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Nationalparkzeitung Nr. 19 - Nationalpark Berchtesgaden - Bayern

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Bild Gemeindearchiv Ramsau<br />

sche Einheit von <strong>Berchtesgaden</strong><br />

über den Hirschbichl in das Loferer<br />

Talbecken vor, überrumpelte dort<br />

die rebellischen Bauern und leitete<br />

damit die Niederlage der Aufständischen<br />

im Bauernkrieg ein.<br />

Bis zum Ende der Fürstpropstei 1803<br />

war <strong>Berchtesgaden</strong> durch Grenzen<br />

gegen seine teilweise feindlich<br />

agierenden Nachbarn abgeschlossen.<br />

Als es 1803 zu Salzburg kam, änderte<br />

sich die Situation grundlegend.<br />

Die Grenzen am Hangendenstein<br />

und am Hirschbichl fielen.<br />

<strong>Berchtesgaden</strong> wurde nun in<br />

ein größeres Wirtschaftsgebiet eingebunden,<br />

denn auch die arg hemmenden<br />

Maut- und Zollgrenzen zu<br />

den übrigen Teilgebieten des Kurfürstentums<br />

Salzburg – Passau und<br />

Eichstätt – wurden aufgehoben. Besonders<br />

segensreich wirkten sich<br />

die Bemühungen der neuen Obrigkeit<br />

aus, die Straßen- und Verkehrsverhältnisse<br />

zu verbessern.<br />

Vom 3. August 1805 datiert der Beschluss,<br />

die „Straße von <strong>Berchtesgaden</strong><br />

über den Hirschbühel nach<br />

Frauenwies (Weißbach) noch im<br />

nächsten Herbste“ auszubauen.<br />

Diese neue Straße sollte nicht nur<br />

die wirtschaftlichen Verhältnisse in<br />

Salzburg verbessern, sondern auch<br />

Gewerbe und Wirtschaft in <strong>Berchtesgaden</strong><br />

fördern. Denn es bestanden<br />

Klagen wegen der besonders<br />

schlechten finanziellen Lage der Gewerbetreibenden,<br />

weshalb man<br />

„den gänzlichen Zerfall der <strong>Berchtesgaden</strong>er<br />

Bürgerschaft“ befürch-<br />

Hirschbichl <strong>19</strong>05<br />

Salzsäumer um 1700<br />

tete. Die gesamte Strecke zu den<br />

Pfleggerichten im Pinzgau jenseits<br />

des Hirschbichls wurde in einzelne<br />

Bauabschnitte unterteilt. <strong>Berchtesgaden</strong><br />

hatte für den Ausbau des<br />

langen Straßenstücks vom Hangendenstein<br />

bis zum Hirschbichl zu<br />

sorgen und musste nicht nur rund<br />

10.000 Euro (Geldwert 2006), sondern<br />

auch 20 Pferde- und 80 Handschichten<br />

beisteuern, die allerdings<br />

durch freiwillige Zahlung von 3.700<br />

Euro abgegolten wurden. Zum<br />

Glück fanden die von der Schließung<br />

der Schellenberger Saline betroffenen<br />

Salinenarbeiter wieder<br />

Arbeit beim Straßenbau. Die nötigen<br />

Sprengungen auf der gesamten<br />

Strecke erledigten Bergleute auf<br />

Staatskosten. Beispielsweise musste<br />

an der Ramsauer Marxenbrücke<br />

„der Marmorabhang durchbro-<br />

chen“ werden, am Hintersee verlegte<br />

man die Straße, um gegen periodische<br />

Überschwemmung zu sichern.<br />

Daher bahnte man die Trasse<br />

„durch den Wald und das Felsengetrümmer“.<br />

Auch im Bereich der Reiteralm bemühte<br />

man sich um eine Verlegung<br />

von der steilen Nordseite des Tales<br />

auf die sichere Südseite. Im Dezember<br />

1805 war die Straße Salzburg–<br />

Hirschbichl für den Winterbetrieb<br />

passierbar. Nach weiteren Arbeiten<br />

1806/1807 konnte sie dann sogar<br />

mit vierspännigen Frachtwagen befahren<br />

werden.<br />

Während der Tiroler Freiheitskämpfe<br />

zu Beginn des <strong>19</strong>. Jh. kam es auch<br />

im Bereich des Hirschbichls wiederholt<br />

zu Scharmützeln und Vorpostengefechten,<br />

die Tote und Verwundete<br />

forderten. Nach einer kurzen<br />

Periode französischer Herrschaft,<br />

die die besetzten Landstriche an<br />

den Rand des wirtschaftlichen<br />

Ruins drängte, nahm <strong>Bayern</strong> am<br />

<strong>19</strong>. September 1810 wieder Besitz<br />

von <strong>Berchtesgaden</strong>. Vom 14. Jh. bis<br />

heute treiben Bauern aus der Ramsau<br />

ihr Vieh rund 25 km weit auf die<br />

Kallbrunnalm – früher über den alten<br />

Saumpfad, nun über die ausgebaute<br />

Hirschbichlstraße. Sie teilen<br />

sich dort die Almfläche mit Pinzgauer<br />

Weideberechtigten – Nachbarschaftsdenken<br />

auf ein paar Quadratkilometern<br />

Europa.<br />

Irmgard Schöner-Lenz<br />

Zeichnung Rattelmüller<br />

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