elija, 188.<br />
85
auf Zypern, Sizilien und in Südfrankreich. Anfangs versuchten die <strong>Karmel</strong>iten ihr<br />
Eremitenleben in Europa fortzuführen, aber es dauerte nur kurze Zeit, bis sie den<br />
Papst um eine Änderung ihrer Regel baten. Die Regel wurden den neuen Lebens-<br />
verhältnissen angepaßt und 1247 von Papst Innozenz IV. bestätigt. Die Änderun-<br />
gen bewirkten sehr bald einen grundlegenden Wandel der Lebensweise der<br />
<strong>Karmel</strong>iten. Nun durften auch Klöster in Städten und Dörfern gegründet werden,<br />
was für den Orden selbst eine mehr zönobitische Lebensform zur Folge hatte.<br />
Anscheinend war es schwer, in einsamen Gegenden bewohnbare Plätze zu finden,<br />
die ihren Lebensunterhalt garantierten. Deshalb mußten sie sich in bewohnten<br />
Gegenden niederlassen, um dort von den Gläubigen die notwendigen Almosen zu<br />
erhalten. Durch die Anpassung an die städtischen Verhältnisse begannen die<br />
<strong>Karmel</strong>iten allmählich aktive Seelsorgearbeit zu übernehmen. In dem Maß, als die<br />
Gründungen in den Städten zunahmen, wurde aus der verborgenen Lebensweise<br />
mehr und mehr ein aktives Leben. 255<br />
Die Übernahme der Seelsorge führte fast zwangsläufig zu den neuentstandenen<br />
Mendikantenorden, die um diese Zeit in der Kirche aufblühten. In Nachahmung<br />
der Franziskaner und Dominikaner änderten einige heute noch bestehende Orden<br />
ihre Lebensweise und wurden Mendikanten, wie die Augustiner und Serviten. Zu<br />
ihnen gehörten auch die <strong>Karmel</strong>iten, die allmählich die päpstlichen Privilegien<br />
erhielten, die für die Ausübung des Apostolates notwendig waren. Trotz zahl-<br />
reicher Vollmachten standen die <strong>Karmel</strong>iten noch nicht auf der gleichen Stufe mit<br />
den Franziskanern und Dominikanern, denn sie benötigten immer noch die<br />
Erlaubnis der zuständigen Diözesanbischöfe. 256<br />
Auf dem zweiten Konzil von Lyon (1274) wurde das 1215 erlassene Verbot neuer<br />
Ordensgründungen bekräftigt. Zahlreiche kleinere Bettelorden wurden aufgelöst,<br />
und der <strong>Karmel</strong>orden mußte abermals um seine Existenzberechtigung fürchten.<br />
Letztlich setzte das Konzil von Lyon die vier Bettelorden der Kirche fest: Franzis-<br />
kaner, Dominikaner, <strong>Karmel</strong>iten und Augustiner. In den folgenden Jahren erlang-<br />
ten die <strong>Karmel</strong>iten ihre volle Anerkennung als Mendikantenorden. 257<br />
255 Vgl. Platting, Elija, 189f.<br />
256 Vgl. Smet/Dobhan, <strong>Karmel</strong>iten, 31f.<br />
257 Vgl. Smet/Dobhan, <strong>Karmel</strong>iten, 34f.<br />
86
Der allgemeine Niedergang des religiösen Lebens im 14. und 15. Jahrhundert<br />
führte dazu, daß die <strong>Karmel</strong>iten Papst Eugen IV. 1432 baten, ihre Ordensregel ein<br />
weiteres Mal zu mildern. Diese Milderung leistete jedoch Vorschub für die innere<br />
Spaltung des Ordens. Denn bereits Anfang des 15. Jahrhunderts breitete sich der<br />
Geist der Reform aus, der die Beseitigung der Mißstände im Orden anstrebte und<br />
sich um die Rückkehr zur ursprünglichen Regel von 1247 bemühte. 258<br />
Der weibliche Ordenszweig, die <strong>Karmel</strong>itinnen, entstand 1452 auf Initiative des<br />
Ordensgenerals Johannes Soreth (1394-1471). Dieser übergab die <strong>Karmel</strong>regel<br />
einer Gemeinschaft von „Beginen“, die zu Ten Elsen in Geldern (Holland) lebte.<br />
Die Gründung wurde von Papst Nikolaus V. mit der Bulle „Cum nulla“ vom<br />
7. Oktober 1452 bestätigt, und somit war der Anfang für die Schwesterngemein-<br />
schaften der <strong>Karmel</strong>itinnen getan. Es folgten Niederlassungen in Florenz,<br />
Nieukerk, Dinant, Liege, Haarlem, Huy, Bondon, Namur, und Vilvoorde. 259<br />
In ein Kloster, in dem man nach der gemilderten Regel lebte, trat 1535 in Avila<br />
Teresa de Ahumada ein. Nach ihrer Bekehrung gründete sie – bewegt durch<br />
mystische Gnaden und durch die geistigen Nöte ihrer Zeit – 1562 unter erheb-<br />
lichen Schwierigkeiten in Avila das erste Frauenkloster nach dem ursprünglichen<br />
Geist des Ordens. Von diesem Kloster aus, das zu Ehren des hl. Josef errichtet<br />
wurde, machte sich Teresa auf den Weg und durchreiste unermüdlich die<br />
spanische Halbinsel. Sie gründete zahlreiche Klöster für Frauen und Männer, die<br />
zur strengen Observanz zurückkehren wollten. Ab dieser Zeit begann die Spal-<br />
tung des Ordens in den <strong>Karmel</strong> Alter Observanz (OCarm) und in den <strong>Karmel</strong> der<br />
teresianischen Reform (OCD). Die hl. Teresa von Jesus (1515-1582) 260 stellte ihren<br />
Töchtern als Hauptaufgabe die Pflege eines Lebens apostolischer Beschaulichkeit<br />
im Dienste der Kirche vor Augen. In Anspielung auf ihre strenge Lebensführung<br />
nannte man sie Unbeschuhte <strong>Karmel</strong>itinnen. 261 Durch den hl. Johannes v. Kreuz<br />
(1542-1591) entstand im Jahr 1568 in Durvelo das erste männliche Reformkloster<br />
258 Vgl. Schwaiger, <strong>Karmel</strong>iten, 275.<br />
259 Vgl. Smet/Dobhan, <strong>Karmel</strong>iten, 139ff.<br />
260 Bis zu ihrem Tod am 4. Oktober 1582 in Alba de Tormes gründete Teresa von Jesus insgesamt<br />
17 Frauenklöster. Teresa wurde 1614 selig- und 1622 heiliggesprochen. 1965 wurde sie zur<br />
Patronin der spanischen Schriftsteller ernannt und 1970 erhielt sie den Titel einer Kirchenlehrerin.<br />
261 Vgl. Bruggraf, Teresa, 39ff.<br />
87
der Unbeschuhten <strong>Karmel</strong>iten. Bald breitete sich der Orden in ganz Spanien aus<br />
und bildete seit 1581 eigene Provinzen. 262<br />
c) <strong>Karmel</strong>itinnen in Österreich<br />
Im Jahre 1590 schifften sich vier Schwestern aus Malagon in Barcelona ein, um die<br />
erste teresianische Gründung außerhalb Spaniens in Genua vorzunehmen. Von<br />
Genua aus kam es zur Gründung in Rom (1610) und später in Terni (1618). Durch<br />
die beiden Klöster in Genua und Terni sollte die Gründung in Wien-Salzgries<br />
erfolgen.<br />
Kaiser Ferdinand II. hatte als Dank für den Sieg am Weißen Berg bereits 1622 die<br />
ersten <strong>Karmel</strong>iten nach Wien geholt. Seither hegte seine zweite Gemahlin, Kaiserin<br />
Eleonora, den Wunsch, daß auch ein <strong>Karmel</strong>itinnenkonvent entstehe. 1629 waren<br />
dann alle Schwierigkeiten überwunden und die Kaiserin stiftete ein Kloster zu<br />
Ehren des hl. Josef, das sie vier Schwestern aus Italien übergab. 263 Da an dem<br />
Gebäude ein Schild mit der Aufschrift „Zu den sieben Büchern“ hing, nannte man<br />
die Schwestern fortan „Siebenbücherinnen“. 264<br />
Das <strong>Karmel</strong>itinnenkloster in Wien wurde als Ausgangspunkt für weitere Grün-<br />
dungen im deutschsprachigen Raum genutzt. Daher achteten die Schwestern be-<br />
sonders sorgfältig auf die Auswahl der Kandidatinnen, die sich in großer Zahl<br />
bewarben.<br />
So kam es 1643 zur Gründung des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters in Graz, welches Kaiser<br />
Ferdinand III. und die Kaiserin Eleonora zu Ehren der Mutter Gottes stifteten. Als<br />
Priorin wurde Mutter Maria Electa a Jesu und als Subpriorin Schwester Franziska<br />
Theresia bestimmt. Mutter Paula Maria a Jesu begleitete diese beiden Schwestern<br />
nach Graz, kehrte aber nach 6 Monaten wieder nach Wien zurück. 265<br />
1656 wurde die Gründung eines Klosters in Prag vorgenommen, dessen Stifter<br />
Kaiser Ferdinand III. und seine Gemahlin Maria Anna waren. Zur Priorin dieser<br />
262 Die unvermeidlichen Spannungen mit dem Stammorden führten dazu, daß 1593 eine totale<br />
Abtrennung der „Unbeschuhten“ erfolgte. Vgl. Dobhan, <strong>Karmel</strong>, 1255.<br />
263 Die Gründerinnen waren: Mutter Paula Maria von Jesus, Mutter Marie Theresia a S. Onuphrio,<br />
Maria Catharina a S. Dominico und Maria Electa a Jesu. Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 27f.<br />
264 Vgl. Loidl, Wien, 102.<br />
265 Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 37.<br />
88
Neugründung wurde Mutter Maria Electa erwählt, die in Begleitung von Schwes-<br />
ter Theresia a Jesu von Graz nach Wien reiste. Von dort nahmen sie noch vier<br />
Schwestern mit und begaben sich gemeinsam nach Prag, wo der Konvent sehr<br />
rasch wuchs. 266<br />
Das Kloster in Wiener Neustadt verdankt seine Entstehung 1665 der jungen<br />
Witwe des Feldmarschalls Freiherr von Zaratek. Diese hochherzige Frau ver-<br />
wendete nicht nur ihr Vermögen für dieses Werk, sondern verbrachte selbst ihr<br />
weiteres Leben im <strong>Karmel</strong>. Mit Unterstützung der Fürstin Maria Antonia Josepha<br />
von Montecuccoli wurde 1706 von Wiener Neustadt aus ein Kloster in St. Pölten<br />
gestiftet. 267 Eine weiteres <strong>Karmel</strong>itinnenkloster konnte 1710 in Linz gegründet<br />
werden. 268<br />
Die Schwestern im Kloster am Salzgries erlebten seit ihrer Gründung so manche<br />
freudige, aber auch leidvolle Zeit. Große Gefahr drohte ihnen 1683, als die Türken<br />
die Stadt Wien belagerten. Doch kurz vor der Eroberung wurden die Feinde von<br />
einem christlichen Heer geschlagen. Danach konnten die Schwestern ihr stilles<br />
und ruhiges Leben weiterführen. Dieses sollte sich aber unter Kaiser Josef II.<br />
wesentlich ändern.<br />
Im Verlauf der Säkularisation veranlaßte er 1782 die Aufhebung sämtlicher<br />
„unnötigen“ Klöster. Von der Aufhebungswelle waren auch die <strong>Karmel</strong>itinnen-<br />
klöster in Wiener Neustadt, St. Pölten, Graz und Wien betroffen. 269 Zu dieser Zeit<br />
befanden sich im Kloster St. Josef in Wien 18 Schwestern und eine Novizin. Die<br />
Schwestern verließen bis Ende Mai ihr Haus und schlossen sich den noch<br />
bestehenden Klöstern an. Als auch diese aufgelöst wurden, verlieren sich ihre<br />
Spuren. Das Kloster wurde in ein Polizeigefängnis umgewandelt und in den<br />
Jahren 1882-1885 demoliert. 270<br />
Die Schwestern in Prag durften das aufgelöste Zisterzienserinnenkloster Frauen-<br />
thal außerhalb Prags übernehmen und dort ihr Klosterleben weiterführen. Nach<br />
zehnjährigem Exil ließ man sie nach Prag zurückkehren und in das einstige<br />
266 Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 39f.<br />
267 Vgl. Prüller, <strong>Karmel</strong>itinnen, 32f.<br />
268 Vgl. Heimbucher, Orden, 86.<br />
269 Vgl. Winner, Klosteraufhebungen, 96.<br />
270 Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 64ff.<br />
89
Barnabitenkloster auf dem Hradschin einziehen, da ihr ursprüngliches Kloster<br />
dem Orden der Englischen Fräulein übergeben worden war. Die Wiederbelebung<br />
der <strong>Karmel</strong>itinnen in Österreich im 19. Jahrhundert nahm von diesem Konvent<br />
ihren Ausgang. 271<br />
Vom Prager <strong>Karmel</strong> aus erfolgte zuerst eine Neugründung in Gmunden (1828)<br />
und ein Jahr darauf in Graz. Die Grazer Gründung wurde dann selbst wieder<br />
Stammkloster für vier weitere Klöster: Linz 1860, Wien 1879, Selo und <strong>Mayerling</strong> 1889.<br />
Die Gründungsgeschichte des Wiener <strong>Karmel</strong>s St. Josef begann 1843, als sich die<br />
beiden Geschwister Juliana und Anna Kreutmayer mit einer kleinen Schar von<br />
Jungfrauen zusammentaten und sich bemühten, in einem von ihnen erworbenen<br />
Haus nach der <strong>Karmel</strong>regel zu leben. Immer wieder versuchten sie entweder die<br />
Gründung eines eigenen Konventes zu erwirken oder in einem anderen Kloster<br />
Aufnahme zu finden. Nach 28 Jahren geduldigen Ausharrens hatte die Priorin des<br />
Grazer <strong>Karmel</strong>s, Mutter Maria Euphrasia, ihnen Hilfe zugesagt und nahm die<br />
Stiftung an. Nachdem die behördliche Erlaubnis erfolgt war, konnten sich vier<br />
Schwestern 272 von Graz nach Wien-Baumgarten begeben. Als Voraussetzung für<br />
die Stiftung legte die Mutter Priorin fest, die Eignung der bereits dort lebenden<br />
neun Jungfrauen für das Ordensleben zu bestimmen. Dieses war eine schwere<br />
Aufgabe, denn es mußten bereits zu Beginn drei wegen großer Kränklichkeit<br />
entlassen werden. Die übrigen sechs begannen ihr Postulat, wobei sich aber bald<br />
zeigte, daß vier davon schon zu alt waren. Doch durften sie mit päpstlicher<br />
Erlaubnis als Tertiarinnen des Dritten Ordens in der Klausur leben. 273 Nur die<br />
beiden Jüngsten wurden mit einer weiteren Kandidatin am 11. Mai eingekleidet.<br />
Relativ langsam konnte die herrschende Armut gemildert werde, wobei der<br />
Grazer <strong>Karmel</strong> und Graf Leopold von Lilienthal zu den großen Wohltätern<br />
zählten, die immer wieder für das Notwendigste sorgten. Im Jahre 1881 wurde mit<br />
der Planung eines neuen Klostergebäudes begonnen, und Baumeister Schmalz-<br />
271 Vgl. Huttner, <strong>Karmel</strong>itinnen, 24.<br />
272 Die Gründungsschwestern waren: Mutter Maria Euphrasia von den hl. fünf Wunden,<br />
Schwester Maria Archangela vom hlst. Herzen Jesu, Schwester Maria Johann vom Kreuz und<br />
Schwester Maria Aloysia von der göttlichen Vorsehung.<br />
273 Als Schwestern in den Dritten Orden wurden aufgenommen: Die beiden Ältesten, Juliana und<br />
Anna Kreutmayer, sie hießen nun Schwester Beatrix von der hl. Theresia und Schwester<br />
Angela vom Leiden Christi, ferner Anna von der hl. Familie und Schwester Elia von der<br />
Unbefleckten Empfängnis. Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 80.<br />
90
hofer führte die Arbeiten im Sinne von Mutter Euphrasia aus. Nach erheblichen<br />
Schwierigkeiten wurde die Bauerlaubnis gegeben, und am 15. Oktober 1882<br />
erfolgte die Grundsteinlegung. Ein eigentümlicher Umstand führte dazu, daß am<br />
selben Tag das ehemalige <strong>Karmel</strong>itinnenkloster vom Salzgries – genau 100 Jahre<br />
nach der Aufhebung – der Demolierung übergeben wurde. Bereits nach einjähri-<br />
ger Bauzeit konnte den Schwestern am 14. Oktober 1883 ihr neues Kloster über-<br />
geben werden. 274<br />
In den folgenden Jahren fehlte es nicht an Kandidatinnen, und die Zahl der<br />
Schwestern wurde immer größer. Dieser Umstand führte dazu, daß man dem<br />
Wunsch von Christine Bernard nachkommen konnte, die in Selo bei Laibach ein<br />
Kloster errichten wollte. Inmitten der Vorbereitungsarbeiten für diese im Jahr 1889<br />
geplante Neugründung kam die überraschende Anfrage einer weiteren Neu-<br />
gründung in <strong>Mayerling</strong>.<br />
2. Der Umbau des Jagdschlosses in ein Kloster<br />
a) Das Kloster<br />
Nachdem die <strong>Karmel</strong>itinnen ihre Zusage für die Neugründung in <strong>Mayerling</strong><br />
gegeben hatten, konnte mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden.<br />
Ursprünglich sollte Friedrich von Schmidt, Dombaumeister von St. Stephan, den<br />
Umbau durchführen. Da jedoch Baumeister Josef Schmalzhofer mit vollster Zu-<br />
friedenheit der <strong>Karmel</strong>itinnen das Kloster in Wien-Baumgarten errichtet hatte,<br />
entschied der Kaiser, ihm die Arbeiten zu übergeben. Ebenso übertrug er der<br />
Priorin Euphrasia Kaufmann, die schon gewisse Erfahrungen beim Bau ihres<br />
Klosters gesammelt hatte, die notwendigen Vollmachten. Im Laufe der Bau-<br />
arbeiten wurde außerdem Hofsekretär Heinrich Schemfil als Architekt heran-<br />
gezogen. 275<br />
274 Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 81ff.<br />
275 An der Rückwand in der Kirche neben dem Eingangsportal ist eine Marmortafel angebracht<br />
