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RhPfalz_Juni_2023

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Sozialverband VdK<br />

Rheinland-Pfalz<br />

77. Jahrgang<br />

<strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

THEMEN<br />

Politik<br />

Babyboomern droht<br />

im Alter Wohnungsnot Seite 6<br />

Pflege<br />

Vorsicht bei Online-<br />

Pflegeberatungen Seite 7<br />

Gesundheit<br />

Rein in die Laufschuhe –<br />

in jedem Alter Seite 8<br />

VdK-TV<br />

Wissenswertes zur<br />

Cannabis-Therapie Seite 12<br />

Verbraucher<br />

Ist Österreich ein<br />

Rentnerparadies? Seite 21<br />

Verena Bentele führt den Sozialverband VdK Deutschland seit 2018.<br />

Fotos: Henning Schacht<br />

Aus dem<br />

Landesverband<br />

VdK-Wahlen: Rheinland-<br />

Pfalz erfolgreich Seite 13<br />

Verena Bentele wiedergewählt<br />

Erfolgreicher Bundesverbandstag des Sozialverbands VdK Deutschland in Berlin<br />

SEITE 5<br />

So hilft der VdK<br />

Foto: imago/blickwinkel<br />

Weil seine Krankenkasse sich viel<br />

Zeit bei der Bearbeitung seines<br />

Antrags lässt, steht Mustafa B.<br />

plötzlich ohne funktionierenden<br />

Rollstuhl da. Der Landesverband<br />

Niedersachsen-Bremen zieht vor<br />

Gericht und setzt alle Hebel in<br />

Bewegung, damit das VdK-Mitglied<br />

zu seinem Recht bekommt.<br />

Vom 15. bis 17. Mai kamen in Berlin<br />

Delegierte aus allen VdK-Landesverbänden<br />

zum 19. Ordentlichen<br />

Bundesverbandstag des Sozialverbands<br />

VdK Deutschland zusammen.<br />

Verena Bentele wurde<br />

einstimmig als VdK-Präsidentin<br />

wiedergewählt.<br />

Das Wahlergebnis ist ein enorm<br />

großer Vertrauensbeweis für die<br />

Münchnerin, die vor fünf Jahren<br />

erstmals zur Präsidentin gewählt<br />

worden war. Benteles erste Amtszeit<br />

war um ein Jahr verlängert<br />

worden, weil der Bundesverbandstag<br />

wegen der Pandemie um ein<br />

Jahr verschoben werden musste.<br />

Der Erfolg des Sozialverbands<br />

VdK sei vor allem das Ergebnis von<br />

Teamarbeit, betonte Bentele. Sie<br />

bedankte sich bei ihren Kolleginnen<br />

und Kollegen aus dem VdK-<br />

Präsidium, bei den VdK-Gremien<br />

und der Bundesgeschäftsführung,<br />

aber vor allem bei den vielen Ehrenamtlichen<br />

aller Landesverbände.<br />

„Sie bilden das Herz des VdK“,<br />

sagte sie. Die ehren- und hauptamtlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

hätten gezeigt, wie stark<br />

der VdK in Krisen ist: „Wir haben<br />

diese schwierigen Zeiten mit Zuversicht,<br />

mit Einsatz, mit gegenseitiger<br />

Unterstützung und sozialpolitischer<br />

Kraft gemeistert. Das<br />

macht mich richtig stolz auf meinen<br />

VdK.“<br />

Auf politischer Ebene konnte der<br />

VdK viel bewegen. Deutschlands<br />

größter Sozialverband wird als<br />

starke politische Stimme im Land<br />

wahrgenommen. Und das nicht<br />

nur bei den klassischen Themen<br />

Rente und Behinderung, sondern<br />

immer dann, wenn soziale Schieflagen<br />

drohen. Die Expertise und<br />

die Schnelligkeit des VdK werden<br />

geschätzt, auch von politischen<br />

Entscheidungsträgern. 175 Stellungnahmen<br />

zu Gesetzesvorhaben<br />

wurden von der VdK-Abteilung<br />

Sozialpolitik von 2018 bis heute<br />

abgegeben. Oftmals blieben weniger<br />

als 24 Stunden Zeit bis zu den<br />

Abgabeterminen.<br />

Auch das Wissensmanagement<br />

und die Sozialrechtsabteilung<br />

schaffen es immer wieder, durch<br />

gute Rechtsberatung, durch das<br />

Führen von Musterstreitverfahren<br />

und durch Stellungnahmen für das<br />

Bundesverfassungsgericht grundsätzliche<br />

Verbesserungen für die<br />

Mitglieder herbeizuführen. Bentele<br />

erinnerte in diesem Zusammenhang<br />

daran, dass schon eine<br />

VdK-Klageankündigung erfolgreich<br />

sein kann, wie zuletzt gegen<br />

die „vergessene“ Energiepreispauschale<br />

von 300 Euro für Rentnerinnen<br />

und Rentner. Im Dezember<br />

2022 wurde diese eilig von der<br />

Bundesregierung nachgeholt. Die<br />

Presseabteilung wiederum sorgt<br />

für eine schnelle und flächendeckende<br />

Verbreitung der VdK-Anliegen<br />

in den Medien.<br />

Der Einsatz wird honoriert. Zuwachsraten<br />

in allen VdK-Landesverbänden<br />

haben bundesweit die<br />

Mitgliederzahl auf 2,2 Millionen<br />

steigen lassen. Dies zeugt vom großen<br />

Vertrauen der Bevölkerung.<br />

Innerverbandlich fand in den<br />

vergangenen fünf Jahren intensive<br />

VdK-Gremienarbeit unter Einbezug<br />

aller Landesverbände statt. So<br />

wurde unter Anderem die VdK-Satzung<br />

gründlich inhaltlich und juristisch<br />

überarbeitet. Eine Arbeitsgruppe<br />

entwickelte ein strategisches<br />

Zielbild für das Jahr 2030.<br />

„Das sind hervorragende Grundlagen<br />

für die Fortsetzung unserer<br />

Arbeit in den nächsten vier Jahren“,<br />

freut sich die wiedergewählte<br />

VdK-Präsidentin.<br />

Dr. Bettina Schubarth<br />

Weitere Berichte: Seite 2 bis 4<br />

WIR für soziale Gerechtigkeit!<br />

VdK wählt ein neues Präsidium und setzt auf personelle Kontinuität<br />

Am 16. Mai hat der Sozialverband VdK<br />

Deutschland in Berlin gewählt: Über das<br />

Präsidium und den Vorsitz des Bundesausschusses<br />

wurde in einer offenen Wahl<br />

abgestimmt.<br />

Mit einem klaren Votum wurde Verena<br />

Bentele als VdK-Präsidentin bestätigt. Ausnahmslos<br />

alle Delegierten (100 Prozent)<br />

schenkten ihr für die nächsten vier Jahre<br />

ihr Vertrauen. Die 41-Jährige hat durch ihr<br />

unermüdliches Engagement und ihre überragenden<br />

Leistungen maßgeblich zum<br />

Erfolg des VdK in den letzten Jahren beigetragen.<br />

Im Amt bestätigt wurden außerdem<br />

Vizepräsidentin Katharina Batz (VdK<br />

Nordrhein-Westfalen), Vizepräsident Wolfgang<br />

Krause (VdK Saarland), Vizepräsident<br />

Horst Vöge (VdK Nordrhein-Westfalen)<br />

und Vizepräsident Paul Weimann<br />

(VdK Hessen-Thüringen).<br />

Regina Bunge (VdK Nord), vormals<br />

Schriftführerin, übernimmt die Funktion<br />

der Vizepräsidentin, während Willi Jäger<br />

(VdK Rheinland-Pfalz), vormals Vizepräsident,<br />

die Funktion des Schriftführers<br />

übernimmt. Bundesschatzmeister Konrad<br />

Gritschneder (VdK Bayern) wurde ebenfalls<br />

im Amt bestätigt. Friedrich Stubbe<br />

(VdK Niedersachsen-Bremen) wurde erneut<br />

als Vorsitzender des VdK-Bundesausschusses<br />

gewählt. Claudia Kepp<br />

Alle VdK-Gremien auf Seite 4


2 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Bundesverbandstag<br />

Geeint mit starken Forderungen<br />

Bundesverbandstag beschließt Positionen für soziale Gerechtigkeit<br />

Rund 180 Delegierte haben während<br />

des Bundesverbandstags in<br />

Berlin die sozialpolitischen Positionen<br />

des Sozialverbands VdK beschlossen.<br />

Anträge von Bundesvorstand<br />

und Präsidium sowie aus<br />

den Landesverbänden zu den<br />

Themen Rente, Pflege, Klima, Armut<br />

und Wohnen erhielten sehr<br />

große Zustimmung.<br />

Der Sozialverband VdK hat während<br />

seines 19. Ordentlichen Bundesverbandstags<br />

in Berlin die sozialpolitischen<br />

Weichen für die<br />

kommenden vier Jahre gestellt.<br />

Horst Vöge, Vorsitzender der Sozialpolitischen<br />

Kommission, stellte<br />

den Delegierten am ersten Tag<br />

des Bundestreffens die 18 sozialpolitischen<br />

Anträge von Präsidium<br />

und Bundesvorstand vor. Alle<br />

wurden einstimmig angenommen.<br />

Beim Thema Alterssicherung<br />

herrschte Konsens darüber, dass<br />

das Rentenniveau dauerhaft stabilisiert<br />

und mittelfristig auf 53 Prozent<br />

erhöht werden muss. Außerdem<br />

fordert der VdK eine Weiterentwicklung<br />

der Grundrente und<br />

erteilte den Diskussionen über die<br />

Erhöhung der Regelaltersgrenze<br />

eine klare Absage. Für diese Position<br />

lohne es sich, auf die Straße<br />

zu gehen, erklärte Horst Vöge.<br />

Erstmals befasste sich ein sozialpolitischer<br />

Antrag mit dem Thema<br />

„Klima und Umweltgerechtigkeit“.<br />

Die Delegierten folgten der<br />

Forderung, die Anpassung an den<br />

Klimawandel sozial zu gestalten.<br />

Der VdK fordert Hitzeschutzpläne<br />

Die Delegierten stimmten auf dem Bundesverbandstag in Berlin über die<br />

sozialpolitischen Anträge ab. <br />

Foto: Henning Schacht<br />

für Ältere, Pflegebedürftige und<br />

chronisch Kranke sowie eine hitzegerechte<br />

und klimafreundliche<br />

Gestaltung der Städte. Für den<br />

VdK ist aber auch klar: Alle Maßnahmen<br />

zum Klimaschutz müssen<br />

sozial ausgewogen sein.<br />

Stärkung der Pflege<br />

Einig waren sich die Delegierten<br />

auch über die Einführung einer<br />

Pflegevollversicherung und die<br />

Stärkung der häuslichen Pflege.<br />

Dafür sollen pflegende Angehörige<br />

ein Gehalt bekommen, das sich<br />

nach dem Pflegegrad richtet und<br />

nicht nach dem vorherigen Gehalt.<br />

Die Landesverbände reichten<br />

insgesamt 26 Anträge zur Abstimmung<br />

ein, die alle fast ohne Gegenstimme<br />

angenommen wurden.<br />

Darunter war der Antrag aus Bayern,<br />

die Umsatzsteuer auf Arzneimittel<br />

zu streichen oder zumindest<br />

auf sieben Prozent zu senken.<br />

Einer der Vorschläge aus Rheinland-Pfalz<br />

sah vor, Gewinnspekulationen<br />

im Gesundheitswesen zu<br />

verbieten und die Transparenz bei<br />

Leistungen, Kosten und Einnahmen<br />

sowie Ausgaben im Gesundheitswesen<br />

zu steigern.<br />

Der Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />

machte sich dafür<br />

stark, Bonusprogramme zur Vorsorge<br />

fortzuentwickeln. Baden-<br />

Württemberg hatte sich unter anderem<br />

mit einem Antrag zur Weiterentwicklung<br />

der Pflegestützpunkte<br />

eingebracht.<br />

Jörg Ciszewski<br />

KOMMENTAR<br />

Auf in die Zukunft<br />

Hinter uns liegt ein erfolgreicher<br />

VdK-Bundesverbandstag. Ich<br />

freue mich sehr, dass die Delegierten<br />

dem Präsidium und mir<br />

ihr großes Vertrauen ausgesprochen<br />

haben. Vielen Dank für so<br />

viel Rückenwind, der uns in den<br />

nächsten Jahren trägt.<br />

Die Tage in Berlin haben mich an<br />

die Atmosphäre bei großen<br />

Sport-Events erinnert. Buntes<br />

Treiben, viel Fachsimpeln, anregende<br />

Gespräche, neue Kontakte<br />

und gespannte Erwartungen<br />

auf die Entscheidungen, die vor<br />

Ort fallen. Am Ende fahren dann<br />

alle motiviert mit konkreten Ergebnissen<br />

und neuen Zielen<br />

nach Hause.<br />

Nach dem Bundesverbandstag<br />

hatten alle Delegierten das<br />

„VdK-Zielbild 2030“ als ein solches<br />

konkretes Ergebnis im Gepäck.<br />

Nein, unser Zielbild ist kein<br />

Management-Schnickschnack,<br />

sondern eine wortgewordene<br />

Vision für all das, was wir im VdK<br />

in den nächsten Jahren miteinander<br />

vorhaben. Es ist ein Gemeinschaftswerk,<br />

das wir in<br />

vielen Sitzungen der „VdK-Arbeitsgruppe<br />

Strategie“ entwickelt<br />

haben. Wir taten dies aus<br />

einer recht komfortablen Position<br />

heraus. Schließlich steht der VdK<br />

hervorragend da, in allen Landesverbänden<br />

geht es mit den<br />

Mitgliederzahlen stetig aufwärts<br />

– teils auf ohnehin schon sehr<br />

hohem Niveau.<br />

Das ist genau der richtige Zeitpunkt<br />

für die Zukunftsplanung.<br />

Verena Bentele<br />

VdK-Präsidentin<br />

Wir können besonnen nachdenken,<br />

wohin der Weg uns führen<br />

soll, und müssen nicht überstürzt<br />

das Ruder herumreißen. Alle<br />

Verbandsstufen haben mit dem<br />

Zielbild jetzt einen Leitfaden, wie<br />

sich die sozialrechtliche Beratung,<br />

die ehrenamtliche Betreuung<br />

und die sozialpolitische Interessenvertretung<br />

noch optimieren<br />

lassen, um die Erwartungen<br />

der Mitglieder zu erfüllen und<br />

weitere Mitglieder zu gewinnen.<br />

Das gerade verabschiedete<br />

Zielbild formuliert eine VdK-<br />

Selbstbeschreibung, wie wir sie<br />

gerne 2030 überall verstanden<br />

wissen wollen: „Der VdK ist die<br />

erste Anlaufstelle für die Durchsetzung,<br />

die Sicherung, den Erhalt<br />

und den Ausbau der sozialen<br />

Gerechtigkeit in Deutschland.“<br />

Ich freue mich auf den VdK<br />

im Jahr 2030 und habe schon<br />

meine Ärmel hochgekrempelt.<br />

Packen wir es gemeinsam an!<br />

„In diese Studie ist Geld, Zeit und viel Herzblut geflossen“<br />

VdK-Präsidentin Bentele übergibt Abschlussbericht der großen Pflegestudie an Gesundheitsminister Lauterbach<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />

hat den Abschlussbericht der umfangreichen<br />

VdK-Studie zur<br />

Nächstenpflege während des Bundesverbandstags<br />

an Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach<br />

übergeben.<br />

Die Übergabe an den Minister<br />

bezeichnete Bentele als einen Höhepunkt<br />

der Nächstenpflege-Kampagne<br />

des Sozialverbands VdK, die<br />

zum Bundesverbandtag Mitte Mai<br />

in Berlin endete. Über ein Jahr<br />

lang organisierte der VdK im Rahmen<br />

dieser Kampagne zahlreiche<br />

Demonstrationen und Aktionen,<br />

um die Öffentlichkeit und vor allem<br />

die Politik auf die Situation der<br />

häuslichen Pflege aufmerksam zu<br />

machen.<br />

Die VdK-Pflegestudie ist das<br />

Herzstück und das wissenschaft-<br />

Die umfangreiche VdK-Studie zur<br />

Nächstenpflege.<br />

liche Fundament dieser großen<br />

Kampagne. Immer wieder hat der<br />

VdK im vergangenen Jahr auf die<br />

zahlreichen Studienergebnisse,<br />

wie zum Beispiel zur Armutsgefährdung<br />

von pflegenden Angehörigen<br />

oder zur unsicheren Rechtslage<br />

bei der 24-Stunden-Pflege,<br />

aufmerksam gemacht. VdK-Präsidentin<br />

Bentele betonte bei der<br />

Übergabe an Minister Lauterbach:<br />

„In diese Studie ist Geld, Zeit und<br />

viel Herzblut von ehrenamtlichen<br />

und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern, von Mitgliedern<br />

und von dem beauftragten<br />

Forschungsteam geflossen.“<br />

Mehrfachbelastung<br />

Des Weiteren forderte sie den<br />

Minister auf, die Studie an weitere<br />

Entscheiderinnen und Entscheider<br />

in den Ministerien und der Regierung<br />

weiterzugeben. „Wir brauchen<br />

endlich eine tiefgreifende<br />

Pflegereform für die zuhause Gepflegten,<br />

dort, wo die Mehrzahl<br />

der Pflegebedürftigen versorgt<br />

werden“, forderte die wiedergewählte<br />

VdK-Präsidentin Bentele.<br />

Minister Karl Lauterbach signalisierte<br />

auf dem VdK-Verbandstag,<br />

dass er sich in den laufenden Verhandlungen<br />

in der Regierungskoalition<br />

für weitere Verbesserungen<br />

in der häuslichen Pflege einsetzen<br />

werde. Er nannte hier das sogenannte<br />

„Entlastungsbudget“, das<br />

wahrscheinlich Bestandteil der<br />

aktuellen Pflegereform sein wird.<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele übergibt die Pflegestudie an Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach.<br />

Fotos: Henning Schacht<br />

Dafür hatte sich der VdK stark<br />

gemacht.<br />

Lauterbach lobte ausdrücklich<br />

die politische Lobbyarbeit des<br />

VdK: „Das Erreichte hat der VdK<br />

wesentlich mitgeprägt.“ Der endgültige<br />

Gesetzesbeschluss des<br />

Bundestags zur Pflegereform und<br />

zum Entlastungsbudget lag bei<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />

noch nicht vor. Die VdK-ZEI-<br />

TUNG wird dazu in der kommenden<br />

Ausgabe berichten.<br />

Umfangreichste Studie<br />

Bei der VdK-Pflegestudie hatte<br />

ein Forscherteam um den Pflegewissenschaftler<br />

Prof. Dr. Dr.<br />

Andreas Büscher von der Hochschule<br />

Osnabrück etwa 54 000<br />

VdK-Mitglieder rund um die häus-<br />

liche Pflege befragt. Sie ist damit<br />

die bisher umfangreichste Studie<br />

in diesem Bereich. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass pflegende Angehörige<br />

mehrfach stark belastet sind – und<br />

häufig von der Politik im Stich<br />

gelassen werden.<br />

37 Prozent der Pflegenden kümmern<br />

sich schon länger als fünf<br />

Jahre um ihre pflegebedürftigen<br />

Familienmitglieder. 23 Prozent<br />

pflegen mindestens 40 Stunden in<br />

der Woche. Dabei haben 93 Prozent<br />

keinen Zugang zur Tagespflege<br />

gefunden. 62 Prozent nehmen<br />

noch nicht einmal einen Pflegedienst<br />

in Anspruch. Die Gründe<br />

hierfür: Passende Angebote fehlen<br />

oder die Zuzahlungen sind zu<br />

hoch.<br />

„Die Datenlage ist eindeutig: Wir<br />

wissen, wo es hakt und wer Unterstützung<br />

braucht – und dann folgt<br />

vonseiten der Politik nichts“, sagte<br />

Bentele bei der Vorstellung der<br />

Studie. 59 Prozent der pflegenden<br />

Angehörigen gaben an, über ihre<br />

selbstgewählte Aufgabe die eigene<br />

Gesundheit zu vernachlässigen.<br />

Nachts befinden sich 63 Prozent in<br />

regelmäßiger Rufbereitschaft.<br />

Besonders belastet sind der Studie<br />

zufolge die Eltern von pflegebedürftigen<br />

Kindern. 64 Prozent<br />

unterstützen ihr minderjähriges<br />

oder bereits erwachsenes Kind<br />

nachts regelmäßig.<br />

Immense Pflegeleistung<br />

Der Umfang der Pflegeleistung<br />

der Eltern ist besonders groß: Mehr<br />

als die Hälfte der betroffenen Eltern<br />

(54 Prozent) pflegt mehr als<br />

39 Stunden pro Woche. 75 Prozent<br />

der Eltern – in der Regel die Mütter<br />

– berichten, ihre Arbeitszeit deshalb<br />

reduziert zu haben. Nur wenige<br />

Familien mit pflegebedürftigen<br />

Kindern nutzen außerhäusliche<br />

Pflegeunterstützungen.<br />

Kurzzeitpflege wird von 18 Prozent,<br />

Tages- oder Nachtpflege gerade<br />

mal von drei Prozent in Anspruch<br />

genommen.Julia Frediani<br />

Info<br />

Die komplette Studie des VdK<br />

und der Hochschule Osnabrück<br />

ist online abrufbar unter vdk.de/<br />

vdk-pflegestudie


Bundesverbandstag<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

3<br />

„Der VdK ist der größte Fanclub des Sozialstaats“<br />

Bundeskanzler Scholz und führende Vertreter der Parteien würdigen beim Bundesverbandstag die Bedeutung des VdK<br />

Am dritten Tag des Bundesverbandstags<br />

in Berlin kommen traditionell<br />

Spitzenpolitiker der Parteien<br />

und Regierungsvertreter zu<br />

Wort. Kanzler Olaf Scholz sprach<br />

per Video-Botschaft zu den Anwesenden,<br />

CDU-Generalsekretär<br />

Mario Czaja, Linken-Parteichefin<br />

Janine Wissler, die Grünen-Vorsitzende<br />

Ricarda Lang, der sozialpolitische<br />

Sprecher der FDP, Pascal<br />

Kober, und Gesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach folgten der Einladung<br />

des VdK und hielten ihre<br />

Reden vor Ort. Verena Bentele<br />

nutzte die Gunst der Stunde und<br />

adressierte die Forderungen des<br />

VdK an die Polit-Prominenz.<br />

Doch bevor die frisch im Amt<br />

bestätigte Präsidentin zum sozialpolitischen<br />

Teil überleitete, stellte<br />

sie sich im mit rund 300 Gästen voll<br />

besetzten Saal des Berliner Hotels<br />

„Maritim proArte“ den launigen<br />

Fragen von Sven Lorig. Der bekannte<br />

Fernsehmoderator und<br />

Journalist führte kurzweilig durch<br />

das Programm und wollte wissen,<br />

was die VdK-Bundesverbandstage<br />

2018 und <strong>2023</strong> voneinander unterscheide.<br />

Bentele musste nicht lange<br />

überlegen. Damals sei es aufregend<br />

gewesen, weil sie neu ins Amt gewählt<br />

wurde. In diesem Jahr sei es<br />

spannend, da der VdK eine neue<br />

Satzung verabschieden würde: „Wir<br />

werden jünger, weiblicher und wilder“,<br />

brachte sie die Änderungen<br />

mit ihren Worten auf den Punkt –<br />

und fügte lächelnd hinzu: „Auch<br />

wenn das so natürlich nicht in der<br />

Satzung oder im Zielbild steht“.<br />

Pointiert in ihren Formulierungen<br />

und zudem gewohnt deutlich<br />

zeigte sie sich dann auch in ihrer<br />

Rede. Der VdK sei „der größte Fanclub<br />

des Sozialstaats“, so Bentele.<br />

Deshalb bewahre er sich seinen<br />

kritischen Blick darauf, was nicht<br />

funktioniert. Und da gibt es eine<br />

ganze Menge, das nicht zu übersehen<br />

ist. Corona, Krieg und Inflation<br />

hätten die Schere zwischen<br />

Arm und Reich weiter geöffnet.<br />

„Während die einen Gewinne machen,<br />

werden die anderen immer<br />

ärmer“, so die Präsidentin.<br />

Alle sollen einzahlen<br />

Bentele ging auf die Missstände<br />

ein: Endlich müssten alle in die<br />

sozialen Sicherungssysteme einzahlen,<br />

um das soziale Netz zu<br />

stabilisieren, rief sie und bekam<br />

großen Applaus vom Publikum.<br />

Einen „Gruß an die Mindestlohnkommission“<br />

verband sie mit der<br />

Forderung nach einem Mindestlohn<br />

von 14 Euro. „Wir brauchen<br />

faire Löhne, damit es gute Renten<br />

Verena Bentele nahm nach ihrer Rede zwischen Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke, und CDU-Generalsekretär<br />

