RhPfalz_Juni_2023
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Sozialverband VdK<br />
Rheinland-Pfalz<br />
77. Jahrgang<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
THEMEN<br />
Politik<br />
Babyboomern droht<br />
im Alter Wohnungsnot Seite 6<br />
Pflege<br />
Vorsicht bei Online-<br />
Pflegeberatungen Seite 7<br />
Gesundheit<br />
Rein in die Laufschuhe –<br />
in jedem Alter Seite 8<br />
VdK-TV<br />
Wissenswertes zur<br />
Cannabis-Therapie Seite 12<br />
Verbraucher<br />
Ist Österreich ein<br />
Rentnerparadies? Seite 21<br />
Verena Bentele führt den Sozialverband VdK Deutschland seit 2018.<br />
Fotos: Henning Schacht<br />
Aus dem<br />
Landesverband<br />
VdK-Wahlen: Rheinland-<br />
Pfalz erfolgreich Seite 13<br />
Verena Bentele wiedergewählt<br />
Erfolgreicher Bundesverbandstag des Sozialverbands VdK Deutschland in Berlin<br />
SEITE 5<br />
So hilft der VdK<br />
Foto: imago/blickwinkel<br />
Weil seine Krankenkasse sich viel<br />
Zeit bei der Bearbeitung seines<br />
Antrags lässt, steht Mustafa B.<br />
plötzlich ohne funktionierenden<br />
Rollstuhl da. Der Landesverband<br />
Niedersachsen-Bremen zieht vor<br />
Gericht und setzt alle Hebel in<br />
Bewegung, damit das VdK-Mitglied<br />
zu seinem Recht bekommt.<br />
Vom 15. bis 17. Mai kamen in Berlin<br />
Delegierte aus allen VdK-Landesverbänden<br />
zum 19. Ordentlichen<br />
Bundesverbandstag des Sozialverbands<br />
VdK Deutschland zusammen.<br />
Verena Bentele wurde<br />
einstimmig als VdK-Präsidentin<br />
wiedergewählt.<br />
Das Wahlergebnis ist ein enorm<br />
großer Vertrauensbeweis für die<br />
Münchnerin, die vor fünf Jahren<br />
erstmals zur Präsidentin gewählt<br />
worden war. Benteles erste Amtszeit<br />
war um ein Jahr verlängert<br />
worden, weil der Bundesverbandstag<br />
wegen der Pandemie um ein<br />
Jahr verschoben werden musste.<br />
Der Erfolg des Sozialverbands<br />
VdK sei vor allem das Ergebnis von<br />
Teamarbeit, betonte Bentele. Sie<br />
bedankte sich bei ihren Kolleginnen<br />
und Kollegen aus dem VdK-<br />
Präsidium, bei den VdK-Gremien<br />
und der Bundesgeschäftsführung,<br />
aber vor allem bei den vielen Ehrenamtlichen<br />
aller Landesverbände.<br />
„Sie bilden das Herz des VdK“,<br />
sagte sie. Die ehren- und hauptamtlichen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
hätten gezeigt, wie stark<br />
der VdK in Krisen ist: „Wir haben<br />
diese schwierigen Zeiten mit Zuversicht,<br />
mit Einsatz, mit gegenseitiger<br />
Unterstützung und sozialpolitischer<br />
Kraft gemeistert. Das<br />
macht mich richtig stolz auf meinen<br />
VdK.“<br />
Auf politischer Ebene konnte der<br />
VdK viel bewegen. Deutschlands<br />
größter Sozialverband wird als<br />
starke politische Stimme im Land<br />
wahrgenommen. Und das nicht<br />
nur bei den klassischen Themen<br />
Rente und Behinderung, sondern<br />
immer dann, wenn soziale Schieflagen<br />
drohen. Die Expertise und<br />
die Schnelligkeit des VdK werden<br />
geschätzt, auch von politischen<br />
Entscheidungsträgern. 175 Stellungnahmen<br />
zu Gesetzesvorhaben<br />
wurden von der VdK-Abteilung<br />
Sozialpolitik von 2018 bis heute<br />
abgegeben. Oftmals blieben weniger<br />
als 24 Stunden Zeit bis zu den<br />
Abgabeterminen.<br />
Auch das Wissensmanagement<br />
und die Sozialrechtsabteilung<br />
schaffen es immer wieder, durch<br />
gute Rechtsberatung, durch das<br />
Führen von Musterstreitverfahren<br />
und durch Stellungnahmen für das<br />
Bundesverfassungsgericht grundsätzliche<br />
Verbesserungen für die<br />
Mitglieder herbeizuführen. Bentele<br />
erinnerte in diesem Zusammenhang<br />
daran, dass schon eine<br />
VdK-Klageankündigung erfolgreich<br />
sein kann, wie zuletzt gegen<br />
die „vergessene“ Energiepreispauschale<br />
von 300 Euro für Rentnerinnen<br />
und Rentner. Im Dezember<br />
2022 wurde diese eilig von der<br />
Bundesregierung nachgeholt. Die<br />
Presseabteilung wiederum sorgt<br />
für eine schnelle und flächendeckende<br />
Verbreitung der VdK-Anliegen<br />
in den Medien.<br />
Der Einsatz wird honoriert. Zuwachsraten<br />
in allen VdK-Landesverbänden<br />
haben bundesweit die<br />
Mitgliederzahl auf 2,2 Millionen<br />
steigen lassen. Dies zeugt vom großen<br />
Vertrauen der Bevölkerung.<br />
Innerverbandlich fand in den<br />
vergangenen fünf Jahren intensive<br />
VdK-Gremienarbeit unter Einbezug<br />
aller Landesverbände statt. So<br />
wurde unter Anderem die VdK-Satzung<br />
gründlich inhaltlich und juristisch<br />
überarbeitet. Eine Arbeitsgruppe<br />
entwickelte ein strategisches<br />
Zielbild für das Jahr 2030.<br />
„Das sind hervorragende Grundlagen<br />
für die Fortsetzung unserer<br />
Arbeit in den nächsten vier Jahren“,<br />
freut sich die wiedergewählte<br />
VdK-Präsidentin.<br />
Dr. Bettina Schubarth<br />
Weitere Berichte: Seite 2 bis 4<br />
WIR für soziale Gerechtigkeit!<br />
VdK wählt ein neues Präsidium und setzt auf personelle Kontinuität<br />
Am 16. Mai hat der Sozialverband VdK<br />
Deutschland in Berlin gewählt: Über das<br />
Präsidium und den Vorsitz des Bundesausschusses<br />
wurde in einer offenen Wahl<br />
abgestimmt.<br />
Mit einem klaren Votum wurde Verena<br />
Bentele als VdK-Präsidentin bestätigt. Ausnahmslos<br />
alle Delegierten (100 Prozent)<br />
schenkten ihr für die nächsten vier Jahre<br />
ihr Vertrauen. Die 41-Jährige hat durch ihr<br />
unermüdliches Engagement und ihre überragenden<br />
Leistungen maßgeblich zum<br />
Erfolg des VdK in den letzten Jahren beigetragen.<br />
Im Amt bestätigt wurden außerdem<br />
Vizepräsidentin Katharina Batz (VdK<br />
Nordrhein-Westfalen), Vizepräsident Wolfgang<br />
Krause (VdK Saarland), Vizepräsident<br />
Horst Vöge (VdK Nordrhein-Westfalen)<br />
und Vizepräsident Paul Weimann<br />
(VdK Hessen-Thüringen).<br />
Regina Bunge (VdK Nord), vormals<br />
Schriftführerin, übernimmt die Funktion<br />
der Vizepräsidentin, während Willi Jäger<br />
(VdK Rheinland-Pfalz), vormals Vizepräsident,<br />
die Funktion des Schriftführers<br />
übernimmt. Bundesschatzmeister Konrad<br />
Gritschneder (VdK Bayern) wurde ebenfalls<br />
im Amt bestätigt. Friedrich Stubbe<br />
(VdK Niedersachsen-Bremen) wurde erneut<br />
als Vorsitzender des VdK-Bundesausschusses<br />
gewählt. Claudia Kepp<br />
Alle VdK-Gremien auf Seite 4
2 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Bundesverbandstag<br />
Geeint mit starken Forderungen<br />
Bundesverbandstag beschließt Positionen für soziale Gerechtigkeit<br />
Rund 180 Delegierte haben während<br />
des Bundesverbandstags in<br />
Berlin die sozialpolitischen Positionen<br />
des Sozialverbands VdK beschlossen.<br />
Anträge von Bundesvorstand<br />
und Präsidium sowie aus<br />
den Landesverbänden zu den<br />
Themen Rente, Pflege, Klima, Armut<br />
und Wohnen erhielten sehr<br />
große Zustimmung.<br />
Der Sozialverband VdK hat während<br />
seines 19. Ordentlichen Bundesverbandstags<br />
in Berlin die sozialpolitischen<br />
Weichen für die<br />
kommenden vier Jahre gestellt.<br />
Horst Vöge, Vorsitzender der Sozialpolitischen<br />
Kommission, stellte<br />
den Delegierten am ersten Tag<br />
des Bundestreffens die 18 sozialpolitischen<br />
Anträge von Präsidium<br />
und Bundesvorstand vor. Alle<br />
wurden einstimmig angenommen.<br />
Beim Thema Alterssicherung<br />
herrschte Konsens darüber, dass<br />
das Rentenniveau dauerhaft stabilisiert<br />
und mittelfristig auf 53 Prozent<br />
erhöht werden muss. Außerdem<br />
fordert der VdK eine Weiterentwicklung<br />
der Grundrente und<br />
erteilte den Diskussionen über die<br />
Erhöhung der Regelaltersgrenze<br />
eine klare Absage. Für diese Position<br />
lohne es sich, auf die Straße<br />
zu gehen, erklärte Horst Vöge.<br />
Erstmals befasste sich ein sozialpolitischer<br />
Antrag mit dem Thema<br />
„Klima und Umweltgerechtigkeit“.<br />
Die Delegierten folgten der<br />
Forderung, die Anpassung an den<br />
Klimawandel sozial zu gestalten.<br />
Der VdK fordert Hitzeschutzpläne<br />
Die Delegierten stimmten auf dem Bundesverbandstag in Berlin über die<br />
sozialpolitischen Anträge ab. <br />
Foto: Henning Schacht<br />
für Ältere, Pflegebedürftige und<br />
chronisch Kranke sowie eine hitzegerechte<br />
und klimafreundliche<br />
Gestaltung der Städte. Für den<br />
VdK ist aber auch klar: Alle Maßnahmen<br />
zum Klimaschutz müssen<br />
sozial ausgewogen sein.<br />
Stärkung der Pflege<br />
Einig waren sich die Delegierten<br />
auch über die Einführung einer<br />
Pflegevollversicherung und die<br />
Stärkung der häuslichen Pflege.<br />
Dafür sollen pflegende Angehörige<br />
ein Gehalt bekommen, das sich<br />
nach dem Pflegegrad richtet und<br />
nicht nach dem vorherigen Gehalt.<br />
Die Landesverbände reichten<br />
insgesamt 26 Anträge zur Abstimmung<br />
ein, die alle fast ohne Gegenstimme<br />
angenommen wurden.<br />
Darunter war der Antrag aus Bayern,<br />
die Umsatzsteuer auf Arzneimittel<br />
zu streichen oder zumindest<br />
auf sieben Prozent zu senken.<br />
Einer der Vorschläge aus Rheinland-Pfalz<br />
sah vor, Gewinnspekulationen<br />
im Gesundheitswesen zu<br />
verbieten und die Transparenz bei<br />
Leistungen, Kosten und Einnahmen<br />
sowie Ausgaben im Gesundheitswesen<br />
zu steigern.<br />
Der Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />
machte sich dafür<br />
stark, Bonusprogramme zur Vorsorge<br />
fortzuentwickeln. Baden-<br />
Württemberg hatte sich unter anderem<br />
mit einem Antrag zur Weiterentwicklung<br />
der Pflegestützpunkte<br />
eingebracht.<br />
Jörg Ciszewski<br />
KOMMENTAR<br />
Auf in die Zukunft<br />
Hinter uns liegt ein erfolgreicher<br />
VdK-Bundesverbandstag. Ich<br />
freue mich sehr, dass die Delegierten<br />
dem Präsidium und mir<br />
ihr großes Vertrauen ausgesprochen<br />
haben. Vielen Dank für so<br />
viel Rückenwind, der uns in den<br />
nächsten Jahren trägt.<br />
Die Tage in Berlin haben mich an<br />
die Atmosphäre bei großen<br />
Sport-Events erinnert. Buntes<br />
Treiben, viel Fachsimpeln, anregende<br />
Gespräche, neue Kontakte<br />
und gespannte Erwartungen<br />
auf die Entscheidungen, die vor<br />
Ort fallen. Am Ende fahren dann<br />
alle motiviert mit konkreten Ergebnissen<br />
und neuen Zielen<br />
nach Hause.<br />
Nach dem Bundesverbandstag<br />
hatten alle Delegierten das<br />
„VdK-Zielbild 2030“ als ein solches<br />
konkretes Ergebnis im Gepäck.<br />
Nein, unser Zielbild ist kein<br />
Management-Schnickschnack,<br />
sondern eine wortgewordene<br />
Vision für all das, was wir im VdK<br />
in den nächsten Jahren miteinander<br />
vorhaben. Es ist ein Gemeinschaftswerk,<br />
das wir in<br />
vielen Sitzungen der „VdK-Arbeitsgruppe<br />
Strategie“ entwickelt<br />
haben. Wir taten dies aus<br />
einer recht komfortablen Position<br />
heraus. Schließlich steht der VdK<br />
hervorragend da, in allen Landesverbänden<br />
geht es mit den<br />
Mitgliederzahlen stetig aufwärts<br />
– teils auf ohnehin schon sehr<br />
hohem Niveau.<br />
Das ist genau der richtige Zeitpunkt<br />
für die Zukunftsplanung.<br />
Verena Bentele<br />
VdK-Präsidentin<br />
Wir können besonnen nachdenken,<br />
wohin der Weg uns führen<br />
soll, und müssen nicht überstürzt<br />
das Ruder herumreißen. Alle<br />
Verbandsstufen haben mit dem<br />
Zielbild jetzt einen Leitfaden, wie<br />
sich die sozialrechtliche Beratung,<br />
die ehrenamtliche Betreuung<br />
und die sozialpolitische Interessenvertretung<br />
noch optimieren<br />
lassen, um die Erwartungen<br />
der Mitglieder zu erfüllen und<br />
weitere Mitglieder zu gewinnen.<br />
Das gerade verabschiedete<br />
Zielbild formuliert eine VdK-<br />
Selbstbeschreibung, wie wir sie<br />
gerne 2030 überall verstanden<br />
wissen wollen: „Der VdK ist die<br />
erste Anlaufstelle für die Durchsetzung,<br />
die Sicherung, den Erhalt<br />
und den Ausbau der sozialen<br />
Gerechtigkeit in Deutschland.“<br />
Ich freue mich auf den VdK<br />
im Jahr 2030 und habe schon<br />
meine Ärmel hochgekrempelt.<br />
Packen wir es gemeinsam an!<br />
„In diese Studie ist Geld, Zeit und viel Herzblut geflossen“<br />
VdK-Präsidentin Bentele übergibt Abschlussbericht der großen Pflegestudie an Gesundheitsminister Lauterbach<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
hat den Abschlussbericht der umfangreichen<br />
VdK-Studie zur<br />
Nächstenpflege während des Bundesverbandstags<br />
an Bundesgesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach<br />
übergeben.<br />
Die Übergabe an den Minister<br />
bezeichnete Bentele als einen Höhepunkt<br />
der Nächstenpflege-Kampagne<br />
des Sozialverbands VdK, die<br />
zum Bundesverbandtag Mitte Mai<br />
in Berlin endete. Über ein Jahr<br />
lang organisierte der VdK im Rahmen<br />
dieser Kampagne zahlreiche<br />
Demonstrationen und Aktionen,<br />
um die Öffentlichkeit und vor allem<br />
die Politik auf die Situation der<br />
häuslichen Pflege aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Die VdK-Pflegestudie ist das<br />
Herzstück und das wissenschaft-<br />
Die umfangreiche VdK-Studie zur<br />
Nächstenpflege.<br />
liche Fundament dieser großen<br />
Kampagne. Immer wieder hat der<br />
VdK im vergangenen Jahr auf die<br />
zahlreichen Studienergebnisse,<br />
wie zum Beispiel zur Armutsgefährdung<br />
von pflegenden Angehörigen<br />
oder zur unsicheren Rechtslage<br />
bei der 24-Stunden-Pflege,<br />
aufmerksam gemacht. VdK-Präsidentin<br />
Bentele betonte bei der<br />
Übergabe an Minister Lauterbach:<br />
„In diese Studie ist Geld, Zeit und<br />
viel Herzblut von ehrenamtlichen<br />
und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern, von Mitgliedern<br />
und von dem beauftragten<br />
Forschungsteam geflossen.“<br />
Mehrfachbelastung<br />
Des Weiteren forderte sie den<br />
Minister auf, die Studie an weitere<br />
Entscheiderinnen und Entscheider<br />
in den Ministerien und der Regierung<br />
weiterzugeben. „Wir brauchen<br />
endlich eine tiefgreifende<br />
Pflegereform für die zuhause Gepflegten,<br />
dort, wo die Mehrzahl<br />
der Pflegebedürftigen versorgt<br />
werden“, forderte die wiedergewählte<br />
VdK-Präsidentin Bentele.<br />
Minister Karl Lauterbach signalisierte<br />
auf dem VdK-Verbandstag,<br />
dass er sich in den laufenden Verhandlungen<br />
in der Regierungskoalition<br />
für weitere Verbesserungen<br />
in der häuslichen Pflege einsetzen<br />
werde. Er nannte hier das sogenannte<br />
„Entlastungsbudget“, das<br />
wahrscheinlich Bestandteil der<br />
aktuellen Pflegereform sein wird.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele übergibt die Pflegestudie an Bundesgesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach.<br />
Fotos: Henning Schacht<br />
Dafür hatte sich der VdK stark<br />
gemacht.<br />
Lauterbach lobte ausdrücklich<br />
die politische Lobbyarbeit des<br />
VdK: „Das Erreichte hat der VdK<br />
wesentlich mitgeprägt.“ Der endgültige<br />
Gesetzesbeschluss des<br />
Bundestags zur Pflegereform und<br />
zum Entlastungsbudget lag bei<br />
Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />
noch nicht vor. Die VdK-ZEI-<br />
TUNG wird dazu in der kommenden<br />
Ausgabe berichten.<br />
Umfangreichste Studie<br />
Bei der VdK-Pflegestudie hatte<br />
ein Forscherteam um den Pflegewissenschaftler<br />
Prof. Dr. Dr.<br />
Andreas Büscher von der Hochschule<br />
Osnabrück etwa 54 000<br />
VdK-Mitglieder rund um die häus-<br />
liche Pflege befragt. Sie ist damit<br />
die bisher umfangreichste Studie<br />
in diesem Bereich. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass pflegende Angehörige<br />
mehrfach stark belastet sind – und<br />
häufig von der Politik im Stich<br />
gelassen werden.<br />
37 Prozent der Pflegenden kümmern<br />
sich schon länger als fünf<br />
Jahre um ihre pflegebedürftigen<br />
Familienmitglieder. 23 Prozent<br />
pflegen mindestens 40 Stunden in<br />
der Woche. Dabei haben 93 Prozent<br />
keinen Zugang zur Tagespflege<br />
gefunden. 62 Prozent nehmen<br />
noch nicht einmal einen Pflegedienst<br />
in Anspruch. Die Gründe<br />
hierfür: Passende Angebote fehlen<br />
oder die Zuzahlungen sind zu<br />
hoch.<br />
„Die Datenlage ist eindeutig: Wir<br />
wissen, wo es hakt und wer Unterstützung<br />
braucht – und dann folgt<br />
vonseiten der Politik nichts“, sagte<br />
Bentele bei der Vorstellung der<br />
Studie. 59 Prozent der pflegenden<br />
Angehörigen gaben an, über ihre<br />
selbstgewählte Aufgabe die eigene<br />
Gesundheit zu vernachlässigen.<br />
Nachts befinden sich 63 Prozent in<br />
regelmäßiger Rufbereitschaft.<br />
Besonders belastet sind der Studie<br />
zufolge die Eltern von pflegebedürftigen<br />
Kindern. 64 Prozent<br />
unterstützen ihr minderjähriges<br />
oder bereits erwachsenes Kind<br />
nachts regelmäßig.<br />
Immense Pflegeleistung<br />
Der Umfang der Pflegeleistung<br />
der Eltern ist besonders groß: Mehr<br />
als die Hälfte der betroffenen Eltern<br />
(54 Prozent) pflegt mehr als<br />
39 Stunden pro Woche. 75 Prozent<br />
der Eltern – in der Regel die Mütter<br />
– berichten, ihre Arbeitszeit deshalb<br />
reduziert zu haben. Nur wenige<br />
Familien mit pflegebedürftigen<br />
Kindern nutzen außerhäusliche<br />
Pflegeunterstützungen.<br />
Kurzzeitpflege wird von 18 Prozent,<br />
Tages- oder Nachtpflege gerade<br />
mal von drei Prozent in Anspruch<br />
genommen.Julia Frediani<br />
Info<br />
Die komplette Studie des VdK<br />
und der Hochschule Osnabrück<br />
ist online abrufbar unter vdk.de/<br />
vdk-pflegestudie
Bundesverbandstag<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
3<br />
„Der VdK ist der größte Fanclub des Sozialstaats“<br />
Bundeskanzler Scholz und führende Vertreter der Parteien würdigen beim Bundesverbandstag die Bedeutung des VdK<br />
Am dritten Tag des Bundesverbandstags<br />
in Berlin kommen traditionell<br />
Spitzenpolitiker der Parteien<br />
und Regierungsvertreter zu<br />
Wort. Kanzler Olaf Scholz sprach<br />
per Video-Botschaft zu den Anwesenden,<br />
CDU-Generalsekretär<br />
Mario Czaja, Linken-Parteichefin<br />
Janine Wissler, die Grünen-Vorsitzende<br />
Ricarda Lang, der sozialpolitische<br />
Sprecher der FDP, Pascal<br />
Kober, und Gesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach folgten der Einladung<br />
des VdK und hielten ihre<br />
Reden vor Ort. Verena Bentele<br />
nutzte die Gunst der Stunde und<br />
adressierte die Forderungen des<br />
VdK an die Polit-Prominenz.<br />
Doch bevor die frisch im Amt<br />
bestätigte Präsidentin zum sozialpolitischen<br />
Teil überleitete, stellte<br />
sie sich im mit rund 300 Gästen voll<br />
besetzten Saal des Berliner Hotels<br />
„Maritim proArte“ den launigen<br />
Fragen von Sven Lorig. Der bekannte<br />
Fernsehmoderator und<br />
Journalist führte kurzweilig durch<br />
das Programm und wollte wissen,<br />
was die VdK-Bundesverbandstage<br />
2018 und <strong>2023</strong> voneinander unterscheide.<br />
Bentele musste nicht lange<br />
überlegen. Damals sei es aufregend<br />
gewesen, weil sie neu ins Amt gewählt<br />
wurde. In diesem Jahr sei es<br />
spannend, da der VdK eine neue<br />
Satzung verabschieden würde: „Wir<br />
werden jünger, weiblicher und wilder“,<br />
brachte sie die Änderungen<br />
mit ihren Worten auf den Punkt –<br />
und fügte lächelnd hinzu: „Auch<br />
wenn das so natürlich nicht in der<br />
Satzung oder im Zielbild steht“.<br />
Pointiert in ihren Formulierungen<br />
und zudem gewohnt deutlich<br />
zeigte sie sich dann auch in ihrer<br />
Rede. Der VdK sei „der größte Fanclub<br />
des Sozialstaats“, so Bentele.<br />
Deshalb bewahre er sich seinen<br />
kritischen Blick darauf, was nicht<br />
funktioniert. Und da gibt es eine<br />
ganze Menge, das nicht zu übersehen<br />
ist. Corona, Krieg und Inflation<br />
hätten die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter geöffnet.<br />
„Während die einen Gewinne machen,<br />
werden die anderen immer<br />
ärmer“, so die Präsidentin.<br />
Alle sollen einzahlen<br />
Bentele ging auf die Missstände<br />
ein: Endlich müssten alle in die<br />
sozialen Sicherungssysteme einzahlen,<br />
um das soziale Netz zu<br />
stabilisieren, rief sie und bekam<br />
großen Applaus vom Publikum.<br />
Einen „Gruß an die Mindestlohnkommission“<br />
verband sie mit der<br />
Forderung nach einem Mindestlohn<br />
von 14 Euro. „Wir brauchen<br />
faire Löhne, damit es gute Renten<br />
Verena Bentele nahm nach ihrer Rede zwischen Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke, und CDU-Generalsekretär<br />
Mario Czaja Platz. Eingerahmt wurde das Trio von den Präsidiumsmitgliedern Regina Bunge (rechts)<br />
und Paul Weimann (links). Fotos: Henning Schacht (4)<br />
gibt.“ Der VdK habe aber nicht<br />
ausschließlich die Rentnerinnen<br />
und Rentner, sondern alle im<br />
Blick. Denn der Kampf gegen Armut<br />
fange bereits mit dem Tag der<br />
Geburt an. Deshalb mache sich der<br />
VdK für eine Kindergrundsicherung<br />
stark. „Wir können nicht<br />
hinnehmen, dass in diesem Land<br />
jeder fünfte Mensch unter 18 Jahren<br />
armutsgefährdet ist“, bekräftigte<br />
sie ihre Forderung an die<br />
Ampel, endlich die Parteipolitik<br />
beiseite zu lassen und zum Wohl<br />
der Kinder zu handeln.<br />
Vieles zu bürokratisch<br />
Bentele warnte vor einer „Abwertung<br />
der wichtigsten Währung. Das<br />
ist das Vertrauen in den Sozialstaat“.<br />
Vieles sei zu bürokratisch<br />
und überfordere die Menschen. Bei<br />
der Frage zur Finanzierung des<br />
Heizungsumbaus etwa müsse es<br />
eine sozial gerechte Lösung geben.<br />
Viele Menschen hätten schon heute<br />
keine Rücklagen für Ausgaben<br />
wie eine neue Heizung. „Deshalb<br />
stellen wir uns auf die Seite derer,<br />
die beim Heizungsaustausch Unterstützung<br />
brauchen. Es dürfen nicht<br />
alle die gleiche Förderung erhalten“,<br />
so ihr Appell an die Regierung,<br />
das Gesetz zu überarbeiten.<br />
Mit Blick auf die Nächstenpflege-<br />
Kampagne des VdK kritisierte Bentele,<br />
dass die häusliche Pflege nicht<br />
den angemessenen Stellenwert in<br />
der Ampel-Koalition habe. In dem<br />
Gesetzentwurf zur Pflegereform<br />
vermisse sie die Ansätze, die pflegenden<br />
Angehörigen und Pflegebedürftigen<br />
wirklich helfen würden.<br />
Konkreter wurde sie später,<br />
als sie Gesundheitsminister Lauterbach<br />
die VdK-Pflegestudie überreichte<br />
(siehe Seite 2).<br />
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach<br />
per Video-Botschaft. Foto: VdK<br />
Bundeskanzler Olaf Scholz<br />
übermittelte in seiner Video-Botschaft<br />
seinen Dank an den VdK,<br />
der wichtiger sei denn je. „Die<br />
Einschätzungen des VdK geben<br />
uns in der Bundesregierung eine<br />
wichtige Orientierung für unsere<br />
Sozialpolitik.“ Deshalb „fließen<br />
Ihre Empfehlungen auch häufig in<br />
unsere Gesetze mit ein“, so Scholz.<br />
„Wir sind im gleichen Fanclub“,<br />
stellte CDU-Generalsekretär Mario<br />
Czaja zu Beginn seiner Rede<br />
fest und griff Benteles Worte zum<br />
Sozialstaat auf. Er sei dem VdK<br />
sehr dankbar für die Demo ohne<br />
Menschen im Rahmen der Nächstenpflege-Kampagne.<br />
Es sei wichtig,<br />
dass im Pflegeunterstützungsund<br />
Entlastungsgesetz das Entlastungsbudget<br />
wieder aufgenommen<br />
werde, weil es den pflegenden<br />
Angehörigen helfe. „Gut, dass wir<br />
in diesem Punkt an einem Strang<br />
ziehen“, sagte Czaja.<br />
Die Vorsitzende der Grünen,<br />
Ricarda Lang, sprach sich für<br />
Nachbesserungen bei Bürgergeld<br />
und Mindestlohn aus und wies auf<br />
die „unsichtbare Säule unseres<br />
Gesundheitssystems hin: die pflegenden<br />
Angehörigen“. Bei der Finanzierung<br />
der Pflege würden<br />
Löcher gestopft. „Stattdessen<br />
brauchen wir eine Versicherung, in<br />
die alle einzahlen.“ Bereits jetzt<br />
würden sich die Leistungen von<br />
privater und gesetzlicher Pflegeversicherung<br />
kaum voneinander<br />
unterscheiden.<br />
Sie wolle nicht hinnehmen, dass<br />
bei armen Menschen das Gefühl<br />
entstehe, dass Armut kein gesellschaftliches<br />
Problem sei, sondern<br />
der Grund dafür im individuellen<br />
Versagen der Betroffenen liege.<br />
„Wir müssen diese Menschen stärken,<br />
statt sie zu unterdrücken“,<br />
sagte Lang. Es sei wichtig, die Familien<br />
zu erreichen, denen das<br />
Geld für die Entwicklung ihrer<br />
Kinder fehle. „Die Kindergrundsicherung<br />
ist mehr als eine Verwaltungsreform<br />
oder ein Digitalisierungsprojekt.“<br />
Erst soziale Frage klären<br />
Im Kampf gegen die Klimakrise,<br />
so die Grünen-Chefin, müsse bei<br />
allen Maßnahmen die soziale Frage<br />
immer als Erstes geklärt werden.<br />
Damit spielte Lang auf das<br />
Heizungsgesetz an und sprach<br />
vielen Anwesenden aus der Seele.<br />
Pascal Kober, sozialpolitischer<br />
Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion,<br />
würdigte den VdK als „starke<br />
Stimme in der Sozialpolitik“. Seiner<br />
Meinung nach wird soziale<br />
Gerechtigkeit zu sehr auf das zur<br />
Verfügung stehende Geld reduziert.<br />
Die Frage, welche Förderung<br />
Menschen benötigen, um ihre Fähigkeiten<br />
zu entwickeln, spiele<br />
eine zu geringe Rolle. Gerechtigkeit<br />
sei „nicht nur Verteilungsgerechtigkeit,<br />
sondern auch Befähigungsgerechtigkeit“.<br />
Der FDP<br />
gehe es um einen „ganzheitlichen<br />
Armutsbegriff“. Ziel müsse sein,<br />
die Potenziale der Menschen zu<br />
erkennen und zu entwickeln.<br />
Janine Wissler, Vorsitzende der<br />
Partei Die Linke, bezeichnete es als<br />
Schande für Deutschland, dass die<br />
Regierung die Armut nicht bekämpfe.<br />
Sie kritisierte die zu geringen<br />
Regelsätze beim Bürgergeld und<br />
forderte, dass die Kindergrundsicherung<br />
sofort kommen müsse.<br />
Eine klare Absage erteilte Wissler<br />
einer Erhöhung des Renteneintrittsalters.<br />
„Das ist eine Rentenkürzung<br />
für Menschen, die hart<br />
arbeiten.“ Sie warb zudem für<br />
bessere Löhne für das Pflegepersonal:<br />
„Ich habe mit einer Frau<br />
gesprochen, die 45 Jahre in der<br />
Altenpflege gearbeitet hat, aber<br />
sich im Alter keinen Pflegeheimplatz<br />
leisten konnte.“<br />
Großes Interesse<br />
Ums Geld ging es auch bei Gesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach.<br />
Die Ausgaben in der Pflegeversicherung<br />
würden schneller<br />
wachsen als bei Sozial-, Krankenoder<br />
Rentenversicherung, sagte er<br />
und kündigte an zu prüfen, ob<br />
mehr Steuermittel genutzt werden<br />
könnten. Langfristig sei ebenfalls<br />
über eine Zusammenführung der<br />
Pflegeversicherungen zu befinden.<br />
Lauterbach warb darum, Kritik<br />
mit Augenmaß zu formulieren:<br />
„Die Qualität der Pflege ist gegeben.<br />
Lassen Sie uns nicht kaputtreden,<br />
nicht geringschätzen, was<br />
wir erreicht haben.“<br />
Beim VdK hatte er sich zuvor für<br />
den kritischen, aber fairen Umgang<br />
bedankt. Der Gesundheitsminister<br />
kündigte an, die zuvor<br />
von Verena Bentele überreichte<br />
VdK-Pflegestudie „mit großem<br />
Interesse“ zu lesen. Dann verabschiedete<br />
er sich, um im Kabinett<br />
weiter über die Pflegereform zu<br />
verhandeln. Bentele kommentierte<br />
Lauterbachs Auftritt anschließend<br />
erfreut unter dem Applaus der Zuhörer:<br />
„Er nimmt was von uns mit<br />
in die Verhandlung. Das haben wir<br />
gut gemacht.“ Jörg Ciszewski<br />
Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang: Pflegende<br />
Angehörige sind die unsichtbare Säule des Gesundheitssystems.<br />
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Nicht kaputtreden,<br />
was bislang in der Pflege erreicht wurde.<br />
Pascal Kober (FDP): Soziale Gerechtigkeit<br />
nicht aufs Geld reduzieren.
