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RhPfalz_Juni_2023

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6 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Politik<br />

Wohnungsnot im Alter droht<br />

Mangelnde Barrierefreiheit und hohe Mieten kommen auf künftige Rentnergeneration zu<br />

In Deutschland fehlen heute schon<br />

2,2 Millionen altersgerechte Wohnungen.<br />

Und der Bedarf steigt in<br />

den nächsten Jahren deutlich an.<br />

Zudem kämpfen immer mehr Rentnerinnen<br />

und Rentner mit hohen<br />

Ausgaben für Miete und Wohnen.<br />

Das Pestel-Institut warnt vor einer<br />

„grauen Wohnungsnot“.<br />

Im Auftrag des Bundesverbands<br />

Deutscher Baustoff-Fachhandel<br />

hat das Pestel-Institut eine Studie<br />

zur Wohnsituation älterer Menschen<br />

durchgeführt. Nur 600 000<br />

Rentnerhaushalte sind barrierefrei<br />

ausgestattet, also ohne Treppen<br />

erreichbar, für die Nutzung von<br />

Rollstuhl oder Gehhilfen geeignet<br />

und mit einem schwellenlosen Zugang<br />

zur Dusche versehen.<br />

Der Bedarf an solchen Wohnungen<br />

ist viel größer. Bereits heute<br />

fehlen 2,2 Millionen altersgerechte<br />

Wohnungen. Durch das Hineinwachsen<br />

der sogenannten „Babyboomer“<br />

ins Rentenalter wird die<br />

Nachfrage enorm steigen. Das<br />

Pestel-Forschungsteam schätzt,<br />

dass 2040 bereits 3,3 Millionen<br />

barrierefreier Wohnungen nötig<br />

sind, damit ältere Menschen so<br />

lange wie möglich selbstbestimmt<br />

zu Hause leben können.<br />

Bei ihren Berechnungen geht das<br />

Institut davon aus, dass etwa ein<br />

Viertel der Seniorenhaushalte wegen<br />

der gesundheitlichen Situation<br />

der Haushaltsangehörigen in einer<br />

mindestens barrierearmen Umgebung<br />

leben müsste. Die heute 50-<br />

bis 65-Jährigen sind gesundheitlich<br />

Viele Mehrfamilienhäuser sind für ältere Menschen mit Gehbehinderung<br />

nicht barrierefrei.<br />

Foto: picture alliance/photothek/Ute Grabowsky<br />

meist noch wenig eingeschränkt<br />

und leben oft in älterem Immobilienbestand.<br />

Bis 2040 werden sie<br />

also wesentlich mehr barrierearme<br />

Wohnungen benötigen als bis dahin<br />

wieder freigeworden sind. Auf<br />

diese Herausforderung seien der<br />

Immobilienmarkt und auch die<br />

Wohnungspolitik absolut nicht<br />

vorbereitet.<br />

Dieser Aspekt verschärft die<br />

ohnehin schon vorhandene Wohnungsnot.<br />

Bezahlbaren Wohnraum<br />

zu finden, ist heute für immer mehr<br />

Menschen ein Problem. Auch ein<br />

Durchschnittseinkommen genügt<br />

in vielen Regionen Deutschlands<br />

nicht mehr, um eine angemessene<br />

Wohnung bezahlen zu können.<br />

Gleichzeitig stagniert der Wohnungsneubau.<br />

Wurden 1996 noch<br />

600 000 Wohnungen fertig gestellt,<br />

waren es 2022 nur etwa 280 000.<br />

Komfort ist teuer<br />

In neu gebauten oder sanierten<br />

Wohnhäusern werden öfter Merkmale<br />

der Barrierefreiheit berücksichtigt,<br />

wie etwa ein schwellenloses<br />

Bad oder Aufzüge in höhere<br />

Stockwerke. Das hat aber seinen<br />

Preis: „Barrierefreiheit ist Komfort,<br />

und Komfort wird über den<br />

Preis und nicht über das Alter erkauft“,<br />

stellt die Pestel-Studie klar.<br />

Für den Mikrozensus wurden<br />

über 65-Jährige nach der Barrierefreiheit<br />

in ihrem Zuhause befragt.<br />

2018 hielten zwölf Prozent ihre<br />

Wohnung für barrierefrei, 2022 mit<br />

16 Prozent etwas mehr. Doch der<br />

Anstieg geht viel zu langsam. Zudem<br />

können Ältere oft wegen geringerer<br />

Einkommen seltener so<br />

ein Wohnumfeld beziehen.<br />

Generell überhitzt der Mietmarkt<br />

in vielen Ballungsräumen<br />

schon seit Jahren, weil immer mehr<br />

Wohnungen aus der Sozialwohnungsbindung<br />

fallen. Letzteres<br />