Mario Czaja Platz. Eingerahmt wurde das Trio von den Präsidiumsmitgliedern Regina Bunge (rechts)<br />

und Paul Weimann (links). Fotos: Henning Schacht (4)<br />

gibt.“ Der VdK habe aber nicht<br />

ausschließlich die Rentnerinnen<br />

und Rentner, sondern alle im<br />

Blick. Denn der Kampf gegen Armut<br />

fange bereits mit dem Tag der<br />

Geburt an. Deshalb mache sich der<br />

VdK für eine Kindergrundsicherung<br />

stark. „Wir können nicht<br />

hinnehmen, dass in diesem Land<br />

jeder fünfte Mensch unter 18 Jahren<br />

armutsgefährdet ist“, bekräftigte<br />

sie ihre Forderung an die<br />

Ampel, endlich die Parteipolitik<br />

beiseite zu lassen und zum Wohl<br />

der Kinder zu handeln.<br />

Vieles zu bürokratisch<br />

Bentele warnte vor einer „Abwertung<br />

der wichtigsten Währung. Das<br />

ist das Vertrauen in den Sozialstaat“.<br />

Vieles sei zu bürokratisch<br />

und überfordere die Menschen. Bei<br />

der Frage zur Finanzierung des<br />

Heizungsumbaus etwa müsse es<br />

eine sozial gerechte Lösung geben.<br />

Viele Menschen hätten schon heute<br />

keine Rücklagen für Ausgaben<br />

wie eine neue Heizung. „Deshalb<br />

stellen wir uns auf die Seite derer,<br />

die beim Heizungsaustausch Unterstützung<br />

brauchen. Es dürfen nicht<br />

alle die gleiche Förderung erhalten“,<br />

so ihr Appell an die Regierung,<br />

das Gesetz zu überarbeiten.<br />

Mit Blick auf die Nächstenpflege-<br />

Kampagne des VdK kritisierte Bentele,<br />

dass die häusliche Pflege nicht<br />

den angemessenen Stellenwert in<br />

der Ampel-Koalition habe. In dem<br />

Gesetzentwurf zur Pflegereform<br />

vermisse sie die Ansätze, die pflegenden<br />

Angehörigen und Pflegebedürftigen<br />

wirklich helfen würden.<br />

Konkreter wurde sie später,<br />

als sie Gesundheitsminister Lauterbach<br />

die VdK-Pflegestudie überreichte<br />

(siehe Seite 2).<br />

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach<br />

per Video-Botschaft. Foto: VdK<br />

Bundeskanzler Olaf Scholz<br />

übermittelte in seiner Video-Botschaft<br />

seinen Dank an den VdK,<br />

der wichtiger sei denn je. „Die<br />

Einschätzungen des VdK geben<br />

uns in der Bundesregierung eine<br />

wichtige Orientierung für unsere<br />

Sozialpolitik.“ Deshalb „fließen<br />

Ihre Empfehlungen auch häufig in<br />

unsere Gesetze mit ein“, so Scholz.<br />

„Wir sind im gleichen Fanclub“,<br />

stellte CDU-Generalsekretär Mario<br />

Czaja zu Beginn seiner Rede<br />

fest und griff Benteles Worte zum<br />

Sozialstaat auf. Er sei dem VdK<br />

sehr dankbar für die Demo ohne<br />

Menschen im Rahmen der Nächstenpflege-Kampagne.<br />

Es sei wichtig,<br />

dass im Pflegeunterstützungsund<br />

Entlastungsgesetz das Entlastungsbudget<br />

wieder aufgenommen<br />

werde, weil es den pflegenden<br />

Angehörigen helfe. „Gut, dass wir<br />

in diesem Punkt an einem Strang<br />

ziehen“, sagte Czaja.<br />

Die Vorsitzende der Grünen,<br />

Ricarda Lang, sprach sich für<br />

Nachbesserungen bei Bürgergeld<br />

und Mindestlohn aus und wies auf<br />

die „unsichtbare Säule unseres<br />

Gesundheitssystems hin: die pflegenden<br />

Angehörigen“. Bei der Finanzierung<br />

der Pflege würden<br />

Löcher gestopft. „Stattdessen<br />

brauchen wir eine Versicherung, in<br />

die alle einzahlen.“ Bereits jetzt<br />

würden sich die Leistungen von<br />

privater und gesetzlicher Pflegeversicherung<br />

kaum voneinander<br />

unterscheiden.<br />

Sie wolle nicht hinnehmen, dass<br />

bei armen Menschen das Gefühl<br />

entstehe, dass Armut kein gesellschaftliches<br />

Problem sei, sondern<br />

der Grund dafür im individuellen<br />

Versagen der Betroffenen liege.<br />

„Wir müssen diese Menschen stärken,<br />

statt sie zu unterdrücken“,<br />

sagte Lang. Es sei wichtig, die Familien<br />

zu erreichen, denen das<br />

Geld für die Entwicklung ihrer<br />

Kinder fehle. „Die Kindergrundsicherung<br />

ist mehr als eine Verwaltungsreform<br />

oder ein Digitalisierungsprojekt.“<br />

Erst soziale Frage klären<br />

Im Kampf gegen die Klimakrise,<br />

so die Grünen-Chefin, müsse bei<br />

allen Maßnahmen die soziale Frage<br />

immer als Erstes geklärt werden.<br />

Damit spielte Lang auf das<br />

Heizungsgesetz an und sprach<br />

vielen Anwesenden aus der Seele.<br />

Pascal Kober, sozialpolitischer<br />

Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion,<br />

würdigte den VdK als „starke<br />

Stimme in der Sozialpolitik“. Seiner<br />

Meinung nach wird soziale<br />

Gerechtigkeit zu sehr auf das zur<br />

Verfügung stehende Geld reduziert.<br />

Die Frage, welche Förderung<br />

Menschen benötigen, um ihre Fähigkeiten<br />

zu entwickeln, spiele<br />

eine zu geringe Rolle. Gerechtigkeit<br />

sei „nicht nur Verteilungsgerechtigkeit,<br />

sondern auch Befähigungsgerechtigkeit“.<br />

Der FDP<br />

gehe es um einen „ganzheitlichen<br />

Armutsbegriff“. Ziel müsse sein,<br />

die Potenziale der Menschen zu<br />

erkennen und zu entwickeln.<br />

Janine Wissler, Vorsitzende der<br />

Partei Die Linke, bezeichnete es als<br />

Schande für Deutschland, dass die<br />

Regierung die Armut nicht bekämpfe.<br />

Sie kritisierte die zu geringen<br />

Regelsätze beim Bürgergeld und<br />

forderte, dass die Kindergrundsicherung<br />

sofort kommen müsse.<br />

Eine klare Absage erteilte Wissler<br />

einer Erhöhung des Renteneintrittsalters.<br />

„Das ist eine Rentenkürzung<br />

für Menschen, die hart<br />

arbeiten.“ Sie warb zudem für<br />

bessere Löhne für das Pflegepersonal:<br />

„Ich habe mit einer Frau<br />

gesprochen, die 45 Jahre in der<br />

Altenpflege gearbeitet hat, aber<br />

sich im Alter keinen Pflegeheimplatz<br />

leisten konnte.“<br />

Großes Interesse<br />

Ums Geld ging es auch bei Gesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach.<br />

Die Ausgaben in der Pflegeversicherung<br />

würden schneller<br />

wachsen als bei Sozial-, Krankenoder<br />

Rentenversicherung, sagte er<br />

und kündigte an zu prüfen, ob<br />

mehr Steuermittel genutzt werden<br />

könnten. Langfristig sei ebenfalls<br />

über eine Zusammenführung der<br />

Pflegeversicherungen zu befinden.<br />

Lauterbach warb darum, Kritik<br />

mit Augenmaß zu formulieren:<br />

„Die Qualität der Pflege ist gegeben.<br />

Lassen Sie uns nicht kaputtreden,<br />

nicht geringschätzen, was<br />

wir erreicht haben.“<br />

Beim VdK hatte er sich zuvor für<br />

den kritischen, aber fairen Umgang<br />

bedankt. Der Gesundheitsminister<br />

kündigte an, die zuvor<br />

von Verena Bentele überreichte<br />

VdK-Pflegestudie „mit großem<br />

Interesse“ zu lesen. Dann verabschiedete<br />

er sich, um im Kabinett<br />

weiter über die Pflegereform zu<br />

verhandeln. Bentele kommentierte<br />

Lauterbachs Auftritt anschließend<br />

erfreut unter dem Applaus der Zuhörer:<br />

„Er nimmt was von uns mit<br />

in die Verhandlung. Das haben wir<br />

gut gemacht.“ Jörg Ciszewski<br />

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang: Pflegende<br />

Angehörige sind die unsichtbare Säule des Gesundheitssystems.<br />

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Nicht kaputtreden,<br />

was bislang in der Pflege erreicht wurde.<br />

Pascal Kober (FDP): Soziale Gerechtigkeit<br />

nicht aufs Geld reduzieren.


4 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Bundesverbandstag<br />

VdK-Führungsgremien gewählt<br />

Delegierte haben darüber abgestimmt, wer sie im Präsidium, Bundesausschuss, Schiedsgericht und in der Revision vertritt<br />

184 Delegierte haben am 16. Mai<br />

auf dem 19. Ordentlichen Bundesverbandstag<br />

in Berlin über die<br />

Zusammensetzung ihrer Führungsgremien<br />

entschieden. Die Mitglieder<br />

von Präsidium, Bundesausschuss<br />

und Schiedsgericht sowie<br />

die Revisoren wurden für die kommenden<br />

vier Jahre gewählt.<br />

Mit farbigen Stimmkarten wurde<br />

bei den Wahlen abgestimmt.<br />

Der Vorsitzende des Bundesausschusses Friedrich Stubbe (links) mit dem neuen VdK-Präsidium (von links nach<br />

rechts): Vizepräsidentin Regina Bunge, Vizepräsident Horst Vöge, Schriftführer Willi Jäger, Schatzmeister<br />

Konrad Gritschneder, Präsidentin Verena Bentele, Vizepräsidentin und Vertreterin der Frauen Katharina Batz<br />

sowie die Vizepräsidenten Wolfgang Krause und Paul Weimann. <br />

Fotos: Henning Schacht<br />

Der Bundesverbandstag ist das<br />

höchste beschließende Organ des<br />

VdK. Er wird in der Regel alle vier<br />

Jahre durch das Präsidium einberufen.<br />

Durch die Corona-Pandemie<br />

musste er um ein Jahr auf <strong>2023</strong><br />

verschoben werden. Organisiert<br />

und durchgeführt wurde er von<br />

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

der Bundesgeschäftsstelle.<br />

Für die Gremien, die bundesweit<br />

zusammenarbeiten, stellen sich<br />

VdK-Mitglieder aus den Landesverbänden<br />

zur Wahl. Eines davon<br />

ist das Präsidium. Dieses führt laut<br />

Satzung über die Bundesgeschäftsstelle<br />

die Geschäfte des Bundesverbands.<br />

Der Bundesausschuss<br />

hat die Aufgabe, den Haushalt zu<br />

beschließen, die Jahresrechnung<br />

festzustellen sowie die Kassenund<br />

Revisionsberichte entgegenzunehmen.<br />

Die Revisoren prüfen<br />

zum Beispiel den Jahresabschluss<br />

und das Rechnungswesen. Sie sind<br />

nur dem Bundesverbandstag und<br />

dem Bundesausschuss gegenüber<br />

verantwortlich. Das Schiedsgericht<br />

entscheidet über Streitigkeiten,<br />

die aus der Satzung des Bundesverbands<br />

resultieren. Bundesausschuss,<br />

Schiedsgericht und<br />

Revision wurden bereits nach der<br />

auf diesem Bundesverbandstag<br />

neugefassten Satzung gewählt.<br />

Diese muss noch im Vereinsregister<br />

eingetragen werden.<br />

Präsidium<br />

Präsidentin Verena Bentele<br />

(Bayern), Vizepräsidentin und<br />

Vertreterin der Frauen Katharina<br />

Batz (Nordrhein-Westfalen), Vizepräsidentin<br />

Regina Bunge (Nord),<br />

Vizepräsident Wolfgang Krause<br />

(Saarland), Vizepräsident Horst<br />

Vöge (Nordrhein-Westfalen), Vizepräsident<br />

Paul Weimann (Hessen-Thüringen),<br />

Bundesschatzmeister<br />

Konrad Gritschneder<br />

(Bayern) und Schriftführer Willi<br />

Jäger (Rheinland-Pfalz).<br />

Bundesausschuss<br />

Die Vorsitzenden der Landesverbände<br />

gehören dem Bundesausschuss<br />

automatisch an, es sei denn,<br />

sie oder er ist Mitglied im Präsidium.<br />

Dann wird stattdessen die<br />

oder der stellvertretende Landesvorsitzende<br />

in den Bundesausschuss<br />

berufen. Weitere 28 Mitglieder<br />

sowie Ersatzmitglieder wurden<br />

gewählt.<br />

Als Vorsitzender des Bundesausschusses<br />

wurde Friedrich Stubbe<br />

(Landesvorsitzender Niedersachsen-Bremen)<br />

im Amt bestätigt.<br />

Weitere Mitglieder sind:<br />

Ÿ Baden-Württemberg<br />

Hans-Josef Hotz (Landesvorsitzender),<br />

Werner Raab, Sandra<br />

Hertha, Siegfried Staiger. Ersatzmitglieder:<br />

Jürgen Neumeister,<br />

Angelika Schiele-Baun, Ernst<br />

Schilling.<br />

Ÿ Bayern<br />

Hans-Joachim Werner (stellv.<br />

Landesvorsitzender), Heinz Heeg,<br />

Antje Dietrich, Hermann Imhof,<br />

Erwin Manger, Ulrike Mascher,<br />

Beate Schießl-Sedlmeier, Claudia<br />

Spiegel, Alexander Wunderlich.<br />

Ersatzmitglieder: Werner Böll,<br />

Maria Bördlein, Carola Brust, Josef<br />

Fürst, Gertrud Gokorsch, Helga<br />

Koch, Michael Pausder.<br />

Ÿ Berlin-Brandenburg<br />

Ralf Bergmann (Landesvorsitzender),<br />

Hannelore Schmolling.<br />

Ersatzmitglieder: Sigrid Parschauer,<br />

Hans-Günter Brochwitz, Steffen<br />

Schulz.<br />

Ÿ Hamburg<br />

Renate Schommer (Landesvorsitzende),<br />

Carmen Zakrzewski.<br />

Ersatzmitglieder: keine.<br />

Ÿ Hessen-Thüringen<br />

Ursula König-Schneyer (stellv.<br />

Landesvorsitzende), Dr. Rex-<br />

Oliver Wagner, Horst Gunnesch,<br />

Gabriele Heinebrodt. Ersatzmitglieder:<br />

Hiltrud Korb, Hans-Joachim<br />

Prassel, Dr. Daniela Sommer.<br />

Ÿ Mecklenburg-Vorpommern<br />

Dr. Rainer Boldt (Landesvorsitzender),<br />

Kristina Reichert. Ersatzmitglieder:<br />

Karin Rosenow, Monika-Irmgard<br />

Mehl, Dietrich Raether.<br />

Ÿ Niedersachsen-Bremen<br />

Friedrich Stubbe (Landesvorsitzender),<br />

Anke Erlach. Ersatzmitglieder:<br />

Jutta Lorentzen, Miriam<br />

Wagner, Gunda Menkens.<br />

Ÿ Nord<br />

Joachim Falkner (stellv. Landesvorsitzender),<br />

Heidi Lyck. Ersatzmitglieder:<br />

Peter Lassen, Annelie<br />

P. Heydorn, Nicola Bode.<br />

Ÿ Nordrhein-Westfalen<br />

Peter Jeromin (stellv. Landesvorsitzender),<br />

Wilfried Böhm, Thomas<br />

Schmidt, Sandra Wehmeier, Josef<br />

Weiner. Ersatzmitglieder: Gudrun<br />

Pohl, Anja Wagner, Robert Walter,<br />

Carsten Ohm.<br />

Ÿ Rheinland-Pfalz<br />

Werner Faber (stellv. Landesvorsitzender),<br />

Anita Winkler,<br />

Karl-Rainer Heiderich. Ersatzmitglieder:<br />

Veronika Beckel,<br />

Christa Schulz, Rainer Zins, Ulrich<br />

Stilz.<br />

Ÿ Saarland<br />

Armin Lang (Landesvorsitzender),<br />

Gerlinde Koletzki-Rau. Ersatzmitglieder:<br />

Karin Lawall, Daniel<br />

Bieber, Wolfgang Steiner.<br />

Ÿ Sachsen<br />

Horst Wehner (Landesvorsitzender),<br />

Marina Lemke. Ersatzmitglieder:<br />

Uwe Adamczyk, Ute Franke,<br />

Jörg Gebert.<br />

Ÿ Sachsen-Anhalt<br />

Tino Sorge (Landesvorsitzender).<br />

Ersatzmitglieder: keine.<br />

Schiedsgericht<br />

Heribert Rech (Baden-Württemberg),<br />

Martin Wegner (Rheinland-Pfalz),<br />

Dr. Michael Schmitt<br />

(Nordrhein-Westfalen).<br />

Revisoren<br />

Thimo Schlär (Rheinland-Pfalz),<br />

André Surray (Niedersachsen-Bremen).<br />

Stellvertretende Revisoren:<br />

Hans Ulrich Wolf (Rheinland-<br />

Pfalz), Jürgen Dannhauer (Hessen-<br />

Thüringen). Kristin Enge<br />

VdK-TV<br />

VdK-TV hat den Bundesverbandstag<br />

begleitet. Eine Rückschau auf<br />

die Veranstaltung finden Sie auf<br />

dem VdK-Videoportal:<br />

VdK-Videoportal<br />

www.vdktv.de<br />

Ein großer Dank für ehrenamtliches Engagement<br />

VdK-Ehrenamtliche, die aus den Führungsgremien ausgeschieden sind, wurden auf dem Bundesverbandstag geehrt<br />

Die vielen ehrenamtlich Engagierten<br />

sind das Herz des Sozialverbands<br />

VdK. Sie machen den Verband<br />

zu dem, was er heute ist: der<br />

größte Sozialverband in Deutschland.<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />

dankte den Mitgliedern, die<br />

die positive Entwicklung des VdK<br />

in den vergangenen fünf Jahren<br />

aktiv mitgestaltet haben, für ihren<br />

wertvollen persönlichen Einsatz.<br />

Einen großen Dank für ihr Engagement<br />

sprach VdK-Präsidentin<br />

Verena Bentele den Mitgliedern<br />

aus, die aus dem Bundesausschuss<br />

ausgeschieden sind, dem VdK aber<br />

weiterhin in der aktuellen Wahlperiode<br />

als Ersatzmitglieder zur<br />

Verfügung stehen:<br />

Jürgen Neumeister (Baden-Württemberg),<br />

Werner Böll (Bayern),<br />

Josef Fürst (Bayern), Steffen Schulz<br />

(Berlin-Brandenburg), Jutta Lorentzen<br />

(Niedersachsen-Bremen),<br />

Annelie P. Heydorn (Nord), Christa<br />

Schulz (Rheinland-Pfalz), Rainer<br />

Zins (Rheinland-Pfalz) und<br />

Karin Lawall (Saarland).<br />

Des Weiteren dankte Bentele<br />

den Mitgliedern des Bundesausschusses,<br />

die nicht mehr zur Wahl<br />

angetreten sind, für ihre geleistete<br />

Arbeit: Rudi Göbel (Bayern), Helma<br />

Schnell-Kretschmer (Hessen-<br />

Thüringen), Sigrid Möller, (Mecklenburg-Vorpommern),<br />

Bernhard<br />

Greßmeyer (Nordrhein-Westfalen),<br />

Erika Heckmann (Nordrhein-Westfalen)<br />

sowie Werner<br />

Faber (Rheinland-Pfalz).<br />

Auch Anke Erlach (Niedersachsen-Bremen),<br />

die das Amt der Revisorin<br />

innehatte, wurde von<br />

Bentele für ihr Engagement für den<br />

VdK geehrt. Sie scheidet als Revisorin<br />

aus, wird sich aber als Mitglied<br />

des Bundesausschusses weiterhin<br />

für den VdK engagieren.<br />

Kristin Enge<br />

Nach der Ehrung: Die ehrenamtlich Engagierten, die in der vergangenen Wahlperiode in den bundesweiten<br />

VdK-Führungsgremien aktiv waren, mit VdK-Präsidentin Verena Bentele und Bundesgeschäftsführer Andreas<br />

Wallenborn (Mitte).


So hilft der VdK<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

5<br />

Erst ein Brief an den Vorstand half<br />

VdK erkämpfte Elektrorollstuhl für Mitglied, nachdem die Krankenkasse sich mit allen Mitteln verweigert hatte<br />

Die Krankenkasse brauchte vier<br />

Monate, um den Antrag von<br />

Mustafa B.* auf einen Elektrorollstuhl<br />

zu prüfen – und lehnte dann<br />

ab. B. stand plötzlich ohne funktionierenden<br />

Rollstuhl da, weil in der<br />

Zwischenzeit die Gewährleistung<br />

für sein defektes Modell abgelaufen<br />

war. Der VdK Niedersachsen-<br />

Bremen setzte eine Übergangsversorgung<br />

durch und legte Widerspruch<br />

gegen die Ablehnung ein.<br />

Doch erst ein Brief des VdK an den<br />

Krankenkassenvorstand half.<br />

Mustafa B. und die beiden jungen VdK-Mitglieder Eva und Simon, die<br />

sich über das gewonnene Verfahren gemeinsam freuten. Foto: privat<br />

Mustafa B. ist ein Kämpfer. Als<br />

junger Mann hat er geboxt, Fußball<br />

gespielt, im Sport immer alles<br />

gegeben. Doch vor 20 Jahren begann<br />

sein rechtes Knie zu schmerzen.<br />

Es war ständig entzündet. Als<br />

das Gelenk 2007 zudem bei einem<br />

Verkehrsunfall verletzt wurde,<br />

erhielt er ein künstliches Knie.<br />

Zahlreiche Operationen später<br />

geht es ihm allerdings nicht besser.<br />

Seit zehn Jahren sitzt der 58-Jährige<br />

im Rollstuhl und leidet unter<br />

chronischen Schmerzen.<br />

Im vergangenen Jahr kam zu<br />

seiner Leidensgeschichte ein weiteres<br />

Kapitel hinzu. Seine Krankenkasse<br />

verweigerte ihm beharrlich<br />

die Weiterversorgung mit einem<br />

E-Rollstuhl. „Die haben mir<br />

immer wieder Steine in den Weg<br />

gelegt. Das hat mich nervlich sehr<br />

belastet“, sagt das VdK-Mitglied.<br />

Was war passiert? B. hatte im<br />

Sommer 2022 einen Elektrorollstuhl<br />

beantragt. Der Gewährleistungszeitraum<br />

für seinen bisherigen<br />

Rollstuhl lief im Oktober ab. Bis<br />

dahin, dachte er, wird die Kasse<br />

den Antrag bearbeitet haben.<br />

VdK stellt Eilantrag<br />

Doch das war ein Irrtum. Die<br />

Krankenkasse zog die Antragsprüfung<br />

mit vielen Nachfragen in die<br />

Länge – obwohl B. Atteste und<br />

eine Verordnung einreichte, die<br />

belegten, dass das beantragte Modell<br />

für ihn aus medizinischer<br />

Sicht notwendig ist. B. leidet sowohl<br />

in der Schulter als auch in<br />

den Händen an Arthrose. Deshalb<br />

sollte der Rollstuhl elektrisch verstellbar<br />

sein. Die Kostenrechnung<br />

für das Modell lag bei 15 000 Euro.<br />

Als die Kasse den Antrag im Dezember<br />

ablehnte, war sein bisheriger<br />

Rollstuhl kaputt und konnte<br />

nicht mehr repariert werden.<br />

VdK-Rechtsberater Kai Pöpken<br />

stellte daraufhin einen Eilantrag<br />

beim Sozialgericht Oldenburg,<br />

weil sein Mandant ohne Rollstuhl<br />

das Haus nicht mehr verlassen<br />

konnte. Darunter litt er auch psychisch.<br />

Die Krankenkasse sah jedoch<br />

keine Eilbedürftigkeit und<br />

weigerte sich, die Kosten für einen<br />

Rollstuhl zu übernehmen. Als das<br />

Sozialgericht sie dazu verpflichtete,<br />

erhielt B. ein zehn Jahre altes<br />

Modell – und die Krankenkasse<br />

wollte weiterhin nicht zahlen. Pöpken<br />

legte dagegen Beschwerde<br />

beim Landessozialgericht ein und<br />

bekam Recht.<br />

Die Kostenübernahme für den<br />

geliehenen E-Rollstuhl war geklärt,<br />

doch der eigentliche Antrag<br />

auf einen neuen E-Rollstuhl noch<br />

immer nicht. Der VdK legte also<br />

Widerspruch gegen die Ablehnung<br />

ein. Als die Krankenkasse darauf<br />

nicht reagierte, schrieb Pöpken<br />

kurzerhand den Krankenkassenvorstand<br />

direkt an und setzte eine<br />

Frist, um weitere Verzögerungen<br />

zu vermeiden. Er teilte dem Vorstand<br />

mit, dass die Krankenkasse<br />

entgegen der Einschätzung des<br />

Medizinischen Dienstes und der<br />

Gerichte „mit fadenscheinigen und<br />

zum Teil widersprüchlichen Argumenten“<br />

die Versorgung ablehne.<br />

Dann die Überraschung: Nach<br />

einer guten Woche erhielt Mustafa<br />

B. die Bewilligung für die Versorgung<br />

mit dem beantragten Rollstuhl.<br />

Auch wenn sich die Lieferung<br />

verzögert, ist Mustafa B.<br />

heilfroh über das gute Ende: „Ich<br />

bin dem VdK dankbar, dass er an<br />

meiner Seite stand und mir geholfen<br />

hat, als es mir sehr schlecht<br />

ging.“ <br />

Jörg Ciszewski<br />

*Name der Redaktion bekannt<br />

Schwieriger Kampf um Anerkennung<br />

VdK erreicht Merkzeichen für Mitglied mit Fetalen Alkoholspektrum-Störungen<br />

Foto: picture alliance/Zoonar rotoGraphics<br />

Jährlich kommen in Deutschland<br />

etwa 10 000 Kinder mit einer<br />

schweren Erkrankung auf die Welt,<br />

den sogenannten Fetale Alkoholspektrum-Störungen<br />

(Fetal Alcohol<br />

Spectrum Disorders, FASD). Die<br />

Symptome sind vielschichtig und<br />

werden oft fehlgedeutet. Betroffene<br />

müssen um die Anerkennung als<br />

Menschen mit einer lebenslangen<br />

Behinderung kämpfen. Der VdK half<br />

dem Mitglied Kevin T. dabei.<br />

Ursache für die Erkrankung ist<br />

Alkoholkonsum der Mutter während<br />

der Schwangerschaft. Patienten<br />

mit FASD fehlt häufig die Fähigkeit,<br />

vorausschauend zu handeln,<br />

Gelerntes umzusetzen,<br />

Vereinbarungen einzuhalten und<br />

Konflikte zu lösen, was in ihrem<br />

Umfeld immer wieder zu Unverständnis<br />

und Spannungen führt.<br />

Alkoholkonsum in der Schwangerschaft<br />

ist gefährlich für das Kind.<br />

Auch VdK-Mitglied Kevin T. aus<br />

dem Landkreis Soest leidet an<br />

FASD. Aufgrund dieser Diagnose<br />

wurde ihm ein Grad der Behinderung<br />

von 50 zuerkannt, der später<br />

auf 70 heraufgesetzt wurde. Ein<br />

Gutachten bescheinigte Kevin T.<br />

eine unterdurchschnittliche Intelligenz<br />

und Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Seinen Führerschein musste<br />

er abgeben, seine Ausbildung zum<br />

Pferdepfleger brach er ab. Für ihn<br />

wurde außerdem das Merkzeichen<br />

„H“ für Hilflosigkeit beantragt,<br />

was das Landratsamt Soest allerdings<br />

ablehnte.<br />

Auf Hilfe angewiesen<br />

Als „hilflos“ im Sinne des Sozialrechts<br />

gilt, wer für regelmäßig<br />

wiederkehrende, alltägliche Verrichtungen<br />

auf fremde Hilfe angewiesen<br />

ist oder ständig dabei überwacht<br />

oder angeleitet werden<br />

muss. Genauso beschreiben die<br />

Pflegeeltern von Kevin T. das Leben<br />

mit ihrem Sohn. Er sei nicht in<br />

der Lage, seinen Tagesablauf sinnvoll<br />

und selbstständig zu gestalten.<br />

Ohne ihre Unterstützung würde er<br />

morgens nicht aufstehen, sich<br />

nicht waschen, anziehen oder etwas<br />

essen oder trinken. Jede Störung<br />

des vertrauten Ablaufs werfe<br />

ihn vollends aus der Bahn. Einkaufen<br />

gehen könne er nicht, weil<br />

er keinen Begriff vom Wert des<br />

Geldes habe. Im Straßenverkehr<br />

würde er Risiken falsch einschätzen.<br />

Der VdK legte Widerspruch<br />

gegen die Ablehnung des Merkzeichens<br />

„H“ ein. Das Landratsamt<br />

wies diesen zurück. Was folgte, war<br />

die Klage vor dem Sozialgericht in<br />

Dortmund, wo T. durch die dortige<br />

VdK-Rechtsabteilung vertreten<br />

wurde.<br />

VdK-Juristin Elahe Jafari-Neshat<br />

konnte erreichen, dass Professor<br />

Hans-Ludwig Spohr, Kinderarzt<br />

und Gründer des FASD-Zentrums<br />

an der Berliner Charité, als Gutachter<br />

hinzugezogen wurde. In<br />

seinem Gutachten hob er hervor,<br />

dass die notwendige Überwachung<br />

von T. vor allem, wenn er sich außerhalb<br />

der häuslichen Umgebung<br />

bewege, „einen wesentlichen Anteil<br />

der Pflegeverrichtung“ ausmache.<br />

Außerdem müsse er in seiner<br />

körperlichen und geistigen Entwicklung<br />

ständig beobachtet und<br />

gefördert werden, wodurch seine<br />

Hilflosigkeit begründet sei. Das<br />

Dortmunder Sozialgericht schloss<br />

sich schließlich dieser Meinung an<br />

und verurteilte das Landratsamt<br />

Soest dazu, das Merkzeichen „H“<br />

bei Kevin T. anzuerkennen. Alles,<br />

was zur Alltagsbewältigung dazugehöre,<br />

sei bei dem jungen Mann<br />

nur mit „Druck und Kontrolle“<br />

möglich.<br />

Das Merkzeichen „H“ ist unter<br />

anderem ausschlaggebend für steuerliche<br />

Vorteile, für den Anspruch<br />

auf Kraftfahrzeughilfe oder die<br />

kostenfreie Nutzung des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs.<br />