4 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Bundesverbandstag<br />
VdK-Führungsgremien gewählt<br />
Delegierte haben darüber abgestimmt, wer sie im Präsidium, Bundesausschuss, Schiedsgericht und in der Revision vertritt<br />
184 Delegierte haben am 16. Mai<br />
auf dem 19. Ordentlichen Bundesverbandstag<br />
in Berlin über die<br />
Zusammensetzung ihrer Führungsgremien<br />
entschieden. Die Mitglieder<br />
von Präsidium, Bundesausschuss<br />
und Schiedsgericht sowie<br />
die Revisoren wurden für die kommenden<br />
vier Jahre gewählt.<br />
Mit farbigen Stimmkarten wurde<br />
bei den Wahlen abgestimmt.<br />
Der Vorsitzende des Bundesausschusses Friedrich Stubbe (links) mit dem neuen VdK-Präsidium (von links nach<br />
rechts): Vizepräsidentin Regina Bunge, Vizepräsident Horst Vöge, Schriftführer Willi Jäger, Schatzmeister<br />
Konrad Gritschneder, Präsidentin Verena Bentele, Vizepräsidentin und Vertreterin der Frauen Katharina Batz<br />
sowie die Vizepräsidenten Wolfgang Krause und Paul Weimann. <br />
Fotos: Henning Schacht<br />
Der Bundesverbandstag ist das<br />
höchste beschließende Organ des<br />
VdK. Er wird in der Regel alle vier<br />
Jahre durch das Präsidium einberufen.<br />
Durch die Corona-Pandemie<br />
musste er um ein Jahr auf <strong>2023</strong><br />
verschoben werden. Organisiert<br />
und durchgeführt wurde er von<br />
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
der Bundesgeschäftsstelle.<br />
Für die Gremien, die bundesweit<br />
zusammenarbeiten, stellen sich<br />
VdK-Mitglieder aus den Landesverbänden<br />
zur Wahl. Eines davon<br />
ist das Präsidium. Dieses führt laut<br />
Satzung über die Bundesgeschäftsstelle<br />
die Geschäfte des Bundesverbands.<br />
Der Bundesausschuss<br />
hat die Aufgabe, den Haushalt zu<br />
beschließen, die Jahresrechnung<br />
festzustellen sowie die Kassenund<br />
Revisionsberichte entgegenzunehmen.<br />
Die Revisoren prüfen<br />
zum Beispiel den Jahresabschluss<br />
und das Rechnungswesen. Sie sind<br />
nur dem Bundesverbandstag und<br />
dem Bundesausschuss gegenüber<br />
verantwortlich. Das Schiedsgericht<br />
entscheidet über Streitigkeiten,<br />
die aus der Satzung des Bundesverbands<br />
resultieren. Bundesausschuss,<br />
Schiedsgericht und<br />
Revision wurden bereits nach der<br />
auf diesem Bundesverbandstag<br />
neugefassten Satzung gewählt.<br />
Diese muss noch im Vereinsregister<br />
eingetragen werden.<br />
Präsidium<br />
Präsidentin Verena Bentele<br />
(Bayern), Vizepräsidentin und<br />
Vertreterin der Frauen Katharina<br />
Batz (Nordrhein-Westfalen), Vizepräsidentin<br />
Regina Bunge (Nord),<br />
Vizepräsident Wolfgang Krause<br />
(Saarland), Vizepräsident Horst<br />
Vöge (Nordrhein-Westfalen), Vizepräsident<br />
Paul Weimann (Hessen-Thüringen),<br />
Bundesschatzmeister<br />
Konrad Gritschneder<br />
(Bayern) und Schriftführer Willi<br />
Jäger (Rheinland-Pfalz).<br />
Bundesausschuss<br />
Die Vorsitzenden der Landesverbände<br />
gehören dem Bundesausschuss<br />
automatisch an, es sei denn,<br />
sie oder er ist Mitglied im Präsidium.<br />
Dann wird stattdessen die<br />
oder der stellvertretende Landesvorsitzende<br />
in den Bundesausschuss<br />
berufen. Weitere 28 Mitglieder<br />
sowie Ersatzmitglieder wurden<br />
gewählt.<br />
Als Vorsitzender des Bundesausschusses<br />
wurde Friedrich Stubbe<br />
(Landesvorsitzender Niedersachsen-Bremen)<br />
im Amt bestätigt.<br />
Weitere Mitglieder sind:<br />
Ÿ Baden-Württemberg<br />
Hans-Josef Hotz (Landesvorsitzender),<br />
Werner Raab, Sandra<br />
Hertha, Siegfried Staiger. Ersatzmitglieder:<br />
Jürgen Neumeister,<br />
Angelika Schiele-Baun, Ernst<br />
Schilling.<br />
Ÿ Bayern<br />
Hans-Joachim Werner (stellv.<br />
Landesvorsitzender), Heinz Heeg,<br />
Antje Dietrich, Hermann Imhof,<br />
Erwin Manger, Ulrike Mascher,<br />
Beate Schießl-Sedlmeier, Claudia<br />
Spiegel, Alexander Wunderlich.<br />
Ersatzmitglieder: Werner Böll,<br />
Maria Bördlein, Carola Brust, Josef<br />
Fürst, Gertrud Gokorsch, Helga<br />
Koch, Michael Pausder.<br />
Ÿ Berlin-Brandenburg<br />
Ralf Bergmann (Landesvorsitzender),<br />
Hannelore Schmolling.<br />
Ersatzmitglieder: Sigrid Parschauer,<br />
Hans-Günter Brochwitz, Steffen<br />
Schulz.<br />
Ÿ Hamburg<br />
Renate Schommer (Landesvorsitzende),<br />
Carmen Zakrzewski.<br />
Ersatzmitglieder: keine.<br />
Ÿ Hessen-Thüringen<br />
Ursula König-Schneyer (stellv.<br />
Landesvorsitzende), Dr. Rex-<br />
Oliver Wagner, Horst Gunnesch,<br />
Gabriele Heinebrodt. Ersatzmitglieder:<br />
Hiltrud Korb, Hans-Joachim<br />
Prassel, Dr. Daniela Sommer.<br />
Ÿ Mecklenburg-Vorpommern<br />
Dr. Rainer Boldt (Landesvorsitzender),<br />
Kristina Reichert. Ersatzmitglieder:<br />
Karin Rosenow, Monika-Irmgard<br />
Mehl, Dietrich Raether.<br />
Ÿ Niedersachsen-Bremen<br />
Friedrich Stubbe (Landesvorsitzender),<br />
Anke Erlach. Ersatzmitglieder:<br />
Jutta Lorentzen, Miriam<br />
Wagner, Gunda Menkens.<br />
Ÿ Nord<br />
Joachim Falkner (stellv. Landesvorsitzender),<br />
Heidi Lyck. Ersatzmitglieder:<br />
Peter Lassen, Annelie<br />
P. Heydorn, Nicola Bode.<br />
Ÿ Nordrhein-Westfalen<br />
Peter Jeromin (stellv. Landesvorsitzender),<br />
Wilfried Böhm, Thomas<br />
Schmidt, Sandra Wehmeier, Josef<br />
Weiner. Ersatzmitglieder: Gudrun<br />
Pohl, Anja Wagner, Robert Walter,<br />
Carsten Ohm.<br />
Ÿ Rheinland-Pfalz<br />
Werner Faber (stellv. Landesvorsitzender),<br />
Anita Winkler,<br />
Karl-Rainer Heiderich. Ersatzmitglieder:<br />
Veronika Beckel,<br />
Christa Schulz, Rainer Zins, Ulrich<br />
Stilz.<br />
Ÿ Saarland<br />
Armin Lang (Landesvorsitzender),<br />
Gerlinde Koletzki-Rau. Ersatzmitglieder:<br />
Karin Lawall, Daniel<br />
Bieber, Wolfgang Steiner.<br />
Ÿ Sachsen<br />
Horst Wehner (Landesvorsitzender),<br />
Marina Lemke. Ersatzmitglieder:<br />
Uwe Adamczyk, Ute Franke,<br />
Jörg Gebert.<br />
Ÿ Sachsen-Anhalt<br />
Tino Sorge (Landesvorsitzender).<br />
Ersatzmitglieder: keine.<br />
Schiedsgericht<br />
Heribert Rech (Baden-Württemberg),<br />
Martin Wegner (Rheinland-Pfalz),<br />
Dr. Michael Schmitt<br />
(Nordrhein-Westfalen).<br />
Revisoren<br />
Thimo Schlär (Rheinland-Pfalz),<br />
André Surray (Niedersachsen-Bremen).<br />
Stellvertretende Revisoren:<br />
Hans Ulrich Wolf (Rheinland-<br />
Pfalz), Jürgen Dannhauer (Hessen-<br />
Thüringen). Kristin Enge<br />
VdK-TV<br />
VdK-TV hat den Bundesverbandstag<br />
begleitet. Eine Rückschau auf<br />
die Veranstaltung finden Sie auf<br />
dem VdK-Videoportal:<br />
VdK-Videoportal<br />
www.vdktv.de<br />
Ein großer Dank für ehrenamtliches Engagement<br />
VdK-Ehrenamtliche, die aus den Führungsgremien ausgeschieden sind, wurden auf dem Bundesverbandstag geehrt<br />
Die vielen ehrenamtlich Engagierten<br />
sind das Herz des Sozialverbands<br />
VdK. Sie machen den Verband<br />
zu dem, was er heute ist: der<br />
größte Sozialverband in Deutschland.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
dankte den Mitgliedern, die<br />
die positive Entwicklung des VdK<br />
in den vergangenen fünf Jahren<br />
aktiv mitgestaltet haben, für ihren<br />
wertvollen persönlichen Einsatz.<br />
Einen großen Dank für ihr Engagement<br />
sprach VdK-Präsidentin<br />
Verena Bentele den Mitgliedern<br />
aus, die aus dem Bundesausschuss<br />
ausgeschieden sind, dem VdK aber<br />
weiterhin in der aktuellen Wahlperiode<br />
als Ersatzmitglieder zur<br />
Verfügung stehen:<br />
Jürgen Neumeister (Baden-Württemberg),<br />
Werner Böll (Bayern),<br />
Josef Fürst (Bayern), Steffen Schulz<br />
(Berlin-Brandenburg), Jutta Lorentzen<br />
(Niedersachsen-Bremen),<br />
Annelie P. Heydorn (Nord), Christa<br />
Schulz (Rheinland-Pfalz), Rainer<br />
Zins (Rheinland-Pfalz) und<br />
Karin Lawall (Saarland).<br />
Des Weiteren dankte Bentele<br />
den Mitgliedern des Bundesausschusses,<br />
die nicht mehr zur Wahl<br />
angetreten sind, für ihre geleistete<br />
Arbeit: Rudi Göbel (Bayern), Helma<br />
Schnell-Kretschmer (Hessen-<br />
Thüringen), Sigrid Möller, (Mecklenburg-Vorpommern),<br />
Bernhard<br />
Greßmeyer (Nordrhein-Westfalen),<br />
Erika Heckmann (Nordrhein-Westfalen)<br />
sowie Werner<br />
Faber (Rheinland-Pfalz).<br />
Auch Anke Erlach (Niedersachsen-Bremen),<br />
die das Amt der Revisorin<br />
innehatte, wurde von<br />
Bentele für ihr Engagement für den<br />
VdK geehrt. Sie scheidet als Revisorin<br />
aus, wird sich aber als Mitglied<br />
des Bundesausschusses weiterhin<br />
für den VdK engagieren.<br />
Kristin Enge<br />
Nach der Ehrung: Die ehrenamtlich Engagierten, die in der vergangenen Wahlperiode in den bundesweiten<br />
VdK-Führungsgremien aktiv waren, mit VdK-Präsidentin Verena Bentele und Bundesgeschäftsführer Andreas<br />
Wallenborn (Mitte).
So hilft der VdK<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
5<br />
Erst ein Brief an den Vorstand half<br />
VdK erkämpfte Elektrorollstuhl für Mitglied, nachdem die Krankenkasse sich mit allen Mitteln verweigert hatte<br />
Die Krankenkasse brauchte vier<br />
Monate, um den Antrag von<br />
Mustafa B.* auf einen Elektrorollstuhl<br />
zu prüfen – und lehnte dann<br />
ab. B. stand plötzlich ohne funktionierenden<br />
Rollstuhl da, weil in der<br />
Zwischenzeit die Gewährleistung<br />
für sein defektes Modell abgelaufen<br />
war. Der VdK Niedersachsen-<br />
Bremen setzte eine Übergangsversorgung<br />
durch und legte Widerspruch<br />
gegen die Ablehnung ein.<br />
Doch erst ein Brief des VdK an den<br />
Krankenkassenvorstand half.<br />
Mustafa B. und die beiden jungen VdK-Mitglieder Eva und Simon, die<br />
sich über das gewonnene Verfahren gemeinsam freuten. Foto: privat<br />
Mustafa B. ist ein Kämpfer. Als<br />
junger Mann hat er geboxt, Fußball<br />
gespielt, im Sport immer alles<br />
gegeben. Doch vor 20 Jahren begann<br />
sein rechtes Knie zu schmerzen.<br />
Es war ständig entzündet. Als<br />
das Gelenk 2007 zudem bei einem<br />
Verkehrsunfall verletzt wurde,<br />
erhielt er ein künstliches Knie.<br />
Zahlreiche Operationen später<br />
geht es ihm allerdings nicht besser.<br />
Seit zehn Jahren sitzt der 58-Jährige<br />
im Rollstuhl und leidet unter<br />
chronischen Schmerzen.<br />
Im vergangenen Jahr kam zu<br />
seiner Leidensgeschichte ein weiteres<br />
Kapitel hinzu. Seine Krankenkasse<br />
verweigerte ihm beharrlich<br />
die Weiterversorgung mit einem<br />
E-Rollstuhl. „Die haben mir<br />
immer wieder Steine in den Weg<br />
gelegt. Das hat mich nervlich sehr<br />
belastet“, sagt das VdK-Mitglied.<br />
Was war passiert? B. hatte im<br />
Sommer 2022 einen Elektrorollstuhl<br />
beantragt. Der Gewährleistungszeitraum<br />
für seinen bisherigen<br />
Rollstuhl lief im Oktober ab. Bis<br />
dahin, dachte er, wird die Kasse<br />
den Antrag bearbeitet haben.<br />
VdK stellt Eilantrag<br />
Doch das war ein Irrtum. Die<br />
Krankenkasse zog die Antragsprüfung<br />
mit vielen Nachfragen in die<br />
Länge – obwohl B. Atteste und<br />
eine Verordnung einreichte, die<br />
belegten, dass das beantragte Modell<br />
für ihn aus medizinischer<br />
Sicht notwendig ist. B. leidet sowohl<br />
in der Schulter als auch in<br />
den Händen an Arthrose. Deshalb<br />
sollte der Rollstuhl elektrisch verstellbar<br />
sein. Die Kostenrechnung<br />
für das Modell lag bei 15 000 Euro.<br />
Als die Kasse den Antrag im Dezember<br />
ablehnte, war sein bisheriger<br />
Rollstuhl kaputt und konnte<br />
nicht mehr repariert werden.<br />
VdK-Rechtsberater Kai Pöpken<br />
stellte daraufhin einen Eilantrag<br />
beim Sozialgericht Oldenburg,<br />
weil sein Mandant ohne Rollstuhl<br />
das Haus nicht mehr verlassen<br />
konnte. Darunter litt er auch psychisch.<br />
Die Krankenkasse sah jedoch<br />
keine Eilbedürftigkeit und<br />
weigerte sich, die Kosten für einen<br />
Rollstuhl zu übernehmen. Als das<br />
Sozialgericht sie dazu verpflichtete,<br />
erhielt B. ein zehn Jahre altes<br />
Modell – und die Krankenkasse<br />
wollte weiterhin nicht zahlen. Pöpken<br />
legte dagegen Beschwerde<br />
beim Landessozialgericht ein und<br />
bekam Recht.<br />
Die Kostenübernahme für den<br />
geliehenen E-Rollstuhl war geklärt,<br />
doch der eigentliche Antrag<br />
auf einen neuen E-Rollstuhl noch<br />
immer nicht. Der VdK legte also<br />
Widerspruch gegen die Ablehnung<br />
ein. Als die Krankenkasse darauf<br />
nicht reagierte, schrieb Pöpken<br />
kurzerhand den Krankenkassenvorstand<br />
direkt an und setzte eine<br />
Frist, um weitere Verzögerungen<br />
zu vermeiden. Er teilte dem Vorstand<br />
mit, dass die Krankenkasse<br />
entgegen der Einschätzung des<br />
Medizinischen Dienstes und der<br />
Gerichte „mit fadenscheinigen und<br />
zum Teil widersprüchlichen Argumenten“<br />
die Versorgung ablehne.<br />
Dann die Überraschung: Nach<br />
einer guten Woche erhielt Mustafa<br />
B. die Bewilligung für die Versorgung<br />
mit dem beantragten Rollstuhl.<br />
Auch wenn sich die Lieferung<br />
verzögert, ist Mustafa B.<br />
heilfroh über das gute Ende: „Ich<br />
bin dem VdK dankbar, dass er an<br />
meiner Seite stand und mir geholfen<br />
hat, als es mir sehr schlecht<br />
ging.“ <br />
Jörg Ciszewski<br />
*Name der Redaktion bekannt<br />
Schwieriger Kampf um Anerkennung<br />
VdK erreicht Merkzeichen für Mitglied mit Fetalen Alkoholspektrum-Störungen<br />
Foto: picture alliance/Zoonar rotoGraphics<br />
Jährlich kommen in Deutschland<br />
etwa 10 000 Kinder mit einer<br />
schweren Erkrankung auf die Welt,<br />
den sogenannten Fetale Alkoholspektrum-Störungen<br />
(Fetal Alcohol<br />
Spectrum Disorders, FASD). Die<br />
Symptome sind vielschichtig und<br />
werden oft fehlgedeutet. Betroffene<br />
müssen um die Anerkennung als<br />
Menschen mit einer lebenslangen<br />
Behinderung kämpfen. Der VdK half<br />
dem Mitglied Kevin T. dabei.<br />
Ursache für die Erkrankung ist<br />
Alkoholkonsum der Mutter während<br />
der Schwangerschaft. Patienten<br />
mit FASD fehlt häufig die Fähigkeit,<br />
vorausschauend zu handeln,<br />
Gelerntes umzusetzen,<br />
Vereinbarungen einzuhalten und<br />
Konflikte zu lösen, was in ihrem<br />
Umfeld immer wieder zu Unverständnis<br />
und Spannungen führt.<br />
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft<br />
ist gefährlich für das Kind.<br />
Auch VdK-Mitglied Kevin T. aus<br />
dem Landkreis Soest leidet an<br />
FASD. Aufgrund dieser Diagnose<br />
wurde ihm ein Grad der Behinderung<br />
von 50 zuerkannt, der später<br />
auf 70 heraufgesetzt wurde. Ein<br />
Gutachten bescheinigte Kevin T.<br />
eine unterdurchschnittliche Intelligenz<br />
und Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Seinen Führerschein musste<br />
er abgeben, seine Ausbildung zum<br />
Pferdepfleger brach er ab. Für ihn<br />
wurde außerdem das Merkzeichen<br />
„H“ für Hilflosigkeit beantragt,<br />
was das Landratsamt Soest allerdings<br />
ablehnte.<br />
Auf Hilfe angewiesen<br />
Als „hilflos“ im Sinne des Sozialrechts<br />
gilt, wer für regelmäßig<br />
wiederkehrende, alltägliche Verrichtungen<br />
auf fremde Hilfe angewiesen<br />
ist oder ständig dabei überwacht<br />
oder angeleitet werden<br />
muss. Genauso beschreiben die<br />
Pflegeeltern von Kevin T. das Leben<br />
mit ihrem Sohn. Er sei nicht in<br />
der Lage, seinen Tagesablauf sinnvoll<br />
und selbstständig zu gestalten.<br />
Ohne ihre Unterstützung würde er<br />
morgens nicht aufstehen, sich<br />
nicht waschen, anziehen oder etwas<br />
essen oder trinken. Jede Störung<br />
des vertrauten Ablaufs werfe<br />
ihn vollends aus der Bahn. Einkaufen<br />
gehen könne er nicht, weil<br />
er keinen Begriff vom Wert des<br />
Geldes habe. Im Straßenverkehr<br />
würde er Risiken falsch einschätzen.<br />
Der VdK legte Widerspruch<br />
gegen die Ablehnung des Merkzeichens<br />
„H“ ein. Das Landratsamt<br />
wies diesen zurück. Was folgte, war<br />
die Klage vor dem Sozialgericht in<br />
Dortmund, wo T. durch die dortige<br />
VdK-Rechtsabteilung vertreten<br />
wurde.<br />
VdK-Juristin Elahe Jafari-Neshat<br />
konnte erreichen, dass Professor<br />
Hans-Ludwig Spohr, Kinderarzt<br />
und Gründer des FASD-Zentrums<br />
an der Berliner Charité, als Gutachter<br />
hinzugezogen wurde. In<br />
seinem Gutachten hob er hervor,<br />
dass die notwendige Überwachung<br />
von T. vor allem, wenn er sich außerhalb<br />
der häuslichen Umgebung<br />
bewege, „einen wesentlichen Anteil<br />
der Pflegeverrichtung“ ausmache.<br />
Außerdem müsse er in seiner<br />
körperlichen und geistigen Entwicklung<br />
ständig beobachtet und<br />
gefördert werden, wodurch seine<br />
Hilflosigkeit begründet sei. Das<br />
Dortmunder Sozialgericht schloss<br />
sich schließlich dieser Meinung an<br />
und verurteilte das Landratsamt<br />
Soest dazu, das Merkzeichen „H“<br />
bei Kevin T. anzuerkennen. Alles,<br />
was zur Alltagsbewältigung dazugehöre,<br />
sei bei dem jungen Mann<br />
nur mit „Druck und Kontrolle“<br />
möglich.<br />
Das Merkzeichen „H“ ist unter<br />
anderem ausschlaggebend für steuerliche<br />
Vorteile, für den Anspruch<br />
auf Kraftfahrzeughilfe oder die<br />
kostenfreie Nutzung des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs.<br />
Barbara Goldberg<br />
*Name der Redaktion bekannt
6 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Politik<br />
Wohnungsnot im Alter droht<br />
Mangelnde Barrierefreiheit und hohe Mieten kommen auf künftige Rentnergeneration zu<br />
In Deutschland fehlen heute schon<br />
2,2 Millionen altersgerechte Wohnungen.<br />
Und der Bedarf steigt in<br />
den nächsten Jahren deutlich an.<br />
Zudem kämpfen immer mehr Rentnerinnen<br />
und Rentner mit hohen<br />
Ausgaben für Miete und Wohnen.<br />
Das Pestel-Institut warnt vor einer<br />
„grauen Wohnungsnot“.<br />
Im Auftrag des Bundesverbands<br />
Deutscher Baustoff-Fachhandel<br />
hat das Pestel-Institut eine Studie<br />
zur Wohnsituation älterer Menschen<br />
durchgeführt. Nur 600 000<br />
Rentnerhaushalte sind barrierefrei<br />
ausgestattet, also ohne Treppen<br />
erreichbar, für die Nutzung von<br />
Rollstuhl oder Gehhilfen geeignet<br />
und mit einem schwellenlosen Zugang<br />
zur Dusche versehen.<br />
Der Bedarf an solchen Wohnungen<br />
ist viel größer. Bereits heute<br />
fehlen 2,2 Millionen altersgerechte<br />
Wohnungen. Durch das Hineinwachsen<br />
der sogenannten „Babyboomer“<br />
ins Rentenalter wird die<br />
Nachfrage enorm steigen. Das<br />
Pestel-Forschungsteam schätzt,<br />
dass 2040 bereits 3,3 Millionen<br />
barrierefreier Wohnungen nötig<br />
sind, damit ältere Menschen so<br />
lange wie möglich selbstbestimmt<br />
zu Hause leben können.<br />
Bei ihren Berechnungen geht das<br />
Institut davon aus, dass etwa ein<br />
Viertel der Seniorenhaushalte wegen<br />
der gesundheitlichen Situation<br />
der Haushaltsangehörigen in einer<br />
mindestens barrierearmen Umgebung<br />
leben müsste. Die heute 50-<br />
bis 65-Jährigen sind gesundheitlich<br />
Viele Mehrfamilienhäuser sind für ältere Menschen mit Gehbehinderung<br />
nicht barrierefrei.<br />
Foto: picture alliance/photothek/Ute Grabowsky<br />
meist noch wenig eingeschränkt<br />
und leben oft in älterem Immobilienbestand.<br />
Bis 2040 werden sie<br />
also wesentlich mehr barrierearme<br />
Wohnungen benötigen als bis dahin<br />
wieder freigeworden sind. Auf<br />
diese Herausforderung seien der<br />
Immobilienmarkt und auch die<br />
Wohnungspolitik absolut nicht<br />
vorbereitet.<br />
Dieser Aspekt verschärft die<br />
ohnehin schon vorhandene Wohnungsnot.<br />
Bezahlbaren Wohnraum<br />
zu finden, ist heute für immer mehr<br />
Menschen ein Problem. Auch ein<br />
Durchschnittseinkommen genügt<br />
in vielen Regionen Deutschlands<br />
nicht mehr, um eine angemessene<br />
Wohnung bezahlen zu können.<br />
Gleichzeitig stagniert der Wohnungsneubau.<br />
Wurden 1996 noch<br />
600 000 Wohnungen fertig gestellt,<br />
waren es 2022 nur etwa 280 000.<br />
Komfort ist teuer<br />
In neu gebauten oder sanierten<br />
Wohnhäusern werden öfter Merkmale<br />
der Barrierefreiheit berücksichtigt,<br />
wie etwa ein schwellenloses<br />
Bad oder Aufzüge in höhere<br />
Stockwerke. Das hat aber seinen<br />
Preis: „Barrierefreiheit ist Komfort,<br />
und Komfort wird über den<br />
Preis und nicht über das Alter erkauft“,<br />
stellt die Pestel-Studie klar.<br />
Für den Mikrozensus wurden<br />
über 65-Jährige nach der Barrierefreiheit<br />
in ihrem Zuhause befragt.<br />
2018 hielten zwölf Prozent ihre<br />
Wohnung für barrierefrei, 2022 mit<br />
16 Prozent etwas mehr. Doch der<br />
Anstieg geht viel zu langsam. Zudem<br />
können Ältere oft wegen geringerer<br />
Einkommen seltener so<br />
ein Wohnumfeld beziehen.<br />
Generell überhitzt der Mietmarkt<br />
in vielen Ballungsräumen<br />
schon seit Jahren, weil immer mehr<br />
Wohnungen aus der Sozialwohnungsbindung<br />
fallen. Letzteres<br />
betrifft viele langjährige Mieterinnen<br />
und Mieter der Babyboomer-Generation.<br />
Zugleich ist der<br />
öffentlich geförderte Wohnungsbau<br />
deutlich heruntergefahren<br />
worden. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs<br />
wird das Wohnen durch<br />
eine enorme Steigerung der Energie-<br />
und Heizkosten noch teurer.<br />
Der Leiter des Pestel-Instituts<br />