mit der Inschrift: Erbaut im Jahre 1889 aus allerhöchsten Privatmitteln Seiner k. und<br />
k. Apostolischen Majestät Franz Joseph I., k. u. k. Hofsekretär H. Schemfil Architekt, J. Schmalzhofer<br />
Baumeister.<br />
91
Damit das Jagdschloß in ein Kloster umgewandelt werden konnte, kaufte Kaiser<br />
Franz Joseph den gesamten Besitz (Jagdschloß, Villa und <strong>Mayerling</strong>er Hof samt<br />
einigen Grundstücken) um 60.000 Gulden. 276 Die Bauparzelle Nr. 5 mit der darauf<br />
erbauten Laurentius-Kirche, die noch im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz war,<br />
erwarb der Kaiser um einen sehr niedrigen Kaufpreis von nur 1.000 Gulden. 277<br />
Außerdem verzichtete das Stift Heiligenkreuz zu Gunsten des Kaisers auf das<br />
Vorkaufsrecht bezüglich des <strong>Mayerling</strong>er Hofes.<br />
Bevor ein Bauplan entworfen werden konnte, mußte der Baumeister, da keine<br />
Zeichnungen mehr vorhanden waren, das Schloß neu vermessen. Zu diesem<br />
Zweck fuhr er mit einem Maurerpolier nach <strong>Mayerling</strong> und ließ sich vom orts-<br />
kundigen Schloßverwalter Zwerger dabei helfen. 278<br />
Um sich ein authentisches Bild der Räumlichkeiten zu machen, begab sich die<br />
Priorin in Begleitung der Subpriorin Johanna vom Kreuz, des Beichtvaters Caspar<br />
Foraschik, des Klostervaters Schuch und des Baumeisters Schmalzhofer am<br />
3. April 1889 nach <strong>Mayerling</strong>. 279 Die Laurentius-Kirche und das Jagdschloß mit<br />
den umliegenden Gebäuden wurden besichtigt. Dann wurde entschieden, welche<br />
Räumlichkeiten weiterhin genutzt werden konnten bzw. durch einfache bauliche<br />
Veränderungen den Bedürfnissen der Schwestern anzupassen waren.<br />
Bereits an Ostern 1889 begann man mit<br />
den Bauarbeiten. Zunächst mußte das<br />
Sterbezimmer Rudolfs sowie das Osttor<br />
und ein Teil des Dienertraktes abgerissen<br />
werden. Nun konnte das Kloster mit dem<br />
noch bestehenden Teil des alten Schlos-<br />
ses zu einem Quadratbau errichtet wer-<br />
den. Als Mittelpunkt teilt der Betchor der<br />
Schwestern den Gebäudekomplex in<br />
zwei Innenhöfe. Das Speisezimmer im<br />
Eichenholztreppe<br />
alten Jagdschloß wurde durch eine Wand in zwei Räume geteilt. Da in einem<br />
276 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 328f.<br />
277 Vgl. Kaufvertrag der Laurentius-Kirche vom 25. Mai 1889, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12.<br />
278 Vgl. Holler, <strong>Mayerling</strong>, 290.<br />
279 Vgl. Klosterchronik I, 11.<br />
92
<strong>Karmel</strong>kloster die einzelnen Zellen der Schwestern ganz schlicht und einfach<br />
ausgestattet sind, wurden sämtliche Parkettböden, Holzlamperien und Kamine<br />
herausgerissen. Unverändert blieb bis auf den heutigen Tag das Stiegenhaus mit<br />
der Eichenholztreppe. 280<br />
Die Umbaumaßnahmen wurden durch unerwartete Vorkommnisse immer wieder<br />
gestört. So wollte man die vom Kaiser bereits genehmigten Pläne ändern und<br />
einen Prachtbau ausführen. Diese Idee war ganz gegen die Ordensregel und auch<br />
gegen den Willen der <strong>Karmel</strong>itinnen. In ihrer Not wandte sich die Priorin in einem<br />
Schreiben an den Kaiser und bat ihn um Hilfe. Unverzüglich verfügte dieser, daß<br />
der Bau gemäß den Angaben der Schwestern und nach deren Konstitutionen zu<br />
erfolgen habe. Nur die Kirche sollte mit mehr Pracht ausgestattet werden, als es<br />
sonst üblich sei. 281<br />
In Zukunft sollte der sogenannte „Elisabethtrakt“ dem Kaiserpaar bei seinen<br />
Besuchen in <strong>Mayerling</strong> als Absteigequartier dienen. Daher wurde das schadhafte<br />
Dach erneuert und die Zimmer mit dem nötigen Inventar eingerichtet.<br />
Im Dienertrakt entstand die Klosterküche und das Refektorium. Die ehemalige<br />
Kegelbahn wurde als gemütlicher Platz für die Rekreationsstunden der Schwes-<br />
tern umfunktioniert.<br />
Der Garten wurde wesentlich vergrößert und mit einer hohen Klausurmauer<br />
umgeben. Die kleine Parkanlage mit den beiden Springbrunnen mußte einem<br />
schlichten Klostergarten weichen. Ein Teil dieser Fläche wurde für Gemüse und<br />
Obstanbau genutzt. 282 Am Teepavillon des Kronprinzen, der heute noch erhalten<br />
ist, nahm man keine Veränderungen vor. 283<br />
b) Der Bau der Kirche<br />
Nach dem Willen des Kaisers sollte Rudolfs Sterbezimmer in eine Kirche umge-<br />
wandelt werden, damit dieser Raum nicht mehr zu profanen Zwecken verwendet<br />
werden konnte. Aus diesem Grund ließ Baumeister Schmalzhofer das besagte<br />
280 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 343.<br />
281 Vgl. Klosterchronik I, 16.<br />
282 Vgl. Klosterchronik I, 47.<br />
283 Mittlerweile ist dieser Pavillon durch Witterungseinflüsse renovierungsbedürftig geworden.<br />
93
Der Umbau des Jagdschlosses <strong>Mayerling</strong> in ein <strong>Karmel</strong>itinnenkloster. Grundriß des Erdgeschosses.<br />
Rekonstruktion: Fritz Judtmann.<br />
Zimmer mit dem darüberliegenden Schlafzimmer sowie die dahinter liegenden<br />
Räume (Vorraum mit schmaler Treppe, Badezimmer und Nebenräume) abtragen.<br />
Das quadratische Sterbezimmer wurde um die gleiche Länge aus dem Gebäude<br />
herausgezogen, so daß sich ein rechteckiger Grundriß im Ausmaß von 7,30 x 14<br />
Meter für die zu errichtende Kirche ergab.<br />
Die in neugotischem Stil erbaute Kirche überragt die beiden seitlich anschließen-<br />
den Klostertrakte. Das Presbyterium liegt um eine Stufe höher als das Kirchen-<br />
schiff und ist von diesem durch ein geschmiedetes Kommuniongitter getrennt.<br />
Zwei Säulenreihen teilen das Längsschiff in einen breiten, freistehenden Mittel-<br />
und in zwei schmälere Seitenteile, in denen jeweils 4 Kirchenbänke stehen. Insge-<br />
samt ruhen sechs Säulen aus hellgrauem griechischen Marmor auf viereckigen,<br />
94
80 cm hohen Sockeln. Aus den Pfeilerschäften schwingen sich je vier Dreiviertel-<br />
säulen empor, die sich in den Rippen des Gewölbes verlieren. Von Säule zu Säule<br />
ranken sich Blumenornate. In der Mitte des Gewölbes wird das Rippenwerk durch<br />
Schlußsteine abgeschlossen. Der Schlußstein im Presbyterium zeigt das Lamm mit<br />
den sieben Siegeln.<br />
Die Wände sind mit einer 2 Meter hohen Holzvertäfelung versehen, die sich mit<br />
ihrer Verzierung stilgerecht in den Kirchenraum einfügt.<br />
Der Hochaltar wurde auf Wunsch des Stifters unmittelbar an der Unglücksstelle,<br />
wo Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera tot aufgefunden wurden, errichtet. Zwei<br />
Steinstufen führen zu diesem in neugotischem Stil errichteten Altar empor. Die<br />
Mensa ruht hinten auf einem Marmoruntersatz und wird vorne von vier Säulen<br />
getragen. In den ausgemeißelten Nischen des Altaraufsatzes stehen die vier<br />
Evangelisten, ihr jeweiliges Symbol und eine Evangelienrolle in den Händen<br />
haltend. Zierliche Fialen bilden den Abschluß der Nischen. An beiden Seiten hält<br />
je ein Engel ein Spruchband mit den Worten: „Altare privilegiatum“.<br />
Der Tabernakel ist in seiner edlen Form und Ausführung dem Hochaltar ange-<br />
paßt. Die mit feinstem Gold überzogenen Türen tragen symbolische Figuren in<br />
wertvoller Emailarbeit. Auf einem Flügel ist der Vogel Phönix dargestellt, der aus<br />
den Flammen verjüngt hervorgeht. Der Pelikan auf der anderen Seite nährt seine<br />
Jungen mit dem eigenen Herzblut. Auf dem Tabernakel ruht der Aussetzungs-<br />
thron für das Allerheiligste, dessen dachförmiger Marmorbaldachin von vier<br />
zarten Säulen getragen wird. Seine Rückwand bildet ein Glasfenster, daß den<br />
Schwestern von ihrem dahinter liegenden Betchor aus den Blick auf das ausge-<br />
setzte Allerheiligste ermöglicht. Der Tabernakel selbst ist durchgehend gebaut<br />
und mit eine Glasscheibe abgeteilt. Zu bestimmten Anlässen können die Schwes-<br />
tern im Betchor die Tabernakeltür öffnen und so eine feierliche Anbetung vor dem<br />
Allerheiligsten halten. Über dem Aussetzungsthron erhebt sich an der Altarwand<br />
ein Kreuz mit dem Erlöser. Am Fuße des Kreuzes stehen seine Mutter Maria und<br />
der hl. Johannes.<br />
95
Das große Fresko über dem Hochaltar wurde vom Historienmaler Josef Kastner<br />
für 6000 Gulden gemalt. Der bekannte Historienmaler begann seine Arbeit am<br />
29. Mai 1891 und vollendete sie im Herbst des selben Jahres. 284<br />
In der Mitte dieses Bildes kniet der hl. Josef mit einer Lilie in der Hand. Ihm ist<br />
diese Kirche und das Kloster geweiht. Zudem ist er als Patron der Kaiserhauses<br />
dargestellt. Mit flehendem Blick zur Heiligsten Dreifaltigkeit gewandt, weist er<br />
auf die österreichisch-ungarischen Wappen hin, die zwei Engel ihm entgegen-<br />
halten. Im Gebet vereinigen sich mit ihm die Schutzheiligen Österreichs, des<br />
Kaiserhauses und herausragende Heilige des <strong>Karmel</strong>iterordens. Auf der linken<br />
Seite kniet mit bittend erhobenen Händen der hl. Stephan und neben ihm der<br />
Märtyrerknabe Rudolf. An diesen schließt sich der hl. Franz von Assisi an. Im<br />
Hintergrund wendet sich die hl. Elisabeth mit einem Mantel voll blühender Rosen<br />
nach oben. Rechts von ihr betet die hl. Sophie. In Richtung Mitte zu kniet der<br />
hl. Johannes vom Kreuz, der Vater und Lehrer des reformierten <strong>Karmel</strong>s. In der<br />
Gruppe auf der linken Seite befinden sich der Patron Österreichs, der hl. Leopold,<br />
sowie die hl. Gisela, die hl. Valeria, der hl. Severin und Karl der Große. Weiters<br />
folgen die hl. Teresa, die Mutter des <strong>Karmel</strong>itinnenordens, und an ihrer Seite die<br />
hl. Euphrasia. Neben dem Altarkreuz, das in das Altarbild hineinragt, schweben<br />
zwei Engel und weisen tröstend auf die Erlösungstat Jesu hin. In lichter Höhe<br />
thront, von Engel umgeben, die Heiligste Dreifaltigkeit. Auf sie werfen alle<br />
dargestellten Personen ihren bittenden Blick.<br />
Vier vergitterte Fenster im Presbyterium verbinden das Innere des Klosters mit<br />
der Kirche. Die beiden Fenster an der Altarwand führen in den dahinter liegenden<br />
Betchor der Schwestern. Die beiden übereinanderliegenden Fenster auf der linken<br />
Seite gehörten zum Oratorium der Schwestern. Auf der gegenüberliegenden Seite<br />
befindet sich das Sakristeifenster und darüber das Fenster des kaiserlichen Orato-<br />
riums.<br />
Vor dem Presbyterium führt links eine hohe gläserne Flügeltür in die 4 x 4 Meter<br />
große Seitenkapelle. Hier befand sich früher das Zimmer des Kammerdieners<br />
Loschek, und im ersten Stock hatte die Kronprinzessin Stephanie ein Schreibzim-<br />
284 Vgl. Klosterchronik I, 63.<br />
96
mer. 285 Der mit reichem Goldschmuck und wertvollen Alabastersäulen verzierte<br />
Barockaltar trägt über dem Aussetzungsthron die Inschrift: „Salve Regina!“ An<br />
der Vorderseite des Altares, unterhalb der Mensa, ist ein kunstvolles Relief in<br />
Altsilber, welches die Geburt Jesu darstellt, angebracht. Der Altar ist eine<br />
Jubiläumsgabe des Künstlers Jarog an Kaiser Franz Joseph, der ihn seiner Tochter<br />
Erzherzogin Marie Valerie schenkte. Diese wiederum stiftete den Altar für die<br />
Seitenkapelle, die auf Wunsch ihres Vaters der Schmerzhaften Muttergottes<br />
geweiht ist. Außerdem wurde eine fast lebensgroße Statue der „Mater dolorosa“,<br />
ein Werk des Bildhauers Tilgner, neben dem Altar aufgestellt. 286<br />
Gegenüber der Seitenkapelle gelangt man durch eine massive Holztür in die<br />
äußere Sakristei. Im rückwärtigen Teil der Kirche führt auf der linken Seite eine<br />
kleine Wendeltreppe auf die Empore. Ein schmiedeeisernes Gitter trennt den<br />
Raum unter der Empore vom Kirchenschiff ab.<br />
Zwischen den seitlichen Strebepfeilern lassen bunte Glasfenster das Sonnenlicht in<br />
das Innere des Gotteshauses dringen. Diese sieben Fenster wurden von Freunden<br />
und Bekannten Rudolfs „mit dem Wunsch gestiftet, daß die Lichtstrahlen, welche<br />
durch diese Fenster dringen und die für Sein Seelenheil Betenden umfluthen, als<br />
leuchtende Sendboten Gottes, des ewigen Urquelles der unerschöpflichen Liebe<br />
und Barmherzigkeit, den trauernden Herzen Trost und Stärkung spenden<br />
mögen.“ 287 Die schön gemalten Fenster wurden im Atelier des Glasmalers Rudolf<br />
Geyling in Innsbruck angefertigt und in der zweiten Januarhälfte 1890 in der<br />
Kirche eingesetzt. 288<br />
Auf jedem dieser Fenster ist ein bestimmter Heiliger sowie eine Szene aus dessen<br />
Leben und dazu einzelne Wappen der Donaumonarchie abgebildet. Die auf der<br />
rechten Seite gelegenen Fenster zeigen den hl. Elias bei seinem geheimnisvollen<br />
Tod durch Entrückung auf einem feurigen Wagen und den hl. Joachim mit zwei<br />
Tauben. Im unteren Teil sind die Wappen von Oberösterreich, Salzburg, Nieder-<br />
285 Vgl. Judtmann, <strong>Mayerling</strong>, 343.<br />
286 Vgl. Schneider, <strong>Mayerling</strong>, 28.<br />
287 Das Duplikat der Schenkungsurkunde trägt die Unterschrift von 43 Herren, die um den<br />
verstorbenen Kronprinzen trauerten. Das Schriftstück ist im Klosterarchiv aufbewahrt. Das<br />
Original wurde am 5. April 1891 im Beisein der Unterzeichneten in die Stirnseite der Kirche<br />
eingemauert.<br />
288 Vgl. Klosterchronik I, 39.<br />
97
österreich, Istrien sowie von Schlesien, Kroatien, Steiermark und Dalmatien zu<br />
sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite findet man die Darstellungen der<br />
hl. Euphrasia und der hl. Anna, wie sie ihrem Kind Maria die Schrift erklärt. Dazu<br />
sind die Wappen von Bukowina, Görz/Gradiska, Triest, Galizien/Lodomerien<br />
und von Kärnten, Tirol, Krain, Vorarlberg eingefügt. An der Rückseite der Kirche<br />
über der Empore sind der hl. Hubertus und der hl. Rudolf sowie der Öster-<br />
reichische Doppeladler und das Wappen des Hauses Habsburg-Lothringen abge-<br />
bildet. Oberhalb schwingt ein Engel die Palme des Sieges und des Friedens. Die<br />
beiden Fenster links und rechts davon zeigen den hl. Johannes Nepomuk und den<br />
hl. Josef. Ferner sind die Wappen von Böhmen, Mähren und Ungarn sowie von<br />
Siebenbürgen zu sehen.<br />
Ein aus Lindenholz geschnitzter Kreuzweg, dessen Rahmen aus Eichenholz<br />
gefertigt ist, ziert die Kirchenwände. Es ist ein Geschenk des Kanonikus Prinz<br />
Philipp Arenberg, der 1905 dieses wertvolle Kunstwerk vom Architekten Müller<br />
in München anfertigen ließ. Der Architekt kam am 4. September 1906 und<br />
befestigte selbst die 14 Stationen an den Wänden. 289<br />
Nach Fertigstellung des Dachreiters oberhalb des Einganges zum Schwesternchor<br />
konnte am Fest der hl. Teresa von Avila (15. Oktober) das Kreuz aufgerichtet<br />
werden. Kurze Zeit später wurden die zwei Glocken geliefert und hinaufgezogen.<br />
Zur Freude der Schwestern und der Bewohner von <strong>Mayerling</strong> erklangen sie am<br />
31. Oktober 1889 zum abendlichen Angelus. 290 Die größere, sogenannte historische<br />
Glocke wurde von Kaiser Franz Joseph gestiftet und 1889 bei der Firma Gößner in<br />
Wien in Auftrag gegeben. Diese Glocke trägt auf der einen Seite das Bild der<br />
hl. Teresa mit der Inschrift „St. Theresia, ora pro nobis“ und auf der anderen Seite<br />
das Bild des hl. Josef mit der Inschrift „St. Joseph, ora pro nobis“. Auf der<br />
kleineren Glocke, die von der ehemaligen Laurentius-Kirche stammte, sieht man<br />