Barbara Goldberg<br />

*Name der Redaktion bekannt


6 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Politik<br />

Wohnungsnot im Alter droht<br />

Mangelnde Barrierefreiheit und hohe Mieten kommen auf künftige Rentnergeneration zu<br />

In Deutschland fehlen heute schon<br />

2,2 Millionen altersgerechte Wohnungen.<br />

Und der Bedarf steigt in<br />

den nächsten Jahren deutlich an.<br />

Zudem kämpfen immer mehr Rentnerinnen<br />

und Rentner mit hohen<br />

Ausgaben für Miete und Wohnen.<br />

Das Pestel-Institut warnt vor einer<br />

„grauen Wohnungsnot“.<br />

Im Auftrag des Bundesverbands<br />

Deutscher Baustoff-Fachhandel<br />

hat das Pestel-Institut eine Studie<br />

zur Wohnsituation älterer Menschen<br />

durchgeführt. Nur 600 000<br />

Rentnerhaushalte sind barrierefrei<br />

ausgestattet, also ohne Treppen<br />

erreichbar, für die Nutzung von<br />

Rollstuhl oder Gehhilfen geeignet<br />

und mit einem schwellenlosen Zugang<br />

zur Dusche versehen.<br />

Der Bedarf an solchen Wohnungen<br />

ist viel größer. Bereits heute<br />

fehlen 2,2 Millionen altersgerechte<br />

Wohnungen. Durch das Hineinwachsen<br />

der sogenannten „Babyboomer“<br />

ins Rentenalter wird die<br />

Nachfrage enorm steigen. Das<br />

Pestel-Forschungsteam schätzt,<br />

dass 2040 bereits 3,3 Millionen<br />

barrierefreier Wohnungen nötig<br />

sind, damit ältere Menschen so<br />

lange wie möglich selbstbestimmt<br />

zu Hause leben können.<br />

Bei ihren Berechnungen geht das<br />

Institut davon aus, dass etwa ein<br />

Viertel der Seniorenhaushalte wegen<br />

der gesundheitlichen Situation<br />

der Haushaltsangehörigen in einer<br />

mindestens barrierearmen Umgebung<br />

leben müsste. Die heute 50-<br />

bis 65-Jährigen sind gesundheitlich<br />

Viele Mehrfamilienhäuser sind für ältere Menschen mit Gehbehinderung<br />

nicht barrierefrei.<br />

Foto: picture alliance/photothek/Ute Grabowsky<br />

meist noch wenig eingeschränkt<br />

und leben oft in älterem Immobilienbestand.<br />

Bis 2040 werden sie<br />

also wesentlich mehr barrierearme<br />

Wohnungen benötigen als bis dahin<br />

wieder freigeworden sind. Auf<br />

diese Herausforderung seien der<br />

Immobilienmarkt und auch die<br />

Wohnungspolitik absolut nicht<br />

vorbereitet.<br />

Dieser Aspekt verschärft die<br />

ohnehin schon vorhandene Wohnungsnot.<br />

Bezahlbaren Wohnraum<br />

zu finden, ist heute für immer mehr<br />

Menschen ein Problem. Auch ein<br />

Durchschnittseinkommen genügt<br />

in vielen Regionen Deutschlands<br />

nicht mehr, um eine angemessene<br />

Wohnung bezahlen zu können.<br />

Gleichzeitig stagniert der Wohnungsneubau.<br />

Wurden 1996 noch<br />

600 000 Wohnungen fertig gestellt,<br />

waren es 2022 nur etwa 280 000.<br />

Komfort ist teuer<br />

In neu gebauten oder sanierten<br />

Wohnhäusern werden öfter Merkmale<br />

der Barrierefreiheit berücksichtigt,<br />

wie etwa ein schwellenloses<br />

Bad oder Aufzüge in höhere<br />

Stockwerke. Das hat aber seinen<br />

Preis: „Barrierefreiheit ist Komfort,<br />

und Komfort wird über den<br />

Preis und nicht über das Alter erkauft“,<br />

stellt die Pestel-Studie klar.<br />

Für den Mikrozensus wurden<br />

über 65-Jährige nach der Barrierefreiheit<br />

in ihrem Zuhause befragt.<br />

2018 hielten zwölf Prozent ihre<br />

Wohnung für barrierefrei, 2022 mit<br />

16 Prozent etwas mehr. Doch der<br />

Anstieg geht viel zu langsam. Zudem<br />

können Ältere oft wegen geringerer<br />

Einkommen seltener so<br />

ein Wohnumfeld beziehen.<br />

Generell überhitzt der Mietmarkt<br />

in vielen Ballungsräumen<br />

schon seit Jahren, weil immer mehr<br />

Wohnungen aus der Sozialwohnungsbindung<br />

fallen. Letzteres<br />

betrifft viele langjährige Mieterinnen<br />

und Mieter der Babyboomer-Generation.<br />

Zugleich ist der<br />

öffentlich geförderte Wohnungsbau<br />

deutlich heruntergefahren<br />

worden. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs<br />

wird das Wohnen durch<br />

eine enorme Steigerung der Energie-<br />

und Heizkosten noch teurer.<br />

Der Leiter des Pestel-Instituts<br />

Matthias Günther warnte bei der<br />

Vorstellung der Studie im April,<br />

dass künftig zwei Drittel der Seniorenhaushalte,<br />

die zur Miete wohnen,<br />

die steigenden Wohnkosten<br />

nur schwer oder gar nicht mehr<br />

finanzieren könnten und deshalb<br />

deutlich mehr Menschen als heute<br />

auf Sozialleistungen im Alter angewiesen<br />

sein werden. Doch auch<br />

Seniorinnen und Senioren, die im<br />

Eigentum leben, liegen heute zu<br />

fast 20 Prozent unter der Armutsgefährdungsschwelle<br />

und wohnen<br />

zudem in Häusern älterer Baujahre.<br />

Für altersgerechte oder gesetzlich<br />

geforderte Modernisierungsmaßnahmen<br />

fehlen die Rücklagen.<br />

Dr. Bettina Schubarth<br />

Technische Probleme<br />

bei der Teilrente<br />

VdK-Mitglieder berichten, dass es<br />

zurzeit Probleme gibt, wenn die<br />

Deutsche Rentenversicherung<br />

(DRV) die von ihnen beantragte<br />

Teilrente auszahlt.<br />

Seit Anfang des Jahres hat die<br />

Rentenversicherung ihre Regelungen<br />

so angepasst, dass pflegende<br />

Rentnerinnen und Rentner ihre<br />

Rente sehr geringfügig auf eine<br />

99,99-prozentige Teilrente absenken<br />

können. Mit der Wahl einer<br />

Teilrente können pflegende Angehörige<br />

bewirken, dass die Pflegekasse,<br />

nachdem sie die Regelaltersgrenze<br />

erreicht haben, Beiträge zur<br />

Rentenversicherung zahlt.<br />

Ab drittem Quartal<br />

Allerdings berichten VdK-Mitglieder,<br />

dass es bei einzelnen regionalen<br />

Versicherungsträgern der<br />

DRV Probleme gibt, diese Absenkung<br />

auf 99,99 Prozent möglich zu<br />

machen. Auf Nachfrage des VdK<br />

bestätigt die DRV, dass aufgrund<br />

technischer Schwierigkeiten die<br />

Auszahlung einer Teilrente von<br />

99,99 Prozent erst ab dem dritten<br />

Quartal bundesweit möglich sein<br />

wird. Eine genauere Datumsangabe<br />

sei nicht möglich, so die DRV.<br />

Haben Betroffene schon eine Teilrente<br />

von 99,99 Prozent beantragt,<br />

erhalten sie derzeit einen Bescheid<br />

über eine Teilrente von 99 Prozent.<br />

Nach Lösung der technischen Probleme<br />

erhalten sie einen neuen<br />

Rentenbescheid, aus dem die Zahlung<br />

der Teilrente und die Höhe<br />

der Nachzahlung hervorgeht. juf<br />

Bentele führt VdK Bayern<br />

Ulrike Mascher für ihren Einsatz gewürdigt<br />

Beim Landesverbandstag des Sozialverbands<br />

VdK Bayern wurde<br />

die bisherige stellvertretende Vorsitzende<br />

Verena Bentele einstimmig<br />

als Nachfolgerin von Ulrike<br />

Mascher an die Spitze des größten<br />

VdK-Landesverbands gewählt.<br />

Ulrike Mascher war seit 2006<br />

Landesvorsitzende des VdK Bayern<br />

gewesen. Von 2008 bis 2018<br />

führte sie zudem als Präsidentin<br />

den VdK Deutschland. Auch in<br />

dieser Position war ihr Bentele<br />

2018 nachgefolgt.<br />

Die etwa 380 Delegierten aus<br />

allen bayerischen Bezirken verabschiedeten<br />

ihre langjährige Vorsitzende<br />

Mascher emotional und mit<br />

lang anhaltendem stehenden Applaus.<br />

Verena Bentele würdigte<br />

Maschers großen Einsatz für soziale<br />

Gerechtigkeit. Sie habe für den<br />

VdK neue gesellschaftspolitische<br />

Themen wie Armutsbekämpfung<br />

und Angehörigenpflege gesetzt.<br />

Auch im VdK hat sie viel bewegt.<br />

So war die aktive Förderung von<br />

Frauen im Ehren- und Hauptamt<br />

für sie ein wichtiges Thema. In<br />

ihrer Amtszeit wurde die Mitgliederzahl<br />

in Bayern enorm gesteigert:<br />

von 518 000 Mitgliedern 2006<br />

auf heute 780 000.<br />

Der Landesverbandstag fand<br />

turnusgemäß vom 3. bis 5. Mai in<br />

München statt. Nur eineinhalb<br />

Wochen später wurde Verena Bentele<br />

auf dem Bundesverbandstag<br />

als VdK-Präsidentin bestätigt,<br />

ebenso Konrad Gritschneder als<br />

Schatzmeister, der dieses Amt<br />

auch in Bayern seit vielen Jahren<br />

erfolgreich ausübt. bsc<br />

Verena Bentele (rechts) nach ihrer einstimmigen Wahl zur Landesvorsitzenden<br />

des VdK Bayern. Es gratulieren ihre Vorgängerin Ulrike Mascher<br />

und Landesgeschäftsführer Michael Pausder.<br />

Foto: Thomas Rosenthal<br />

Große Reform ist nötig<br />

Parlamentarischer Abend zur Pflegeversicherung<br />

Beim parlamentarischen Abend des Bündnis für gute Pflege diskutierten<br />

Bundestagsabgeordnete über eine nachhaltige Finanzierung.Foto: D. Karran<br />

Das Bündnis für gute Pflege hatte<br />

Ende April zu einem parlamentarischen<br />

Abend zum Thema „Ist die<br />

Pflege noch zu retten?“ in die Räume<br />

der VdK-Bundesgeschäftsstelle<br />

in Berlin geladen.<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />

eröffnete die Veranstaltung, die<br />

vor dem Hintergrund eines Defizits<br />

in der Pflegeversicherung von<br />

rund 2,2 Milliarden Euro im vergangenen<br />

Jahr stattfand. Im Mittelpunkt<br />

der Diskussion stand eine<br />

nachhaltige Finanzierung der<br />

Pflegeversicherung.<br />

Bentele sagte: „Es ist längst überfällig,<br />

dass aus der Pflege kein<br />

Profit mehr geschlagen wird. Die<br />

jetzige Pflegereform ist enttäuschend<br />

und die Zukunft steht auf<br />

tönernen Füßen.“<br />

Professor Heinz Rothgang von<br />

der Universität Bremen skizzierte<br />

die aktuellen Herausforderungen<br />

in der Finanzierung der Pflegeversicherung.<br />

Auch die bevorstehende<br />

Pflegereform werde an den riesigen<br />

Finanzierungslücken nichts ändern<br />

können. Er appellierte an die<br />

Bundespolitik, sich endlich zu<br />

großen Reformschritten durchzuringen.<br />

Gemeinsam mit Abgeordneten<br />

aller demokratischen Parteien im<br />

Bundestag wurde im Gespräch<br />

nach gemeinsamen Lösungen für<br />

die enormen Herausforderungen<br />

gesucht. Es diskutierten die Parlamentarier<br />

Dirk Heidenblut (SPD),<br />

Maria Klein-Schmeink (Bündnis<br />

90/Die Grünen), Erich Irlstorfer<br />

(CSU) und Ates Gürpinar (Die<br />

Linke). <br />

juf<br />

VdK-Podcast<br />

„In guter Gesellschaft“<br />

Bundesfamilienministerin Lisa Paus<br />

ist die Gesprächspartnerin von<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele in<br />

der nächsten Folge des Podcasts<br />

„In guter Gesellschaft“.<br />

Das bestimmende Thema des<br />

Gesprächs ist die Einführung der<br />

Kindergrundsicherung – das<br />

nächste große sozialpolitische Projekt<br />

der Bundesregierung. Im Podcast<br />

erklärt Paus, warum Kinderarmut<br />

ein strukturelles Problem in<br />

Deutschland ist. Knapp 2,9 Millionen<br />

Kinder sind von Armut bedroht<br />

oder betroffen.<br />

Sie spricht außerdem über die<br />

geplanten Einzelheiten der Kindergrundsicherung<br />

als neue Sozialleistung,<br />

die direkt und automatisch<br />

an alle Familien mit Kindern<br />

ausgezahlt werden soll. Nach Plänen<br />

der Ministerin sollen vor allem<br />

Kinder von Eltern mit geringen<br />

Einkommen von dieser Direktzahlung<br />

profitieren.<br />

Die studierte Volkswirtin und<br />

Finanzpolitikerin von Bündnis 90/<br />

Die Grünen leitet seit April 2022<br />

das Ministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend. Die Podcast-Folge<br />

mit Lisa Paus ist ab sofort<br />

online unter www.vdk.de/<br />

podcast abrufbar. <br />

juf


Pflege<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

7<br />

Online-Pflegeberatung im Selbstversuch<br />

Viele Portale bieten Unterstützung an – nicht alle sind hilfreich<br />

Die individuelle Situation zählt<br />

Woran man eine gute Pflegeberatung erkennt<br />

Eine gute Pflegeberaterin geht auf die jeweilige Situation der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen ein.<br />

Wenn ein Pflegefall eintritt, nutzen<br />

Angehörige auch das Internet, um<br />

sich zu informieren. Wie gut sind<br />

Online-Pflegeberatungen? Die VdK-<br />

ZEITUNG wagte den Selbstversuch.<br />

Ich gehe als Erstes auf eine Seite,<br />

die „Hilfe für pflegende Angehörige“<br />

verspricht. Dass der Anbieter<br />

eigentlich Pflegekurse abhält und<br />

Pflegehilfsmittel zum Verbrauch<br />

vertreibt, ist auf den ersten Blick<br />

nicht erkennbar. Eine künstliche<br />

Intelligenz (KI) schlägt mir mögliche<br />

Fragen vor und beantwortet<br />

diese. Schließlich lande ich bei<br />

einer Übersicht über Pflegestützpunkte<br />

– und nein, mein erdachter<br />

Wohnort in Bayern ist nicht darunter.<br />

Für die Finanzierung listet<br />

die KI die üblichen Leistungen der<br />

Pflegekasse auf, das bayerische<br />

Landespflegegeld kennt sie nicht.<br />

Immerhin werden die hauseigenen<br />

Pflegekurse und die Pflegebox<br />

nicht aufgedrängt.<br />

Werbung für Pflegebox<br />

Das ist bei der nächsten Webseite<br />

schon anders. Dieses Unternehmen<br />

trägt die Bezeichnung „Pflegeberatung“<br />

vermutlich eher zur Tarnung<br />

seiner wirtschaftlichen Interessen.<br />

Es gibt fachlich gute Artikel zum<br />

Thema Pflege, aber in jedem ploppt<br />

eine zu bestellende „Pflegebox“ auf.<br />

Die Übersicht über die Pflegestützpunkte<br />

könnte auch mal aktualisiert<br />

werden, sie entspricht etwa<br />

dem Stand vor fünf Jahren.<br />

Weiter geht’s zur Webseite einer<br />

Pflegeversicherung: Hier wird man<br />

mit Informationen förmlich überschüttet.<br />

Viel Zeit wäre nötig, um<br />

VdK-Broschüre<br />

Hilfreiche Informationen<br />

rund<br />

um die Pflegebedürftigkeit<br />

gibt es in der<br />

Pflegebroschüre<br />

des VdK „Ab<br />

wann ist man<br />

pflegebedürftig?“.<br />

Sie kann kostenlos heruntergeladen<br />

werden. Wer lieber<br />

ein gedrucktes Exemplar haben<br />

möchte, kann gerne in seiner<br />

VdK-Geschäftsstelle nachfragen.<br />

https://www.vdk.de/<br />

permalink/74125<br />

sich durch sämtliche Artikel zu<br />

kämpfen, bevor man die Pflege für<br />

seine Angehörigen organisiert.<br />

Manche Beiträge lassen sich nur<br />

mit Zeitverzögerung abrufen.<br />

Lächelnde KI<br />

Und noch eine Webseite arbeitet<br />

mit KI – diesmal hat sie ein<br />

menschliches Gesicht. Es lächelt<br />

mich zuversichtlich an, als wolle<br />

es sagen: „Wir schaffen es, dein<br />

Problem zu lösen.“ Ich gebe nur<br />

wenige Daten in eine Maske ein,<br />

dann verkündet das Gesicht freudestrahlend,<br />

es habe „tolle Angebote“<br />

gefunden. Ich bekomme ein<br />

Handvoll Pflege- und Hauswirtschaftsdienste<br />

genannt, darunter<br />

auch weiter entfernte Anbieter,<br />

und einen 150 Kilometer entfernten<br />

Pflegestützpunkt im benachbarten<br />

Baden-Württemberg.<br />

Über eine Webseite mit dem Namen<br />

„Pflegeberatung“ werde ich<br />

unbemerkt auf eine Seite geleitet,<br />

die von privaten Pflegekassen finanziert<br />

wird. Ich klicke mich<br />

durch die Infos, aber meiner erdachten<br />

Pflegesituation werden sie<br />

nicht gerecht. Also wähle ich die<br />

angebotene Nummer der Beratungshotline.<br />

Für den Testanruf ausgedacht<br />

habe ich mir eine Mutter, 82 Jahre,<br />

mit Pflegegrad 2, die in ihrer Mobilität<br />

eingeschränkt ist. Sie nutzt<br />

den Rollator, lebt noch zu Hause<br />

und will dort auch bleiben. Aber<br />

sie hat Probleme mit dem Laufen,<br />

der Körperpflege, dem Einkaufen<br />

und dem Putzen. Ganz einfach<br />

will ich es den Beraterinnen nicht<br />

machen, deshalb wähle ich eine<br />

Kleinstadt in Oberbayern. Dort<br />

herrscht massiver Pflegekräftemangel,<br />

und einen Pflegestützpunkt<br />

gibt es auch nicht.<br />

Persönlicher Berater<br />

Die Beraterin nimmt gewissenhaft<br />

alle Daten meiner erfundenen<br />

Mutter auf: Name, Geburtsdatum,<br />

Straße und Hausnummer, Wohnort,<br />

Telefonnummer. Ihre Akribie<br />

ist mir unheimlich, und so frage<br />

ich: „Was machen Sie mit den Daten?“<br />

Die Dame am anderen Ende<br />

der Leitung versichert mir, dass die<br />

Angaben vertraulich sind, und<br />

dass man sie nur bräuchte, damit<br />

der persönliche Berater vorbeikommen<br />

könne. Ich frage scheinheilig:<br />

„Meine Mutter ist gesetzlich<br />

versichert, kann sie dann auch<br />

Ihre Beratung in Anspruch nehmen?“<br />

Die Beraterin erklärt mir,<br />

nein, dann bleibe es bei der Telefonberatung.<br />

Puh!<br />

Letzter Versuch: Ich nehme es<br />

mit der „am besten bewerteten Pflegeberatung<br />

Deutschlands“ auf.<br />

Dafür muss ich Name, Mailadresse<br />

und Telefonnummer in eine Suchmaske<br />

eintragen und abschicken.<br />

Wenige Sekunden später klingelt<br />

mein Telefon, und ich erzähle die<br />

erdachte Geschichte. Die Beraterin<br />

hat gutes Fachwissen. Sie fragt, ob<br />

meine Mutter ein Gästezimmer hat,<br />

und bietet eine 24-Stunden-Kraft<br />

für rund 3000 Euro monatlich an.<br />

Pausenloses Klingeln<br />

Als ich ablehne, erkundigt sie<br />

sich, ob das Bad barrierefrei ist –<br />

natürlich nicht! Die freundliche<br />

Dame weiß sogleich eine Firma, die<br />

das ändern kann, und beharrt darauf,<br />

diese umgehend zu kontaktieren.<br />

Ich winke ab und behaupte,<br />

dass meine erfundene Mutter zur<br />

Miete wohnt. Ob sie denn einen<br />

Hausnotruf habe? Sie könne mir<br />

zwei Anbieter empfehlen. Außerdem<br />

besteht sie darauf, eine Pflegebox<br />

zu ordern mit Einmalhandschuhen<br />

und weiteren Hilfsmitteln.<br />

Ich willige ein, meine Daten weiterzugeben,<br />

und frage mich im Stillen,<br />

was Handschuhe mit eingeschränkter<br />

Mobilität zu tun haben. Schließlich<br />

verspricht sie, sich in zwei<br />

Wochen nochmal zu melden.<br />

Keine zwei Minuten später klingelt<br />

es wieder: Erst ruft eine Hamburger<br />

Firma für Hausnotruf-Systeme<br />

an, dann die Mitarbeiterin<br />

eines Pflegebox- Unternehmens<br />

und schließlich jemand von einer<br />

anderen Firma für Hausnotrufe.<br />

Obwohl ich ihnen erkläre, dass ich<br />

erst mit meinem Mann über alles<br />

sprechen möchte, lassen sie nicht<br />

locker und rufen noch viele weitere<br />

Male an.<br />

Mein Fazit: Online-Pflegeberatung<br />

kann unter Umständen helfen,<br />

einen ersten Einblick in das<br />

Thema Pflege zu bekommen. Bei<br />

Telefon-Hotlines sollte man vorsichtig<br />

sein, sonst setzt man eine<br />

ungeahnte Verkaufsmaschinerie in<br />

Gang. Eine Beratung, die meiner<br />

erdachten Situation gerecht geworden<br />

wäre, gab es jedoch nicht. <br />

Annette Liebmann<br />

Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Franziska Gabbert<br />

Pflegebedürftige und deren Angehörige<br />

haben seit 2009 Anspruch<br />

auf eine kostenlose und unabhängige<br />

Pflegeberatung. Die Kosten<br />

übernimmt in der Regel die Pflegekasse<br />

der oder des Pflegebedürftigen.<br />

Es gibt einige Merkmale,<br />

anhand derer sich die Qualität der<br />

Beratung erkennen lassen.<br />

Eine gute Pflegeberatung hat<br />

zum Ziel, Pflegebedürftigen und<br />

deren Angehörigen die passenden<br />

Pflegeleistungen zu vermitteln. Sie<br />

hat die individuelle Situation im<br />

Blick und vermittelt Angebote<br />

nach Bedarf. Vor der ersten Kontaktaufnahme<br />

sollte man sich eine<br />

Liste mit den Fragen machen, die<br />

geklärt werden müssen. Hilfreich<br />

ist es, alle Unterlagen, wie beispielsweise<br />

Pflegetagebuch oder<br />

medizinische Befunde, zum Gespräch<br />

mitzubringen.<br />

Gute Anlaufstellen sind Pflegestützpunkte<br />

oder Fachstellen für<br />

Pflege. Auch kommunale Beratungsstellen<br />

können einen Überblick<br />

über die Pflegelandschaft<br />

bieten und Pflegeleistungen vermitteln.<br />

Doch Vorsicht: Die Bezeichnung<br />

„Pflegeberatung“ ist<br />

kein gesetzlich geschützter Begriff.<br />

Neben den Stützpunkten und gemeinnützigen<br />

Organisationen<br />

bieten auch Pflegedienstleister,<br />

Produkthersteller sowie weitere<br />

Firmen Beratung an – auch aus<br />

kommerziellen Gründen (siehe<br />

nebenstehender Artikel). In der<br />

Qualität der Gespräche gibt es<br />

große Unterschiede.<br />

Das macht eine ideale Pflegeberatung<br />

aus:<br />

• Versorgungsplan: Die Pflegeberaterin<br />

oder der Pflegeberater<br />

erstellt zusammen mit der oder<br />

dem Ratsuchenden einen individuellen<br />

Versorgungsplan. Dieser erfasst<br />

den Hilfebedarf, die verfügbaren<br />

Heil- und Hilfsmittel, Leistungen<br />

durch Pflegedienste oder<br />

das Sozialamt, Selbsthilfegruppen<br />

sowie Möglichkeiten zur Entlastung<br />

von pflegenden Angehörigen.<br />

Außerdem enthält er Empfehlungen,<br />

welche Maßnahmen kurz-,<br />

mittel- und langfristig notwendig<br />

sind. Die Erstellung des Versorgungsplans<br />

erfolgt elektronisch,<br />

damit er auch an Pflegekassen,<br />

Ärzte, Pflegeeinrichtungen oder<br />

Beratungsstellen weitergeleitet<br />

werden kann.<br />

• Umfassend: Pflegebedürftige<br />

und deren Angehörige werden umfassend<br />

und verständlich informiert,<br />

welche Rechte und Ansprüche<br />

sie gegenüber den Leistungsträgern<br />

und -erbringern haben.<br />

• Persönlich: Ratsuchende haben<br />

eine feste Ansprechperson, die sie<br />

bei der Umsetzung der vereinbarten<br />

Maßnahmen begleitet. Die Pflegeberaterin<br />

oder der Pflegeberater<br />

unterstützen auch bei der Beantragung<br />

von Leistungen und stellen<br />

den Kontakt zu Anbietern her.<br />

• Selbstbestimmt: Gemeinsam<br />

mit den Ratsuchenden werden die<br />

Beratungsziele abgestimmt. Ziel ist<br />

es, alle Möglichkeiten zu nutzen,<br />

um sich bei der Bewältigung der<br />

Pflegebedürftigkeit selbst zu helfen.<br />

Ratsuchende erhalten verschiedene<br />

Vorschläge, wie sie ihre<br />

Pflegesituation gestalten können,<br />

und werden darin unterstützt,<br />

selbstbestimmte Entscheidungen<br />

zu treffen.<br />

• Flexibel: Im Notfall ist es möglich,<br />

kurzfristig einen Termin zu<br />

bekommen. Die Beratung erfolgt<br />

je nach Bedarf in der Beratungsstelle,<br />

zuhause bei den Ratsuchenden<br />

oder per Telefon. Auf Wunsch<br />

können weitere Personen daran<br />

teilnehmen.<br />

• Qualifiziert: Gute Pflegeberaterinnen<br />

und -berater haben in der<br />

Regel eine Zertifizierung durchlaufen.<br />

• Geschützt: Persönliche Informationen<br />

und Daten werden vertraulich<br />

behandelt und nur mit<br />

dem Einverständnis der Betroffenen<br />

weitergegeben.<br />

• Transparent: Auf Wunsch<br />

kann die Dokumentation der Beratung<br />

eingesehen werden. ali


8 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Gesundheit<br />

Laufen ist in jedem Alter möglich<br />

Durch regelmäßiges Training verbessert sich die Lebensqualität – Anfänger brauchen Geduld<br />

