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Schuldbetreibungs- und Konkursrecht - Studentenverbindung ...

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Amonn/Gasser, Zusammenfassung SchKG © by Sandro Rossi, Juli 2002<br />

§ 4 Die Gerichtsbehörden<br />

Kursiv:<br />

Obwohl rein materiellrechtliche<br />

Streitigkeiten fallen sie unter<br />

LugÜ 16 Nr. 5<br />

4.1. Die sachliche Zuständigkeit<br />

• Obwohl Gerichtsbehörden in verschiedenen Phasen des Betreibungsverfahrens<br />

mitwirken, können sie nur eingreifen, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht,<br />

SchKG 7 I. Meist sind es Zivilgerichte, u.U. auch Verwaltungsorgane<br />

(Steuerforderungen, Bussen usw.).<br />

• Vor den Gerichten können daher folgende Streitigkeiten ablaufen:<br />

• Materiellrechtliche Streitigkeiten<br />

• Rein betreibungs- oder formellrechtliche Streitigkeiten von besonderer<br />

Bedeutung<br />

• Formellrechtliche Streitigkeiten, die Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />

haben, da eine materielle Frage vorfrageweise geklärt werden muss.<br />

• Rein materiellrechtliche Streitigkeiten<br />

Es geht um die Feststellung des materiellen Rechts als Gr<strong>und</strong>lage gerechtfertigter<br />

Vollstreckung oder zum Zweck der Korrektur einer bereits durchgeführten,<br />

ungerechtfertigten Vollstreckung; ferner um die Beurteilung von Haftpflichtfällen, die<br />

sich im Verlauf des Verfahrens ergeben können.<br />

Die Streitigkeiten werden immer im ordentlichen bzw. beschleunigten (Zivil oder<br />

Verwaltungs-) Verfahren ausgetragen, das Urteil hat volle materielle Rechtskraft.<br />

• Klage des Gläubigers auf Feststellung <strong>und</strong> Leistung der vom Rechtsvorschlag betroffenen Forderung,<br />

SchKG 79 (Anerkennungsklage)<br />

• Arrestprosequierungsklage des Gläubigers, SchKG 279<br />

• Aberkennungsklage des Schuldners auf Feststellung des Nichtbestehens einer Schuld, SchKG 83 II<br />

• Rückforderungsklage, SchKG 86 <strong>und</strong> 187<br />

• Schadenersatzklage gegen den Staat oder den Arrestgläubiger, SchKG 5, 24, 273<br />

• Widerspruchsklage zwischen einem Drittansprecher auf das Pfändungsgut <strong>und</strong> dem Schuldner, SchKG<br />

107/108, 140.<br />

• Klage des Anschlussgläubigers bei privilegierter Anschlusspfändung gegen den Schuldner, SchKG 111.<br />

• Klage auf Duldung der Rückschaffung von Retentionsgegenständen, SchKG 284<br />

• Anerkennungsklage im ordentlichen Nachlassverfahren, SchKG 315/332.<br />

• Rein betreibungsrechtliche Streitigkeiten<br />

Streitig ist, ob die Zwangsvollstreckung an sich zulässig <strong>und</strong> deshalb fortzusetzen ist,<br />

so steht bloss eine rein verfahrensrechtliche Frage zur Beurteilung; eine Frage<br />

ausschliesslich des formellen, nicht des materiellen Rechts. Dies ist i.a.R. eine<br />

Aufgabe der Aufsichtsbehörde; ein Gericht beschäftigt sich nur im Ausnahmefall<br />

damit:<br />

• Eingabe des nachträglichen Rechtsvorschlages, des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung oder in<br />

der Betreibung aufgr<strong>und</strong> eines Konkursverlustscheins, SchKG 77, 179, 265a I.<br />

• Das Rechtsöffnungsgesuch, SchKG 80 – 82<br />

• Klage auf Einstellung der Aufhebung der Betreibung bei urk<strong>und</strong>lich nachgewiesener St<strong>und</strong>ung oder<br />

Tilgung, SchKG 85<br />

• Konkurseröffnung in streitigen Fällen<br />

• Klage auf Feststellung des Vorhandenseins neuen Vermögens in der Betreibung auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

Konkursverlustscheins, SchKG 265a IV.<br />

• Begehren um Anordnung eines Güterverzeichnisses, SchKG 162 / 341 I<br />

• Ordentliches Konkursbegehren, SchKG 166, 190 – 194, 309<br />

• Begehren um Anordnung vorsorglicher Massnahmen, SchKG 170, 183, 341 I<br />

• Begehren um Bewilligung des Rechtsvorschlages, SchKG 181<br />

• Konkursbegehren in der Wechselbetreibung, SchKG 188<br />

• Einsprache gegen den Arrestbefehl, SchKG 278<br />

• Bewilligung oder Widerruf der Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 289 ff., 334<br />

• Bewilligung oder Widerruf des Nachlassvertrages, SchKG 306, 313, 332, 335<br />

• Klage auf Aufhebung des Nachlassvertrages, SchKG 316, 221<br />

• Begehren um Durchführung einer einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung, SchKG 333 f.<br />

• Begehren um Bewilligung, Verlängerung oder Widerruf der Notst<strong>und</strong>ung, SchKG 337 ff.<br />

• Betreibungsrechtliche Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />

Auch hier ist nur eine formelle, verfahrensrechtliche Frage zu entscheiden; doch<br />

muss dabei auf materielles Recht vorfrageweise zurückgegriffen werden. Die<br />

Reflexwirkung beschränkt sich aber auf die Durchführung der hängigen Betreibung,<br />

darüber hinaus schafft es keine materielle Rechtskraft.<br />

• Widerspruchsklage in der Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandverwertung, sofern der Drittansprecher<br />

mit einem Gläubiger <strong>und</strong> nicht mit dem Schuldner in Streit steht, SchKG 107, 108, 140, 155<br />

• Aussonderungsklage eines Drittansprechers im Konkurs, SchKG 242<br />

• Kollokationsklage eines Gläubigers in der Betreibung auf Pfändung, Pfandverwertung oder im Konkurs,<br />

SchKG 148, 157, 250, 251<br />

• Klage des Anschlussgläubigers auf Zulassung des privilegierten Pfändungsanschlusses, sofern sie sich<br />

gegen einen anderen Pfändungsgläubiger wendet <strong>und</strong> nicht gegen den Schuldner, SchKG 111.<br />

• Klage des Retentionsberechtigten auf die Rückschaffung von Retentionsgegenständen, SchKG 284.<br />

• Betreibungsrechtliche Anfechtungsklagen, SchKG 214, 285 ff.<br />

• Klage auf Einstellung oder Aufhebung der Betreibung nach SchKG 85a<br />

• Lastenbereinigungsklagen, SchKG 140 II, 156 I<br />

• Admassierungsklage, SchKG 242 III


5. Hilfsorgane<br />

4.2. Gerichtsorganisation<br />

4.3. Das Verfahren<br />

4.4. Zuständigkeit des B<strong>und</strong>esgerichts<br />

• Verfügungen auf einseitigen Antrag<br />

Verfügungen des Richters auf einseitigen Antrag kommen nach B<strong>und</strong>esrecht nur in<br />

der Konkursbetreibung oder im Nachlassverfahren vor. Der Richter handelt als<br />

Vollstreckungsorgan. Die zu entscheidenden Fragen sind rein betreibungsrechtlicher<br />

Natur.<br />

• Konkurswiderruf, SchKG 195, 332 III<br />

• Einstellung des Verlassenschaftskonkurses, SchKG 196<br />

• Einstellung des Konkurses mangels Aktiven, SchKG 230 I<br />

• Anordnung des summarischen Konkursverfahrens, SchKG 231<br />

• Konkursschlusserkenntnis, SchKG 268 II<br />

• Arrestbewilligung, SchKG 272 [bis Einsprache erfolgt, anschl. kontradiktorisches Verfahren]<br />

• Sache der Kantone, Ausnahme: Konkursentscheid<br />

Bewilligung des Rechtsvorschlages in der<br />

Wechselbetreibung<br />

Einspracheentscheid im Arrestverfahren<br />

Hier ist von B<strong>und</strong>esrechts wegen eine Weiterzugsmöglichkeit an eine obere kt.<br />

Instanz vorgeschrieben, SchKG 174, 185, 278.<br />

• Ordentliches <strong>und</strong> summarisches Verfahren kommen zur Anwendung; tlw. wird direkt<br />

vom SchKG auch ein beschleunigtes Verfahren gefordert, das sich vom ordentlichen<br />

Verfahren aber nur durch raschere Abwicklung unterscheidet.<br />

• Das ordentliche Verfahren kommt überall da zur Anwendung, wo das SchKG nicht<br />

das beschleunigte oder das summarische vorschreibt. Wegleitend dafür sind die<br />

kantonalen ZPO. B<strong>und</strong>esrechtlich gilt nur, dass die Frist zur Klageanhebung mit der<br />

Sühneladung gewahrt ist, wenn mangels Aussöhnung die Sache von Amtes wegen<br />

oder binnen bestimmter Frist vor den Richter gebracht werden muss.<br />

• Das beschleunigte Verfahren ist so auszugestalten, dass es die<br />

Minimalanforderungen in SchKG 25 Ziff. 1 erfüllt:<br />

Materiellrechtliche Feststellungsklage SchKG 85a; rein betreibungsrechtliche Klage<br />

auf Feststellung neuen Vermögens, SchKG 265a IV; Klagen mit Reflexwirkungen:<br />

Widerspruchsklage, Kollokationsklage, Klage auf Rückschaffung von Retentionsgegenständen<br />

<strong>und</strong> Klage auf Zulassung zur privilegierten Anschlusspfändung.<br />

• In der Ausgestaltung des summarischen Verfahren sind die Kantone völlig frei. In<br />

diesen Anwendungsbereich fallen die in SchKG 25 Ziff. 2 genannten Fälle. Es<br />

handelt sich rein um betreibungsrechtliche Streitigkeiten sowie um Verfügungen auf<br />

einseitigen Antrag.<br />

• Der Berufung an das B<strong>und</strong>esgericht unterliegen letztinstanzliche kantonale<br />

Entscheide über materiellrechtliche Streitigkeiten, nach der Praxis aber auch die<br />

betreibungsrechtlichen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht.<br />

• Bei ungenügendem Streitwert kommt für die materiellrechtlichen <strong>und</strong><br />

betreibungsrechtlichen Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />

immerhin die Nichtigkeitsbeschwerde in Betracht – für rein betreibungsrechtliche<br />

hingegen scheidet dieses Rechtsmittel aus – Vollstreckung ist keine Zivilsache.<br />

• Die staatsrechtliche Beschwerde ist subsidiär. Allein der Arrest auf Vermögen eines<br />

fremden Staates kann direkt mit der staBe angefochten werden, OG 86 II.<br />

• Obwohl sie nicht an der eigentlichen Zwangsvollstreckung teilnehmen, haben sie<br />

dennoch irgendwie dabei mitzuwirken: bspw. kt. Depositenanstalten [SchKG 24],<br />

Gr<strong>und</strong>buchämter [SchKG 101, 176, 296], Handelsregisterämter [SchKG 39 III, 40 I,<br />

176], Polizei [SchKG 92 II, 229 I, 275 usw.]<br />

• Gewisse betreibungsrechtliche Aufgaben obliegen nicht durchwegs <strong>und</strong><br />

ausschliesslich den aufgezählten Organen; sie können natürlichen oder juristischen<br />

Personen übertragen werden. Sie sind zwar nicht generell vom Staat dafür<br />

eingesetzt, üben aber dennoch im Verfahren öffentliche Funktionen aus <strong>und</strong><br />

unterstehen deshalb der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde:<br />

Gläubigerversammlung im Konkurs, ein davon gewählter Gläubigerausschuss, die<br />

gewählte ausseramtliche Konkursverwaltung, der Sachwalter im Nachlass-<br />

st<strong>und</strong>ungsverfahren die Liquidatoren beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung.


§ 5 Verantwortlichkeit<br />

§ 6 Die betreibungsrechtliche Beschwerde<br />

6.1. Begriff <strong>und</strong> Funktion<br />

6.2. Beschwerdegegenstand<br />

• Disziplinarische Verantwortlichkeit, SchKG 14 II. Die Gestaltung des Disziplinar-<br />

verfahrens ist dem kt. Recht überlassen. Die Disziplinarverfügung kann nur<br />

beschränkt weitergezogen werden:<br />

• Mit betreibungsrechtlicher Beschwerde, OG 76 ff., wenn geltend gemacht wird,<br />

die Aufsichtsbehörde sei nicht zuständig gewesen oder sie habe eine im Gesetz<br />

nicht vorgesehene Massnahme verfügt.<br />

• Mit staatsrechtliche Beschwerde, wenn die Verletzung eines<br />

verfassungsmässigen Rechts gerügt wird.<br />

Auf die Gerichte, Aufsichtsbehörden <strong>und</strong> die Polizei ist ausschliesslich kt. Disziplinarrecht<br />

anwendbar.<br />

• Strafrechtliche Verantwortlichkeit, StGB 312 ff., deren Verfolgung den Kantonen<br />

obliegt, StGB 345.<br />

• Zivilrechtliche [vermögensrechtliche] Verantwortlichkeit<br />

Sie äussert sich in der Staatshaftung [Kanton] für den Schaden, den ein<br />

Vollstreckungsorgan widerrechtlich verursacht hat, SchKG 5 – 7. Es kommt aber<br />

auch Schadenersatzrecht gemäss OR 41 im Sinne materiell ergänzenden<br />

B<strong>und</strong>esrechts zur Anwendung. Für das Verfahren gilt kt. Recht.<br />

Voraussetzungen bilden ein Schaden, die Widerrechtlichkeit <strong>und</strong> der<br />

Kausalzusammenhang. Der Schaden muss in amtlicher Verrichtung erfolgt sein.<br />

Die Haftung des Staates ist insofern subsidiär zur Selbsthilfe auf dem<br />

Beschwerdeweg, als dass Schadenersatz nur gefordert werden kann, wenn sich der<br />

Schaden nicht durch rechtzeitige Beschwerde hätte abwenden lassen.<br />

Gerichtsbehörden kommen nur in Betracht, soweit das betreffende Gericht als<br />

eigentliches Vollstreckungsorgan gehandelt hat, bspw. als Konkursgericht. Nur für<br />

Handlungen einer Gläubigerversammlung oder eines Gläubigerausschusses hat der<br />

Staat nicht einzustehen.<br />

Träger der Haftung ist ausschliesslich der Kanton. Das Regressrecht bestimmt sich<br />

nach kt. Recht.<br />

Schadenersatz- <strong>und</strong> Genugtuungsansprüche gelten als Zivilansprüche, die vor<br />

Gericht einzuklagen sind. Das Verfahren wird im ordentlichen Zivilprozess oder in<br />

einem ordentlichen verwaltungsgerichtlichen Prozess nach kt. Recht durchgeführt.<br />

Es finden keine Direktprozesse mehr vor B<strong>und</strong>esgericht statt, selbst in den Fällen<br />

von SchKG 7 nicht mehr: OG 42 wurde gestrichen.<br />

Der Anspruch auf Schadenersatz verjährt gemäss SchKG 6 I in einem Jahr relativ,<br />

absolut in 10 Jahren. Kenntnis der Schädigung besteht, wenn sowohl der Schaden<br />

wie auch die schädigende Handlung bekannt sind.<br />

Eine Beschwerde muss immer einen praktischen Zweck verfolgen; es darf nie bloss<br />

darum gehen, allgemein eine Pflichtwidrigkeit festzustellen. Weil es darum geht, eine<br />

verfahrensrechtliche Korrektur zu erwirken, muss ein Zurückkommen auf die Sache<br />

überhaupt noch möglich sein, das setzt voraus, dass das Verfahren noch im Gang<br />

ist.<br />

Vor den kt. Aufsichtsbehörden ist die betreibungsrechtliche Beschwerde ein der<br />

Verwaltungsbeschwerde nachgebildeter Rechtsbehelf. Materiellrechtliche Fragen<br />

sind daher nur vorfrageweise zu prüfen, bspw. Rechts- <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit bei<br />

der Abklärung der Partei- <strong>und</strong> Betreibungsfähigkeit, Wohnsitzfrage usw.<br />

Vor B<strong>und</strong>esgericht ist das Beschwerdeverfahren dagegen reine Verwaltungsjustiz,<br />

die Beschwerde daher einer verwaltungsgerichtlichen Beschwerde nachgebildet.<br />

Verfügungen oder Unterlassungen der Vollstreckungsorgane, SchKG 17 I; d.h.<br />

konkrete, auf den Verfahrensgang einwirkende Massnahmen, nicht die allgemeine<br />

Amtstätigkeit oder blosse Absichtserklärungen.<br />

Verfügungen der Betreibungs- <strong>und</strong> Konkursämter, Verfügungen einer ausseramtlichen Konkursverwaltung,<br />

Beschlüsse der Gläubigerversammlungen oder eines Gläubigerausschusses im Konkurs, Verfügungen des<br />

Sachwalters während der Nachlasst<strong>und</strong>ung oder im Rahmen des Vollzuges eines ordentlichen<br />

Nachlassvertrages, Verfügungen des Liquidators oder des Gläubigerausschusses bei der Durchführung eines<br />

Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung, die Weigerung eines Vollstreckungsorganes eine Verfügung zu<br />

erlassen.