Matthias Günther warnte bei der<br />
Vorstellung der Studie im April,<br />
dass künftig zwei Drittel der Seniorenhaushalte,<br />
die zur Miete wohnen,<br />
die steigenden Wohnkosten<br />
nur schwer oder gar nicht mehr<br />
finanzieren könnten und deshalb<br />
deutlich mehr Menschen als heute<br />
auf Sozialleistungen im Alter angewiesen<br />
sein werden. Doch auch<br />
Seniorinnen und Senioren, die im<br />
Eigentum leben, liegen heute zu<br />
fast 20 Prozent unter der Armutsgefährdungsschwelle<br />
und wohnen<br />
zudem in Häusern älterer Baujahre.<br />
Für altersgerechte oder gesetzlich<br />
geforderte Modernisierungsmaßnahmen<br />
fehlen die Rücklagen.<br />
Dr. Bettina Schubarth<br />
Technische Probleme<br />
bei der Teilrente<br />
VdK-Mitglieder berichten, dass es<br />
zurzeit Probleme gibt, wenn die<br />
Deutsche Rentenversicherung<br />
(DRV) die von ihnen beantragte<br />
Teilrente auszahlt.<br />
Seit Anfang des Jahres hat die<br />
Rentenversicherung ihre Regelungen<br />
so angepasst, dass pflegende<br />
Rentnerinnen und Rentner ihre<br />
Rente sehr geringfügig auf eine<br />
99,99-prozentige Teilrente absenken<br />
können. Mit der Wahl einer<br />
Teilrente können pflegende Angehörige<br />
bewirken, dass die Pflegekasse,<br />
nachdem sie die Regelaltersgrenze<br />
erreicht haben, Beiträge zur<br />
Rentenversicherung zahlt.<br />
Ab drittem Quartal<br />
Allerdings berichten VdK-Mitglieder,<br />
dass es bei einzelnen regionalen<br />
Versicherungsträgern der<br />
DRV Probleme gibt, diese Absenkung<br />
auf 99,99 Prozent möglich zu<br />
machen. Auf Nachfrage des VdK<br />
bestätigt die DRV, dass aufgrund<br />
technischer Schwierigkeiten die<br />
Auszahlung einer Teilrente von<br />
99,99 Prozent erst ab dem dritten<br />
Quartal bundesweit möglich sein<br />
wird. Eine genauere Datumsangabe<br />
sei nicht möglich, so die DRV.<br />
Haben Betroffene schon eine Teilrente<br />
von 99,99 Prozent beantragt,<br />
erhalten sie derzeit einen Bescheid<br />
über eine Teilrente von 99 Prozent.<br />
Nach Lösung der technischen Probleme<br />
erhalten sie einen neuen<br />
Rentenbescheid, aus dem die Zahlung<br />
der Teilrente und die Höhe<br />
der Nachzahlung hervorgeht. juf<br />
Bentele führt VdK Bayern<br />
Ulrike Mascher für ihren Einsatz gewürdigt<br />
Beim Landesverbandstag des Sozialverbands<br />
VdK Bayern wurde<br />
die bisherige stellvertretende Vorsitzende<br />
Verena Bentele einstimmig<br />
als Nachfolgerin von Ulrike<br />
Mascher an die Spitze des größten<br />
VdK-Landesverbands gewählt.<br />
Ulrike Mascher war seit 2006<br />
Landesvorsitzende des VdK Bayern<br />
gewesen. Von 2008 bis 2018<br />
führte sie zudem als Präsidentin<br />
den VdK Deutschland. Auch in<br />
dieser Position war ihr Bentele<br />
2018 nachgefolgt.<br />
Die etwa 380 Delegierten aus<br />
allen bayerischen Bezirken verabschiedeten<br />
ihre langjährige Vorsitzende<br />
Mascher emotional und mit<br />
lang anhaltendem stehenden Applaus.<br />
Verena Bentele würdigte<br />
Maschers großen Einsatz für soziale<br />
Gerechtigkeit. Sie habe für den<br />
VdK neue gesellschaftspolitische<br />
Themen wie Armutsbekämpfung<br />
und Angehörigenpflege gesetzt.<br />
Auch im VdK hat sie viel bewegt.<br />
So war die aktive Förderung von<br />
Frauen im Ehren- und Hauptamt<br />
für sie ein wichtiges Thema. In<br />
ihrer Amtszeit wurde die Mitgliederzahl<br />
in Bayern enorm gesteigert:<br />
von 518 000 Mitgliedern 2006<br />
auf heute 780 000.<br />
Der Landesverbandstag fand<br />
turnusgemäß vom 3. bis 5. Mai in<br />
München statt. Nur eineinhalb<br />
Wochen später wurde Verena Bentele<br />
auf dem Bundesverbandstag<br />
als VdK-Präsidentin bestätigt,<br />
ebenso Konrad Gritschneder als<br />
Schatzmeister, der dieses Amt<br />
auch in Bayern seit vielen Jahren<br />
erfolgreich ausübt. bsc<br />
Verena Bentele (rechts) nach ihrer einstimmigen Wahl zur Landesvorsitzenden<br />
des VdK Bayern. Es gratulieren ihre Vorgängerin Ulrike Mascher<br />
und Landesgeschäftsführer Michael Pausder.<br />
Foto: Thomas Rosenthal<br />
Große Reform ist nötig<br />
Parlamentarischer Abend zur Pflegeversicherung<br />
Beim parlamentarischen Abend des Bündnis für gute Pflege diskutierten<br />
Bundestagsabgeordnete über eine nachhaltige Finanzierung.Foto: D. Karran<br />
Das Bündnis für gute Pflege hatte<br />
Ende April zu einem parlamentarischen<br />
Abend zum Thema „Ist die<br />
Pflege noch zu retten?“ in die Räume<br />
der VdK-Bundesgeschäftsstelle<br />
in Berlin geladen.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
eröffnete die Veranstaltung, die<br />
vor dem Hintergrund eines Defizits<br />
in der Pflegeversicherung von<br />
rund 2,2 Milliarden Euro im vergangenen<br />
Jahr stattfand. Im Mittelpunkt<br />
der Diskussion stand eine<br />
nachhaltige Finanzierung der<br />
Pflegeversicherung.<br />
Bentele sagte: „Es ist längst überfällig,<br />
dass aus der Pflege kein<br />
Profit mehr geschlagen wird. Die<br />
jetzige Pflegereform ist enttäuschend<br />
und die Zukunft steht auf<br />
tönernen Füßen.“<br />
Professor Heinz Rothgang von<br />
der Universität Bremen skizzierte<br />
die aktuellen Herausforderungen<br />
in der Finanzierung der Pflegeversicherung.<br />
Auch die bevorstehende<br />
Pflegereform werde an den riesigen<br />
Finanzierungslücken nichts ändern<br />
können. Er appellierte an die<br />
Bundespolitik, sich endlich zu<br />
großen Reformschritten durchzuringen.<br />
Gemeinsam mit Abgeordneten<br />
aller demokratischen Parteien im<br />
Bundestag wurde im Gespräch<br />
nach gemeinsamen Lösungen für<br />
die enormen Herausforderungen<br />
gesucht. Es diskutierten die Parlamentarier<br />
Dirk Heidenblut (SPD),<br />
Maria Klein-Schmeink (Bündnis<br />
90/Die Grünen), Erich Irlstorfer<br />
(CSU) und Ates Gürpinar (Die<br />
Linke). <br />
juf<br />
VdK-Podcast<br />
„In guter Gesellschaft“<br />
Bundesfamilienministerin Lisa Paus<br />
ist die Gesprächspartnerin von<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele in<br />
der nächsten Folge des Podcasts<br />
„In guter Gesellschaft“.<br />
Das bestimmende Thema des<br />
Gesprächs ist die Einführung der<br />
Kindergrundsicherung – das<br />
nächste große sozialpolitische Projekt<br />
der Bundesregierung. Im Podcast<br />
erklärt Paus, warum Kinderarmut<br />
ein strukturelles Problem in<br />
Deutschland ist. Knapp 2,9 Millionen<br />
Kinder sind von Armut bedroht<br />
oder betroffen.<br />
Sie spricht außerdem über die<br />
geplanten Einzelheiten der Kindergrundsicherung<br />
als neue Sozialleistung,<br />
die direkt und automatisch<br />
an alle Familien mit Kindern<br />
ausgezahlt werden soll. Nach Plänen<br />
der Ministerin sollen vor allem<br />
Kinder von Eltern mit geringen<br />
Einkommen von dieser Direktzahlung<br />
profitieren.<br />
Die studierte Volkswirtin und<br />
Finanzpolitikerin von Bündnis 90/<br />
Die Grünen leitet seit April 2022<br />
das Ministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend. Die Podcast-Folge<br />
mit Lisa Paus ist ab sofort<br />
online unter www.vdk.de/<br />
podcast abrufbar. <br />
juf
Pflege<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
7<br />
Online-Pflegeberatung im Selbstversuch<br />
Viele Portale bieten Unterstützung an – nicht alle sind hilfreich<br />
Die individuelle Situation zählt<br />
Woran man eine gute Pflegeberatung erkennt<br />
Eine gute Pflegeberaterin geht auf die jeweilige Situation der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen ein.<br />
Wenn ein Pflegefall eintritt, nutzen<br />
Angehörige auch das Internet, um<br />
sich zu informieren. Wie gut sind<br />
Online-Pflegeberatungen? Die VdK-<br />
ZEITUNG wagte den Selbstversuch.<br />
Ich gehe als Erstes auf eine Seite,<br />
die „Hilfe für pflegende Angehörige“<br />
verspricht. Dass der Anbieter<br />
eigentlich Pflegekurse abhält und<br />
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch<br />
vertreibt, ist auf den ersten Blick<br />
nicht erkennbar. Eine künstliche<br />
Intelligenz (KI) schlägt mir mögliche<br />
Fragen vor und beantwortet<br />
diese. Schließlich lande ich bei<br />
einer Übersicht über Pflegestützpunkte<br />
– und nein, mein erdachter<br />
Wohnort in Bayern ist nicht darunter.<br />
Für die Finanzierung listet<br />
die KI die üblichen Leistungen der<br />
Pflegekasse auf, das bayerische<br />
Landespflegegeld kennt sie nicht.<br />
Immerhin werden die hauseigenen<br />
Pflegekurse und die Pflegebox<br />
nicht aufgedrängt.<br />
Werbung für Pflegebox<br />
Das ist bei der nächsten Webseite<br />
schon anders. Dieses Unternehmen<br />
trägt die Bezeichnung „Pflegeberatung“<br />
vermutlich eher zur Tarnung<br />
seiner wirtschaftlichen Interessen.<br />
Es gibt fachlich gute Artikel zum<br />
Thema Pflege, aber in jedem ploppt<br />
eine zu bestellende „Pflegebox“ auf.<br />
Die Übersicht über die Pflegestützpunkte<br />
könnte auch mal aktualisiert<br />
werden, sie entspricht etwa<br />
dem Stand vor fünf Jahren.<br />
Weiter geht’s zur Webseite einer<br />
Pflegeversicherung: Hier wird man<br />
mit Informationen förmlich überschüttet.<br />
Viel Zeit wäre nötig, um<br />
VdK-Broschüre<br />
Hilfreiche Informationen<br />
rund<br />
um die Pflegebedürftigkeit<br />
gibt es in der<br />
Pflegebroschüre<br />
des VdK „Ab<br />
wann ist man<br />
pflegebedürftig?“.<br />
Sie kann kostenlos heruntergeladen<br />
werden. Wer lieber<br />
ein gedrucktes Exemplar haben<br />
möchte, kann gerne in seiner<br />
VdK-Geschäftsstelle nachfragen.<br />
https://www.vdk.de/<br />
permalink/74125<br />
sich durch sämtliche Artikel zu<br />
kämpfen, bevor man die Pflege für<br />
seine Angehörigen organisiert.<br />
Manche Beiträge lassen sich nur<br />
mit Zeitverzögerung abrufen.<br />
Lächelnde KI<br />
Und noch eine Webseite arbeitet<br />
mit KI – diesmal hat sie ein<br />
menschliches Gesicht. Es lächelt<br />
mich zuversichtlich an, als wolle<br />
es sagen: „Wir schaffen es, dein<br />
Problem zu lösen.“ Ich gebe nur<br />
wenige Daten in eine Maske ein,<br />
dann verkündet das Gesicht freudestrahlend,<br />
es habe „tolle Angebote“<br />
gefunden. Ich bekomme ein<br />
Handvoll Pflege- und Hauswirtschaftsdienste<br />
genannt, darunter<br />
auch weiter entfernte Anbieter,<br />
und einen 150 Kilometer entfernten<br />
Pflegestützpunkt im benachbarten<br />
Baden-Württemberg.<br />
Über eine Webseite mit dem Namen<br />
„Pflegeberatung“ werde ich<br />
unbemerkt auf eine Seite geleitet,<br />
die von privaten Pflegekassen finanziert<br />
wird. Ich klicke mich<br />
durch die Infos, aber meiner erdachten<br />
Pflegesituation werden sie<br />
nicht gerecht. Also wähle ich die<br />
angebotene Nummer der Beratungshotline.<br />
Für den Testanruf ausgedacht<br />
habe ich mir eine Mutter, 82 Jahre,<br />
mit Pflegegrad 2, die in ihrer Mobilität<br />
eingeschränkt ist. Sie nutzt<br />
den Rollator, lebt noch zu Hause<br />
und will dort auch bleiben. Aber<br />
sie hat Probleme mit dem Laufen,<br />
der Körperpflege, dem Einkaufen<br />
und dem Putzen. Ganz einfach<br />
will ich es den Beraterinnen nicht<br />
machen, deshalb wähle ich eine<br />
Kleinstadt in Oberbayern. Dort<br />
herrscht massiver Pflegekräftemangel,<br />
und einen Pflegestützpunkt<br />
gibt es auch nicht.<br />
Persönlicher Berater<br />
Die Beraterin nimmt gewissenhaft<br />
alle Daten meiner erfundenen<br />
Mutter auf: Name, Geburtsdatum,<br />
Straße und Hausnummer, Wohnort,<br />
Telefonnummer. Ihre Akribie<br />
ist mir unheimlich, und so frage<br />
ich: „Was machen Sie mit den Daten?“<br />
Die Dame am anderen Ende<br />
der Leitung versichert mir, dass die<br />
Angaben vertraulich sind, und<br />
dass man sie nur bräuchte, damit<br />
der persönliche Berater vorbeikommen<br />
könne. Ich frage scheinheilig:<br />
„Meine Mutter ist gesetzlich<br />
versichert, kann sie dann auch<br />
Ihre Beratung in Anspruch nehmen?“<br />
Die Beraterin erklärt mir,<br />
nein, dann bleibe es bei der Telefonberatung.<br />
Puh!<br />
Letzter Versuch: Ich nehme es<br />
mit der „am besten bewerteten Pflegeberatung<br />
Deutschlands“ auf.<br />
Dafür muss ich Name, Mailadresse<br />
und Telefonnummer in eine Suchmaske<br />
eintragen und abschicken.<br />
Wenige Sekunden später klingelt<br />
mein Telefon, und ich erzähle die<br />
erdachte Geschichte. Die Beraterin<br />
hat gutes Fachwissen. Sie fragt, ob<br />
meine Mutter ein Gästezimmer hat,<br />
und bietet eine 24-Stunden-Kraft<br />
für rund 3000 Euro monatlich an.<br />
Pausenloses Klingeln<br />
Als ich ablehne, erkundigt sie<br />
sich, ob das Bad barrierefrei ist –<br />
natürlich nicht! Die freundliche<br />
Dame weiß sogleich eine Firma, die<br />
das ändern kann, und beharrt darauf,<br />
diese umgehend zu kontaktieren.<br />
Ich winke ab und behaupte,<br />
dass meine erfundene Mutter zur<br />
Miete wohnt. Ob sie denn einen<br />
Hausnotruf habe? Sie könne mir<br />
zwei Anbieter empfehlen. Außerdem<br />
besteht sie darauf, eine Pflegebox<br />
zu ordern mit Einmalhandschuhen<br />
und weiteren Hilfsmitteln.<br />
Ich willige ein, meine Daten weiterzugeben,<br />
und frage mich im Stillen,<br />
was Handschuhe mit eingeschränkter<br />
Mobilität zu tun haben. Schließlich<br />
verspricht sie, sich in zwei<br />
Wochen nochmal zu melden.<br />
Keine zwei Minuten später klingelt<br />
es wieder: Erst ruft eine Hamburger<br />
Firma für Hausnotruf-Systeme<br />
an, dann die Mitarbeiterin<br />
eines Pflegebox- Unternehmens<br />
und schließlich jemand von einer<br />
anderen Firma für Hausnotrufe.<br />
Obwohl ich ihnen erkläre, dass ich<br />
erst mit meinem Mann über alles<br />
sprechen möchte, lassen sie nicht<br />
locker und rufen noch viele weitere<br />
Male an.<br />
Mein Fazit: Online-Pflegeberatung<br />
kann unter Umständen helfen,<br />
einen ersten Einblick in das<br />
Thema Pflege zu bekommen. Bei<br />
Telefon-Hotlines sollte man vorsichtig<br />
sein, sonst setzt man eine<br />
ungeahnte Verkaufsmaschinerie in<br />
Gang. Eine Beratung, die meiner<br />
erdachten Situation gerecht geworden<br />
wäre, gab es jedoch nicht. <br />
Annette Liebmann<br />
Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Franziska Gabbert<br />
Pflegebedürftige und deren Angehörige<br />
haben seit 2009 Anspruch<br />
auf eine kostenlose und unabhängige<br />
Pflegeberatung. Die Kosten<br />
übernimmt in der Regel die Pflegekasse<br />
der oder des Pflegebedürftigen.<br />
Es gibt einige Merkmale,<br />
anhand derer sich die Qualität der<br />
Beratung erkennen lassen.<br />
Eine gute Pflegeberatung hat<br />
zum Ziel, Pflegebedürftigen und<br />
deren Angehörigen die passenden<br />
Pflegeleistungen zu vermitteln. Sie<br />
hat die individuelle Situation im<br />
Blick und vermittelt Angebote<br />
nach Bedarf. Vor der ersten Kontaktaufnahme<br />
sollte man sich eine<br />
Liste mit den Fragen machen, die<br />
geklärt werden müssen. Hilfreich<br />
ist es, alle Unterlagen, wie beispielsweise<br />
Pflegetagebuch oder<br />
medizinische Befunde, zum Gespräch<br />
mitzubringen.<br />
Gute Anlaufstellen sind Pflegestützpunkte<br />
oder Fachstellen für<br />
Pflege. Auch kommunale Beratungsstellen<br />
können einen Überblick<br />
über die Pflegelandschaft<br />
bieten und Pflegeleistungen vermitteln.<br />
Doch Vorsicht: Die Bezeichnung<br />
„Pflegeberatung“ ist<br />
kein gesetzlich geschützter Begriff.<br />
Neben den Stützpunkten und gemeinnützigen<br />
Organisationen<br />
bieten auch Pflegedienstleister,<br />
Produkthersteller sowie weitere<br />
Firmen Beratung an – auch aus<br />
kommerziellen Gründen (siehe<br />
nebenstehender Artikel). In der<br />
Qualität der Gespräche gibt es<br />
große Unterschiede.<br />
Das macht eine ideale Pflegeberatung<br />
aus:<br />
• Versorgungsplan: Die Pflegeberaterin<br />
oder der Pflegeberater<br />
erstellt zusammen mit der oder<br />
dem Ratsuchenden einen individuellen<br />
Versorgungsplan. Dieser erfasst<br />
den Hilfebedarf, die verfügbaren<br />
Heil- und Hilfsmittel, Leistungen<br />
durch Pflegedienste oder<br />
das Sozialamt, Selbsthilfegruppen<br />
sowie Möglichkeiten zur Entlastung<br />
von pflegenden Angehörigen.<br />
Außerdem enthält er Empfehlungen,<br />
welche Maßnahmen kurz-,<br />
mittel- und langfristig notwendig<br />
sind. Die Erstellung des Versorgungsplans<br />
erfolgt elektronisch,<br />
damit er auch an Pflegekassen,<br />
Ärzte, Pflegeeinrichtungen oder<br />
Beratungsstellen weitergeleitet<br />
werden kann.<br />
• Umfassend: Pflegebedürftige<br />
und deren Angehörige werden umfassend<br />
und verständlich informiert,<br />
welche Rechte und Ansprüche<br />
sie gegenüber den Leistungsträgern<br />
und -erbringern haben.<br />
• Persönlich: Ratsuchende haben<br />
eine feste Ansprechperson, die sie<br />
bei der Umsetzung der vereinbarten<br />
Maßnahmen begleitet. Die Pflegeberaterin<br />
oder der Pflegeberater<br />
unterstützen auch bei der Beantragung<br />
von Leistungen und stellen<br />
den Kontakt zu Anbietern her.<br />
• Selbstbestimmt: Gemeinsam<br />
mit den Ratsuchenden werden die<br />
Beratungsziele abgestimmt. Ziel ist<br />
es, alle Möglichkeiten zu nutzen,<br />
um sich bei der Bewältigung der<br />
Pflegebedürftigkeit selbst zu helfen.<br />
Ratsuchende erhalten verschiedene<br />
Vorschläge, wie sie ihre<br />
Pflegesituation gestalten können,<br />
und werden darin unterstützt,<br />
selbstbestimmte Entscheidungen<br />
zu treffen.<br />
• Flexibel: Im Notfall ist es möglich,<br />
kurzfristig einen Termin zu<br />
bekommen. Die Beratung erfolgt<br />
je nach Bedarf in der Beratungsstelle,<br />
zuhause bei den Ratsuchenden<br />
oder per Telefon. Auf Wunsch<br />
können weitere Personen daran<br />
teilnehmen.<br />
• Qualifiziert: Gute Pflegeberaterinnen<br />
und -berater haben in der<br />
Regel eine Zertifizierung durchlaufen.<br />
• Geschützt: Persönliche Informationen<br />
und Daten werden vertraulich<br />
behandelt und nur mit<br />
dem Einverständnis der Betroffenen<br />
weitergegeben.<br />
• Transparent: Auf Wunsch<br />
kann die Dokumentation der Beratung<br />
eingesehen werden. ali
8 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Gesundheit<br />
Laufen ist in jedem Alter möglich<br />
Durch regelmäßiges Training verbessert sich die Lebensqualität – Anfänger brauchen Geduld<br />
Am 7. <strong>Juni</strong> ist Welttag des Laufens.<br />
Der Sport hält fit, stärkt das<br />
Herz-Kreislauf-System und soll<br />
Krankheiten vorbeugen. Doch<br />
kann man auch in höherem Alter<br />
noch mit dem Laufen beginnen, um<br />
von gesundheitlichen Vorteilen zu<br />
profitieren? Und wann ist es sinnvoller,<br />
auf sanftere Sportarten<br />
auszuweichen? Die VdK-ZEI-<br />
TUNG hat sich bei der Sporthochschule<br />
Köln informiert.<br />
„Von der Evolution, von den Genen<br />
her, sind wir als Läufer geboren.<br />
Das Laufen ist uns in die<br />
Wiege gelegt“, betont Prof. Dr.<br />
Ingo Froböse von der Sporthochschule<br />
Köln. „Nur haben wir das<br />
in den letzten Jahrhunderten ein<br />
wenig verloren.“<br />
Es ist nie zu spät<br />
Mit dem Laufen anzufangen, ist<br />
nie zu spät. Durch ein regelmäßiges<br />
Training werden Mobilität,<br />
motorische Fähigkeiten und die<br />
Koordination gefördert. „Woche<br />
für Woche leicht steigern“, ist Froböses<br />
Tipp. Das könne man in jedem<br />
Alter machen, auch wenn<br />
über viele Jahre durch Fehlverhalten<br />
Gelenke und Muskulatur vernachlässigt<br />
wurden. Man brauche<br />
dann nur etwas mehr Vorbereitungszeit.<br />
Der Gesundheitsexperte empfiehlt,<br />
zunächst über Gehen und<br />
Walken einzusteigen. Grundsätzlich<br />
rät er Laufanfängern, es sechs<br />
Laufen in der Natur ist gut für Körper und Geist.<br />
Monate lang sehr ruhig angehen<br />
zu lassen, um den Körper an die<br />
neuen Herausforderungen zu gewöhnen.<br />
„Wenn ich beginne, Ausdauertraining<br />
zu betreiben, verändert<br />
sich die Biochemie in der<br />
Muskulatur. Die Durchblutung<br />
wird besser, der Herzschlag wird<br />
ruhiger“, sagt Froböse. Er erklärt:<br />
„Knochen, Bänder, Sehnen, Knorpel<br />
brauchen drei bis sechs Monate,<br />
um sich anzupassen, weil die<br />
anfangs nicht so gut durchblutet<br />
sind. Man muss Geduld haben.“<br />
Wer keine Gelenkprobleme habe,<br />
könne zunächst zwei Monate<br />
lang gehen oder walken, um dann<br />
langsam ins Laufen einzusteigen.<br />
Schon nach sechs Wochen werde<br />
man leistungsfähiger, versichert<br />
der Sportwissenschaftler.<br />
Langsam steigern<br />
„Immer wieder mal eine Minute<br />
zwischendurch laufen, die Laufstrecke<br />
nach und nach etwas verlängern,<br />
bis man in einem ruhigem<br />
Lauf von 15 bis 20 Minuten ist.<br />
Dann ist man im richtigen Modus,<br />
um Dauerläufe zu machen“, sagt<br />
Froböse. „Wer auf vier Schritte<br />
einmal einatmet und in vier Schritten<br />
ausatmet, ist im richtigen Tempo.“<br />
Wichtig sei es, immer ausreichend<br />
Sauerstoff zu haben.<br />
Foto: picture alliance/Zoonar/Alain de Maximy<br />
Froböse: „Am Anfang kann es<br />
gar nicht langsam genug sein. Man<br />
sollte immer das Gefühl einer<br />
leichten Unterforderung haben<br />
und sagen können: Das hat gutgetan.<br />
Dann ist es richtig. Gibt es<br />