Am 7. <strong>Juni</strong> ist Welttag des Laufens.<br />

Der Sport hält fit, stärkt das<br />

Herz-Kreislauf-System und soll<br />

Krankheiten vorbeugen. Doch<br />

kann man auch in höherem Alter<br />

noch mit dem Laufen beginnen, um<br />

von gesundheitlichen Vorteilen zu<br />

profitieren? Und wann ist es sinnvoller,<br />

auf sanftere Sportarten<br />

auszuweichen? Die VdK-ZEI-<br />

TUNG hat sich bei der Sporthochschule<br />

Köln informiert.<br />

„Von der Evolution, von den Genen<br />

her, sind wir als Läufer geboren.<br />

Das Laufen ist uns in die<br />

Wiege gelegt“, betont Prof. Dr.<br />

Ingo Froböse von der Sporthochschule<br />

Köln. „Nur haben wir das<br />

in den letzten Jahrhunderten ein<br />

wenig verloren.“<br />

Es ist nie zu spät<br />

Mit dem Laufen anzufangen, ist<br />

nie zu spät. Durch ein regelmäßiges<br />

Training werden Mobilität,<br />

motorische Fähigkeiten und die<br />

Koordination gefördert. „Woche<br />

für Woche leicht steigern“, ist Froböses<br />

Tipp. Das könne man in jedem<br />

Alter machen, auch wenn<br />

über viele Jahre durch Fehlverhalten<br />

Gelenke und Muskulatur vernachlässigt<br />

wurden. Man brauche<br />

dann nur etwas mehr Vorbereitungszeit.<br />

Der Gesundheitsexperte empfiehlt,<br />

zunächst über Gehen und<br />

Walken einzusteigen. Grundsätzlich<br />

rät er Laufanfängern, es sechs<br />

Laufen in der Natur ist gut für Körper und Geist.<br />

Monate lang sehr ruhig angehen<br />

zu lassen, um den Körper an die<br />

neuen Herausforderungen zu gewöhnen.<br />

„Wenn ich beginne, Ausdauertraining<br />

zu betreiben, verändert<br />

sich die Biochemie in der<br />

Muskulatur. Die Durchblutung<br />

wird besser, der Herzschlag wird<br />

ruhiger“, sagt Froböse. Er erklärt:<br />

„Knochen, Bänder, Sehnen, Knorpel<br />

brauchen drei bis sechs Monate,<br />

um sich anzupassen, weil die<br />

anfangs nicht so gut durchblutet<br />

sind. Man muss Geduld haben.“<br />

Wer keine Gelenkprobleme habe,<br />

könne zunächst zwei Monate<br />

lang gehen oder walken, um dann<br />

langsam ins Laufen einzusteigen.<br />

Schon nach sechs Wochen werde<br />

man leistungsfähiger, versichert<br />

der Sportwissenschaftler.<br />

Langsam steigern<br />

„Immer wieder mal eine Minute<br />

zwischendurch laufen, die Laufstrecke<br />

nach und nach etwas verlängern,<br />

bis man in einem ruhigem<br />

Lauf von 15 bis 20 Minuten ist.<br />

Dann ist man im richtigen Modus,<br />

um Dauerläufe zu machen“, sagt<br />

Froböse. „Wer auf vier Schritte<br />

einmal einatmet und in vier Schritten<br />

ausatmet, ist im richtigen Tempo.“<br />

Wichtig sei es, immer ausreichend<br />

Sauerstoff zu haben.<br />

Foto: picture alliance/Zoonar/Alain de Maximy<br />

Froböse: „Am Anfang kann es<br />

gar nicht langsam genug sein. Man<br />

sollte immer das Gefühl einer<br />

leichten Unterforderung haben<br />

und sagen können: Das hat gutgetan.<br />

Dann ist es richtig. Gibt es<br />

eine Schmerzreaktion im Körper,<br />

hat man überzogen.“ Laut Froböse<br />

sind auch leichtes Übergewicht<br />

und kleine Gelenkprobleme kein<br />

Hindernis, um mit dem Laufen<br />

anzufangen.<br />

Für Einsteiger sei ein Training an<br />

jedem zweiten Tag ideal, damit<br />

sich der Körper zwischenzeitlich<br />

regenerieren kann. Später könne<br />

auch täglich gelaufen werden. Er<br />

selbst sei 66 und laufe mindestens<br />

an sechs Tagen in der Woche, weil<br />

er von den gesundheitlichen Vorteilen<br />

überzeugt ist. Laufen stärkt<br />

das Immunsystem, fördert die<br />

Knochendichte, wirkt sich positiv<br />

auf Cholesterinwerte und die Psyche<br />

aus, vermindert das Risiko, an<br />

Diabetes zu erkranken und soll<br />

sogar ein wenig jünger machen.<br />

Muskulatur stärken<br />

Wichtig: Ab einem Alter von etwa<br />

70 Jahren rät Froböse dringend<br />

dazu, auch die Muskulatur mit<br />

Krafttraining oder Gymnastik<br />

aufzubauen. Das sei schon in jüngeren<br />

Jahren sehr sinnvoll, ab 70<br />

Jahren aber umso mehr, weil der<br />

Körper dann beginne, Muskulatur<br />

stark abzubauen. Die Muskeln<br />

seien beim Laufen auch wichtige<br />

Stoßdämpfer. „Die Achillessehne,<br />

die Wade müssen gedehnt, Oberschenkel<br />

gekräftigt werden“, so<br />

Froböse. „Kniebeugen sind wunderbar,<br />

auch Übungen für Bauch<br />

und Rücken“, sagt er. Schon zehn<br />

Minuten Gymnastik am Tag seien<br />

hilfreich und ein gutes Beweglichkeitstraining.<br />

Bei entzündlich-rheumatischen<br />

Erkrankungen, massiver Arthrose<br />

oder starkem Übergewicht rät Froböse<br />

zum Radfahren anstatt zum<br />

Laufen. So könnten Knie- und<br />

Hüftgelenke entlastet werden.<br />

Auch sei es sinnvoll, ärztlichen<br />

Rat zu holen, bevor man in ein<br />

umfassendes Trainingsprogramm<br />

einsteigt. Petra J. Huschke<br />

Sonnenschutz nicht vergessen!<br />

Die warme Jahreszeit genießen – mit Creme, Brille und Hut<br />

Gegen schwere Beine<br />

Stützstrümpfe sind auch im Sommer geeignet<br />

Nach vielen Regentagen im Mai ist<br />

die Sehnsucht nach dem Sommer<br />

groß. Doch Vorsicht vor zu viel<br />

UV-Strahlung der Sonne. Sie wird<br />

von der Internationalen Agentur<br />

für Krebsforschung (IARC), einer<br />

Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO), als krebserregend<br />

eingestuft. Ein Experte gibt<br />

Tipps zum richtigen Verhalten in<br />

der warmen Jahreszeit.<br />

Ein Lichtschutzfaktor von mindestens 30 schützt vor Sonnenschäden.<br />

„UV-Strahlung ist als unsichtbare<br />

Gefahr einzustufen. Vielen<br />

Menschen ist, wenn sie sich in der<br />

Sonne aufhalten, nicht bewusst,<br />

dass diese Strahlen im Erbgut von<br />

Hautzellen schädliche Veränderungen<br />

hervorrufen können“, erklärt<br />

Prof. Dr. Mark Berneburg,<br />

Generalsekretär der Deutschen<br />

Dermatologischen Gesellschaft<br />

(DDG) und Direktor der Klinik<br />

und Poliklinik für Dermatologie<br />

am Universitätsklinikum Regensburg.<br />

Schutz bieten: eine Sonnencreme<br />

mit hohem Lichtschutzfaktor,<br />

leichte Kleidung – also auch im<br />

Sommer beispielsweise langärmelige<br />

Hemden –, Kopfbedeckungen,<br />

eine Sonnenbrille sowie besondere<br />

Verhaltensweisen. Zu Letzterem<br />

gehört, vor allem in der sonnenintensiven<br />

Zeit zwischen 11 und<br />

15 Uhr schattige Orte aufzusuchen<br />

und auf Sonnenbäder in dieser Zeit<br />

zu verzichten.<br />

Bei starkem Sonnenschein ist ein<br />

Lichtschutzfaktor von mindestens<br />

30 oder höher zu wählen, empfiehlt<br />

Berneburg. Die Creme solle<br />

auch unbedingt einen guten Schutz<br />

vor UV-A-Strahlen bieten.<br />

Sonnenbrand & Co.<br />

Zu den direkten Auswirkungen<br />

von UV-Strahlung gehören entzündliche<br />

Haut rötungen (Erytheme),<br />

die gemeinhin als Sonnenbrand<br />

bezeichnet werden. Eine<br />

übermäßige UV-Strahlung kann<br />

auch in eine bösartige Form von<br />

Hautkrebs übergehen, warnt der<br />

Experte. Die Augen sind ebenfalls<br />

gefährdet. Sonnenstrahlen können<br />

Binde- und Hornhautentzündungen<br />

hervorrufen.<br />

Für einen Schutz im Alltag sollte<br />

idealerweise bereits die verwendete<br />

Tages creme über einen Lichtschutzfaktor<br />

verfügen. „Sonnenbedingte<br />

Hautalterung geht vor<br />

allem auf die UV-A-Strahlenbelastung,<br />

in geringerer Weise auf die<br />

UV-B-Strahlung zurück“, so Berneburg.<br />

Die UV-B-Strahlen dringen<br />

bis in die Oberhaut ein, UV-A-<br />

Strahlen bis in die Lederhaut.<br />

Produkte vom Vorjahr können<br />

durchaus noch verwendet werden.<br />

Nach dem Öffnen ist Sonnencreme<br />

bei sachgemäßer Lagerung – kühl<br />

und trocken – in der Regel zwölf<br />

Monate haltbar, sagt Berneburg.<br />

Ansonsten gilt: auf Aussehen und<br />

Geruch des Sonnenschutzpräparats<br />

achten.<br />

Trennt sich die Creme in die einzelnen<br />

Phasen, das heißt, es<br />

kommt ölige oder wässrige Flüssigkeit<br />

aus der Verpackung, sollte sie<br />

nicht mehr verwendet werden.<br />

Berneburg: „Dann sind die Filtersubstanzen<br />

nicht mehr gleichmäßig<br />

verteilt und ein ausreichender<br />

Schutz nicht mehr gesichert.“<br />

Petra J. Huschke<br />

Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael<br />

Venenpatienten, die schon eine<br />

Thrombose hatten oder Krampfadern<br />

haben, wird von Ärzten<br />

empfohlen, auch im Sommer medizinische<br />

Kompressionsstrümpfe<br />

zu tragen. Aber selbst Personen<br />

mit gesunden Venen kämpfen in<br />

der warmen Jahreszeit mit schweren<br />

und geschwollenen Beinen und<br />

wollen etwas dagegen tun. Im<br />

Fachhandel gibt es eine große<br />

Auswahl an sogenannten Stützstrümpfen.<br />

Es muss unterschieden werden<br />

zwischen Kompressionsstrümpfen,<br />

die vom Arzt verschrieben werden<br />

und die es in vier unterschiedlichen<br />

Kompressionsklassen gibt,<br />

und Stützstrümpfen, die in vielen<br />

Geschäften und im Online-Handel<br />

angeboten werden.<br />

Kompressionsstrümpfe werden<br />

individuell für jeden Patienten<br />

entsprechend der Diagnose angepasst.<br />

Stützstrümpfe sind kein<br />

Medizinprodukt. Sie haben lediglich<br />

die Eigenschaft, für Wohlbefinden<br />

zu sorgen und schmerzenden<br />

und anschwellenden Beinen<br />

vorzubeugen.<br />

Langes Sitzen im Büro, Autofahrten<br />

ohne Bewegung zwischendurch,<br />

längere Reisen im Zug oder<br />

Flugzeug oder stundenlanges Stehen<br />

weiten die Gefäße – vor allem<br />

im Sommer bei Temperaturen über<br />

25 Grad. Dem kann mit Stützstrümpfen<br />

vorgebeugt werden. Sie<br />

sind durch einen hohen Mikrofaseranteil<br />

angenehm zu tragen,<br />

auch wenn es für viele zunächst<br />

ungewohnt ist. Es fühlt sich an, als<br />

ob die Beine massiert werden.<br />

Strümpfe mit sanfter Kompression<br />

sind atmungsaktiv und beugen<br />

aufgrund des luftigen Gewebes<br />

einem Hitzestau unter dem<br />

Strumpf vor. Sie fördern die Blutzirkulation.<br />

Feuchtigkeit wird bei<br />

solchen modernen Strümpfen nach<br />

außen abtransportiert.<br />

Auch viele Sportler, wie Läuferinnen<br />

und Läufer, entscheiden<br />

sich für Stützstrümpfe. Sie haben<br />

vom Knöchel bis unterhalb des<br />

Knies ein elastisches Material, das<br />

einen leichten Druck auf die Wade<br />

ausübt. Die Muskulatur entspannt<br />

sich, der venöse Rückstrom des<br />

Bluts zum Herzen wird verbessert.<br />

Außerdem können sich die Arterien<br />

weiten – und dadurch mehr<br />

Sauerstoff zum Muskel transportieren.<br />

pet<br />

Viele Sportlerinnen und Sportler<br />

schwören auf Stützstrümpfe.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch


Gesundheit<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

9<br />

Foto: imago/YAY Images<br />

Hörgeräte können<br />

Demenzrisiko senken<br />

Eine neue Studie hat den Zusammenhang<br />

zwischen Schwerhörigkeit<br />

und einer Demenzerkrankung<br />

untersucht. Die Forschenden kamen<br />

zu dem Schluss, dass das<br />

Tragen eines Hörgeräts einer Demenz<br />

vorbeugen kann.<br />

Ältere schwerhörige Menschen,<br />

die kein Hörgerät tragen, haben<br />

laut Studie ein um 42 Prozent höheres<br />

Risiko, an einer Demenz zu<br />

erkranken, als Menschen, die normal<br />

hören. Tragen sie dagegen ein<br />

Hörgerät, sinkt das Risiko auf das<br />

von Normalhörenden.<br />

In der Studie hat ein Forscherteam<br />

die Daten von 437 704 Menschen<br />

im Alter von 40 bs 69 Jahren<br />

ausgewertet. Das Ergebnis wurde<br />

kürzlich im Fachmagazin „The<br />

Lancet Public Health“ veröffentlicht.<br />

Der konkrete Nutzen der<br />

Hörgeräteversorgung bei der Prävention<br />

von Demenz müsse jedoch<br />

noch weiter untersucht werden, so<br />

die Wissenschaftler.<br />

Ab dem 50. Lebensjahr nimmt<br />

die Leistungsfähigkeit des Gehörs<br />

ab, wie der Deutsche Berufsverband<br />

der Hals-Nasen-Ohrenärzte<br />

auf seiner Webseite schreibt. Ein<br />

klares Signal für Altersschwerhörigkeit<br />

sei es, wenn es schwierig<br />

wird, Gesprächen in einem lauten<br />

Umfeld zu folgen. Dies sollten Betroffene<br />

von einer Ärztin oder einem<br />

Arzt abklären lassen. ken<br />

Ältere sollten sich nicht scheuen, ein<br />

Hörgerät zu tragen.<br />

Betroffene werden mündige Patientinnen<br />

Seltene Lungenkrankheit LAM: Selbsthilfegruppe ist eine Erfolgsgeschichte mit Wurzeln im VdK<br />

Vor mehr als 20 Jahren stand der<br />

Sozialverband VdK in Leipzig Pate<br />

bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe<br />

für Menschen, die an der<br />

seltenen Lungenkrankeit LAM leiden.<br />

Daraus hat sich ein lebendiger<br />

Verein entwickelt, der den Erkrankten<br />

nach der Diagnose<br />

wichtige Unterstützung bietet.<br />

Susanne Geiling war 35 Jahre<br />

und arbeitete als Produktdesignerin,<br />

als sie die Diagnose Lymphangioleiomyomatose<br />

(LAM) gestellt<br />

bekam. Das ist eine seltene<br />

Krankheit, die hauptsächlich die<br />

Lunge betrifft und dort ein unkontrolliertes<br />

Wachstum der sogenannten<br />

glatten Muskelzellen<br />

verursacht. Dadurch wird die Atmung<br />

stark beeinträchtigt und der<br />

Körper nicht mehr ausreichend mit<br />

Sauerstoff versorgt. LAM betrifft<br />

fast ausschließlich Frauen und<br />

wird häufig im Alter zwischen 30<br />

und 45 Jahren festgestellt. Die Ursache<br />

ist ein Gendefekt.<br />

Susanne Geiling litt bereits fünf<br />

Jahre unter Symptomen, bis die<br />

Untersuchung einer Lungengewebsprobe<br />

Gewissheit brachte.<br />

Das war im Jahr 1998. „Für mich<br />

war die Diagnose damals zunächst<br />

eine Erleichterung, weil die Krankheit<br />

einen Namen bekam“, erinnert<br />

sich die 59-Jährige. „Allerdings<br />

setzte schnell eine gewisse Aussichtslosigkeit<br />

ein, weil sie nicht<br />

behandelt werden kann.“<br />

Bessere Diagnose<br />

Auch heute gibt es keine heilenden<br />

Medikamente oder Therapien.<br />

Doch anhand von hochauflösenden<br />

CT-Aufnahmen können Ärzte<br />

die Krankheit schneller erkennen<br />

und die Lebenserwartung der Betroffenen<br />

ist durch bessere Behandlungsmöglichkeiten<br />

gestiegen.<br />

Bis Geiling damals einen Arzt<br />

fand, der bereit war, sie zu behandeln,<br />

verging Zeit. Denn es fehlte<br />

an Informationen über die Krankheit<br />

und an Erfahrungen mit ihrem<br />

Die Mitglieder beim Treffen der LAM-Selbsthilfegruppe im vergangenen Jahr.<br />

Verlauf. Ein Arzt habe ihr nach der<br />

Diagnose gesagt, sie werde keine<br />

Betroffene finden, die auch an<br />

LAM erkrankt ist.<br />

Susanne Geiling fing also an, im<br />

Internet nach anderen Betroffenen<br />

zu recherchieren, und suchte sich<br />

Hilfe beim VdK im damaligen Regierungsbezirk<br />

Leipzig. Der dortige<br />

Beratungsstellenleiter Detlef<br />

Meding setzte für sie im Widerspruchsverfahren<br />

eine Erwerbsminderungsrente<br />

durch, denn<br />

Geiling musste wegen ihrer Krankheit<br />

die Arbeit aufgeben.<br />

Nachdem sie über das Internet<br />

tatsächlich Leidensgenossinnen<br />

gefunden hatte, gründete sie mit<br />

Unterstützung von Detlef Meding<br />

eine LAM-Selbsthilfegruppe unter<br />

dem Dach des VdK. „Wir haben die<br />

Gruppe damals wie einen<br />

VdK-Ortsverband behandelt und<br />

ihn mit Vorträgen über das<br />

Schwerbehindertenrecht und das<br />

Sozialrecht sowie organisatorisch<br />

unterstützt“, erinnert sich Meding.<br />

Im Jahr 2002 zählte die Gruppe<br />

zwölf Mitglieder. Mit der Unterstützung<br />

des VdK konnte damals<br />

das erste Treffen organisiert werden,<br />

zu dem Teilnehmerinnen aus<br />

ganz Deutschland kamen.<br />

Die Treffen hatten immer größeren<br />

Zulauf. In den Fokus rückte<br />

neben dem persönlichen Austausch<br />

auch die fachliche Information<br />

über die Krankheit. Es konnten<br />

neben der sozialrechtlichen Beratung<br />

zunehmend Medizinerinnen<br />

und Mediziner gewonnen werden,<br />

die Fachvorträge hielten.<br />

Vereinsgründung<br />

Im Jahr 2005 wurde die „LAM<br />

Selbsthilfe Deutschland“ ein eingetragener<br />

Verein, dem damals<br />

rund 100 Patientinnen angehörten.<br />

Es entstanden in der Folge deutschlandweit<br />

Regionalgruppen, deren<br />

Mitglieder oft dem VdK beitraten.<br />

Heute zählt die Gruppe rund 320<br />

Mitglieder, berichtet Catrin Ender,<br />

Vorsitzende der Gruppe, darunter<br />

seien auch viele Angehörige von<br />

Patientinnen. „Wir verstehen uns<br />

als Anlaufstelle für Neuerkrankte,<br />

die Rat brauchen, die auf der Suche<br />

nach einer guten Behandlung bei<br />

Fachleuten sind“, sagt die Vereinsvorsitzende.<br />

Sie besuchen auch<br />

Ärztekongresse, um dort auf die<br />

Krankheit aufmerksamzu machen,<br />

oder unterstützen Erkrankte bei<br />

der Listung für eine Lungentransplantation.<br />

Mit ihrer Vorstandsarbeit<br />

möchte Ender der Selbsthilfegruppe,<br />

der sie vieles zu verdanken<br />

habe, etwas zurückgeben, sagt sie.<br />

Das nächste Treffen des Vereins<br />

soll im Frühjahr 2024 in Fulda<br />

stattfinden. Jörg Ciszewski<br />

Info<br />

Interessierte können die<br />

LAM-Selbsthilfegruppe per<br />

E-Mail oder telefonisch kontaktieren.<br />

Bei einem Anruf der kostenpflichtigen<br />

Rufnummer können<br />

Sie um Rückruf bitten, damit<br />

die Kosten gering ausfallen.<br />

LAM Selbsthilfe<br />

Deutschland e.V.<br />

Bahnhofstraße 17<br />

75210 Keltern-Dietlingen<br />

• (01805) 227117793<br />

(0,14 Euro/Min.)<br />

kontakt@lam-info.de<br />

www.lam-info.de<br />

Foto: Raphael Götz<br />

Solidarisch und gerecht<br />

Große Mehrheit für einheitliche Kranken- und Pflegeversicherung<br />

Der Sozialverband VdK fordert<br />

eine einheitliche solidarische<br />

Krankenversicherung, in die alle<br />

einzahlen. Der WIdO-Monitor, für<br />

den über 2000 Personen im Auftrag<br />

des Wissenschaftlichen Instituts<br />

der AOK (WIdO) befragt wurden,<br />

zeigt den großen Rückhalt,<br />

den ein solcher Systemwechsel in<br />

der Bevölkerung hat.<br />

So befürworten 76 Prozent der<br />

befragten gesetzlich Versicherten<br />

den Vorschlag, die gesamte Bevölkerung<br />

in einer gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) zu versichern.<br />