6.3. Beschwerdegründe<br />

„Unangemessene“ Verfügung<br />

bei Ermessen ohne Ermessen<br />

„unangemessen i.e.S.“ Rechtsverletzung<br />

6.4. Beschwerdelegitimation<br />

6.5. Beschwerdefrist<br />

17 I: wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit<br />

Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht [Verfassungsrecht vor den kt. Aufsichtsbehörden mit<br />

Betreibungsbeschwerde, vor B<strong>und</strong>esgericht nur mit staBe; Normen des SchKG <strong>und</strong><br />

seiner Ausführungsverordnungen, Bestimmungen anderer BGesetze <strong>und</strong> VO,<br />

Bestimmungen von Staatsverträgen]. Als Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht gilt auch die<br />

unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes soweit sie auf einer<br />

Missachtung einer b<strong>und</strong>esrechtlichen Vorschrift beruht (Missachtung<br />

Untersuchungsmaxime, freie Beweiswürdigung o.a.)<br />

Verletzung von kt. Recht ist ebenfalls Beschwerdegr<strong>und</strong>, aber nur vor kt. Aufsichts-<br />

behörden, vor B<strong>und</strong>esgericht ist die staBe zu erheben.<br />

Unangemessenheit liegt vor, wenn die gegebenen Verhältnisse nicht respektiert<br />

werden. Sie stellt sich nur dort, wo überhaupt eine Verfügung nach freiem<br />

Ermessen ausgestaltet werden darf. Liegt kein Ermessen vor, liegt bei einer<br />

fehlerhaften Verfügung eine Rechtsverletzung dar; auch das Überschreiten des<br />

Ermessens gilt als Rechtsverletzung. Dem B<strong>und</strong>esgericht steht keine<br />

Ermessensfreiheit zu, d.h. „unangemessene“ Entscheide können mit betr.<br />

Beschwerde kaum vor B<strong>und</strong>esgericht gebracht werden. Hingegen besitzt die kt.<br />

Aufsichtsbehörde Ermessenskontrolle. [SchKG 61, SchKG 93, SchKG 97, SchKG<br />

123].<br />

17 III, 18 II, 19 II: Unterlassungen bei Rechtsverweigerung <strong>und</strong> -verzögerung<br />

Wird eine gesetzlich vorgeschriebene Amtshandlung überhaupt nicht oder nicht<br />

binnen gesetzlicher oder angemessener Frist vorgenommen, liegt eine<br />

Rechtsverweigerung bzw. eine Rechtsverzögerung vor.<br />

Geschieht dies in einem formellen Entscheid, liegt eine Gesetzesverletzung vor<br />

(materielle Rechtsverweigerung). Ist dieser Entscheid aber nicht begründet, liegt<br />

wiederum eine Rechtsverweigerung vor. [Entscheidend dafür, ob Beschwerdefrist<br />

zu beachten ist oder nicht.]<br />

Rechtsverweigerung i.S. des SchKG ist nur eine formelle Rechtsverweigerung i.S.<br />

blosser Untätigkeit.<br />

Nicht anfechtbar sind die im Verfahrensablauf getroffenen Zwischenentscheide, wie<br />

prozessleitende Verfügungen der kt. Aufsichtsbehörde, die Erteilung oder<br />

Verweigerung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde usw. Ebenso wenig<br />

unterliegen der Beschwerde rechtsgeschäftliche Handlungen, bspw. Dienstbarkeitsvertrag<br />

durch die Konkursverwaltung.<br />

Im Gegensatz zum Zivilprozess, der materiellen Legitimation, geht es im SchKG um<br />

die formelle Legitimation, d.h. wer berechtigt ist, gegen eine Verfügung Beschwerde<br />

zu erheben.<br />

Legitimiert ist, wer durch eine Verfügung eines Vollstreckungsorganes oder wegen<br />

einer Unterlassung desselben in seinen rechtlich geschützten oder tatsächlichen<br />

Interessen betroffen <strong>und</strong> dadurch beschwert ist <strong>und</strong> deshalb ein schutzwürdiges<br />

Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Verfügung oder an der Anordnung<br />

derselben hat.<br />

Der Beschwerdegegner ist immer das Vollstreckungsorgan, das die angefochtene<br />

Verfügung getroffen hat oder von dem sie erwartet wird.<br />

Das Beschwerderecht ist befristet, wenn Gesetzeswidrigkeit oder Unangemessenheit<br />

gerügt werden. [SchKG 17 II, 20, 239]. Fristlauf erfolgt ab dem Zeitpunkt, in dem der<br />

Beschwerdeführer von der gesetzeswidrigen oder unangemessenen Verfügung<br />

Kenntnis erhält.<br />

Das Beschwerderecht wegen [formeller] Rechtsverweigerung <strong>und</strong><br />

Rechtsverzögerung ist unbefristet.<br />

Als unbefristet gilt auch eine Beschwerde i.S.v. SchKG 22; d.h. die die<br />

Aufsichtsbehörde veranlasst, von Amtes wegen ins Verfahren einzugreifen, was<br />

erfolgt, wenn der Tatbestand von SchKG 22 erfüllt ist. Solche Verfügungen sind ex<br />

tunc nichtig, sie können keinerlei Wirkungen entfalten. Eine solche Beschwerde hat<br />

die Wirkung einer „jederzeit zulässigen Aufsichtsanzeige.“<br />

SchKG 22: Bei offensichtlicher Unzuständigkeit<br />

Unklar bezeichneter Gläubiger in einer Betreibung<br />

Betreibung gegen einen nicht Betreibungsfähigen<br />

Betreibungshandlungen seitens bzw. gegen nicht parteifähige jur. Person<br />

Fehlerhafte Zustellung eines Zahlungsbefehls, von welcher der Schuldner nicht<br />

Kenntnis erhält<br />

Missachtung des Selbstkontrahierungsverbotes<br />

Beschlagnahmeakte durch unzuständiges Amt<br />

Verarrestierung einer nicht in der Urk<strong>und</strong>e aufgeführten Sache<br />

Bloss anfechtbar:<br />

Vgl. ebenfalls BGE 89 III 79<br />

Von unzuständigem Amt erlassener ZB / leere Pfändungsurk<strong>und</strong>e oder die<br />

Zustellung einer Betreibungsurk<strong>und</strong>e, v.a. an nicht empfangsberechtigte<br />

Person


6.6. Entscheidungskompetenz<br />

6.7. Partei- <strong>und</strong> Beschwerdefähigkeit<br />

6.8. Verfahren vor den kt. Aufsichtsbehörden<br />

6.9. Wirkung der Beschwerdeeinreichung<br />

6.10 Beschwerdeentscheid<br />

6.11. Rechtsmittel<br />

6.12. Beschwerde an das B<strong>und</strong>esgericht<br />

Die Beurteilung betreibungsrechtlicher Beschwerden ist ausschliesslich Sache der<br />

Aufsichtsbehörden, nicht der Gerichte. Beschwerdeeinreichung bei einer<br />

unzuständigen Behörde schadet nicht, SchKG 21 II.<br />

Erstinstanzlich ist bei einer Gesetzes- oder Ermessensverletzung,<br />

Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung immer eine kt. Aufsichtsbehörde<br />

zuständig. Ausnahme: Gg. Verfügungen des Liquidators muss zuerst die Einsprache erfolgen, SchKG 230<br />

Bei Rechtsverweigerung oder –verzögerung durch eine untere kt. Aufsichtsbehörde<br />

ist die obere, SchKG 18 II, bei einer solchen durch die obere oder einzige kt.<br />

Aufsichtsbehörde ist das B<strong>und</strong>esgericht erstinstanzlich zuständig, SchKG 19 II.<br />

Partei- <strong>und</strong> Beschwerdefähigkeit sind Prozessvoraussetzungen. Die<br />

Beschwerdefähigkeit entspricht der Prozessfähigkeit, d.h. der Fähigkeit, persönliche<br />

Beschwerde zu führen oder sich vertreten zu lassen <strong>und</strong> setzt somit<br />

Handlungsfähigkeit voraus.<br />

Weitgehend in der Kompetenz der Kantone, SchKG 20a III. Für die inhaltlichen<br />

Anforderungen ist OG 79 auch für das Beschwerdeverfahren vor kt.<br />

Aufsichtsbehörden massgebend.<br />

Es gilt die Untersuchungsmaxime, SchKG 20a II Ziff. 2; die Parteien sind aber im<br />

Rahmen des Zumutbaren zur notwendigen Mitwirkung bei der Feststellung des<br />

Sachverhaltes verpflichtet. Die Parteien sind zum anderen aber auch berechtigt,<br />

mitzuwirken.<br />

Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; sie ist aber an die Parteianträge<br />

geb<strong>und</strong>en (Dispositionsmaxime).<br />

Ab dem Augeblick, in dem die Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde eingereicht ist,<br />

befindet sich der Streitfall in deren Zuständigkeit. Solange aber die Beschwerdefrist<br />

noch läuft bzw. das Vollstreckungsorgan noch keine Vernehmlassung erstattet hat,<br />

darf es seine Verfügung in Wiedererwägung ziehen, SchKG 17 IV.<br />

Eine eigentliche Suspensivwirkung gibt es jedoch nicht, sie erfolgt nur auf Antrag<br />

bzw. von der Aufsichtsbehörde aus. Dieser Entscheid über die Suspensivwirkung ist<br />

ein prozessleitender Entscheid, der nicht angefochten werden kann.<br />

Nichteintreten: Die angefochtene Verfügung bleibt rechtskräftig <strong>und</strong> wird endgültig<br />

vollstreckbar, es sei denn, sie wäre nichtig. Provisorisch vollzogene Massnahmen<br />

werden definitiv.<br />

Abweisung: dito.<br />

Gutheissung: Die angefochtene Verfügung wird entweder aufgehoben oder<br />

berichtigt, bzw. sie ordnet den Vollzug einer verweigerten bzw. verzögerten<br />

Amtshandlung an.<br />

Jeder Beschwerdeentscheid einer unteren kantonalen Aufsichtsbehörde kann an<br />

eine obere kantonale Aufsichtsbehörde weitergezogen werden, SchKG 18 I.<br />

Legitimiert ist, wer durch den Entscheid der ersten Instanz beschwert ist. Auch<br />

dieses Verfahren wird durch die Kantone geregelt, soweit nicht b<strong>und</strong>esrechtliche<br />

Minimalgr<strong>und</strong>sätze eingreifen.<br />

Die obere kt. Aufsichtsbehörde übt volle Rechts- <strong>und</strong> Ermessenskontrolle aus.<br />

Abgesehen von SchKG 19 <strong>und</strong> 20 a I kommt OG 76 ff. zur Anwendung.<br />

Gerügt werden kann nur eine Rechtsverletzung von B<strong>und</strong>esrecht eines Entscheides<br />

einer oberen oder einzigen kt. Aufsichtsbehörde. Nicht überprüfbar ist die<br />

Anwendung kt. Rechts, auch nicht kt. Verfahrensrechts. Die in einem<br />

Beschwerdeverfahren getroffenen Zwischenentscheide einer kt. Aufsichtsbehörde<br />

sind nicht anfechtbar; ausser es werde dadurch ein verfassungsmässiges Recht<br />

verletzt => OG 87.


6.13. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen<br />

Nova [neue Begehren, Tatsachen, Bestreitungen, Beweismittel] sind nicht mehr<br />

zulässig, ausser wenn eine Partei ihre Rechte vor der kt. Aufsichtsbehörde nicht<br />

gehörig wahrnehmen konnte, OG 79 I.<br />

Nur wenn die Sachverhaltsfeststellung der kt. Aufsichtsbehörde unter Verletzung<br />

b<strong>und</strong>esrechtlicher Beweisvorschriften oder der b<strong>und</strong>esrechtlich vorgeschriebenen<br />

Untersuchungsmaxime zustandegekommen ist, darf das B<strong>und</strong>esgericht den<br />

Sachverhalt überprüfen. Ein offensichtliches Versehen muss von Amtes wegen<br />

korrigiert werden.<br />

Beschwerdeverfahren <strong>und</strong> Zivilprozess sind streng auseinanderzuhalten. Nach<br />

SchKG 17 I schliesst die gerichtliche Klage die Beschwerde aus.<br />

Bsp: Die Kollokationsklage eines Gläubigers gegen einen anderen Gläubiger gemäss SchKG 148; dagegen<br />

ist die eigene Kollokation in der Pfändungsbetreibung mit Beschwerde anzufechten. IM Konkurs dagegen ist<br />

für beide Fälle die Klage vorgeschrieben, SchKG 250.<br />

Das B<strong>und</strong>esgericht überprüft im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren die<br />

richtige Anwendung des B<strong>und</strong>esrechts – aber ohne das Verfassungsrecht; gg.<br />

Verletzung der Verfassung ist die staBe ausdrücklich vorbehalten, OG 81 i.V.m. OG<br />

43 I. Die Staatsrechtliche Beschwerde ist somit zur betreibungsrechtlichen<br />

Beschwerde gr<strong>und</strong>sätzlich subsidiär, hinsichtlich Verfassungsverletzungen hingegen<br />

primär:<br />

Willkürliche Anwendung von SchKG-Normen: betr Beschwerde, weil zugleich zur Verfassungsverletzung eine<br />

qualifizierte Verletzung von gewöhnlichem B<strong>und</strong>esrecht vorliegt.<br />

Willkürliche Ermessensbetätigung = Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht i.S.v. SchKG 19<br />

Sachverhaltsermittlung infolge willkürlicher Anwendung von b<strong>und</strong>esrechtlichen Verfahrens- <strong>und</strong><br />

Beweisvorschriften, bspw. SchKG 20 a => betr. Beschwerde.<br />

Gegen willkürliche Anwendung von kt. Recht immer nur staBe, ebenso bei Verletzung des rechtlichen Gehörs<br />

[ausser wenn SchKG Anhörung ausdrücklich oder stillschweigend vorschreibt[.


§ 7 Der Betreibungsgegenstand<br />

7.1. Geldzahlung<br />

7.2. Ansprüche auf Sicherheitsleistung<br />

7.3. Sondernormen<br />

Gegenstand einer Betreibung bilden alle Ansprüche auf Geld; seien es solche auf<br />

Zahlung oder auch bloss solche auf Sicherheitsleistung in Geld.<br />

Es sind nur Forderungen auf Zahlung in Schweizer Währung zu verstehen. Auf<br />

ausländische Währung lautende Forderungen können mittels Betreibung nur geltend<br />

gemacht werden, wenn sie umgerechnet werden, SchKG 67 I Ziff. 3. Im Konkurs<br />

werden Forderungen, die nicht auf Geldzahlung lauten; in Geldforderungen von<br />

entsprechendem Wert umgerechnet, SchKG 211 I.<br />

Sie bietet dem Gläubiger, der Anspruch darauf hat, dass ihm die Erfüllung einer<br />

Verpflichtung seines Schuldners sichergestellt werde, die Möglichkeit, diesen<br />

Anspruch auf dem Wege der Schuldbetreibung zwangsweise durchzusetzen. Ein<br />

solcher Anspruch kann gesetzlich begründet sein, auf einem richterlichen Entscheid<br />

oder auf einem Vertrag beruhen. [ZGB 203 II, 235 II, 281, 585 II, 760, 809, OR 152 II, 175 III, 506]<br />

Ziel ist dabei immer die Sicherheitsleistung durch Leistung der beanspruchten<br />

Sicherheit in Geld. Das beim Betreibungsamt sicherheitshalber erlegte Geld oder der<br />

Erlös aus den verwerteten Gegenständen werden bei der kt. Depositenanstalt als<br />

Sicherheit für die geschuldete Geldzahlung hinterlegt, SchKG 9.<br />

Bei der Sicherheitsleistung kommt immer nur die Betreibung auf Pfändung in Frage,<br />

selbst bei einem konkursfähigen Schuldner, SchKG 43. Durch Bezahlung an das<br />

Betreibungsamt erlischt die Betreibung, SchKG 12 II, bringt der Schuldner andere<br />

Sicherheiten (Wertpapiere usw.) erlischt die Betreibung erst, wenn der Gläubiger die<br />

Sicherheit annimmt <strong>und</strong> die Betreibung zurücknimmt. Ansonsten ist der Schuldner<br />

auf SchKG 85 verwiesen.<br />

Vollstreckung gegen Kantone, Bezirke <strong>und</strong> Gemeinden, SchKG 30<br />

Zulässig ist nur die Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung, die Aufsichtsbehörde<br />

kann die Betreibung jederzeit einstweilen einstellen. Steuerforderungen sind<br />

als Verwaltungsvermögen unpfändbar. Es gibt keine Verlustscheine, nur Ausfallsscheine.<br />

Das zahlungsunfähige Gemeinwesen wird der Zwangsverwaltung (Beirat)<br />

unterstellt, während dessen Dauer es Betreibungsstillstand geniesst.<br />

Kantonalbank <strong>und</strong> kt. Gebäudeversicherungen fallen nicht darunter; keine<br />

Körperschaften !!<br />

Es ist somit Sache des Kantons, für die Zwangsvollstreckung gegen den Kanton<br />

Vorschriften aufzustellen. Fehlen diese, kommt dennoch das SchKG zur Anwendung.<br />

Der B<strong>und</strong> <strong>und</strong> seine öffentlichrechtlichen Anstalten unterliegen ebenfalls dem SchKG<br />

– aber nur der Spezialexekution ins Finanzvermögen.<br />

Eisenbahnen, Schiffahrtsunternehmungen<br />

BG über Verpfändung <strong>und</strong> Zwangsliquidation von Eisenbahnen u. Schiffen<br />

Auf strafrechtlicher oder fiskalischer Gr<strong>und</strong>lage mit Beschlag belegter Gegenstände<br />

SchKG 44: Vorbehalt eidg. oder kt. Normen<br />

Forderungen der Pfandleihanstalten, SchKG 45<br />

Nach vorgängiger öffentlicher Aufforderung zur Einlösung kann die Pfandleihanstalt<br />

das Versatzpfand ohne vorgängige Betreibung verkaufen.<br />

Völkerrechtliche Beschränkungen, SchKG 30a<br />

Ob ein fremder Staat sich gegenüber der zivilen Gerichtsbarkeit <strong>und</strong> Vollstreckung<br />

auf Immunität berufen kann, hängt davon ab, ob der die eingegangene<br />

Verbindlichkeit aufgr<strong>und</strong> eines Aktes iure imperii (hoheitlich) oder iure gestionis<br />

(privatrechtlich) begründet hat. Entscheidend ist die Natur des Aktes, nicht sein<br />

Zweck.