eine Schmerzreaktion im Körper,<br />
hat man überzogen.“ Laut Froböse<br />
sind auch leichtes Übergewicht<br />
und kleine Gelenkprobleme kein<br />
Hindernis, um mit dem Laufen<br />
anzufangen.<br />
Für Einsteiger sei ein Training an<br />
jedem zweiten Tag ideal, damit<br />
sich der Körper zwischenzeitlich<br />
regenerieren kann. Später könne<br />
auch täglich gelaufen werden. Er<br />
selbst sei 66 und laufe mindestens<br />
an sechs Tagen in der Woche, weil<br />
er von den gesundheitlichen Vorteilen<br />
überzeugt ist. Laufen stärkt<br />
das Immunsystem, fördert die<br />
Knochendichte, wirkt sich positiv<br />
auf Cholesterinwerte und die Psyche<br />
aus, vermindert das Risiko, an<br />
Diabetes zu erkranken und soll<br />
sogar ein wenig jünger machen.<br />
Muskulatur stärken<br />
Wichtig: Ab einem Alter von etwa<br />
70 Jahren rät Froböse dringend<br />
dazu, auch die Muskulatur mit<br />
Krafttraining oder Gymnastik<br />
aufzubauen. Das sei schon in jüngeren<br />
Jahren sehr sinnvoll, ab 70<br />
Jahren aber umso mehr, weil der<br />
Körper dann beginne, Muskulatur<br />
stark abzubauen. Die Muskeln<br />
seien beim Laufen auch wichtige<br />
Stoßdämpfer. „Die Achillessehne,<br />
die Wade müssen gedehnt, Oberschenkel<br />
gekräftigt werden“, so<br />
Froböse. „Kniebeugen sind wunderbar,<br />
auch Übungen für Bauch<br />
und Rücken“, sagt er. Schon zehn<br />
Minuten Gymnastik am Tag seien<br />
hilfreich und ein gutes Beweglichkeitstraining.<br />
Bei entzündlich-rheumatischen<br />
Erkrankungen, massiver Arthrose<br />
oder starkem Übergewicht rät Froböse<br />
zum Radfahren anstatt zum<br />
Laufen. So könnten Knie- und<br />
Hüftgelenke entlastet werden.<br />
Auch sei es sinnvoll, ärztlichen<br />
Rat zu holen, bevor man in ein<br />
umfassendes Trainingsprogramm<br />
einsteigt. Petra J. Huschke<br />
Sonnenschutz nicht vergessen!<br />
Die warme Jahreszeit genießen – mit Creme, Brille und Hut<br />
Gegen schwere Beine<br />
Stützstrümpfe sind auch im Sommer geeignet<br />
Nach vielen Regentagen im Mai ist<br />
die Sehnsucht nach dem Sommer<br />
groß. Doch Vorsicht vor zu viel<br />
UV-Strahlung der Sonne. Sie wird<br />
von der Internationalen Agentur<br />
für Krebsforschung (IARC), einer<br />
Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO), als krebserregend<br />
eingestuft. Ein Experte gibt<br />
Tipps zum richtigen Verhalten in<br />
der warmen Jahreszeit.<br />
Ein Lichtschutzfaktor von mindestens 30 schützt vor Sonnenschäden.<br />
„UV-Strahlung ist als unsichtbare<br />
Gefahr einzustufen. Vielen<br />
Menschen ist, wenn sie sich in der<br />
Sonne aufhalten, nicht bewusst,<br />
dass diese Strahlen im Erbgut von<br />
Hautzellen schädliche Veränderungen<br />
hervorrufen können“, erklärt<br />
Prof. Dr. Mark Berneburg,<br />
Generalsekretär der Deutschen<br />
Dermatologischen Gesellschaft<br />
(DDG) und Direktor der Klinik<br />
und Poliklinik für Dermatologie<br />
am Universitätsklinikum Regensburg.<br />
Schutz bieten: eine Sonnencreme<br />
mit hohem Lichtschutzfaktor,<br />
leichte Kleidung – also auch im<br />
Sommer beispielsweise langärmelige<br />
Hemden –, Kopfbedeckungen,<br />
eine Sonnenbrille sowie besondere<br />
Verhaltensweisen. Zu Letzterem<br />
gehört, vor allem in der sonnenintensiven<br />
Zeit zwischen 11 und<br />
15 Uhr schattige Orte aufzusuchen<br />
und auf Sonnenbäder in dieser Zeit<br />
zu verzichten.<br />
Bei starkem Sonnenschein ist ein<br />
Lichtschutzfaktor von mindestens<br />
30 oder höher zu wählen, empfiehlt<br />
Berneburg. Die Creme solle<br />
auch unbedingt einen guten Schutz<br />
vor UV-A-Strahlen bieten.<br />
Sonnenbrand & Co.<br />
Zu den direkten Auswirkungen<br />
von UV-Strahlung gehören entzündliche<br />
Haut rötungen (Erytheme),<br />
die gemeinhin als Sonnenbrand<br />
bezeichnet werden. Eine<br />
übermäßige UV-Strahlung kann<br />
auch in eine bösartige Form von<br />
Hautkrebs übergehen, warnt der<br />
Experte. Die Augen sind ebenfalls<br />
gefährdet. Sonnenstrahlen können<br />
Binde- und Hornhautentzündungen<br />
hervorrufen.<br />
Für einen Schutz im Alltag sollte<br />
idealerweise bereits die verwendete<br />
Tages creme über einen Lichtschutzfaktor<br />
verfügen. „Sonnenbedingte<br />
Hautalterung geht vor<br />
allem auf die UV-A-Strahlenbelastung,<br />
in geringerer Weise auf die<br />
UV-B-Strahlung zurück“, so Berneburg.<br />
Die UV-B-Strahlen dringen<br />
bis in die Oberhaut ein, UV-A-<br />
Strahlen bis in die Lederhaut.<br />
Produkte vom Vorjahr können<br />
durchaus noch verwendet werden.<br />
Nach dem Öffnen ist Sonnencreme<br />
bei sachgemäßer Lagerung – kühl<br />
und trocken – in der Regel zwölf<br />
Monate haltbar, sagt Berneburg.<br />
Ansonsten gilt: auf Aussehen und<br />
Geruch des Sonnenschutzpräparats<br />
achten.<br />
Trennt sich die Creme in die einzelnen<br />
Phasen, das heißt, es<br />
kommt ölige oder wässrige Flüssigkeit<br />
aus der Verpackung, sollte sie<br />
nicht mehr verwendet werden.<br />
Berneburg: „Dann sind die Filtersubstanzen<br />
nicht mehr gleichmäßig<br />
verteilt und ein ausreichender<br />
Schutz nicht mehr gesichert.“<br />
Petra J. Huschke<br />
Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael<br />
Venenpatienten, die schon eine<br />
Thrombose hatten oder Krampfadern<br />
haben, wird von Ärzten<br />
empfohlen, auch im Sommer medizinische<br />
Kompressionsstrümpfe<br />
zu tragen. Aber selbst Personen<br />
mit gesunden Venen kämpfen in<br />
der warmen Jahreszeit mit schweren<br />
und geschwollenen Beinen und<br />
wollen etwas dagegen tun. Im<br />
Fachhandel gibt es eine große<br />
Auswahl an sogenannten Stützstrümpfen.<br />
Es muss unterschieden werden<br />
zwischen Kompressionsstrümpfen,<br />
die vom Arzt verschrieben werden<br />
und die es in vier unterschiedlichen<br />
Kompressionsklassen gibt,<br />
und Stützstrümpfen, die in vielen<br />
Geschäften und im Online-Handel<br />
angeboten werden.<br />
Kompressionsstrümpfe werden<br />
individuell für jeden Patienten<br />
entsprechend der Diagnose angepasst.<br />
Stützstrümpfe sind kein<br />
Medizinprodukt. Sie haben lediglich<br />
die Eigenschaft, für Wohlbefinden<br />
zu sorgen und schmerzenden<br />
und anschwellenden Beinen<br />
vorzubeugen.<br />
Langes Sitzen im Büro, Autofahrten<br />
ohne Bewegung zwischendurch,<br />
längere Reisen im Zug oder<br />
Flugzeug oder stundenlanges Stehen<br />
weiten die Gefäße – vor allem<br />
im Sommer bei Temperaturen über<br />
25 Grad. Dem kann mit Stützstrümpfen<br />
vorgebeugt werden. Sie<br />
sind durch einen hohen Mikrofaseranteil<br />
angenehm zu tragen,<br />
auch wenn es für viele zunächst<br />
ungewohnt ist. Es fühlt sich an, als<br />
ob die Beine massiert werden.<br />
Strümpfe mit sanfter Kompression<br />
sind atmungsaktiv und beugen<br />
aufgrund des luftigen Gewebes<br />
einem Hitzestau unter dem<br />
Strumpf vor. Sie fördern die Blutzirkulation.<br />
Feuchtigkeit wird bei<br />
solchen modernen Strümpfen nach<br />
außen abtransportiert.<br />
Auch viele Sportler, wie Läuferinnen<br />
und Läufer, entscheiden<br />
sich für Stützstrümpfe. Sie haben<br />
vom Knöchel bis unterhalb des<br />
Knies ein elastisches Material, das<br />
einen leichten Druck auf die Wade<br />
ausübt. Die Muskulatur entspannt<br />
sich, der venöse Rückstrom des<br />
Bluts zum Herzen wird verbessert.<br />
Außerdem können sich die Arterien<br />
weiten – und dadurch mehr<br />
Sauerstoff zum Muskel transportieren.<br />
pet<br />
Viele Sportlerinnen und Sportler<br />
schwören auf Stützstrümpfe.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch
Gesundheit<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
9<br />
Foto: imago/YAY Images<br />
Hörgeräte können<br />
Demenzrisiko senken<br />
Eine neue Studie hat den Zusammenhang<br />
zwischen Schwerhörigkeit<br />
und einer Demenzerkrankung<br />
untersucht. Die Forschenden kamen<br />
zu dem Schluss, dass das<br />
Tragen eines Hörgeräts einer Demenz<br />
vorbeugen kann.<br />
Ältere schwerhörige Menschen,<br />
die kein Hörgerät tragen, haben<br />
laut Studie ein um 42 Prozent höheres<br />
Risiko, an einer Demenz zu<br />
erkranken, als Menschen, die normal<br />
hören. Tragen sie dagegen ein<br />
Hörgerät, sinkt das Risiko auf das<br />
von Normalhörenden.<br />
In der Studie hat ein Forscherteam<br />
die Daten von 437 704 Menschen<br />
im Alter von 40 bs 69 Jahren<br />
ausgewertet. Das Ergebnis wurde<br />
kürzlich im Fachmagazin „The<br />
Lancet Public Health“ veröffentlicht.<br />
Der konkrete Nutzen der<br />
Hörgeräteversorgung bei der Prävention<br />
von Demenz müsse jedoch<br />
noch weiter untersucht werden, so<br />
die Wissenschaftler.<br />
Ab dem 50. Lebensjahr nimmt<br />
die Leistungsfähigkeit des Gehörs<br />
ab, wie der Deutsche Berufsverband<br />
der Hals-Nasen-Ohrenärzte<br />
auf seiner Webseite schreibt. Ein<br />
klares Signal für Altersschwerhörigkeit<br />
sei es, wenn es schwierig<br />
wird, Gesprächen in einem lauten<br />
Umfeld zu folgen. Dies sollten Betroffene<br />
von einer Ärztin oder einem<br />
Arzt abklären lassen. ken<br />
Ältere sollten sich nicht scheuen, ein<br />
Hörgerät zu tragen.<br />
Betroffene werden mündige Patientinnen<br />
Seltene Lungenkrankheit LAM: Selbsthilfegruppe ist eine Erfolgsgeschichte mit Wurzeln im VdK<br />
Vor mehr als 20 Jahren stand der<br />
Sozialverband VdK in Leipzig Pate<br />
bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe<br />
für Menschen, die an der<br />
seltenen Lungenkrankeit LAM leiden.<br />
Daraus hat sich ein lebendiger<br />
Verein entwickelt, der den Erkrankten<br />
nach der Diagnose<br />
wichtige Unterstützung bietet.<br />
Susanne Geiling war 35 Jahre<br />
und arbeitete als Produktdesignerin,<br />
als sie die Diagnose Lymphangioleiomyomatose<br />
(LAM) gestellt<br />
bekam. Das ist eine seltene<br />
Krankheit, die hauptsächlich die<br />
Lunge betrifft und dort ein unkontrolliertes<br />
Wachstum der sogenannten<br />
glatten Muskelzellen<br />
verursacht. Dadurch wird die Atmung<br />
stark beeinträchtigt und der<br />
Körper nicht mehr ausreichend mit<br />
Sauerstoff versorgt. LAM betrifft<br />
fast ausschließlich Frauen und<br />
wird häufig im Alter zwischen 30<br />
und 45 Jahren festgestellt. Die Ursache<br />
ist ein Gendefekt.<br />
Susanne Geiling litt bereits fünf<br />
Jahre unter Symptomen, bis die<br />
Untersuchung einer Lungengewebsprobe<br />
Gewissheit brachte.<br />
Das war im Jahr 1998. „Für mich<br />
war die Diagnose damals zunächst<br />
eine Erleichterung, weil die Krankheit<br />
einen Namen bekam“, erinnert<br />
sich die 59-Jährige. „Allerdings<br />
setzte schnell eine gewisse Aussichtslosigkeit<br />
ein, weil sie nicht<br />
behandelt werden kann.“<br />
Bessere Diagnose<br />
Auch heute gibt es keine heilenden<br />
Medikamente oder Therapien.<br />
Doch anhand von hochauflösenden<br />
CT-Aufnahmen können Ärzte<br />
die Krankheit schneller erkennen<br />
und die Lebenserwartung der Betroffenen<br />
ist durch bessere Behandlungsmöglichkeiten<br />
gestiegen.<br />
Bis Geiling damals einen Arzt<br />
fand, der bereit war, sie zu behandeln,<br />
verging Zeit. Denn es fehlte<br />
an Informationen über die Krankheit<br />
und an Erfahrungen mit ihrem<br />
Die Mitglieder beim Treffen der LAM-Selbsthilfegruppe im vergangenen Jahr.<br />
Verlauf. Ein Arzt habe ihr nach der<br />
Diagnose gesagt, sie werde keine<br />
Betroffene finden, die auch an<br />
LAM erkrankt ist.<br />
Susanne Geiling fing also an, im<br />
Internet nach anderen Betroffenen<br />
zu recherchieren, und suchte sich<br />
Hilfe beim VdK im damaligen Regierungsbezirk<br />
Leipzig. Der dortige<br />
Beratungsstellenleiter Detlef<br />
Meding setzte für sie im Widerspruchsverfahren<br />
eine Erwerbsminderungsrente<br />
durch, denn<br />
Geiling musste wegen ihrer Krankheit<br />
die Arbeit aufgeben.<br />
Nachdem sie über das Internet<br />
tatsächlich Leidensgenossinnen<br />
gefunden hatte, gründete sie mit<br />
Unterstützung von Detlef Meding<br />
eine LAM-Selbsthilfegruppe unter<br />
dem Dach des VdK. „Wir haben die<br />
Gruppe damals wie einen<br />
VdK-Ortsverband behandelt und<br />
ihn mit Vorträgen über das<br />
Schwerbehindertenrecht und das<br />
Sozialrecht sowie organisatorisch<br />
unterstützt“, erinnert sich Meding.<br />
Im Jahr 2002 zählte die Gruppe<br />
zwölf Mitglieder. Mit der Unterstützung<br />
des VdK konnte damals<br />
das erste Treffen organisiert werden,<br />
zu dem Teilnehmerinnen aus<br />
ganz Deutschland kamen.<br />
Die Treffen hatten immer größeren<br />
Zulauf. In den Fokus rückte<br />
neben dem persönlichen Austausch<br />
auch die fachliche Information<br />
über die Krankheit. Es konnten<br />
neben der sozialrechtlichen Beratung<br />
zunehmend Medizinerinnen<br />
und Mediziner gewonnen werden,<br />
die Fachvorträge hielten.<br />
Vereinsgründung<br />
Im Jahr 2005 wurde die „LAM<br />
Selbsthilfe Deutschland“ ein eingetragener<br />
Verein, dem damals<br />
rund 100 Patientinnen angehörten.<br />
Es entstanden in der Folge deutschlandweit<br />
Regionalgruppen, deren<br />
Mitglieder oft dem VdK beitraten.<br />
Heute zählt die Gruppe rund 320<br />
Mitglieder, berichtet Catrin Ender,<br />
Vorsitzende der Gruppe, darunter<br />
seien auch viele Angehörige von<br />
Patientinnen. „Wir verstehen uns<br />
als Anlaufstelle für Neuerkrankte,<br />
die Rat brauchen, die auf der Suche<br />
nach einer guten Behandlung bei<br />
Fachleuten sind“, sagt die Vereinsvorsitzende.<br />
Sie besuchen auch<br />
Ärztekongresse, um dort auf die<br />
Krankheit aufmerksamzu machen,<br />
oder unterstützen Erkrankte bei<br />
der Listung für eine Lungentransplantation.<br />
Mit ihrer Vorstandsarbeit<br />
möchte Ender der Selbsthilfegruppe,<br />
der sie vieles zu verdanken<br />
habe, etwas zurückgeben, sagt sie.<br />
Das nächste Treffen des Vereins<br />
soll im Frühjahr 2024 in Fulda<br />
stattfinden. Jörg Ciszewski<br />
Info<br />
Interessierte können die<br />
LAM-Selbsthilfegruppe per<br />
E-Mail oder telefonisch kontaktieren.<br />
Bei einem Anruf der kostenpflichtigen<br />
Rufnummer können<br />
Sie um Rückruf bitten, damit<br />
die Kosten gering ausfallen.<br />
LAM Selbsthilfe<br />
Deutschland e.V.<br />
Bahnhofstraße 17<br />
75210 Keltern-Dietlingen<br />
• (01805) 227117793<br />
(0,14 Euro/Min.)<br />
kontakt@lam-info.de<br />
www.lam-info.de<br />
Foto: Raphael Götz<br />
Solidarisch und gerecht<br />
Große Mehrheit für einheitliche Kranken- und Pflegeversicherung<br />
Der Sozialverband VdK fordert<br />
eine einheitliche solidarische<br />
Krankenversicherung, in die alle<br />
einzahlen. Der WIdO-Monitor, für<br />
den über 2000 Personen im Auftrag<br />
des Wissenschaftlichen Instituts<br />
der AOK (WIdO) befragt wurden,<br />
zeigt den großen Rückhalt,<br />
den ein solcher Systemwechsel in<br />
der Bevölkerung hat.<br />
So befürworten 76 Prozent der<br />
befragten gesetzlich Versicherten<br />
den Vorschlag, die gesamte Bevölkerung<br />
in einer gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) zu versichern.<br />
Bei den Befragten der privaten<br />
Krankenversicherung (PKV)<br />
waren es immerhin 48 Prozent.<br />
Bemerkenswert ist, dass die Zustimmung<br />
seit dem Jahr 2012 weiter<br />
gewachsen ist.<br />
„Diese Entwicklung bestärkt uns<br />
in unserer Forderung“, sagt VdK-<br />
Präsidentin Verena Bentele. „Damit<br />
würden die Kranken- und die<br />
Pflegeversicherung gerechter und<br />
besser finanzierbar. Ich bin überzeugt,<br />
dass dieser Systemwechsel<br />
allen Versicherten nutzt, wenn die<br />
Versorgungsstruktur neu geplant<br />
wird.“<br />
Auch das Nebeneinander von<br />
gesetzlicher und privater Pflegeversicherung<br />
lehnt eine große Mehrheit<br />
unter den Befragten ab (GKV:<br />
86 Prozent, PKV: 64 Prozent). Zudem<br />
befürworten rund drei Viertel<br />
von ihnen eine Abkehr vom Teilleistungsprinzip:<br />
Pflegebedürftige<br />
sollten für die Pflege nur einen festen<br />
Sockelbetrag zahlen müssen,<br />
während die Pflegekasse alle weiteren<br />
Kosten übernimmt. „Das ist<br />
ein klarer Auftrag an die Politik“,<br />
so Bentele. „Derzeit liegt die große<br />
finanzielle Last bei den Pflegebedürftigen,<br />
weil die Kosten genau<br />
andersherum verteilt werden.“<br />
Wie der WIdO-Monitor zeigt,<br />
stößt auch das in der GKV verankerte<br />
Solidarprinzip auf große<br />
Akzeptanz bei den Bürgerinnen<br />
und Bürgern. Vorschläge, die dieses<br />
Solidarprinzip aushebeln – etwa<br />
mehr private Zuzahlungen und<br />
Eigenanteile oder private Zusatzversicherungen<br />
– werden von den<br />
Befragten weitgehend abgelehnt.<br />
„Jede Eigenbeteiligung macht die<br />
Gesundheitsversorgung vom Geldbeutel<br />
abhängig. Das ist weder solidarisch<br />
noch gerecht“, so Bentele.<br />
Eine deutliche Mehrheit spricht<br />
sich für einen gleichen Beitrag von<br />
gesunden und kranken Versicherten<br />
aus (GKV: 82 Prozent, PKV: 80<br />
Prozent) und dafür, dass Kinder<br />
und Jugendliche kostenfrei mitversichert<br />
sein sollten (GKV: 93 Prozent,<br />
PKV: 83 Prozent). Auch dass<br />
Besserverdienende mehr bezahlen<br />
sollten als Geringverdienende,<br />
befürwortet eine Mehrheit (GKV:<br />
73 Prozent, PKV: 68 Prozent).<br />
Das Sozialforschungsinstitut<br />
Forsa hat für den WIdO-Monitor<br />
Anfang <strong>2023</strong> insgesamt 2004 Personen<br />
über 18 Jahre befragt. 1000<br />
von ihnen waren privat, 1004 gesetzlich<br />
versichert. Kristin Enge
10 Zeitung Mai <strong>2023</strong> Generationen<br />
Die Welt von Pippi, Jim und Emil<br />
Einige Kinderbuchklassiker prägen ein Leben lang<br />
Kinder bekommen eine Stimme<br />
Kommunen wählen Nachwuchsbürgermeister<br />
Wer an seine Kindheit denkt, wird<br />
sich an die eigenen Lieblingsbücher<br />
gut erinnern können. Welche<br />
Literatur hat Heranwachsende<br />
in den letzten Jahrzehnten besonders<br />
geprägt? Darüber hat die<br />
VdK-ZEITUNG mit Dr. Christiane<br />
Raabe, Direktorin der Internationalen<br />
Jugendbibliothek (IJB), gesprochen.<br />
Die Expertin erklärt<br />
auch, was ein gutes Kinderbuch<br />
ausmacht, das einen vielleicht<br />
ein Leben lang begleitet.<br />
Schloss Blutenburg am nordwestlichen<br />
Stadtrand von<br />
München hat eine malerische<br />
Lage mit Schwanensee<br />
und spätmittelalterlicher<br />
Bauweise.<br />
Der Ort zieht jedoch vor<br />
allem deshalb so viele<br />
Besucherinnen und Besucher<br />
aus allen Ländern der<br />
Erde an, weil er die weltweit<br />
größte Sammlung für<br />
Internationale Kinder- und<br />
Jugendliteratur beherbergt.<br />
Diese wurde 1949 von Jella<br />
Lepman gegründet.<br />
Direktorin dieser Institution<br />
ist Dr. Christiane Raabe. Wenn sie<br />
die Kinderliteratur der vergangenen<br />
90 Jahre bis heute betrachtet,<br />
fällt ihr als Erstes „Emil und die<br />
Detektive“ (1929) von Erich Kästner<br />
ein: „Dieser spannende Großstadtkrimi<br />
über eine Kinderbande,<br />
die einen Dieb jagt, war für Generationen<br />
prägend und wird bis<br />
heute immer wieder neu variiert.“<br />
In der Nachkriegszeit fanden<br />
die Geschichten der schwedischen<br />
Autorin Astrid Lindgren<br />
ihren Weg von Skandinavien<br />
bis in die deutschen<br />
Kinderzimmer – allen voran die<br />
drei Pippi-Langstrumpf-Romane,<br />
die in deutscher Übersetzung zwischen<br />
1949 und 1951 erschienen<br />
sind. „Es geht um das starke Kind,<br />
das freie Mädchen, das sich außerhalb<br />
der bürgerlichen Regeln bewegt<br />
und übermenschliche Kräfte<br />
hat. Pippi hat unglaubliche Einfälle.<br />
Das macht das Lesen einfach<br />
zum Genuss“, betont die<br />
Kinderbuch- Kennerin. Ebenfalls<br />
viel Spaß bereiten jungen Leserinnen<br />
und Lesern Lindgrens Geschichten<br />
über „Michel“, jenen<br />
Jungen aus dem Dorf Lönneberga,<br />
der so viel Unsinn macht.<br />
Kasperl-Puppen<br />
Ein weiterer wichtiger Autor ist<br />
Otfried Preußler: „Im Kinderbuchklassiker<br />
‚Der Räuber Hotzenplotz‘<br />
von 1962 werden Kasperl -Puppen<br />
literarisch zum Leben erweckt.<br />
Damals waren Kasperltheater-<br />
Aufführungen weit verbreitet“, erklärt<br />
Raabe. Besonders mag sie die<br />
Figur des Zauberers Petrosilius<br />
Zwackelmann. „Seine Lieblingsspeise<br />
sind Kartoffeln. Doch obwohl<br />
er magische Kräfte hat, kennt<br />
er keinen Zauberspruch, der ihm<br />
das Kartoffelschälen erleichtern<br />
würde. Deshalb verlangt er, dass<br />
Kasperl diese anstrengende Küchenarbeit<br />
für ihn übernimmt“,<br />
erinnert sich die Expertin.<br />
„Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“<br />
(1960) von Michael<br />
Ende zählt bis heute zu den beliebtesten<br />
Vorlesegeschichten für Kinder:<br />
„Vor allem die fantastische<br />
Weltreise macht diesen Roman zu<br />
etwas Besonderem. So etwas gab<br />
es vorher nicht in Kinderbüchern“,<br />
sagt Raabe.<br />
Auf dem deutschen Kinderbuchmarkt<br />
möchte sie „Timm<br />
Thaler oder Das verkaufte Lachen“<br />
von James Krüss nicht missen.<br />
„Das ist ebenfalls ein wunderbares<br />
Kinderbuch, das prägend war und<br />
gerade wieder neu verfilmt wurde“,<br />
so die Expertin.<br />
Für den süddeutschen<br />
Raum müsse man auch<br />