Bei den Befragten der privaten<br />

Krankenversicherung (PKV)<br />

waren es immerhin 48 Prozent.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Zustimmung<br />

seit dem Jahr 2012 weiter<br />

gewachsen ist.<br />

„Diese Entwicklung bestärkt uns<br />

in unserer Forderung“, sagt VdK-<br />

Präsidentin Verena Bentele. „Damit<br />

würden die Kranken- und die<br />

Pflegeversicherung gerechter und<br />

besser finanzierbar. Ich bin überzeugt,<br />

dass dieser Systemwechsel<br />

allen Versicherten nutzt, wenn die<br />

Versorgungsstruktur neu geplant<br />

wird.“<br />

Auch das Nebeneinander von<br />

gesetzlicher und privater Pflegeversicherung<br />

lehnt eine große Mehrheit<br />

unter den Befragten ab (GKV:<br />

86 Prozent, PKV: 64 Prozent). Zudem<br />

befürworten rund drei Viertel<br />

von ihnen eine Abkehr vom Teilleistungsprinzip:<br />

Pflegebedürftige<br />

sollten für die Pflege nur einen festen<br />

Sockelbetrag zahlen müssen,<br />

während die Pflegekasse alle weiteren<br />

Kosten übernimmt. „Das ist<br />

ein klarer Auftrag an die Politik“,<br />

so Bentele. „Derzeit liegt die große<br />

finanzielle Last bei den Pflegebedürftigen,<br />

weil die Kosten genau<br />

andersherum verteilt werden.“<br />

Wie der WIdO-Monitor zeigt,<br />

stößt auch das in der GKV verankerte<br />

Solidarprinzip auf große<br />

Akzeptanz bei den Bürgerinnen<br />

und Bürgern. Vorschläge, die dieses<br />

Solidarprinzip aushebeln – etwa<br />

mehr private Zuzahlungen und<br />

Eigenanteile oder private Zusatzversicherungen<br />

– werden von den<br />

Befragten weitgehend abgelehnt.<br />

„Jede Eigenbeteiligung macht die<br />

Gesundheitsversorgung vom Geldbeutel<br />

abhängig. Das ist weder solidarisch<br />

noch gerecht“, so Bentele.<br />

Eine deutliche Mehrheit spricht<br />

sich für einen gleichen Beitrag von<br />

gesunden und kranken Versicherten<br />

aus (GKV: 82 Prozent, PKV: 80<br />

Prozent) und dafür, dass Kinder<br />

und Jugendliche kostenfrei mitversichert<br />

sein sollten (GKV: 93 Prozent,<br />

PKV: 83 Prozent). Auch dass<br />

Besserverdienende mehr bezahlen<br />

sollten als Geringverdienende,<br />

befürwortet eine Mehrheit (GKV:<br />

73 Prozent, PKV: 68 Prozent).<br />

Das Sozialforschungsinstitut<br />

Forsa hat für den WIdO-Monitor<br />

Anfang <strong>2023</strong> insgesamt 2004 Personen<br />

über 18 Jahre befragt. 1000<br />

von ihnen waren privat, 1004 gesetzlich<br />

versichert. Kristin Enge


10 Zeitung Mai <strong>2023</strong> Generationen<br />

Die Welt von Pippi, Jim und Emil<br />

Einige Kinderbuchklassiker prägen ein Leben lang<br />

Kinder bekommen eine Stimme<br />

Kommunen wählen Nachwuchsbürgermeister<br />

Wer an seine Kindheit denkt, wird<br />

sich an die eigenen Lieblingsbücher<br />

gut erinnern können. Welche<br />

Literatur hat Heranwachsende<br />

in den letzten Jahrzehnten besonders<br />

geprägt? Darüber hat die<br />

VdK-ZEITUNG mit Dr. Christiane<br />

Raabe, Direktorin der Internationalen<br />

Jugendbibliothek (IJB), gesprochen.<br />

Die Expertin erklärt<br />

auch, was ein gutes Kinderbuch<br />

ausmacht, das einen vielleicht<br />

ein Leben lang begleitet.<br />

Schloss Blutenburg am nordwestlichen<br />

Stadtrand von<br />

München hat eine malerische<br />

Lage mit Schwanensee<br />

und spätmittelalterlicher<br />

Bauweise.<br />

Der Ort zieht jedoch vor<br />

allem deshalb so viele<br />

Besucherinnen und Besucher<br />

aus allen Ländern der<br />

Erde an, weil er die weltweit<br />

größte Sammlung für<br />

Internationale Kinder- und<br />

Jugendliteratur beherbergt.<br />

Diese wurde 1949 von Jella<br />

Lepman gegründet.<br />

Direktorin dieser Institution<br />

ist Dr. Christiane Raabe. Wenn sie<br />

die Kinderliteratur der vergangenen<br />

90 Jahre bis heute betrachtet,<br />

fällt ihr als Erstes „Emil und die<br />

Detektive“ (1929) von Erich Kästner<br />

ein: „Dieser spannende Großstadtkrimi<br />

über eine Kinderbande,<br />

die einen Dieb jagt, war für Generationen<br />

prägend und wird bis<br />

heute immer wieder neu variiert.“<br />

In der Nachkriegszeit fanden<br />

die Geschichten der schwedischen<br />

Autorin Astrid Lindgren<br />

ihren Weg von Skandinavien<br />

bis in die deutschen<br />

Kinderzimmer – allen voran die<br />

drei Pippi-Langstrumpf-Romane,<br />

die in deutscher Übersetzung zwischen<br />

1949 und 1951 erschienen<br />

sind. „Es geht um das starke Kind,<br />

das freie Mädchen, das sich außerhalb<br />

der bürgerlichen Regeln bewegt<br />

und übermenschliche Kräfte<br />

hat. Pippi hat unglaubliche Einfälle.<br />

Das macht das Lesen einfach<br />

zum Genuss“, betont die<br />

Kinderbuch- Kennerin. Ebenfalls<br />

viel Spaß bereiten jungen Leserinnen<br />

und Lesern Lindgrens Geschichten<br />

über „Michel“, jenen<br />

Jungen aus dem Dorf Lönneberga,<br />

der so viel Unsinn macht.<br />

Kasperl-Puppen<br />

Ein weiterer wichtiger Autor ist<br />

Otfried Preußler: „Im Kinderbuchklassiker<br />

‚Der Räuber Hotzenplotz‘<br />

von 1962 werden Kasperl -Puppen<br />

literarisch zum Leben erweckt.<br />

Damals waren Kasperltheater-<br />

Aufführungen weit verbreitet“, erklärt<br />

Raabe. Besonders mag sie die<br />

Figur des Zauberers Petrosilius<br />

Zwackelmann. „Seine Lieblingsspeise<br />

sind Kartoffeln. Doch obwohl<br />

er magische Kräfte hat, kennt<br />

er keinen Zauberspruch, der ihm<br />

das Kartoffelschälen erleichtern<br />

würde. Deshalb verlangt er, dass<br />

Kasperl diese anstrengende Küchenarbeit<br />

für ihn übernimmt“,<br />

erinnert sich die Expertin.<br />

„Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“<br />

(1960) von Michael<br />

Ende zählt bis heute zu den beliebtesten<br />

Vorlesegeschichten für Kinder:<br />

„Vor allem die fantastische<br />

Weltreise macht diesen Roman zu<br />

etwas Besonderem. So etwas gab<br />

es vorher nicht in Kinderbüchern“,<br />

sagt Raabe.<br />

Auf dem deutschen Kinderbuchmarkt<br />

möchte sie „Timm<br />

Thaler oder Das verkaufte Lachen“<br />

von James Krüss nicht missen.<br />

„Das ist ebenfalls ein wunderbares<br />

Kinderbuch, das prägend war und<br />

gerade wieder neu verfilmt wurde“,<br />

so die Expertin.<br />

Für den süddeutschen<br />

Raum müsse man auch<br />

den „Pumuckl“ von<br />

Ellis Kaut nennen:<br />

„Der Kobold, der<br />

die Werkstatt von<br />

Schreinermeister<br />

Illustration: Oetinger/Rolf Rettich<br />

Eder durcheinanderbringt, ist sehr<br />

bekannt und beliebt.“<br />

Wer Michael Endes Buch „Momo“<br />

(1973) gelesen hat, wird die<br />

Geschichte ein Leben lang als<br />

Erinnerungsschatz in sich tragen.<br />

Das Werk feiert in diesem Jahr<br />

50-jähriges Jubiläum. Der Schauplatz<br />

ist ein Amphitheater, in dem<br />

das Mädchen Momo haust. „Die<br />

unheimlichen Zeitdiebe sind ein<br />

spannendes Element. In der komplexen<br />

Erzählung wird eine Form<br />

von Achtsamkeit beschrieben, die<br />

nach wie vor aktuell ist“, betont<br />

Raabe.<br />

Dass die Expertin auch mal bis<br />

ins späte 19. Jahrhundert zurückschaut,<br />

liegt am Erfolgsautor Karl<br />

May. „Für viele Menschen der<br />

älteren Generation war er<br />

bedeutsam. Die Indianer-Geschichten<br />

rund<br />

um Winnetou sind vor<br />

allem von Jugendlichen verschlungen<br />

worden“, sagt die<br />

IJB-Direktorin.<br />

Zu den erfolgreichsten Kinderbuchreihen<br />

gehören zudem<br />

die „Fünf Freunde“-Bände, die<br />

ursprünglich aus der Feder von<br />

Enid Blyton stammen. Später wurde<br />

die Serie von zwei anderen<br />

Autorinnen fortgesetzt. Überhaupt<br />

sind Bücher, die in<br />

Fortsetzungen erscheinen,<br />

auch heute sehr gefragt. Man<br />

denke nur an „Harry Potter“<br />

von Joanne K. Rowling. Der erste<br />

Band ist vor 25 Jahren erschienen<br />

und hat die junge Generation<br />

enorm beeinflusst.<br />

Wie ist es den Autorinnen und<br />

Autoren gelungen, dass aus ihren<br />

Büchern Klassiker wurden? „Es ist<br />

eine Kunst, gute Kinderbücher zu<br />

schreiben. Die genannten Schriftstellerinnen<br />

und Schriftsteller<br />

nehmen Kinder ernst. Sie können<br />

sich in die kindliche Welt einfühlen<br />

und lassen autonome Kinderfiguren<br />

zu den jungen Leserinnen<br />

und Lesern sprechen“, sagt Raabe.<br />

Meistens seien gute Erzählungen<br />

humorvoll. Obendrein werden<br />

originelle Handlungen transportiert,<br />

die selbst Erwachsene überraschen.<br />

In der Sprache sind die<br />

Bücher nicht zu simpel erzählt,<br />

sondern bieten immer mal wieder<br />

überraschende Bilder für eine Szene<br />

oder ein Gefühl. „Eine chronologische<br />

Handlung ist langweilig“,<br />

ist Raabe überzeugt. Toll sei es<br />

deshalb, wenn sich die Geschichte<br />

wie ein Puzzle zusammensetzt<br />

– etwa, indem Rückblenden eingesetzt<br />

werden.<br />

Neuentdeckungen<br />

Neben den Klassikern gibt es<br />

viele aktuelle Neuentdeckungen.<br />

So empfiehlt Christiane Raabe die<br />

schwedische Autorin Frida<br />

Nilsson: „Auch in ihren<br />

Büchern sind eigenwillige<br />

Kinderfiguren zu<br />

finden.“<br />

Doch lesen kann man<br />

nur das, was übersetzt<br />

ist. Auf dem heimischen<br />

Buchmarkt gibt es vor allem<br />

Übersetzungen von Büchern<br />

aus Amerika oder<br />

England. „Werke aus Polen<br />

oder Frankreich werden dagegen<br />

kaum übersetzt. Und es gibt so<br />

gut wie keine Bücher aus dem<br />

Türkischen oder Japanischen“,<br />

bedauert Raabe. Die IJB habe<br />

einen guten Überblick über das,<br />

was in der Welt an Kindergeschichten<br />

erzählt wird. Daher sei<br />

es Aufgabe der IJB, den Verlagen<br />

Bücher ans Herz zu legen, die noch<br />

nicht ins Deutsche übertragen<br />

worden sind. Die Expertinnen und<br />

Experten der Jugendbibliothek<br />

übersetzen Auszüge aus den Büchern<br />

von hierzulande unbekannten<br />

Autorinnen und Autoren und<br />

laden diese in Schulklassen ein.<br />

Elisabeth Antritter<br />

www.ijb.de<br />

Illustration: F.J. Tripp/Mathias Weber/Thienemann Verlag<br />

Philip Baltrusch nahm an der Wahl des Kinderbürgermeisters in der Gemeinde<br />

Grambow teil.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Jens Büttner<br />

Wie sähe unsere Gesellschaft aus,<br />

wenn Kinder und Jugendliche in<br />

der Politik ein Wörtchen mitreden<br />

könnten? Bei den großen Zukunftsthemen<br />

wird oft über die Köpfe der<br />

jungen Menschen hinweg entschieden.<br />

Mut machen Beispiele in<br />

den Kommunen, wo Heranwachsende<br />

in die politische Arbeit eingebunden<br />

werden.<br />

Wenn Politikerinnen und Politiker<br />

über die gesetzliche Rente oder<br />

den Klimaschutz entscheiden,<br />

stellen sie Weichen für das Leben<br />

der Menschen in zehn, 20 oder 40<br />

Jahren. Dann sind die Entscheiderinnen<br />

und Entscheider oft nicht<br />

mehr in der Verantwortung. Mit<br />

den Auswirkungen müssen die<br />

jungen Leute von heute leben. Viele<br />

wünschen sich deshalb, mehr<br />

Einfluss nehmen zu können.<br />

Ein Ausnahme, dass auch ohne<br />

Wahlrecht oder politisches Mandat<br />

etwas bewegt werden kann, ist<br />

die Protestbewegung „Fridays For<br />

Future“. Sie hat ihren Ursprung in<br />

Schülerstreiks für eine schnellere<br />

Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.<br />

Daraus entwickelte sich<br />

eine globale Bewegung, deren<br />

Aushängeschild Greta Thunberg<br />

geworden ist. Ihr gelingt es, zu<br />

polarisieren. Damit zieht sie das<br />

öffentliche Interesse auf sich. Die<br />

Art und Weise gefällt nicht jedem,<br />

aber der Sache beschert sie damit<br />

eine große Aufmerksamkeit.<br />

Doch es muss nicht um die großen<br />

Themen gehen. Immer mehr<br />

Initiativen auf der lokalen Ebene<br />

verleihen Kindern und Jugendlichen<br />

in der Politik eine Stimme.<br />

Die Gemeinde Grambow in Mecklenburg-Vorpommern<br />

machte zum<br />

Beispiel kürzlich Schlagzeilen,<br />

weil erstmals mit dem zwölfjährigen<br />

Ole Prokein ein Kinder- und<br />

Jugendbürgermeister gewählt wurde,<br />

der die Anliegen junger Menschen<br />

besser in die Gemeinde<br />

einbringen soll. Der Ort zählt<br />

knapp 700 Einwohner, darunter<br />

sind mit 130 Kindern und Jugendlichen<br />

viele junge Menschen. 68<br />

Kinder waren wahlberechtigt. Ole<br />

Prokein war einziger Kandidat und<br />

bekam über 90 Prozent der Stimmen.<br />

Sein erstes Projekt hat er<br />

bereits umgesetzt: Es wird eine<br />

Kinderdisco geben.<br />

Geräte für den Spielplatz<br />

Anderswo können Heranwachsende<br />

schon länger mitgestalten.<br />

Im thüringischen Thalheim wurde<br />

2018 ein Kinderbürgermeisterinnen-Duo<br />

gewählt. Die Nachwuchspolitikerinnen<br />

entschieden bei der<br />

Auswahl von Geräten für den örtlichen<br />

Kinderspielplatz mit und<br />

brachten sich bei anderen Kinderund<br />

Jugendprojekten ein. Die Gemeinde<br />

unterstützt die Arbeit mit<br />

jährlich 2000 Euro.<br />

Auch wenn es eher um kleinere<br />

Veränderungen geht, betont Sylvia<br />

Schlicke, die im Rathaus von Thalheim<br />

zuständig für Bürgerbeteiligung<br />

und Stadtentwicklung ist:<br />

„Die Kinder fühlen sich ernst genommen,<br />

und ihre Vorschläge<br />

werden diskutiert.“ Das sei für alle<br />

ein großer Gewinn.<br />

cis


Inklusion<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

11<br />

Ein Fest des Sports und der Inklusion<br />

Special Olympics World Games in Berlin – Ex-Zehnkämpfer Frank Busemann engagiert sich als Botschafter<br />

Erstmals finden die Special Olympics<br />

World Games in Deutschland<br />

statt. Vom 17. bis 25. <strong>Juni</strong> treffen<br />

sich 7000 Athletinnen und Athleten<br />

aus 190 Ländern in Berlin zur größten<br />

inklusiven Sportveranstaltung<br />

der Welt. Die Vorfreude bei allen,<br />

die daran beteiligt sind, ist groß.<br />

Auch ein Olympia-Silbermedaillengewinner<br />

kommt gerne in die<br />

Hauptstadt.<br />

Als „Herzensangelegenheit“ bezeichnet<br />

der frühere Zehnkämpfer<br />

Frank Busemann sein Ehrenamt<br />

als Botschafter der Special Olympics.<br />

Er freut sich sehr auf die ersten<br />

World Games der Sportlerinnen<br />

und Sportler mit geistiger oder<br />

mehrfacher Behinderung in<br />

Deutschland, und nennt dafür vor<br />

allem einen Grund: „Die ursprüngliche<br />

Idee, wie Sport sein sollte,<br />

wird dabei gelebt. Da haut sich<br />

keiner verbotene Substanzen rein,<br />

um besser zu sein. Jeder gibt einfach<br />

sein Bestes.“<br />

Die große Begeisterung der Athletinnen<br />

und Athleten am Wettkampf<br />

war bei den Special Olympics<br />

immer zu spüren, und dies ist<br />

sicher ein Grund, warum rund<br />

ARD-Experte Frank Busemann engagiert<br />

sich seit Jahren für die<br />

Special Olympics.<br />

Foto: NDR<br />

Judo ist eine von 26 Sportarten, bei denen in Berlin Medaillen vergeben werden.Foto: Special Olympics World Games<br />

300 000 Besucherinnen und Besucher<br />

zu den Weltspielen erwartet<br />

werden. Nach der Eröffnungsfeier<br />

am 17. <strong>Juni</strong> ab 20.15 Uhr im Olympiastadion<br />

werden ab 18. <strong>Juni</strong> an<br />

zehn verschiedenen Orten in Berlin<br />

die Wettkämpfe in 26 verschiedenen<br />

Sportarten ausgetragen.<br />

Eine der zentralen Schauplätze<br />

ist der Olympiapark, wo neben der<br />

Leichtathletik auch Fußball,<br />

Futsal, Handball, Hockey, Reiten<br />

und Roller-Skating stattfinden<br />

werden. Um die Medaillen im Badminton,<br />

Basketball, Judo, Kraft-<br />

Dreikampf, Tischtennis und<br />

Volleyball geht es in den Hallen<br />

der Messe Berlin. Die Seglerinnen<br />

und Segler sind auf dem Wannsee<br />

aktiv, die Schwimmerinnen und<br />

Schwimmer im Europa-Sport-Park<br />

und die Radfahrerinnen und Radfahrer<br />

auf der Straße des 17. <strong>Juni</strong>.<br />

Das Besondere der Special<br />

Olympics ist im Gegensatz zu anderen<br />

sportlichen Wettbewerben,<br />

wie beispielsweise auch den Paralympics,<br />

dass niemand von vornherein<br />

in eine bestimmte Klasse<br />

eingeteilt wird. Stattdessen stehen<br />

am Anfang zunächst die Klassifizierungs-Wettkämpfe.<br />

Nach den<br />

dabei erzielten Leistungen werden<br />

die einzelnen Gruppen zusammengesetzt,<br />

die dann wiederum untereinander<br />

die jeweiligen Gewinnerinnen<br />

und Gewinner ausmachen.<br />

So treten beispielsweise bei den<br />

Läufen in der Leichtathletik diejenigen<br />

gegeneinander an, die bei<br />

den Klassifizierungen gleiche oder<br />

ähnliche Zeiten erzielt haben.<br />

Ehrlichkeit und Fairness<br />

Dieses System macht die Special<br />

Olympics für Frank Busemann so<br />

einmalig. „Ich schätze Ehrlichkeit<br />

und Fairness, und das erleben wir<br />

hier jedes Mal aufs Neue.“ Denn<br />

bei den Klassifizierungen, so erklärt<br />

er, „würde keiner auf die Idee<br />

kommen, sich schlechter zu machen,<br />

damit er in der entscheidenden<br />

Runde leichtere Gegner bekommt“.<br />

Der inklusive Charakter der Special<br />

Olympics wird bei den Wettkämpfen<br />

deutlich, die mit dem<br />

Begriff „Unified Sports“ überschrieben<br />

sind. Dabei bilden<br />

Sportlerinnen und Sportler mit<br />

und ohne geistige Behinderung<br />

jeweils Teams, die gegeneinander<br />

antreten. Weltweit betreiben 1,4<br />

Millionen Menschen auf diese<br />

Weise gemeinsam Sport. Bei den<br />

16 Unified-Wettbewerben in Berlin,<br />

wie Badminton, Beachvolleyball,<br />

Handball und Segeln, werden<br />

etwa 870 Athletinnen und Athleten<br />

um die Medaillen kämpfen.<br />

Neben dem Sport haben die Veranstalter<br />

und die Stadt Berlin ein<br />

vielfältiges Rahmenprogramm auf<br />

die Beine gestellt. Dazu gehören<br />

ein Konzertabend und ein Musikfestival<br />

am 19. und 21. <strong>Juni</strong> vor<br />

dem Brandenburger Tor sowie ein<br />

Festival im Sommergarten der<br />

Messe Berlin mit Vorführungen<br />

inklusiver Theatergruppen. Zwischen<br />

dem 10. und 25. <strong>Juni</strong> werden<br />

außerdem Kultureinrichtungen der<br />

ganzen Stadt ein besonderes Programm<br />

anbieten, das „den Geist<br />

der Inklusion und Vielfalt widerspiegelt,<br />

für den die Spiele stehen“,<br />

schreiben die Organisatoren.<br />

Möglich wird dieses große Sportereignis<br />

auch durch den Einsatz<br />

zahlreicher freiwilliger Helferinnen<br />

und Helfer. Rund 20000 Volunteers<br />

werden an allen Veranstaltungsorten<br />

in der Stadt im<br />

Einsatz sein.<br />

Prominente wie Steffi Graf, Dirk<br />

Nowitzki und Philipp Lahm unterstützen<br />

ebenfalls ehrenamtlich die<br />

World Games. Kristina Vogel,<br />

Olympiasiegerin im Bahnradfahren,<br />

sagt: „Diversität ist ein Gewinn<br />

für unsere Gesellschaft. Das<br />

schließt körperliche und geistige<br />

Behinderungen ein.“ Und auch<br />

VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />

freut sich, das große Sportereignis<br />

in Berlin, das unter dem Motto<br />

#ZusammenUnschlagbar steht, zu<br />

besuchen. Sebastian Heise<br />

Wer macht mit?<br />

Die Special Olympics World<br />

Games finden vom 17. bis 25.<br />

<strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> an verschiedenen<br />

Sportstätten in Berlin statt. Infos,<br />

auch zu Eintrittskarten für die<br />

Veranstaltungen, gibt es auf der<br />

Webseite www.berlin<strong>2023</strong>.org<br />

Für die Berichterstattung von<br />

den Weltspielen würden wir gerne<br />

mit Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmern sprechen, die VdK-<br />

Mitglied sind. Bitte schreiben Sie<br />

uns bis 15. <strong>Juni</strong> eine E-Mail an<br />

presse.bayern@vdk.de.<br />

Frühe Förderung kann vieles ausgleichen<br />

Kinder mit einer verzögerten Entwicklung oder Behinderung haben Anspruch auf Therapien<br />

Jedes Kind entwickelt sich in einem<br />

anderen Tempo. Hat es aber<br />

Schwierigkeiten beim Erlernen von<br />

bestimmten Fertigkeiten, kann<br />

eine Behinderung oder Erkrankung<br />

dahinterstecken. Eine Frühförderung<br />

kann dem Kind helfen, möglichst<br />

früh mit den Einschränkungen<br />

umzugehen.<br />

Wird die Beeinträchtigung oder Behinderung früh therapiert, kann das<br />

Kind besser lernen, diese auszugleichen.<br />

Foto: Imago/YAY Images<br />

Unter Frühförderung versteht<br />

man Hilfen für Kinder von deren<br />

Geburt bis zur Einschulung. Anspruch<br />

auf Leistungen haben Kinder,<br />

die eine Behinderung haben<br />

oder bekommen könnten, oder die<br />

sich in bestimmten Bereichen verzögert<br />

entwickeln. Ziel ist es, Behinderungen<br />

zu vermeiden oder<br />

deren Folgen zu mildern.<br />

Frühförderung gibt es beispielsweise<br />

im Bereich der sprachlichen<br />

und motorischen Entwicklung<br />

sowie für Kinder mit Seh- oder<br />

Hörbehinderung. Die Leistungen<br />

werden von interdisziplinären<br />

Frühförderstellen, Sozialpädiatrischen<br />

Zentren (SPZ) oder vergleichbaren<br />

Frühförderstellen erbracht.<br />

Dort arbeiten verschiedene<br />

Fachkräfte, beispielsweise aus den<br />

Bereichen Heilpä dagogik, Logopädie,<br />

Ergotherapie sowie Physiotherapie<br />

zusammen.<br />

Frühförderung ist für die Eltern<br />

kostenlos. Sie kann über die gesetzliche<br />

Krankenkasse, die Kinder-<br />

und Jugendhilfe oder die<br />

Eingliederungshilfe finanziert<br />

werden. Mit dem Bundesteilhabegesetz<br />

wurde sie als Komplexleistung<br />

in Paragraf 46 SGB IX festgelegt.<br />

Bundesweit gibt es rund 700<br />

Frühförderstellen und mehr als<br />

120 sozialpädiatrische Zentren.<br />

Pro Jahr nehmen rund 120 000<br />

Kinder Leistungen der Frühförderung<br />

in Anspruch.<br />

Wichtig ist, dass die Übungen<br />

Spaß machen. Die Kinder sollen<br />

spielerisch lernen und selbstbewusst<br />

und möglichst selbstständig<br />

werden. Am besten gelingt das,<br />

wenn alle Bezugspersonen mit<br />

einbezogen sind: Neben den Eltern<br />

können das weitere Verwandte<br />

sein, aber auch Tagesmütter und<br />

-väter sowie Erzieherinnen und<br />

Erzieher. Sie alle können von den<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

der Frühförderung informiert und<br />

geschult werden. Meist findet die<br />

Förderung in der Einrichtung vor<br />

Ort statt. Ist das nicht möglich,<br />

etwa weil das Kind sein vertrautes<br />

Umfeld braucht, kann auch die<br />

mobile Frühförderung in Anspruch<br />

genommen werden. Diese<br />

berät Familien in ihrem Zuhause.<br />

Auskünfte, an welche Frühförderstelle<br />

man sich wenden kann,<br />

erteilen die Kinderärztin, der Kinderarzt<br />

oder das örtliche Gesundheitsamt.<br />

Weitere Infos gibt es im<br />

Internet, beispielsweise bei der<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung (BZGA). Hilfreich ist<br />

auch die Broschüre „Mein Kind ist<br />

behindert – diese Hilfen gibt es“ des<br />

Bundesverbands für körper- und<br />

mehrfachbehinderte Menschen<br />

(BVKM). Annette Liebmann<br />

Info<br />

Mehr Informationen zum Thema<br />

Frühförderung gibt es hier:<br />

https://frühförderstellen.de<br />

https://www.bzga.de<br />

https://bvkm.de


12 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> VdK-TV<br />

Aktuelle Filme auf VdK-TV<br />

VdK-TV<br />

Die Redaktion des Videoportals<br />

VdK-TV informiert Sie regelmäßig<br />

zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />

Themen. Folgende nebenstehende<br />

neue Filme sind unter<br />

www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />

VdK-TV AUF SPORT1<br />

Filme von VdK-TV sind in der Sendung<br />

MIT EINANDER bei Sport1<br />

im Fernsehen zu sehen. In der<br />

<strong>Juni</strong>-Ausgabe blicken wir nach<br />

Berlin. Beim dortigen Bundesverbandstag<br />

des VdK Deutschland<br />

wurde VdK-Präsidentin Verena<br />

Bentele einstimmig wiedergewählt.<br />

Zudem überreichte sie<br />

Gesundheitsminister Karl Lauterbach<br />

den Abschlussbericht der<br />

VdK-Pflege studie.<br />

17. <strong>Juni</strong> Sendetermin ist der<br />

dritte <strong>Juni</strong>- Samstag<br />

um 9.30 Uhr.<br />

20. <strong>Juni</strong> Am Dienstag darauf<br />

wird die Sendung um<br />

15.30 Uhr wiederholt.<br />

Aus der Hanfpflanze wird Medizin gewonnen. Cannabis-Präparate können bei chronischen Schmerzen helfen<br />

und werden bestimmten Patientinnen und -patienten vom Arzt verordnet.<br />

Foto: Pixabay<br />

„Rat und Tat“<br />

Medizinischer Cannabis kann die<br />

Beschwerden schwer kranker Menschen<br />

lindern und deren Lebensqualität<br />

verbessern. Häufig haben<br />

Betroffene im Laufe ihrer Krankengeschichte<br />

schon zahlreiche Medikamente<br />

ausprobiert, die aber nicht<br />

gegen Symptome wie beispielsweise<br />

chronische Schmerzen oder Übelkeit<br />

nach einer Chemotherapie<br />

helfen konnten.<br />

Seit 2017 gibt es einen gesetzlichen<br />

Anspruch auf Versorgung mit Cannabis.<br />

Allerdings müssen Voraussetzungen<br />

erfüllt sein, damit die<br />

gesetzliche Krankenversicherung<br />

die Kosten für eine solche Therapie<br />

übernimmt. Denn Cannabis ist<br />

gleichzeitig eine der am meisten<br />

konsumierten Drogen weltweit. Das<br />

Suchtpotenzial ist bei einer solchen<br />

Behandlung also nicht zu unterschätzen.<br />

Das Bundessozialgericht<br />

hat sich mit diesem Thema beschäftigt<br />

und im November 2022 in einer<br />

grundsätzlichen Entscheidung die<br />

Kriterien festgelegt, die die Einnahme<br />

eines Cannabis-Präparats als<br />

von der Kasse zu tragende ärztliche<br />

Verordnung rechtfertigen.<br />

Was alles zu beachten ist, wie Patientinnen<br />

und Patienten vorgehen<br />

müssen, wenn sie sich eine Behandlung<br />

mit Cannabis von ihrem Arzt<br />

verschreiben lassen möchten – darüber<br />

informiert Elahe Jafari-Neshat,<br />

Leiterin der Rechtsabteilung beim<br />

VdK Dortmund, in der neuen Folge<br />

der Ratgeberreihe „Rat und Tat“.<br />

Der Sozialverband VdK hilft seinen<br />

Mitgliedern, wenn die Krankenkasse<br />

die Kostenübernahme verweigert.<br />

VdK-Moderator Kai Steinecke<br />

fasst das Ganze wie immer in einem<br />

eigenen Video kurz und knapp zusammen.<br />

Ehre für Ulrike Mascher<br />

2006 wurde Ulrike Mascher als erste<br />

Frau zur Landesvorsitzenden des<br />

VdK Bayern gewählt. Von 2008 bis<br />

2018 hatte sie außerdem das Amt<br />

der Präsidentin des VdK Deutschland<br />

inne. Beim 22. Landesverbandstag<br />

des VdK Bayern, der<br />

Anfang Mai in München stattfand,<br />

ist die 84-Jährige nicht mehr zur<br />

Wahl angetreten.<br />

Zu ihrer Nachfolgerin wurde einstimmig<br />

VdK-Präsidentin Verena<br />

Bentele gewählt. Ulrike Mascher ist<br />

zur ersten Ehrenvorsitzenden des<br />

VdK Bayern ernannt worden. Der<br />

Filmbeitrag würdigt ihr großes ehrenamtliches<br />

Engagement für die<br />

Sozialpolitik und zeichnet in kurzen<br />

Einspielungen und Streiflichtern das<br />

Porträt einer Frau, die – verbindlich<br />

im Ton und kämpferisch in der Sache<br />

– vor allem für soziale Gerechtigkeit<br />

und einen starken Sozialstaat<br />

als ihrem Garanten streitet.<br />

Bundesverbandstag<br />

Mitte Mai fand der 19. Ordentliche<br />

Bundesverbandstag des Sozialverbands<br />

VdK Deutschland in Berlin<br />

statt. Unter dem Motto „WIR für soziale<br />

Gerechtigkeit“ kamen rund 200<br />

Delegierte aus den 13 VdK-Landesverbänden<br />

zusammen, um wichtige<br />

verbandspolitische Entscheidungen<br />

zu treffen sowie das VdK-Präsidium<br />

und den -Bundesauschuss zu wählen.<br />

Wegen der Corona- Pandemie<br />

musste die Veranstaltung um ein<br />

Jahr verschoben werden. VdK-TV<br />

war dabei und hat Menschen, Ereignisse<br />

und Impressionen vom Bundesverbandstag<br />

in stimmungsvollen<br />

Bildern festge halten.