§ 8 Die Betreibungsparteien<br />

8.1. Allgemeines<br />

8.2. Parteifähigkeit<br />

8.3. Betreibungsfähigkeit<br />

8.4. Der Gläubiger bzw. der Betreibende<br />

8.5. Der Schuldner bzw. der Betriebene<br />

Wenn das Gesetz von Gläubiger <strong>und</strong> Schuldner spricht, so versteht es darunter auch<br />

die Personen, die bloss behaupten, Gläubiger zu sein, sowie diejenigen, die von<br />

diesem als Schuldner bezeichnet werden. Gläubiger ist somit der Betreibende,<br />

Schuldner der Betriebene.<br />

Die Parteifähigkeit entspricht der Rechtsfähigkeit; die sich nach dem ZGB/OR<br />

bestimmt. Obwohl nicht rechtsfähig ist ausnahmsweise betreibungsrechtlich dennoch<br />

parteifähig:<br />

• Die unverteilte Erbschaft für die Betreibung gemäss SchKG 49/59<br />

• Die Konkursmasse SchKG 240 oder die Nachlassmasse beim<br />

Liquidationsvergleich, SchKG 319 IV.<br />

• Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer, ZGB 712 l II<br />

• Die Kollektiv- <strong>und</strong> Kommanditgesellschaft, OR 562 <strong>und</strong> 602.<br />

Die Betreibungsfähigkeit besitzt, wer als Gläubiger oder Schuldner befugt ist, seine<br />

Interessen in einer Betreibung selbständig wahrzunehmen oder durch einen frei<br />

gewählten Vertreter wahrnehmen zu lassen. Voraussetzung dazu ist die<br />

Handlungsfähigkeit.<br />

Partei- <strong>und</strong> Betreibungsfähigkeit sind von Amtes wegen zu beachten. Sie werden<br />

aber vermutet, BGE 105 III 111.<br />

Jede voll handlungsfähige natürliche Person kann einen Geldanspruch mittels<br />

Betreibung persönlich <strong>und</strong> selbständig geltend machen. Juristische Personen sowie<br />

Kollektiv- <strong>und</strong> Kommanditgesellschaft handeln durch ihre Organe bzw. Vertreter.<br />

Für natürliche Personen, die handlungsunfähig sind, muss ihr gesetzlicher Vertreter<br />

handeln, die handlungsunfähige Person bleibt aber Partei.<br />

In Spezialfällen können aber auch Handlungsunfähige als Gläubiger selbständig<br />

betreiben:<br />

• Bevorm<strong>und</strong>ete Personen, die wenigstens beschränkt handlungsfähig sind;<br />

d.h. urteilsfähig <strong>und</strong> zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen<br />

Gewerbes ermächtigt sind: für alle daraus sich ergebenden Rechte.<br />

• Minderjährige hinsichtlich ihres selbst verwalteten freien Kindesvermögens<br />

i.S.v. ZGB 321 <strong>und</strong> 323 I.<br />

• Personen unter Mitwirkungsbeiratschaft, ZGB 395 I, sind voll<br />

betreibungsfähig.<br />

• Personen unter Verwaltungsbeiratschaft sind in Bezug auf den<br />

Vermögensertrag <strong>und</strong> ihr Arbeitseinkommen selbständig betreibungsfähig.<br />

• Eine handlungsfähige verbeiständete Person bleibt betreibungsfähig.<br />

Es ist aber auch möglich, dass jeder betreibungsfähige Schuldner sich auch nach<br />

eigener Wahl vertreten lassen kann, SchKG 27 <strong>und</strong> 67 I Ziff. 1. Selbst GoA ist<br />

zulässig, jedoch ist innert nützlicher Frist eine Genehmigung erforderlich. Der im<br />

Ausland wohnende Gläubiger sollte einen Vertreter in der CH ernennen, ansonsten<br />

ihm sämtliche Korrespondenz auf der Depositenanstalt deponiert wird.<br />

Der Schuldner kann nur allein (selbständig) betrieben werden, wenn er voll<br />

handlungsfähig ist. Die aktive <strong>und</strong> die passive Betreibungsfähigkeit decken sich somit<br />

nicht immer.<br />

Handlungsunfähiger Schuldner: Zwingend gesetzliche Vertretung, SchKG 67 I Ziff. 2, Betreibungs-<br />

urk<strong>und</strong>en werden ausschliesslich dem ges. Vertreter zugestellt,<br />

SchKG 68 c I.<br />

Urteilsfähige Minderjährige <strong>und</strong> Im Rahmen ihrer bewilligten Berufs- oder Gewerbetätigkeit passiv<br />

Entmündigte betreibungsfähig. Jedoch muss auch ihr gesetzlicher Vertreter<br />

mitbetrieben werden, SchKG 68c II. Beiden ist also ein ZB zuzustellen.<br />

Verwaltungsbeiratschaft, ZGB 395 II Der Beirat ist mitzubetreiben, wenn der Gläubiger nicht nur aus dem<br />

Arbeitserwerb <strong>und</strong> dem Vermögensertrag Befriedigung sucht, SchKG<br />

68 c III.<br />

Mitwirkungsbeiratschaft, ZGB 395 I immer passiv betreibungsfähig<br />

Verbeiständung, ZGB 392 ff. Der Beistand muss immer mitbetrieben werden, SchKG 68 d Ziff. 2;<br />

vorausgesetzt, dass die Beistandschaft veröffentlicht oder dem<br />

Betreibungsamt mitgeteilt wurde.<br />

Wo immer ein vorm<strong>und</strong>schaftliches Organ oder ein gesetzlicher Vertreter nach<br />

SchKG 68 c ff. mitzubetreiben ist, kann die Zwangsvollstreckung nur insoweit<br />

fortgesetzt werden, als alle eingegangenen Rechtsvorschläge beseitigt sind.


§ 9 Die Betreibungsarten<br />

Bereits betriebener Schuldner stirbt:<br />

• Gegen die Erbschaft kann die Betreibung fortgesetzt werden, SchKG 59 II<br />

i.V.m. 49; dieselbe Art wie gegen den Erblasser erhoben wurde.<br />

• Gegen die Erben nur, wenn es sich um eine Betreibung auf Pfandverwertung<br />

handelt oder um eine Pfändungsbetreibung, in der die Frist zur<br />

Anschlusspfändung bereits abgelaufen ist, SchKG 59 III.<br />

• Eine unverteilte Erbschaft kann in der für den Verstorbenen anwendbar<br />

gewesenen Betreibungsart selbständig betrieben werden, SchKG 49.<br />

Ohne eigentlichen Schuldner kann nur die konkursamtliche Liquidation der<br />

ausgeschlagenen oder überschuldeten Verlassenschaft durchgeführt werden, SchKG<br />

193 <strong>und</strong> ZGB 597.<br />

Neben dem Schuldner muss u.U. noch ein Dritter mitbetrieben werden, der nicht<br />

vorm<strong>und</strong>schaftliches Organ oder gesetzlicher Vertreter ist; wenn er darin eigene<br />

Rechte wahrzunehmen hat. Er kann im Gegensatz zu den gesetzlichen Vertretern<br />

aus eigenem Recht Rechtsvorschlag erheben:<br />

• Der Dritteigentümer eines Pfandes, SchKG 153 II<br />

• Der in Gütergemeinschaft mit dem Schuldner lebende Ehegatte, SchKG 68a<br />

• Der Ehegatte in der Pfandverwertung eines Gr<strong>und</strong>stücks, das als<br />

Familienwohnung dient, ZGB 169, SchKG 153 II.<br />

Generalexekution Spezialexekution<br />

Hauptart Forderungsart<br />

Konkursbetreibung Betreibung auf Pfändung<br />

Sonderart Wechselbetreibung Betreibung auf Pfandverwertung<br />

8.1. Anwendung<br />

8.1.1. Konkursbetreibung<br />

8.1.2. Betreibung auf Pfändung<br />

8.1.3. Betreibung auf Pfandverwertung<br />

8.1.4. Bestimmung der Betreibungsart<br />

Schuldner<br />

Im Grossen <strong>und</strong> Ganzen bestimmt sich nach der Art des Schuldners, ob die<br />

Betreibung auf dem Wege der ordentlichen Spezial- oder Generalexekution zu<br />

erfolgen hat, nach der Art der Forderung dagegen, welche Sonderart der Betreibung<br />

in Frage kommt.<br />

Wer in einer in SchKG 39 I abschliessend genannten Eigenschaften im HR<br />

eingetragen ist, gilt als konkursfähig <strong>und</strong> unterliegt deshalb der Konkursbetreibung.<br />

Sie unterliegen für sämtliche Schulden – nicht nur für die aus dem Geschäftsbetrieb<br />

herrührenden – der Konkursbetreibung, ausser der in SchKG 43 abschliessend<br />

genannten Schulden. [SchKG 190 aber als lex specialis !!]<br />

Für Forderungen aus einem Wechsel oder Check steht alternativ die<br />

Wechselbetreibung zur Verfügung, SchKG 40 II <strong>und</strong> 177 I.<br />

Die nicht in einer Eigenschaft gemäss SchKG 39 I im HR eingetragenen Personen<br />

unterliegen gr<strong>und</strong>sätzlich der Betreibung auf Pfändung, SchKG 42 I. Ausnahmsweise<br />

ist dennoch die Konkursbetreibung zu ergreifen;<br />

• Der Schuldner kann sie selbst verlangen, indem seine Insolvenzerklärung<br />

vom Gericht geschützt wird, SchKG 191<br />

• Bei Flucht des Schuldners bzw. wenn dieser versucht, sich seinen<br />

Verbindlichkeiten zu entziehen, SchKG 190 Ziff. 1<br />

• Wenn gegen den Schuldner die Nachlasst<strong>und</strong>ung oder der Nachlassvertrag<br />

abgelehnt oder widerrufen wurde, SchKG 190 Ziff. 3 i.V.m. 309 <strong>und</strong> 313.<br />

Pfandgesicherte Forderungen sind unabhängig von einer allfälligen Konkursfähigkeit<br />

des Schuldners durch Betreibung auf Pfandverwertung geltend zu machen, SchKG<br />

41 I, I bis . [beneficium excussionis realis, mit Beschwerde gegen ZB zu rügen].<br />

Es obliegt i.a.R. dem Betreibungsart, die im konkreten Falle durchzuführende<br />

Betreibungsart zu bestimmen, SchKG 38 III. Der Gläubiger kann nur im Falle von<br />

SchKG 41 II <strong>und</strong> 190 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 3 bestimmen, auf welche Weise er vorgehen will.<br />

Streitigkeiten über die anzuwendende Betreibungsart werden im Beschwerdeverfahren<br />

erledigt; ggf. auch von Amtes wegen, weil die Durchführung der richtigen<br />

Betreibungsart im öffentlichen Interesse liegt, SchKG 22.


§ 10 Der Betreibungsort<br />

10.1. Der ordentliche Betreibungsort<br />

10.2. Besondere Betreibungsorte<br />

Der Betreibungsort ist massgeblich für die örtliche Zuständigkeit des Amtes, welches<br />

die Betreibung durchzuführen hat. Der Gr<strong>und</strong>satz der Einheit des Betreibungsortes<br />

stellt die Einheit der Betreibung <strong>und</strong> somit auch die gleichmässige Behandlung aller<br />

Gläubiger sicher – der gesetzliche Betreibungsort ist daher zwingend. [Ausser für<br />

den ausl. Schuldner sein Spezialdomizil nach SchKG 50 II].<br />

Die Einheit des Betreibungsortes wird durchbrochen, wenn an mehreren Orten<br />

Betreibungsstände bestehen; des kann gleichzeitig an mehreren Orten Betreibung<br />

gegen denselben Schuldner erhoben werden.<br />

Auch die Einheit des Konkurses, wonach der Konkurs stets dort als eröffnet gilt, wo<br />

er zuerst erkannt wurde, kann durchbrochen werden, wenn ein Schuldner mit Domizil<br />

im Ausland mehrere eingetragene Zweigniederlassungen hat, OR 935 II, SchKG 50 I.<br />

Ein Betreibungsort begründet nicht automatisch einen Konkursort<br />

Konkursort am ordentlichen Betreibungsort, SchKG 46<br />

Am Aufenthaltsort, SchKG 48<br />

Bei flüchtigem Schuldner an dessen letztem Wohnsitz, SchKG 54, 190<br />

Bei einer Geschäftsniederlassung eines ausl. Domizilierten Schuldners am Ort<br />

derselben, SchKG 50 I<br />

Über eine Erbschaft eines konkursfähigen Erblassers an dessen Konkursort,<br />

SchKG 49, 59 II<br />

Am Ort des Vermögens im Falle eines sog. Hilfskonkurses nach IPRG 166 ff.<br />

Der ordentliche Betreibungsort ist der schweizerische Wohnsitz des Schuldners,<br />

SchKG 46 I oder sein Sitz. Er gilt allgemein, sofern nicht ein besonderer Betreibungsort<br />

in Betracht kommt; der Wohnsitz bzw. Sitz wird durch das Zivilrecht bestimmt.<br />

Für eine handlungsfähige natürliche Person ist daher der Ort, wo sie sich mit der<br />

Absicht dauernden Verbleibens aufhält, massgebend, der Mittelpunkt ihrer<br />

persönlichen Lebensbeziehungen, ZGB 23 I. Nicht anwendbar ist ZGB 24, an seiner<br />

Stelle gilt SchKG 48 [Aufenthaltsort].<br />

Der Schuldner, der im Ausland wohnt, hat in der Schweiz keinen ordentlichen<br />

Betreibungsort, er kann hier nur an einem besonderen Betreibungsort, SchKG 50 –<br />

54, betrieben werden.<br />

Handlungsunfähige Personen werden betrieben am Wohnsitz der Eltern subsidiär am<br />

Aufenthaltsort des Kindes, ZGB 25 I [für unmündige Kinder unter elterlicher Sorge];<br />

für bevorm<strong>und</strong>ete Personen am Sitz der Vorm<strong>und</strong>schaftsbehörde, ZGB 25 II.<br />

Juristische Personen <strong>und</strong> betreibungsfähige Personengesellschaften werden am Sitz<br />

oder am Ort ihrer Verwaltung oder Geschäftsführung ordentlich betrieben. Hauptsitz<br />

nach HR oder Ort der tatsächlichen Geschäftsführung. Eine in der Schweiz<br />

domizilierte Gesellschaft kann nie am Sitz ihrer Zweigniederlassung betrieben<br />

werden. Nichteingetragene juristische Personen werden am Ort ihrer tatsächlichen<br />

Verwaltung betrieben, SchKG 46 II, ZGB 52 II.<br />

Öffentlichrechtliche juristische Personen haben ihren Betreibungsort an dem durch<br />

das Gesetz bestimmten Verwaltungssitz, ZGB 6 I <strong>und</strong> 59 I.<br />

Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer am Ort der gelegenen Sache.<br />

Schweizerischer Aufenthaltsort, SchKG 48<br />

Für Schuldner, die weder in der Schweiz noch im Ausland einen festen Wohnsitz<br />

haben. Immerhin muss es sich um einen Aufenthalt i.S.v. ZGB 24 II handeln, bloss<br />

zufällige Anwesenheit an einem Ort genügt nicht.<br />

Geschäftsniederlassung, SchKG 50 I<br />

Nur der Schuldner mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland kann am Ort seiner schweizerischen<br />

Geschäftsniederlassung betrieben werden, allerdings nur für Forderungen, die<br />

gegenüber dieser Niederlassung bestehen; die Niederlassung braucht nicht im HR<br />

eingetragen zu sein. [für schweizerische Schuldner infolge der Einheit des<br />

Betreibungsortes <strong>und</strong>enkbar].<br />

Spezialdomizil (Wahl- oder Rechtsdomizil], SchKG 50 II<br />

Schuldner die im Ausland wohnen können für Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung<br />

sie in der Schweiz ein Spezialdomizil gewählt haben, an diesem Ort betrieben<br />

werden, SchKG 50 II. Ob dieser Betreibungsort tatsächlich begründet wurde, ist nach<br />

dem ausdrücklichen oder sich aus den Umständen ergebenden Parteiwillen zu<br />

beurteilen. Das gewählte Spezialdomizil braucht nicht mit dem Erfüllungsort<br />

übereinzustimmen.<br />

Auf Wechsel bezeichneter Zahlungsort = Spezialdomizil<br />

Gerichtsstandsvereinbarung begründet für ausl. Schuldner nicht ohne weiteres einen beso Betreibungsort.