eine Kreuzigungsgruppe und die Muttergottes mit dem Jesuskind. Sie wurde im<br />
Jahre 1851 in der Glockengießerei Ignaz Hilzer in Wiener Neustadt gegossen.<br />
289 Vgl. Klosterchronik I, 200ff.<br />
290 Vgl. Klosterchronik I, 26f.<br />
98
Zu dem quadratischen Vorbau des Kircheneinganges führen auf drei Seiten Stein-<br />
stufen empor. Das Dach ruht auf vier Marmorsäulen und trägt auf dem vorderen<br />
Giebel eine große Herz-Jesu-Statue.<br />
Die mächtigen Flügel des Kirchentores sind aus Eichenholz geschnitzt und zeigen<br />
die Gestalten der zwölf Apostel. Zu beiden Seiten des Portals stehen auf Konsolen<br />
die Statuen der hl. Teresa von Avila und des hl. Johannes vom Kreuz. Sie werden<br />
von kleinen turmartigen Baldachinen überdacht.<br />
Die Giebelseite zieren Fialen und stufenartig aufsteigende Krabben. Das Kirchen-<br />
dach ist mit bunten Ziegeln gedeckt.<br />
<strong>Karmel</strong>itinnenkloster <strong>Mayerling</strong><br />
Im Anschluß an die Kirche befindet sich hinter dem Hochaltar der Betchor der<br />
Schwestern. Nur ein schlichter Altar, der Rücken an Rücken mit dem Altar in der<br />
Kirche steht, eine <strong>Karmel</strong>muttergottes mit dem Jesuskind und ein großes Kruzifix<br />
zieren diesen Raum.<br />
c) Abriß der Laurentius-Kirche<br />
Zunächst wollte man die Laurentius-Kirche in den Klosterkomplex integrieren<br />
und sie als Betchor der Schwestern verwenden. Doch es stellte sich heraus, daß<br />
dieses Vorhaben mit den Bauregeln des Ordens nicht in Einklang zu bringen war.<br />
99
So entschied man sich für den Abbruch der alten Wallfahrtskirche, der im<br />
Frühjahr 1889 erfolgte. 291<br />
Die innerhalb einer Umfassungsmauer gelegene Kirche hatte an der Außenseite je<br />
drei Strebepfeiler, die bis unter das Dach reichten. Durch oben abgerundete<br />
Fenster konnten die Sonnenstrahlen in das Innere der Kirche gelangen. Das Pres-<br />
byterium hatte einen geraden Chorabschluß und ziemlich hoch oben ein halb-<br />
rundes Fenster. An der Südseite war die Sakristei angebaut und an der Ecke des<br />
Presbyteriums befand sich eine Sonnenuhr. Der Turm trug ein vierseitiges<br />
Pyramidendach. 292<br />
Auf einem Chronogramm mit großen Buchstaben über dem Triumphbogen war<br />
zu lesen, daß diese Kirche zu Ehren des hl. Laurentius 1682 neu gebaut, jedoch bei<br />
der Türkenbelagerung von Wien 1683 zerstört und wieder durch den Abt Clemens<br />
Schäffer 1692 errichtet wurde. 293<br />
Der Altarraum hatte zwei Joche, die<br />
Wände waren mit einfachen toscanischen<br />
Pilastern umstellt, auf deren Kapitellen<br />
doppelte verkröpfte Gesimse aufruhten,<br />
darüber stiegen Kreuzgewölbe in gedrück-<br />
tem Korbbogen empor. Der Hochaltar<br />
stammte aus dem Jahr 1730, als Abt Robert<br />
eine Verschönerung der Kirche vornahm.<br />
Die mächtige Säulenarchitektur hatte<br />
neben der Mensa rechts und links einen<br />
bogenförmigen Eingang. Vier korinthische<br />
Säulen flankierten das große Altargemäl-<br />
de, das den Martertod des hl. Laurentius<br />
Hochaltar der Laurentius-Kirche<br />
darstellte. Zwischen den Säulen standen in Nischen die beiden Pestheiligen<br />
Rochus und Sebastian. Als Krönung folgte oben in der Mitte noch ein Aufbau mit<br />
einem ovalen Bild, das die Unbefleckte Empfängnis darstellte. Darüber schwebte<br />
der Heilige Geist, umgeben von einem Strahlenkranz. An den Gesimsen sowie<br />
291 Vgl. Mitteilung über die begonnene Demolierung der Kirche, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12.<br />
292 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 171.<br />
293 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 169f.<br />
100
neben dem Aufbau schwebten Engel. Daneben befanden sich die Statuen des hl.<br />
Bernhard und des hl. Franziskus. Die reiche Ornamentik von hängenden Blumen-<br />
ketten schmückte den Altar. 294<br />
Das Stift Heiligenkreuz hatte das Gotteshaus gebaut und über Jahrhunderte<br />
betreut, und nun mußte es mit ansehen, wie es mit einem Schlag beseitigt wurde.<br />
Nicht einmal die zweimalige Zerstörung durch die Türken konnte dieser Kirche<br />
ein Ende bereiten, denn immer wieder wurde sie neu aufgebaut. Doch dieses Mal<br />
führte der Tod des Kronprinzen Rudolf zum endgültigem Aus dieser Kirche.<br />
Pfarrer Rath von Alland berichtete darüber, daß die ganze Gegend bittere<br />
Wehmut über den Verlust der schönen Laurentius-Kirche empfand. 295<br />
Der Abt von Heiligenkreuz Heinrich Grünbeck wurde von der k. und k. General-<br />
direktion der Privat- und Familien-Fonde ersucht, die Portatilien und geweihten<br />
Gegenstände zu übernehmen. Die Einrichtung kam teilweise nach Heiligenkreuz,<br />
darunter das Hochaltarbild, das jetzt im Dormitorium des Stiftes hängt. Auf Bitten<br />
des Priors folgten dann im Jahr 1947 noch zwei Statuen, die der Künstler Guiliani<br />
schuf. 296<br />
Die um 1700 gefertigte Kanzel mit Schalldeckel und zwei geschnitzte Kirchen-<br />
bänke von 1683 sowie zwei Marienbilder fanden einen neuen Platz in der Pfarr-<br />
kirche von Raisenmarkt. 297 Mittlerweile ist eines dieser beiden Marienbilder in der<br />
im Pfarrhof errichteten Hauskapelle zu sehen.<br />
Der barocke Tabernakel wurde in der Sakristei der Pfarrkirche von Alland aufge-<br />
stellt. 298 Acht Steinskulpturen (Säulenfragment, Steinkapitel, zwei Wappen des<br />
Stiftes, das Wappen des Abtes Weixelberger, zwei Putti und ein Türkenkopf)<br />
übergab man dem Rollett-Museum in Baden. 299<br />
Die Holzstatuen des hl. Sebastian, des hl. Rochus, des hl. Johannes Nepomuk, der<br />
hl. Jungfrau Maria und des hl. Johannes sowie die Steinskulptur des hl. Laurentius<br />
verblieben im <strong>Karmel</strong>kloster. 300<br />
294 Vgl. Ilg, <strong>Mayerling</strong>, 171f.<br />
295 Vgl. Watzl, Alland, 141.<br />
296 Vgl. Klosterchronik II, 1947.<br />
297 Vgl. Gedenkbuch Raisenmarkt, 35.<br />
298 Vgl. Pfarrchronik Alland, 203.<br />
299 Vgl. Friedrich, <strong>Mayerling</strong>, 124.<br />
300 Vgl. Frey, Baden, 6.<br />
101
An der Stelle des ehemaligen Eingangsbereichs der Laurentius-Kirche wurde eine<br />
Schwesterngruft errichtet. Da man sich in erster Linie um die Fertigstellung der<br />
Klosterräume bemühte, verzögerte sich die Adaptierung dieses Gebäudes bis in<br />
den Spätherbst des Jahres 1890, sodaß der Dechant von Baden erst am 19. No-<br />
vember die letzte Ruhestätte der Schwestern einweihen konnte. 301<br />
Innenansicht der Gruft<br />
Das Mausoleum hat eine Größe von 6,90 x 11 Meter. Im Innern befinden sich links<br />
und rechts 4 Reihen mit jeweils 6 Mauernischen, in welche die Särge der verstor-<br />
benen Schwestern geschoben werden. Die Öffnungen werden mit Steinplatten ver-<br />
schlossen, auf denen die Namen der Schwestern eingraviert sind. Von den insge-<br />
samt 48 Sargnischen sind mittlerweile schon 40 belegt. Vorne befindet sich ein<br />
schlichter, gemauerter Altar mit 4 kleinen eingravierten Kreuzen. Oberhalb hängt<br />
ein Bild, auf dem der auferstandene Christus, von zwei Engeln flankiert, darge-<br />
stellt ist. Links und rechts davon sind zwei Gedenktafeln mit den Namen jener<br />
Schwestern angebracht, die zwar zu diesem Konvent gehörten, jedoch nicht hier<br />
bestattet wurden. An der äußeren Rückwand befindet sich das aus der Laurentius-<br />
301 Vgl. Klosterchronik I, 59.<br />
102
Kirche stammende Steinrelief mit der Darstellung der Armen Seelen im Fegefeuer.<br />
In diesem Mausoleum, das nur für die <strong>Karmel</strong>itinnen vorgesehen ist, wurde<br />
ausnahmsweise ihr Hausgeistlicher Reinhold Winkler im Januar 1941 beigesetzt.<br />
3. Der Beginn des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters<br />
a) Der Neuanfang<br />
Während die Bauarbeiten in <strong>Mayerling</strong> in vollem Gange waren, mußte sich die<br />
Priorin, Mutter Maria Euphrasia, im <strong>Karmel</strong> von Baumgarten um die weiteren<br />
Schritte der Neugründung kümmern. Dabei schrieb sie nach Graz und bat dort<br />
ihre Mitschwestern um Hilfe; galt es doch nicht nur in <strong>Mayerling</strong>, sondern auch in<br />
Selo bei Laibach eine Neugründung vorzunehmen. Beide Klöster, Baumgarten<br />
und Graz, brachten schwere Opfer, nicht nur in materieller, sondern auch in<br />
personeller Hinsicht. Es wurde beschlossen, daß Sr. Alberta, die damalige Priorin<br />
in Graz, die Leitung des Baumgartner <strong>Karmel</strong>s übernehmen sollte und ihre<br />
leibliche Schwester, Mutter Maria Euphrasia, jene in <strong>Mayerling</strong>. Für den <strong>Karmel</strong> in<br />
Laibach wurde Sr. Johanna vom Kreuz, bisher Subpriorin in Wien, bestimmt.<br />
Da Mutter Euphrasia mit den Vorbereitungen für beide Neugründungen sehr in<br />
Anspruch genommen war, kam Sr. Alberta bereits am 29. Mai 1889 nach Wien<br />
und übernahm sogleich das Amt der Priorin. 302 Als bekannt wurde, daß in Mayer-<br />
ling und Selo ein Kloster entstehen sollte, meldeten sich zahlreiche Kandidatinnen.<br />
Das Kloster in Baumgarten konnte die um Aufnahme Bittenden kaum unterbrin-<br />
gen. Da in einem <strong>Karmel</strong>kloster nur Platz für 21 Schwestern vorgesehen ist und<br />
mittlerweile die Zahl auf 31 gestiegen war, konnten sie sich nur durch Improvisie-<br />
ren weiterhelfen. Zu zweit oder zu dritt mußten sie in den Zellen wohnen, und der<br />
Chor und das Refektorium konnte die große Schar der Schwestern kaum fassen. 303<br />
Eine Erleichterung der schwierigen Lage trat ein, als am 7. Juni die für das Kloster<br />
in Selo bestimmten Schwestern in Begleitung von Mutter Euphrasia Baumgarten<br />
verließen. Nachdem sie die Pfingstfeiertage in Graz verbracht hatten, erfolgte<br />
302 Vgl. Klosterchronik I,14.<br />
303 Vgl. Klosterchronik I, 15.<br />
103
dann am 12. Juni 1889 die offizielle Errichtung in Selo. Diese Stiftung war der<br />
Wunsch von Fräulein Christine Bernard, die 1884 in Baumgarten eingetreten war,<br />
wegen ihrer Augenschwäche jedoch wieder entlassen wurde. Nach dem Tod ihres<br />
Vaters kam sie in den Besitz eines bedeutenden Vermögens, mit dem sie in Selo<br />
ein geeignetes Haus mit Garten kaufte und die Schwestern in Wien um die<br />
Übernahme einer Neugründung bat. 304<br />
Was die Neugründung in <strong>Mayerling</strong> betrifft, so wären die Schwestern schon gerne<br />
am 16. Juli 1889, dem Hochfest Unserer Lieben Frau vom Berge <strong>Karmel</strong>, in ihr<br />
neues Kloster eingezogen. Doch verzögerten zahlreiche Schwierigkeiten und<br />
schlechtes Wetter den baldigen Umzug. Auch ein weiterer Termin, der 18. August,<br />
der Geburtstag des Kaisers, verstrich, ohne daß eine Übersiedlung möglich<br />
gewesen wäre. Es schien, als sollte das Klostergebäude erst im nächsten Jahr<br />
beziehbar sein. Deshalb kam man mit dem Architekten Schmalzhofer überein, den<br />
alten Schloßtrakt so weit fertigzustellen, daß er bewohnt werden konnte.<br />
Am 23. September kam Mutter Euphrasia in Begleitung mit Schwester Christina aus<br />
Selo zurück. Letztere bot sich an, die ersten Wochen in <strong>Mayerling</strong> behilflich zu sein und<br />
das Ganze dort zu ordnen. Daher fuhr sie am 30. September nach <strong>Mayerling</strong> und<br />
wollte die Zellen mit den ehemaligen kronprinzlichen Einrichtungsstücken bewohnbar<br />
machen. Groß war jedoch ihr Erstaunen, als sie nur leere Zimmer vorfand. Alle Gegen-<br />
stände, die Mutter Euphrasia bei ihrem ersten Besuch angewiesen bekommen hatte,<br />
waren verschwunden. So mußte alles neu angeschafft werden. Diese und noch andere<br />
Schwierigkeiten brachten das Vorhaben, am 4. Oktober, dem Namenstag des Kaisers<br />
Franz Joseph, das Ordensleben in <strong>Mayerling</strong> zu beginnen, neuerlich zum Scheitern. 305<br />
Doch am 7. Oktober fand durch den Hofburgpfarrer Mayer die Einweihung des<br />
Klosters und der Seitenkapelle in <strong>Mayerling</strong> statt, es wurde die erste hl. Messe<br />
gefeiert, und am folgenden Tag fuhr Schwester Christina mit drei Kandidatinnen<br />
nach <strong>Mayerling</strong>. 306 Damit war der so lange ersehnte Tag der Neugründung<br />
endlich gekommen.<br />
304 Die Schwestern für die Neugründung in Selo waren: Mutter Maria Johann vom Kreuz, Sr. M.<br />
Theresia a Jesu, Sr. M. Josepha Theresia von der Muttergottes und noch drei weitere Schwestern<br />
aus dem Grazer <strong>Karmel</strong>. Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 89ff.<br />
305 Vgl. Klosterchronik I, 18.<br />
306 Vgl. Klosterchronik I, 19.<br />
104
Originalbrief (Archiv der Schwestern)<br />
„An die ehrwürdige Frau Priorin der <strong>Karmel</strong>itinen M. Maria Eufrasia Kaufmann in Baumgarten. Nachdem<br />
von der k.k. Bezirkshauptmannschaft Baden der Bewohnungs-Consens für das Kloster in <strong>Mayerling</strong> bereits<br />
ertheilt wurde, ferner Baumeister H. Schmalzhofer im kurzen Wege erklärt hat, dass das Kloster theilweise<br />
bezogen werden kann, beehre ich mich die ehrwürdige Frau Priorin hievon mit dem diensthöflichen Ersuchen<br />
in Kenntniß zu setzen, die vollzogene Uibersiedlung seinerzeit gefälligst hierher bekannt geben zu wollen.<br />
Wien, am 8. October 1889 Mayr“<br />
105
Wie aus der Klosterchronik hervorgeht, vollzog sich der Abschied der Grün-<br />
dungsschwestern für <strong>Mayerling</strong> aus ihrem Kloster Baumgarten in Wien folgen-<br />
dermaßen: Am 9. Oktober 1889 wurde zeitig aufgestanden, die Horen gebetet, und<br />
bei der hl. Messe empfingen alle die hl. Kommunion. Nach der Danksagung<br />
packten die Schwestern ihre letzten Habseligkeiten zusammen und nahmen ein<br />
stärkendes Frühstück. Dann wurde im Betchor das kirchliche Reisegebet<br />
gesprochen, und die zurückbleibenden Schwestern gaben mit brennenden Kerzen<br />
das Geleit bis in die Sakristei. Dort erfolgte eine letzte Umarmung und gegen<br />
10 Uhr verließen die Schwestern durch die Kirche das <strong>Karmel</strong>itinnenkloster<br />
Baumgarten. Vor dem Gebäude warteten schon vier Gespanne, welche die<br />
Schwestern nach <strong>Mayerling</strong> bringen sollten.<br />
Die Klosterfrauen, die sich als Gründungsschwestern nach <strong>Mayerling</strong> begaben, waren:<br />
Priorin Maria Euphrasia von den hl. fünf Wunden Christi (Theresia Kaufmann)<br />
Sub-Priorin Maria Gregoria von der hl. Mutter Teresia (Josepha Herken)<br />
Schwester Aloisia von der göttlichen Vorsehung (Hartl)<br />
Schwester Maria Magdalena vom allerheiligsten Sakrament (Zimmermann)<br />
Schwester Maria Beatrix vom hl. Rafael (Zehner)<br />
Schwester Maria Ignatia von den hlst. fünf Wunden Christi (Prinzessin Esterházy, geb.<br />
Prinzessin Polixena von Lobkowitz)<br />
Schwester Maria Theresia von Jesu (Maria Welly)<br />
Schwester Johanna vom Kreuz (Anna Braun)<br />
Laienschwester Maria Martha von der hl. Maria Magdalena (Cäcilia Wallner)<br />
Auf dieser Reise begleiteten sie ihr Beichtvater Foraschek, ihr neuer Spiritual<br />
Baron Josef Grimmenstein sowie Graf Nicolas Moritz Esterházy mit seiner<br />
Gemahlin und seine Schwester, Prinzessin Emil Öttingen Spielberg. 307<br />
Bei prachtvollem Wetter erreichten sie innerhalb von vier Stunden <strong>Mayerling</strong>.<br />
Dort wurden sie von Schwester Christina und den Kandidatinnen herzlich<br />
empfangen. Gemeinsam hielt Mutter Euphrasia mit den sechs anderen Schwestern<br />