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 13<br />

LANDESVERBAND<br />

VdK-Tipp<br />

Notfallregister rettet<br />

Leben Seite 14<br />

„Gesehen, gefragt, geschätzt!“<br />

Erfolgreich auf dem Bundesverbandstag: 18 Delegierte vertraten die rheinland-pfälzischen Interessen<br />

Steuer-Tipp<br />

Kosten für Pflege von<br />

Angehörigen Seite 14<br />

Ehrenamt im VdK<br />

Aktivitäten der Orts- und<br />

Kreisverbände Seite 15<br />

TERMIN<br />

VdK beim<br />

Rheinland-Pfalz-Tag<br />

Der Sozialverband VdK ist wieder<br />

mit dabei auf dem Rheinland-Pfalz-Tag<br />

in Bad Ems vom<br />

16.-18. <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong>. Höhepunkt ist<br />

der sonntägliche Umzug, bei<br />

dem auch der VdK-Festwagen<br />

mitfährt. Außerdem können sich<br />

alle interessierten Besucherinnen<br />

und Besucher über das<br />

umfassende VdK-Angebot informieren;<br />

der VdK-Stand auf der<br />

Selbsthilfemeile ist während<br />

der gesamten drei Tage besetzt<br />

vom Orga-Team des Kreisverbands<br />

Rhein-Lahn und dessen<br />

Ortsverbänden.<br />

Daneben präsentieren sich an<br />

insgesamt 200 Ständen weitere<br />

Selbsthilfegruppen sowie viele<br />

Sportvereine, Rettungsdienste,<br />

Naturschutzvereine, Polizei, Bundeswehr<br />

und die Landesregierung.<br />

Außerdem gibt es ein umfassendes<br />

Unterhaltungs- und<br />

Musikprogramm.<br />

An dem Festwochenende wird<br />

es zu Sperrungen und Umleitungen<br />

kommen; wer kann, sollte<br />

mit Bus und Bahn anreisen.<br />

rlp-tag23@vgben.de<br />

www.rlp-tag.de<br />

„Wir für soziale Gerechtigkeit“: Mit klarer Agenda kamen die Delegierten aus Rheinland-Pfalz zum Bundesverbandstag nach Berlin.<br />

Gute Nachrichten vom Bundesverbandstag:<br />

Der Sozialverband VdK<br />

Rheinland-Pfalz ist weiterhin in<br />

allen wichtigen Gremien des VdK<br />

Deutschland vertreten! Landesverbandsvorsitzender<br />

Willi Jäger<br />

bleibt die starke rheinland-pfälzische<br />

Stimme im Präsidium.<br />

„Ich freue mich sehr, in den<br />

nächsten vier Jahren den VdK auch<br />

auf Bundesebene weiterzubringen!”,<br />

bedankte sich Willi Jäger für<br />

das Vertrauen, nachdem er zum<br />

Schriftführer des Bundespräsidiums<br />

gewählt wurde. Neben ihm<br />

werden weitere neun rheinland-pfälzische<br />

VdKlerinnen und<br />

VdKler ihre Expertise auf Bundesebene<br />

einbringen. Im Ausschuss<br />

wirken Anita Winkler und<br />

Karl-Rainer Heiderich sowie als<br />

Ersatzmitglieder Veronika Beckei,<br />

Christa Schulz, Rainer Zins und<br />

Ulrich Stilz. Thimo Schlär und<br />

sein Stellvertreter Ulrich Wolf prüfen<br />

auch in Zukunft die VdK-Bundesfinanzen.<br />

Martin Wegner gehört<br />

erneut dem Schiedsgericht des<br />

Bundesverbands an.<br />

Auch inhaltlich konnte der Sozialverband<br />

Rheinland-Pfalz<br />

punkten: Die rund 170 Delegierten<br />

aus ganz Deutschland bewilligten<br />

alle vier sozialpolitischen Anträge;<br />

thematisch ging es um Pflege, Rente,<br />

Behinderung und Gesundheitsversorgung.<br />

„Das Ergebnis zeigt: Der VdK<br />

Rheinland-Pfalz wird auf Bundesebene<br />

gesehen, gefragt und<br />

geschätzt“, so Willi Jäger abschließend.<br />

„Das ist der Verdienst des<br />

gesamten Teams und aller ehrenund<br />

hauptamtlichen Mitarbeitenden.<br />

Dafür herzlichen Dank!“ fin<br />

Die rheinland-pfälzischen Delegierten<br />

Anita Winkler und ...<br />

Im Fokus: Martin Wegner bleibt im<br />

Schiedsgericht des VdK-Bundesverbands.<br />

Fotos: Finkenzeller<br />

... Karl-Rainer Heiderich wirken zukünftig<br />

im VdK-Bundesausschuss.<br />

Foto: Klemmer<br />

Willi Jäger im Gespräch mit Verena<br />

Bentele und Paul Weimann, Vorsitzender<br />

des VdK Hessen-Thüringen.<br />

Frisch gewählt: Revisor Thimo<br />

Schlär und Stellvertreter Ulrich Wolf.<br />

Foto: VdK/Henning Schacht<br />

Foto: VdK/Henning Schacht<br />

„Und der Täter wurde festgenommen!“<br />

„Girls‘ Day“ beim Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz: Ein Gastbeitrag von Schülerin Mara<br />

Rechsthilfe, Sozialpolitik, Pressearbeit:<br />

Beim Girls‘ Day <strong>2023</strong> konnte<br />

die elfjährige Mara in alle<br />

VdK-Abteilungen hineinschnuppern.<br />

Abschließend schrieb sie für<br />

die VdK-Zeitung folgenden „Gonzo“-Artikel,<br />

der Berichterstattung<br />

und Fantasie vermischt:<br />

Berichterstattung mit Fantasie: die elfjährige Mara mit Pressesprecher<br />

Michael Finkenzeller.<br />

Foto: Dölen<br />

„Girls Day beim Sozialverband<br />

VdK: Endlich geht es los! Als erstes<br />

ging Mara zu Frau Dölen, die den<br />

Social-Media-Content für VdK<br />

leitet. Dort nahm sie ihre fanatischen<br />

Fans den ganzen Tag über<br />

mit. Nun kam auch schon Frau<br />

Schäfer dazu und los geht es zu<br />

einer Gerichtsverhandlung. Der<br />

Mordfall an den jungen Bobbie<br />

Will ist für alle ein großer Schock!<br />

Der Täter wurde heute, während<br />

dem Gerichtsverfahren gelöst, weil<br />

Mara ihren Senf (mal wieder) dazu<br />

getan hat.<br />

Jetzt geht es auch schon weiter<br />

zum supernetten Super-Anwalt<br />

vom VdK. Eine laaaaaaaaaange<br />

Unterhaltung über das Jura-Studium<br />

wird geführt, wobei Mara bemerkt,<br />

dass Jura nicht ihr Ding ist.<br />

Nun geht es auch schon wieder zu<br />

Frau Dölen, um einen passenden<br />

Sound für das Instagram-Real<br />

rauszusuchen.<br />

Jetzt ein Stockwerk höher zu<br />

Frau Landgraf, die Mara erklärt,<br />

um was es in der fünften Abteilung<br />

geht. Mara fand es sehr spannend,<br />

über Renten-Versicherungen zu<br />

reden.<br />

Endlich eine kurze Mittagspause,<br />

um Essen zu gehen! Nach dem<br />

Essen wieder hoch in die zweite<br />

Abteilung und wieder rüber zu<br />

Frau Dölen. Nach ein paar Drehversuchen,<br />

dann steht das Instagram-Real!<br />

Plötzlich aber stürmt der Pressesprecher<br />

herein und bittet sie, mit<br />

hoch in die vierte Abteilung zu<br />

kommen. Was war passiert? Oben<br />

angekommen trifft Mara den Landesverbandsvorsitzenden<br />

Willi<br />

Jäger. Als der Pressesprecher fragt,<br />

ob er fünfzehn Minuten früher<br />

gehen dürfte und meinte ,Können<br />

Sie mir das denn vor einer 11-Jährigen<br />

abschlagen?‘, wusste Mara,<br />

dass er sie als Druckmittel nutzte.<br />

Aber durch ihre unwiderstehliche<br />

Homer-Simpson-Ausstrahlung<br />

drückte Willi Jäger doch nochmal<br />

ein Auge zu. Noch schnell einmal<br />

die Hände schütteln – und was ist<br />

das? Eine große VdK-Tüte, steht<br />

auf den Schreibtisch? Die wunderschönen<br />

VdK-Werbemittel! Und<br />

siehe da: ein weißes Handtuch und<br />

eine pinke Tasche mit der Aufschrift<br />

,Rente für alle‘ erfüllen<br />

Maras Herz! Das war aber noch<br />

nicht alles! Den VdK-Merchandise<br />

gibt es ab jetzt online! Und nicht<br />

vergessen: Rente für alle!“ Mara


14 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

VDK-TIPP<br />

Für den Notfall: Notfallregister<br />

Europäisches Notfallregister für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen<br />

Bei der Flut im Ahrtal gab es über<br />

130 Todesopfer – darunter auch<br />

zwölf Pflegebedürftige, die sich<br />

nicht selbst retten konnten. Ein<br />

Problem für die Rettungskräfte<br />

war, dass sie oft nicht wissen, in<br />

welchen Häusern oder Wohnungen<br />

hilfsbedürftige Menschen leben.<br />

Dafür gibt es nun das europäische<br />

Notfallregister. Alles<br />

Wissenswerte hierzu klärt unser<br />

VdK-Tipp.<br />

Grundsätzlich ist es besonders<br />

für Ältere, Pflegebedürftige und<br />

Menschen mit Behinderung sowie<br />

deren Angehörigen wichtig, auf<br />

jegliche Notfälle so gut wie möglich<br />

vorbereitet zu sein. Zunächst einmal<br />

gilt es, Vorsorgemaßnahmen<br />

zu treffen, um die Zeit bis zur Rettung<br />

zu überbrücken. Doch damit<br />

einen die Rettungskräfte überhaupt<br />

finden, war man bislang auf Nachbarn<br />

angewiesen oder musste sich<br />

selbst bemerkbar machen.<br />

Doch seit Ende letzten Jahres<br />

gibt es das europäische Notfallregister,<br />

in dem man sich registrieren<br />

lassen kann. Die dort eingestellten<br />

Daten liefern den Behörden sowohl<br />

bei der präventiven Planung<br />

Woher soll die Feuerwehr wissen, ob im brennenden Haus eine gehörlose Person wohnt? <br />

als auch im akuten Notfall wichtiges<br />

Wissen zur Einsatzplanung.<br />

Erfasst werden neben der Adresse<br />

auch Name, Geburtsdatum, Telefon,<br />

Körpergröße, Gewicht, Wohnsituation<br />

und medizinische Besonderheiten.<br />

Sollte es dann zum Beispiel zu<br />

einem längeren Stromausfall kom-<br />

men oder ein anderer Katastrophenfall<br />

eintreten, können Rettungskräfte<br />

die Personen schneller<br />

finden und ihre spezifischen Bedürfnisse<br />

besser berücksichtigen,<br />

zum Beispiel, ob sie auf ein Sauerstoffgerät<br />

angewiesen sind.<br />

Die Datenabfrage ist nur zulässig<br />

von registrierten und verifizierten<br />

Foto: Freepik / partystock<br />

Leitstellen der Feuerwehr und des<br />

Rettungsdienstes, der Polizei, den<br />

Katastrophen- und Zivilschutzbehörden<br />

und deren verpflichteten<br />

Hilfsorganisationen, sowie in eingeschränktem<br />

Umfang (nur Name,<br />

Adresse) von registrierten Personen<br />

mit stromabhängiger, lebenserhaltender<br />

Technik wie zum<br />

Beispiel Heimbeatmung oder -dialyse<br />

an die Stromnetzbetreiber als<br />

sogenannte kritischer Infrastruktur<br />

(KRITIS).<br />

Jeder Zugriff und jede Abfrage<br />

werden protokolliert. Die abrufende<br />

Stelle ist verantwortlich für die<br />

Einhaltung der datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen, für die<br />

Rechtmäßigkeit des Abrufs, der<br />

Verarbeitung und der Speicherung.<br />

Im Register werden Daten<br />

zu Ihrer Person, Erreichbarkeit,<br />

Wohnsituation, Gesundheitsdaten,<br />

individuelle Bedarfe und ein<br />

Notfallkontakt (sofern gewünscht)<br />

erfasst.<br />

Wichtig zu wissen ist, dass es<br />

grundsätzlich in der Eigenverantwortung<br />

aller Bürger liegt, sich auf<br />

den Notfall vorzubereiten. Mit der<br />

Eintragung ins Notfallregister sind<br />

keinerlei Rechte verbunden, zum<br />

Beispiel zuerst gerettet zu werden.<br />

Die Behörden und Einsatzkräfte<br />

entscheiden immer nach eigenem<br />

Ermessen; aber durch das Notfallregister<br />

können sie diese Entscheidungen<br />

besser treffen.<br />

Ida Schneider<br />

www.notfallregister.eu<br />

Pflege-Pauschbeträge in der Steuererklärung<br />

Die Kosten für die Pflege von Angehörigen lassen sich von der Steuer absetzen – Das müssen Sie beachten<br />

Viele pflegebedürftige Menschen<br />

lassen sich zu Hause betreuen und<br />

pflegen – von Angehörigen oder<br />

Menschen, mit denen sie in einer<br />

engen persönlichen Beziehung<br />

stehen. Damit sind oft auch hohe<br />

Kosten verbunden, die die Pflegenden<br />

über den Pflege-Pauschbetrag<br />

in ihrer Steuererklärung<br />

absetzen können. Was Sie wissen<br />

müssen, erklärt der Steuerring.<br />

Die liebevolle Pflege einer Angehörigen kostet viel Kraft und Zeit – aber auch viel Geld.<br />

doch nicht zu den Einnahmen –<br />

der Pflege-Pauschbetrag steht Ihnen<br />

in diesem Fall zu.<br />

Gut zu wissen: Die Pflege gilt<br />

auch dann als „persönlich durchgeführt“,<br />

wenn Sie sich zeitweise<br />

Unterstützung von einer ambulanten<br />

Pflegekraft holen. Dadurch wird<br />

der Pauschbetrag nicht gekürzt.<br />

Höhe der Pauschbeträge<br />

Pflegegrad<br />

Wer Angehörige oder Nahestehende<br />

pflegt, meistert nicht nur eine<br />

große Herausforderung, sondern hat<br />

in der Regel auch hohe Kosten. Der<br />

Gesetzgeber möchte die Pflegenden<br />

steuerlich entlasten und hat 2021 die<br />

gesetzlichen Regelungen grundlegend<br />

überarbeitet: Der Pflege-Pauschbetrag<br />

hängt seitdem vom Pflegegrad<br />

des Pflegebedürftigen ab und<br />

beträgt bis zu 1800 Euro. Zudem ist<br />

der Pauschbetrag nicht mehr an das<br />

Kriterium „hilflos“ geknüpft.<br />

Folgende Voraussetzungen müssen<br />

erfüllt sein, damit Sie den Pflege-Pauschbetrag<br />

nutzen können:<br />

• Sie persönlich pflegen Ihren Angehörigen<br />

oder eine nahestehende<br />

Person entweder in dessen<br />

oder in Ihrem eigenen Zuhause.<br />

• Die Wohnung oder das Haus befindet<br />

sich in einem Mitgliedstaat<br />

der EU oder in einem Staat, der Teil<br />

des Abkommens über den Europäischen<br />

Wirtschaftsraum ist.<br />

• Sie erhalten keine Einnahmen<br />

für Ihre Pflegetätigkeit.<br />

Wenn Sie also beispielsweise<br />

eine Pflegevergütung bekommen,<br />

haben Sie keinen Anspruch mehr<br />

auf den Pflege-Pauschbetrag. Das<br />

Pflegegeld, das Eltern eines behinderten<br />

Kindes erhalten, zählt jewährt,<br />

ist abhängig vom festgestellten<br />

Pflegegrad der pflegebedürftigen<br />

Person. Die Beträge wurden 2021<br />

angehoben und sind seitdem gleichgeblieben.<br />

(siehe Tabelle unten).<br />

Um den Pflegegrad nachzuweisen,<br />

müssen Sie dem Finanzamt<br />

einen entsprechenden Bescheid<br />

der dafür zuständigen Behörde<br />

vorlegen. Den Pauschbetrag können<br />

Sie dann als außergewöhnliche<br />

Belastung geltend machen.<br />

Der Pflege-Pauschbetrag ist ein<br />

Jahresbetrag. Das heißt: Er wird<br />

Pflege-Pauschbeträge (Stand <strong>2023</strong>)<br />

Die Höhe des Pflege-Pauschbetrags,<br />

den Ihnen das Finanzamt geauch<br />

dann in voller Höher gewährt,<br />

wenn die Pflege nur einen<br />

bestimmten Teil des Jahres angedauert<br />

hat. Verändert sich der<br />

Pflegegrad im Laufe eines Kalenderjahres,<br />

können Sie den Pauschbetrag<br />

für den höchsten Pflegegrad<br />

ansetzen, der in dem Jahr festgestellt<br />

wurde.<br />

Achtung: Das Finanzamt berücksichtigt<br />

den Pflege-Pauschbetrag<br />

pro Pflegebedürftigem jährlich<br />

nur ein Mal. Pflegen Sie also gemeinsam<br />

mit anderen Personen<br />

Pauschbetrag in Euro<br />

2 600<br />

3 1.100<br />

4oder 5oder Hilflosigkeit 1.800<br />

Foto: Freepik<br />

Grafik: Steuerring<br />

einen Angehörigen, müssen Sie<br />

den Pauschbetrag nach Köpfen<br />

aufteilen. Betreuen Sie selbst jedoch<br />

mehrere Pflegebedürftige,<br />

können Sie den Pauschbetrag<br />

mehrfach absetzen.<br />

Tipp: Ihre tatsächlichen Aufwendungen<br />

für die Pflege und Betreuung<br />

Ihres Angehörigen übersteigen<br />

den Pflege-Pauschbetrag? Dann<br />

können Sie dem Finanzamt alternativ<br />

auch Einzelnachweise über<br />

die angefallenen Kosten vorlegen.<br />

Allerdings berücksichtigt das Finanzamt<br />

dann nur den Betrag, der<br />

über Ihrer zumutbaren Eigenbelastung<br />

liegt. Vivien von Boscamp<br />

Info<br />

Als Lohnsteuerhilfeverein<br />

übernimmt der<br />

Steuerring die komplette<br />

steuerfachliche<br />

Betreuung seiner<br />

Mitglieder. Allein in<br />

Rheinland-Pfalz unterhält<br />

er 38 Beratungsstellen. Für<br />

VdK-Mitglieder entfällt die einmalige<br />

Aufnahmegebühr. Interessierte<br />

erhalten weitere Informationen<br />

direkt beim Steuerring.<br />

Auch die VdK- Kreisverbände<br />

geben Auskunft über die nächstgelegene<br />

Steuerring-Beratungsstelle.<br />

Aus gesetzlichen Gründen<br />

darf der Steuerring ausschließlich<br />

im Rahmen einer Mitgliedschaft<br />

(§ 4 Nr. 11 StBerG) beraten.<br />

• 0800 9 78 48 00 (kostenlos)<br />

info@steuerring.de<br />

www.steuerring.de


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 15<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Neuwied<br />

Hoppstädten-Weiersb.<br />

Motiviertes Vorstandsteam<br />

Erfolgreicher Kreisverbandstag in Kaiserslautern<br />

Anlässlich seines Kreisverbandstags ehrte der Vorsitzende Hans Werner<br />

Kaiser (links) zusammen mit dem Landesverbandsvorsitzenden Willi<br />

Jäger verdiente VdKlerinnen und VdKler. Für ihre langjährige ehrenamtliche<br />

Tätigkeit erhielten Rüdiger Hof und Gisela Stahl die Landesverdienstnadel<br />

in Gold des VdK-Landesverbands Rheinland-Pfalz. Mit dem<br />

Ehrenzeichen wurden Sven Lefkowitz und Marlene Debusmann ausgezeichnet.<br />

Ferner erhielt der ehemalige Vorsitzende des OV St. Katharinen,<br />

Karl-Josef Rings, die Landesverdienstnadel in Gold. Für ihr jahrzehntelanges<br />

ehrenamtliches Engagement wurden Heinrich Richarz und Gregor<br />

Weiler mit der höchsten Auszeichnung im Verband, der Goldenen Ehrennadel<br />

des Sozialverbands VdK Deutschland, geehrt.<br />

Fell-Riol<br />

Im Ortsverband Fell-Riol, Kreisverband Trier-Saarburg, wurden bei der<br />

Jahreshauptversammlung zahlreiche Mitglieder für ihre langjährige<br />

Treue und Verbundenheit geehrt. Das Foto zeigt von links (Mitgliedsjahre<br />

in Klammern): Helga Hoff (10), Barbara Speder (10), Edmund<br />

Schönhofen (50), Ortsverbandsvorsitzender Herbert Kasler und der<br />

stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Karl-Rainer Heiderich.<br />