10.3. Rechtliche Bedeutung des Betreibungsortes<br />

§ 11 Zeitbestimmungen im SchKG<br />

11.1. Fristen<br />

Arrestort, SchKG 52<br />

Forderungen, für die ein Arrest gelegt ist, können auch dort eingetrieben werden, wo<br />

sich der Arrestgegenstand befindet, SchKG 52. Es kann dort allerdings nur das unter<br />

Arrest gelegte Vermögen des Schuldners gepfändet <strong>und</strong> verwertet werden.<br />

Standort der Pfandsache, SchKG 51<br />

Für pfandgesicherte Forderungen ist die Betreibung am Ort der gelegenen Sache<br />

vorgesehen. Wählt der Gläubiger indessen für Zinsen <strong>und</strong> Annuitäten die<br />

gewöhnliche Betreibung, schont er also einstweilen sein Gr<strong>und</strong>pfand, ist am<br />

zutreffenden Betreibungsort nach SchKG 46 – 50 vorzugehen.<br />

Haftet ein Faustpfand, kann der Gläubiger wahlweise am Ort, wo sich das Pfand<br />

befindet oder am zutreffenden Betreibungsort nach SchKG 46 – 50 vorgehen.<br />

Verpfändete Forderungen <strong>und</strong> andere obligatorische Ansprüche, die nicht in einem<br />

Wertpapier verkörpert sind, gelten vollstreckungsrechtlich als am Wohnsitz des<br />

Pfandgläubigers gelegen, ein verpfändetes Wertpapierdepot liegt bei der Bank, die<br />

das Bankkonto führt, wo auch immer sich die einzelnen Papiere befinden, BGE 105<br />

III 117.<br />

Sind Pfandsachen an mehreren Orten verstreut, so ist derjenige Ort als<br />

Betreibungsort massgebend, wo der wertvollste Teil der Pfandgegenstände liegt.<br />

Betreibungsort der Erbschaft, SchKG 49<br />

Eine unverteilte Erbschaft kann für ihr Vermögen am Betreibungsort des Erblassers<br />

betrieben werden. Für Erbschaftsschulden kann infolge der Universalsukzession <strong>und</strong><br />

der Solidarhaftung der Erben auch jeder einzelner Erbe an seinem Betreibungsort<br />

betrieben werden.<br />

Das Prinzip des gesetzmässigen Betreibungsortes gilt für die ganze Betreibung;<br />

erfolgt ein Wohnsitzwechsel, muss die Betreibung am neuen Ort fortgeführt werden.<br />

Aus praktischen Gründen gibt es jedoch in jeder Betreibungsart einen Zeitpunkt, ab<br />

dem der Betreibungsort unverrückbar wird, SchKG 53.<br />

Wurde die Betreibung hingegen an einem besonderen Betreibungsort begonnen, ist<br />

ein Wohnsitz- oder Aufenthaltswechsel des Schuldners während des Verfahrens von<br />

allem Anfang an unbeachtlich. [selbst bei Arrestprosequierung ?]<br />

Wohnsitzverlegung ins Ausland während des Frühstadiums der Betreibung hat zur Folge, dass der Schuldner<br />

in der Schweiz nicht mehr weiterbetrieben werden kann, es sei denn, er wäre flüchtig oder hätte hier noch<br />

eine Geschäftsniederlassung oder ein Spezialdomizil. Solange aber der neue ausländische Wohnsitz nicht<br />

nachgewiesen ist, kann am letzten schweizerischen Wohnsitz betrieben werden.<br />

Es obliegt den Aufsichtsbehörden, darüber zu wachen, dass die Zuständigkeitsordnung<br />

eingehalten ist. Sie schreiten von Amtes wegen ein, SchKG 22; bspw.<br />

Konkursandrohung, Pfändung oder Arrest durch ein unzuständiges Amt.<br />

Wird dadurch aber bloss das Interesse einer der Betreibungspartei verletzt, bspw. Ausfertigung ZB durch<br />

unzuständiges Amt, Ausstellen leerer Pfändungsurk<strong>und</strong>e als Verlustschein durch unzuständiges Amt,<br />

Betreibung eines im Ausland wohnenden Schuldners am schweizerischen Aufenthaltsort: nur auf Beschwerde<br />

hin.<br />

Fristen betreffen entweder das Betreibungsverfahren oder das materielle Recht.<br />

Verfahrensrechtliche Fristen<br />

Ordnungsfristen sind Fristen, die das Gesetz den Vollstreckungsorganen zur<br />

Vornahme der ihnen obliegenden Amtshandlungen setzt. Binnen dieser Frist soll<br />

gehandelt werden, ansonsten der Betroffene sich wegen Rechtsverzögerung<br />

beschweren kann. Nach Ablauf der Frist vorgenommene Amtshandlungen sind aber<br />

trotzdem gültig.<br />

Qualifizierende oder Zustandsfristen<br />

Bestimmte Fristen haben insofern eine qualifizierende Bedeutung, als während ihrer<br />

Dauer einer Partei, einem Vermögenssubjekt oder einer Forderung eine bestimmte<br />

betreibungsrechtliche Eigenschaft zukommt oder ein bestimmter betreibungsrechtlich<br />

relevanter Zustand herrscht.<br />

Rechtsstillstand, St<strong>und</strong>ung, SchKG 40, 94, 286, 111 II<br />

Sie sind weder verlängerbar noch können sie nach SchKG 33 IV wiederhergestellt werden.<br />

Bedenkfristen<br />

Gewisse Fristen geben dem Schuldner Zeit, allenfalls doch noch einzulenken. Vor<br />

ihrem Ablauf darf nicht weiter gegen ihn vorgegangen werden.<br />

Zahlungsfristen: SchKG 69 II, 88 I, 152 I; Frist bevor Verwertungsbegehren eingereicht werden kann, SchKG<br />

116 I, 154 I, oder das Konkursbegehren, SchKG 160 I, 166 I, Frist bevor ein Gr<strong>und</strong>stück verwertet werden<br />

kann, SchKG 133 I. Auch diese Fristen sind i.a.R. nicht abänderbar; Ausnahme: SchKG 133 II.


11.2. Fristberechnung<br />

11.3. Vereinbarungen<br />

11.4. Wiederherstellung<br />

Verwirkungsfristen<br />

Es handelt sich um Fristen, welche das Gesetz den Parteien oder Dritten zur<br />

Vornahme bestimmter Handlungen – i.a.R. Eingaben – setzt. Sie müssen von den<br />

Personen, gegen die sie laufen, eingehalten werden, ansonst ihnen Rechtsnachteile<br />

erwachsen. Handlungen, die erst nach Ablauf der Frist erfolgen, sind gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

wirkungslos. Der Rechtsverlust wirkt nur für die hängige Betreibung. Ist eine solche<br />

Frist verwirkt, stellt sich die Frage nach ihrer Wiederherstellbarkeit, SchKG 33 IV.<br />

Frist für den Rechtsvorschlag SchKG 69 II Ziff. 3 <strong>und</strong> 4, SchKG 179<br />

Frist für das Fortsetzungsbegehren SchKG 88 II<br />

Frist für das Verwertungsbegehren SchKG 116 <strong>und</strong> 154<br />

Frist für das Konkursbegehren SchKG 166 II <strong>und</strong> 188 II<br />

Rechtsmittelfristen<br />

Beschwerdefrist SchKG 17 ff.<br />

Frist zur Weiterziehung des Entscheides des Konkursgerichtes<br />

Frist zur Weiterziehung des Entscheides über den Rechtsvorschlag in der Wechselbetreibung<br />

Einsprache <strong>und</strong> Weiterziehungsfrist beim Arrest<br />

Bestreitungs- <strong>und</strong> Klagefristen des SchKG<br />

Aberkennungsklage SchKG 83 II <strong>und</strong> III<br />

Bestreitung oder Geltendmachung eines Drittanspruchs<br />

Bestreitung oder Geltendmachung einer privilegierten Anschlusspfändung<br />

Kollokationsklage<br />

Aussonderungsklage<br />

Feststellung oder Bestreitung neuen Vermögens<br />

Arrestproesquierung<br />

Anfechtung gewisser Handlungen des Schuldners, SchKG 292<br />

Keine peremptorische Wirkung erfolgt bei der verspäteten Konkurseingabe, SchKG 232 II Ziff. 2. Nur hat dort<br />

der Gläubiger sämtliche verursachten Kosten zu tragen.<br />

Materiellrechtliche Fristen<br />

Es bestehen auch eigene materiellrechtliche Fristen; Verjährungs- <strong>und</strong><br />

Verwirkungsfristen.<br />

Verjährung<br />

Vom Untergang des Klagerechts infolge Ablaufs einer gesetzlichen Verjährungsfrist<br />

ist abgesehen von der Betreibungsforderung selbst auch der Schadenersatzanspruch<br />

aus SchKG 6 betroffen, die Schadenersatzforderung gegen den Arrestgläubiger,<br />

SchKG 273 sowie die Forderung aus einem Pfändungs- oder Konkursverlustschein,<br />

SchKG 149a I, 265 II. Die Verjährung lässt immerhin noch eine<br />

Einrede bestehen. Bestimmungen des OR sind anwendbar, OR 63 II, 120 III, 127 ff.<br />

Verwirkung<br />

Eine materiellrechtliche Verwirkungsfrist besteht für den betreibungsrechtlichen<br />

Rückforderungsanspruch, SchKG 86 <strong>und</strong> 187. Ihr Ablauf hat einen vollständigen<br />

Rechtsverlust zur Folge <strong>und</strong> wird von Amtes wegen berücksichtigt; er zerstört die<br />

Klage <strong>und</strong> die Einrede.<br />

Fristen werden entweder durch das Gesetz oder durch Verfügungen der<br />

Vollstreckungsorgane angesetzt.<br />

Die Berechnung der Fristen lehnt sich an die Regelung im OR, OR 77, an, vgl.<br />

SchKG 31 I, 31 II, 31 III.<br />

Die Frist läuft um Mitternacht des letzten Tages aus. Sie wird durch rechtzeitige<br />

Aufgabe der Sendung bei der Post gewahrt bzw. durch Übergabe an eine<br />

diplomatische oder konsularische Vertretung der Schweiz, SchKG 32 I. Einreichung<br />

bei einer unzuständigen Behörde schadet nicht, SchKG 32 II.<br />

Fristenwahrung nach SchKG 32 [„nach diesem Gesetz“] sind nicht übertragbar auf<br />

Eingaben gemäss OG (Berufung, NiBe, staBe); hingegen muss die<br />

betreibungsrechtliche Beschwerde als SchKG-Sache betrachtet werden.<br />

Am falschen Ort eingereichte Klagen werden nicht von Amtes wegen weitergeleitet;<br />

es wird eine Frist von gleicher Dauer zwecks Neueinreichung gewährt.<br />

Verfahrensrechtliche Fristen sind gr<strong>und</strong>sätzlich zwingend. Eine Partei kann aber<br />

darauf verzichten, die Nichteinhaltung einer ausschliesslich zu ihren Gunsten<br />

laufenden Frist geltend zu machen, SchKG 33 III.<br />

Fristerstreckungen durch Vollstreckungsorgane <strong>und</strong> Gerichte sind nur in den Fällen<br />

von SchKG 33 II, 66 IV erlaubt.<br />

Die Bestimmungen über die Wiederherstellung sind nur anwendbar auf „Eingaben<br />

nach diesem Gesetze“. Auch die Wiederherstellung kann – wie die Fristverlängerung<br />

– aus Gründen der öffentlichen Ordnung nur für kurze Eingabefristen in Frage<br />

kommen. Nicht wiederherstellbar: Rahmenfristen nach SchKG 88 II, 116, 154, 166, 188.<br />

Der Entscheid über die Wiederherstellung ist ein Ermessensentscheid.


11.5. Schonzeiten<br />

1. Schonzeit<br />

Geschlossene Zeiten, SchKG 56 Ziff. 1<br />

2000 – 0700 morgens<br />

Sonntage <strong>und</strong> staatlich anerkannte Feiertage (auch Samstag, SR 173.110.3)<br />

Sie gilt für alle Schuldner.<br />

2. Schonzeit<br />

Betreibungsferien, SchKG 56 Ziff. 2<br />

7 Tage vor <strong>und</strong> nach Ostern <strong>und</strong> Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31 Juli<br />

Sie gilt für alle Schuldner. Nur in der Wechselbetreibung, SchKG 56 Ziff. 2, sowie im<br />

Konkursverfahren nach der Konkurseröffnung gibt es keine Betreibungsferien.<br />

3. Schonzeit<br />

Rechtsstillstand, SchKG 56 Ziff. 3<br />

Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 294<br />

Notst<strong>und</strong>ung, SchKG 334 <strong>und</strong> 337<br />

11.5.1. Allgemeine Wirkungen der Schonzeiten<br />

11.5.2. Insbesondere Rechtsstillstand<br />

Der Rechtsstillstand schon i.a.R. nur einen einzelnen, sich in einer besonderen Lage<br />

befindlichen Schuldner, SchKG 57 – 61. Bei Vorliegen ausserordentlicher<br />

Verhältnisse kann er aber generell verhängt werden, bspw. Unwetter in Brig 1993.<br />

Während der Dauer der Schonzeit darf keine Betreibungshandlung vorgenommen<br />

werden. In jener Zeit vorgenommene Betreibungshandlungen sind aber nicht etwa<br />

nichtig, sondern entfalten ihre Wirkungen einfach erst nach Ablauf der Schonzeit.<br />

Laufende Fristen laufen ungehemmt weiter, SchKG 63 Satz 1, nur wird ihr Ablaufen<br />

hinausgeschoben, wenn es in diese Zeit fällt. Die Frist wird bis zum dritten Werktag<br />

verlängert, SchKG 63 Satz 2 <strong>und</strong> 3. Die Fristerstreckung kann nur für Eingabefristen<br />

Bedeutung haben.<br />

Diese 3 vollen Werktage werden auch zugestanden, wenn die Frist unmittelbar nach dem Ende der Schonzeit<br />

abläuft, bspw. am ersten darauf folgenden Werktag, BGE 115 III 14.<br />

Eine Betreibungshandlung charakterisiert sich dadurch, dass sie eine<br />

Amtshandlung ist, d.h. eine von einem Vollstreckungsorgan ausgehende Handlung;<br />

die eine eigentliche Vollstreckungsmassnahme darstellt: Eine Handlung, die auf<br />

Befriedigung des Gläubigers aus dem Vermögen des Schuldners hinzielt <strong>und</strong> somit<br />

geeignet ist, den Gläubiger durch Einleitung oder Fortsetzung der Betreibung diesem<br />

Ziele näher zu bringen. [BGE 121 III 91].<br />

Bejaht: Zustellung ZB, Rechtsöffnung, Pfändungsankündigung, provisorische Pfändung, Fristansetzung im<br />

Widerspruchsverfahren oder nach einer privilegierten Anschlusspfändung, Zustellung einer<br />

Pfändungsurk<strong>und</strong>e, Verwertung, Ausstellung eines Verlustscheins, Konkursandrohung, Konkurseröffnung.<br />

Verneint: Betreibungsbegehren, Beschwerde, interne Amtshandlungen[Ausfertigung ZB], Handlungen, die<br />

nach der Konkurseröffnung vom Konkursamt oder von der Konkursverwaltung vorgenommen werden,<br />

betreibungsrechtliche Vorkehren nach durchgeführter Verwertung.<br />

Von vornherein keine Betreibungshandlungen sind die im Einleitungssatz von SchKG<br />

56 ausdrücklich genannten Massnahmen, die bloss der einstweiligen Sicherung von<br />

Vollstreckungssubstrat dienen, was jederzeit möglich sein muss.<br />

Handlungen im Arrestverfahren [Ausser Zustellung Arresturk<strong>und</strong>e], Anordnung sichernder Massnahmen<br />

gemäss SchKG 98 ff., vorzeitige Verwertung, SchKG 124 II, Aufnahme eines Retentionsverzeichnisses,<br />

Rückschaffung entfernter Retentionsgegenstände, SchKG 284.<br />

Rechtsstillstand wird einem einzelnen Schuldner oder eine Gruppe von Schuldnern<br />

aus im Gesetz genannten Gründen gewährt:<br />

Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst des Schuldners oder seines gesetzlichen<br />

Vertreters, SchKG 57<br />

Rechtsstillstand für die ganze Dienstdauer, bei Dienst > 30 Tage sogar noch zwei<br />

Wochen darüber hinaus. Kein Rechtsstillstand für familienrechtliche<br />

Unterhaltspflichten, SchKG 57 III.<br />

Der Rechtsstillstand kann aber aufgehoben werden, SchKG 57d.<br />

Todesfall in der Familie<br />

Für einen Schuldner, der einen Todesfall in der Familie erlitten hat, besteht ab dem<br />

Todestag für 2 Wochen Rechtsstillstand, SchKG 58.<br />

Tod des Schuldners<br />

Ist der Schuldner gestorben, herrscht in der Betreibung für Erbschaftsschulden vom<br />

Todestag an Rechtsstillstand sowie darüber hinaus noch während für die den Antritt<br />

oder die Ausschlagung eingeräumte Überlegungsfrist, SchKG 59 I, ZGB 566, 580,<br />

586.