Einzug in das neue Kloster. Ihr erster Weg führte sie in den provisorischen<br />
307 Vgl. Klosterchronik I, 21.<br />
106
Betchor, den Pater Grimmenstein segnete. Nach einem Gebet und dem Mittags-<br />
mahl wurde mit dem Auspacken begonnen. Am folgenden Tag feierte der neue<br />
Spiritual die hl. Messe und setzte anschließend das Allerheiligste im Tabernakel<br />
der Seitenkapelle ein. Die folgenden Tage wurden hauptsächlich dafür genutzt, in<br />
das Chaos von Schachteln und Kisten ein wenig Ordnung zu bringen und die<br />
Zellen so gut es ging einzurichten. 308<br />
b) Einweihung der Kirche<br />
Auf Anweisung des Kaisers mußte die Kirche bis zum 1. November 1889 so weit<br />
fertig gestellt sein, daß eine Benediktion vorgenommen werden konnte. Die feier-<br />
liche Konsekration sollte auf spätere Zeiten verschoben werden.<br />
Nun wurde Tag und Nacht gearbeitet. Die verschiedenen Kirchengeräte trafen ein,<br />
und die Schwestern hatten alle Hände voll zu tun, den Altar und die Kirche herzu-<br />
richten. Die leeren Wände wurden mit Vorhängen verdeckt, da sie erst im Früh-<br />
jahr bemalt werden konnten.<br />
308 Vgl. Klosterchronik I, 22.<br />
107
Die feierliche Einweihung der Klosterkirche erfolgte am 1. November durch den<br />
Hofburgpfarrer Dr. Laurenz Mayer aus Wien, der um 9 Uhr eintraf und nach der<br />
Zeremonie der Benediktion die Festmesse hielt, bei der sein Sekretär und der<br />
Spiritual von <strong>Mayerling</strong> assistierten. Eine unaussprechliche Freude erfüllte die<br />
Schwestern, als das Allerheiligste Sakrament im Tabernakel eingesetzt wurde.<br />
Denn genau an der Stelle, wo vor neun Monaten das schreckliche Unglück<br />
geschah, thronte nun Christus, der von nun an das Opfer der Schwestern entgegen<br />
nehmen würde zur Sühne für das hier begangenen Geschehen. 309<br />
Als am Nachmittag die Priorin die offizielle Nachricht erhielt, daß der Kaiser am<br />
nächsten Tag das Kloster in Augenschein nehmen möchte, waren alle hoch erfreut.<br />
Schnell wurde noch so manches geordnet und schön hergerichtet, um dem Kaiser<br />
einen positiven Eindruck seiner Stiftung zu vermitteln.<br />
Am 2. November zwischen 8 und 9 Uhr traf Kaiser Franz Joseph I. in Begleitung<br />
seines Generaladjutanten Graf Eduard Paar in <strong>Mayerling</strong> ein. Am Kirchenportal<br />
wurde er von der Geistlichkeit empfangen und in die Kirche geleitet. Tief bewegt<br />
und unter Tränen nahm der Kaiser an der Messe teil, die Hofburgpfarrer Mayer<br />
zelebrierte.<br />
Anschließend ließ er sich das Kloster zeigen und erkundigte sich bei Güter-<br />
Direktor Mayer und bei Hofbaumeister Schmalzhofer über den Baufortschritt.<br />
Nachdem jede einzelne Zelle begutachtet worden war, kam der Kaiser in den Bet-<br />
chor, wo sich alle Schwestern versammelt hatten. Dort richtete er sehr freundliche<br />
Worte an die Schwestern und bat sie dringend um das Gebet für seinen Sohn<br />
Rudolf. 310<br />
Es verging fast noch ein ganzes Jahr, bis die Kirche fertiggestellt war und die<br />
eigentliche Konsekration stattfinden konnte. Im Sommer 1890 fertigten die<br />
Schwestern noch die notwendigen Paramente und die Kirchenwäsche an. Als<br />
Festtag wurde der 20. Oktober bestimmt. Am Vorabend nahm die Priorin an der<br />
Sakristeipforte die Reliquien für den Altar entgegen und brachte sie in Begleitung<br />
von vier Schwestern, die brennende Kerzen trugen, in den Betchor.<br />
309 Vgl. Klosterchronik I, 27f.<br />
310 Vgl. Klosterchronik I, 29ff.<br />
108
Der Fürsterzbischof von Wien, Kardinal Dr. Anton Josef Gruscha, nahm selbst die<br />
feierliche Konsekration vor. Mit ihm kamen mehrere Prälaten, Domherren, der<br />
Spiritual von Baumgarten sowie der Dechant von Baden, alle Pfarrer der Umge-<br />
bung, der Abt mit dem Prior und viele Patres aus Heiligenkreuz, im ganzen<br />
nahezu 40 Geistliche. 311<br />
Stiftungskelch<br />
Kurz vor 7 Uhr begann die feierliche Zeremonie und dauerte bis zirka 10 Uhr. Als<br />
die Weihe vollzogen war, traf der Kaiser in <strong>Mayerling</strong> ein und wurde von der<br />
Geistlichkeit am Portal der Kirche empfangen. Dann feierte Kardinal Gruscha den<br />
Festgottesdienst auf dem Altar, der zuvor zu Ehren des hl. Josef geweiht wurde.<br />
311 Vgl. Klosterchronik I, 70.<br />
109
Nachdem der Kaiser das Altarbild und die Seitenkapelle bewundert hatte, führte<br />
er den Kardinal mit seinem Gefolge in das Innere des Klosters. Dort zeigte er<br />
ihnen, auf welch einfache Weise die <strong>Karmel</strong>itinnen hier leben würden. Eher er das<br />
Kloster verließ, wiederholte er die Bitte an die Schwestern, sie sollten für seinen<br />
armen Rudolf beten. Sichtlich getröstet, daß er nun sein Werk vollendet und durch<br />
die kirchliche Weihe gekrönt sah, reiste er nach Wien zurück. 312<br />
4. Das Leben hinter Klostermauern<br />
a) Das Leben im jungen Kloster<br />
Mit der feierlichen Einweihung der Kirche war man zwar der Fertigstellung der<br />
Klosteranlage einen großen Schritt näher gekommen, dennoch mußten die<br />
Schwestern noch viel Geduld aufbringen. Immer wieder drängte die Priorin auf<br />
einen raschen Baufortschritt, und so wurden in den letzten Wochen des Jahres<br />
1889 zumindest einige Zellen, das Refektorium und die Küche benutzbar. 313 In<br />
dieser noch nicht abgeschlossenen Umbauphase vollzog sich die definitive<br />
Übergabe an die Schwestern. Am 15. Dezember 1889 kamen der Vertreter der<br />
Generaldirektion Dr. Geiter und Hofsekretär Schemfil nach <strong>Mayerling</strong>. Das von<br />
ihnen und von der Priorin Euphrasia unterschriebene Protokoll sah vor, daß<br />
sämtliche Gebäude (das zu einem Kloster umgebaute Jagdschloß, die Kapelle und<br />
der Elisabethtrakt) in den Besitz der <strong>Karmel</strong>itinnen übergingen, wobei die<br />
Schwestern die in Zukunft anfallenden Reparaturarbeiten selbst zu tragen hätten,<br />
jedoch zuvor die Generaldirektion in Kenntnis gesetzt werden müsse, „damit<br />
letztere noch in die Lage versetzt sei, weitere Dispositionen zu treffen“. 314 Nun<br />
endlich konnten die Schwestern das Kloster ihr eigen nennen.<br />
312 Vgl. Klosterchronik I, 73f.<br />
313 Ab dem ersten Adventsonntag versammelten sich die Schwestern regelmäßig zum Gebet im<br />
Betchor, obwohl er erst im Frühjahr mit Bildern und anderen Andachtsgegenständen ausgestattet<br />
und damit vollendet wurde. Vgl. Klosterchronik I, 33.<br />
314 Vgl. Klosterchronik I, 34f.<br />
110
Stiftsbrief (Kopie im Archiv der Schwestern)<br />
Im Frühjahr des folgenden Jahres (am 2. März 1890) kamen die beiden Herren<br />
abermals nach <strong>Mayerling</strong>, um den Schwestern noch 9 ½ Joch Grund zu übergeben.<br />
Diese das Kloster umgebenden Wiesen und Äcker gelten als unveräußerliches<br />
Gut. Einige Jahrzehnte führten die Schwestern mit Hilfe ihres Dienstpersonals eine<br />
bescheidene Landwirtschaft und konnten so für ihre eigene Versorgung einen<br />
erheblichen Teil betragen. 315<br />
Die nach der Winterpause fortgesetzten Umbauarbeiten im Haus, in der Kirche,<br />
im Garten und an der Gruft dauerten noch bis Anfang Oktober. Dann konnte<br />
endlich die Priorin Euphrasia den Fürsterzbischof von Wien Anton Josef Gruscha<br />
315 In einem eigens gebauten Stall standen drei Kühe und ein Pferd. Als sich die Ökonomie nicht<br />
mehr lohnte, wurden die landwirtschaftlichen Flächen im März 1932 an die Hartmannschwestern<br />
verpachtet. Vgl. Klosterchronik I, 43, 48, 454.<br />
111
itten, das Inkrafttreten der großen päpstlichen Klausur zu veranlassen. Am<br />
4. Oktober traf die Bewilligung ein, und bereits am Nachmittag desselben Tages<br />
versammelten sich alle Schwestern im Betchor: sämtliche Klausurschlüssel wur-<br />
den auf den Altar gelegt, und der Beichtvater Joseph Jäglinger hielt eine feierliche<br />
Andacht. Unter Glockengeläut und Gesang trat die Klausurregel in Kraft. 316 Damit<br />
konnten die Schwestern ihr geregeltes Ordensleben beginnen, und es galt nun, die<br />
eigentlichen Aufgaben des Klosterlebens in den Blick zu nehmen und das Wachs-<br />
tum der Kommunität zu fördern.<br />
Bereits am 21. November 1889 wurden die ersten Kandidatinnen eingekleidet. 317<br />
Ein Jahr später legten Sr. M. Teresia, Sr. M. Johanna und Sr. M. Ignatia als erste<br />
Schwestern im neu errichteten Kloster die einfachen Gelübde ab, und drei Jahre<br />
später banden sie sich mit den ewigen Gelübden ganz an den Orden der<br />
Unbeschuhten <strong>Karmel</strong>itinnen. 318 Immer wieder kamen Bewerberinnen und baten<br />
um Aufnahme. Nach einer mehrmonatigen Probezeit bekamen sie das Ordens-<br />
kleid und konnten nun in einer Art Lehrzeit (Noviziat) den Orden und seine<br />
Regeln genauer kennen lernen. Den Abschluß des Noviziats bildete das erste<br />
Versprechen (zeitliche Profeß). Nach einer weiteren dreijährigen Prüfung mußten<br />
sich die Schwestern dann entscheiden, ob sie bereit wären, sich endgültig Gott zu<br />
schenken und ihr Leben hinter diesen Klostermauern zu verbringen (ewige<br />
Profeß). Die Entscheidung dazu lag aber nicht nur bei der jeweiligen Schwester,<br />
sondern mußte auch von allen übrigen Konventualinnen in einer geheimen Ab-<br />
stimmung gutgeheißen werden. Dabei kam es auch manchmal vor, daß etwa aus<br />
gesundheitlichen Gründen die eine oder andere von ihnen abgelehnt werden<br />
mußte. Mit den ewigen Gelübden von Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam war<br />
nun die Schwester endgültig an den Orden gebunden.<br />
In den 15 Jahren ab der Neugründung (1889) bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs<br />
(1914) legten 21 Schwestern die ewige Profeß in <strong>Mayerling</strong> ab. Davon wurden<br />
zwei Schwestern zur Errichtung neuer Klöster ausgesandt, und eine Schwester,<br />
die aus einem anderen <strong>Karmel</strong>itinnenkloster nach <strong>Mayerling</strong> übergewechselt war,<br />
316 Vgl. Klosterchronik I, 52.<br />
317 Die beiden Kandidatinnen waren: Sr. M. Theresia v. Jesu (Maria Welly) und Sr. M. Johann<br />
v. Kreuz. Vgl. Klosterchronik I, 31.<br />
318 Vgl. Klosterchronik I, 56f.<br />
112
trat aus dem Orden aus. In der Zwischenkriegszeit wurden 8 Schwestern zur<br />
ewigen Profeß zugelassen. Von den 4 weiteren Schwestern, die erst die zeitliche<br />
Profeß abgelegt hatten, wurde eine in die Neugründung nach Kroatien geschickt,<br />
eine andere trat wieder aus, und die beiden übrigen mußten mit den gesamten<br />
Konvent aufgrund der Zwangsenteignung von 1940 das <strong>Karmel</strong>itinnenkloster in<br />
<strong>Mayerling</strong> verlassen. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg nahm die Zahl der<br />
Schwestern wieder kontinuierlich zu.<br />
Die Leitung eines <strong>Karmel</strong>itinnenklosters übernimmt die Priorin, die als „Erste<br />
unter Gleichen“ den Schwestern vorsteht. Sie wird von den Schwestern, die die<br />
ewigen Gelübde abgelegt haben, aus ihren Reihen auf eine Zeit von drei Jahren<br />
gewählt. Weiters werden je nach Größe eines Konvents drei oder vier Rats-<br />
schwestern gewählt, die der Priorin beratend zur Seite stehen.<br />
Als erste Priorin übernahm - dem Wunsch des Kaisers entsprechend - Sr. M. Euphrasia<br />
die Leitung in <strong>Mayerling</strong>. Die Schwestern mußten mit ihr als Vorgesetzte sehr<br />
zufrieden gewesen sein, denn nur so erklärt sich ihre mehrmalige Wiederwahl.<br />
Im folgenden sei die Liste der Priorinnen von der Gründung bis heute angegeben:<br />
1889–1905 Maria Euphrasia Kaufmann<br />
1905–1908 Maria Franziska Aichinger<br />
1908–1914 Maria Theresia Welly<br />
1914–1920 Maria Franziska Aichinger<br />
1920–1923 Maria Theresia Seraphina Kaffer<br />
1923–1932 Maria Theresia Welly<br />
1932–1936 Maria Theresia Seraphina Kaffer<br />
1936–1939 Maria Magdalena Sczensny<br />
1939–1941 Maria Theresia Seraphina Kaffer<br />
1945–1946 Maria Stanisla Kaufmann<br />
1946–1949 Maria Regina Forster<br />
1949–1952 Maria Magdalena Sczensny<br />
1952–1961 Maria Johanna Högler<br />
1961–1974 Maria Aloysia Fuchs<br />
1974–1985 Maria Johanna Högler<br />
1985–1994 Maria Immaculata Huemer<br />
1994– Maria Barbara Spanyi<br />
113
Die seelsorgliche Führung der Schwestern übernahmen Welt- oder Ordens-<br />
priester, die eine Wohnung außerhalb der Klausur bezogen. Manchmal waren es<br />
ältere oder kränkliche Priester, die sich durch eine Luftveränderung in <strong>Mayerling</strong><br />
eine Genesung erhofften. Auch die Patres aus Heiligenkreuz betreuten fürsorglich<br />
die Schwestern und kamen sehr oft zur Aushilfe herüber.<br />
Die Erlaubnis, die Klausur zu betreten, war einem bestimmten Personenkreis<br />
vorbehalten. 319 In Einzelfällen mußte eine Sondergenehmigung beim Erzbischof in<br />
Wien eingeholt werden. Für alle übrigen Besucher bestand die Möglichkeit, mit<br />
den Schwestern im eigens dafür vorgesehen Sprechzimmer in Kontakt zu treten.<br />
Das Sprechzimmer ist sowohl vom Pfortenbereich als auch vom Klausurbereich<br />
her zugänglich.<br />
Kaiser Franz Joseph besuchte insgesamt acht Mal die Schwestern 320 , davon vier<br />
Mal zusammen mit Kaiserin Elisabeth 321. Die letzte Begegnung des Kaisers mit<br />
den Schwestern war am 2. April 1898. Nach der Ermordung seiner Gattin am<br />
10. September 1898 kam Franz Joseph nicht mehr nach <strong>Mayerling</strong>. Ebenfalls acht<br />
Mal kam die Schwiegertochter des Kaisers, Erzherzogin Stephanie, um hier des<br />
tragischen Todes ihres Gatten Rudolf zu gedenken 322 . Noch viele weitere Besucher<br />
kamen nach <strong>Mayerling</strong>: Bischöfe, Ordensleute, Adelige oder ganz einfache<br />
Menschen; wann immer sie die Hausglocke betätigten, wurden sie von den<br />
Schwestern herzlich empfangen.<br />
319 Folgenden Personen durfte die Priorin Eintritt in die Klausur gewähren: Auf Wunsch einer<br />
kranken Schwester dem Beichtvater zur Spendung der Sakramente; dem Klosterarzt; dem<br />
Dienstpersonal zur Verrichtung notwendiger Arbeiten; dem Klostervater zur Besichtigung<br />
möglicher Schäden an den Gebäuden; den Handwerkern zur Behebung von Baumängeln; den<br />
zur Leichenfeierlichkeit einer verstorbenen Schwester benötigten Personen (Priester, Ministranten,<br />
Leichenträger); den Postulantinnen; Mitgliedern des Kaiserhauses mit einer mäßigen<br />
Begleitung, und zwar dem Kaiserpaar mit Kindern, den österreichischen Erzherzögen und<br />
deren Frauen und Kindern, den österreichischen Erzherzoginnen und deren Gatten und<br />
Kindern.<br />
320 Besuche des Kaisers in <strong>Mayerling</strong>: 2.11.1889, 3.11.1890, 2.11.1892, 2.4.1898. Vgl. Klosterchronik<br />
I, 29, 54, 102, 144.<br />
321 Besuche des Kaiserpaares: 30.1.1890, 29.5.1891, 1.6.1892, 17.6.1894. Vgl. Klosterchronik I, 40, 63,<br />
83, 108.<br />
322 Besuche der Erzherzogin Stephanie: 26.6.1890, 21.8.1890, 2.11.1891, 4.11.1892, 2.11.1893,<br />
30.1.1894, 2.11.1896, 2.11.1897. Vgl. Klosterchronik I, 47, 50, 74, 102, 106, 108, 130, 135.<br />
114
Originalbrief (Archiv der Schwestern)<br />
„Ehrwürdige Frau Oberin! Die General-Direction ersucht, zur Kenntnis zu nehmen, daß Seine Majestät der<br />
Kaiser am zweiten April dJ., anläßlich des Besuches der Heilanstalt in Alland, um zehn Uhr Vormittag in<br />
<strong>Mayerling</strong> eintreffen, zu kurzer Andacht in die Kapelle Sich begeben, sodann das <strong>Karmel</strong>iterinnen Kloster<br />