Schönenberg-Kübelberg<br />

Im Ortsverband Hoppenstädten-Weiersbach,<br />

Kreisverband<br />

Birkenfeld, begrüßte der Vorsitzende<br />

Alfred Gutensohn mit<br />

großer Freude das 311. und zugleich<br />

jüngste Mitglied im Ortsverband.<br />

(Foto: R. Müller).<br />

Zell-Merl<br />

Im Ortsverband Alf, Kreisverband<br />

Cochem-Zell, ehrten der Kreisverbandsvorsitzende<br />

Andreas Peifer<br />

(rechts) sowie der ehemalige<br />

Vorsitzende Manfred Heinz 40<br />

treue Mitglieder. Für 65 VdK-Jahre<br />

wurde Pauline Hillen (Mitte) besonders<br />

ausgezeichnet. Der neue<br />

Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:<br />

Vorsitzender Willi Schumacher,<br />

sein Stellvertreter Carsten<br />

Donauer, Kassenverwalter<br />

Karl-Heinz Goergen, dessen<br />

Stellvertreter Jürgen Konen,<br />

Schriftführerin Monika Kronz,<br />

Frauenbeauftragte Petra Goergen<br />

und Beisitzende Heike Conrad,<br />

Gerd Klinkhammer und<br />

Alois Pütz.<br />

Heddesdorf<br />

Neue und bekannte Gesichter: Das neue Vorstandsteam präsentiert sich.<br />

Anlässlich seines Kreisverbandstags<br />

ludt der Kreisverband Kaiserslautern<br />

Delegierte aus seinen<br />

29 Ortsverbänden nach Krickenbach.<br />

Bei der Vorstandswahl wurde<br />

Bernd Hofmann in seinem Amt<br />

als Kreisverbandsvorsitzender für<br />

weitere vier Jahre bestätigt. Sein<br />

Stellvertreter ist Gottfried Bohn.<br />

Bernd Hofmann begrüßte neben<br />

den Delegierten Staatssekretär Dr.<br />

Fedor Ruhose, Landtagsabgeordneten<br />

Daniel Schäffner, Kreisbeigeordneten<br />

Walter Altherr als sowie<br />

VdK-Landesverbandsvorsitzenden<br />

Willi Jäger als Ehrengäste. In ihren<br />

Grußworten lobten diese den Sozialverband<br />

VdK für seine Arbeit in<br />

der sozialen Gemeinschaft.<br />

Willi Jäger bedankte sich für die<br />

gute Zusammenarbeit mit dem<br />

Kreisverband Kaiserslautern. Der<br />

Kreisverband betreut rund 11 400<br />

Mitglieder in 29 Ortsverbänden.<br />

Anschließend wurde der Vorstand<br />

neu gewählt. Das Bild oben<br />

zeigt von links: Kreisverbandsfrau-<br />

Mainz-West<br />

envertreterin Elke Wagner-Gundacker,<br />

stellvertretender Vorsitzender<br />

Gottfried Bohn, die Beisitzenden<br />

Horst Weinel, Monika Lang,<br />

Revisor Peter Baumann, Waltraud<br />

Mangold und Yvonne Zickgraf,<br />

Kassenverwalter Volker Erbach,<br />

Revisorin Ingeborg Hofmann,<br />

Schriftführer Udo Fleder, Revisor<br />

Hugo Schönborn, Vorsitzender<br />

Bernd Hofmann sowie Beisitzer<br />

Martin Welle. Nicht auf dem Bild<br />

sind die Beisitzenden Evelin Leyendecker<br />

und Hans Weißmann.<br />

Beeindruckt von der VdK-Gemeinschaft:<br />

Staatssekretär Dr. Fedor<br />

Ruhose (Mitte) mit VdK-Landesverbandsvorsitzendem<br />

Willi Jäger<br />

(links) und Kreisverbandsvorsitzendem<br />

Bernd Hoffmann (rechts).<br />

Im Ortsverband Schönenberg-Kübelberg, Kreisverband Kusel, ehrte der<br />

Vorsitzende Josef Mai insgesamt 33 VdKlerinnen und VdKler für ihre<br />

Treue mit Urkunde und Anstecknadel. Das Bild zeigt einen Teil der<br />

Jubilare, die für 10, 20 bzw. 30 Mitgliedsjahre ausgezeichnet wurden.<br />

Mandern-Waldweiler<br />

Im Ortsverband Heddesdorf,<br />

Kreisverband Neuwied, ehrte<br />

Vorsitzender Sven Lefkowitz<br />

(links) gemeinsam mit seiner<br />

Stellvertreterin Martina Beate<br />

Jakoby (rechts) den Jubilar Dieter<br />

Sassin (Mitte) für 20-jährige<br />

Treue zum VdK. Lefkowitz lobte<br />

das ehrenamtliche Engagement<br />

des langjährigen Revisors.<br />

Partenheim/Venders.<br />

Das Vorstandsteam des Ortsverbands Mainz-West stellt sich vor. Auf<br />

dem Bild sieht man von links: Vorsitzende Michaela Scheitinger, Revisor<br />

Martin Schäfer, Kassenverwalter Markus Oberländer, Beisitzerin<br />

Sandra Oberländer, Beisitzerin Gabriele Lotz, Besitzerin Gaby Dilling<br />

sowie Schriftführer Klaus Schimmele. Nicht im Bild ist die Revisorin<br />

Birgit Franke.<br />

Albig<br />

Bei der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Mandern-Waldweiler,<br />

Kreisverband Trier-Saarbug, wurde unter der Wahlleitung des stellvertretenden<br />

Kreisverbandsvorsitzenden Karl Rainer Heiderich (rechts) ein<br />

neuer Vorstand gewählt. Das Bild zeigt das neue Vorstandsteam von links:<br />

Maria Brosius, Franz Josef Alten, Annabell Michels, Kurt Huwer, Manfred<br />

Rauber, Erwin Hartl, Ludwinus Simon und Roland Brosius. Nicht im<br />

Bild: Franz Jürgen Mertens.<br />

Im Ortsverband Partenheim/<br />

Vendersheim, Kreisverband Alzey,<br />

wurde die ehemalige<br />

Schriftführerin Erna Eppelmann<br />

(Mitte) an ihrem 101. Geburtstag<br />

zum Ehrenmitglied ernannt. Der<br />

Vorsitzende Edwin Fischer und<br />

sein Stellvertreter Hans-Günter<br />

Schunk bedankten sich bei der<br />

Jubilarin für ihre langjährige Tätigkeit<br />

für den Ortsverband, insbesondere<br />

für ihre jährlichen<br />

Geburtstagsgrüße an alle<br />

VdK-Mitglieder über SWR4.<br />

Im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Dausenau-Singhofen-Winden,<br />

Kreisverband Rhein-Lahn, wurden Gerd Jung<br />

(Zweiter von rechts) und Doris Huth (Mitte) für 20 VdK-Jahre sowie Sascha<br />

und Ina Müller (links daneben) für je zehn Jahre Verbandstreue geehrt. Zu<br />

den Gratulanten zählten der stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende<br />

Wolfgang Stüber (rechts) und der Orts- und Kreisverbandsvorsitzende<br />

sowie Landesverbandsschriftführer Rainer Zins.


16 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

Herrstein<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Donnersberg<br />

Cochem<br />

Der Ortsverband Herrstein, Kreisverband Birkenfeld, hat sein 75-jähriges<br />

Bestehen gefeiert. Der Vorsitzende Günter Schmähler begrüßte<br />

dazu besondere Ehrengäste wie den Kreisbeigeordneten Peter Simon,<br />

Bürgermeister Uwe Weber, die Kreisverbandsvorsitzende Heidi Schneider,<br />

den Ehrenvorsitzenden Wolfram Rieth sowie die Vorstandsmitglieder<br />

benachbarter Ortsverbände. Danach erinnerte der stellvertretende<br />

Vorsitzende Horst Wolf an die Gründung des Ortsverbands am 9. Januar<br />

1948 in Niederwörresbach. Das Bild zeigt den Vorstand mit der<br />

Kreisverbandsvorsitzenden Heidi Schneider (rechts).<br />

Konz<br />

Leider trat Dieter Schreiber (Zweiter<br />

von rechts) aus gesundheitlichen<br />

Gründen als stellvertretender<br />

Vorsitzender des Kreisverbands<br />

Donnersberg zurück. Im<br />

Rahmen seiner Verabschiedung<br />

überreichte der Landesverbandsvorsitzende<br />

Willi Jäger (rechts)<br />

ihm zum Dank für die jahrelange<br />

ehrenamtliche Arbeit die goldene<br />

Ehrennadel im Beisein des Vorsitzenden<br />

Volker Langguth-Wasem<br />

sowie der Sozialrechtsberaterin<br />

Angelika Schwarz..<br />

Bad Kreuznach<br />

Der Ortsverband Cochem hat seinen Vorstand neu gewählt. Das Team<br />

besteht nun aus dem neuen Vorsitzenden Hans-Werner Kreutz, seinem<br />

Stellvertreter Heinz Märtens, Kassenverwalter Ovidiu Atila Vatlav,<br />

seinem Stellvertreter Markus Boos, Schriftführerin Nadine Boos sowie<br />

den Beisitzenden Erika Wiegand, Wolfgang Donhauser, Cornelia Pauly,<br />

Manfred Hamza, Peter Hoffmann sowie den Revisoren Bernd Schuwerack<br />

und Manfred Thiel und der Revisorin Ingrid Fieseler. Danach ehrte<br />

der Kreisverbandsvorsitzende Andreas Peifer Roswitha Thelen, Corinna<br />

Großengießer, Kurt Herrmann und Hans-Werner Kreutz für zehn<br />

VdK-Jahre sowie Erika Wiegand, Erika Breitscheidel, Ingrid Fieseler,<br />

Heinz Märtens, Hartmut Lieder, Winfried Schäfer und Manfred Thiel<br />

für 20 VdK-Jahre. Für 30 Jahre wurde Mechthild Martens ausgezeichnet.<br />

Winzenheim<br />

Mit vollem Bus starteten die Mitglieder des Ortsverbands Konz, Kreisverband<br />

Trier-Saarburg, zu einem Ausflug nach Monschau. Dort besichtigte<br />

die Gruppe das Senfmuseum und erkundete die schöne Altstadt.<br />

Vorbei an wild blühenden Narzissenhängen ging die Fahrt weiter<br />

nach Bitburg, wo alle zum Abendessen einkehrten.<br />

Nastätten<br />

Der Ortsverband Stadt Bad<br />

Kreuznach ehrte die stellvertretende<br />

Vorsitzende Wilhelmine<br />

Friess-Vonderlohe anlässlich der<br />

Mitgliederversammlung zahlreiche<br />

Jubilarinnen und Jubilare,<br />

die 20, 30, 40 und 50 Jahre beim<br />

VdK sind. Im Bild oben sieht man<br />

die rechts die Jubilarin Sigrid<br />

Oppermann, die zu ihrem 50-jährigen<br />

Jubiläum geehrt wurde.<br />

Das Bild unten zeigt links die<br />

Jubilarin Brunhilde Reths, die seit<br />

40 Jahren VdK-Mitglied ist.<br />

Der Ortsverband Winzenheim, Kreisverband Bad Kreuznach, hat sein<br />

Vorstandsteam neu gewählt. Das Bild zeigt von links: Elmar Diehl,<br />

Monika Mildenberger, Mark Grünewald, Vorsitzende Martina Weber,<br />

Martin Gubernator, stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender Clemens<br />

Mann, Ursula Domann und Marita Ingenbrand.<br />

Kördorf<br />

Im Ortsverband Nastätten, Kreisverband Rhein-Lahn, ehrte der Vorstand<br />

den ehemaligen Vorsitzenden Wilfried Schmidt (links) für 30<br />

Jahre Mitgliedschaft. Ihm wurden Urkunde und Ehrennadel sowie ein<br />

Präsentkorb überreicht. Neben ihm auf dem Foto sieht man von links:<br />

Schriftführer Edwin Klöppel, Vorsitzener Detlev Schurwanz, Kassenverwalterin<br />

Inge Gregorius, Beisitzerin Ingeborg Flackus und stellvertretende<br />

Vorsitzende und Frauenbeauftragte Barbara Wagner.<br />

Im Ortsverband Kördorf, Kreisverband Rhein-Lahn, wurde unter der<br />

Wahlleitung des Kreisverbandsvorsitzenden Rainer Zins (rechts) der<br />

Vorstand neu gewählt. Das Bild das neue Vorstandsteam von links:<br />

Vorsitzender Kurt Schmidt, Kassenverwalter Burkhard Kunz, Schriftführerin<br />

Monika Zach, stellvertretender Vorsitzender Norbert Pfeifer<br />

und Beisitzer Werner Spitz.<br />

Eisbachtal<br />

Fischbach-Weierb.<br />

St. Katharinen<br />

Auf dem Ortsverbandstag des Ortsverbandes Eisbachtal, Kreisverband<br />

Westerwald, wurden alle Vorstandsmitglieder unter der Wahlleitung<br />

des Kreisverbandsvorsitzenden Walter Frohneberg für weitere vier<br />

Jahre in den neuen Vorstand gewählt. Auf dem Bild sieht man von links:<br />

Beisitzer Walter Nicko Lay, Kassenverwalterin Gertrud Walter, stellvertrender<br />

Vorsitzender Michael Merz, Vorsitzender Eckhard Kurz,<br />

Schriftführer Hans Fein, Beisitzer Manfred Habel, Frauenvertreterin<br />

Christel Schwenzfeier sowie Beisitzer Georg Bertram.<br />

Im Ortsverband Fischbach-Weierbach,<br />

Kreisverband Birkenfeld,<br />

ehrte Ortsverbandvorsitzende<br />

Bernd Christmann VdKlerinnen<br />

und VdKler für 20-jährige Treue.<br />

Das Bild zeigt von links: Robert<br />

Wolf, Charlotte Shoemaker,<br />

Andreas Böres und Viola Hilles.<br />

Anschließend lud Christmann die<br />

Mitglieder zur 75-Jahr-Feier des<br />

Ortsverbands am 11. <strong>Juni</strong> in das<br />

Bürgerhaus in Bärenbach ein.<br />

Im Ortsverband St. Katharinen, Kreisverband Neuwied, wurde der<br />

Vorstand neu gewählt. Das Bild zeigt von links: Beisitzer Hans-Werner<br />

Küster, stellvertretender Kassenverwalter Achim Haubenreißer, Kreisverbandsvorsitzender<br />

Hans-Werner Kaiser, Vorsitzender Frank Ditscheid,<br />

Kassenverwalter Volker Frings sowie stellvertretender Vorsitzender<br />

Karl Josef Rings. Als Revisoren wurden Hans-Josef Weißenfels<br />

und Bernd Erdmann gewählt. Als Stellvertreter fungieren Martin<br />

Langer und Hans-Dieter Reufels.


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> 17


Verbraucher<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

21<br />

Rentenparadies Österreich?<br />

Die Alpenrepublik hat eine Erwerbstätigenversicherung und beindruckt mit einem hohen Rentenniveau<br />

Österreich wird häufig als Rentenparadies<br />

bezeichnet. Auch der<br />

Sozialverband VdK zieht das<br />

Nachbarland gerne als Vorbild<br />

heran.<br />

Das sogenannte österreichische<br />

Pensionssystem beeindruckt durch<br />

die Höhe der ausgezahlten Renten.<br />

Rentnerinnen und Rentner erhalten<br />

in Österreich 14-mal im Jahr<br />

ihre Rente ausgezahlt, darin eingeschlossen<br />

ist eine Zahlung jeweils<br />

zum Sommerurlaub und zu<br />

Weihnachten.<br />

Wie ist das möglich? Die Voraussetzungen<br />

in Deutschland und in<br />

Österreich sind bei der Bevölkerungsstruktur<br />

und beim Bruttoinlandsprodukt<br />

durchaus vergleichbar,<br />

allerdings ist das gesamte<br />

Rentenniveau in der Alpenrepublik<br />

erheblich höher als in Deutschland.<br />

Geringeres Armutsrisiko<br />

Zum Sommerurlaub gibt es eine zusätzliche Rentenauszahlung.<br />

Lag im Jahr 2018 beispielsweise<br />

die durchschnittliche Rente für<br />

Männer in Deutschland bei rund<br />

1272 Euro, konnte sich der österreichische<br />

Rentner über fast 700<br />

Euro im Monat mehr freuen: Er<br />

bekam 1965 Euro Rente. Die<br />

durchschnittliche Rente für Frauen<br />

in Deutschland lag im Jahr 2018<br />

bei 792 Euro im Monat, in Österreich<br />

bei rund 1229 Euro.<br />

Vergleicht man das Armutsrisiko<br />

im Alter in beiden Ländern, so<br />

werden die Vorteile des österreichischen<br />

Modells deutlich: Die<br />

Armutsquote bei den über 65-Jährigen<br />

liegt in Österreich bei 13,9,<br />

in Deutschland hingegen bei 18,9<br />

Prozent.<br />

Ein System für alle<br />

Ein ausschlaggebender Grund<br />

für das hohe Rentenniveau: Der<br />

Rentenbeitragssatz ist in Österreich<br />

erheblich höher: Er liegt bei<br />

22,8 Prozent des Bruttogehalts. In<br />

Deutschland liegt er bei nur 18,6<br />

Prozent. Dazu kommt ein wichtiger<br />

Unterschied: Österreich hat<br />

eine Erwerbstätigenversicherung.<br />

Jeder, der dort arbeitet, zahlt in das<br />

einzige staatliche System der Alterssicherung<br />

ein.<br />

Im Gegensatz dazu gibt es in<br />

Deutschland verschiedene staatliche<br />

Systeme der Alterssicherung,<br />

beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung,<br />

in die alle sozialversicherungspflichtig<br />

arbeitenden<br />

Angestellten einzahlen, und die<br />

Pensionskasse, die für die komplett<br />

Foto: picture alliance/imageBROKER/Stefan Kiefer<br />

aus Steuergeldern finanzierte Alterssicherung<br />

von Beamtinnen und<br />

Beamten zuständig ist.<br />

Weitere Faktoren stärken das<br />

österreichische System: Die österreichische<br />

Bevölkerung ist jünger,<br />

vor allem durch eine höhere Einwanderungsquote<br />

zu Beginn des<br />

Jahrtausends bedingt.<br />

Haben Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer in Deutschland<br />

schon nach fünf Jahren eine Rentenanwartschaft,<br />

müssen Berufstätige<br />

in Österreich allerdings 15<br />

Jahre sozialversicherungspflichtig<br />

arbeiten, damit sie eine Anwartschaft<br />

erhalten. Dazu hat Österreich<br />

sich zum Anfang des Jahrtausends<br />

entschieden, das Beamtensystem<br />

zu verkleinern und<br />

umzubauen: Seit 2005 zahlen neue<br />

Beamtinnen und Beamte in die<br />

allgemeine Rentenversicherung<br />

ein. Selbstständige wurden schon<br />

längst zwischen 1958 und 1997 in<br />

das Rentensystem einbezogen.<br />

Starkes Fundament<br />

Der VdK fordert seit Jahren, dass<br />

alle Erwerbstätigen in Deutschland<br />

in die gesetzliche Rentenversicherung<br />

einzahlen. VdK-Präsidentin<br />

Verena Bentele sagt: „Wirkliche<br />

Solidarität bei der Rente<br />

heißt: Alle für alle.“<br />

Bisher fehlt der politische Wille<br />

für eine umfassende Reform. Anstatt<br />

die Anzahl der Versicherten<br />

erheblich zu vergrößern und damit<br />

die Finanzierung auf eine breite<br />

Basis zu heben, favorisiert die Regierung<br />

eine andere Art der Rentenfinanzierung.<br />

Nach Plänen des Finanzministeriums<br />

soll ein Kapitalstock mit<br />

Aktien aufgebaut werden: Ab Mitte<br />

der 2030er-Jahren sollen diese<br />

Erträge die Beitragssatzentwicklung<br />

stabilisieren. Der VdK sieht<br />

nicht, dass das sogenannte Generationenkapital<br />

auf Dauer hilft.<br />

Eine breite Basis von Erwerbstätigen,<br />

die das System stützen, wäre<br />

nachhaltiger. Julia Frediani<br />

Leihen ist das neue Kaufen<br />

In immer mehr Städten bieten Bibliotheken auch Werkzeug und Alltagsgegenstände an<br />

Einen Bohrer oder einen akkubetriebenen<br />

Fensterwischer<br />

braucht man nicht jeden Tag. Die<br />

Geräte sind teuer und nehmen<br />

Platz weg – vor allem, wenn die<br />

Wohnung klein ist. Warum also<br />

nicht leihen statt kaufen? In immer<br />

mehr Städten und Gemeinden gibt<br />

es eine Bibliothek der Dinge.<br />

In vielen Städten und Gemeinden gibt es mittlerweile die Möglichkeit,<br />

sich allerlei Gegenstände auszuleihen, wie hier in der Bibliothek in Süßen.<br />

In Karlsruhe zum Beispiel nennt<br />

sich diese Bibliothek „leih.lokal“<br />

und wurde im Jahr 2018 von der<br />

dortigen Bürgerstiftung gegründet.<br />

Wie Mitarbeiter Rick Schmidt berichtet,<br />

steigt die Nachfrage stetig:<br />

„Alleine im April dieses Jahres<br />

hatten wir 470 Ausleihen. Letztes<br />

Jahr im April waren es noch 262.“<br />

Sämtliche Gegenstände sind<br />

Sachspenden. Mittlerweile umfasst<br />

das Sortiment rund 1000 Dinge –<br />

vom Beamer über Kindertragen<br />

und Waffeleisen bis hin zu Nähmaschinen.<br />

Angenommen wird<br />

jedoch nicht alles. Das liegt zum<br />

einen daran, dass nur begrenzt<br />

Platz zur Verfügung steht, zum<br />

anderen, dass manche Sachen selten<br />

nachgefragt werden.<br />

„Wir versuchen, ein möglichst<br />

breites Sortiment anzubieten, das<br />

aber auch praktikabel bleibt“, erklärt<br />

Schmidt. „Eben die Dinge,<br />

die man nicht jeden Tag braucht,<br />

aber manchmal doch gerne nutzt.“<br />

Besonders beliebt sind Bohrmaschinen<br />

und anderes Werkzeug.<br />

Die Ausleihe beim „leih.lokal“<br />

finanziert sich ausschließlich über<br />

Spenden und ist für die Nutzerinnen<br />

und Nutzer kostenlos. Diese<br />

müssen einen Antrag ausfüllen<br />

und Name, E-Mail-Adresse und<br />

Telefonnummer angeben. „Wir<br />

prüfen auch, ob die Person über 18<br />

Jahre alt ist“, sagt Schmidt. Um<br />

sicherzugehen, dass die Sachen<br />

wieder zurückgebracht werden,<br />

wird ein Pfand erhoben, das etwa<br />

dem Wert des Gegenstands entspricht.<br />

Schöner Nebeneffekt der<br />

Ausleihe: Viele Nutzerinnen und<br />

Nutzer engagieren sich mittlerweile<br />

selbst ehrenamtlich bei der Bürgerstiftung.<br />

Die „Mitmach-Bar“ in Münster<br />

ist ein Kooperationsprojekt der<br />

Volkshochschule und der Stadtbücherei.<br />

Ausgeliehen werden können<br />

technische Geräte, Werkzeug<br />

und vieles mehr. Dazu zählen<br />

beispielsweise Dia- Digitalisierer,<br />

Teleskope, programmierbare Roboter,<br />

aber auch Bohrmaschinen<br />

und Energiekosten-Mess geräte.<br />

Außerdem verfügt die Bibliothek<br />

über viele Musikinstrumente. Wer<br />

sich etwa überlegt, ein Keyboard<br />

anzuschaffen, kann es hier erst<br />

einmal ausprobieren.<br />

Nachhaltig und sozial<br />

„Die Bibliothek der Dinge stößt<br />

bei allen Beteiligten auf viel Begeisterung“,<br />

erklärt Jan Frederik<br />

Schmees, kommissarischer Leiter<br />

der Stadtbücherei. „Gerade die Aspekte<br />

der Teilhabe und der Nachhaltigkeit<br />

kommen dabei gut an.“<br />

In Bochum ist die „Bib der Dinge“<br />

ein Projekt des Phase 4-<br />

Foto: imago/Horst Rudel<br />

Instituts. Neben dem Umweltschutz<br />

ist dem Institut auch der<br />

soziale Aspekt wichtig. „Alle, ungeachtet<br />

ihres Einkommens, haben<br />

Zugang zu einem großen Spektrum<br />

an Dingen. Denn wie in einer<br />

Bibliothek braucht man nur einen<br />

geringen Jahresbeitrag zahlen“,<br />

heißt es auf der Webseite.<br />

Seit 2019 beherbergt auch die<br />

Stadtbibliothek Rosenheim eine<br />

solche Bibliothek. Frei nach dem<br />

Motto „Ich brauche nicht die<br />

Bohrmaschine, ich brauche das<br />

Loch in der Wand“ gibt es hier jede<br />

Menge Werkzeug. Hinzu kommen<br />

Spiele, Musikinstrumente und<br />

neueste technische Geräte, wie ein<br />

Iris Pen, um Texte einszuscannen,<br />

und eine Virtual-Reality- Brille für<br />

Video spiele. Besonders gefragt<br />

sind das Stand-Up-Board mit Paddel,<br />

die Nähmaschine und eine<br />

TV-Konsole.<br />

Um sich etwas auszuborgen, benötigt<br />

man einen gültigen Büchereiausweis.<br />

Sämtliche Dinge sind, wie<br />

bei den anderen Bibliotheken<br />

auch, auf der Webseite aufgelistet.<br />

Ist ein Gegenstand bereits verliehen,<br />

kann man sich dafür vormerken<br />

lassen. Annette Liebmann<br />

Info<br />

Eine Übersicht über Bibliotheken<br />

der Dinge in Deutschland und<br />

Österreich findet man hier:<br />

https://connect.oclc.org/<br />

bib-der-dinge<br />

Fristverlängerung bei<br />

Entschädigungen<br />

Menschen, die wegen einvernehmlicher<br />

homosexueller Handlungen<br />

zwischen 1945 und 1994 verurteilt<br />

wurden, stehen nach heutiger<br />

Rechtssprechung Entschädigungen<br />

zu.<br />

Die Frist, mit der diese Entschädigungen<br />

geltend gemacht werden<br />

können, ist um fünf Jahre bis zum<br />

21. Juli 2027 verlängert worden.<br />

Das teilte das Bundesamt für Justiz<br />

(BfJ) mit. Der Gesetzgeber hatte<br />

bereits im Jahr 2017 alle Verurteilungen<br />

nach den Paragraphen 175,<br />

175a in der Bundesrepublik und<br />

nach Paragraph 151 des Strafgesetzbuchs<br />

der DDR aufgehoben<br />

und alle Betroffenen rehabilitiert.<br />

Seitdem können Betroffene für<br />

Verurteilungen und Freiheitsentziehung<br />

eine Entschädigung beim<br />

Bundesjustizamt beantragen.<br />

Eingriff in Grundrechte<br />

Auch ohne Verurteilungen wurde<br />

massiv in die Grundrechte der<br />

Menschen, beispielsweise durch<br />

Ermittlungsverfahren oder Untersuchungshaft,<br />

eingegriffen und<br />

damit für Stigmatisierungen gesorgt.<br />

Auch die dadurch entstandenen<br />

Nachteile können vom BfJ<br />

entschädigt werden. Die Antragsformulare<br />

gibt es auf der Webseite<br />

des Bundesamts für Justiz und<br />

unter der Telefon (02 28) 99410-40.<br />

Formulare können auch per Post<br />

verschickt werden. <br />

juf<br />

www.bundesjustizamt.de/<br />

rehabilitierung


22 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Freizeit<br />

„Wer schreiben kann, schreibt Liebesbriefe“<br />

Botschaften aus vier Jahrhunderten – mit Tinte in Sütterlin auf Papier geschrieben oder als digitale Nachricht verschickt<br />