den „Pumuckl“ von<br />
Ellis Kaut nennen:<br />
„Der Kobold, der<br />
die Werkstatt von<br />
Schreinermeister<br />
Illustration: Oetinger/Rolf Rettich<br />
Eder durcheinanderbringt, ist sehr<br />
bekannt und beliebt.“<br />
Wer Michael Endes Buch „Momo“<br />
(1973) gelesen hat, wird die<br />
Geschichte ein Leben lang als<br />
Erinnerungsschatz in sich tragen.<br />
Das Werk feiert in diesem Jahr<br />
50-jähriges Jubiläum. Der Schauplatz<br />
ist ein Amphitheater, in dem<br />
das Mädchen Momo haust. „Die<br />
unheimlichen Zeitdiebe sind ein<br />
spannendes Element. In der komplexen<br />
Erzählung wird eine Form<br />
von Achtsamkeit beschrieben, die<br />
nach wie vor aktuell ist“, betont<br />
Raabe.<br />
Dass die Expertin auch mal bis<br />
ins späte 19. Jahrhundert zurückschaut,<br />
liegt am Erfolgsautor Karl<br />
May. „Für viele Menschen der<br />
älteren Generation war er<br />
bedeutsam. Die Indianer-Geschichten<br />
rund<br />
um Winnetou sind vor<br />
allem von Jugendlichen verschlungen<br />
worden“, sagt die<br />
IJB-Direktorin.<br />
Zu den erfolgreichsten Kinderbuchreihen<br />
gehören zudem<br />
die „Fünf Freunde“-Bände, die<br />
ursprünglich aus der Feder von<br />
Enid Blyton stammen. Später wurde<br />
die Serie von zwei anderen<br />
Autorinnen fortgesetzt. Überhaupt<br />
sind Bücher, die in<br />
Fortsetzungen erscheinen,<br />
auch heute sehr gefragt. Man<br />
denke nur an „Harry Potter“<br />
von Joanne K. Rowling. Der erste<br />
Band ist vor 25 Jahren erschienen<br />
und hat die junge Generation<br />
enorm beeinflusst.<br />
Wie ist es den Autorinnen und<br />
Autoren gelungen, dass aus ihren<br />
Büchern Klassiker wurden? „Es ist<br />
eine Kunst, gute Kinderbücher zu<br />
schreiben. Die genannten Schriftstellerinnen<br />
und Schriftsteller<br />
nehmen Kinder ernst. Sie können<br />
sich in die kindliche Welt einfühlen<br />
und lassen autonome Kinderfiguren<br />
zu den jungen Leserinnen<br />
und Lesern sprechen“, sagt Raabe.<br />
Meistens seien gute Erzählungen<br />
humorvoll. Obendrein werden<br />
originelle Handlungen transportiert,<br />
die selbst Erwachsene überraschen.<br />
In der Sprache sind die<br />
Bücher nicht zu simpel erzählt,<br />
sondern bieten immer mal wieder<br />
überraschende Bilder für eine Szene<br />
oder ein Gefühl. „Eine chronologische<br />
Handlung ist langweilig“,<br />
ist Raabe überzeugt. Toll sei es<br />
deshalb, wenn sich die Geschichte<br />
wie ein Puzzle zusammensetzt<br />
– etwa, indem Rückblenden eingesetzt<br />
werden.<br />
Neuentdeckungen<br />
Neben den Klassikern gibt es<br />
viele aktuelle Neuentdeckungen.<br />
So empfiehlt Christiane Raabe die<br />
schwedische Autorin Frida<br />
Nilsson: „Auch in ihren<br />
Büchern sind eigenwillige<br />
Kinderfiguren zu<br />
finden.“<br />
Doch lesen kann man<br />
nur das, was übersetzt<br />
ist. Auf dem heimischen<br />
Buchmarkt gibt es vor allem<br />
Übersetzungen von Büchern<br />
aus Amerika oder<br />
England. „Werke aus Polen<br />
oder Frankreich werden dagegen<br />
kaum übersetzt. Und es gibt so<br />
gut wie keine Bücher aus dem<br />
Türkischen oder Japanischen“,<br />
bedauert Raabe. Die IJB habe<br />
einen guten Überblick über das,<br />
was in der Welt an Kindergeschichten<br />
erzählt wird. Daher sei<br />
es Aufgabe der IJB, den Verlagen<br />
Bücher ans Herz zu legen, die noch<br />
nicht ins Deutsche übertragen<br />
worden sind. Die Expertinnen und<br />
Experten der Jugendbibliothek<br />
übersetzen Auszüge aus den Büchern<br />
von hierzulande unbekannten<br />
Autorinnen und Autoren und<br />
laden diese in Schulklassen ein.<br />
Elisabeth Antritter<br />
www.ijb.de<br />
Illustration: F.J. Tripp/Mathias Weber/Thienemann Verlag<br />
Philip Baltrusch nahm an der Wahl des Kinderbürgermeisters in der Gemeinde<br />
Grambow teil.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Jens Büttner<br />
Wie sähe unsere Gesellschaft aus,<br />
wenn Kinder und Jugendliche in<br />
der Politik ein Wörtchen mitreden<br />
könnten? Bei den großen Zukunftsthemen<br />
wird oft über die Köpfe der<br />
jungen Menschen hinweg entschieden.<br />
Mut machen Beispiele in<br />
den Kommunen, wo Heranwachsende<br />
in die politische Arbeit eingebunden<br />
werden.<br />
Wenn Politikerinnen und Politiker<br />
über die gesetzliche Rente oder<br />
den Klimaschutz entscheiden,<br />
stellen sie Weichen für das Leben<br />
der Menschen in zehn, 20 oder 40<br />
Jahren. Dann sind die Entscheiderinnen<br />
und Entscheider oft nicht<br />
mehr in der Verantwortung. Mit<br />
den Auswirkungen müssen die<br />
jungen Leute von heute leben. Viele<br />
wünschen sich deshalb, mehr<br />
Einfluss nehmen zu können.<br />
Ein Ausnahme, dass auch ohne<br />
Wahlrecht oder politisches Mandat<br />
etwas bewegt werden kann, ist<br />
die Protestbewegung „Fridays For<br />
Future“. Sie hat ihren Ursprung in<br />
Schülerstreiks für eine schnellere<br />
Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.<br />
Daraus entwickelte sich<br />
eine globale Bewegung, deren<br />
Aushängeschild Greta Thunberg<br />
geworden ist. Ihr gelingt es, zu<br />
polarisieren. Damit zieht sie das<br />
öffentliche Interesse auf sich. Die<br />
Art und Weise gefällt nicht jedem,<br />
aber der Sache beschert sie damit<br />
eine große Aufmerksamkeit.<br />
Doch es muss nicht um die großen<br />
Themen gehen. Immer mehr<br />
Initiativen auf der lokalen Ebene<br />
verleihen Kindern und Jugendlichen<br />
in der Politik eine Stimme.<br />
Die Gemeinde Grambow in Mecklenburg-Vorpommern<br />
machte zum<br />
Beispiel kürzlich Schlagzeilen,<br />
weil erstmals mit dem zwölfjährigen<br />
Ole Prokein ein Kinder- und<br />
Jugendbürgermeister gewählt wurde,<br />
der die Anliegen junger Menschen<br />
besser in die Gemeinde<br />
einbringen soll. Der Ort zählt<br />
knapp 700 Einwohner, darunter<br />
sind mit 130 Kindern und Jugendlichen<br />
viele junge Menschen. 68<br />
Kinder waren wahlberechtigt. Ole<br />
Prokein war einziger Kandidat und<br />
bekam über 90 Prozent der Stimmen.<br />
Sein erstes Projekt hat er<br />
bereits umgesetzt: Es wird eine<br />
Kinderdisco geben.<br />
Geräte für den Spielplatz<br />
Anderswo können Heranwachsende<br />
schon länger mitgestalten.<br />
Im thüringischen Thalheim wurde<br />
2018 ein Kinderbürgermeisterinnen-Duo<br />
gewählt. Die Nachwuchspolitikerinnen<br />
entschieden bei der<br />
Auswahl von Geräten für den örtlichen<br />
Kinderspielplatz mit und<br />
brachten sich bei anderen Kinderund<br />
Jugendprojekten ein. Die Gemeinde<br />
unterstützt die Arbeit mit<br />
jährlich 2000 Euro.<br />
Auch wenn es eher um kleinere<br />
Veränderungen geht, betont Sylvia<br />
Schlicke, die im Rathaus von Thalheim<br />
zuständig für Bürgerbeteiligung<br />
und Stadtentwicklung ist:<br />
„Die Kinder fühlen sich ernst genommen,<br />
und ihre Vorschläge<br />
werden diskutiert.“ Das sei für alle<br />
ein großer Gewinn.<br />
cis
Inklusion<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
11<br />
Ein Fest des Sports und der Inklusion<br />
Special Olympics World Games in Berlin – Ex-Zehnkämpfer Frank Busemann engagiert sich als Botschafter<br />
Erstmals finden die Special Olympics<br />
World Games in Deutschland<br />
statt. Vom 17. bis 25. <strong>Juni</strong> treffen<br />
sich 7000 Athletinnen und Athleten<br />
aus 190 Ländern in Berlin zur größten<br />
inklusiven Sportveranstaltung<br />
der Welt. Die Vorfreude bei allen,<br />
die daran beteiligt sind, ist groß.<br />
Auch ein Olympia-Silbermedaillengewinner<br />
kommt gerne in die<br />
Hauptstadt.<br />
Als „Herzensangelegenheit“ bezeichnet<br />
der frühere Zehnkämpfer<br />
Frank Busemann sein Ehrenamt<br />
als Botschafter der Special Olympics.<br />
Er freut sich sehr auf die ersten<br />
World Games der Sportlerinnen<br />
und Sportler mit geistiger oder<br />
mehrfacher Behinderung in<br />
Deutschland, und nennt dafür vor<br />
allem einen Grund: „Die ursprüngliche<br />
Idee, wie Sport sein sollte,<br />
wird dabei gelebt. Da haut sich<br />
keiner verbotene Substanzen rein,<br />
um besser zu sein. Jeder gibt einfach<br />
sein Bestes.“<br />
Die große Begeisterung der Athletinnen<br />
und Athleten am Wettkampf<br />
war bei den Special Olympics<br />
immer zu spüren, und dies ist<br />
sicher ein Grund, warum rund<br />
ARD-Experte Frank Busemann engagiert<br />
sich seit Jahren für die<br />
Special Olympics.<br />
Foto: NDR<br />
Judo ist eine von 26 Sportarten, bei denen in Berlin Medaillen vergeben werden.Foto: Special Olympics World Games<br />
300 000 Besucherinnen und Besucher<br />
zu den Weltspielen erwartet<br />
werden. Nach der Eröffnungsfeier<br />
am 17. <strong>Juni</strong> ab 20.15 Uhr im Olympiastadion<br />
werden ab 18. <strong>Juni</strong> an<br />
zehn verschiedenen Orten in Berlin<br />
die Wettkämpfe in 26 verschiedenen<br />
Sportarten ausgetragen.<br />
Eine der zentralen Schauplätze<br />
ist der Olympiapark, wo neben der<br />
Leichtathletik auch Fußball,<br />
Futsal, Handball, Hockey, Reiten<br />
und Roller-Skating stattfinden<br />
werden. Um die Medaillen im Badminton,<br />
Basketball, Judo, Kraft-<br />
Dreikampf, Tischtennis und<br />
Volleyball geht es in den Hallen<br />
der Messe Berlin. Die Seglerinnen<br />
und Segler sind auf dem Wannsee<br />
aktiv, die Schwimmerinnen und<br />
Schwimmer im Europa-Sport-Park<br />
und die Radfahrerinnen und Radfahrer<br />
auf der Straße des 17. <strong>Juni</strong>.<br />
Das Besondere der Special<br />
Olympics ist im Gegensatz zu anderen<br />
sportlichen Wettbewerben,<br />
wie beispielsweise auch den Paralympics,<br />
dass niemand von vornherein<br />
in eine bestimmte Klasse<br />
eingeteilt wird. Stattdessen stehen<br />
am Anfang zunächst die Klassifizierungs-Wettkämpfe.<br />
Nach den<br />
dabei erzielten Leistungen werden<br />
die einzelnen Gruppen zusammengesetzt,<br />
die dann wiederum untereinander<br />
die jeweiligen Gewinnerinnen<br />
und Gewinner ausmachen.<br />
So treten beispielsweise bei den<br />
Läufen in der Leichtathletik diejenigen<br />
gegeneinander an, die bei<br />
den Klassifizierungen gleiche oder<br />
ähnliche Zeiten erzielt haben.<br />
Ehrlichkeit und Fairness<br />
Dieses System macht die Special<br />
Olympics für Frank Busemann so<br />
einmalig. „Ich schätze Ehrlichkeit<br />
und Fairness, und das erleben wir<br />
hier jedes Mal aufs Neue.“ Denn<br />
bei den Klassifizierungen, so erklärt<br />
er, „würde keiner auf die Idee<br />
kommen, sich schlechter zu machen,<br />
damit er in der entscheidenden<br />
Runde leichtere Gegner bekommt“.<br />
Der inklusive Charakter der Special<br />
Olympics wird bei den Wettkämpfen<br />
deutlich, die mit dem<br />
Begriff „Unified Sports“ überschrieben<br />
sind. Dabei bilden<br />
Sportlerinnen und Sportler mit<br />
und ohne geistige Behinderung<br />
jeweils Teams, die gegeneinander<br />
antreten. Weltweit betreiben 1,4<br />
Millionen Menschen auf diese<br />
Weise gemeinsam Sport. Bei den<br />
16 Unified-Wettbewerben in Berlin,<br />
wie Badminton, Beachvolleyball,<br />
Handball und Segeln, werden<br />
etwa 870 Athletinnen und Athleten<br />
um die Medaillen kämpfen.<br />
Neben dem Sport haben die Veranstalter<br />
und die Stadt Berlin ein<br />
vielfältiges Rahmenprogramm auf<br />
die Beine gestellt. Dazu gehören<br />
ein Konzertabend und ein Musikfestival<br />
am 19. und 21. <strong>Juni</strong> vor<br />
dem Brandenburger Tor sowie ein<br />
Festival im Sommergarten der<br />
Messe Berlin mit Vorführungen<br />
inklusiver Theatergruppen. Zwischen<br />
dem 10. und 25. <strong>Juni</strong> werden<br />
außerdem Kultureinrichtungen der<br />
ganzen Stadt ein besonderes Programm<br />
anbieten, das „den Geist<br />
der Inklusion und Vielfalt widerspiegelt,<br />
für den die Spiele stehen“,<br />
schreiben die Organisatoren.<br />
Möglich wird dieses große Sportereignis<br />
auch durch den Einsatz<br />
zahlreicher freiwilliger Helferinnen<br />
und Helfer. Rund 20000 Volunteers<br />
werden an allen Veranstaltungsorten<br />
in der Stadt im<br />
Einsatz sein.<br />
Prominente wie Steffi Graf, Dirk<br />
Nowitzki und Philipp Lahm unterstützen<br />
ebenfalls ehrenamtlich die<br />
World Games. Kristina Vogel,<br />
Olympiasiegerin im Bahnradfahren,<br />
sagt: „Diversität ist ein Gewinn<br />
für unsere Gesellschaft. Das<br />
schließt körperliche und geistige<br />
Behinderungen ein.“ Und auch<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
freut sich, das große Sportereignis<br />
in Berlin, das unter dem Motto<br />
#ZusammenUnschlagbar steht, zu<br />
besuchen. Sebastian Heise<br />
Wer macht mit?<br />
Die Special Olympics World<br />
Games finden vom 17. bis 25.<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> an verschiedenen<br />
Sportstätten in Berlin statt. Infos,<br />
auch zu Eintrittskarten für die<br />
Veranstaltungen, gibt es auf der<br />
Webseite www.berlin<strong>2023</strong>.org<br />
Für die Berichterstattung von<br />
den Weltspielen würden wir gerne<br />
mit Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmern sprechen, die VdK-<br />
Mitglied sind. Bitte schreiben Sie<br />
uns bis 15. <strong>Juni</strong> eine E-Mail an<br />
presse.bayern@vdk.de.<br />
Frühe Förderung kann vieles ausgleichen<br />
Kinder mit einer verzögerten Entwicklung oder Behinderung haben Anspruch auf Therapien<br />
Jedes Kind entwickelt sich in einem<br />
anderen Tempo. Hat es aber<br />
Schwierigkeiten beim Erlernen von<br />
bestimmten Fertigkeiten, kann<br />
eine Behinderung oder Erkrankung<br />
dahinterstecken. Eine Frühförderung<br />
kann dem Kind helfen, möglichst<br />
früh mit den Einschränkungen<br />
umzugehen.<br />
Wird die Beeinträchtigung oder Behinderung früh therapiert, kann das<br />
Kind besser lernen, diese auszugleichen.<br />
Foto: Imago/YAY Images<br />
Unter Frühförderung versteht<br />
man Hilfen für Kinder von deren<br />
Geburt bis zur Einschulung. Anspruch<br />
auf Leistungen haben Kinder,<br />
die eine Behinderung haben<br />
oder bekommen könnten, oder die<br />
sich in bestimmten Bereichen verzögert<br />
entwickeln. Ziel ist es, Behinderungen<br />
zu vermeiden oder<br />
deren Folgen zu mildern.<br />
Frühförderung gibt es beispielsweise<br />
im Bereich der sprachlichen<br />
und motorischen Entwicklung<br />
sowie für Kinder mit Seh- oder<br />
Hörbehinderung. Die Leistungen<br />
werden von interdisziplinären<br />
Frühförderstellen, Sozialpädiatrischen<br />
Zentren (SPZ) oder vergleichbaren<br />
Frühförderstellen erbracht.<br />
Dort arbeiten verschiedene<br />
Fachkräfte, beispielsweise aus den<br />
Bereichen Heilpä dagogik, Logopädie,<br />
Ergotherapie sowie Physiotherapie<br />
zusammen.<br />
Frühförderung ist für die Eltern<br />
kostenlos. Sie kann über die gesetzliche<br />
Krankenkasse, die Kinder-<br />
und Jugendhilfe oder die<br />
Eingliederungshilfe finanziert<br />
werden. Mit dem Bundesteilhabegesetz<br />
wurde sie als Komplexleistung<br />
in Paragraf 46 SGB IX festgelegt.<br />
Bundesweit gibt es rund 700<br />
Frühförderstellen und mehr als<br />
120 sozialpädiatrische Zentren.<br />
Pro Jahr nehmen rund 120 000<br />
Kinder Leistungen der Frühförderung<br />
in Anspruch.<br />
Wichtig ist, dass die Übungen<br />
Spaß machen. Die Kinder sollen<br />
spielerisch lernen und selbstbewusst<br />
und möglichst selbstständig<br />
werden. Am besten gelingt das,<br />
wenn alle Bezugspersonen mit<br />
einbezogen sind: Neben den Eltern<br />
können das weitere Verwandte<br />
sein, aber auch Tagesmütter und<br />
-väter sowie Erzieherinnen und<br />
Erzieher. Sie alle können von den<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
der Frühförderung informiert und<br />
geschult werden. Meist findet die<br />
Förderung in der Einrichtung vor<br />
Ort statt. Ist das nicht möglich,<br />
etwa weil das Kind sein vertrautes<br />
Umfeld braucht, kann auch die<br />
mobile Frühförderung in Anspruch<br />
genommen werden. Diese<br />
berät Familien in ihrem Zuhause.<br />
Auskünfte, an welche Frühförderstelle<br />
man sich wenden kann,<br />
erteilen die Kinderärztin, der Kinderarzt<br />
oder das örtliche Gesundheitsamt.<br />
Weitere Infos gibt es im<br />
Internet, beispielsweise bei der<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (BZGA). Hilfreich ist<br />
auch die Broschüre „Mein Kind ist<br />
behindert – diese Hilfen gibt es“ des<br />
Bundesverbands für körper- und<br />
mehrfachbehinderte Menschen<br />
(BVKM). Annette Liebmann<br />
Info<br />
Mehr Informationen zum Thema<br />
Frühförderung gibt es hier:<br />
https://frühförderstellen.de<br />
https://www.bzga.de<br />
https://bvkm.de
12 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> VdK-TV<br />
Aktuelle Filme auf VdK-TV<br />
VdK-TV<br />
Die Redaktion des Videoportals<br />
VdK-TV informiert Sie regelmäßig<br />
zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />
Themen. Folgende nebenstehende<br />
neue Filme sind unter<br />
www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />
VdK-TV AUF SPORT1<br />
Filme von VdK-TV sind in der Sendung<br />
MIT EINANDER bei Sport1<br />
im Fernsehen zu sehen. In der<br />
<strong>Juni</strong>-Ausgabe blicken wir nach<br />
Berlin. Beim dortigen Bundesverbandstag<br />
des VdK Deutschland<br />
wurde VdK-Präsidentin Verena<br />
Bentele einstimmig wiedergewählt.<br />
Zudem überreichte sie<br />
Gesundheitsminister Karl Lauterbach<br />
den Abschlussbericht der<br />
VdK-Pflege studie.<br />
17. <strong>Juni</strong> Sendetermin ist der<br />
dritte <strong>Juni</strong>- Samstag<br />
um 9.30 Uhr.<br />
20. <strong>Juni</strong> Am Dienstag darauf<br />
wird die Sendung um<br />
15.30 Uhr wiederholt.<br />
Aus der Hanfpflanze wird Medizin gewonnen. Cannabis-Präparate können bei chronischen Schmerzen helfen<br />
und werden bestimmten Patientinnen und -patienten vom Arzt verordnet.<br />
Foto: Pixabay<br />
„Rat und Tat“<br />
Medizinischer Cannabis kann die<br />
Beschwerden schwer kranker Menschen<br />
lindern und deren Lebensqualität<br />
verbessern. Häufig haben<br />
Betroffene im Laufe ihrer Krankengeschichte<br />
schon zahlreiche Medikamente<br />
ausprobiert, die aber nicht<br />
gegen Symptome wie beispielsweise<br />
chronische Schmerzen oder Übelkeit<br />
nach einer Chemotherapie<br />
helfen konnten.<br />
Seit 2017 gibt es einen gesetzlichen<br />
Anspruch auf Versorgung mit Cannabis.<br />
Allerdings müssen Voraussetzungen<br />
erfüllt sein, damit die<br />
gesetzliche Krankenversicherung<br />
die Kosten für eine solche Therapie<br />
übernimmt. Denn Cannabis ist<br />
gleichzeitig eine der am meisten<br />
konsumierten Drogen weltweit. Das<br />
Suchtpotenzial ist bei einer solchen<br />
Behandlung also nicht zu unterschätzen.<br />
Das Bundessozialgericht<br />
hat sich mit diesem Thema beschäftigt<br />
und im November 2022 in einer<br />
grundsätzlichen Entscheidung die<br />
Kriterien festgelegt, die die Einnahme<br />
eines Cannabis-Präparats als<br />
von der Kasse zu tragende ärztliche<br />
Verordnung rechtfertigen.<br />
Was alles zu beachten ist, wie Patientinnen<br />
und Patienten vorgehen<br />
müssen, wenn sie sich eine Behandlung<br />
mit Cannabis von ihrem Arzt<br />
verschreiben lassen möchten – darüber<br />
informiert Elahe Jafari-Neshat,<br />
Leiterin der Rechtsabteilung beim<br />
VdK Dortmund, in der neuen Folge<br />
der Ratgeberreihe „Rat und Tat“.<br />
Der Sozialverband VdK hilft seinen<br />
Mitgliedern, wenn die Krankenkasse<br />
die Kostenübernahme verweigert.<br />
VdK-Moderator Kai Steinecke<br />
fasst das Ganze wie immer in einem<br />
eigenen Video kurz und knapp zusammen.<br />
Ehre für Ulrike Mascher<br />
2006 wurde Ulrike Mascher als erste<br />
Frau zur Landesvorsitzenden des<br />
VdK Bayern gewählt. Von 2008 bis<br />
2018 hatte sie außerdem das Amt<br />
der Präsidentin des VdK Deutschland<br />
inne. Beim 22. Landesverbandstag<br />
des VdK Bayern, der<br />
Anfang Mai in München stattfand,<br />
ist die 84-Jährige nicht mehr zur<br />
Wahl angetreten.<br />
Zu ihrer Nachfolgerin wurde einstimmig<br />
VdK-Präsidentin Verena<br />
Bentele gewählt. Ulrike Mascher ist<br />
zur ersten Ehrenvorsitzenden des<br />
VdK Bayern ernannt worden. Der<br />
Filmbeitrag würdigt ihr großes ehrenamtliches<br />
Engagement für die<br />
Sozialpolitik und zeichnet in kurzen<br />
Einspielungen und Streiflichtern das<br />
Porträt einer Frau, die – verbindlich<br />
im Ton und kämpferisch in der Sache<br />
– vor allem für soziale Gerechtigkeit<br />
und einen starken Sozialstaat<br />
als ihrem Garanten streitet.<br />
Bundesverbandstag<br />
Mitte Mai fand der 19. Ordentliche<br />
Bundesverbandstag des Sozialverbands<br />
VdK Deutschland in Berlin<br />
statt. Unter dem Motto „WIR für soziale<br />
Gerechtigkeit“ kamen rund 200<br />
Delegierte aus den 13 VdK-Landesverbänden<br />
zusammen, um wichtige<br />
verbandspolitische Entscheidungen<br />
zu treffen sowie das VdK-Präsidium<br />
und den -Bundesauschuss zu wählen.<br />
Wegen der Corona- Pandemie<br />
musste die Veranstaltung um ein<br />
Jahr verschoben werden. VdK-TV<br />
war dabei und hat Menschen, Ereignisse<br />
und Impressionen vom Bundesverbandstag<br />
in stimmungsvollen<br />
Bildern festge halten.
Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 13<br />
LANDESVERBAND<br />
VdK-Tipp<br />
Notfallregister rettet<br />
Leben Seite 14<br />
„Gesehen, gefragt, geschätzt!“<br />
Erfolgreich auf dem Bundesverbandstag: 18 Delegierte vertraten die rheinland-pfälzischen Interessen<br />
Steuer-Tipp<br />
Kosten für Pflege von<br />
Angehörigen Seite 14<br />
Ehrenamt im VdK<br />
Aktivitäten der Orts- und<br />
Kreisverbände Seite 15<br />
TERMIN<br />
VdK beim<br />
Rheinland-Pfalz-Tag<br />
Der Sozialverband VdK ist wieder<br />
mit dabei auf dem Rheinland-Pfalz-Tag<br />
in Bad Ems vom<br />
16.-18. <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong>. Höhepunkt ist<br />
der sonntägliche Umzug, bei<br />
dem auch der VdK-Festwagen<br />
mitfährt. Außerdem können sich<br />
alle interessierten Besucherinnen<br />
und Besucher über das<br />
umfassende VdK-Angebot informieren;<br />
der VdK-Stand auf der<br />
Selbsthilfemeile ist während<br />
der gesamten drei Tage besetzt<br />
vom Orga-Team des Kreisverbands<br />
Rhein-Lahn und dessen<br />
Ortsverbänden.<br />
Daneben präsentieren sich an<br />
insgesamt 200 Ständen weitere<br />
Selbsthilfegruppen sowie viele<br />
Sportvereine, Rettungsdienste,<br />
Naturschutzvereine, Polizei, Bundeswehr<br />
und die Landesregierung.<br />
Außerdem gibt es ein umfassendes<br />
Unterhaltungs- und<br />
Musikprogramm.<br />
An dem Festwochenende wird<br />
es zu Sperrungen und Umleitungen<br />
kommen; wer kann, sollte<br />
mit Bus und Bahn anreisen.<br />
rlp-tag23@vgben.de<br />
www.rlp-tag.de<br />
„Wir für soziale Gerechtigkeit“: Mit klarer Agenda kamen die Delegierten aus Rheinland-Pfalz zum Bundesverbandstag nach Berlin.<br />
Gute Nachrichten vom Bundesverbandstag:<br />
Der Sozialverband VdK<br />
Rheinland-Pfalz ist weiterhin in<br />
allen wichtigen Gremien des VdK<br />
Deutschland vertreten! Landesverbandsvorsitzender<br />
Willi Jäger<br />
bleibt die starke rheinland-pfälzische<br />
Stimme im Präsidium.<br />
„Ich freue mich sehr, in den<br />
nächsten vier Jahren den VdK auch<br />
auf Bundesebene weiterzubringen!”,<br />
bedankte sich Willi Jäger für<br />
das Vertrauen, nachdem er zum<br />
Schriftführer des Bundespräsidiums<br />
gewählt wurde. Neben ihm<br />
werden weitere neun rheinland-pfälzische<br />
VdKlerinnen und<br />
VdKler ihre Expertise auf Bundesebene<br />
einbringen. Im Ausschuss<br />
wirken Anita Winkler und<br />
Karl-Rainer Heiderich sowie als<br />
Ersatzmitglieder Veronika Beckei,<br />
Christa Schulz, Rainer Zins und<br />
Ulrich Stilz. Thimo Schlär und<br />
sein Stellvertreter Ulrich Wolf prüfen<br />
auch in Zukunft die VdK-Bundesfinanzen.<br />
Martin Wegner gehört<br />
erneut dem Schiedsgericht des<br />
Bundesverbands an.<br />
Auch inhaltlich konnte der Sozialverband<br />
Rheinland-Pfalz<br />
punkten: Die rund 170 Delegierten<br />
aus ganz Deutschland bewilligten<br />
alle vier sozialpolitischen Anträge;<br />
thematisch ging es um Pflege, Rente,<br />
Behinderung und Gesundheitsversorgung.<br />
„Das Ergebnis zeigt: Der VdK<br />
Rheinland-Pfalz wird auf Bundesebene<br />
gesehen, gefragt und<br />
geschätzt“, so Willi Jäger abschließend.<br />
„Das ist der Verdienst des<br />
gesamten Teams und aller ehrenund<br />
hauptamtlichen Mitarbeitenden.<br />
Dafür herzlichen Dank!“ fin<br />
Die rheinland-pfälzischen Delegierten<br />
Anita Winkler und ...<br />
Im Fokus: Martin Wegner bleibt im<br />
Schiedsgericht des VdK-Bundesverbands.<br />
Fotos: Finkenzeller<br />
... Karl-Rainer Heiderich wirken zukünftig<br />
im VdK-Bundesausschuss.<br />
Foto: Klemmer<br />
Willi Jäger im Gespräch mit Verena<br />
Bentele und Paul Weimann, Vorsitzender<br />
des VdK Hessen-Thüringen.<br />
Frisch gewählt: Revisor Thimo<br />
Schlär und Stellvertreter Ulrich Wolf.<br />
Foto: VdK/Henning Schacht<br />
Foto: VdK/Henning Schacht<br />
„Und der Täter wurde festgenommen!“<br />
„Girls‘ Day“ beim Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz: Ein Gastbeitrag von Schülerin Mara<br />
Rechsthilfe, Sozialpolitik, Pressearbeit:<br />
Beim Girls‘ Day <strong>2023</strong> konnte<br />
die elfjährige Mara in alle<br />
VdK-Abteilungen hineinschnuppern.<br />
Abschließend schrieb sie für<br />
die VdK-Zeitung folgenden „Gonzo“-Artikel,<br />
der Berichterstattung<br />
und Fantasie vermischt:<br />
Berichterstattung mit Fantasie: die elfjährige Mara mit Pressesprecher<br />
Michael Finkenzeller.<br />
Foto: Dölen<br />
„Girls Day beim Sozialverband<br />
VdK: Endlich geht es los! Als erstes<br />
ging Mara zu Frau Dölen, die den<br />
Social-Media-Content für VdK<br />
leitet. Dort nahm sie ihre fanatischen<br />
Fans den ganzen Tag über<br />
mit. Nun kam auch schon Frau<br />
Schäfer dazu und los geht es zu<br />
einer Gerichtsverhandlung. Der<br />
Mordfall an den jungen Bobbie<br />
Will ist für alle ein großer Schock!<br />
Der Täter wurde heute, während<br />
dem Gerichtsverfahren gelöst, weil<br />
Mara ihren Senf (mal wieder) dazu<br />
getan hat.<br />
Jetzt geht es auch schon weiter<br />
zum supernetten Super-Anwalt<br />
vom VdK. Eine laaaaaaaaaange<br />
Unterhaltung über das Jura-Studium<br />
wird geführt, wobei Mara bemerkt,<br />
dass Jura nicht ihr Ding ist.<br />
Nun geht es auch schon wieder zu<br />
Frau Dölen, um einen passenden<br />
Sound für das Instagram-Real<br />
rauszusuchen.<br />
Jetzt ein Stockwerk höher zu<br />
Frau Landgraf, die Mara erklärt,<br />
um was es in der fünften Abteilung<br />
geht. Mara fand es sehr spannend,<br />
über Renten-Versicherungen zu<br />
reden.<br />
Endlich eine kurze Mittagspause,<br />
um Essen zu gehen! Nach dem<br />
Essen wieder hoch in die zweite<br />
Abteilung und wieder rüber zu<br />
Frau Dölen. Nach ein paar Drehversuchen,<br />
dann steht das Instagram-Real!<br />
Plötzlich aber stürmt der Pressesprecher<br />
herein und bittet sie, mit<br />
hoch in die vierte Abteilung zu<br />
kommen. Was war passiert? Oben<br />
angekommen trifft Mara den Landesverbandsvorsitzenden<br />
Willi<br />
Jäger. Als der Pressesprecher fragt,<br />
ob er fünfzehn Minuten früher<br />
gehen dürfte und meinte ,Können<br />
Sie mir das denn vor einer 11-Jährigen<br />
abschlagen?‘, wusste Mara,<br />
dass er sie als Druckmittel nutzte.<br />
Aber durch ihre unwiderstehliche<br />
Homer-Simpson-Ausstrahlung<br />
drückte Willi Jäger doch nochmal<br />
ein Auge zu. Noch schnell einmal<br />
die Hände schütteln – und was ist<br />
das? Eine große VdK-Tüte, steht<br />
auf den Schreibtisch? Die wunderschönen<br />
VdK-Werbemittel! Und<br />
siehe da: ein weißes Handtuch und<br />
eine pinke Tasche mit der Aufschrift<br />
,Rente für alle‘ erfüllen<br />
Maras Herz! Das war aber noch<br />
nicht alles! Den VdK-Merchandise<br />
gibt es ab jetzt online! Und nicht<br />
vergessen: Rente für alle!“ Mara
14 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
VDK-TIPP<br />
Für den Notfall: Notfallregister<br />
Europäisches Notfallregister für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen<br />
Bei der Flut im Ahrtal gab es über<br />
130 Todesopfer – darunter auch<br />
zwölf Pflegebedürftige, die sich<br />
nicht selbst retten konnten. Ein<br />
Problem für die Rettungskräfte<br />
war, dass sie oft nicht wissen, in<br />
welchen Häusern oder Wohnungen<br />
hilfsbedürftige Menschen leben.<br />
Dafür gibt es nun das europäische<br />
Notfallregister. Alles<br />
Wissenswerte hierzu klärt unser<br />
VdK-Tipp.<br />
Grundsätzlich ist es besonders<br />
für Ältere, Pflegebedürftige und<br />
Menschen mit Behinderung sowie<br />
deren Angehörigen wichtig, auf<br />
jegliche Notfälle so gut wie möglich<br />
vorbereitet zu sein. Zunächst einmal<br />
gilt es, Vorsorgemaßnahmen<br />
zu treffen, um die Zeit bis zur Rettung<br />
zu überbrücken. Doch damit<br />
einen die Rettungskräfte überhaupt<br />
finden, war man bislang auf Nachbarn<br />
angewiesen oder musste sich<br />
selbst bemerkbar machen.<br />
Doch seit Ende letzten Jahres<br />
gibt es das europäische Notfallregister,<br />
in dem man sich registrieren<br />
lassen kann. Die dort eingestellten<br />
Daten liefern den Behörden sowohl<br />
bei der präventiven Planung<br />
Woher soll die Feuerwehr wissen, ob im brennenden Haus eine gehörlose Person wohnt? <br />
als auch im akuten Notfall wichtiges<br />
Wissen zur Einsatzplanung.<br />
Erfasst werden neben der Adresse<br />
auch Name, Geburtsdatum, Telefon,<br />
Körpergröße, Gewicht, Wohnsituation<br />
und medizinische Besonderheiten.<br />
Sollte es dann zum Beispiel zu<br />
einem längeren Stromausfall kom-<br />
men oder ein anderer Katastrophenfall<br />
eintreten, können Rettungskräfte<br />
die Personen schneller<br />
finden und ihre spezifischen Bedürfnisse<br />
besser berücksichtigen,<br />
zum Beispiel, ob sie auf ein Sauerstoffgerät<br />
angewiesen sind.<br />
Die Datenabfrage ist nur zulässig<br />
von registrierten und verifizierten<br />
Foto: Freepik / partystock<br />
Leitstellen der Feuerwehr und des<br />
Rettungsdienstes, der Polizei, den<br />
Katastrophen- und Zivilschutzbehörden<br />
und deren verpflichteten<br />
Hilfsorganisationen, sowie in eingeschränktem<br />
Umfang (nur Name,<br />
Adresse) von registrierten Personen<br />
mit stromabhängiger, lebenserhaltender<br />
Technik wie zum<br />
Beispiel Heimbeatmung oder -dialyse<br />
an die Stromnetzbetreiber als<br />
sogenannte kritischer Infrastruktur<br />
(KRITIS).<br />
Jeder Zugriff und jede Abfrage<br />
werden protokolliert. Die abrufende<br />
Stelle ist verantwortlich für die<br />
Einhaltung der datenschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen, für die<br />
Rechtmäßigkeit des Abrufs, der<br />
Verarbeitung und der Speicherung.<br />
Im Register werden Daten<br />
zu Ihrer Person, Erreichbarkeit,<br />
Wohnsituation, Gesundheitsdaten,<br />
individuelle Bedarfe und ein<br />
Notfallkontakt (sofern gewünscht)<br />
erfasst.<br />
Wichtig zu wissen ist, dass es<br />
grundsätzlich in der Eigenverantwortung<br />
aller Bürger liegt, sich auf<br />
den Notfall vorzubereiten. Mit der<br />
Eintragung ins Notfallregister sind<br />
keinerlei Rechte verbunden, zum<br />
Beispiel zuerst gerettet zu werden.<br />
Die Behörden und Einsatzkräfte<br />
entscheiden immer nach eigenem<br />
Ermessen; aber durch das Notfallregister<br />
können sie diese Entscheidungen<br />
besser treffen.<br />
Ida Schneider<br />
www.notfallregister.eu<br />
Pflege-Pauschbeträge in der Steuererklärung<br />
Die Kosten für die Pflege von Angehörigen lassen sich von der Steuer absetzen – Das müssen Sie beachten<br />
Viele pflegebedürftige Menschen<br />
lassen sich zu Hause betreuen und<br />
pflegen – von Angehörigen oder<br />
Menschen, mit denen sie in einer<br />
engen persönlichen Beziehung<br />
stehen. Damit sind oft auch hohe<br />
Kosten verbunden, die die Pflegenden<br />
über den Pflege-Pauschbetrag<br />
in ihrer Steuererklärung<br />
absetzen können. Was Sie wissen<br />
müssen, erklärt der Steuerring.<br />
Die liebevolle Pflege einer Angehörigen kostet viel Kraft und Zeit – aber auch viel Geld.<br />
doch nicht zu den Einnahmen –<br />
der Pflege-Pauschbetrag steht Ihnen<br />
in diesem Fall zu.<br />
Gut zu wissen: Die Pflege gilt<br />
auch dann als „persönlich durchgeführt“,<br />
wenn Sie sich zeitweise<br />
Unterstützung von einer ambulanten<br />
Pflegekraft holen. Dadurch wird<br />
der Pauschbetrag nicht gekürzt.<br />
Höhe der Pauschbeträge<br />
Pflegegrad<br />
Wer Angehörige oder Nahestehende<br />
pflegt, meistert nicht nur eine<br />
große Herausforderung, sondern hat<br />
in der Regel auch hohe Kosten. Der<br />
Gesetzgeber möchte die Pflegenden<br />
steuerlich entlasten und hat 2021 die<br />
gesetzlichen Regelungen grundlegend<br />
überarbeitet: Der Pflege-Pauschbetrag<br />
hängt seitdem vom Pflegegrad<br />
des Pflegebedürftigen ab und<br />
beträgt bis zu 1800 Euro. Zudem ist<br />
der Pauschbetrag nicht mehr an das<br />
Kriterium „hilflos“ geknüpft.<br />
Folgende Voraussetzungen müssen<br />
erfüllt sein, damit Sie den Pflege-Pauschbetrag<br />
nutzen können:<br />
• Sie persönlich pflegen Ihren Angehörigen<br />
oder eine nahestehende<br />
Person entweder in dessen<br />
oder in Ihrem eigenen Zuhause.<br />
• Die Wohnung oder das Haus befindet<br />
sich in einem Mitgliedstaat<br />
der EU oder in einem Staat, der Teil<br />
des Abkommens über den Europäischen<br />
Wirtschaftsraum ist.<br />
• Sie erhalten keine Einnahmen<br />
für Ihre Pflegetätigkeit.<br />
Wenn Sie also beispielsweise<br />
eine Pflegevergütung bekommen,<br />
haben Sie keinen Anspruch mehr<br />
auf den Pflege-Pauschbetrag. Das<br />
Pflegegeld, das Eltern eines behinderten<br />
Kindes erhalten, zählt jewährt,<br />
ist abhängig vom festgestellten<br />
Pflegegrad der pflegebedürftigen<br />
Person. Die Beträge wurden 2021<br />
angehoben und sind seitdem gleichgeblieben.<br />
(siehe Tabelle unten).<br />
Um den Pflegegrad nachzuweisen,<br />
müssen Sie dem Finanzamt<br />
einen entsprechenden Bescheid<br />
der dafür zuständigen Behörde<br />
vorlegen. Den Pauschbetrag können<br />
Sie dann als außergewöhnliche<br />
Belastung geltend machen.<br />
Der Pflege-Pauschbetrag ist ein<br />
Jahresbetrag. Das heißt: Er wird<br />
Pflege-Pauschbeträge (Stand <strong>2023</strong>)<br />
Die Höhe des Pflege-Pauschbetrags,<br />
den Ihnen das Finanzamt geauch<br />
dann in voller Höher gewährt,<br />
wenn die Pflege nur einen<br />
bestimmten Teil des Jahres angedauert<br />
hat. Verändert sich der<br />
Pflegegrad im Laufe eines Kalenderjahres,<br />
können Sie den Pauschbetrag<br />
für den höchsten Pflegegrad<br />
ansetzen, der in dem Jahr festgestellt<br />
wurde.<br />
Achtung: Das Finanzamt berücksichtigt<br />
den Pflege-Pauschbetrag<br />
pro Pflegebedürftigem jährlich<br />
nur ein Mal. Pflegen Sie also gemeinsam<br />
mit anderen Personen<br />
Pauschbetrag in Euro<br />
2 600<br />
3 1.100<br />
4oder 5oder Hilflosigkeit 1.800<br />
Foto: Freepik<br />
Grafik: Steuerring<br />
einen Angehörigen, müssen Sie<br />
den Pauschbetrag nach Köpfen<br />
aufteilen. Betreuen Sie selbst jedoch<br />
mehrere Pflegebedürftige,<br />
können Sie den Pauschbetrag<br />
mehrfach absetzen.<br />
Tipp: Ihre tatsächlichen Aufwendungen<br />
für die Pflege und Betreuung<br />
Ihres Angehörigen übersteigen<br />
den Pflege-Pauschbetrag? Dann<br />
können Sie dem Finanzamt alternativ<br />
auch Einzelnachweise über<br />
die angefallenen Kosten vorlegen.<br />
Allerdings berücksichtigt das Finanzamt<br />
dann nur den Betrag, der<br />
über Ihrer zumutbaren Eigenbelastung<br />
liegt. Vivien von Boscamp<br />
Info<br />
Als Lohnsteuerhilfeverein<br />
übernimmt der<br />
Steuerring die komplette<br />
steuerfachliche<br />
Betreuung seiner<br />
Mitglieder. Allein in<br />
Rheinland-Pfalz unterhält<br />
er 38 Beratungsstellen. Für<br />
VdK-Mitglieder entfällt die einmalige<br />
Aufnahmegebühr. Interessierte<br />
erhalten weitere Informationen<br />
direkt beim Steuerring.<br />
Auch die VdK- Kreisverbände<br />
geben Auskunft über die nächstgelegene<br />
Steuerring-Beratungsstelle.<br />
Aus gesetzlichen Gründen<br />
darf der Steuerring ausschließlich<br />
im Rahmen einer Mitgliedschaft<br />
(§ 4 Nr. 11 StBerG) beraten.<br />
• 0800 9 78 48 00 (kostenlos)<br />
info@steuerring.de<br />
www.steuerring.de
Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 15<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Neuwied<br />
Hoppstädten-Weiersb.<br />
Motiviertes Vorstandsteam<br />
Erfolgreicher Kreisverbandstag in Kaiserslautern<br />
Anlässlich seines Kreisverbandstags ehrte der Vorsitzende Hans Werner<br />
Kaiser (links) zusammen mit dem Landesverbandsvorsitzenden Willi<br />
Jäger verdiente VdKlerinnen und VdKler. Für ihre langjährige ehrenamtliche<br />
Tätigkeit erhielten Rüdiger Hof und Gisela Stahl die Landesverdienstnadel<br />
in Gold des VdK-Landesverbands Rheinland-Pfalz. Mit dem<br />
Ehrenzeichen wurden Sven Lefkowitz und Marlene Debusmann ausgezeichnet.<br />
Ferner erhielt der ehemalige Vorsitzende des OV St. Katharinen,<br />
Karl-Josef Rings, die Landesverdienstnadel in Gold. Für ihr jahrzehntelanges<br />
ehrenamtliches Engagement wurden Heinrich Richarz und Gregor<br />
Weiler mit der höchsten Auszeichnung im Verband, der Goldenen Ehrennadel<br />
des Sozialverbands VdK Deutschland, geehrt.<br />
Fell-Riol<br />
Im Ortsverband Fell-Riol, Kreisverband Trier-Saarburg, wurden bei der<br />
Jahreshauptversammlung zahlreiche Mitglieder für ihre langjährige<br />
Treue und Verbundenheit geehrt. Das Foto zeigt von links (Mitgliedsjahre<br />
in Klammern): Helga Hoff (10), Barbara Speder (10), Edmund<br />
Schönhofen (50), Ortsverbandsvorsitzender Herbert Kasler und der<br />
stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Karl-Rainer Heiderich.<br />
Schönenberg-Kübelberg<br />
Im Ortsverband Hoppenstädten-Weiersbach,<br />
Kreisverband<br />
Birkenfeld, begrüßte der Vorsitzende<br />
Alfred Gutensohn mit<br />
großer Freude das 311. und zugleich<br />
jüngste Mitglied im Ortsverband.<br />
(Foto: R. Müller).<br />
Zell-Merl<br />
Im Ortsverband Alf, Kreisverband<br />
Cochem-Zell, ehrten der Kreisverbandsvorsitzende<br />
Andreas Peifer<br />
(rechts) sowie der ehemalige<br />
Vorsitzende Manfred Heinz 40<br />
treue Mitglieder. Für 65 VdK-Jahre<br />
wurde Pauline Hillen (Mitte) besonders<br />
ausgezeichnet. Der neue<br />
Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:<br />
Vorsitzender Willi Schumacher,<br />
sein Stellvertreter Carsten<br />
Donauer, Kassenverwalter<br />
Karl-Heinz Goergen, dessen<br />
Stellvertreter Jürgen Konen,<br />
Schriftführerin Monika Kronz,<br />
Frauenbeauftragte Petra Goergen<br />
und Beisitzende Heike Conrad,<br />
Gerd Klinkhammer und<br />
Alois Pütz.<br />
Heddesdorf<br />
Neue und bekannte Gesichter: Das neue Vorstandsteam präsentiert sich.<br />
Anlässlich seines Kreisverbandstags<br />
ludt der Kreisverband Kaiserslautern<br />
Delegierte aus seinen<br />
29 Ortsverbänden nach Krickenbach.<br />
Bei der Vorstandswahl wurde<br />
Bernd Hofmann in seinem Amt<br />
als Kreisverbandsvorsitzender für<br />
weitere vier Jahre bestätigt. Sein<br />
Stellvertreter ist Gottfried Bohn.<br />
Bernd Hofmann begrüßte neben<br />
den Delegierten Staatssekretär Dr.<br />
Fedor Ruhose, Landtagsabgeordneten<br />
Daniel Schäffner, Kreisbeigeordneten<br />
Walter Altherr als sowie<br />
VdK-Landesverbandsvorsitzenden<br />
Willi Jäger als Ehrengäste. In ihren<br />
Grußworten lobten diese den Sozialverband<br />
VdK für seine Arbeit in<br />
der sozialen Gemeinschaft.<br />
Willi Jäger bedankte sich für die<br />
gute Zusammenarbeit mit dem<br />
Kreisverband Kaiserslautern. Der<br />
Kreisverband betreut rund 11 400<br />
Mitglieder in 29 Ortsverbänden.<br />
Anschließend wurde der Vorstand<br />
neu gewählt. Das Bild oben<br />
zeigt von links: Kreisverbandsfrau-<br />
Mainz-West<br />
envertreterin Elke Wagner-Gundacker,<br />
stellvertretender Vorsitzender<br />
Gottfried Bohn, die Beisitzenden<br />
Horst Weinel, Monika Lang,<br />
Revisor Peter Baumann, Waltraud<br />
Mangold und Yvonne Zickgraf,<br />
Kassenverwalter Volker Erbach,<br />
Revisorin Ingeborg Hofmann,<br />
Schriftführer Udo Fleder, Revisor<br />
Hugo Schönborn, Vorsitzender<br />
Bernd Hofmann sowie Beisitzer<br />
Martin Welle. Nicht auf dem Bild<br />
sind die Beisitzenden Evelin Leyendecker<br />
und Hans Weißmann.<br />
Beeindruckt von der VdK-Gemeinschaft:<br />
Staatssekretär Dr. Fedor<br />
Ruhose (Mitte) mit VdK-Landesverbandsvorsitzendem<br />
Willi Jäger<br />
(links) und Kreisverbandsvorsitzendem<br />
Bernd Hoffmann (rechts).<br />
Im Ortsverband Schönenberg-Kübelberg, Kreisverband Kusel, ehrte der<br />
Vorsitzende Josef Mai insgesamt 33 VdKlerinnen und VdKler für ihre<br />
Treue mit Urkunde und Anstecknadel. Das Bild zeigt einen Teil der<br />
Jubilare, die für 10, 20 bzw. 30 Mitgliedsjahre ausgezeichnet wurden.<br />
Mandern-Waldweiler<br />
Im Ortsverband Heddesdorf,<br />
Kreisverband Neuwied, ehrte<br />
Vorsitzender Sven Lefkowitz<br />
(links) gemeinsam mit seiner<br />
Stellvertreterin Martina Beate<br />
Jakoby (rechts) den Jubilar Dieter<br />
Sassin (Mitte) für 20-jährige<br />
Treue zum VdK. Lefkowitz lobte<br />
das ehrenamtliche Engagement<br />
des langjährigen Revisors.<br />
Partenheim/Venders.<br />
Das Vorstandsteam des Ortsverbands Mainz-West stellt sich vor. Auf<br />
dem Bild sieht man von links: Vorsitzende Michaela Scheitinger, Revisor<br />
Martin Schäfer, Kassenverwalter Markus Oberländer, Beisitzerin<br />
Sandra Oberländer, Beisitzerin Gabriele Lotz, Besitzerin Gaby Dilling<br />
sowie Schriftführer Klaus Schimmele. Nicht im Bild ist die Revisorin<br />
Birgit Franke.<br />
Albig<br />
Bei der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Mandern-Waldweiler,<br />
Kreisverband Trier-Saarbug, wurde unter der Wahlleitung des stellvertretenden<br />
Kreisverbandsvorsitzenden Karl Rainer Heiderich (rechts) ein<br />
neuer Vorstand gewählt. Das Bild zeigt das neue Vorstandsteam von links:<br />
Maria Brosius, Franz Josef Alten, Annabell Michels, Kurt Huwer, Manfred<br />
Rauber, Erwin Hartl, Ludwinus Simon und Roland Brosius. Nicht im<br />
Bild: Franz Jürgen Mertens.<br />
Im Ortsverband Partenheim/<br />
Vendersheim, Kreisverband Alzey,<br />
wurde die ehemalige<br />
Schriftführerin Erna Eppelmann<br />
(Mitte) an ihrem 101. Geburtstag<br />
zum Ehrenmitglied ernannt. Der<br />
Vorsitzende Edwin Fischer und<br />
sein Stellvertreter Hans-Günter<br />
Schunk bedankten sich bei der<br />
Jubilarin für ihre langjährige Tätigkeit<br />
für den Ortsverband, insbesondere<br />
für ihre jährlichen<br />
Geburtstagsgrüße an alle<br />
VdK-Mitglieder über SWR4.<br />
Im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Dausenau-Singhofen-Winden,<br />
Kreisverband Rhein-Lahn, wurden Gerd Jung<br />
(Zweiter von rechts) und Doris Huth (Mitte) für 20 VdK-Jahre sowie Sascha<br />
und Ina Müller (links daneben) für je zehn Jahre Verbandstreue geehrt. Zu<br />
den Gratulanten zählten der stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende<br />
Wolfgang Stüber (rechts) und der Orts- und Kreisverbandsvorsitzende<br />
sowie Landesverbandsschriftführer Rainer Zins.