und das Asyl für erwerbsunfähige Forstleute besuchen werden. Wien, am 26. März 1898.“<br />
Seit jeher war der <strong>Karmel</strong>itenorden bei der Gründung von neuen Klöstern auf die<br />
Gunst der Regenten und auf die Spendenfreudigkeit und Opferbereitschaft von<br />
privaten Wohltätern angewiesen. Nicht anders war es auch in <strong>Mayerling</strong> der Fall.<br />
Kaiser Franz Joseph hatte als Stifter des Klosters die Pflicht, nicht nur für die<br />
Bereitstellung der Gebäude zu sorgen, sondern er mußte auch für den notwendigen<br />
Unterhalt der Schwestern aufkommen. Dazu bestimmte er am 7. August<br />
1890, daß zur Sicherstellung der Klosterbedürfnisse ein Kapital von 140.000<br />
Gulden aus seiner Privatkasse entnommen und als Wertpapiere der k. u. k. Privat-<br />
115
und Familien-Fonde-Cassa zu übergeben sei. Über die halbjährlich fällig werden-<br />
den Zinsen sollte die jeweilige Priorin nach der Vorgabe des Kaisers frei verfügen<br />
können. Es stellt sich aber bald heraus, daß die Höhe der bereitgestellten Mittel<br />
nicht ausreichte, und so beschoß der Kaiser am 9. April 1891 eine Aufstockung des<br />
Kapitals der „Kaiser Franz Joseph-Stiftung“ auf 180.000 Gulden. 323<br />
Im Stiftbrief vom Juli 1891 wurde genau festgelegt, für welche Zwecke die<br />
Geldmittel zu verwenden seien. Zunächst einmal für den Unterhalt von zehn<br />
Schwestern und für einen Hausgeistlichen, dann für die Besoldung des erforder-<br />
lichen Dienstpersonals, für die Instandhaltung der Kirche und der Klosterge-<br />
bäude, für die Erhaltung und Anschaffung der Paramente und für den Kirchen-<br />
schmuck, weiters für die zu entrichtenden Steuern, Gebühren und öffentlichen<br />
Abgaben jeder Art sowie für alle sonstigen Erfordernisse des Klosters.<br />
Als im Sommer 1903 der Priorin mitgeteilt wurde, daß sich infolge einer Konver-<br />
tierung der Staatspapiere das jährliche Einkommen verringern werde, bat sie den<br />
Kaiser um Hilfe. Daraufhin verfügte er, daß das Kapital soweit zu ergänzen sei,<br />
daß den Schwestern weiterhin dieselbe Geldsumme wie zuvor als Zinsertrag aus-<br />
bezahlt werden könne. 324<br />
Unterhalb des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters hatte der Kaiser im <strong>Mayerling</strong>er Hof, dem<br />
ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Jagdschlosses, noch ein „Asyl“ für zwölf im<br />
kaiserlichen Dienst erwerbsunfähig gewordene Forstleute gestiftet. Zur Pflege<br />
dieser im Volksmund „zwölf Apostel“ genannten Männer berief der Kaiser die<br />
Franziskanerinnen von der christlichen Liebe (Hartmannschwestern) aus Wien.<br />
Daraufhin schickte die Kongregation vom III. Orden des hl. Franziskus am 2. Juni<br />
1890 die ersten drei Schwestern nach <strong>Mayerling</strong>, die den Liebesdienst der Alten-<br />
pflege übernahmen. Drei Jahre später wurde dieser Ordensgemeinschaft das<br />
ganze Anwesen samt den Gründen zur Errichtung eines Klosters übergeben. Am<br />
30. Mai 1895 nahm Weihbischof Angerer die feierliche Segnung des Hauses und<br />
die Weihe der Kapelle vor. Besonders in Zeiten großer Not halfen sich die beiden<br />
Schwesternklöster in <strong>Mayerling</strong> gegenseitig aus und unterstützten einander so gut<br />
sie nur konnten.<br />
323 Vgl. Stiftbrief.<br />
324 Vgl. Klosterchronik I, 177f.<br />
116
Franziskanerinnenkloster in <strong>Mayerling</strong><br />
b) Tochtergründungen<br />
Wandorf 1892<br />
Die Orden in der Kirche sind wie wachsende Bäume, es kommen immer neue<br />
Zweige dazu. Dieser Prozeß der Ausbreitung ist von zwei ernstzunehmenden<br />
Gefahren bedroht: durch den Verlust der geistigen Substanz (= innere Ausdün-<br />
nung) oder durch den staatlichen Machtapparat (= gewaltsame Auflösung). Die<br />
weitere Ausbreitung der <strong>Karmel</strong>itinnen von <strong>Mayerling</strong> fand mit dem Verfall der<br />
österr.-ungarischen Monarchie und im weiteren Verlauf mit der Teilung Europas<br />
in einen westlichen und einen östlichen Block ein jähes Ende.<br />
Es waren noch keine drei Jahre vergangen, seit das Kloster in <strong>Mayerling</strong> bestand,<br />
da sollte es bereits Ausgangspunkt einer weiteren Neugründung werden. In Wan-<br />
dorf bei Ödenburg hatte der Bischof von Raab das ehemalige Paulinerkloster, das<br />
unter Kaiser Josef II. aufgehoben und seither weltlichen Zwecken dienstbar<br />
gewesen war, gekauft. Sein Wunsch war es, dieses Gotteshaus seiner ursprüng-<br />
lichen Bestimmung zurückzugeben, und er suchte daher einen geeigneten Orden,<br />
der dieses Vorhaben auch verwirklichen konnte. Da bekannt war, daß unter man-<br />
chen <strong>Mayerling</strong>er Schwestern der Wunsch nach einer eigenen ungarischen Grün-<br />
dung lebendig war (z.B. bei der aus Ungarn stammenden Sr. Ignatia), wurde der<br />
Priorin Euphrasia ein diesbezügliches Angebot unterbreitet. Auf ihre Zusage hin<br />
fanden erste Verhandlungen statt, und am 16. Mai 1892 fuhr die Priorin in<br />
Begleitung von Sr. Ignatia und des Pfarrers von Raisenmarkt, Pater Franz Nader<br />
117
nach Wandorf, um sich alles anzusehen und die notwendigen Umbauarbeiten in<br />
Auftrag zu geben. 325<br />
Wieder nach <strong>Mayerling</strong> zurückgekehrt, galt es, das neue Kloster mit Einrichtungs-<br />
gegenständen, Wäsche und Paramenten zu versorgen. Dabei erfuhren die Schwes-<br />
tern die Hilfe anderer <strong>Karmel</strong>itinnenklöster, wie besonders aus Baumgarten und<br />
Wilten bei Innsbruck.<br />
Schwieriger war es, die geeigneten Schwestern für das neue Kloster auszuwählen.<br />
Mit Unterstützung der anderen Klöster konnte auch diese Aufgabe bewältigt<br />
werden. Die Schwestern, die in die Neugründung nach Wandorf kamen, waren:<br />
als Priorin Sr. M. Aloisia v. d. göttlichen Vorsehung (ihre bisherige Stelle als Sub-<br />
priorin in <strong>Mayerling</strong> übernahm die vom Kloster Baumgarten herbeigeholte<br />
Sr. M. Alberta v. hl. Josef) und als Subpriorin Sr. Johann v. Kreuz aus Wilten, wei-<br />
ters die Novizinnen Sr. M. Josefa v. Jesu, Sr. M. Alberta v. hl. Josef und Sr. M.<br />
Stephanie v. d. hl. Familie aus <strong>Mayerling</strong> sowie Sr. M. Johanna v. Kreuz, Sr. M.<br />
Magdalena v. hlst. Herzen Jesu und zwei Kandidatinnen aus Baumgarten. 326<br />
Am 3. Oktober 1892 konnte dann ein Teil der Schwestern in Begleitung der<br />
<strong>Mayerling</strong>er Priorin Euphrasia und des neuen Spirituals Wohlmuth nach Wandorf<br />
reisen. Die übrigen Schwestern sollten noch die notwendige Erlaubnis aus Rom<br />
abwarten und später nachfolgen. Um 10 Uhr erreichten sie ihr Ziel und wurden<br />
vom zuständigen Ortspfarrer und einigen Geistlichen aus Ödenburg an der<br />
Klosterpforte empfangen. Am darauffolgenden Sonntag nahm Bischof Zalka die<br />
feierliche Einweihung der Kirche und des Klosters vor. Nachdem die Arbeiten im<br />
Innern des Klosters abgeschlossen waren, erfolgte am 26. November die kanoni-<br />
sche Errichtung, und die päpstliche Klausur wurde in Kraft gesetzt. 327<br />
Die Kommunität in Wandorf hatte viele Berufungen. Vierzehn Jahre später waren<br />
sie in der Lage, mit ihren zahlreichen Schwestern nun ihrerseits eine Neugrün-<br />
dung in Steinamanger zu wagen (1906) und dann 1936 noch einmal in Pécs. Die<br />
Klöster fielen 1950 dem Kommunismus zum Opfer. In der Nacht vom 11. auf 12.<br />
Juli wurden die insgesamt 23 Schwestern von der kommunistischen Polizei mit<br />
zwei Lastwägen in ein Konzentrationslager abtransportiert. Im darauffolgenden<br />
325 Vgl. Klosterchronik I, 86ff.<br />
326 Vgl. Klosterchronik I, 96.<br />
327 Vgl. Schwestern, <strong>Karmel</strong>, 94f.<br />
118
September zerstreuten sie sich. Einige kehrten in ihre Familien zurück und andere<br />
wurden von Freunden aufgenommen. Drei Schwestern fanden im <strong>Karmel</strong> Mayer-<br />
ling ein neues Zuhause. Die letzte Priorin starb 1976. Mit Dekret vom 26. Juni 2000<br />
wurden schließlich die Klöster in Wandorf und in Steinamanger auch kanonisch<br />
endgültig aufgehoben. 328<br />
Aufkirchen 1896<br />
Eine weitere von <strong>Mayerling</strong> ausgehende Neugründung (zusammen mit dem<br />
Kloster Baumgarten) war die Errichtung des <strong>Karmel</strong>s in Aufkirchen am Starn-<br />
berger See im Jahre 1896. In <strong>Mayerling</strong> und Baumgarten lebten nämlich auch<br />
mehrere bayerische Schwestern, die ebenfalls den Wunsch hatten, in ihrer Heimat<br />
einen weiteren neuen <strong>Karmel</strong> entstehen zu sehen. Diesen Wunsch hegte auch das<br />
Ehepaar Müller aus München, deren Tochter Sr. M. Bertholda v. Hl. Geist im<br />
<strong>Karmel</strong> Baumgarten lebte. Sie boten sich an, das ehemalige Augustiner-Eremiten-<br />
Kloster in Aufkirchen zu erwerben und entsprechend den Erfordernissen herrich-<br />
ten zu lassen. 329<br />
Das Kloster war am 13. April 1688 gegründet und von Augustiner-Eremiten be-<br />
wohnt worden, die in der Umgebung die Seelsorge ausübten. Im Verlauf der<br />
Säkularisation 1803 wurde jedoch das Kloster aufgehoben und diente seither nur<br />
mehr als Pfarrhof.<br />
Nachdem der Erzbischof von München und Freising, Antonius Ritter von Thoma,<br />
die Genehmigung zugesichert hatte, mußte die Frage geklärt werden, von<br />
welchem Kloster die Stiftung ausgehen sollte. Da die bayerische Gesetzgebung<br />
nur eine „inländische“ Gründung erlaubte, wurde das schon bestehende <strong>Karmel</strong>i-<br />
tinnenkloster Himmelspforten in Würzburg um Unterstützung gebeten. Nach an-<br />
fänglichem Interesse lehnten die dortigen Schwestern wegen des anscheinend<br />
ungeeigneten Klostergebäudes ab. So entschied die Priorin Euphrasia, daß der<br />
<strong>Karmel</strong> zwar von Österreich aus, aber mit den bayerischen Schwestern entstehen<br />
sollte. 330<br />
328 Vgl. http://www.ocd.pcn.net/comm_d1.htm, (10.12.2002).<br />
329 Vgl. Klosterchronik I, 117.<br />
330 Vgl. Klosterchronik Aufkirchen, 5.<br />
119
Nicht nur die Genehmigung einer Niederlassung eines kontemplativen Ordens<br />
durch die Regierung gestaltete sich sehr schwierig, sondern auch die Finanzie-<br />
rung. Erst mit der Unterstützung durch Wohltäter (wie der Familie Müller, des<br />
ehemaligen Beichtvaters von Baumgarten, Floßmann, und von Fräulein Josephine<br />
Huber aus München) konnte auch diese Hürde überwunden werden. Als am<br />
29. Juli 1896 der Kaufvertrag geschlossen wurde, schickte Priorin Euphrasia den<br />
Wiener Baumeister Schmalzhofer (der bereits in <strong>Mayerling</strong> erfolgreich gearbeitet<br />
hatte) nach Aufkirchen, um für den notwendigen Umbau auch dort die nötigen<br />
Anweisungen zu geben. 331<br />
Nachdem das Kloster einigermaßen beziehbar war, gaben die zuständigen<br />
kirchlichen Stellen den Schwestern die Erlaubnis, nach Aufkirchen zu reisen. Für<br />
die Neugründung wurden folgende fünf Schwestern ausgewählt: Aus dem<br />
Konvent in <strong>Mayerling</strong> die zukünftige Priorin Sr. M. Alberta v. hl. Josef und dazu<br />
Sr. M. Elia v. d. Unbefleckten Empfängnis (Anna Liebl), aus dem Konvent in<br />
Baumgarten Sr. M. Leopoldina v. hl. Theresia, Sr. M. Theresia v. d. Liebe Gottes<br />
(Margarethe Thoma) und Sr. M. Magdalena v. hl. Joseph (Maria Bauer). Am<br />
17. September 1896 begleitete die Priorin Euphrasia und Sr. Ignatia die Schwestern<br />
zunächst nach Baumgarten. Von dort ging die Fahrt mit dem Zug weiter nach<br />
München, wo sie vom Erzbischof in seinem Palais empfangen wurden. Nach<br />
kurzer Zwischenstation machten sie sich wieder auf den Weg und erreichten am<br />
frühen Nachmittag des 18. September Aufkirchen. 332<br />
Der dortige Pfarrer und sein Kaplan begrüßten die Schwestern am Kirchenportal<br />
und geleiteten sie unter Glockengeläute in die Kirche. Nach einer feierlichen<br />
Andacht führte sie der Pfarrer in Begleitung des zahlreich versammelten Volkes in<br />
ihr neues Heim. Nachdem die ersten schwierigen Wochen überstanden waren,<br />
konnten die Priorin Euphrasia und Sr. Ignatia am 5. Oktober ihre Rückreise nach<br />
<strong>Mayerling</strong> antreten. 333<br />
Im Gegensatz zu den ungarischen Tochtergründungen, hat Aufkirchen die Kriegs-<br />
wirren und politischen Umbrüche unbeschadet überlebt. Zur Zeit (September<br />
331 Vgl. Klosterchronik Aufkirchen, 6.<br />
332 Vgl. Klosterchronik I, 123ff.<br />
333 Vgl. Klosterchronik I, 127f.<br />
120
2001) leben dort 18 Schwestern und eine Postulantin. 1931 wurde von Aufkirchen<br />
ausgehend der <strong>Karmel</strong> Welden (Diözese Augsburg) gegründet.<br />
c) Schicksale in schwerer Zeit<br />
Durch die beiden Tochtergründungen (Wandorf in Ungarn und Aufkirchen in<br />
Bayern) war <strong>Mayerling</strong> personell zwar etwas geschwächt worden, hatte sich aber<br />
bald wieder zahlenmäßig erholt. Der Kaiser hatte als Stifter die wirtschaftliche<br />
Sorge übernommen und dem Kloster Sicherheit gewährt.<br />
Mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 begann<br />
der 1. Weltkrieg. Bereits drei Tage später mußten die Schwestern ihr Pferd für<br />
Kriegszwecke abliefern. 334 Zunächst ging das Leben im Kloster in gewohnter<br />
Weise weiter. Mit zunehmender Kriegsdauer wurde aber die Not immer spür-<br />
barer. In dieser schweren Zeit starb am 21. November 1916 Kaiser Franz Joseph I.,<br />
der Stifter des Klosters. Die Schwestern schrieben seinem Nachfolger, Kaiser<br />
Karl I., und baten ihn um seinen kaiserlichen Schutz, den er gerne gewährte.<br />
Schon in den Jahren 1916 und 1917 hatte das Kriegselend weite Bevölkerungs-<br />
schichten erfaßt, doch sollte es im darauffolgendem Jahr noch schlimmer kom-<br />
men. Eine furchtbare Dürre im Sommer verursachte einen totalen Ausfall der Kar-<br />
toffelernte, zudem fehlten jegliche Arten von Lebensmittel, besonders Mehl. Das<br />
wenige Getreide, das noch vorhanden war, mußte mit der Hand gemahlen<br />
werden. Tag für Tag standen die Schwestern an der Maschine, um für den<br />
notwendigen Bedarf zu sorgen. Diese Arbeit war nicht leicht, aber trotzdem waren<br />
die Schwestern heiter und froh. 335<br />
Für große Überraschung sorgte Kaiserin Zita, als sie am Karsamstag an der<br />
Klosterpforte zwei große Säcke Mehl, einen kleinen Sack Grieß und einen Korb<br />
mit Feigen abgeben ließ. 336<br />
Hunger und Elend trieb die Menschen zum Diebstahl. So hatten Unbekannte<br />
mehrmals versucht, in den Stall und den Wirtschaftshof der Schwestern einzu-<br />
brechen. Die Schwestern schrieben es der Hilfe ihres Schutzpatrons, des hl. Josef,<br />
334 Vgl. Klosterchronik I, 252.<br />
335 Vgl. Klosterchronik I, 276.<br />
336 Vgl. Klosterchronik I, 277.<br />
121
und den nächtlichen Kontrollgängen des Spirituals mit dem Haushund zu, daß<br />
vieles verhindert werden konnte. 337<br />
Am 3. November wurde zwischen Österreich-Ungarn und den Mächten der<br />
Entente der Waffenstillstand geschlossen, und das Kaiserpaar mußte das Land<br />
verlassen. Der 1. Weltkrieg war zwar zu Ende, aber mit dem Zusammenbruch der<br />
Monarchie brachen für das Kloster erneut schwere Zeiten an. Durch die Entmach-<br />
tung der Habsburger verloren sie nicht nur ihren weltlichen Protektor, sondern<br />
mit ihm auch ihre wirtschaftliche Absicherung, sodaß sie jetzt nur mit hochher-<br />
ziger Hilfe von Wohltätern, auch aus dem Ausland, die Not überwinden konnten.<br />