§ 12 Formvorschriften<br />

12.1. Mitteilung, SchKG 34<br />

12.2. Öffentliche Bekanntmachung, SchKG 35<br />

12.3. Formelle Zustellung, SchKG 64 – 66<br />

Haft des Schuldners<br />

Der verhaftete Schuldner geniesst einen Rechtsstillstand, damit er Zeit hat, sich zur<br />

Wahrung seiner Interessen einen vertraglichen Vertreter zu bestellen. Das<br />

Betreibungsamt setzt ihm hiezu eine Frist, SchKG 60. Dieser befristete<br />

Rechtsstillstand gilt auch für Gesellschaften, deren sämtliche Organe verhaftet sind.<br />

Der Rechtsstillstand muss bis zur Abklärung der Hilfsbedürftigkeit des Schuldners i.S.v. ZGB 371 <strong>und</strong> bis zur<br />

allfälligen Ernennung eines Vorm<strong>und</strong>es gelten, denn SchKG 68 c I ist erst von der Entmündigung an<br />

anwendbar.<br />

Krankheit des Schuldners<br />

Einem schwerkranken Schuldner kann das Betreibungsamt nach seinem Ermessen<br />

für eine bestimmte Zeit Rechtsstillstand gewähren, SchKG 61. Schonung verdient<br />

auch der Schuldner, der wegen Krankheit seine berufliche Tätigkeit einstellen musste<br />

<strong>und</strong> deshalb zahlungsunfähig geworden ist.<br />

Es muss dem Schuldner infolge seiner Krankheit unmöglich oder zumindest<br />

unzumutbar sein, sich im Betreibungsverfahren zu wehren, bspw. Rechtsvorschlag<br />

zu erheben oder Beschwerde zu führen oder zumindest einen Vertreter zu bestellen.<br />

Keine Krankheit i.S.v. SchKG 61: Schwangerschaft, Niederkunft, depressive Verstimmung infolge der<br />

finanziellen Bedrängnis. Theoretisch ja: schwer krebskranker Schuldner, schwer verletzter verunfallter<br />

Schuldner im Spitalbett. [Hunkeler, Jusletter 3. Juni 2002).<br />

Allgemeiner Notzustand (allgemeines Moratorium)<br />

Der B<strong>und</strong>esrat – oder mit dessen Zustimmung – die Kantonsregierung kann für ein<br />

bestimmtes Gebiet oder einen bestimmten Teil der Bevölkerung einen allgemeinen<br />

Rechtsstillstand beschliessen, SchKG 62 [Epidemie, Kriegszeit, Kriseneinbruch].<br />

Der amtliche Verkehr der Behörden mit dem Publikum ist für die Gerichte in der ZPO<br />

geregelt, für die <strong>Schuldbetreibungs</strong>behörden im SchKG.<br />

Durch Mitteilung werden bestimmte Tatsachen, v.a. betreibungsrechtliche<br />

Verfügungen, an die am Verfahren beteiligten Personen, sofern diese erreichbar<br />

sind, bekannt gegeben. Die Mitteilungsform ist aus Beweisgründen vorgeschrieben<br />

<strong>und</strong> hat reinen Ordnungscharakter.<br />

Nichteinhalten der Form macht die Mitteilung nicht ungültig, jedoch trifft das<br />

Vollstreckungsorgan die Beweislast dafür, dass sie ihren Adressaten erreicht hat.<br />

Wird die Form eingehalten, ist die Mitteilung ohne weiteres rechtsgültig, auch wenn<br />

der Adressat ihre Annahme verweigert.<br />

Sie kommt zum Zuge, wenn man sich entweder an ein breites Publikum wenden will<br />

(Konkurseröffnung, Gläubigerversammlung, Steigerung) oder aber als Ersatz für die<br />

ordentliche Mitteilung an unbekannte Personen, an Personen, deren Adresse<br />

unbekannt ist. [Form: Veröffentlichung im SHAB <strong>und</strong> im kt. Amtsblatt]. Die Wahl<br />

weiterer Publikationsorgane ist eine Ermessensfrage <strong>und</strong> daher nur mit Beschwerde<br />

an eine kt. Aufsichtsbehörde anfechtbar.<br />

Betreibungsurk<strong>und</strong>en müssen formell zugestellt werden. Betreibungsurk<strong>und</strong>en sind<br />

Urk<strong>und</strong>en, in denen der Schuldner aufgefordert wird, den Gläubiger zu befriedigen,<br />

wobei ihm gleichzeitig eine bestimmte Rechtsfolge angedroht wird. [Zahlungsbefehl<br />

<strong>und</strong> Konkursandrohung].<br />

Die Zustellung erfolgt mittels qualifizierter Form der Mitteilung; die<br />

Betreibungsurk<strong>und</strong>e wird offen übergeben, wobei der Vorgang der Übergabe auf<br />

dem Original <strong>und</strong> im Doppel vom zustellenden Betreibungsbeamten oder<br />

Angestellten oder Briefträger zu bescheinigen ist, SchKG 72 II. Mit der Übergabe der<br />

Urk<strong>und</strong>e ist die Zustellung vollzogen, der Schuldner kann die Zustellung nicht durch<br />

Annahmeverweigerung oder Zerreissen der Urk<strong>und</strong>e verweigern.<br />

Mit dem Eintrag in die Urk<strong>und</strong>e erhält die Urk<strong>und</strong>e erhöhte Beweiskraft i.S.v. ZGB 9.<br />

Wohnt der Schuldner am Betreibungsort:<br />

- Persönliche Übergabe in seiner Wohnung oder an seinem Arbeitsort, SchKG 64 I<br />

- Subsidiär Ersatzzustellung: an eine zum Haushalt des Schuldners gehörende<br />

erwachsene bzw. als erwachsen erscheinende Person oder an einen Angestellten,<br />

SchKG 64 I Satz 2 oder zuletzt an einen Gemeinde- oder Polizeibeamten<br />

zuhanden des Schuldners, SchKG 64 II.


12.4. Rechtsfolgen mangelhafter Zustellung<br />

Wohnt der Schuldner nicht am Betreibungsort:<br />

- Wohnt er in der Schweiz, werden die Betreibungsurk<strong>und</strong>en in erster Linie der von<br />

ihm am Betreibungsort bezeichneten Person oder in dem von ihm dort bestimmten<br />

Lokal abgegeben; mangels eines solchen Zustellungsdomizils erfolgt die<br />

Zustellung an seinem Wohnort gemäss SchKG 64.<br />

- Der im Ausland wohnende Schuldner kann eine Betreibungsurk<strong>und</strong>e nur durch<br />

Vermittlung der dort zuständigen Behörde zugestellt werden [vorbehältlich<br />

Spezialdomizil in der Schweiz]. Direkte internationale Zustellung durch die Post<br />

oder direkter internationaler Amtsverkehr der Vollstreckungsorgane ist aber nur<br />

möglich, wenn ein Staatsvertrag es gestattet oder der ausländische Staat<br />

einverstanden ist, SchKG 66.<br />

Ist eine formelle Zustellung nicht möglich, weil der Wohnort des Schuldners trotz aller<br />

dem Gläubiger <strong>und</strong> dem Betreibungsamt zumutbaren Nachforschungen unbekannt<br />

blieb, weil der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht oder weil die<br />

Zustellung ins Ausland nicht binnen angemessener Frist möglich ist, SchKG 66 IV<br />

Ziff. 1, 2 <strong>und</strong> 3, wird sie durch die öffentliche Bekanntmachung, SchKG 35, ersetzt.<br />

Im Fall von Ziff. 1 <strong>und</strong> 3 ist die Frist für den Rechtsvorschlag angemessen zu<br />

verlängern.<br />

Wird ein handlungsunfähiger Schuldner betrieben, müssen die Betreibungsurk<strong>und</strong>en<br />

seinem gesetzlichen Vertreter zugestellt werden.<br />

Betreibungsurk<strong>und</strong>en für juristische Personen oder betreibungsfähige Personengesellschaften<br />

sind ihrem – vom Gläubiger zu nennenden – Vertreter zuzustellen.<br />

In der Betreibung gegen eine unverteilte Erbschaft wird die Urk<strong>und</strong>e dem für die<br />

Erbschaft bestellten Vertreter zugestellt, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist, an<br />

einen der Erben, SchKG 65 III.<br />

Gegen die Zustellung einer Betreibungsurk<strong>und</strong>e in ungesetzlicher Form oder an<br />

einen nicht legitimierten Empfänger kann sich der Schuldner bei der<br />

Aufsichtsbehörde beschwerden <strong>und</strong> deren Aufhebung verlangen.<br />

Unterlässt er dies oder steht fest, dass er die Urk<strong>und</strong>e trotz des Zustellungsfehlers<br />

erhalten hat, ist die Zustellung wirksam <strong>und</strong> die Urk<strong>und</strong>e gültig. Im Falle der<br />

Anfechtung ist das Betreibungsamt für die angebliche Heilung des Mangels<br />

beweispflichtig.<br />

Nichtig ist eine Zustellung nur dann, wenn die Notifikation [Anzeige,<br />

Benachrichtigung] an den Schuldner sowie die Zustellungsbescheinigung fehlen oder<br />

wenn infolge sonst fehlerhafter Zustellung eine Urk<strong>und</strong>e nicht in die Hände des<br />

Betriebenen gelangt ist.<br />

§ 13 Betreibungs- <strong>und</strong> Parteikosten Es fallen Gebühren [Entgelt für die Tätigkeit der Rechtspflegeorgane], Auslagen<br />

[durch Amtshandlungen, bspw. Beweiserhebung, Post, Telefon], Parteikosten.<br />

Gebühren <strong>und</strong> Auslagen bilden die Betreibungskosten, die abschliessend in der<br />

GebV geregelt sind, SchKG 16 I. Dazu gehören aber auch die Gerichtskosten der<br />

rein betreibungsrechtlichen Summarsachen, GebV 48, denn hier sind die Gerichte<br />

als Vollstreckungsorgane tätig.<br />

Keine Betreibungskosten sind gr<strong>und</strong>sätzlich die Parteikosten; v.a. auch nicht die<br />

Gerichtskosten eines ordentlichen oder beschleunigten Zivilprozesses.<br />

Es darf nur die GebV erhoben werden, Adressat dieser Bestimmung sind sowohl<br />

staatliche als auch von den Gläubigern bezeichnete private Vollstreckungsorgane<br />

(ausseramtliche Konkursverwaltung, Gläubigerausschuss usw.).<br />

Es besteht die Möglichkeit der Beschwerde, allerdings nicht für reine<br />

Bemessensfragen [zumindest nicht Weiterzug ans B<strong>und</strong>esgericht].<br />

Der Schuldner trägt die Betreibungskosten, sofern er sich der Betreibung nicht mit<br />

Erfolg widersetzt hat. Ohne Vorschuss des Gläubigers ist das Betreibungsamt<br />

berechtigt, die gewünschte Handlung einstweilen zu unterlassen, SchKG 68 I. Jede<br />

Partei trägt ihre eigenen Parteikosten, auch die obsiegende. Die Entschädigung<br />

eines Gläubigervertreters darf nicht auf den Schuldner abgewälzt werden, SchKG 27<br />

III. Dies gilt aber nur für das Verfahren vor Betreibungs- oder Konkursamt. In<br />

betreibungsrechtlichen Summarsachen entstandene Parteikosten ist eine<br />

angemessene Parteientschädigung zuzusprechen, GebV 62 I.<br />

Das Beschwerdeverfahren vor den Aufsichtsbehörden ist hingegen völlig kostenfrei,<br />

SchKG 20a I. Im Falle böswilliger oder mutmasslicher Beschwerdeführung können<br />

jedoch einer Partei die Kosten <strong>und</strong> überdies eine Ordnungsstrafe auferlegt werden,<br />

SchKG 20a I.


§ 14 Öffentlichrechtliche Nebenfolgen der Schuldbetreibung<br />

14.1. Straffolgen<br />

Unentgeltliche Rechtspflege ist auch infolge der Rechtsgleichheit in<br />

<strong>Schuldbetreibungs</strong>sachen zu gewähren. Zuständig ist die Aufsichtsbehörde, in<br />

Gerichtsverfahren die Gerichte selber. Es ist jedoch Zurückhaltung geboten, denn<br />

einzelne Amtshandlungen sind sowieso kostenlos (SchKG 67 III, 74 III) <strong>und</strong> das<br />

Beschwerdeverfahren ebenfalls; zudem ist die GebV relativ bescheiden.<br />

<strong>Schuldbetreibungs</strong>- <strong>und</strong> Konkursdelikte, StGB 163 ff.<br />

Ungehorsamsdelikte, StGB 323 f.<br />

14.2. Administrative Folgen der fruchtlosen Pfändung <strong>und</strong> der Konkurseröffnung<br />

SchKG 26


§ 15 Einleitungsverfahren<br />

§ 16 Betreibungsbegehren<br />

§ 17 Zahlungsbefehl<br />

17.1. Wesen <strong>und</strong> Zweck<br />

Im Einleitungsverfahren soll zunächst die Vollstreckbarkeit des geltend gemachten<br />

Anspruches – u.U. sogar dessen materiellrechtlicher Bestand <strong>und</strong> Umfang –<br />

abgeklärt werden. Es bereitet die Zwangsvollstreckung i.e.S. erst vor.<br />

Der Schuldner erhält im Einleitungsverfahren Gelegenheit, zu dem vom Gläubiger<br />

auf einseitiges Begehren erwirkten Zahlungsbefehl Stellung zu nehmen.<br />

Das Einleitungsverfahren umfasst daher 4 Schritte: Betreibungsbegehren des Gläubigers<br />

Zahlungsbefehl des Gläubigers durch BA<br />

Rechtsvorschlag des Schuldners<br />

Rechtsöffnung durch den Richter<br />

Erhebt der Schuldner keinen Rechtsvorschlag oder wird dieser durch den Richter<br />

endgültig beseitigt, ist das Einleitungsverfahren abgeschlossen.<br />

Das Betreibungsbegehren ist der Anstoss, da eine Betreibung nie von Amtes wegen<br />

angehoben wird. Ein Betreibungsbegehren ist erforderlich für privatrechtliche wie<br />

auch öffentlichrechtliche Forderungen.<br />

Das Betreibungsbegehren veranlasst das BA, den Zahlungsbefehl zu erlassen <strong>und</strong><br />

ihm dem Schuldner zuzustellen, womit die Schuldbetreibung beginnt, SchKG 38 II<br />

[betreibungsrechtliche Wirkung], zudem unterbricht bereits die Absendung des<br />

Betreibungsbegehrens die Verjährung [materiellrechtliche Wirkung], OR 135 Ziff. 2.<br />

Das Betreibungsbegehren kann schriftlich oder mündlich erfolgen, SchKG 67 I.<br />

Sämtliche Angaben, die für die Ausstellung des Zahlungsbefehls erforderlich sind,<br />

müssen schon im Betreibungsbegehren enthalten sein. Sind sie unvollständig oder<br />

fehlerhaft, muss das Amt Gelegenheit zur Verbesserung geben, SchKG 32 IV.<br />

Notwendiger Inhalt:<br />

1 Als blosse interne Handlung ist sie aber auch während den Schonfristen zulässig.<br />

Name <strong>und</strong> Wohnort des Gläubigers sowie ggf. seines gesetzlichen oder vertraglichen<br />

Vertreters, bei mehreren Gläubigern einzeln aufgeführt. [Wird bei unklaren, zweideutigen<br />

Ausdrücken die Gelegenheit der Verbesserung nicht genutzt, ist das<br />

Betreibungsbegehren ungültig, eine Betreibung nichtig.]<br />

Name <strong>und</strong> Wohnort des Schuldners sowie ggf. seines Vertreters.<br />

Forderungsbetrag in CH Währung, Umrechnung ist Sache des Gläubigers, Kurs am Tage<br />

des Betreibungsbegehrens [erneute Umrechnung: SchKG 88 IV].<br />

Zinsen<br />

Forderungsurk<strong>und</strong>e mit deren Datum bzw. Forderungsgr<strong>und</strong> [Für den Schuldner muss<br />

erkennbar sein, für welche Forderung er betrieben wird. Bei ungenügender<br />

Forderungsbezeichnung ist der ZB mit Beschwerde anfechtbar.<br />

BB für eine pfandgesicherte Forderung muss den Pfandgegenstand sowie den Namen<br />

des allfälligen Dritteigentümers enthalten, SchKG 67 II i.V.m. 151 I a.<br />

Das BA erlässt den Zahlungsbefehl nach Erhalt des Betreibungsbegehrens, SchKG<br />

69 I. Es hat nur zu prüfen, ob ein formgültiges Betreibungsbegehren vorliegt.<br />

Der Erlass des Zahlungsbefehls stellt die erste vollstreckungsrechtliche Massnahme<br />

des Betreibungsamtes dar; eine Betreibungshandlung 1 . Er bezweckt, den Schuldner<br />

herauszufordern, zum Zahlungsbegehren des Gläubigers Stellung zu nehmen.<br />

Endziel des ZB – <strong>und</strong> des Einleitungsverfahrens überhaupt – ist es, einen<br />

vollstreckbaren Titel zu schaffen.<br />

Der Zahlungsbefehl bildet die Gr<strong>und</strong>lage der Betreibung, diese beginnt mit seiner<br />

Zustellung, SchKG 38 II. Weitere Betreibungshandlungen, die ohne gültigen<br />

Zahlungsbefehl vorgenommen werden, wären nichtig <strong>und</strong> müssten deshalb von<br />

Amtes wegen aufgehoben werden, SchKG 22.<br />

Eine Vollstreckung ohne Erlass eines Zahlungsbefehles ist aber zulässig – weil der Erlass eines<br />

Zahlungsbefehls sinnlos wäre – in folgenden Fällen:<br />

• Wenn der Schuldner selbst den ersten Schritt zur Durchführung der Generalexekution unternimmt, sei es,<br />

dass er eine Insolvenzerklärung abgibt, SchKG 19, oder dass die Verwaltung einer Handelsgesellschaft<br />

den Richter wegen Überschuldung benachrichtigen muss <strong>und</strong> dieser den Konkurs eröffnet, SchKG 192,<br />

OR 725a. Der Schuldner kapituliert hier im voraus.<br />

• Ebenso bei konkursamtlicher Liquidation einer Erbschaft, SchKG 193.<br />

• Ebenso für den privilegierten Pfändungsanschluss, weil auch hier der Schuldner im Anschlussverfahren<br />

die Möglichkeit erhält, sich dem geltend gemachten Anspruch zu widersetzen, SchKG 111.<br />

• Infolge eines Pfändungsverlustscheins bzw. Pfandausfallscheins innert der entsprechenden Frist kann die<br />

Betreibung ohne neuen ZB fortgesetzt werden.<br />

• Fälle von SchKG 190.