16 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Herrstein<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Donnersberg<br />
Cochem<br />
Der Ortsverband Herrstein, Kreisverband Birkenfeld, hat sein 75-jähriges<br />
Bestehen gefeiert. Der Vorsitzende Günter Schmähler begrüßte<br />
dazu besondere Ehrengäste wie den Kreisbeigeordneten Peter Simon,<br />
Bürgermeister Uwe Weber, die Kreisverbandsvorsitzende Heidi Schneider,<br />
den Ehrenvorsitzenden Wolfram Rieth sowie die Vorstandsmitglieder<br />
benachbarter Ortsverbände. Danach erinnerte der stellvertretende<br />
Vorsitzende Horst Wolf an die Gründung des Ortsverbands am 9. Januar<br />
1948 in Niederwörresbach. Das Bild zeigt den Vorstand mit der<br />
Kreisverbandsvorsitzenden Heidi Schneider (rechts).<br />
Konz<br />
Leider trat Dieter Schreiber (Zweiter<br />
von rechts) aus gesundheitlichen<br />
Gründen als stellvertretender<br />
Vorsitzender des Kreisverbands<br />
Donnersberg zurück. Im<br />
Rahmen seiner Verabschiedung<br />
überreichte der Landesverbandsvorsitzende<br />
Willi Jäger (rechts)<br />
ihm zum Dank für die jahrelange<br />
ehrenamtliche Arbeit die goldene<br />
Ehrennadel im Beisein des Vorsitzenden<br />
Volker Langguth-Wasem<br />
sowie der Sozialrechtsberaterin<br />
Angelika Schwarz..<br />
Bad Kreuznach<br />
Der Ortsverband Cochem hat seinen Vorstand neu gewählt. Das Team<br />
besteht nun aus dem neuen Vorsitzenden Hans-Werner Kreutz, seinem<br />
Stellvertreter Heinz Märtens, Kassenverwalter Ovidiu Atila Vatlav,<br />
seinem Stellvertreter Markus Boos, Schriftführerin Nadine Boos sowie<br />
den Beisitzenden Erika Wiegand, Wolfgang Donhauser, Cornelia Pauly,<br />
Manfred Hamza, Peter Hoffmann sowie den Revisoren Bernd Schuwerack<br />
und Manfred Thiel und der Revisorin Ingrid Fieseler. Danach ehrte<br />
der Kreisverbandsvorsitzende Andreas Peifer Roswitha Thelen, Corinna<br />
Großengießer, Kurt Herrmann und Hans-Werner Kreutz für zehn<br />
VdK-Jahre sowie Erika Wiegand, Erika Breitscheidel, Ingrid Fieseler,<br />
Heinz Märtens, Hartmut Lieder, Winfried Schäfer und Manfred Thiel<br />
für 20 VdK-Jahre. Für 30 Jahre wurde Mechthild Martens ausgezeichnet.<br />
Winzenheim<br />
Mit vollem Bus starteten die Mitglieder des Ortsverbands Konz, Kreisverband<br />
Trier-Saarburg, zu einem Ausflug nach Monschau. Dort besichtigte<br />
die Gruppe das Senfmuseum und erkundete die schöne Altstadt.<br />
Vorbei an wild blühenden Narzissenhängen ging die Fahrt weiter<br />
nach Bitburg, wo alle zum Abendessen einkehrten.<br />
Nastätten<br />
Der Ortsverband Stadt Bad<br />
Kreuznach ehrte die stellvertretende<br />
Vorsitzende Wilhelmine<br />
Friess-Vonderlohe anlässlich der<br />
Mitgliederversammlung zahlreiche<br />
Jubilarinnen und Jubilare,<br />
die 20, 30, 40 und 50 Jahre beim<br />
VdK sind. Im Bild oben sieht man<br />
die rechts die Jubilarin Sigrid<br />
Oppermann, die zu ihrem 50-jährigen<br />
Jubiläum geehrt wurde.<br />
Das Bild unten zeigt links die<br />
Jubilarin Brunhilde Reths, die seit<br />
40 Jahren VdK-Mitglied ist.<br />
Der Ortsverband Winzenheim, Kreisverband Bad Kreuznach, hat sein<br />
Vorstandsteam neu gewählt. Das Bild zeigt von links: Elmar Diehl,<br />
Monika Mildenberger, Mark Grünewald, Vorsitzende Martina Weber,<br />
Martin Gubernator, stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender Clemens<br />
Mann, Ursula Domann und Marita Ingenbrand.<br />
Kördorf<br />
Im Ortsverband Nastätten, Kreisverband Rhein-Lahn, ehrte der Vorstand<br />
den ehemaligen Vorsitzenden Wilfried Schmidt (links) für 30<br />
Jahre Mitgliedschaft. Ihm wurden Urkunde und Ehrennadel sowie ein<br />
Präsentkorb überreicht. Neben ihm auf dem Foto sieht man von links:<br />
Schriftführer Edwin Klöppel, Vorsitzener Detlev Schurwanz, Kassenverwalterin<br />
Inge Gregorius, Beisitzerin Ingeborg Flackus und stellvertretende<br />
Vorsitzende und Frauenbeauftragte Barbara Wagner.<br />
Im Ortsverband Kördorf, Kreisverband Rhein-Lahn, wurde unter der<br />
Wahlleitung des Kreisverbandsvorsitzenden Rainer Zins (rechts) der<br />
Vorstand neu gewählt. Das Bild das neue Vorstandsteam von links:<br />
Vorsitzender Kurt Schmidt, Kassenverwalter Burkhard Kunz, Schriftführerin<br />
Monika Zach, stellvertretender Vorsitzender Norbert Pfeifer<br />
und Beisitzer Werner Spitz.<br />
Eisbachtal<br />
Fischbach-Weierb.<br />
St. Katharinen<br />
Auf dem Ortsverbandstag des Ortsverbandes Eisbachtal, Kreisverband<br />
Westerwald, wurden alle Vorstandsmitglieder unter der Wahlleitung<br />
des Kreisverbandsvorsitzenden Walter Frohneberg für weitere vier<br />
Jahre in den neuen Vorstand gewählt. Auf dem Bild sieht man von links:<br />
Beisitzer Walter Nicko Lay, Kassenverwalterin Gertrud Walter, stellvertrender<br />
Vorsitzender Michael Merz, Vorsitzender Eckhard Kurz,<br />
Schriftführer Hans Fein, Beisitzer Manfred Habel, Frauenvertreterin<br />
Christel Schwenzfeier sowie Beisitzer Georg Bertram.<br />
Im Ortsverband Fischbach-Weierbach,<br />
Kreisverband Birkenfeld,<br />
ehrte Ortsverbandvorsitzende<br />
Bernd Christmann VdKlerinnen<br />
und VdKler für 20-jährige Treue.<br />
Das Bild zeigt von links: Robert<br />
Wolf, Charlotte Shoemaker,<br />
Andreas Böres und Viola Hilles.<br />
Anschließend lud Christmann die<br />
Mitglieder zur 75-Jahr-Feier des<br />
Ortsverbands am 11. <strong>Juni</strong> in das<br />
Bürgerhaus in Bärenbach ein.<br />
Im Ortsverband St. Katharinen, Kreisverband Neuwied, wurde der<br />
Vorstand neu gewählt. Das Bild zeigt von links: Beisitzer Hans-Werner<br />
Küster, stellvertretender Kassenverwalter Achim Haubenreißer, Kreisverbandsvorsitzender<br />
Hans-Werner Kaiser, Vorsitzender Frank Ditscheid,<br />
Kassenverwalter Volker Frings sowie stellvertretender Vorsitzender<br />
Karl Josef Rings. Als Revisoren wurden Hans-Josef Weißenfels<br />
und Bernd Erdmann gewählt. Als Stellvertreter fungieren Martin<br />
Langer und Hans-Dieter Reufels.
Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 17
Verbraucher<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
21<br />
Rentenparadies Österreich?<br />
Die Alpenrepublik hat eine Erwerbstätigenversicherung und beindruckt mit einem hohen Rentenniveau<br />
Österreich wird häufig als Rentenparadies<br />
bezeichnet. Auch der<br />
Sozialverband VdK zieht das<br />
Nachbarland gerne als Vorbild<br />
heran.<br />
Das sogenannte österreichische<br />
Pensionssystem beeindruckt durch<br />
die Höhe der ausgezahlten Renten.<br />
Rentnerinnen und Rentner erhalten<br />
in Österreich 14-mal im Jahr<br />
ihre Rente ausgezahlt, darin eingeschlossen<br />
ist eine Zahlung jeweils<br />
zum Sommerurlaub und zu<br />
Weihnachten.<br />
Wie ist das möglich? Die Voraussetzungen<br />
in Deutschland und in<br />
Österreich sind bei der Bevölkerungsstruktur<br />
und beim Bruttoinlandsprodukt<br />
durchaus vergleichbar,<br />
allerdings ist das gesamte<br />
Rentenniveau in der Alpenrepublik<br />
erheblich höher als in Deutschland.<br />
Geringeres Armutsrisiko<br />
Zum Sommerurlaub gibt es eine zusätzliche Rentenauszahlung.<br />
Lag im Jahr 2018 beispielsweise<br />
die durchschnittliche Rente für<br />
Männer in Deutschland bei rund<br />
1272 Euro, konnte sich der österreichische<br />
Rentner über fast 700<br />
Euro im Monat mehr freuen: Er<br />
bekam 1965 Euro Rente. Die<br />
durchschnittliche Rente für Frauen<br />
in Deutschland lag im Jahr 2018<br />
bei 792 Euro im Monat, in Österreich<br />
bei rund 1229 Euro.<br />
Vergleicht man das Armutsrisiko<br />
im Alter in beiden Ländern, so<br />
werden die Vorteile des österreichischen<br />
Modells deutlich: Die<br />
Armutsquote bei den über 65-Jährigen<br />
liegt in Österreich bei 13,9,<br />
in Deutschland hingegen bei 18,9<br />
Prozent.<br />
Ein System für alle<br />
Ein ausschlaggebender Grund<br />
für das hohe Rentenniveau: Der<br />
Rentenbeitragssatz ist in Österreich<br />
erheblich höher: Er liegt bei<br />
22,8 Prozent des Bruttogehalts. In<br />
Deutschland liegt er bei nur 18,6<br />
Prozent. Dazu kommt ein wichtiger<br />
Unterschied: Österreich hat<br />
eine Erwerbstätigenversicherung.<br />
Jeder, der dort arbeitet, zahlt in das<br />
einzige staatliche System der Alterssicherung<br />
ein.<br />
Im Gegensatz dazu gibt es in<br />
Deutschland verschiedene staatliche<br />
Systeme der Alterssicherung,<br />
beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung,<br />
in die alle sozialversicherungspflichtig<br />
arbeitenden<br />
Angestellten einzahlen, und die<br />
Pensionskasse, die für die komplett<br />
Foto: picture alliance/imageBROKER/Stefan Kiefer<br />
aus Steuergeldern finanzierte Alterssicherung<br />
von Beamtinnen und<br />
Beamten zuständig ist.<br />
Weitere Faktoren stärken das<br />
österreichische System: Die österreichische<br />
Bevölkerung ist jünger,<br />
vor allem durch eine höhere Einwanderungsquote<br />
zu Beginn des<br />
Jahrtausends bedingt.<br />
Haben Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer in Deutschland<br />
schon nach fünf Jahren eine Rentenanwartschaft,<br />
müssen Berufstätige<br />
in Österreich allerdings 15<br />
Jahre sozialversicherungspflichtig<br />
arbeiten, damit sie eine Anwartschaft<br />
erhalten. Dazu hat Österreich<br />
sich zum Anfang des Jahrtausends<br />
entschieden, das Beamtensystem<br />
zu verkleinern und<br />
umzubauen: Seit 2005 zahlen neue<br />
Beamtinnen und Beamte in die<br />
allgemeine Rentenversicherung<br />
ein. Selbstständige wurden schon<br />
längst zwischen 1958 und 1997 in<br />
das Rentensystem einbezogen.<br />
Starkes Fundament<br />
Der VdK fordert seit Jahren, dass<br />
alle Erwerbstätigen in Deutschland<br />
in die gesetzliche Rentenversicherung<br />
einzahlen. VdK-Präsidentin<br />
Verena Bentele sagt: „Wirkliche<br />
Solidarität bei der Rente<br />
heißt: Alle für alle.“<br />
Bisher fehlt der politische Wille<br />
für eine umfassende Reform. Anstatt<br />
die Anzahl der Versicherten<br />
erheblich zu vergrößern und damit<br />
die Finanzierung auf eine breite<br />
Basis zu heben, favorisiert die Regierung<br />
eine andere Art der Rentenfinanzierung.<br />
Nach Plänen des Finanzministeriums<br />
soll ein Kapitalstock mit<br />
Aktien aufgebaut werden: Ab Mitte<br />
der 2030er-Jahren sollen diese<br />
Erträge die Beitragssatzentwicklung<br />
stabilisieren. Der VdK sieht<br />
nicht, dass das sogenannte Generationenkapital<br />
auf Dauer hilft.<br />
Eine breite Basis von Erwerbstätigen,<br />
die das System stützen, wäre<br />
nachhaltiger. Julia Frediani<br />
Leihen ist das neue Kaufen<br />
In immer mehr Städten bieten Bibliotheken auch Werkzeug und Alltagsgegenstände an<br />
Einen Bohrer oder einen akkubetriebenen<br />
Fensterwischer<br />
braucht man nicht jeden Tag. Die<br />
Geräte sind teuer und nehmen<br />
Platz weg – vor allem, wenn die<br />
Wohnung klein ist. Warum also<br />
nicht leihen statt kaufen? In immer<br />
mehr Städten und Gemeinden gibt<br />
es eine Bibliothek der Dinge.<br />
In vielen Städten und Gemeinden gibt es mittlerweile die Möglichkeit,<br />
sich allerlei Gegenstände auszuleihen, wie hier in der Bibliothek in Süßen.<br />
In Karlsruhe zum Beispiel nennt<br />
sich diese Bibliothek „leih.lokal“<br />
und wurde im Jahr 2018 von der<br />
dortigen Bürgerstiftung gegründet.<br />
Wie Mitarbeiter Rick Schmidt berichtet,<br />
steigt die Nachfrage stetig:<br />
„Alleine im April dieses Jahres<br />
hatten wir 470 Ausleihen. Letztes<br />
Jahr im April waren es noch 262.“<br />
Sämtliche Gegenstände sind<br />
Sachspenden. Mittlerweile umfasst<br />
das Sortiment rund 1000 Dinge –<br />
vom Beamer über Kindertragen<br />
und Waffeleisen bis hin zu Nähmaschinen.<br />
Angenommen wird<br />
jedoch nicht alles. Das liegt zum<br />
einen daran, dass nur begrenzt<br />
Platz zur Verfügung steht, zum<br />
anderen, dass manche Sachen selten<br />
nachgefragt werden.<br />
„Wir versuchen, ein möglichst<br />
breites Sortiment anzubieten, das<br />
aber auch praktikabel bleibt“, erklärt<br />
Schmidt. „Eben die Dinge,<br />
die man nicht jeden Tag braucht,<br />
aber manchmal doch gerne nutzt.“<br />
Besonders beliebt sind Bohrmaschinen<br />
und anderes Werkzeug.<br />
Die Ausleihe beim „leih.lokal“<br />
finanziert sich ausschließlich über<br />
Spenden und ist für die Nutzerinnen<br />
und Nutzer kostenlos. Diese<br />
müssen einen Antrag ausfüllen<br />
und Name, E-Mail-Adresse und<br />
Telefonnummer angeben. „Wir<br />
prüfen auch, ob die Person über 18<br />
Jahre alt ist“, sagt Schmidt. Um<br />
sicherzugehen, dass die Sachen<br />
wieder zurückgebracht werden,<br />
wird ein Pfand erhoben, das etwa<br />
dem Wert des Gegenstands entspricht.<br />
Schöner Nebeneffekt der<br />
Ausleihe: Viele Nutzerinnen und<br />
Nutzer engagieren sich mittlerweile<br />
selbst ehrenamtlich bei der Bürgerstiftung.<br />
Die „Mitmach-Bar“ in Münster<br />
ist ein Kooperationsprojekt der<br />
Volkshochschule und der Stadtbücherei.<br />
Ausgeliehen werden können<br />
technische Geräte, Werkzeug<br />
und vieles mehr. Dazu zählen<br />
beispielsweise Dia- Digitalisierer,<br />
Teleskope, programmierbare Roboter,<br />
aber auch Bohrmaschinen<br />
und Energiekosten-Mess geräte.<br />
Außerdem verfügt die Bibliothek<br />
über viele Musikinstrumente. Wer<br />
sich etwa überlegt, ein Keyboard<br />
anzuschaffen, kann es hier erst<br />
einmal ausprobieren.<br />
Nachhaltig und sozial<br />
„Die Bibliothek der Dinge stößt<br />
bei allen Beteiligten auf viel Begeisterung“,<br />
erklärt Jan Frederik<br />
Schmees, kommissarischer Leiter<br />
der Stadtbücherei. „Gerade die Aspekte<br />
der Teilhabe und der Nachhaltigkeit<br />
kommen dabei gut an.“<br />
In Bochum ist die „Bib der Dinge“<br />
ein Projekt des Phase 4-<br />
Foto: imago/Horst Rudel<br />
Instituts. Neben dem Umweltschutz<br />
ist dem Institut auch der<br />
soziale Aspekt wichtig. „Alle, ungeachtet<br />
ihres Einkommens, haben<br />
Zugang zu einem großen Spektrum<br />
an Dingen. Denn wie in einer<br />
Bibliothek braucht man nur einen<br />
geringen Jahresbeitrag zahlen“,<br />
heißt es auf der Webseite.<br />
Seit 2019 beherbergt auch die<br />
Stadtbibliothek Rosenheim eine<br />
solche Bibliothek. Frei nach dem<br />
Motto „Ich brauche nicht die<br />
Bohrmaschine, ich brauche das<br />
Loch in der Wand“ gibt es hier jede<br />
Menge Werkzeug. Hinzu kommen<br />
Spiele, Musikinstrumente und<br />
neueste technische Geräte, wie ein<br />
Iris Pen, um Texte einszuscannen,<br />
und eine Virtual-Reality- Brille für<br />
Video spiele. Besonders gefragt<br />
sind das Stand-Up-Board mit Paddel,<br />
die Nähmaschine und eine<br />
TV-Konsole.<br />
Um sich etwas auszuborgen, benötigt<br />
man einen gültigen Büchereiausweis.<br />
Sämtliche Dinge sind, wie<br />
bei den anderen Bibliotheken<br />
auch, auf der Webseite aufgelistet.<br />
Ist ein Gegenstand bereits verliehen,<br />
kann man sich dafür vormerken<br />
lassen. Annette Liebmann<br />
Info<br />
Eine Übersicht über Bibliotheken<br />
der Dinge in Deutschland und<br />
Österreich findet man hier:<br />
https://connect.oclc.org/<br />
bib-der-dinge<br />
Fristverlängerung bei<br />
Entschädigungen<br />
Menschen, die wegen einvernehmlicher<br />
homosexueller Handlungen<br />
zwischen 1945 und 1994 verurteilt<br />
wurden, stehen nach heutiger<br />
Rechtssprechung Entschädigungen<br />
zu.<br />
Die Frist, mit der diese Entschädigungen<br />
geltend gemacht werden<br />
können, ist um fünf Jahre bis zum<br />
21. Juli 2027 verlängert worden.<br />
Das teilte das Bundesamt für Justiz<br />
(BfJ) mit. Der Gesetzgeber hatte<br />
bereits im Jahr 2017 alle Verurteilungen<br />
nach den Paragraphen 175,<br />
175a in der Bundesrepublik und<br />
nach Paragraph 151 des Strafgesetzbuchs<br />
der DDR aufgehoben<br />
und alle Betroffenen rehabilitiert.<br />
Seitdem können Betroffene für<br />
Verurteilungen und Freiheitsentziehung<br />
eine Entschädigung beim<br />
Bundesjustizamt beantragen.<br />
Eingriff in Grundrechte<br />
Auch ohne Verurteilungen wurde<br />
massiv in die Grundrechte der<br />
Menschen, beispielsweise durch<br />
Ermittlungsverfahren oder Untersuchungshaft,<br />
eingegriffen und<br />
damit für Stigmatisierungen gesorgt.<br />
Auch die dadurch entstandenen<br />
Nachteile können vom BfJ<br />
entschädigt werden. Die Antragsformulare<br />
gibt es auf der Webseite<br />
des Bundesamts für Justiz und<br />
unter der Telefon (02 28) 99410-40.<br />
Formulare können auch per Post<br />
verschickt werden. <br />
juf<br />
www.bundesjustizamt.de/<br />
rehabilitierung
22 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Freizeit<br />
„Wer schreiben kann, schreibt Liebesbriefe“<br />
Botschaften aus vier Jahrhunderten – mit Tinte in Sütterlin auf Papier geschrieben oder als digitale Nachricht verschickt<br />
30 000 Liebesbriefe hat Professor<br />
Eva Lia Wyss gesammelt. Aufbewahrt<br />
werden sie heute im Liebesbriefarchiv<br />
der Universität Koblenz.<br />
Als Wyss ihre Arbeit 1997 begann,<br />
startete sie einen Aufruf in der Zeitung.<br />
Dass sie daraufhin in wenigen<br />
Monaten über 2000 Exemplare<br />
erhielt, überraschte die Sprachwissenschaftlerin<br />
sehr.<br />
Ein Rosenzweig rankt sich auf<br />
dem Papier um die sehnsüchtig<br />
geschriebenen Worte, die Ännli in<br />
ihrem Brief an Oskar richtet: „Lieber<br />
Oskar, ach könnte ich es Dir<br />
sagen, wie so sehr ich Dich liebe,<br />
aber mein armes Herz muss es Dir<br />
verhehlen, weil es nicht genug passende<br />
Worte dafür findet.“<br />
„Briefe aus früherer Zeit wurden<br />
häufig auf besonders schönes Papier<br />
mit Verzierungen geschrieben,<br />
während es in jüngerer Zeit auch<br />
üblich wird, mit Bleistift auf herumliegende<br />
Zettel zu schreiben“, erklärt<br />
Wyss. Seit über 25 Jahren<br />
beschäftigt sich die Sprachwissenschaftlerin<br />
mit Liebesbriefen. Ihr<br />
Interesse richtet sich auf die Botschaften,<br />
die sich „Menschen wie<br />
du und ich“ schicken, und nicht auf<br />
die historischen Briefe berühmter<br />
Persönlichkeiten. Sie ist fasziniert<br />
vom Alltäglichen, davon, wie die<br />
Menschen im Laufe der Zeit ihre<br />
Gefühle kommuniziert haben.<br />
Das Archiv umfasst inzwischen<br />
vier Jahrhunderte der „Liebeskommunikation“,<br />
wie Wyss sie nennt.<br />
Darin finden sich Briefe, Karten,<br />
Ein Koffer voller Liebesbriefe, den das Archiv als Spende erhalten hat.<br />
aber auch knappe Notizen, E-Mails<br />
oder Kurznachrichten, die per<br />
Messengerdienst verschickt wurden.<br />
Der älteste Brief ist datiert auf<br />
den 10. Dezember 1715, der jüngste<br />
Brief stammt aus dem Jahr 2022.<br />
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden<br />
Briefe von Menschen verfasst,<br />
die gebildet waren. Das waren<br />
neben dem Klerus insbesondere<br />
Adlige und Bürgersleute, Kaufleute<br />
und Händler. Denn nur sie<br />
konnten schreiben. So wie auch<br />
der Lithograf Josef Mandig, der am<br />
12. November 1887 folgende Worte<br />
aufs Papier brachte: „Geehrter<br />
Herr, ich habe das Glück gehabt,<br />
Ihr Fräulein Tochter Klara kennenzulernen<br />
und wünsche mir,<br />
dass die selbe meine Gattin werde,<br />
welches ebenso der Wunsch Klaras<br />
ist.“ Die beiden haben tatsächlich<br />
geheiratet, erzählt Wyss.<br />
Über die Schreibenden<br />
Sie versucht wie eine Detektivin<br />
so viele Informationen über die<br />
Schreibenden zu sammeln, wie sie<br />
kann. Das gelingt manchmal besser,<br />
manchmal schlechter und<br />
hängt davon ab, ob es noch Verwandte<br />
oder andere Ansprechpartnerinnen<br />
oder -partner gibt.<br />
Foto: CC-BY-SA/Birte C. Gnau-Franké<br />
Heute werden viel seltener Briefe<br />
geschrieben. Oft braucht es dafür<br />
einen besonderen Anlass, wie<br />
einen Geburtstag oder eine Reise.<br />