Anfang 1919 wurde bekannt, daß am 16. Februar politische Wahlen stattfinden<br />
würden, an denen sich auch Frauen beteiligen könnten. So wurden die Schwestern<br />
in klausurierten Klöstern von den zuständigen Ordinariaten angewiesen, entspre-<br />
chend gekleidet und in Begleitung daran teilzunehmen. Mit bangen Herzen<br />
machten sich am Wahltag die Schwestern zusammen mit ihrem Spiritual auf den<br />
Weg nach Alland. Für die sonst hinter Klostermauern lebenden Schwestern war es<br />
ein besonderes Ereignis, nach so vielen Jahren wieder mit der „Welt“ draußen in<br />
Kontakt zu kommen. Ohne befürchtete Zwischenfälle kehrten sie sichtlich erleich-<br />
tert wieder in ihr Kloster zurück. 338<br />
Erhebliche Sorge bereitete den Schwestern das Gerücht, daß am Tag nach der<br />
Wahl mit großen Plünderungen zu rechnen sei. Die Tatsache, daß das Kloster als<br />
kaiserliche Stiftung mit dem Herrscherhaus in enger Beziehung gestanden war,<br />
schürte die Angst eines Anschlages. Um sich davor zu schützen, begannen die<br />
Schwestern ihre wenigen Habseligkeiten zu verstecken. In einer dunklen Nische<br />
am inneren Eingang des Weinkellers wurde Petroleum, Wein, der kleine Fett-<br />
vorrat und was sich sonst noch unterbringen ließ, verstaut und von Sr. Elekta<br />
zugemauert. In einem anderen Keller wurde das feine Geschirr, die Wäsche und<br />
andere Dinge untergebracht. Das Beichtzimmer diente für die Kirchenwäsche und<br />
Reliquienkästchen als Versteck. Die Altarparamente und die wertvollen Kirchen-<br />
geräte waren schon zuvor an unterschiedlichen Orten in Sicherheit gebracht wor-<br />
den. Sogar in den obersten Nischen der Gruft wurden verschiedene Statuen und<br />
337 Vgl. Klosterchronik I, 275.<br />
338 Vgl. Klosterchronik I, 288ff.<br />
122
die Weihnachtskrippe verborgen. Außerdem hatte jede Schwester für den Fall<br />
einer plötzlichen Vertreibung ihre Papiere sowie ein Sparkassenbüchlein samt<br />
Bargeld ausgehändigt bekommen. 339<br />
In der Nacht vom 12. auf den 13. April 1919 wachten abwechselnd zwei Schwes-<br />
tern vor dem Allerheiligsten, um bei drohender Gefahr die Mitschwestern sofort<br />
wecken zu können. 340 Aber auch diese stürmischen Zeiten gingen vorüber und<br />
ebenso die angstvolle Sorge über eine mögliche Klosteraufhebung. Die Zwischen-<br />
kriegszeit verlief für das Kloster eher ruhig, unterbrochen nur von einigen außer-<br />
ordentlichen Gästen: 1921 kamen Erzbischof Piffl, 1924 Bundeskanzler Seipel, 1933<br />
Kardinal Innitzer und mehrmals der Apostolische Nuntius zu Besuch.<br />
Das in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar 1938 vielerorts gesehene Polarlicht<br />
am Himmel war auch in der Gegend um <strong>Mayerling</strong> deutlich zu sehen. Sollte dies<br />
ein drohendes Unheil ankündigen? Der 50. Stiftungstag am 9. Oktober 1939 war<br />
jedenfalls nur mit sehr gedämpfter Freude und eher im Stillen begangen worden,<br />
da einen Monat zuvor der 2. Weltkrieg ausgebrochen war. Die Schwestern ahnten<br />
wohl, daß dies mit noch größerem Leid als bisher verbunden sein würde.<br />
Ende Februar 1940 wurde den Schwestern von Provinzial P. Bernhard Lugmaier<br />
mitgeteilt, daß die <strong>Karmel</strong>itinnen in Linz ihr Kloster voraussichtlich bis zum<br />
8. März verlassen müßten. Daraufhin versprachen die <strong>Mayerling</strong>er Schwestern,<br />
ihnen im Falle ihrer Vertreibung Unterkunft zu gewähren. Zur Freude aller konn-<br />
ten die Schwestern aber in Linz bleiben, mußten jedoch einen Teil ihres Hauses an<br />
das Militär abtreten. 341<br />
Bereits am 26. April kam die nächste Hiobsbotschaft aus Graz. Der dortige Prior<br />
bat um Hilfe für die Grazer <strong>Karmel</strong>itinnen, die innerhalb von 14 Tagen ihr Kloster<br />
zu räumen hätten. Dieses Mal konnte die Sache nicht mehr rückgängig gemacht<br />
werden, und so kamen am 14. Mai elf vertriebene Schwestern in <strong>Mayerling</strong> an. Die<br />
restlichen wurden im <strong>Karmel</strong>itinnenkloster in Baumgarten aufgenommen. 342<br />
Nur wenige Monate später aber sollte das schwere Los der Vertreibung die<br />
<strong>Mayerling</strong>er <strong>Karmel</strong>itinnen selbst treffen. Am 14. September 1940 erschienen<br />
339 Vgl. Klosterchronik I, 291f.<br />
340 Vgl. Klosterchronik I, 293.<br />
341 Vgl. Bruderhofer, Niederlassungen, 106f.<br />
342 Vgl. Klosterchronik II, 10f.<br />
123
Kreisamtsleiter Vogel, Bürgermeister Dostal, Gendarm Böckl und Lagerführer<br />
Ochs und verlangten die Pläne des Klosters zur Einsicht. Tags darauf teilte Gen-<br />
darm Böckl den Schwestern mit, daß sie auf Anordnung der Kreisleitung Baden<br />
das Haus innerhalb von 24 Stunden zu räumen hätten. Auf diese Kunde hin bot<br />
sich die Oberin der Hartmannschwestern an, vorerst alle Schwestern im 300 m<br />
unterhalb gelegenen Asyl aufzunehmen. 343<br />
Am Montag nach der Frühmesse begann man mit der Umsiedlung. Der Haus-<br />
geistliche Reinhold Winkler brachte zunächst das Allerheiligste in die Hauskapelle<br />
der Hartmannschwestern im Asyl. Anschließend machten sich die Schwestern mit<br />
Unterstützung hilfsbereiter Leute an die Arbeit und räumten das Kloster, wobei<br />
sie jedoch die <strong>Karmel</strong>kirche zur Unterbringung ihres Inventars benützen durften.<br />
Inzwischen aber war eine Nachricht des Ordinariats eingetroffen mit der An-<br />
weisung, daß die Schwestern das Kloster nicht verlassen sollten. Daraufhin verein-<br />
barte der Allander Bürgermeister mit einem Beamten der Kreisleitung, die Räu-<br />
mungsfrist um einen Tag zu verschieben und den Schwestern zusätzlich die Be-<br />
nützung des Betchors und der Sakristei zuzugestehen. Bis spät in die Nacht wurde<br />
gearbeitet, und am nächsten Morgen verließen die Schwestern schweren Herzens<br />
ihre Heimstätte. Bei den Hartmannschwestern fanden sie liebevoll Aufnahme, und<br />
alle bemühten sich sehr, die Not zu lindern. 344 Zwei andere (Sr. M. Leonarda und<br />
Sr. M. Benedikta) fuhren zu ihren Verwandten.<br />
Für den 19. September war die offizielle Übernahme des beschlagnahmten Klos-<br />
ters vorgesehen. Zu diesem Zweck kamen Kreisamtsleiter Vogel, Bürgermeister<br />
Dostal, Kreismeister Eichholzer, ein Gendarm und eine Sekretärin nach <strong>Mayerling</strong>.<br />
Den Schwestern standen einige Patres aus Heiligenkreuz und der neue Haus-<br />
geistliche der Hartmannschwestern P. Johannes Längauer SVD zur Seite. 345 Jetzt<br />
erst ließ Bürgermeister Dostal gleichsam die Maske fallen und die Schwestern<br />
erkannten, daß er ganz auf der Seite der Parteimänner stand. 346<br />
343 Vgl. Klosterchronik, II, 13f.<br />
344 Vgl. Klosterchronik, II, 17.<br />
345 Vgl. Klosterchronik, II, 19.<br />
346 Lange Jahre war Herr Dostal als Zahntechniker bei den Schwestern tätig und gab ihnen auch so<br />
manchen Rat bezüglich ihrer Imkerei. Er hatte ein Auge auf die Bienenstöcke geworfen und<br />
wollte verhindern, daß die Schwestern sie behalten durften. Vgl. Klosterchronik II, 20.<br />
124
Um gegen das Vorgehen der örtlichen Organe zu protestieren und um die Frei-<br />
gabe der nötigen Wohnräume zu ersuchen, fuhr am nächsten Tag P. Längauer zur<br />
Organisationsleitung der Umsiedlung nach Wien. Daraufhin kam am 21. Septem-<br />
ber der Stellvertretende Einsatzführer Bamberger nach <strong>Mayerling</strong> und bewilligte,<br />
daß die Kirche mit den dazugehörigen Räumen, der Elisabethtrakt und das Gar-<br />
tengebäude den Schwestern zur freien Benützung übergeben werden sollten.<br />
Auch die Bienenstöcke und den Gemüsegarten sollten sie weiterhin benützen<br />
dürfen. Außerdem wurde vereinbart, daß die Kreisleitung Baden die Kosten der<br />
Instandsetzungsarbeiten im nun wieder freigegebenen Teil des Klosters über-<br />
nehmen würde. Entsprechend groß war die Erleichterung bei den Schwestern<br />
über diesen positiven Ausgang der Verhandlungen, und sie machten sich sogleich<br />
an die Aufräumungsarbeiten in der Kirche. 347 Gleichzeitig wurde der Elisabeth-<br />
trakt wohnlich eingerichtet, und schon bald konnten Sr. M. Beatrix, Sr. M. Anna,<br />
Sr. M. Zita, Sr. M. Kreszentia, Sr. Theresia Elia, Sr. M. Euphrasia und Sr. M.<br />
Leonarda dort einziehen. 348<br />
Die Freude des kleinen provisorischen <strong>Karmel</strong>s dauerte jedoch nicht lange, denn<br />
bereits Anfang Januar 1941 wurde das Kloster vom nationalsozialistischen Regime<br />
bis auf die Kirche und die Sakristei komplett enteignet. Die Schwestern mußten in<br />
verschiedene Klöster, die noch nicht beschlagnahmt waren, verteilt werden. Die<br />
Konvente in Gmunden und Wendelborn bei Breslau nahmen etliche Schwestern<br />
auf. 349<br />
Nur Sr. M. Magdalena und Sr. M. Stanisla blieben in der Sakristei der <strong>Mayerling</strong>er<br />
<strong>Karmel</strong>kirche zurück, um das Kloster wenigstens von außen bewachen zu können.<br />
Die beiden Schwestern hielten sich mehrere Jahre unter äußerst schwierigen Ver-<br />
hältnissen dort auf. Anstelle der Schwestern waren Umsiedler aus Bessarabien im<br />
Kloster einquartiert worden.<br />
Am 4. Juni 1941 wurde das Kloster in Wendelborn beschlagnahmt, und die dort-<br />
hin geflüchteten Schwestern aus <strong>Mayerling</strong> hatten wieder kein Zuhause. Bei den<br />
Ursulinen in Breslau konnten sie nur eingeschränkt ihr Ordensleben weiterführen.<br />
Im Frühjahr 1942 wünschte Provinzial P. Heribert, daß die Schwestern wieder in<br />
347 Vgl. Klosterchronik II, 20f.<br />
348 Vgl. Klosterchronik II, 23.<br />
349 Vgl. Huttner, <strong>Karmel</strong>itinnen, 62.<br />
125
<strong>Karmel</strong>itinnenklöstern untergebracht würden, wo sie in strenger Klausur leben<br />
konnten. Einige Schwestern kamen nach Bayern, und zwei kehrten nach Öster-<br />
reich zurück. 350<br />
d) Der Wiederbeginn 1945<br />
Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges sollten auch die Ortschaften des Wienerwaldes<br />
die Auswirkungen der Kampfhandlungen mit voller Härte zu spüren bekommen.<br />
Als die russische Arme österreichisches Gebiet erreicht hatte, beschloß die mili-<br />
tärische Führung eine großräumige Einschließung Wiens. Zu diesem Zweck brach<br />
die sowjetische Armee Anfang April von Baden über Heiligenkreuz zur West-<br />
bahnstrecke und von dort über den Riederberg ins Donautal bei Tulln durch. Die<br />
deutschen Truppen verschanzten sich im hügeligen Gelände um Alland und<br />
leisteten fast drei Wochen erbitterten Widerstand. In Folge der Kampfhandlungen<br />
wurde Alland schwer getroffen und galt als die am schwersten zerstörte<br />
Gemeinde im Wienerwald. Die Kirche und die Volksschule brannten aus, und<br />
32 Häuser wurden völlig zerstört. 351 Auch in <strong>Mayerling</strong> gab es zahlreiche Kriegs-<br />
schäden zu beklagen. So wurden durch Artilleriebeschuß die farbigen Glasfenster<br />
und das Dach der Kirche schwer beschädigt.<br />
Nachdem die russischen Truppen das Klostergebäude besetzt hatten, wurde es<br />
auf Befehl der Kommandantur den Schwestern zurückgegeben. Durch das Kloster<br />
zog sich jedoch eine Spur der Verwüstung. Teilweise war der Putz herunter<br />
geschlagen und die hölzernen Bodenbretter herausgerissen.<br />
Allmählich kehrten die Schwestern, die in den Jahren des Krieges in die ver-<br />
schiedenen Himmelsrichtungen verstreut wurden, nach <strong>Mayerling</strong> zurück. So<br />
kamen am 20. Juli 1946 Sr. M. Johanna Evangelista und Sr. Theresia Elia aus dem<br />
<strong>Karmel</strong> in Rödelmaier/Bayern, am 1. Oktober Sr. M. Beatrix und Sr. M. Benedikta<br />
aus Gmunden und am 31. Mai 1947 Sr. M. Zita aus Wilten/Innsbruck zurück. 352<br />
Unter großen Entbehrungen und Opfern begannen sie wieder ihr kontemplatives<br />
Leben hinter den eigenen Klostermauern zu führen. Zu ihren ersten Aufgaben<br />
350 Vgl. Klosterchronik II, 1941-1944.<br />
351 Vgl. Dorffner, Alland, 57.<br />
352 Vgl. Klosterchronik II, 1947.<br />
126
gehörte es, die einzelnen Zellen in Ordnung zu bringen und notdürftig einzu-<br />
richten, denn nun galt es, auch anderen Schwestern Zuflucht zu gewähren.<br />
Durch die politischen Wirrnisse mußten am Ende des Krieges die deutschen<br />
Schwestern des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters in Prag das Land verlassen. Nach dreimo-<br />
natiger Internierung erfolgte die Ausweisung nach Österreich. Am 10. August<br />
1945 kamen sie nach Baumgarten und fanden dort vorübergehend Zuflucht.<br />
Bereits am 22. August reisten die vertriebenen Schwestern (Priorin M. Nepo-<br />
mucea, Sr. M. Michaela, Sr. M. Anna, Sr. M. Dominika und Sr. M. Theresia) weiter<br />
nach <strong>Mayerling</strong>, wo sie Aufnahme fanden. Da die Priorin M. Nepomucea und<br />
Sr. M. Theresia unter Heimweh litten, versuchten sie so bald als möglich nach<br />
Prag zurückzukehren. Schon am 9. September 1945 erhielten sie vom Provinzial<br />
die Erlaubnis, nach Baumgarten zu reisen, und von dort ging es nach einer kurzen<br />
Verzögerung am 14. November heimwärts nach Prag. 353<br />
Am 18. Januar 1946 übersiedelten die Schwestern (Priorin M. Elia, Sr. M. Theresia,<br />
Sr. Josefa Elekta, Sr. M. Baptista, Sr. Paula Maria, Sr. M. Hildegard und Sr. M. Josefa)<br />
aus dem Grazer Konvent, die in den Jahren zuvor in Baumgarten Unterkunft<br />
gefunden hatten, in den <strong>Karmel</strong> von <strong>Mayerling</strong>.<br />
Die Wiedererrichtung der päpstlichen Klausur am 3. Mai 1946 trug zur Norma-<br />
lisierung des Ordenslebens bei. Im selben Monat erbat die bisherige Priorin,<br />
Mutter M. Stanisla, von ihrer Aufgabe als Vorsteherin des Klosters entbunden zu<br />
werden. Als Nachfolgerin wurde vom <strong>Karmel</strong> Baumgarten Sr. M. Regina gewählt<br />
und am 8. Juni in ihr neues Amt eingeführt. 354<br />
In den Jahren 1956/57 wurde die ehemalige Gärtnerwohnung nach den Plänen<br />
des Architekten Karl Högler in ein Gästehaus umgebaut. Die Kosten für dieses<br />
Projekt wurden größtenteils von Wohltätern und durch ein Darlehen gedeckt. 355<br />
Den Schwestern diente diese Fremdenpension als wichtige Einnahmequelle. Bis<br />
Ende der 80er Jahre fanden hier in den Sommermonaten viele Gäste Erholung und<br />
Ruhe.<br />
353 Vgl. Klosterchronik II, 1945.<br />
354 Vgl. Klosterchronik II, 1946.<br />
355 Vgl. Klosterchronik II, 1956-1957.<br />
127
Ortsansicht von <strong>Mayerling</strong><br />
Noch heute nach über 110 Jahren zieht es die Menschen an den Ort des Geschehens<br />
vom 30. Januar 1889. Die vielen Besucher, die heute nach <strong>Mayerling</strong><br />
kommen, können die neugotische Kirche des Klosters besichtigen. In der Sakristei<br />
und in einem Nebenraum sind auch einige Erinnerungsstücke und Fotografien<br />
aus der Kaiserzeit ausgestellt. Die Einnahmen dienen den Schwestern für ihren<br />
Lebensunterhalt und für die oft kostspieligen Renovierungen der Kirche und des<br />
Klosters. Der Besucherstrom nahm in den letzten Jahren merklich ab. Verschie-<br />
dene Faktoren tragen dazu bei, daß es die Touristen aus aller Welt nicht mehr in<br />
großen Scharen nach <strong>Mayerling</strong> zieht, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war.<br />
Den meisten Besuchern, die weiterhin nach <strong>Mayerling</strong> kommen und die Kirche<br />
besichtigen, wird nicht bewußt, daß sich <strong>Karmel</strong>itinnen auf der anderen Seite<br />
