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Wirtschaft im Wandel 2023

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AKTUELL Nr. 4/<strong>2023</strong> 187<br />

Strengere Kriterien <strong>im</strong><br />

Keller und <strong>im</strong> Weinberg<br />

Ein Gespräch mit Stefan Kapfinger<br />

über die Veränderungen <strong>im</strong><br />

Weinbau und in seiner Arbeit als<br />

Kellermeister in den vergangenen<br />

25 Jahren.<br />

Radius: Was sind Ihrer Meinung<br />

nach die größten Veränderungen in<br />

der Kellerwirtschaft?<br />

Stefan Kapfinger: Es gibt insgesamt<br />

strengere Richtlinien bei der Weinproduktion.<br />

Vor 25 Jahren war die<br />

„Sauberkeit“ be<strong>im</strong> Wein z.B. noch ein<br />

Qualitätsmerkmal, heute ist sie Standard.<br />

Strengere Qualitätsstrategien<br />

gelten auch <strong>im</strong> Weinberg, so werden<br />

heute Bodenbeschaffenheit und die<br />

kl<strong>im</strong>atischen Bedingungen geprüft,<br />

um für jede Sorte auch wirklich den<br />

opt<strong>im</strong>alen Standort zu finden. Außerdem<br />

lassen wir die Weine (Rot- und<br />

auch Weißweine) nicht nur <strong>im</strong> Stahlfass,<br />

sondern auch in kleinen und großen<br />

Holzfässern reifen.<br />

Radius: Was hat sich für Ihre Lieferanten<br />

(Mitglieder der Genossenschaft)<br />

in dieser Zeit verändert?<br />

S. Kapfinger: Heute ist das Qualitätsdenken<br />

viel größer und somit ist auch<br />

jedes Mitglied mehr gefordert. Unsere<br />

Kellerei verfolgt höchste Qualitätsansprüche,<br />

die von jedem Weinbauern<br />

erfüllt werden müssen. Die Mitglieder<br />

sind von Grund auf viel besser geschult<br />

und holen sich das zusätzliche<br />

Fachwissen über Weiterbildungen.<br />

Wir sind so <strong>im</strong> stande, die natürlichen<br />

Jahrgangsschwankungen auszugleichen<br />

und kontinuierlich beste Qualität<br />

zu produzieren.<br />

Radius: Das Verhältnis Weiß- zu<br />

Rotwein in der Produktion hat<br />

sich allgemein zu gunsten vom<br />

Weißwein verlagert. Gibt es dazu<br />

Zahlen?<br />

S. Kapfinger: Die Kellerei Meran bildet<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu den anderen Kellereigenossenschaften<br />

in Südtirol eine Ausnahme;<br />

wir haben bis vor einigen Jahren<br />

mehr Rotwein als Weißwein produziert.<br />

Bei der Ernte <strong>im</strong> Herbst 2022 haben wir<br />

52 Prozent Weißwein und nur noch 48<br />

Prozent Rotwein eingekellert.<br />

Radius: Die Qualität der Südtiroler<br />

Weine hat sich nach diversen Skandalen<br />

in den 1970er-, 1980er-Jahren<br />

enorm verbessert. Wenn man<br />

nur die letzten 25 Jahre vergleicht,<br />

welche Sorten sind die Aufsteiger<br />

und welche die Absteiger?<br />

S. Kapfinger: Südtiroler Weine<br />

werden regelmäßig in den renommiertesten<br />

Weinführern Italiens<br />

mit Auszeichnungen belohnt. Die<br />

Leitsorte Weißburgunder hat am meisten<br />

davon profitiert, aber auch Pinot<br />

Foto © Kellerei Meran/Helmuth Rier<br />

„DIE KELLERMEISTER<br />

SIND DIE GESICHTER<br />

DER KELLEREI UND<br />

REPRÄSENTIEREN<br />

DIESE AUCH<br />

AUF DIVERSEN<br />

VERANSTALTUNGEN.“<br />

STEFAN KAPFINGER<br />

Grigio, Chardonnay, Sauvignon und<br />

besonders der Gewürztraminer sind<br />

in Italien sehr gefragt. Was auffällt,<br />

die Nachfrage nach Vernatsch ist seit<br />

Jahren gesunken. Wir in der Kellerei<br />

Meran haben vor ein paar Jahren einen<br />

neuen Weg <strong>im</strong> Ausbau des Meraner<br />

Vernatsch bestritten. Unser Meraner<br />

„Fürst“ wird zu 50 Prozent <strong>im</strong><br />

Tonneauxholzfass und zu 50 Prozent<br />

<strong>im</strong> Stahltank ausgebaut und über zwei<br />

Jahre reifen gelassen. Mit seiner komplexen<br />

und runden Struktur stellt er<br />

als Rotwein eine echte Alternative zum<br />

Blauburgunder dar.<br />

Radius: Die Südtiroler Weine haben<br />

einen relativ hohen Alkoholgehalt<br />

(12,5–15 %). Was halten Sie vom<br />

Trend in Richtung leichtere Weine?<br />

S. Kapfinger: Qualitativ hochwertigere<br />

Weine werden <strong>im</strong>mer einen<br />

etwas höheren Alkoholgehalt haben<br />

als einfachere Weine. Ich glaube, dass<br />

für den Weinkenner der Alkohol eher<br />

eine untergeordnete Rolle spielt: Es<br />

geht ja vor allem um den Genuss<br />

(und das mit Maß und Ziel). Der Kl<strong>im</strong>awandel<br />

der letzten Jahre lässt sich<br />

aber kaum leugnen und auch hier<br />

haben wir bereits Maßnahmen ergriffen.<br />

Wir versuchen über verschiedene<br />

weinbauliche Maßnahmen, z.B. die<br />

Trauben mehr <strong>im</strong> Laub zu belassen,<br />

um dadurch eine Verzögerung der<br />

Traubenlese zu erhalten, oder etwas<br />

früher zu w<strong>im</strong>men, um den Zuckergehalt<br />

zu reduzieren und damit auch<br />

den Alkoholgehalt niedriger zu halten,<br />

dem entgegenzuwirken.<br />

Radius: Südtirol hat gemessen an<br />

seiner Größe eine enorme Vielfalt<br />

an Rebsorten und Lagen (300 bis<br />

1.000 m). Ist das ein Vor- oder Nachteil<br />

bei der Vermarktung?<br />

S. Kapfinger: Die Kellerei Meran<br />

hat z.B. zwei äußerst kontrastreiche<br />

Anbaugebiete: das Meraner Land mit<br />

Weinbergen zwischen 350 und 550<br />

Meter Meereshöhe und den Vinschgau<br />

mit Weinbergen bis auf 900 Meter<br />

Meereshöhe. Südtirol ist das nördlichste<br />

Weinanbaugebiet Italiens und hat<br />

das Glück, alle Voraussetzungen zu<br />

haben, um eine besonders große Sortenvielfalt<br />

zu bieten und hochwertige<br />

Weine zu produzieren. Sicherlich ein<br />

großer Vorteil, aber andererseits auch<br />

ein großer Mehraufwand.

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