§ 18 Rechtsvorschlag<br />

17.2. Inhalt des Zahlungsbefehls, SchKG 69 II<br />

17.3. Form des Zahlungsbefehls<br />

17.4. Zustellung<br />

17.5. Rechte des Schuldners<br />

18.1. Legitimation<br />

Nebst der Wiederholung der im Betreibungsbegehren erwähnten Tatsachen<br />

bezweckt der Zahlungsbefehl die Aufforderung an den Schuldner, binnen bestimmter<br />

Frist den Gläubiger zu befriedigen; die Information an den Schuldner, dass er sich<br />

binnen bestimmter Frist durch Rechtsvorschlag der Betreibung widersetzen kann<br />

sowie der ausdrückliche Hinweis auf die Rechtsfolge bei passivem Verhalten.<br />

Der Zahlungsbefehl ist eine Betreibungsurk<strong>und</strong>e i.e.S.; der doppelt ausgestellt wird.<br />

Bei abweichendem Inhalt ist der für den Schuldner bestimmte ZB massgebend.<br />

Zusätzliche ZB erfolgen für gleichzeitig betriebene Mitschuldner, SchKG 70 II, den in<br />

Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten, SchKG 68a, in der Betreibung auf Pfandverwertung<br />

dem Dritteigentümer des Pfandes sowie ggf. dem Ehegatten, SchKG 153<br />

II, in der Betreibung gegen Schuldner unter elterlicher Gewalt, Vorm<strong>und</strong>schaft usw.<br />

auch ihrem gesetzlichen Vertreter, SchKG 68c ff.<br />

Weil durch den ZB die Betreibung eröffnet wird, muss er formell zugestellt werden.<br />

Die Zustellung soll innert angemessen kurzer Frist nach Eingang des<br />

Betreibungsbegehrens erfolgen. Liegen gegen einen Schuldner mehrere<br />

Betreibungsbegehren vor, muss das Amt sämtliche ZB gleichzeitig zustellen, damit<br />

niemand begünstigt oder benachteiligt wird, SchKG 71 II <strong>und</strong> III.<br />

Dem Gläubiger wird der ZB in der Form der Mitteilung, SchKG 34, zugestellt; was<br />

aber erst geschieht, nachdem der Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hat bzw. nach<br />

Ablauf der Bestreitungsfrist.<br />

• Er kann verlangen, dass das Betreibungsamt den Gläubiger auffordere, die<br />

Beweismittel für die Forderung innerhalb der Bestreitungsfrist beim Amt zur<br />

Einsicht aufzulegen, SchKG 73.<br />

• Der Schuldner kann Rechtsvorschlag erheben, SchKG 74 f.<br />

• Der Schuldner hat das Recht, die Zustellung des ZB mit Beschwerde<br />

anzufechten, sofern betreibungsrechtliche Vorschriften verletzt wurden.<br />

Wegen eines Zustellungsfehlers alleine ist der ZB aber nicht aufzuheben, wenn feststeht, dass der<br />

Schuldner ihn trotzdem persönlich erhalten hat.<br />

Mit dem Rechtsvorschlag bringt der Schuldner die Betreibung zum Stillstand, SchKG<br />

78, was absolut notwendig sein muss, da der Zahlungsbefehl alleine auf den<br />

Behauptungen des Gläubigers im Betreibungsbegehren beruht.<br />

Gegenstand der vom Schuldner geforderten richterlichen Überprüfung ist immer der<br />

Bestand, der Umfang, die Erzwingbarkeit oder die betreibungsrechtliche Vollstreckbarkeit<br />

der geltend gemachten Forderung.<br />

Recht vorzuschlagen ist berechtigt, wer von der Betreibung selbst betroffen ist <strong>und</strong><br />

deshalb an ihrem Stillstand ein eigenes Interesse hat:<br />

• Alle Personen, denen als Schuldner, Mitschuldner oder Mitbetriebene ein ZB zugestellt wurde<br />

• Gesetzliche <strong>und</strong> vertragliche Vertreter derselben<br />

• Jeder einzelne Erbe in einer Betreibung gegen eine Erbschaft<br />

• Auch ein GoA, die Handlung hat aber innert nützlicher Frist genehmigt zu werden<br />

• Über ein streitiges Vertretungsverhältnis kann – da es sich um eine betreibungsrechtliche Frage<br />

handelt, die Aufsichtsbehörde auf Beschwerde hin entscheiden.<br />

18.2. Gründe für einen Rechtsvorschlag, SchKG 69 II Ziff. 3<br />

Materiellrechtliche Gründe<br />

Der Schuldner bestreitet den Bestand, die Fälligkeit oder die Höhe der in Betreibung<br />

gesetzten Forderung. Sein Rechtsvorschlag ist gegen die Forderung selbst gerichtet.<br />

Vollstreckungsrechtliche Gründe<br />

Der Schuldner bestreitet bloss die Vollstreckbarkeit der Forderung auf dem Wege der<br />

Schuldbetreibung, bspw.<br />

Sei die sachliche Zulässigkeit der Betreibung überhaupt nicht gegeben, weil es am Betreibungsgegenstand<br />

fehle, so an einer Geldsortenschuld<br />

Dass im konkreten Falle der Betreibungsweg nicht zulässig sei, bspw. wenn der Schuldner noch nicht zu<br />

neuem Vermögen gekommen ist, SchKG 265/265a.<br />

Abgrenzung Rechtsvorschlag / Beschwerde als Rechtsbehelf:<br />

Anlass zum Rechtsvorschlag bietet immer eine Tatsache, welche den Schuldner berechtigt, sich aus<br />

materiellrechtlichem oder vollstreckungsrechtlichem Gr<strong>und</strong>e der Geltendmachung des Anspruchs an sich zu<br />

widersetzen.<br />

Rein formelle Mängel der Betreibung – Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen, Verletzungen betreibungsrechtlicher<br />

Verfahrensvorschriften usw. – sind dagegen mit Beschwerde zu rügen.<br />

Liegt auch ein Bestreitungsgr<strong>und</strong> i.S.v. SchKG 69 II Ziff. 3 vor, ist zugleich auch Rechtsvorschlag zu erheben,<br />

falls die Beschwerde abgewiesen werden sollte.


18.3. Form <strong>und</strong> Frist für den Rechtsvorschlag<br />

18.4. Inhalt des Rechtsvorschlages<br />

18.5. Der nachträgliche Rechtsvorschlag<br />

2 Gilt auch hier Weiterleitung i.S.v. SchKG 32 II ? Dem Wortlaut nach ja!<br />

Der Rechtsvorschlag kann durch mündliche oder schriftliche Bestreitungserklärung<br />

beim zuständigen 2 Betreibungsamt erfolgen. Mündlich kann der Rechtsvorschlag<br />

unmittelbar bei der Zustellung erfolgen [Protokollierung durch den Boten],<br />

anschliessend auf dem Betreibungsamt [Protokoll], schlussendlich auch telefonisch /<br />

per Fax, sofern kein Zweifel über die Identität vorliegt, anderenfalls darf der<br />

Rechtsvorschlag abgelehnt werden <strong>und</strong> verlangt werden, dass er mündlich auf dem<br />

Amt oder schriftlich erhoben wird.<br />

Der Rechtsvorschlag muss binnen 5 oder 10 Tagen erhoben werden, SchKG 69 II<br />

Ziff. 3, 74 I, 179 I. Sie läuft immer erst vom Augenblick an, da der Schuldner vom<br />

Zahlungsbefehl Kenntnis erhält.<br />

Normalerweise genügt als Rechtsvorschlag jede Erklärung, aus welcher der<br />

Bestreitungswille des Schuldners eindeutig hervorgeht: „Rechtsvorschlag“, „zahle<br />

nicht“, „weise Betreibung zurück“, „habe mit der Sache nichts zu tun“.<br />

Dadurch bek<strong>und</strong>et der Betriebene ohne jede Einschränkung seinen Willen, die<br />

Betreibung schlechtweg zu verhindern.<br />

Nicht als Rechtsvorschlag anerkannt wurde:<br />

„Anerkenne die Forderung nicht, werde Rechtsvorschlag erheben“, „Zerreissen des ZB; wegen Einfachheit ist<br />

dem Schuldner eine ausdrückliche Erklärung zumutbar.“<br />

Eine allfällige Begründung des Rechtsvorschlages hat keine Einschränkung der<br />

Einreden in einem späteren Prozess zur Folge.<br />

Ausnahme:<br />

Das Gesetz sieht Fälle vor, wo die Wirkung des Rechtsvorschlages erst eintritt, wenn der Rechtsvorschlag<br />

vom Richter bewilligt worden ist, SchKG 75 II <strong>und</strong> III:<br />

• In der Betreibung auf Gr<strong>und</strong> eines Konkursverlustscheines ist die Einrede mangelnden neuen<br />

Vermögens mit Rechtsvorschlag vorzubringen <strong>und</strong> zu begründen: Kein neues Vermögen.<br />

• Auch in der Wechselbetreibung ist schriftliche Begründung ausdrücklich vorgeschrieben.<br />

• Zu begründen ist zudem das Wiederherstellungsgesuch bei einem verspäteten Rechtsvorschlag,<br />

SchKG 33 IV.<br />

• Auch der nachträgliche Rechtsvorschlag muss begründet werden.<br />

Wird nur ein Teil der Forderung bestritten, muss er den bestrittenen Betrag genau<br />

angeben, anderenfalls gilt die ganze Forderung als bestritten, SchKG 74 II.<br />

Der Rechtsvorschlag ist vom Betreibungsamt nur in formeller Hinsicht zu prüfen; es<br />

herrscht jedoch der Gr<strong>und</strong>satz „in dubio pro debitore.“ Beide Parteien können gegen<br />

den Entscheid des Amtes Beschwerde führen.<br />

verspäteter Rechtsvorschlag: SchKG 33 IV<br />

nachträglicher Rechtsvorschlag: SchKG 77<br />

Der verspätete Rechtsvorschlag ist ein Anwendungsfall des Wiederherstellungsrechts,<br />

während der nachträgliche Rechtsvorschlag einem Schuldner dann<br />

gewährt wird, wenn ihm im Laufe der Betreibung neue Einreden gegen den Anspruch<br />

des Gläubigers erwachsen; Einreden, die er innert der ordentlichen Bestreitungsfrist,<br />

SchKG 74 I, noch gar nicht hat geltendmachen können.<br />

Voraussetzungen des nachträglichen Rechtsvorschlages:<br />

• Nach Ablauf der ordentlichen Bestreitungsfrist muss ein neuer Tatbestand eingetreten sein, der dem<br />

Schuldner neue Einreden gibt. Dies ist insbesondere der Fall bei Gläubigerwechsel.<br />

Bei Schuldnerwechsel muss der Gläubiger gr<strong>und</strong>sätzlich eine neue Betreibung beginnen.<br />

• In der Wechselbetreibung kommt der nachträgliche Rechtsvorschlag ebenfalls in Betracht, der<br />

verspätete Rechtsvorschlag ist dagegen mit Rücksicht auf die formelle Wechselstrenge<br />

ausgeschlossen, SchKG 179 III.<br />

• Zudem darf die Vollstreckung noch nicht bis zur Verteilung oder Konkurseröffnung gediehen sein,<br />

SchKG 77 I.<br />

• Der nachträgliche Rechtsvorschlag muss binnen 10 Tagen seit der Kenntnis der neuen Sachlage beim<br />

Richter schriftlich <strong>und</strong> begründet angebracht werde, SchKG 77 II. Diese Frist beginnt mit der amtlichen<br />

Anzeige des neuen Sachverhaltes, SchKG 77 V.<br />

Beim nachträglichen Rechtsvorschlag entscheidet der Richter, ob der<br />

Rechtsvorschlag zu bewilligen sei oder nicht, es kommt das summarische Verfahren<br />

zur Anwendung, SchKG 25 Ziff. 2b, 77 III. Bei Bewilligung muss der Gläubiger auf<br />

Anerkennung seiner Forderung klagen, das einfachere Rechtsöffnungsverfahren ist<br />

ihm verschlossen.<br />

Der Rechtsvorschlag wirkt nur betreibungsrechtlich. Insbesondere kann seine<br />

Unterlassung nicht als materiellrechtliche Schuldanerkennung gelten.


§ 19 Rechtsöffnung<br />

19.1. Das Rechtsöffnungsverfahren<br />

19.2. Rechtsöffnung <strong>und</strong> Exequatur<br />

Der Rechtsvorschlag des Schuldners verschliesst dem Gläubiger den<br />

Betreibungsweg. Die Rechtsöffnung dient der Öffnung desselben. Die Initiative liegt<br />

beim Gläubiger, der aber der Mitwirkung des Richters.<br />

Rechtsöffnung ist somit die gerichtliche Beseitigung der Wirkungen des gültig<br />

erhobenen oder gerichtlich bewilligten <strong>und</strong> nicht zurückgezogenen<br />

Rechtsvorschlages. [Es wird nicht der Rechtsvorschlag aufgehoben, da nicht er<br />

überprüft wird: es werden nur seine Wirkungen aufgehoben].<br />

Je nach den Urk<strong>und</strong>en erfolgt entweder die definitive oder provisorische<br />

Rechtsöffnung. Stehen dem Gläubiger keine geeigneten Rechtsöffnungstitel zur<br />

Verfügung, bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Forderung auf dem ordentlichen<br />

Prozessweg geltend zu machen, Anerkennungsklage vor dem Zivilrichter. Wird dabei<br />

aber nebst dem Forderungsurteil zugleich die Rechtsöffnung verlangt, erübrigt sich in<br />

besonderes Rechtsöffnungsverfahren. Auch einer Abstandserklärung oder einem<br />

gerichtlichen Vergleich muss die gleiche Wirkung zukommen wie einem<br />

rechtskräftigen Urteil.<br />

Stammt das Urteil jedoch aus einem anderen Kanton als dem der Betreibung, muss<br />

dem Schuldner vom Fortsetzungsbegehren des Gläubigers vorher noch Kenntnis<br />

gegeben zu werden, damit dieser Einreden der mangelhaften Ladung oder der<br />

fehlenden gesetzlichen Vertretung geltend machen kann, SchKG 81 II. Erhebt er sie<br />

innert der 10 Tage, muss vor der Fortsetzung der Betreibung noch ein auf SchKG 81<br />

II beschränktes „Mini-Rechtsöffnungsverfahren“ durchgeführt werden, SchKG 79 II.<br />

Eine Anerkennungsklage ist zulässig aber unzweckmässig, wenn ein provisorischer Rechtsöffnungstitel<br />

vorliegt, aber ausgeschlossen, wenn ein definitiver Rechtsöffnungstitel vorliegt – res iudicata.<br />

Für öffentlichrechtliche Forderungen besteht der ordentliche Prozessweg i.S.v.<br />

SchKG 79 in der Geltendmachung der Forderung vor der zuständigen Verwaltungs-<br />

oder Verwaltungsjustizbehörde.<br />

Es ist teils b<strong>und</strong>esrechtlich, teils durch das kt. Prozessrecht geregelt, wird aber nur<br />

auf Begehren des Gläubigers eingeleitet. Der bestrittene Zahlungsbefehl <strong>und</strong> die<br />

Urk<strong>und</strong>e, auf welche sich das Rechtsöffnungsbegehren stützt, sind vorzulegen.<br />

Es ist eine betreibungsrechtliche Streitigkeit im summarischen Verfahren, SchKG 25<br />

II lit. a; ER im sV am Bezirksgericht, GVG 23 I <strong>und</strong> 213 Ziff. 2 ZPO. Während seiner<br />

Dauer steht die Gültigkeitsfrist des ZB still, SchKG 88 II, 154 I, 166 II, 188 II.<br />

Der Rechtsöffnungsentscheid sagt nichts aus über den materiellen Bestand der<br />

Forderung, sondern lediglich, ob die Einstellungswirkung des Rechtsvorschlages<br />

aufgehoben ist oder nicht.<br />

Der Rechtsöffnungsentscheid hat somit ausschliesslich betreibungsrechtliche<br />

Wirkung [keine Zivilsache] <strong>und</strong> auch nur für die hängige Betreibung.<br />

Rechtsmittel: kt. NiBe an Obergericht, staBe an B<strong>und</strong>esgericht.<br />

Bevor ein ausländischer Vollstreckungstitel in der Schweiz vollstreckt werden kann,<br />

bedarf es noch des Exequaturs, d.h. einer Vollstreckbarkeitserklärung der nach kt.<br />

Prozessrecht zuständigen Behörde. Die Bedingungen sind in Staatsverträgen<br />

geregelt, subsidiär in IPRG 25 ff.<br />

Auch das Exequaturverfahren betrifft ausschliesslich die Frage der Vollstreckbarkeit;<br />

dh. auch hier ist letztlich nur die staatsrechtliche Beschwerde gegeben. Die in<br />

Staatsverträgen erwähnten besonderen Vorschriften, bspw. LugÜ 31 ff. kommen nur<br />

zur Anwendung, wenn ein selbständiges Exequaturverfahren angestrengt wird,<br />

nicht aber, wenn Exequatur <strong>und</strong> Rechtsöffnung verb<strong>und</strong>en werden !!