30 000 Liebesbriefe hat Professor<br />

Eva Lia Wyss gesammelt. Aufbewahrt<br />

werden sie heute im Liebesbriefarchiv<br />

der Universität Koblenz.<br />

Als Wyss ihre Arbeit 1997 begann,<br />

startete sie einen Aufruf in der Zeitung.<br />

Dass sie daraufhin in wenigen<br />

Monaten über 2000 Exemplare<br />

erhielt, überraschte die Sprachwissenschaftlerin<br />

sehr.<br />

Ein Rosenzweig rankt sich auf<br />

dem Papier um die sehnsüchtig<br />

geschriebenen Worte, die Ännli in<br />

ihrem Brief an Oskar richtet: „Lieber<br />

Oskar, ach könnte ich es Dir<br />

sagen, wie so sehr ich Dich liebe,<br />

aber mein armes Herz muss es Dir<br />

verhehlen, weil es nicht genug passende<br />

Worte dafür findet.“<br />

„Briefe aus früherer Zeit wurden<br />

häufig auf besonders schönes Papier<br />

mit Verzierungen geschrieben,<br />

während es in jüngerer Zeit auch<br />

üblich wird, mit Bleistift auf herumliegende<br />

Zettel zu schreiben“, erklärt<br />

Wyss. Seit über 25 Jahren<br />

beschäftigt sich die Sprachwissenschaftlerin<br />

mit Liebesbriefen. Ihr<br />

Interesse richtet sich auf die Botschaften,<br />

die sich „Menschen wie<br />

du und ich“ schicken, und nicht auf<br />

die historischen Briefe berühmter<br />

Persönlichkeiten. Sie ist fasziniert<br />

vom Alltäglichen, davon, wie die<br />

Menschen im Laufe der Zeit ihre<br />

Gefühle kommuniziert haben.<br />

Das Archiv umfasst inzwischen<br />

vier Jahrhunderte der „Liebeskommunikation“,<br />

wie Wyss sie nennt.<br />

Darin finden sich Briefe, Karten,<br />

Ein Koffer voller Liebesbriefe, den das Archiv als Spende erhalten hat.<br />

aber auch knappe Notizen, E-Mails<br />

oder Kurznachrichten, die per<br />

Messengerdienst verschickt wurden.<br />

Der älteste Brief ist datiert auf<br />

den 10. Dezember 1715, der jüngste<br />

Brief stammt aus dem Jahr 2022.<br />

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden<br />

Briefe von Menschen verfasst,<br />

die gebildet waren. Das waren<br />

neben dem Klerus insbesondere<br />

Adlige und Bürgersleute, Kaufleute<br />

und Händler. Denn nur sie<br />

konnten schreiben. So wie auch<br />

der Lithograf Josef Mandig, der am<br />

12. November 1887 folgende Worte<br />

aufs Papier brachte: „Geehrter<br />

Herr, ich habe das Glück gehabt,<br />

Ihr Fräulein Tochter Klara kennenzulernen<br />

und wünsche mir,<br />

dass die selbe meine Gattin werde,<br />

welches ebenso der Wunsch Klaras<br />

ist.“ Die beiden haben tatsächlich<br />

geheiratet, erzählt Wyss.<br />

Über die Schreibenden<br />

Sie versucht wie eine Detektivin<br />

so viele Informationen über die<br />

Schreibenden zu sammeln, wie sie<br />

kann. Das gelingt manchmal besser,<br />

manchmal schlechter und<br />

hängt davon ab, ob es noch Verwandte<br />

oder andere Ansprechpartnerinnen<br />

oder -partner gibt.<br />

Foto: CC-BY-SA/Birte C. Gnau-Franké<br />

Heute werden viel seltener Briefe<br />

geschrieben. Oft braucht es dafür<br />

einen besonderen Anlass, wie<br />

einen Geburtstag oder eine Reise.<br />

Stattdessen tauschen sich viele<br />

Paare über Instagram oder Messengerdienste<br />

wie WhatsApp oder<br />

Signal kontinuierlich aus.<br />

Auch die Art der Kommunikation<br />

habe sich verändert, so Wyss:<br />

So wurden etwa im 19. Jahrhundert<br />

von Männern leidenschaftliche,<br />

emotionale Texte erwartet,<br />

während Frauen eher zurückhaltend<br />

schrieben. In den 1960er-Jahren<br />

formulierten auch Frauen<br />

emotionaler. So schreibt Silvia am<br />

Liebesbriefspenden<br />

Das Liebesbriefarchiv nimmt<br />

weitere Spenden entgegen. Das<br />

können eigene Liebesbriefe<br />

oder Exemplare aus dem Familienkreis<br />

sein. Auch an Funden<br />

auf Dachböden oder Flohmärkten,<br />

an E-Mails oder Nachrichten<br />

aus Messengerdiensten sowie<br />

an kurzen getippten oder handgeschriebenen<br />

Notizen sind die<br />

Forschenden interessiert.<br />

Liebesbriefarchiv<br />

Universität Koblenz<br />

Institut für Germanistik<br />

Universitätsstr. 1<br />

56070 Koblenz<br />

liebesbriefarchiv@<br />

uni-koblenz.de<br />

www.liebesbriefarchiv.de<br />

4. Januar 1960 an Peter: „Bald sind<br />

es 24 Stunden her, seit Du weggefahren<br />

bist ... Peter, ich sehne mich<br />

so sehr nach Dir. Du sollst wissen,<br />

dass ich Dir ewig treu sein werde.“<br />

Seit den 1960er-Jahren nimmt<br />

auch die Zahl der Liebesbriefe zu,<br />

die Kinder und Jugendliche verfasst<br />

haben. „Kann jemand schreiben,<br />

schreibt er Liebesbriefe“, sagt<br />

Wyss. Sie erinnert sich an einen<br />

Brief, den drei Mädchen gemeinsam<br />

an einen Jungen gerichtet<br />

haben. Alle drei waren in ihn verliebt.<br />

Die eindringliche Bitte: Er<br />

möge sich endlich für eine von<br />

ihnen entscheiden. Kristin Enge<br />

Schonend und gemütlich reisen<br />

E-Bike-Touren – auch im Alter mobil sein und viel Neues entdecken<br />

Auto waschen vor dem Haus?<br />

Im Zweifel vorher bei der Kommune informieren<br />

Foto: picture alliance/Westend61/Roger Richter<br />

Eine kleine Gruppe von Frauen hat<br />

Touren mit dem E-Bike für sich entdeckt.<br />

Auf kurzen Ausflügen oder<br />

während längerer Reisen lernen sie<br />

unterschiedliche Regionen kennen.<br />

„Wir sind eine private kleine<br />

Radeltruppe“, sagt Annette G.* Die<br />

83-Jährige aus München steigt regelmäßig<br />

mit ihren Freundinnen<br />

aufs Fahrrad. Dann erkunden sie<br />

die Welt. Früher ging es mit reiner<br />

Muskelkraft auch schon mal an<br />

den Lago Maggiore, heute sind sie<br />

mit dem E-Bike unterwegs.<br />

Seit fast zehn Jahren radeln die<br />

vier Damen gemeinsam: Die beiden<br />

jüngsten sind 83, die mittlere<br />

ist 86 und die älteste 90 Jahre. Sie<br />

sind mit dem E-Bike von Passau<br />

nach Wien und von Bamberg nach<br />

Auf E-Bikes ist das Radeln weniger anstrengend.<br />

Aschaffenburg gefahren. Eine ihrer<br />

letzten Reisen führte sie nach<br />

Berlin und Brandenburg. „An den<br />

Radweg entlang der ehemaligen<br />

Grenze und den Besuch in der<br />

Gerhard-Richter-Ausstellung im<br />

Museum Barberini in Potsdam<br />

erinnere ich mich immer wieder<br />

gern“, sagt Annette G. Und auch<br />

an das ausgesprochen schöne Wetter,<br />

das sie während dieser Tour<br />

hatten.<br />

Die Reisen organisiert eine<br />

Agentur. So müssen sich die vier<br />

Damen nicht um die Übernachtungen<br />

in Hotels oder Gasthöfen kümmern,<br />

ihr Gepäck wird transportiert.<br />

Die E-Bikes stehen vor Ort<br />

parat und wenn sie eine Panne<br />

haben, übernimmt die Agentur,<br />

und „das Radl wird ausgetauscht“.<br />

Auch Tourenvorschläge nach ihren<br />

Vorstellungen hätten sie erhalten,<br />

berichtet die 83-Jährige. Die Damen<br />

reisen in der Regel mit dem<br />

Zug zum Ausgangspunkt. Dann<br />

radeln sie los. Je nach Strecke legen<br />

sie Teilstücke auch mit dem<br />

Zug oder dem Schiff zurück.<br />

Vor ihrer ersten Tour mit dem<br />

E-Bike seien sie unsicher gewesen,<br />

wie gut sie zurechtkommen würden.<br />

Aber sie konnten die Räder<br />

erst einmal ausprobieren. „Es war<br />

leicht zu lernen“, sagt Annette G.<br />

Sie möchte die Erfahrung nicht<br />

mehr missen. „Für uns Hochbetagte<br />

ist das E-Bike eine große Erleichterung<br />

– sehr schonend und<br />

sehr gemütlich.“<br />

Das Schieben findet sie allerdings<br />

lästig, und auch das Einsteigen<br />

in einen Zug ist manchmal<br />

eine Herausforderung, weil die<br />

Räder mit den Taschen so schwer<br />

sind. Damit verbindet sie auch eine<br />

weniger schöne Erinnerung: An<br />

einem Bahnhof, der nicht barrierefrei<br />

war, mussten sie die Gleise<br />

überqueren und viele Treppenstufen<br />

überwinden. Glücklicherweise<br />

trafen sie auf einen hilfsbereiten<br />

jungen Mann, der ihnen alle vier<br />

Räder zum Gleis trug,<br />

Und wie lautet das Resümee von<br />

Annette G. nach allen Touren, die<br />

sie bisher auf dem E-Bike unternommen<br />

hat? „Es tut mir wahnsinnig<br />

gut, weil ich unterwegs bin<br />

und so viel sehen kann.“<br />

Kristin Enge<br />

*Name der Redaktion bekannt<br />

Eine Autowäsche vor der eigenen Haustür wie früher üblich ist nur in<br />

Ausnahmefällen möglich.<br />

Foto: picture alliance/Cultura RF/Hybrid Images<br />

Früher konnte man sein Auto problemlos<br />

an der Straße oder vor der<br />

eigenen Garage waschen. Heute<br />

ist das aufgrund von Umweltvorschriften<br />

nur noch in wenigen Regionen<br />

unter Einhaltung entsprechender<br />

Auflagen erlaubt.<br />

Das liegt in erster Linie am Wasserhaushaltsgesetz.<br />

Dieses gibt<br />

vor, dass das Grundwasser vor<br />

schädlichen Einflüssen zu schützen<br />

ist. Und beim Autowaschen<br />

vor der Garage können neben den<br />

oft in Reinigungsmitteln enthaltenen<br />

Chemikalien auch am Auto<br />

vorhandene Rückstände von Öl,<br />

Benzin, Teer, Ruß und anderen<br />

umweltschädlichen Stoffen ins<br />

Grundwasser sickern und dieses<br />

verunreinigen.<br />

Bei befestigtem Grund kann es<br />

örtlich Ausnahmen geben, wenn<br />

ein vollständiges Abfließen des<br />

Waschwassers in die kommunale<br />

Kanalisation gewährleistet ist und<br />

dort eine Reinigung des Abwassers<br />

erfolgt, teilt der Allgemeine Deutsche<br />

Automobil-Club (ADAC) mit.<br />

Die Bestimmungen für diese Ausnahmen<br />

erlassen die Kommunen.<br />

Wer sein Auto also gern vor der<br />

eigenen Tür waschen will, sollte<br />

sich vorher bei seiner Gemeinde<br />

oder Stadt informieren.<br />

Anstandslos „zu Hause“ erlaubt<br />

sind Putzhandlungen, bei denen<br />

keine schädlichen Substanzen ins<br />

Grundwasser gelangen können,<br />

dazu zählt beispielsweise die Innenreinigung<br />

oder das Polieren.<br />

Soll das Äußere des Autos vom<br />

Schmutz befreit werden, geht man<br />

mit der Fahrt zu einem dafür vorgesehenen<br />

Waschplatz auf Nummer<br />

sicher.<br />

mib


Freizeit<br />

Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong><br />

23<br />

Wasser sparen im Sommer<br />

Gieß- und Verhaltenstipps vom Verband der Gartenbauvereine in Deutschland<br />

Vanilleblume:<br />

Duft und Farbe<br />

Heiße Sommer bedeuten für Gartenbesitzer:<br />

viel gießen. Um teures<br />

Leitungswasser zu sparen, ist Regenwasser,<br />

das kostenlos vom<br />

Himmel fällt, eine gute Alternative.<br />

Für kleine Gärten sind Regentonnen<br />

oder Tröge ausreichend, für<br />

größere Gärten eignen sich aufwendigere<br />

Zisternen. Bereits bei<br />

der Gartenplanung kann der zukünftige<br />

Wasserverbrauch beeinflusst<br />

werden. So benötigen Rasenflächen<br />

viel mehr Wasser als<br />

robuste Steppen- oder Steingartenpflanzen.<br />

„Der einfachste Weg, schnell zu<br />

Regenwasser zu kommen, führt<br />

über Dachflächen“, heißt es beim<br />

Verband der Gartenbauvereine in<br />

Deutschland (VGiD). Es könne<br />

über Fallrohre in einer Tonne gesammelt<br />

oder in Zisternen geleitet<br />

werden.<br />

Unterirdische Reservoirs<br />

„Im Boden vergrabene Zisternen<br />

haben ein Fassungsvermögen von<br />

1000 Litern aufwärts, unter der<br />

Erde bleibt die Wassertemperatur<br />

konstant kühl, und über ein Pumpensystem<br />

kann das Wasser bequem<br />

abgeleitet werden“, so der<br />

VGiD über die Vorteile der unterirdischen<br />

Reservoirs. Doch es<br />

müsse auch vieles bedacht werden.<br />

Filter halten bei Zisternen Verunreinigungen<br />

durch organische<br />

Stoffe wie Laub ab. Jede Zisterne<br />

braucht außerdem einen Überlauf,<br />

Viele Gartenbesitzer stellen einfache Regentonnen auf und schöpfen das<br />

Wasser mit der Gießkanne.<br />

Foto: IMAGO/photothek<br />

um überschüssiges Wasser bei lang<br />

anhaltenden Regenfällen in einen<br />

Kanal oder ein weiteres Becken<br />

ableiten zu können.<br />

Einfache Regentonnen oder Tröge<br />

scheinen da auf den ersten Blick<br />

unkomplizierter, zu berücksichtigen<br />

ist dennoch einiges, wie der<br />

VGiD mitteilt: „Die Aufnahmekapazität<br />

der Tonnen ist gering,<br />

das händische Abschöpfen oft<br />

mühselig und die Gefahr einer<br />

Stechmückenplage bei mangelhafter<br />

Abdeckung immer gegeben.“<br />

Wer seinen Garten zum richtigen<br />

Zeitpunkt gießt, kann viel Wasser<br />

sparen. „Niemals zu Mittag, sondern<br />

immer nur in den Abendstunden<br />

oder am frühen Morgen“, rät<br />

der VGiD. Auch während einer<br />

anhaltenden Hitze müssten Rasen<br />

oder Beete nicht täglich bewässert<br />

werden. „Wurzeln richten ihr<br />

Wachstum nach den Wassergaben<br />

aus. Ein tägliches Gießen hat zur<br />

Folge, dass die Pflanzen nur ein<br />

flaches Wurzelsystem ausbilden.“<br />

Richtiges Gießen während einer<br />

Trockenperiode sieht laut VGiD<br />

folgendermaßen aus: „Maximal<br />

zweimal die Woche, dafür aber<br />

gründlich.“<br />

Schicht aus Rindenmulch<br />

Ein grüner Rasen braucht viel<br />

Wasser. Je kürzer er geschnitten<br />

ist, umso mehr. Vor allem in den<br />

Sommermonaten sollte deshalb die<br />

Schnitthöhe des Rasenmähers<br />

höher eingestellt werden. Moderne<br />

Rasenmäher können neben Mähen<br />

und Fangen auch Mulchen. Dabei<br />

bleibt der Rasenschnitt klein gehäckselt<br />

zurück und senkt so die<br />

Verdunstung. Auch bei Beeten<br />

oder unter Bäumen und Sträuchern<br />

hält eine Schicht aus Rindenmulch<br />

Feuchtigkeit im Boden.<br />

Ein weiterer Tipp des VGiD: Die<br />

Wasserhaltefähigkeit sehr durchlässiger,<br />

sandiger Böden kann<br />

durch Beigaben von Kompost erheblich<br />

verbessert werden. Somit<br />

sickert das Wasser nicht gleich<br />

kaum genutzt ins Grundwasser,<br />

sondern wird durch den Humusgehalt<br />

in der Wurzelschicht gespeichert.<br />

Es sei zudem eine Überlegung<br />

wert, robuste Steppen- oder<br />

Steingartenpflanzen (siehe Artikel<br />

unten) anzubauen. Das Sortiment<br />

dafür ist groß. Petra J. Huschke<br />

Vanilleblumen verströmen einen<br />

betörenden Duft.<br />

Viele Blumen sind dufte – im<br />

wahrsten Sinne des Wortes. Bei<br />

der Vanilleblume sagt der Name<br />

schon alles. Der einmalige Duft der<br />

Pflanze entfaltet sich schon nach<br />

einer leichten Berührung.<br />

Mit den dunkelvioletten Blüten<br />

sind Vanilleblumen schöne Pflanzen<br />

für Balkon und Garten. Von<br />

Mitte Mai bis in den Herbst blühen<br />

sie zuverlässig. Vanilleblumen<br />

wenden ihre Blätter und Blüten<br />

stets der Sonne zu, sie sind nicht<br />

winterhart. Eines sollte dringend<br />

beachtet werden: Alle Pflanzenteile<br />

der Vanilleblume sind giftig.<br />

Die Pflege der Vanilleblume besteht<br />

hauptsächlich darin, sie regelmäßig<br />

zu gießen. Verblühtes<br />

sollte immer wieder entfernt werden,<br />

geschnitten werden muss die<br />

Pflanze nicht.<br />

pet<br />

Foto: picture alliance/Zoonar/Manfred Ruckszio<br />

Auf dem Trockenen<br />

Im Kiesbeet gedeihen blühende Stauden und schmucke Gräser<br />

Beliebtes Küchenkraut<br />

Dill: Gewürzpflanze mit besonderem Aroma<br />

Teile des Gartens mit Steinen zu<br />

gestalten, liegt im Trend. Die Rede<br />

ist nicht von tristen Schottergärten,<br />

wo kaum Grün zu finden ist,<br />

sondern von einem Kiesbeet. Es<br />

gibt eine breite Palette von pflegeleichten<br />

Pflanzen. Einmal im<br />

Boden eingewachsen, brauchen<br />

sie keine weiteren Wassergaben<br />

mehr – in Zeiten zunehmender<br />

Trockenheit ideal. Solche Beete<br />

bieten auch Insekten Nahrung.<br />

„Lange, trockene bis ausgesprochen<br />

dürre Perioden zwingen zum<br />

Umdenken. So macht sich in der<br />

Bepflanzung von Gärten ein Trend<br />

bemerkbar, der aus dieser Not eine<br />

Tugend macht“, teilt der Verband<br />

der Gartenbauvereine in Deutschland<br />

(VGiD) mit. Das Kiesbeet gehört<br />

dazu.<br />

Die trockenheitsverträglichen<br />

Pflanzen eines Kiesbeets – Stauden,<br />

Ziergräser oder Halbsträucher<br />

– stammen meist aus dem<br />

Lebensbereich der Felssteppen<br />

oder der Trockenrasenvegetation.<br />

Sie sind kaum anfällig für Schädlinge<br />

und Krankheiten, brauchen<br />

keine Stütze gegen das Umfallen<br />

und trotzen Wind und Wetter. Sandiger,<br />

steiniger und vor allem<br />

durchlässiger Boden ist wichtig.<br />

Ein Kiesbeet darf keine Staunässe<br />

bilden, die Erde nicht mit Lehm<br />

oder Ton verdichtet sein. „Durch<br />

die Steine wird einerseits der Boden<br />

gegen die Erosion bei starken<br />

Niederschlägen geschützt, andererseits<br />

eine schnelle Austrocknung<br />

durch Wind vermieden. Anders<br />

als bei gängigen Mulchmaterialien<br />

wie Rinde ist der natürliche<br />

Schwund durch Verwitterung gering“,<br />

erklärt der VGiD. „Nur sehr<br />

poröse Gesteine wie Lava oder<br />

Bimsstein verwittern relativ rasch.<br />

Dunkle Flächen, die mit Schiefer<br />

oder Basaltbruch abgedeckt wurden,<br />

wärmen sich im Frühjahr rascher<br />

auf und bringen Zwiebelpflanzen<br />

und früh austreibenden<br />

Stauden einen Startvorteil.“<br />

Kiesbeetpflanzen trotzen den<br />

kargen Bedingungen und setzen<br />

sich auch gegen Unkräuter durch.<br />

Natürlich könne man auch zusätzlich<br />

ein Unkrautvlies verlegen, so<br />

der VGiD. Tipp: „Eine breite Auswahl<br />

bedeutet auch eine höhere<br />

Erfolgsquote und wird im Bepflanzungskonzept<br />

berücksichtigt. Hier<br />

vertraut man einer natürlichen<br />

Auslese ähnlich wie bei einer Blumenwiese:<br />

Jene Pflanzen, denen<br />

die Bedingungen zusagen, werden<br />

sich ausbreiten, andere wiederum<br />

verschwinden.“<br />

Beispiele für robuste Stauden<br />

und Halbsträucher sind Eisenkraut,<br />

Fetthenne, Schafgarbe,<br />

Duftnessel, Prachtkerze, Grauer<br />

Storchschnabel, Wolfsmilch, Färberhülse,<br />

Rote Spornblume, Silber-<br />

Fiederpolster, Schleifenblume,<br />

Karthäusernelke, Lavendel, Katzenminze,<br />

Dost, Origanum, verschiedene<br />

Salbei-Arten, Thymian,<br />

Palmlilie, Purpur-Sonnenhut,<br />

Königskerze, Schmetterlingssträucher<br />

und Alpen-Mannstreu. Geeignete<br />

Ziergräser sind Lampenputzergras,<br />

Riesen-Federgras, Mädchenhaargras<br />

oder Pampasgras.<br />

Petra J. Huschke<br />

Einmal im Boden eingewachsen, brauchen Kiesbeetpflanzen nur wenig<br />

Pflege und sind trotzdem schön anzusehen.<br />

Foto: VGiD<br />

Dillspitzen verfeinern viele Gerichte. Die Blätter können auch getrocknet<br />

oder eingefroren werden.<br />

Foto: picture alliance/PantherMedia/kostrez<br />

Dill ist auch als Gurkenkraut bekannt.<br />

Er ist eine beliebte Zutat bei<br />

Einmachgurken. Dill verfeinert<br />

Salatsoßen und ist in Kräuterbutter<br />

oder Kräuterquark zu finden.<br />

Dillsoße wird zu Fischgerichten<br />

gereicht, und Kartoffeln werden<br />

mit Dill besonders lecker. Aus der<br />

Küche ist er also nicht wegzudenken.<br />

Obendrein ist er gesund.<br />

Dill kommt ursprünglich aus<br />

Vorderasien. In Deutschland wurde<br />

er vor allem durch den Anbau in<br />

Klostergärten bekannt. Das einjährige<br />

Kraut wird etwa 70 Zentimeter<br />

hoch. Die Gewürzpflanze hat<br />

sehr fein gefiederte Blätter, man<br />

spricht auch von Dillspitzen. Im<br />

Sommer bekommt die Pflanze Dolden<br />

mit vielen kleinen gelben Blüten,<br />

die auch Bienen anlocken.<br />

Besonders gut wächst er zwischen<br />

Gurken, Salat und Kohl.<br />

Mit seinem charakteristischen<br />

würzigen Geruch sticht Dill aus<br />

allen Gartenkräutern hervor. Geerntet<br />

wird er ab dem Frühjahr<br />

und dann den ganzen Sommer<br />

über. Dillspitzen können eingefroren<br />

oder in Öl konserviert werden.<br />

Dillsamen reifen ab Ende August.<br />

Die Samenkörner und die Triebe<br />

des Dills werden zum Einlegen von<br />

Gurken verwendet. Wer Dolden<br />

ausreifen lässt, kann beobachten,<br />

wie sich Dill selbst im Garten aussät<br />

und damit neue Pflanzen hervorbringt.<br />

Der hohe Gehalt an ätherischen<br />

Ölen und Mineralstoffen macht<br />

Dill so besonders. In den Blättern<br />

und Samen kommen die Naturstoffe<br />

Carvon und Limonen vor,<br />

die für Geruch und Geschmack<br />

verantwortlich sind. In der Naturheilkunde<br />

werden vorwiegend die<br />

Dillsamen verwendet. Ihre ätherischen<br />

Öle wirken krampflösend,<br />

regen die Verdauung an und helfen<br />

gegen Bauchschmerzen. Dill soll<br />

auch bei Schlaflosigkeit und innerer<br />

Unruhe helfen. Fünf Gramm<br />

Dillsamen werden mit 100 Milliliter<br />

heißem Wasser aufgegossen,<br />

so entsteht Dilltee. pet


24 Zeitung <strong>Juni</strong> <strong>2023</strong> Unterhaltung<br />

Die Wundergeigerin<br />

Anne-Sophie Mutter feiert 60. Geburtstag<br />

Im Alter von sechs Jahren gewann<br />

Anne-Sophie Mutter ihren ersten<br />

Wettbewerb. Viele sprechen von<br />

ihr als der größten Geigerin, die<br />

Deutschland in den letzten 100<br />

Jahren hervorgebracht hat. Ihr<br />

Mentor war der berühmte österreichische<br />

Dirigent Herbert von<br />

Karajan.<br />

Anne-Sophie Mutter<br />

Am 29. <strong>Juni</strong> wird der Weltstar, der<br />

im baden-württembergischen Wehr<br />

aufwuchs, 60 Jahre alt. Aus diesem<br />

Anlass kommt eine Dokumentation<br />

mit dem Titel „Anne-Sophie Mutter<br />

Vivace“ in die Kinos.<br />

Die Musikerin hat als erstes Klavier<br />

gelernt, weil ihre Eltern meinten,<br />

Geige spielen höre sich an „wie<br />

eine kranke Katze“, doch schon<br />

bald kam das kleine Mädchen<br />

doch noch auf das Geigenspiel, das<br />

sie schon immer faszinierte. Ihre<br />

Klavierlehrerin war zudem die<br />

Tochter ihrer späteren Geigenlehrerin<br />

Erna Honigberger.<br />

Anne-Sophie Mutter verliebte<br />

sich mit fünf Jahren in das Geigenspiel,<br />

als sie eine Mozart-Aufnahme<br />

von Yehudi Menuhin hörte,<br />

und überzeugte ihre Eltern, Geige<br />

lernen zu dürfen. Schon ein halbes<br />

Jahr später gewann sie den nationalen<br />

Wettbewerb „Jugend musiziert“.<br />

Mit sechs Jahren war sie die<br />

jüngste Siegerin überhaupt.<br />

Als 13-Jährige wurde Anne-<br />

Sophie Mutter von Karajan entdeckt.<br />

16 Jahre alt war die Geigerin<br />

bei ihrem viel bejubelten Beethoven-Debüt<br />

zusammen mit dem<br />

Dirigenten. „Sie ist ein Genie auf<br />

der Geige“, sagte dieser immer. Mit<br />

keinem Werk waren die beiden<br />

öfter auf der Bühne als mit Beethovens<br />

Violinkonzert. Und auch<br />

heute noch tritt Anne-Sophie<br />

Mutter damit weltweit auf.<br />

Die Künstlerin ist Mutter eines<br />

Sohnes und einer Tochter. Sie engagiert<br />

sich sozial und hat eine<br />

Stiftung gegründet, um junge Streicherinnen<br />

und Streicher zu fördern.<br />

Sie unterstützt die SOS-Kinderdörfer,<br />

„Save the Children“, das<br />

Internationale Rote Kreuz und gibt<br />

regelmäßig Benefizkonzerte, so<br />

erst jüngst zugunsten ukrainischer<br />

Kinder. Anne- Sophie Mutter hat<br />

schon internationale Preise für ihr<br />

künstlerisches und soziales Engagement<br />

bekommen. pet<br />

Foto: picture alliance/dpa/Jens Büttner

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