Stattdessen tauschen sich viele<br />
Paare über Instagram oder Messengerdienste<br />
wie WhatsApp oder<br />
Signal kontinuierlich aus.<br />
Auch die Art der Kommunikation<br />
habe sich verändert, so Wyss:<br />
So wurden etwa im 19. Jahrhundert<br />
von Männern leidenschaftliche,<br />
emotionale Texte erwartet,<br />
während Frauen eher zurückhaltend<br />
schrieben. In den 1960er-Jahren<br />
formulierten auch Frauen<br />
emotionaler. So schreibt Silvia am<br />
Liebesbriefspenden<br />
Das Liebesbriefarchiv nimmt<br />
weitere Spenden entgegen. Das<br />
können eigene Liebesbriefe<br />
oder Exemplare aus dem Familienkreis<br />
sein. Auch an Funden<br />
auf Dachböden oder Flohmärkten,<br />
an E-Mails oder Nachrichten<br />
aus Messengerdiensten sowie<br />
an kurzen getippten oder handgeschriebenen<br />
Notizen sind die<br />
Forschenden interessiert.<br />
Liebesbriefarchiv<br />
Universität Koblenz<br />
Institut für Germanistik<br />
Universitätsstr. 1<br />
56070 Koblenz<br />
liebesbriefarchiv@<br />
uni-koblenz.de<br />
www.liebesbriefarchiv.de<br />
4. Januar 1960 an Peter: „Bald sind<br />
es 24 Stunden her, seit Du weggefahren<br />
bist ... Peter, ich sehne mich<br />
so sehr nach Dir. Du sollst wissen,<br />
dass ich Dir ewig treu sein werde.“<br />
Seit den 1960er-Jahren nimmt<br />
auch die Zahl der Liebesbriefe zu,<br />
die Kinder und Jugendliche verfasst<br />
haben. „Kann jemand schreiben,<br />
schreibt er Liebesbriefe“, sagt<br />
Wyss. Sie erinnert sich an einen<br />
Brief, den drei Mädchen gemeinsam<br />
an einen Jungen gerichtet<br />
haben. Alle drei waren in ihn verliebt.<br />
Die eindringliche Bitte: Er<br />
möge sich endlich für eine von<br />
ihnen entscheiden. Kristin Enge<br />
Schonend und gemütlich reisen<br />
E-Bike-Touren – auch im Alter mobil sein und viel Neues entdecken<br />
Auto waschen vor dem Haus?<br />
Im Zweifel vorher bei der Kommune informieren<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Roger Richter<br />
Eine kleine Gruppe von Frauen hat<br />
Touren mit dem E-Bike für sich entdeckt.<br />
Auf kurzen Ausflügen oder<br />
während längerer Reisen lernen sie<br />
unterschiedliche Regionen kennen.<br />
„Wir sind eine private kleine<br />
Radeltruppe“, sagt Annette G.* Die<br />
83-Jährige aus München steigt regelmäßig<br />
mit ihren Freundinnen<br />
aufs Fahrrad. Dann erkunden sie<br />
die Welt. Früher ging es mit reiner<br />
Muskelkraft auch schon mal an<br />
den Lago Maggiore, heute sind sie<br />
mit dem E-Bike unterwegs.<br />
Seit fast zehn Jahren radeln die<br />
vier Damen gemeinsam: Die beiden<br />
jüngsten sind 83, die mittlere<br />
ist 86 und die älteste 90 Jahre. Sie<br />
sind mit dem E-Bike von Passau<br />
nach Wien und von Bamberg nach<br />
Auf E-Bikes ist das Radeln weniger anstrengend.<br />
Aschaffenburg gefahren. Eine ihrer<br />
letzten Reisen führte sie nach<br />
Berlin und Brandenburg. „An den<br />
Radweg entlang der ehemaligen<br />
Grenze und den Besuch in der<br />
Gerhard-Richter-Ausstellung im<br />
Museum Barberini in Potsdam<br />
erinnere ich mich immer wieder<br />
gern“, sagt Annette G. Und auch<br />
an das ausgesprochen schöne Wetter,<br />
das sie während dieser Tour<br />
hatten.<br />
Die Reisen organisiert eine<br />
Agentur. So müssen sich die vier<br />
Damen nicht um die Übernachtungen<br />
in Hotels oder Gasthöfen kümmern,<br />
ihr Gepäck wird transportiert.<br />
Die E-Bikes stehen vor Ort<br />
parat und wenn sie eine Panne<br />
haben, übernimmt die Agentur,<br />
und „das Radl wird ausgetauscht“.<br />
Auch Tourenvorschläge nach ihren<br />
Vorstellungen hätten sie erhalten,<br />
berichtet die 83-Jährige. Die Damen<br />
reisen in der Regel mit dem<br />
Zug zum Ausgangspunkt. Dann<br />
radeln sie los. Je nach Strecke legen<br />
sie Teilstücke auch mit dem<br />
Zug oder dem Schiff zurück.<br />
Vor ihrer ersten Tour mit dem<br />
E-Bike seien sie unsicher gewesen,<br />
wie gut sie zurechtkommen würden.<br />
Aber sie konnten die Räder<br />
erst einmal ausprobieren. „Es war<br />
leicht zu lernen“, sagt Annette G.<br />
Sie möchte die Erfahrung nicht<br />
mehr missen. „Für uns Hochbetagte<br />
ist das E-Bike eine große Erleichterung<br />
– sehr schonend und<br />
sehr gemütlich.“<br />
Das Schieben findet sie allerdings<br />
lästig, und auch das Einsteigen<br />
in einen Zug ist manchmal<br />
eine Herausforderung, weil die<br />
Räder mit den Taschen so schwer<br />
sind. Damit verbindet sie auch eine<br />
weniger schöne Erinnerung: An<br />
einem Bahnhof, der nicht barrierefrei<br />
war, mussten sie die Gleise<br />
überqueren und viele Treppenstufen<br />
überwinden. Glücklicherweise<br />
trafen sie auf einen hilfsbereiten<br />
jungen Mann, der ihnen alle vier<br />
Räder zum Gleis trug,<br />
Und wie lautet das Resümee von<br />
Annette G. nach allen Touren, die<br />
sie bisher auf dem E-Bike unternommen<br />
hat? „Es tut mir wahnsinnig<br />
gut, weil ich unterwegs bin<br />
und so viel sehen kann.“<br />
Kristin Enge<br />
*Name der Redaktion bekannt<br />
Eine Autowäsche vor der eigenen Haustür wie früher üblich ist nur in<br />
Ausnahmefällen möglich.<br />
Foto: picture alliance/Cultura RF/Hybrid Images<br />
Früher konnte man sein Auto problemlos<br />
an der Straße oder vor der<br />
eigenen Garage waschen. Heute<br />
ist das aufgrund von Umweltvorschriften<br />
nur noch in wenigen Regionen<br />
unter Einhaltung entsprechender<br />
Auflagen erlaubt.<br />
Das liegt in erster Linie am Wasserhaushaltsgesetz.<br />
Dieses gibt<br />
vor, dass das Grundwasser vor<br />
schädlichen Einflüssen zu schützen<br />
ist. Und beim Autowaschen<br />
vor der Garage können neben den<br />
oft in Reinigungsmitteln enthaltenen<br />
Chemikalien auch am Auto<br />
vorhandene Rückstände von Öl,<br />
Benzin, Teer, Ruß und anderen<br />
umweltschädlichen Stoffen ins<br />
Grundwasser sickern und dieses<br />
verunreinigen.<br />
Bei befestigtem Grund kann es<br />
örtlich Ausnahmen geben, wenn<br />
ein vollständiges Abfließen des<br />
Waschwassers in die kommunale<br />
Kanalisation gewährleistet ist und<br />
dort eine Reinigung des Abwassers<br />
erfolgt, teilt der Allgemeine Deutsche<br />
Automobil-Club (ADAC) mit.<br />
Die Bestimmungen für diese Ausnahmen<br />
erlassen die Kommunen.<br />
Wer sein Auto also gern vor der<br />
eigenen Tür waschen will, sollte<br />
sich vorher bei seiner Gemeinde<br />
oder Stadt informieren.<br />
Anstandslos „zu Hause“ erlaubt<br />
sind Putzhandlungen, bei denen<br />
keine schädlichen Substanzen ins<br />
Grundwasser gelangen können,<br />
dazu zählt beispielsweise die Innenreinigung<br />
oder das Polieren.<br />
Soll das Äußere des Autos vom<br />
Schmutz befreit werden, geht man<br />
mit der Fahrt zu einem dafür vorgesehenen<br />
Waschplatz auf Nummer<br />
sicher.<br />
mib
Freizeit<br />
Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />
23<br />
Wasser sparen im Sommer<br />
Gieß- und Verhaltenstipps vom Verband der Gartenbauvereine in Deutschland<br />
Vanilleblume:<br />
Duft und Farbe<br />
Heiße Sommer bedeuten für Gartenbesitzer:<br />
viel gießen. Um teures<br />
Leitungswasser zu sparen, ist Regenwasser,<br />
das kostenlos vom<br />
Himmel fällt, eine gute Alternative.<br />
Für kleine Gärten sind Regentonnen<br />
oder Tröge ausreichend, für<br />
größere Gärten eignen sich aufwendigere<br />
Zisternen. Bereits bei<br />
der Gartenplanung kann der zukünftige<br />
Wasserverbrauch beeinflusst<br />
werden. So benötigen Rasenflächen<br />
viel mehr Wasser als<br />
robuste Steppen- oder Steingartenpflanzen.<br />
„Der einfachste Weg, schnell zu<br />
Regenwasser zu kommen, führt<br />
über Dachflächen“, heißt es beim<br />
Verband der Gartenbauvereine in<br />
Deutschland (VGiD). Es könne<br />
über Fallrohre in einer Tonne gesammelt<br />
oder in Zisternen geleitet<br />
werden.<br />
Unterirdische Reservoirs<br />
„Im Boden vergrabene Zisternen<br />
haben ein Fassungsvermögen von<br />
1000 Litern aufwärts, unter der<br />
Erde bleibt die Wassertemperatur<br />
konstant kühl, und über ein Pumpensystem<br />
kann das Wasser bequem<br />
abgeleitet werden“, so der<br />
VGiD über die Vorteile der unterirdischen<br />
Reservoirs. Doch es<br />
müsse auch vieles bedacht werden.<br />
Filter halten bei Zisternen Verunreinigungen<br />
durch organische<br />
Stoffe wie Laub ab. Jede Zisterne<br />
braucht außerdem einen Überlauf,<br />
Viele Gartenbesitzer stellen einfache Regentonnen auf und schöpfen das<br />
Wasser mit der Gießkanne.<br />
Foto: IMAGO/photothek<br />
um überschüssiges Wasser bei lang<br />
anhaltenden Regenfällen in einen<br />
Kanal oder ein weiteres Becken<br />
ableiten zu können.<br />
Einfache Regentonnen oder Tröge<br />
scheinen da auf den ersten Blick<br />
unkomplizierter, zu berücksichtigen<br />
ist dennoch einiges, wie der<br />
VGiD mitteilt: „Die Aufnahmekapazität<br />
der Tonnen ist gering,<br />
das händische Abschöpfen oft<br />
mühselig und die Gefahr einer<br />
Stechmückenplage bei mangelhafter<br />
Abdeckung immer gegeben.“<br />
Wer seinen Garten zum richtigen<br />
Zeitpunkt gießt, kann viel Wasser<br />
sparen. „Niemals zu Mittag, sondern<br />
immer nur in den Abendstunden<br />
oder am frühen Morgen“, rät<br />
der VGiD. Auch während einer<br />
anhaltenden Hitze müssten Rasen<br />
oder Beete nicht täglich bewässert<br />
werden. „Wurzeln richten ihr<br />
Wachstum nach den Wassergaben<br />
aus. Ein tägliches Gießen hat zur<br />
Folge, dass die Pflanzen nur ein<br />
flaches Wurzelsystem ausbilden.“<br />
Richtiges Gießen während einer<br />
Trockenperiode sieht laut VGiD<br />
folgendermaßen aus: „Maximal<br />
zweimal die Woche, dafür aber<br />
gründlich.“<br />
Schicht aus Rindenmulch<br />
Ein grüner Rasen braucht viel<br />
Wasser. Je kürzer er geschnitten<br />
ist, umso mehr. Vor allem in den<br />
Sommermonaten sollte deshalb die<br />
Schnitthöhe des Rasenmähers<br />
höher eingestellt werden. Moderne<br />
Rasenmäher können neben Mähen<br />
und Fangen auch Mulchen. Dabei<br />
bleibt der Rasenschnitt klein gehäckselt<br />
zurück und senkt so die<br />
Verdunstung. Auch bei Beeten<br />
oder unter Bäumen und Sträuchern<br />
hält eine Schicht aus Rindenmulch<br />
Feuchtigkeit im Boden.<br />
Ein weiterer Tipp des VGiD: Die<br />
Wasserhaltefähigkeit sehr durchlässiger,<br />
sandiger Böden kann<br />
durch Beigaben von Kompost erheblich<br />
verbessert werden. Somit<br />
sickert das Wasser nicht gleich<br />
kaum genutzt ins Grundwasser,<br />
sondern wird durch den Humusgehalt<br />
in der Wurzelschicht gespeichert.<br />
Es sei zudem eine Überlegung<br />
wert, robuste Steppen- oder<br />
Steingartenpflanzen (siehe Artikel<br />
unten) anzubauen. Das Sortiment<br />
dafür ist groß. Petra J. Huschke<br />
Vanilleblumen verströmen einen<br />
betörenden Duft.<br />
Viele Blumen sind dufte – im<br />
wahrsten Sinne des Wortes. Bei<br />
der Vanilleblume sagt der Name<br />
schon alles. Der einmalige Duft der<br />
Pflanze entfaltet sich schon nach<br />
einer leichten Berührung.<br />
Mit den dunkelvioletten Blüten<br />
sind Vanilleblumen schöne Pflanzen<br />
für Balkon und Garten. Von<br />
Mitte Mai bis in den Herbst blühen<br />
sie zuverlässig. Vanilleblumen<br />
wenden ihre Blätter und Blüten<br />
stets der Sonne zu, sie sind nicht<br />
winterhart. Eines sollte dringend<br />
beachtet werden: Alle Pflanzenteile<br />
der Vanilleblume sind giftig.<br />
Die Pflege der Vanilleblume besteht<br />
hauptsächlich darin, sie regelmäßig<br />
zu gießen. Verblühtes<br />
sollte immer wieder entfernt werden,<br />
geschnitten werden muss die<br />
Pflanze nicht.<br />
pet<br />
Foto: picture alliance/Zoonar/Manfred Ruckszio<br />
Auf dem Trockenen<br />
Im Kiesbeet gedeihen blühende Stauden und schmucke Gräser<br />
Beliebtes Küchenkraut<br />
Dill: Gewürzpflanze mit besonderem Aroma<br />
Teile des Gartens mit Steinen zu<br />
gestalten, liegt im Trend. Die Rede<br />
ist nicht von tristen Schottergärten,<br />
wo kaum Grün zu finden ist,<br />
sondern von einem Kiesbeet. Es<br />
gibt eine breite Palette von pflegeleichten<br />
Pflanzen. Einmal im<br />
Boden eingewachsen, brauchen<br />
sie keine weiteren Wassergaben<br />
mehr – in Zeiten zunehmender<br />
Trockenheit ideal. Solche Beete<br />
bieten auch Insekten Nahrung.<br />
„Lange, trockene bis ausgesprochen<br />
dürre Perioden zwingen zum<br />
Umdenken. So macht sich in der<br />
Bepflanzung von Gärten ein Trend<br />
bemerkbar, der aus dieser Not eine<br />
Tugend macht“, teilt der Verband<br />
der Gartenbauvereine in Deutschland<br />
(VGiD) mit. Das Kiesbeet gehört<br />
dazu.<br />
Die trockenheitsverträglichen<br />
Pflanzen eines Kiesbeets – Stauden,<br />
Ziergräser oder Halbsträucher<br />
– stammen meist aus dem<br />
Lebensbereich der Felssteppen<br />
oder der Trockenrasenvegetation.<br />
Sie sind kaum anfällig für Schädlinge<br />
und Krankheiten, brauchen<br />
keine Stütze gegen das Umfallen<br />
und trotzen Wind und Wetter. Sandiger,<br />
steiniger und vor allem<br />
durchlässiger Boden ist wichtig.<br />
Ein Kiesbeet darf keine Staunässe<br />
bilden, die Erde nicht mit Lehm<br />
oder Ton verdichtet sein. „Durch<br />
die Steine wird einerseits der Boden<br />
gegen die Erosion bei starken<br />
Niederschlägen geschützt, andererseits<br />
eine schnelle Austrocknung<br />
durch Wind vermieden. Anders<br />
als bei gängigen Mulchmaterialien<br />
wie Rinde ist der natürliche<br />
Schwund durch Verwitterung gering“,<br />
erklärt der VGiD. „Nur sehr<br />
poröse Gesteine wie Lava oder<br />
Bimsstein verwittern relativ rasch.<br />
Dunkle Flächen, die mit Schiefer<br />
oder Basaltbruch abgedeckt wurden,<br />
wärmen sich im Frühjahr rascher<br />
auf und bringen Zwiebelpflanzen<br />
und früh austreibenden<br />
Stauden einen Startvorteil.“<br />
Kiesbeetpflanzen trotzen den<br />
kargen Bedingungen und setzen<br />
sich auch gegen Unkräuter durch.<br />
Natürlich könne man auch zusätzlich<br />
ein Unkrautvlies verlegen, so<br />
der VGiD. Tipp: „Eine breite Auswahl<br />
bedeutet auch eine höhere<br />
Erfolgsquote und wird im Bepflanzungskonzept<br />
berücksichtigt. Hier<br />
vertraut man einer natürlichen<br />
Auslese ähnlich wie bei einer Blumenwiese:<br />
Jene Pflanzen, denen<br />
die Bedingungen zusagen, werden<br />
sich ausbreiten, andere wiederum<br />
verschwinden.“<br />
Beispiele für robuste Stauden<br />
und Halbsträucher sind Eisenkraut,<br />
Fetthenne, Schafgarbe,<br />
Duftnessel, Prachtkerze, Grauer<br />
Storchschnabel, Wolfsmilch, Färberhülse,<br />
Rote Spornblume, Silber-<br />
Fiederpolster, Schleifenblume,<br />
Karthäusernelke, Lavendel, Katzenminze,<br />
Dost, Origanum, verschiedene<br />
Salbei-Arten, Thymian,<br />
Palmlilie, Purpur-Sonnenhut,<br />
Königskerze, Schmetterlingssträucher<br />
und Alpen-Mannstreu. Geeignete<br />
Ziergräser sind Lampenputzergras,<br />
Riesen-Federgras, Mädchenhaargras<br />
oder Pampasgras.<br />
Petra J. Huschke<br />
Einmal im Boden eingewachsen, brauchen Kiesbeetpflanzen nur wenig<br />
Pflege und sind trotzdem schön anzusehen.<br />
Foto: VGiD<br />
Dillspitzen verfeinern viele Gerichte. Die Blätter können auch getrocknet<br />
oder eingefroren werden.<br />
Foto: picture alliance/PantherMedia/kostrez<br />
Dill ist auch als Gurkenkraut bekannt.<br />
Er ist eine beliebte Zutat bei<br />
Einmachgurken. Dill verfeinert<br />
Salatsoßen und ist in Kräuterbutter<br />
oder Kräuterquark zu finden.<br />
Dillsoße wird zu Fischgerichten<br />
gereicht, und Kartoffeln werden<br />
mit Dill besonders lecker. Aus der<br />
Küche ist er also nicht wegzudenken.<br />
Obendrein ist er gesund.<br />
Dill kommt ursprünglich aus<br />
Vorderasien. In Deutschland wurde<br />
er vor allem durch den Anbau in<br />
Klostergärten bekannt. Das einjährige<br />
Kraut wird etwa 70 Zentimeter<br />
hoch. Die Gewürzpflanze hat<br />
sehr fein gefiederte Blätter, man<br />
spricht auch von Dillspitzen. Im<br />
Sommer bekommt die Pflanze Dolden<br />
mit vielen kleinen gelben Blüten,<br />
die auch Bienen anlocken.<br />
Besonders gut wächst er zwischen<br />
Gurken, Salat und Kohl.<br />
Mit seinem charakteristischen<br />
würzigen Geruch sticht Dill aus<br />
allen Gartenkräutern hervor. Geerntet<br />
wird er ab dem Frühjahr<br />
und dann den ganzen Sommer<br />
über. Dillspitzen können eingefroren<br />
oder in Öl konserviert werden.<br />
Dillsamen reifen ab Ende August.<br />
Die Samenkörner und die Triebe<br />
des Dills werden zum Einlegen von<br />
Gurken verwendet. Wer Dolden<br />
ausreifen lässt, kann beobachten,<br />
wie sich Dill selbst im Garten aussät<br />
und damit neue Pflanzen hervorbringt.<br />
Der hohe Gehalt an ätherischen<br />
Ölen und Mineralstoffen macht<br />
Dill so besonders. In den Blättern<br />
und Samen kommen die Naturstoffe<br />
Carvon und Limonen vor,<br />
die für Geruch und Geschmack<br />
verantwortlich sind. In der Naturheilkunde<br />
werden vorwiegend die<br />
Dillsamen verwendet. Ihre ätherischen<br />
Öle wirken krampflösend,<br />
regen die Verdauung an und helfen<br />
gegen Bauchschmerzen. Dill soll<br />
auch bei Schlaflosigkeit und innerer<br />
Unruhe helfen. Fünf Gramm<br />
Dillsamen werden mit 100 Milliliter<br />
heißem Wasser aufgegossen,<br />
so entsteht Dilltee. pet
24 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Unterhaltung<br />
Die Wundergeigerin<br />
Anne-Sophie Mutter feiert 60. Geburtstag<br />
Im Alter von sechs Jahren gewann<br />
Anne-Sophie Mutter ihren ersten<br />
Wettbewerb. Viele sprechen von<br />
ihr als der größten Geigerin, die<br />
Deutschland in den letzten 100<br />
Jahren hervorgebracht hat. Ihr<br />
Mentor war der berühmte österreichische<br />
Dirigent Herbert von<br />
Karajan.<br />
Anne-Sophie Mutter<br />
Am 29. <strong>Juni</strong> wird der Weltstar, der<br />
im baden-württembergischen Wehr<br />
aufwuchs, 60 Jahre alt. Aus diesem<br />
Anlass kommt eine Dokumentation<br />
mit dem Titel „Anne-Sophie Mutter<br />
Vivace“ in die Kinos.<br />
Die Musikerin hat als erstes Klavier<br />
gelernt, weil ihre Eltern meinten,<br />
Geige spielen höre sich an „wie<br />
eine kranke Katze“, doch schon<br />
bald kam das kleine Mädchen<br />
doch noch auf das Geigenspiel, das<br />
sie schon immer faszinierte. Ihre<br />
Klavierlehrerin war zudem die<br />
Tochter ihrer späteren Geigenlehrerin<br />
Erna Honigberger.<br />
Anne-Sophie Mutter verliebte<br />
sich mit fünf Jahren in das Geigenspiel,<br />
als sie eine Mozart-Aufnahme<br />
von Yehudi Menuhin hörte,<br />
und überzeugte ihre Eltern, Geige<br />
lernen zu dürfen. Schon ein halbes<br />
Jahr später gewann sie den nationalen<br />
Wettbewerb „Jugend musiziert“.<br />
Mit sechs Jahren war sie die<br />
jüngste Siegerin überhaupt.<br />
Als 13-Jährige wurde Anne-<br />
Sophie Mutter von Karajan entdeckt.<br />
16 Jahre alt war die Geigerin<br />
bei ihrem viel bejubelten Beethoven-Debüt<br />
zusammen mit dem<br />
Dirigenten. „Sie ist ein Genie auf<br />
der Geige“, sagte dieser immer. Mit<br />
keinem Werk waren die beiden<br />
öfter auf der Bühne als mit Beethovens<br />
Violinkonzert. Und auch<br />
heute noch tritt Anne-Sophie<br />
Mutter damit weltweit auf.<br />
Die Künstlerin ist Mutter eines<br />
Sohnes und einer Tochter. Sie engagiert<br />
sich sozial und hat eine<br />
Stiftung gegründet, um junge Streicherinnen<br />
und Streicher zu fördern.<br />
Sie unterstützt die SOS-Kinderdörfer,<br />
„Save the Children“, das<br />
Internationale Rote Kreuz und gibt<br />
regelmäßig Benefizkonzerte, so<br />
erst jüngst zugunsten ukrainischer<br />
Kinder. Anne- Sophie Mutter hat<br />
schon internationale Preise für ihr<br />
künstlerisches und soziales Engagement<br />
bekommen. pet<br />
Foto: picture alliance/dpa/Jens Büttner