hinter dem Hochaltar in Stille und Einsamkeit vor Jesus im Tabernakel versam-<br />
meln, um nach dem erhabenen Gedanken der hl. Teresa zu leben: „Gott allein<br />
genügt!“<br />
128
SCHLUSS<br />
Zum Abschluß dieser historischen Untersuchung über das kirchliche Leben im<br />
kleinen Ort <strong>Mayerling</strong> soll ein zusammenfassender Rückblick über die wichtigsten<br />
historischen Etappen gegeben werden.<br />
Wenn man auf die Geschichte von <strong>Mayerling</strong> zurückblickt findet man einerseits<br />
eine relativ ruhige Entwicklung, andererseits fand im Jahre 1889 ein markantes<br />
Ereignisse statt, das diesen kleinen unscheinbaren Ort im Wienerwald weltbe-<br />
kannt machte.<br />
Als die Römer ihr Imperium bis zur Donau ausbreiteten, brachten sie auch das<br />
Christentum erstmalig in diese Gegend um Wien. Nach dem Zerfall des römi-<br />
schen Reiches zogen sich die meisten der ehemaligen Bewohner nach Italien<br />
zurück und überließen das Land verschiedenen Völker.<br />
In der Folgezeit begann von Bayern aus eine rege Missionstätigkeit, wobei das<br />
Bistum Passau bis weit über die Enns nach Osten reichte. Um die Grenzen des<br />
fränkischen Reiches besser vor den Einfällen der Ungarn schützen zu können,<br />
errichtete man zwischen Enns und dem Wienerwald die Mark Ostarrichi. Das<br />
Gebiet wurde den Babenbergern übergeben, und diese bauten ihren Herrschafts-<br />
bereich ständig aus.<br />
Inzwischen hatte sich die abendländische Kirche zwar kontinuierlich ausgebreitet,<br />
geriet aber immer mehr in die Abhängigkeit weltlicher Macht. Durch eine tief-<br />
greifende Erneuerung befreite sich die Kirche aus dieser Umklammerung, und es<br />
entwickelten sich zahlreiche neue Ordengemeinschaften, wie z. B. die Zister-<br />
zienser in Frankreich. In diesen Reformorden trat Otto, ein Sohn des Markgrafen<br />
Leopold III., ein. Auf Wunsch seines Sohnes holte Leopold im Jahre 1133 die<br />
Zisterzienser in sein Land und schenkte ihnen ein Gebiet im Wienerwald. Im<br />
14. Jahrhundert wurden die Patres des Stiftes Heiligenkreuz auch mit der Seel-<br />
sorge außerhalb ihres Kloster betraut und kamen somit in den Besitz der Urpfarre<br />
Alland.<br />
Um die Seelsorge effizienter ausüben zu können, errichteten sie in <strong>Mayerling</strong> eine<br />
Kapelle zu Ehren des hl. Laurentius. In den folgenden Jahren entwickelte sich dort<br />
ein bescheidenes Wallfahrtswesen, und es gelang auch eine Bruderschaft zu<br />
gründen. Von den Türken zweimal niedergebrannt, wurde das Gotteshaus auf<br />
129
Initiative der Mönche immer wieder aufgebaut und vergrößert. Hierbei erwarben<br />
sich die Äbte Michael Schnabel und Clemens Schäffer große Verdienste. Für die<br />
regelmäßigen Gottesdienste waren nicht die jeweiligen Pfarrer von Alland zu-<br />
ständig, sondern die Äbte bestimmten hierfür eigene Provisoren.<br />
So vergingen fast vier Jahrhunderte, bis der jagdbegeisterte Kronprinz Rudolf<br />
(1858-1889) Interesse an den im Stiftsbesitz befindlichen Häusern um die Lauren-<br />
tius-Kirche zeigte. Nach dem Erwerb der Gebäude ließ er diese in ein kleines<br />
Jagdschloß umgestalten, und ab 1887 konnte er von hier aus mit seinen Freunden<br />
auf die Jagd gehen. Ende Januar 1889 begab er sich zum letzten Mal zu einem<br />
Jagdausflug nach <strong>Mayerling</strong>. Von dort sollte er nicht mehr lebend nach Wien<br />
zurückkehren. Denn am 30. Januar 1889 wurde er zusammen mit der Baronesse<br />
Vetsera tot in einem Zimmer des Jagdschlosses aufgefunden. Unmittelbar nach<br />
Bekanntwerden der Todesnachricht Rudolfs verbreiteten sich die widersprüch-<br />
lichsten Gerüchte über den Tathergang. Aufgrund verschiedenster Indizien und<br />
möglicher Motive deutet vieles auf Selbstmord hin, aber auch eine gewaltsamer<br />
Tod durch andere kann nicht völlig ausgeschlossen werden.<br />
Auf Wunsch des Kaisers sollte sich am Ort des Geschehens ein kontemplativer<br />
Orden niederlassen, um für das Seelenheil seines verstorbenen Sohnes zu beten.<br />
Nachdem die <strong>Karmel</strong>itinnen von Wien-Baumgarten einer diesbezüglichen An-<br />
frage zugestimmt hatten, wurde das Jagdschloß in ein Kloster umgebaut. Bereits<br />
am 9. November 1889 konnten die ersten Schwestern in ihr neues, aber noch nicht<br />
ganz fertiggestelltes Kloster einziehen. Oft hatten sie unter den verschiedensten<br />
Schwierigkeiten zu leiden, und für sie wurde <strong>Mayerling</strong> ein Ort, der mit vielen<br />
Opfern verbunden war. Bei den mehrmaligen Besuchen in <strong>Mayerling</strong> äußerte sich<br />
der Kaisers stets zufrieden über seine gelungene Stiftung.<br />
Für die Laurentius-Kirche bedeutete die Errichtung des <strong>Karmel</strong>itinnenklosters<br />
jedoch das Ende. Da die Kirche nicht in die Klosteranlage integriert werden konn-<br />
te, wurden sie abgerissen. An ihrer Stelle entstand ein Mausoleum, die Begräbnis-<br />
stätte der Schwestern. Viele Jahrhunderte stand die Laurentius-Kirche oberhalb<br />
des Ortes und konnte schon von weitem gesehen werden. Mit Wehmut mußte die<br />
Bevölkerung zusehen, wie ihre kleine Wallfahrtskirche für immer verschwand.<br />
130
In den ersten Jahren nach der Stiftung des neuen <strong>Karmel</strong>klosters entstanden von<br />
<strong>Mayerling</strong> aus zwei Tochtergründungen in Wandorf (1892) und Aufkirchen<br />
(1896).<br />
Bis zum 1. Weltkrieg konnten sich die Schwestern immer wieder auf das Wohl-<br />
wollen und den Schutz des Kaisers verlassen. Als aber die Monarchie zerfiel,<br />
wurde ihnen die finanzielle Unterstützung entzogen. Zudem mußten sie in dieser<br />
Zeit des Umbruchs mit möglichen Übergriffen der Bevölkerung rechnen. Ohne<br />
jedoch irgend einen Schaden zu erleiden, vergingen diese angstvollen Wochen,<br />
und es konnten auch Wohltäter im Ausland gefunden werden.<br />
Schmerzlich entwickelte sich die Lange, als zu Beginn des 2. Weltkriegs das NS-<br />
Regime Wohnraum für ausgesiedelte Volksdeutsche suchte. Ohne auf die Schwes-<br />
tern Rücksicht zu nehmen, wurde im September 1940 angeordnet, daß in<br />
kürzester Zeit das Kloster zu räumen sei, mit Ausnahme der Kirche und der<br />
Sakristei. Fürsorglich wurde die vertriebenen <strong>Karmel</strong>itinnen von den Hartmann-<br />
schwestern im Asyl und in andern Klöstern aufgenommen.<br />
Nach dem 2. Weltkrieg kehrten die Schwestern allmählich nach <strong>Mayerling</strong> zurück,<br />
und begannen wieder ein gemeinsames Ordensleben. Vor den vielen Touristen<br />
verborgen, führen sie ein Leben des Gebetes und der Sühne. Bis zum heutigen Tag<br />
beten sie in besonderer Weise am 30. Januar für den verstorbenen Kronprinz<br />
Rudolf und lassen die hl. Messe für ihn feiern. In gleicher Weise gedenken sie<br />
jedes Jahr im November ihres 1916 verstorbenen Stifters Kaiser Franz Joseph.<br />
Die Schwestern freilich nehmen in ihr Gebet auch all jene Menschen mit hinein,<br />
die als Touristen nach <strong>Mayerling</strong> kommen, und sind überzeugt, auch auf diese<br />
Weise ihrer christlichen Berufung zum stellvertretenden Gebet für andere nachzu-<br />
kommen.<br />
Das 2. Vatikanische Konzil hat in seinem Dekret über die zeitgemäße Erneuerung<br />
des Ordenslebens „Perfectae caritatis“ in Nr. 7 über die sog. „beschaulichen“<br />
(kontemplativen) Orden festgestellt, daß ihre Mitglieder durch ihre spezifische<br />
Berufung „in Einsamkeit und Schweigen, anhaltendem Gebet und hochherziger<br />
Buße für Gott allein da sind“ und zugleich in der Kirche Christi, seinem mysti-<br />
schen Leib, „immer eine hervorragende Stelle“ einnehmen. Eben dies wird<br />
exemplarisch an den Schwestern des <strong>Karmel</strong>s St. Josef in <strong>Mayerling</strong> sichtbar und<br />
verwirklicht sich auch zu Beginn des 3. Jahrtausends nach Christus!<br />
131
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS<br />
Ungedruckte Quellen<br />
Stiftsarchiv Heiligenkreuz:<br />
- Stiftungsurkunde für Heiligenkreuz<br />
- Johannes Baptist Jurmann: Beschreibung der wider lobwürdig Erbauten<br />
und wider erhöbten Capellen des hl. Laurenty in <strong>Mayerling</strong>. In: Rub. 22,<br />
Fasc. 8, Nr. 13<br />
- Memoriale des Abtes Clemens Schäffer für den Turmknopf der<br />
Laurentius-Kirche in <strong>Mayerling</strong> 1683. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7<br />
- Neubau-Rechnung 1681/82. In: Rub. 22, Fasc. 8., Nr. 6<br />
- Maler-Rechnung. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 9<br />
- Bildhauer-Rechnung. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 10<br />
- Meßstiftungsurkunde. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11<br />
- Rechnungen der Restaurierung 1880/81. In: Rub. 22, Fasc. 8<br />
- „Maierling“, eine handschriftliche Beschreibung der Laurentius-Kapelle,<br />
vermutlich aus dem 19. Jh. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 27<br />
- Kaufvertrag für die Laurentius-Kirche. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12<br />
Klosterarchiv <strong>Mayerling</strong>:<br />
- Klosterchronik: Bd. I und II<br />
- Stiftbrief<br />
Klosterarchiv Aufkirchen:<br />
- Klosterchronik<br />
Pfarrarchiv Alland:<br />
- Pfarrchronik<br />
Pfarrarchiv Maria Raisenmarkt:<br />
- Gedenkbuch 1831-1959<br />
Niederösterreichisches Landesarchiv:<br />
- Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung, Karton 61, Nr. 39/533<br />
132
Gedruckte Quellen<br />
Continuatio Claustroneoburgensis Secunda. In: MG SS, Bd. 9, Hannover 1851,<br />
617, Nr. 1177-1184.<br />
Gsell, Benedict: Das Gültenbuch des Cistercienser-Stiftes Heiligenkreuz aus dem<br />
Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Wien 1866.<br />
Die Ostarrichi-Urkunde. Faksimile im Originalformat der Urkunde aus dem<br />
Besitz des Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Einleitung, Transkription und<br />
Übersetzung [von] Adam Wandruszka : München, Kaiserselekt 859. Graz<br />
1981.<br />
Weitere Edition der Ostarrichi-Urkunde: MG DD OIII, 232.<br />
Urkundenbuch des Landes ob der Enns. Hg. vom Verwaltungsrat des Museums<br />
Francisco-Carolinum in Linz mit Unterstützung der kaiserl. Akademie der<br />
Wissenschaften in Wien. Bd. 9. Linz 1906.<br />
Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich. Bearb. v. Heinrich<br />
Fichtenau und Erich Zöllner (Publikationen des Instituts für Österreichische<br />
Geschichtsforschung, Dritte Reihe). Wien 1950 ff.<br />
Watzl, Hermann (Hg.): Das Urbar der „Waldmark“ der Cisterce Heiligenkreuz<br />
1431. Heiligenkreuz - Wien 1966.<br />
Watzl, Hermann: „... in loco, qui nunc ad sanctam crucem vocatur ...“ : Quellen<br />
und Abhandlungen zur Geschichte des Stiftes Heiligenkreuz. Heiligenkreuz<br />
1987.<br />
Weis, Johann Nepomuk (Hg.): Urkunden des Cisterzienser-Stiftes Heiligenkreuz<br />
im Wienerwalde. I. Theil (Fontes rerum Austriacarum. Zweite Abtheilung.<br />
Diplomataria et Acta. Bd. XI). Wien 1856 [= FRA II/11].<br />
Weis, Johann Nepomuk (Hg.): Urkunden des Cisterzienser-Stiftes Heiligenkreuz<br />
im Wienerwalde. II. Theil (Fontes rerum Austriacarum. Zweite Abtheilung.<br />
Diplomataria et Acta. Bd. XVI). Wien 1859 [= FRA II/16].<br />
133
Literatur<br />
Bibl, Viktor: Kronprinz Rudolf : Die Tragödie eines sinkendes Reiches. Leipzig –<br />
Budapest 1938.<br />
Bohlen, Reinhold: <strong>Karmel</strong>. In: LThK 3 , Bd. 5, Sp. 1251-1252.<br />
Bourgoing, Jean de (Hg.): Briefe Kaiser Franz Josephs an Frau Katharina Schratt.<br />
Wien – München 1964.<br />
Bouton, Jean de la Croix: Cîteaux : I. Geschichte. In: Lexikon des Mittelalters,<br />
Bd. 2. München 1983, Sp. 2104-2106.<br />
Broucek, Peter; Hillbrand, Erich; Vesely, Fritz: Historischer Atlas zur zweiten<br />
Türkenbelagerung Wien 1683. Wien 1983 2 .<br />
Bruderhofer, Raimund: Die Niederlassungen des <strong>Karmel</strong>itenordens in Oberösterreich<br />
in der Zeit des Nationalsozialismus. Linz 1980.<br />
Bulst, Norbert: Cluny, Cluniazenser : A. Geschichte des Klosters Cluny und der<br />
Cluniazenser in Frankreich : I. Das Kloster Cluny : [1] Gründung und Privilegien.<br />
[2] Cluny als Reformzentrum. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2.<br />
München 1983, Sp. 2172-2174.<br />
Burggraf, Jutta: Teresa von Avila : Humanität und Glaubensleben. Paderborn –<br />
München – Wien – Zürich 1996.<br />
Der Polizeibericht: <strong>Mayerling</strong> : Authentische Darstellung des soeben aufgefundenen<br />
Originalaktes des k. k. Polizeipräsidiums Wien No. 1 Reservat 1889.<br />
Wien – München – Stuttgart – Zürich 1955.<br />
Dienst, Heide: Agnes : Herzogin, Markgräfin, Landesmutter. In: Der heilige<br />
Leopold : Landesfürst und Staatssymbol : Niederösterreichische Landesausstellung<br />
Stift Klosterneuburg 30. März - 3. November 1985. Wien 1985,<br />
20-25.<br />
Dobhan, Ulrich: <strong>Karmel</strong>iten (K.), <strong>Karmel</strong>itinnen : III. Teresianischer <strong>Karmel</strong> (OCD).<br />
In: LThK 3 , Bd. 5, Sp. 1255-1256.<br />
Dorffner, Erich und Christl: Allerhand über Alland : Ein bunter Streifzug durch<br />
Geschichte und Gegenwart der Wienerwaldgemeinde, hg. von der Großgemeinde<br />
Alland, 1989.<br />
Feigl, Erich (Hg.): Kaiser Karl : Persönliche Aufzeichnungen, Zeugnisse und<br />
Dokumente. Wien – München 1984.<br />
134
Feigl, Helmuth: Zur Entstehung des Pfarrnetzes in Österreich unter der Enns im<br />
Zeitalter der Babenberger. Sonderdruck aus „Babenberger-Forschungen“ –<br />
Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 42 (1976) 52-69.<br />
Fornara, Roberto: Elija, Elischa und der <strong>Karmel</strong>. In: Giordano Silvano (Hg.): Der<br />
<strong>Karmel</strong> im Heiligen Land : von seinen Anfängen bis in unsere Tage. Dt.<br />
Ausgabe vorbereitet von Ancilla Oberkofler und Antonio Sagardoy. Wien<br />
1995, 19-25.<br />
Frey, Dagobert: Das Stift Heiligenkreuz (Österreichische Kunstbücher Bd. 51-52).<br />
Wien - Augsburg 1926.<br />
Frey, Dagobert: Die Denkmale des politischen Bezirkes Baden (Österreichische<br />
Kunsttopographie Bd. 18). Wien 1924.<br />
Frey, Dagobert: Die Denkmale des Stiftes Heiligenkreuz (Österreichische Kunsttopographie<br />
Bd. 19). Wien 1926.<br />
Friedrich, Lars R.: Zur Geschichte von <strong>Mayerling</strong> : Von der Laurentiuskirche zum<br />
heutigen <strong>Karmel</strong> St. Josef. In: Sancta Crux 54 (1993) 118-125.<br />
Giordano, Silvano: Die Einsiedler auf dem Berg <strong>Karmel</strong>. In: Ders. (Hg.): Der<br />
<strong>Karmel</strong> im Heiligen Land : von seinen Anfängen bis in unsere Tage. Dt.<br />
Ausgabe vorbereitet von Ancilla Oberkofler und Antonio Sagardoy. Wien<br />
1995, 54-62.<br />
Gutkas, Karl: Das Türkenjahr 1683 in Niederösterreich. St. Pölten - Wien 1982.<br />
Gutkas, Karl: Friedrich III. und Matthias Corvinus (Wissenschaftliche Schriftenreihe<br />
Niederösterreich, Heft 65). St. Pölten - Wien 1982.<br />
Hägermann, D.; Hedwig, A.: Hufe. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5. München<br />
1991, Sp. 154-156.<br />
Hamann, Brigitte (Hg.): Kronprinz Rudolf : Majestät, ich warne Sie ... Geheime<br />
und private Schriften. Wien – München 1979.<br />
Hamann, Brigitte (Hg.): Mein liebe, gute Freundin! Die Briefe Kaiser Franz<br />
Josephs an Katharina Schratt aus dem Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek.<br />
