Wirtschaft im Wandel 2023
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AKTUELL Nr. 4/<strong>2023</strong> 107<br />
Globalisierung und Export<br />
Im Leistungsbericht von 2003 bezeichnete<br />
der damalige lvh-Direktor Hanspeter<br />
Munter die sogenannte EU-Osterweiterung<br />
als eine der größten Herausforderungen<br />
für das he<strong>im</strong>ische Handwerk.<br />
Immerhin wurden 2004 zehn damals<br />
osteuropäische Länder in die Europäische<br />
Union aufgenommen. Man spüre<br />
„die Globalisierung durch das Eindringen<br />
ausländischer Anbieter“, so Munter<br />
<strong>im</strong> Bericht. Heute, 20 Jahre später,<br />
hat sich gezeigt, dass die Öffnung vieler<br />
Märkte dem Südtiroler Handwerk nicht<br />
geschadet hat. Im Gegenteil – die Kleinunternehmer<br />
haben sich noch mehr angestrengt,<br />
um der Konkurrenz mit Qualitätsprodukten<br />
standzuhalten oder ihr <strong>im</strong><br />
besten Fall sogar einen Schritt voraus zu<br />
sein. Um das Jahr 2000 zählte das Wifo<br />
nur drei Prozent der Handwerksbetriebe<br />
mit regelmäßiger Auslandstätigkeit. Der<br />
<strong>im</strong> Ausland erwirtschaftete Umsatz lag<br />
bei sechs Prozent. Zwei Jahrzehnte später<br />
beläuft sich der Anteil des Exportes auf<br />
<strong>im</strong>merhin zehn Prozent. Im Wifo-Bericht<br />
von 2021 zeigt man sich mit dieser Entwicklung<br />
jedoch nicht zufrieden. Dort<br />
heißt es: „Wie auch die letzte Studie<br />
(2011, Anm. d. Red.) betont hat, bleibt es<br />
wichtig, verstärkt Märkte außerhalb Südtirols<br />
zu bearbeiten, um die Produktivität<br />
zu erhöhen und das Absatzrisiko zu verringern.<br />
Allerdings hat es das Südtiroler<br />
Handwerk in den letzten Jahren nur teilweise<br />
geschafft, seine Präsenz auf überregionalen<br />
Märkten auszubauen. Dabei bietet<br />
die hohe Qualität der handwerklichen<br />
Leistungen gute Absatzchancen sowohl<br />
in den anderen italienischen Regionen<br />
als auch <strong>im</strong> benachbarten Ausland.“ Es<br />
ginge also laut den <strong>Wirtschaft</strong>sforschern<br />
noch etwas mehr.<br />
Digitalisierung<br />
So stabil das Handwerk in Südtirol sein<br />
mag, so unsanft ist es ins digitale Zeitalter<br />
geworfen worden. Was sich in den<br />
vergangenen 20 Jahren abseits von Hobelbank<br />
und Maurerkelle getan hat, lässt<br />
sich an einem Satz <strong>im</strong> lvh-Leistungsbericht<br />
von 2003 gut ablesen. Der damalige<br />
Präsident meinte in seinem Vorwort:<br />
„Die Hilfsmittel der Informatik haben<br />
inzwischen sogar in die Kleinbetriebe<br />
Einzug gehalten.“ Von Informatik reden<br />
wir inzwischen längst nicht mehr. Wir befinden<br />
uns mitten in der Digitalisierung<br />
und versuchen, gerade herauszufinden,<br />
inwieweit die Künstliche Intelligenz uns<br />
bei der Arbeit helfen könnte. Die steckt<br />
noch in den Kinderschuhen, aber wer<br />
weiß … Sowohl Beschaffungs- und Produktions-<br />
als auch Vermarktungsprozesse<br />
sind derzeit jedoch weitgehend digitalisiert.<br />
„Ohne eigene Website oder die<br />
Nutzung von sozialen Medien ist beispielsweise<br />
eine zeitgemäße Vermarktung<br />
nur mehr schwer möglich“, heißt es etwa<br />
<strong>im</strong> Wifo-Bericht von 2021.<br />
Energie<br />
Auch <strong>im</strong> Bereich Energie hat sich einiges<br />
getan. Im Bericht von 2003 steht<br />
zum Beispiel: „Erstmalig konnte der<br />
lvh 2003 live und zum Anfassen eine<br />
funktionierende Brennstoffzelle präsentieren<br />
… In den nächsten Jahren soll sich<br />
die Brennstoffzelle als alternativer Energieversorger<br />
etablieren.“ Und: „Dieselautos<br />
mit Rußpartikelfilter sind nun steuerbefreit.“<br />
Nun, über beides könnte man<br />
heute schmunzeln, denn die Brennstoffzelle<br />
hat sich <strong>im</strong> normalen Alltag noch<br />
<strong>im</strong>mer nicht bewährt. Und an steuerbefreite<br />
Dieselautos mag man in Zeiten des<br />
Kl<strong>im</strong>awandels gar nicht denken. Betrachteten<br />
die Handwerker vor 20 Jahren die<br />
Bürokratie noch als größte Herausforderung,<br />
ist diese Problematik zwar <strong>im</strong>mer<br />
noch stark präsent, wird aber zunehmend<br />
vom Fachkräftemangel abgelöst. Wie man<br />
diesem konkret begegnen kann, darüber<br />
wird aktuell oft debattiert, und es wird<br />
nach Lösungen gerungen. In 20 Jahren<br />
werden wir wissen, wie die Geschichte<br />
ausgegangen ist.<br />
Inwieweit uns die Künstliche Intelligenz <strong>im</strong> Alltag behilflich<br />
sein wird, muss erst noch herausgefunden werden.<br />
2003 wurden Dieselautos mit Rußpartikelfilter steuerbefreit.