betrifft viele langjährige Mieterinnen<br />

und Mieter der Babyboomer-Generation.<br />

Zugleich ist der<br />

öffentlich geförderte Wohnungsbau<br />

deutlich heruntergefahren<br />

worden. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs<br />

wird das Wohnen durch<br />

eine enorme Steigerung der Energie-<br />

und Heizkosten noch teurer.<br />

Der Leiter des Pestel-Instituts<br />

Matthias Günther warnte bei der<br />

Vorstellung der Studie im April,<br />

dass künftig zwei Drittel der Seniorenhaushalte,<br />

die zur Miete wohnen,<br />

die steigenden Wohnkosten<br />

nur schwer oder gar nicht mehr<br />

finanzieren könnten und deshalb<br />

deutlich mehr Menschen als heute<br />

auf Sozialleistungen im Alter angewiesen<br />

sein werden. Doch auch<br />

Seniorinnen und Senioren, die im<br />

Eigentum leben, liegen heute zu<br />

fast 20 Prozent unter der Armutsgefährdungsschwelle<br />

und wohnen<br />

zudem in Häusern älterer Baujahre.<br />

Für altersgerechte oder gesetzlich<br />

geforderte Modernisierungsmaßnahmen<br />

fehlen die Rücklagen.<br />

Dr. Bettina Schubarth<br />

Technische Probleme<br />

bei der Teilrente<br />

VdK-Mitglieder berichten, dass es<br />

zurzeit Probleme gibt, wenn die<br />

Deutsche Rentenversicherung<br />

(DRV) die von ihnen beantragte<br />

Teilrente auszahlt.<br />

Seit Anfang des Jahres hat die<br />

Rentenversicherung ihre Regelungen<br />

so angepasst, dass pflegende<br />

Rentnerinnen und Rentner ihre<br />

Rente sehr geringfügig auf eine<br />

99,99-prozentige Teilrente absenken<br />

können. Mit der Wahl einer<br />

Teilrente können pflegende Angehörige<br />

bewirken, dass die Pflegekasse,<br />

nachdem sie die Regelaltersgrenze<br />

erreicht haben, Beiträge zur<br />

Rentenversicherung zahlt.<br />

Ab drittem Quartal<br />

Allerdings berichten VdK-Mitglieder,<br />

dass es bei einzelnen regionalen<br />

Versicherungsträgern der<br />

DRV Probleme gibt, diese Absenkung<br />

auf 99,99 Prozent möglich zu<br />

machen. Auf Nachfrage des VdK<br />

bestätigt die DRV, dass aufgrund<br />

technischer Schwierigkeiten die<br />

Auszahlung einer Teilrente von<br />

99,99 Prozent erst ab dem dritten<br />

Quartal bundesweit möglich sein<br />

wird. Eine genauere Datumsangabe<br />

sei nicht möglich, so die DRV.<br />

Haben Betroffene schon eine Teilrente<br />

von 99,99 Prozent beantragt,<br />

erhalten sie derzeit einen Bescheid<br />

über eine Teilrente von 99 Prozent.<br />

Nach Lösung der technischen Probleme<br />

erhalten sie einen neuen<br />

Rentenbescheid, aus dem die Zahlung<br />

der Teilrente und die Höhe<br />

der Nachzahlung hervorgeht. juf<br />

Bentele führt VdK Bayern<br />

Ulrike Mascher für ihren Einsatz gewürdigt<br />

Beim Landesverbandstag des Sozialverbands<br />

VdK Bayern wurde<br />

die bisherige stellvertretende Vorsitzende<br />

Verena Bentele einstimmig<br />

als Nachfolgerin von Ulrike<br />

Mascher an die Spitze des größten<br />

VdK-Landesverbands gewählt.<br />

Ulrike Mascher war seit 2006<br />

Landesvorsitzende des VdK Bayern<br />

gewesen. Von 2008 bis 2018<br />

führte sie zudem als Präsidentin<br />

den VdK Deutschland. Auch in<br />

dieser Position war ihr Bentele<br />

2018 nachgefolgt.<br />

Die etwa 380 Delegierten aus<br />

allen bayerischen Bezirken verabschiedeten<br />

ihre langjährige Vorsitzende<br />

Mascher emotional und mit<br />

lang anhaltendem stehenden Applaus.<br />

Verena Bentele würdigte<br />

Maschers großen Einsatz für soziale<br />

Gerechtigkeit. Sie habe für den<br />

VdK neue gesellschaftspolitische<br />

Themen wie Armutsbekämpfung<br />

und Angehörigenpflege gesetzt.<br />

Auch im VdK hat sie viel bewegt.<br />

So war die aktive Förderung von<br />

Frauen im Ehren- und Hauptamt<br />

für sie ein wichtiges Thema. In<br />

ihrer Amtszeit wurde die Mitgliederzahl<br />