19.3. Definitive Rechtsöffnung<br />

19.3.1. Verteidigung des Schuldners<br />

19.3.2. Wirkungen der definitiven Rechtsöffnung<br />

19.4. Provisorische Rechtsöffnung<br />

Auf Gr<strong>und</strong> eines vollstreckbaren Urteils oder eines gleichwertigen anderen Titels des<br />

kt., eidg. oder ausländischen Rechts wird die Wirkung des Rechtsvorschlages gegen<br />

den Zahlungsbefehl endgültig beseitigt.<br />

Vollstreckbares gerichtliches Urteil, SchKG 80 I, Urteilssurrogate: gerichtlicher Vergleich, gerichtliche<br />

Schuldanerkennung, Verfügungen <strong>und</strong> Entscheide von Verwaltungsbehörden des B<strong>und</strong>es, Verfügungen <strong>und</strong><br />

Entscheide kt. Verwaltungsbehörden, soweit sie das kt. Recht einem Urteil gleichstellt.<br />

1. Vollstreckbares gerichtliches Urteil<br />

Jeder Entscheid, der von einem Gericht in einem gesetzlichen Verfahren <strong>und</strong> in gesetzlicher Form über<br />

eine Geldforderung / Sicherheitsleistung in Geld ergangen ist. Es kommen nicht nur Endentscheide,<br />

sondern auch vorsorgliche Verfügungen <strong>und</strong> Sprüche über Gerichts- <strong>und</strong> Parteikosten in Frage.<br />

Vollstreckbar ist der Entscheid, der rechtskräftig [nicht mehr mit ordentlichem Rechtsmittel anfechtbar]<br />

ist <strong>und</strong> als Vollstreckungstitel anerkannt ist [B<strong>und</strong>esurteile ohne weiteres, alle kt. gerichtlichen<br />

Entscheide (BV 61), schweizerische Schiedssprüche (KSG 44, für internat. SV siehe IPRG 193),<br />

ausländische gerichtliche Entscheide sofern Exequaturbedingung erfüllt, ausländische Schiedssprüche<br />

nach NYÜ.<br />

2. Urteilssurrogate<br />

Gerichtlicher Vergleich: Eine von den Parteien vor Gericht abgeschlossene Vereinbarung über den<br />

Streitgegenstand. Ausländischer Vergleich: LugÜ 51.<br />

Gerichtliche Schuldanerk.: Gänzliche oder teilweise Anerkennung der streitigen Forderung vor Gericht<br />

Verw.-Verfügungen: Steuerveranlagung, Strafentscheide (Bussen, Kosten), b<strong>und</strong>esrechtlich<br />

durch VwVG 5, kantonal durch ZPO 214 gewährleistet.<br />

Einreden <strong>und</strong> Einwendungen i.e.S. sind angesichts der Rechtskraft des Titels stark<br />

beschränkt, können aber materieller oder prozessualer Natur sein:<br />

Prozessuale Einwände: Richten sich gegen die Rechtmässigkeit des<br />

Rechtsöffnungsverfahrens, es wird das Fehlen einer Prozessvoraussetzung geltend<br />

gemacht. Bei Begründetheit wird das Röf-Gesuch zurückgewiesen, Nichteintreten.<br />

Einrede der Unzuständigkeit, Einrede der res iudicata (in gleicher Betreibung erneut Röf verlangt)<br />

Materielle Einwände<br />

Es wird die Urk<strong>und</strong>e als Rechtsöffnungstitel in Frage gestellt. Bei Begründetheit wird<br />

das Röf-Gesuch abgewiesen.<br />

Entscheid des B<strong>und</strong>es / Vollstreckungskantons<br />

Bei nachgewiesener Rechtskraft sind solche Entscheide unanfechtbar. Höchstens kommt eine Negation der<br />

Rechtskraft in Frage, weil der Entscheid nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise eröffnet wurde – <strong>und</strong><br />

somit kein Röf-Titel i.S.v. 80 I <strong>und</strong> II vorliegt. Einrede der Verjährung oder der Zahlung / St<strong>und</strong>ung /<br />

Verrechnung / Erlass / gestützt auf das Urteil nur bedingte Zahlung usw. ist aber möglich im Röf-Verfahren –<br />

oder während des ganzen Betreibungsverfahrens, dort allerdings gestützt auf SchKG 85, 85a.<br />

Ausserkantonaler Entscheid<br />

Ausser den oben erwähnten Einreden kann er noch Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit an sich<br />

erheben, SchKG 81 I. Es wird die ordnungemässe Vorladung oder die gesetzliche Vertretung bestritten. Dies<br />

muss der Schuldner zudem nicht einmal beweisen – wie die Einreden nach SchKG 81 I.<br />

Ausländische Entscheide<br />

Besteht ein Vollstreckungsabkommen, darf der Schuldner nebst den materiellrechtlichen Einwendungen,<br />

SchKG 81 I, nur die im Staatsvertrag vorgesehenen Einwendungen erheben, bspw. LugÜ 27.<br />

Besteht kein Staatsvertrag, kann der Schuldner nebst SchKG 81 I auch die aus IPRG 25 ff. erheben.<br />

Mit dem rechtskräftigen Rechtsöffnungsentscheid ist die hemmende Wirkung des<br />

Rechtsvorschlages ein für allemal beseitigt; sie schliesst das Einleitungsverfahren<br />

ab. Der Rechtsöffnungsentscheid hat keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage,<br />

weshalb dem Schuldner stets der betreibungsrechtliche Rechtsschutz aus<br />

materiellrechtlichen Gründen gewahrt bleibt, SchKG 85, 85a, 86. [Rückforderung].<br />

Wo es an den Voraussetzungen für die definitive Rechtsöffnung fehlt, kommt die<br />

provisorische in Betracht.<br />

Anlässlich der provisorischen Rechtsöffnung erfolgt ein gerichtlicher Entscheid, der<br />

aufgr<strong>und</strong> einer schriftlichen Schuldanerkennung die Wirkung des Rechtsvorschlages<br />

bloss bedingt aufhebt, indem er noch die Nachprüfung des materiellen Bestandes der<br />

Forderung (Aberkennungsklage) durch den ordentlichen Richter vorbehält.<br />

Wesentlich ist somit, dass der Betriebene gegenüber der provisorischen<br />

Rechtsöffnung noch einmal zum Widerstand ansetzen kann<br />

Auch die provisorische Rechtsöffnung äussert sich jedoch nicht über die materielle<br />

Gr<strong>und</strong>lage.


19.4.1. Schuldanerkennung<br />

19.4.2. Verteidigung des Schuldners<br />

19.4.3. Wirkungen der provisorischen Rechtsöffnung<br />

Eine Schuldanerkennung ist eine Willenserklärung, wonach sich der Schuldner zur<br />

Bezahlung eines bestimmten oder leicht zu bestimmenden Geldbetrages zu<br />

bestimmter Zeit verpflichtet; es kommt nur eine öffentliche Urk<strong>und</strong>e oder eine<br />

Privaturk<strong>und</strong>e in Betracht.<br />

Aus Gründen des liquiden Beweises nach SchKG 82 I kommen nur schriftliche<br />

Schuldanerkennungen in Frage.<br />

Öffentliche Urk<strong>und</strong>e<br />

Jede Urk<strong>und</strong>e, die von der zuständigen Urk<strong>und</strong>sperson in gesetzlicher Form abgefasst ist; das Verfahren<br />

bestimmt das kt. Recht, SchlT 55. Aber auch behördliche Protokolle kommen in Betracht. Es wird jedoch<br />

lediglich die Richtigkeit der bezeugten Tatsachen vermutet, was durch Nachweis umgestossen werden kann,<br />

ZGB 9.<br />

Privaturk<strong>und</strong>e<br />

Alle von den Parteien privat aufgesetzten Schriftstücke [Briefe, Verträge, Schuldscheine, Wechsel, Checks].<br />

Die provisorische Rechtsöffnung erfolgt aber nur, wenn sie die Unterschrift des Schuldners oder seines<br />

Vertreters tragen.<br />

Schuldanerkennungen, die als Rechtsöffnungstitel in Frage kommen, sind bspw:<br />

• Urk<strong>und</strong>en über einseitige Verpflichtungen zu einer Geldzahlung [abstraktes Schuldversprechen gemäss<br />

OR 17, Bürgschafts- oder Wechselverpflichtung].<br />

• Urk<strong>und</strong>en über zweiseitige Rechtsgeschäfte [Kauf- Miet-, Pacht-, Darlehens-, Dienst-, Werk- oder<br />

Versicherungsverträge]. Ein Krediteröffnungsvertrag (Kreditlimite kann ausgeschöpft werden) oder ein<br />

negativer Kontoauszug (höchstens stillschweigend genehmigt) bedeutet für sich alleine keine<br />

Schuldanerkennung.<br />

Die Zahlungsverpflichtung des Schuldners kann sich auch aus einer Mehrheit von<br />

Urk<strong>und</strong>en ergeben, bspw. Briefwechsel.<br />

Eine Schuldanerkennung liegt aber nur dann vor, wenn der Schuldner bedingungslos<br />

zu zahlen hat, d.h. die Bedingung eingetreten ist, der Schuldner vorausleistungspflichtig<br />

ist oder der Gläubiger – bei Zug um Zug – gehörig angeboten hat.<br />

Auch betreibungsrechtliche Ausfallsbescheinigungen [def. Pfändungsverlustschein,<br />

Pfandausfallschein, tlw. Konkursverlustschein, siehe SchKG 265 I i.V.m. 244/45] sind<br />

Schuldanerkennungen.<br />

Als blosses Beweismittel entbehrt die Schuldanerkennung der Autorität <strong>und</strong> der<br />

Rechtskraftwirkung eines gerichtlichen Entscheides.<br />

Prozessuale Einwände<br />

Richten sich gegen die Rechtmässigkeit des Rechtsöffnungsverfahrens, es wird das<br />

Fehlen einer Prozessvoraussetzung geltend gemacht. Bei Begründetheit wird das<br />

Röf-Gesuch zurückgewiesen, Nichteintreten.<br />

Einrede der Unzuständigkeit, Einrede der res iudicata (in gleicher Betreibung erneut Röf verlangt)<br />

Materielle Einwände<br />

Die Materiellen Einwände betreffen nicht die Rechtmässigkeit des Verfahrens,<br />

sondern die sachliche Zulässigkeit der Rechtsöffnung. Diese wird in Frage gestellt<br />

durch alle Einwendungen, welche die Schuldanerkennung als solche entkräften<br />

können, SchKG 82 II.<br />

Es sei überhaupt keine taugliche Urk<strong>und</strong>e vorhanden, die Schuldanerkennung sei nicht gültig zustande<br />

gekommen oder sie sei zumindest nicht oder nicht mehr wirksam.<br />

Gültigkeit: mangelnde Unterschrift, Handlungsfähigkeit, Fälschung, rechtswidriger Inhalt, Willensmängel<br />

Wirksamkeit: Tilgung durch Zahlung, Verrechnung, Erlass oder Verjährung, Bedingung sei nicht eingetreten,<br />

unklagbare Forderung [Wette, Spiel] usw.<br />

Diese Einwände müssen bloss sofort glaubhaft gemacht werden, d.h. der Einwand<br />

muss vor dem Richter mit liquiden Beweismitteln wahrscheinlich gemacht werden.<br />

Dringt der Schuldner durch, steht dem Gläubiger nur noch der ordentliche<br />

Prozessweg mit der Anerkennungsklage offen.<br />

Vorerst hebt er die Einstellung der Betreibung nur bedingt auf, indem er dem<br />

Schuldner vorbehält, innert 20 Tagen mit der Aberkennungsklage den ordentlichen<br />

Richter anzurufen, damit dieser materiell entscheide, SchKG 83 II.<br />

Mit Rücksicht auf die Bedingtheit der Rechtsöffnung sind Vollstreckungsmassnahmen<br />

vorläufig ausgeschlossen, selbst wenn jedoch die Aberkennungsklage<br />

eingereicht wurde, kann der Gläubiger Vorkehrungen zur Sicherung seines<br />

Vollstreckungsanspruches beantragen: provisorische Pfändung [Betreibungshandlung]<br />

oder Aufnahme eines Güterverzeichnisses.<br />

Volle Wirkung erlangt der Rechtsöffnungsentscheid erst, wenn der Schuldner nicht rechtzeitig auf<br />

Aberkennung klagt oder wenn seine Klage abgewiesen wird <strong>und</strong> das Urteil rechtskräftig wird. Die<br />

Rechtsöffnung wird dann definitiv, ebenso eine provisorische Pfändung.


19.5. Die Aberkennungsklage, SchKG 83 II<br />

19.5.1. Verfahren<br />

§ 20 Der Schutz des Schuldners aus materiellrechtlichen Gründen<br />

Die Aberkennungsklage ist ein letztes Verteidigungsmittel nach Unterliegen des<br />

summarischen Rechtsöffnungsverfahrens, mit dem die Verlängerung des lediglich<br />

provisorischen Charakters der Rechtsöffnung sowie eine Überprüfung der materiellen<br />

Rechtslage erreicht wird.<br />

Es ist aber eine materiellrechtliche Klage, obschon sie mit einem Betreibungsverfahren<br />

im Zusammenhang steht. Sie bildet das Gegenstück zur Anerkennungsklage<br />

nach SchKG 79. Es handelt sich um eine negative Feststellungsklage.<br />

Klagefrist: 20 Tage nach der Rechtsöffnung, SchKG 83 II; Verwirkungsfrist, die nicht<br />

wiederherstellbar noch verlängerbar ist. Die Verwirkung berührt jedoch das materielle<br />

Recht nicht, dem Schuldner wird nach wie vor der Schutz aus materiellrechtlichen<br />

Gründen gewährt.<br />

Angesichts der fatalen Konsequenz des Fristversäumnisses – die provisorische<br />

Rechtsöffnung wird definitiv – kommt dem Fristenlauf entscheidende Bedeutung zu;<br />

massgebend für den Fristbeginn ist die formelle Rechtskraft des<br />

Rechtsöffnungsentscheides.<br />

Bei ordentlichem RM mit Suspensivwirkung: Mit unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist<br />

Bei ao. RM ohne Suspensivwirkung: Ab Eröffnung des Entscheides, ausser wenn dem ao<br />

Rechtsmittel Suspensivwirkung erteilt wird.<br />

Hat der Schuldner schon vor der Rechtsöffnung eine die streitige Forderung<br />

betreffende negative Feststellungsklage angehoben, wird diese automatisch zur<br />

Aberkennungsklage, BGE 117 III 19. [ggf. aber auch 125 III 149, wg. 3 U !!]<br />

Die Aberkennungsklage wird wie die Anerkennungsklage im ordentlichen Verfahren<br />

nach kt. ZPO beurteilt. Der Gerichtsstand liegt am Betreibungsort, SchKG 83 II;<br />

Prorogation <strong>und</strong> Einlassung sind zulässig.<br />

Während der Prozessdauer läuft die Frist für die Gültigkeit des ZB nicht.<br />

Die Beweislastverteilung macht deutlich, dass die Aberkennungsklage ein<br />

Verteidigungsmittel des Schuldners ist; anders als im Rechtsöffnungsverfahren erhält<br />

er nun Gelegenheit zum einlässlichen Gegenbeweis. Der Gläubiger seinerseits muss<br />

seinen auf Gr<strong>und</strong> der Schuldanerkennung nur glaubhaft erscheinenden Anspruch voll<br />

beweisen.<br />

Das Urteil hat volle materielle Rechtskraft, es begründet in jedem späteren Prozess<br />

über denselben Anspruch die Einrede der abgeurteilten res iudicata. Der<br />

letztinstanzliche kt. Entscheid kann als Zivilrechtssache mit Berufung oder NiBe<br />

weitergezogen werden.<br />

Die Abweisung der Klage lässt die provisorische Rechtsöffnung definitiv werden; der<br />