Wien 1992.<br />
Hamann, Brigitte: Elisabeth : Kaiserin wider Willen. Wien – München 1982.<br />
Hamann, Brigitte: Rudolf : Kronprinz und Rebell. Wien – München 1978.<br />
Hausberger, Karl; Hubensteiner, Benno: Bayerische Kirchengeschichte. München<br />
1985.<br />
135
Heimbucher, Max: Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche. Bd. 2.<br />
Paderborn – München – Wien 1987 5 .<br />
Heuwieser, Max: Geschichte des Bistums Passau : Die Frühgeschichte. Bd. 1.<br />
Passau 1939.<br />
Historische und topographische Darstellung der Pfarren, Stifte, Klöster, milden<br />
Stiftungen und Denkmähler im Erzherzogthume Oesterreich. Herausgegeben<br />
von einigen Freunden der Geschichte. Bd. 4: Baden mit dem Stifte<br />
Heiligenkreuz und der Umgegend, oder: das Decanat Baden der Wiener-<br />
Diöcese. Wien 1825.<br />
Hlawatsch, Friedrich: Die Heiligenkreuzer Stiftungsurkunde 1136. In: Sancta Crux<br />
Jubiläumsausgabe 1935.<br />
Holler, Gerd: <strong>Mayerling</strong> : Die Lösung des Rätsels : Der Tod des Kronprinzen<br />
Rudolf und der Baronesse Vetsera aus medizinischer Sicht. Wien –<br />
München – Zürich – Innsbruck 1980.<br />
Holler, Gerd: <strong>Mayerling</strong> : Neue Dokumente zur Tragödie 100 Jahre danach. Wien –<br />
München 1988.<br />
Hradil, Gerhard (Hg.): Im Zeichen des Kreuzes : Geist und Leben in unserem<br />
Kloster Heiligenkreuz. Zu Ehren unseres heiligen Ordensvaters Bernhard<br />
von Clairvaux (1090-1153). Heiligenkreuz 1990.<br />
Huttner, Seraphine: 150 Jahre <strong>Karmel</strong>itinnen in der Stadt Gmunden. Festschrift<br />
zum 150-jährigen Bestand des <strong>Karmel</strong>-Klosters in Gmunden 1828-1978.<br />
Gmunden 1978.<br />
Ilg, Albert: Die alte Kirche von <strong>Mayerling</strong>. In: Berichte und Mittheilungen des<br />
Alterthums-Vereins zu Wien. Bd. 26. Wien 1890, 169-172.<br />
Judtmann, Fritz: <strong>Mayerling</strong> ohne Mythos. Wien 1968.<br />
Kempf, Friedrich: Bischofskirchen, Abteien, Papsttum in ihrem Verhältnis zu den<br />
staatlichen Ordnungen. In: Kempf Friedrich; Beck Hans-Georg; Ewig<br />
Eugen; Jungmann Josef Andreas: Die mittelalterliche Kirche: Erster Halbband:<br />
Vom Frühmittelalter bis zur gregorianischen Reform (= HKG, Bd. III/1).<br />
Freiburg 1985, 309-318.<br />
Kempf, Friedrich: Die vita-evangelica-Bewegung und das Aufkommen neuer<br />
Orden. In: Kempf Friedrich; Beck Hans-Georg; Ewig Eugen; Jungmann<br />
Josef Andreas: Die mittelalterliche Kirche: Erster Halbband: Vom Frühmittelalter<br />
bis zur gregorianischen Reform (= HKG, Bd. III/1). Freiburg<br />
1985, 520-525.<br />
136
Kempf, Friedrich: Ketzer und Reformbewegungen bei Klerus und Laien (1000-50).<br />
In: Kempf Friedrich; Beck Hans-Georg; Ewig Eugen; Jungmann Josef<br />
Andreas: Die mittelalterliche Kirche: Erster Halbband: Vom Frühmittelalter<br />
bis zur gregorianischen Reform (= HKG, Bd. III/1). Freiburg 1985, 388-398.<br />
Kirchner-Feyerabend, Cornelia: Otto von Freising als Diözesan- und Reichsbischof.<br />
Frankfurt am Main u.a. 1990.<br />
Knoell, Pius: Eugippii Vita Sancti Severini. Wien 1886.<br />
Koll, Malachias: Das Stift Heiligenkreuz in Österreich V.U.W.W. mit den dazu<br />
gehörigen Pfarreien und Besitzungen samt dem vereinigten Stifte St. Gotthardt<br />
in Ungarn. Wien 1834.<br />
Kroeschell, Karl: Taiding. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 8. München 1997,<br />
Sp. 434-435.<br />
Kryspin, Carl G.: Der Steinhof bei <strong>Mayerling</strong>. In: Blätter des Vereins für Landeskunde<br />
von Niederösterreich 27 (1893) 158-165.<br />
Lechner, Karl: Die Babenberger : Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-<br />
1246. Wien – Köln – Graz 1976.<br />
Leidl, August: Das Bistum Passau zwischen Wiener Konkordat (1448) und<br />
Gegenwart : Kurzporträts der Passauer Bischöfe, Weihbischöfe, Offiziale<br />
(Generalvikare) dieser Epoche. Passau 1993.<br />
Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Bd. 1: A-M. Leipzig 1872.<br />
Loidl, Franz: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien – München 1983.<br />
Menke, Manfred: Die bairisch besiedelten Landschaften im 6. und 7. Jahrhundert<br />
nach den archäologischen Quellen. In: Dannheimer Hermann/Dopsch<br />
Heinz (Hg.): Die Bajuwaren : Von Severin bis Tassilo 488-788 : Gemeinsame<br />
Landesausstellung des Freistaates Bayern und des Landes Salzburg<br />
Rosenheim/Bayern Mattsee/Salzburg 19. Mai bis 6. November 1988.<br />
München – Salzburg 1988, 70-78.<br />
Mitis, Oskar von: Das Leben des Kronprinzen Rudolf : Mit Briefen und Schriften<br />
aus dessen Nachlaß. Neu hg. und eingeleitet von Adam Wandruszka. Wien –<br />
München 1971.<br />
Mitis, Oskar von: Studien zum älteren österreichischen Urkundenwesen. Wien<br />
1912.<br />
Neumann, Wilhelm Anton: Handwerk und Kunst im Stift Heiligenkreuz vom<br />
XVII. bis zur Mitte des XVIII. Jahrhunderts. In: Berichte und Mittheilungen<br />
des Alterthums-Vereins zu Wien. Bd. 18. Wien 1879, 125-166.<br />
137
Niemetz, Paulus: Die Grablege der Babenberger in der Abtei Heiligenkreuz.<br />
Mödling 1974.<br />
Nimmervoll, Dominik (Hg.): Die Zisterzienser in Österreich : Dokumentation.<br />
Wilhering 1990.<br />
Österreichische Zisterzienserkongregation (Hg.): Die Zisterzienser in Österreich :<br />
Dokumentation und vollständiges Namensverzeichnis. Stift Wilhering 1969.<br />
Pexa, Aelred: Der Orden von Cîteaux. In: St. Bernhard und der Zisterzienserorden<br />
1153 - 1953: Zur 800. Wiederkehr des Todestages des Heiligen am 20. August.<br />
[Innsbruck - Linz 1952.]<br />
Planitz, Ernst Edler von der (Hg.): Denkschrift der Baronin Helene von Vetsera<br />
über die Katastrophe in <strong>Mayerling</strong> und den erfolgten Tod ihrer Tochter<br />
Mary Vetsera. Berlin o. J. 4 [1900].<br />
Plattig, Michael: Elija als „Gründer“ der <strong>Karmel</strong>iten. In: Weismayer Josef (Hg.):<br />
Mönchsväter und Ordensgründer : Männer und Frauen in der Nachfolge<br />
Jesu. Würzburg 1991, 187-200.<br />
Prüller, Monika: Das <strong>Karmel</strong>itinnenkloster „Unsere Liebe Frau vom Berge<br />
<strong>Karmel</strong>“ zu St. Pölten (1706-1782). In: Petrin Silvia/Rosner Willibald (Hg.):<br />
Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für<br />
Landeskunde. Bd. 14. Wien 1992.<br />
Püchel, Rudolf: Meine Jagderlebnisse mit Kronprinz Rudolf. Die bisher unveröffentlichten<br />
Memoiren des Leibjägers Rudolf Püchel sowie 13 Zeichnungen<br />
desselben, hg. von Elisabeth Koller-Glück. St. Pölten 1978.<br />
Röhrig, Floridus: Das Leben des heiligen Leopold. In: Der heilige Leopold :<br />
Landesfürst und Staatssymbol : Niederösterreichische Landesausstellung<br />
Stift Klosterneuburg 30. März - 3. November 1985. 12-19.<br />
Röhrig, Floridus: Leopold III. der Heilige : Markgraf von Österreich. Wien –<br />
München 1985.<br />
Rüther, Andreas: Konversen In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5. München 1991,<br />
Sp. 1423-1424.<br />
Schachinger, Anton: Der Wienerwald : Eine landeskundliche Darstellung (Forschungen<br />
zur Landeskunde von Niederösterreich, hg. vom Verein für<br />
Landeskunde und Heimatschutz von N.Ö. und Wien, Bd. 1/2). Wien 1934.<br />
Schachinger, Anton: Die Türkeneinfälle von 1529 und 1532 und ihre Auswirkung<br />
in der Topographie des Wienerwaldes (Sonder-Abdruck aus dem Jahrbuch<br />
für Landeskunde von Niederösterreich XXII. Jahrgang, H. 4.). O. J.<br />
138
Schaefers, Damianus: Geschichte der Kreuzreliquien. In: LThK 2 , Bd. 6, Sp. 614-<br />
615.<br />
Schneider, Oda: <strong>Mayerling</strong>. <strong>Mayerling</strong> 1957.<br />
Schneider, R.: Grangien. In: Lexikon des Mittelalter, Bd. 4. München 1989,<br />
Sp. 1653-1654.<br />
Schnürer, Franz: Topographie des Gebietes. In: Becker Moritz Alois (Hg.):<br />
Hernstein in Niederösterreich. Sein Gutsgebiet und das Land im weiteren<br />
Umkreise. III. Theil, I. Halbband. Wien 1888.<br />
Schragl, Friedrich: Geschichte der Diözese St. Pölten. St. Pölten – Wien 1985.<br />
Schücker, Walter: Abt Klemens Scheffer von Heiligenkreuz als Vaterabt und<br />
Generalvikar der österreichischen Cistercienserklöster (1658-1693). Heiligenkreuz<br />
1941 (Diss.).<br />
Schuster, Elisabeth: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. 2. Teil:<br />
Ortsnamen F bis M. (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich,<br />
Reihe B). Wien 1990.<br />
Schwaiger, Georg: <strong>Karmel</strong>iten, <strong>Karmel</strong>itinnen. In: Ders. (Hg.): Mönchtum, Orden,<br />
Klöster : Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1993, 273-277.<br />
Schweikhardt, Franz: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens.<br />
Bd. 3: Viertel unterm Wienerwald. Wien 1831 2 .<br />
Schwestern des <strong>Karmel</strong> Sankt Josef Wien (Hg.): <strong>Karmel</strong> in Wien 1629 1879 1979.<br />
Wien 1979.<br />
Smet, Joachim; Dobhan, Ulrich: Die <strong>Karmel</strong>iten : Eine Geschichte der Brüder<br />
U. L. Frau vom Berge <strong>Karmel</strong> : Von den Anfängen (ca. 1200) bis zum Konzil<br />
von Trient. Freiburg – Basel – Wien 1981.<br />
Steidle, Basilius (Hg.): Die Benediktus-Regel. Beuron 1978 3 .<br />
Tomiczek, Herbert: Kronprinz Rudolf als Jäger. In: Rudolf : Ein Leben im Schatten<br />
von <strong>Mayerling</strong>. 119. Sonderausstellung des Historischen Museums der<br />
Stadt Wien, Hermesvilla, Lainzer Tiergarten 18. März 1989 bis 4. März 1990<br />
[Katalog], 71-76.<br />
Töpfer, Michael: Die Konversen der Zisterzienser : Untersuchungen über ihren<br />
Beitrag zur mittelalterlichen Blüte des Ordens. (Berliner historische Studien;<br />
Bd. 10; Ordensstudien 4). Berlin 1983.<br />
Twerdy, Wilhelm: Beiträge zur Geschichte des Wienerwaldes. [Bruck an der<br />
Leitha] 1998.<br />
139
Ubl, Hannsjörg: Das Regenwunder im Quadenland. 1000 Jahre Ostarrîchi – Seine<br />
christliche Vorgeschichte : Mission und Glaube im Austausch zwischen<br />
Orient und Okzident. Pro Oriente, Bd. 19. Innsbruck – Wien 1997.<br />
Verein für Landeskunde von Niederösterreich (Hg.): Topographie von Niederösterreich<br />
: Alphabetische Reihenfolge und Schilderung der Ortschaften in<br />
Niederösterreich. Bd. 6: M mit Register. Wien 1909<br />
Wallersee, Marie Freiin von (Hg.): Meine Vergangenheit : Wahrheit über Kaiser<br />
Franz Josef / Schratt, Kaiserin Elisabeth / Andrassy, Kronprinz Rudolf /<br />
Vetsera. Berlin 1913.<br />
Watzl, Florian: Die Cistercienser von Heiligenkreuz : In chronologischer Reihenfolge<br />
nach den Quellen dargestellt. Graz 1898.<br />
Watzl, Hermann: Das Stift Heiligenkreuz : Seine geschichtliche Sendung. Mödling<br />
1952 2 .<br />
Watzl, Hermann: Das Stift Heiligenkreuz und die Pfarre Alland. In: Sancta Crux<br />
Jubiläumsfestausgabe 1935, 92-142.<br />
Watzl, Hermann: Die Babenberger und das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald. In:<br />
Sancta Crux 37 (1975) 11-21.<br />
Watzl, Hermann: Die Türken in Heiligenkreuz. In: Sancta Crux 5 (1933) 8-14.<br />
Watzl, Hermann: Fragen um den Stiftsbrief der Cisterce Heiligenkreuz 1136. In:<br />
Sancta Crux 38 (1976) 33-51.<br />
Weigl, Heinrich: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Bd. 4. Wien<br />
1972.<br />
Weißensteiner, Johann: Von der Antike bis zum Ende der Babenberger (Diözese<br />
Wien in ihrer Geschichte, I). Wien 1995.<br />
Wendelborn, Gert: Bernhard von Clairvaux : Ein großer Zisterzienser in der ersten<br />
Hälfte des 12. Jahrhunderts. Frankfurt am Main u.a. 1993.<br />
Werner, Heinrich (Hg.): Hugo Wolf in <strong>Mayerling</strong> : Eine Idylle mit Briefen,<br />
Gedichten, Noten, Bildern und Faksimiles. Leipzig 1913.<br />
Winkler, Gerhard B.: Chronologische Übersicht. In: Ders. (Hg.): Bernhard von<br />
Clairvaux : Sämtliche Werke lateinisch/deutsch. Bd. 1. Innsbruck 1990, 38-41.<br />
Winkler, Gerhard B.: Einleitung. In: Ders. (Hg.): Bernhard von Clairvaux :<br />
Sämtliche Werke lateinisch/deutsch. Bd. 1. Innsbruck 1990, 15-37.<br />
Winner, Gerhard: Die Klosteraufhebungen in Niederösterreich und Wien. Wien –<br />
München 1967.<br />
140
Wodka, Josef: Kirche in Österreich : Wegweiser durch ihre Geschichte. Wien 1959.<br />
Wolter, Hans: Die Reformorden des 12. Jahrhunderts – Bernhard von Clairvaux.<br />
In: Beck Hans-Georg; Fink Karl August; Glazik Josef; Iserloh Erwin; Wolter<br />
Hans: Die mittelalterliche Kirche: Zweiter Halbband: Vom kirchlichen<br />
Hochmittelalter bis zum Vorabend der Reformation (= HKG, Bd. III/2).<br />
Freiburg 1985, 14-30.<br />
Zinnhobler, Rudolf (Hg.): Die Passauer Bistumsmatrikeln: Das östliche Offizialat/<br />
Die Dekanate südlich der Donau. 1. Das Dekanat Tulln. 2. Das Dekanat<br />
Pottenstein (Wien). Bd. 5. 1989.<br />
Zöllner, Erich: Geschichte Österreichs : Von den Anfängen bis zur Gegenwart.<br />
Wien 1984 7 .<br />
141
Bd. = Band<br />
d.h. = das heißt<br />
Einw. = Einwohner<br />
f. = folgende (Seite)<br />
ff. = folgende (Seiten)<br />
Fasc. = Faszikel<br />
fl. = Gulden<br />
Fr. = Frater<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />
Allgemeine Abkürzungen<br />
Hg./hg. = Herausgeber/herausgegeben<br />
hl./hll. = heilig/heilige<br />
Jh. = Jahrhundert<br />
kr. = Kreuzer<br />
NÖ = Niederösterreich<br />
Nr. = Nummer<br />
o. J. = ohne Jahr<br />
P. = Pater<br />
pf. = Pfennig<br />
Sp. = Spalte<br />
St. = Sankt<br />
Tempv. = Temporalienprovisor<br />
Rub. = Rubrik<br />
StAHlkr. = Stiftsarchiv Heiligenkreuz<br />
vgl. = vergleiche<br />
V.U.W.W. = Viertel unter dem Wienerwald<br />
142
Abkürzungen aus der Literatur<br />
BUB = Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich,<br />
bearb. v. Heinrich Fichte und Erich Zöllner, Wien 1950 ff.<br />
FRA/11 = Fontes rerum Austriacarum. Zweite Abteilung. Diplomataria et<br />
Acta. Bd. XI. Wien 1856.<br />
FRA/16 = Fontes rerum Austriacarum. Zweite Abtheilung. Diplomataria et<br />
Acta. Bd. XVI. Wien 1859.<br />
MG = Monumenta Germaniae Historica (DD = Diplomata, SS = Scrip-<br />
tores).<br />
HKG = Handbuch der Kirchengeschichte.<br />
KirchTop = Historische und topographische Darstellung der Pfarren, Stifte,<br />
Klöster, milden Stiftungen und Denkmäler im Erzherzogthume<br />
Österreich. Bd. 4. Wien 1825.<br />
LThK 2 = Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage, hg. von Josef Höfer<br />
u. Karl Rahner, 10 Bde. u. Reg.-Bd., Freiburg i. Br. 1957-67.<br />
LThK 3 = Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, hg. von Walter<br />
Kasper u. a., 11 Bde., Freiburg i. Br. 1993-2001.<br />
TopNÖ = Topographie von Niederösterreich. Bd. 6. Wien 1909.<br />
UboE = Urkundenbuch des Landes ob der Enns. Bd. 9. Linz 1906.<br />
143
1. Persönliches<br />
Name: Rückl<br />
Vorname: Peter<br />
LEBENSLAUF<br />
geb.: 25.04.1965 in Rosenheim<br />
Staatsangehörigkeit: deutsch<br />
2. Schulbildung<br />
1971 - 1975 Grundschule Stephanskirchen<br />
1975 - 1980 Hauptschule Stephanskirchen<br />
3. Beruflicher Werdegang<br />
1980 - 1983 Feinmechanikerlehre mit abgelegter Facharbeiterprüfung<br />
1983 - 1985 Berufspraxis<br />
1985 - 1986 Grundwehrdienst<br />
1987 - 1988 Berufspraxis<br />
4. Theologiestudium<br />
1988 - 1989 Vorbereitungslehrgang (Phil.-Theol. Hochschule Heiligen-<br />
kreuz)<br />
1990 - 1992 I. Studienabschnitt (Phil.-Theol. Hochschule Heiligenkreuz)<br />
1992 - 2002 I. u. II. Studienabschnitt (Phil.-Theol. Hochschule St. Pölten)<br />
Kleinhain, den 13.12.2002<br />
144