in Bayern enorm gesteigert:<br />

von 518 000 Mitgliedern 2006<br />

auf heute 780 000.<br />

Der Landesverbandstag fand<br />

turnusgemäß vom 3. bis 5. Mai in<br />

München statt. Nur eineinhalb<br />

Wochen später wurde Verena Bentele<br />

auf dem Bundesverbandstag<br />

als VdK-Präsidentin bestätigt,<br />

ebenso Konrad Gritschneder als<br />

Schatzmeister, der dieses Amt<br />

auch in Bayern seit vielen Jahren<br />

erfolgreich ausübt. bsc<br />

Verena Bentele (rechts) nach ihrer einstimmigen Wahl zur Landesvorsitzenden<br />

des VdK Bayern. Es gratulieren ihre Vorgängerin Ulrike Mascher<br />

und Landesgeschäftsführer Michael Pausder.<br />

Foto: Thomas Rosenthal<br />

Große Reform ist nötig<br />

Parlamentarischer Abend zur Pflegeversicherung<br />

Beim parlamentarischen Abend des Bündnis für gute Pflege diskutierten<br />

Bundestagsabgeordnete über eine nachhaltige Finanzierung.Foto: D. Karran<br />

Das Bündnis für gute Pflege hatte<br />

Ende April zu einem parlamentarischen<br />

Abend zum Thema „Ist die<br />

Pflege noch zu retten?“ in die Räume<br />

der VdK-Bundesgeschäftsstelle<br />

in Berlin geladen.<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />

eröffnete die Veranstaltung, die<br />

vor dem Hintergrund eines Defizits<br />

in der Pflegeversicherung von<br />

rund 2,2 Milliarden Euro im vergangenen<br />

Jahr stattfand. Im Mittelpunkt<br />

der Diskussion stand eine<br />

nachhaltige Finanzierung der<br />

Pflegeversicherung.<br />

Bentele sagte: „Es ist längst überfällig,<br />

dass aus der Pflege kein<br />

Profit mehr geschlagen wird. Die<br />

jetzige Pflegereform ist enttäuschend<br />

und die Zukunft steht auf<br />

tönernen Füßen.“<br />

Professor Heinz Rothgang von<br />

der Universität Bremen skizzierte<br />

die aktuellen Herausforderungen<br />

in der Finanzierung der Pflegeversicherung.<br />

Auch die bevorstehende<br />

Pflegereform werde an den riesigen<br />

Finanzierungslücken nichts ändern<br />

können. Er appellierte an die<br />

Bundespolitik, sich endlich zu<br />

großen Reformschritten durchzuringen.<br />

Gemeinsam mit Abgeordneten<br />

aller demokratischen Parteien im<br />

Bundestag wurde im Gespräch<br />

nach gemeinsamen Lösungen für<br />

die enormen Herausforderungen<br />

gesucht. Es diskutierten die Parlamentarier<br />

Dirk Heidenblut (SPD),<br />

Maria Klein-Schmeink (Bündnis<br />

90/Die Grünen), Erich Irlstorfer<br />

(CSU) und Ates Gürpinar (Die<br />

Linke). <br />

juf<br />

VdK-Podcast<br />

„In guter Gesellschaft“<br />

Bundesfamilienministerin Lisa Paus<br />

ist die Gesprächspartnerin von<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele in<br />

der nächsten Folge des Podcasts<br />

„In guter Gesellschaft“.<br />

Das bestimmende Thema des<br />

Gesprächs ist die Einführung der<br />

Kindergrundsicherung – das<br />

nächste große sozialpolitische Projekt<br />

der Bundesregierung. Im Podcast<br />

erklärt Paus, warum Kinderarmut<br />

ein strukturelles Problem in<br />

Deutschland ist. Knapp 2,9 Millionen<br />

Kinder sind von Armut bedroht<br />

oder betroffen.<br />

Sie spricht außerdem über die<br />

geplanten Einzelheiten der Kindergrundsicherung<br />

als neue Sozialleistung,<br />

die direkt und automatisch<br />

an alle Familien mit Kindern<br />

ausgezahlt werden soll. Nach Plänen<br />

der Ministerin sollen vor allem<br />

Kinder von Eltern mit geringen<br />

Einkommen von dieser Direktzahlung<br />

profitieren.<br />

Die studierte Volkswirtin und<br />

Finanzpolitikerin von Bündnis 90/<br />

Die Grünen leitet seit April 2022<br />

das Ministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend. Die Podcast-Folge<br />

mit Lisa Paus ist ab sofort<br />

online unter www.vdk.de/<br />

podcast abrufbar. <br />

juf

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