Gläubiger kann die Fortsetzung der Betreibung verlangen.<br />

Die Gutheissung der Klage erledigt die Betreibung endgültig.<br />

Die Zwangsvollstreckung stellt dem Schuldner zur Abwehr eines rechtlich nicht<br />

begründeten oder nicht eintreibbaren Anspruchs nebst der Beschwerde, dem<br />

Rechtsvorschlag, dem Bündel von Einreden <strong>und</strong> Einwendungen im Rechtsöffnungsverfahren<br />

<strong>und</strong> der Aberkennungsklage auch weitere Rechtsbehelfe zur Verfügung:<br />

• Wenn der Schuldner verpasst, rechtzeitig Recht vorzuschlagen, <strong>und</strong> eine Wiederherstellung der Frist<br />

nicht gelingt<br />

• Wenn er im Rechtsöffnungsverfahren seine Einreden vorzubringen versäumt oder diese mangels der<br />

Beschränkung nicht durchzusetzen vermag<br />

• Wenn er die Frist für die Aberkennungsklage unbenützt verstreichen lässt<br />

In diesen Fällen kann die Betreibung ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage<br />

weiterlaufen <strong>und</strong> den Schuldner sogar nötigen, Nichtgeschuldetes zu zahlen, um<br />

Vollstreckungsmassnahmen von sich abzuwenden.<br />

Dagegen bestehen folgende Rechtsbehelfe:<br />

• Aufhebung oder Einstellung der Betreibung durch den Vollstreckungsrichter auf Antrag des Schuldners,<br />

SchKG 85<br />

Rein betreibungsrechtliche Klage<br />

• Klage auf Feststellung der Nichtschuld oder der St<strong>und</strong>ung beim ordentlichen Richter, SchKG 85a<br />

Betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />

• Betreibungsrechtliche Rückforderungsklage, SchKG 86, 187.<br />

Materiellrechtliche Klage


20.1. Aufhebung oder Einstellung der Betreibung nach SchKG 85<br />

Im Verfahren nach SchKG 85 amtet der Richter aber nicht als Zivil-, sondern als<br />

Vollstreckungsrichter. Er entscheidet wie der Rechtsöffnungsrichter einzig über die<br />

Zulässigkeit der Betreibung, wobei der Bestand der Betreibungsforderung nur<br />

materiellrechtliche Vorfrage ist.<br />

Der Schuldner muss nachweisen, dass die Schuld samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten<br />

mittlerweile gest<strong>und</strong>et [Einstellung der Betreibung] oder getilgt [Aufhebung der<br />

Betreibung] ist. Der Nachweis kann nur mit Urk<strong>und</strong>en erbracht werden.<br />

Das Gesuch ist im Summarverfahren zu beurteilen, SchKG 25 Ziff. 2c, ZPO 213 Ziff.<br />

3 <strong>und</strong> GVG 23.<br />

Streitigkeit: Die Lehre sagt „jederzeitige“ Klagemöglichkeit, B<strong>und</strong>esgericht sagt, nur<br />

wenn Rechtsvorschlag beseitigt, BGE 125 III 149, infolge Voraussetzung der<br />

Feststellungsklage: „Unmöglichkeit des Zuwartens.“<br />

Der Einstellungs- oder Aufhebungsentscheid hat ausschliesslich<br />

betreibungsrechtliche Wirkung, über den materiellen Bestand der Forderung äussert<br />

er sich so wenig wie ein Rechtsöffnungsentscheid. Unterliegt der Schuldner, hat er<br />

immer noch SchKG 85a <strong>und</strong> 86; obsiegt er, kann der Gläubiger immer noch mit der<br />

Forderungsklage gegen ihn vorgehen.<br />

Rechtsmittel: Rekurs oder kt. Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht<br />

Kt. NiBe an Kassationsgericht oder direkt staatsrechtliche Beschwerde an B<strong>und</strong>esgericht<br />

Staatsrechtliche Beschwerde an B<strong>und</strong>esgericht<br />

20.2. Aufhebung oder Einstellung der Betreibung nach SchKG 85a<br />

20.3. Rückforderungsklage nach SchKG 86, 187<br />

Der Richter im ordentlichen Prozess bei voller Kognition kann feststellen, dass die<br />

Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder sie gest<strong>und</strong>et ist. Als materiellrechtliche<br />

Klage bezweckt sie wie die Aberkennungsklage die Feststellung der Nichtschuld<br />

bzw. St<strong>und</strong>ung, andererseits hat sie wie das Verfahren nach SchKG 85 unmittelbar<br />

betreibungsrechtliche Wirkungen, indem der Richter mit ihrer Gutheissung die<br />

Betreibung einstellt oder aufhebt, SchKG 85 III.<br />

Die Klage dient als Notbehelf, wenn der Zahlungsbefehl rechtskräftig geworden ist.<br />

Ausgeschlossen ist die Feststellungsklage in der Wechselbetreibung wegen der formellen Wechselstrenge.<br />

Da SchKG 85 <strong>und</strong> SchKG 85a selbst noch nach einer definitiven Rechtsöffnung<br />

zulässig sind, muss bei der Beurteilung die res iudicata Wirkung eines definitiven<br />

Rechtsöffnungstitels beachtet werden. Der Schuldner ist daher in der<br />

Klagebegründung nicht mehr frei:<br />

Liegt der Betreibung ein definitiver Rechtsöffnungstitel zugr<strong>und</strong>e,<br />

• Können nur Einreden aus dem gerichtlichen Entscheid selber (Verurteilung zu einer Leistung Zug-um-<br />

Zug, zu einer bedingten Leistung usw.) vorgebracht werden, bspw. Bedingung nicht eingetreten.<br />

• Echte nova, d.h. Tatsachen, die erst nach der Rechtskraft des Entscheides entstanden sind, bspw.<br />

St<strong>und</strong>dung, Tilgung, Verjährung.<br />

• Nur gegenüber einem gerichtlichen Vergleich oder einer Abstandserklärung können auch<br />

Willensmängel vorgebracht werden.<br />

Es handelt sich um einen ordentlichen, immerhin beschleunigten Zivilprozess,<br />

SchKG 85 a IV. Das Feststellungsinteresse ist b<strong>und</strong>esrechtlich festgelegt, es muss<br />

sich um eine laufende Betreibung handeln, die überhaupt noch eingestellt oder<br />

aufgehoben werden kann. Bei Begründetheit stellt der Richter die Nichtschuld oder<br />

die bestehende St<strong>und</strong>ung fest: res iudicata.<br />

Rechtsmittel: Volle Vierer- bzw. Achterreihe je nach Streitwert <strong>und</strong> Rügegr<strong>und</strong><br />

Behelf zur Wiedergutmachung eines Unrechts, das der Schuldner im Zuge einer<br />

materiell ungerechtfertigten Betreibung erlitten hat. OR 63 behält sie vor.<br />

Ordentlicher Zivilprozess, materiellrechtliche Streitigkeit. Der Betriebene hat nur die<br />

Nichtschuld / St<strong>und</strong>ung zu beweisen, der Betreibende hat den Beweis, dass nicht<br />

infolge Betreibungszwangs, sondern freiwillig bezahlt wurde, zu erbringen.<br />

Sie setzt somit die Bezahlung eines nicht geschuldeten [was nicht zutrifft bei<br />

Erfüllung einer Naturalobligation] Betrages unter Betreibungszwang; der Schuldner<br />

muss unter dem Druck der Vollstreckung Nichtgeschuldetes gezahlt haben.<br />

Nicht unter Betreibungsdruck steht ein Schuldner, der nach Abweisung der<br />

Aberkennungs- oder Feststellungsklage nach SchKG 85a den Gläubiger<br />

befriedigt, da jene Klagen eine res iudicata schaffen, die der Rückforderungsklage<br />

entgegenstehen.


§ 21 Betreibung eines Ehegatten<br />

21.1. Betreibung durch den Ehegatten<br />

21.2. Betreibung durch einen Dritten<br />

Der Betreibung gegen eine verheiratete Person muss bedingt durch das eheliche<br />

Güterrecht <strong>und</strong> den Schutz der ehelichen Gemeinschaft gewissen Besonderheiten<br />

Rechnung getragen werden.<br />

• Forderungen unter Ehegatten werden während der Ehe wohl fällig, nur verjähren<br />

sie nicht, OR 134.<br />

• Der Gläubiger-Gatte hat das Vorrecht auf privilegierten Pfändungsanschluss an<br />

eine für einen Drittgläubiger vollzogene Pfändung, SchKG 111.<br />

• Kommt es dennoch zur Betreibung, hat der Schuldner-Gatte gegenüber dem<br />

Gläubiger-Gatten Anspruch auf besondere Zahlungsfristen, ZGB 203 II, 218,<br />

235, II, 250, sofern die Zahlung die eheliche Gemeinschaft gefährden könnte.<br />

21.1. Bei Errungenschaftsbeteiligung <strong>und</strong> bei Gütertrennung<br />

21.2. Betreibung bei Gütergemeinschaft<br />

• Der Schuldner-Gatte ist allein zu betreiben. Nur im Falle, wo für seine Schuld ein<br />

ihm gehörendes Gr<strong>und</strong>stück verpfändet ist, das als Familienwohnung dient,<br />

muss in der Betreibung auf Pfandverwertung auch der Nichtschuldner-Gatte zur<br />

Wahrung seiner Rechte mitbetrieben werden, SchKG 153, 155.<br />

• Forderungen des Schuldner-Gatten gegenüber seinem Ehegatten dürfen erst in<br />

letzter Linie gepfändet werden, SchKG 95a; „der Gläubiger soll in der Familie<br />

bleiben.“<br />

• Der Schuldner-Gatte haftet mit seinem gesamten Vermögen (Eigengut,<br />

Errungenschaft) persönlich für alle Schulden, die er eingegangen ist <strong>und</strong><br />

solidarisch für Schulden, die der andere Ehegatte in befugter Vertretung der<br />

ehelichen Gemeinschaft begründet hat.<br />

• Nicht zum Vollstreckungssubstrat zählt die blosse Anwartschaft des Betriebenen<br />

auf die Beteiligung an der Errungenschaft des anderen Gatten.<br />

• Wird ein Vermögenswert des nicht betriebenen Gatten (Eigengut,<br />

Errungenschaft) zur Vollstreckung herangezogen [Arrest, Pfändung], kann er wie<br />

jeder betroffene Dritte das Widerspruchsverfahren oder im Konkurs das<br />

Aussonderungsverfahren anstreben.<br />

• Es besteht für jeden Ehegatten ein Eigengut <strong>und</strong> dazu ein Gesamtgut, welches<br />

beiden Ehegatten ungeteilt zu gesamter Hand gehört. Für Vollschulden, ZGB<br />

233, haftet der Schuldner-Gatte mit beidem, für Eigenschulden nur mit seinem<br />

Eigengut, ZGB 234, <strong>und</strong> der ihm zustehenden Hälfe des Wertes des<br />

Gesamtgutes.<br />

• Es sind somit alle Betreibungsurk<strong>und</strong>en – beim ZB angefangen- beiden<br />

Ehegatten zuzustellen, der eine wird dadurch zum Mitbetriebenen. Der<br />

Rechtsvorschlag kann sich somit gegen die Begründetheit der<br />

Betreibungsforderung aber auch nur gegen die Qualifikation als Vollschuld<br />

richten.<br />

• Handelt e sich um eine Vollschuld, kann sowohl Eigengut des Schuldners als<br />

auch Gesamtgut beider Ehegatten zur Vollstreckung herangezogen werden.<br />

• Handelt es sich bloss um eine Eigenschuld, darf nebst dem Eigengut des<br />

Schuldners nur sein rechnerischer Anteil am Gesamtgut (das ihm zustehende<br />

Liquidationsbetreffnis) gepfändet werden, SchKG 68b III. Die Pfändung dieses<br />

Teils kommt aber nur zur Anwendung, wenn das Eigengut nicht ausreicht.<br />

• Kommt es zur Pfändung des Anteils am Gesamtgut, kann der Nichtschuldner-<br />

Ehegatte vom Richter die Anordnung der Gütertrennung verlangen.<br />

Um dies zu vermeiden, gestattet das Gesetz den direkten Zugriff auf künftiges<br />

Erwerbseinkommen des Schuldner-Gatten [dieser Zugriff wird ihm dann bei<br />

einer Auflösung des Güterstandes angerechnet; so muss das Gesamtgut nicht<br />

liquidiert werden].<br />

Die Fortdauer eines altrechtlichen Güterstandes kann einem Gläubiger nur<br />

entgegengehalten werden, wenn er ihn kennt oder kennen sollte, SchlT 9 e II <strong>und</strong> 10<br />

ZGB. Bei zu vermutender Unkenntnis gelten die Bestimmungen über die<br />

Errungenschaftsbeteiligung.


Durchführung der Betreibung auf Pfändung<br />

Die Vollstreckung i.e.S. wickelt sich bei der Betreibung auf Pfändung ab<br />

§ 22 Pfändungsverfahren<br />

22.1. Fortsetzungsbegehren<br />

22.2. Pfändungsvollzug<br />

22.2.1. Zuständigkeit<br />

• in der Phase der Pfändung<br />

• in der Phase der Verwertung<br />

• in der Phase der Verteilung<br />

Der Zahlungsbefehl bildet die Gr<strong>und</strong>lage der Schuldbetreibung überhaupt, erst ein<br />

rechtskräftiger Zahlungsbefehl bildet i.a.R. Gr<strong>und</strong>lage für die Vollstreckung.<br />

Rechtskräftiger Zahlungsbefehl infolge Fristablauf, Verweigerung eines nachträglichen Rechtsvorschlages,<br />

Rückzug des Rechtsvorschlages oder wenn der Gläubiger definitive Rechtsöffnung erlangt hat.<br />

Trotz rechtskräftigem Zahlungsbefehl kann der Gang zur Vollstreckung wiederum gehemmt werden, indem<br />

die Frist zum Rechtsvorschlag oder zur Aberkennungsklage wiederhergestellt wird, SchKG 33 IV.<br />

Die Fortsetzung der Betreibung erfolgt – wenn der Schuldner nicht konkursfähig ist,<br />

es sich um eine Forderung i.S.v. SchKG 43 oder um eine nicht pfandgesicherte<br />

Forderung handelt – auf dem Wege der Pfändung.<br />

Die Pfändung ist die amtliche Beschlagnahme einzelner Vermögenswerte des<br />

Schuldners zur Verwendung als Vollstreckungssubstrat. Durch die<br />

Beschlagnahmeerklärung [Betreibungshandlung] werden die gepfändeten<br />

Vermögenswerte der rechtlichen Verfügungsmacht des Schuldners entzogen <strong>und</strong> für<br />

die amtliche Verwertung bereitgestellt.<br />

Voraussetzung bildet ein rechtskräftiger Zahlungsbefehl.<br />

Ausnahme: Pfändungsverlustschein <strong>und</strong> Pfandausfallschein, die es innert Frist<br />

erlauben, die Fortsetzung der Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl zu verlangen.<br />

Auf die Frist von SchKG 88 I kann selbst der Schuldner nicht verzichten. Hält der<br />

Gläubiger die maximale Frist nicht ein, verwirkt er das Recht; der Zahlungsbefehl<br />

verliert seine Gültigkeit <strong>und</strong> die Betreibung fällt dahin.<br />

Das Begehren ist formlos gültig, es genügt, wenn auf irgendeine Weise die<br />

Fortsetzung der Betreibung verlangt wird. Das Begehren ist an das am<br />

Betreibungsort zuständige Betreibungsamt zu leiten, auch wenn jener nach<br />

Zustellung des Zahlungsbefehls gewechselt haben sollte.<br />

Inhaltlich muss das Begehren eindeutig <strong>und</strong> unbedingt sein. Ein Rückzug ist ohne<br />

Nachteil möglich, solange dem Begehren keine Folge gegeben worden ist; während<br />

der Geltungsdauer des ZB (Jahresfrist seit dessen Zustellung) darf es jederzeit<br />

erneuert werden. Nach Vollzug der Pfändung gälte ein Rückzug des Fortsetzungsbegehrens<br />

allerdings als Verzicht auf die Betreibung selbst.<br />

Sachlich obliegt es dem Betreibungsamt. Örtlich zuständig ist das Amt, welches die<br />

Betreibung führt, das Amt des Betreibungsortes. Sie durchführen darf hingegen<br />

ausschliesslich das Amt am Ort der gelegenen Sache, SchKG 4 II. Ggf. erfolgt dann<br />

die Pfändung auf Auftrag des auswärtigen Amtes, sog. Requisitionspfändung, SchKG<br />

89. Verantwortlich bleibt aber das beauftragende Amt. [Beschwerdeadressat].<br />

Vermögenswerte im Ausland können infolge des Territorialitätsprinzips in der Schweiz nicht gepfändet<br />

werden. Eine Requisitionspfändung kommt hier nicht in Frage.<br />

Wertpapiere werden wie Sachen am Ort, wo sie liegen, gepfändet.<br />

Bei nicht in Wertpapieren verkörperten Forderungen tritt an Stelle des Ortes der<br />

gelegenen Sache der Wohnsitz des Gläubigers der Forderung, mithin des<br />

betriebenen Schuldners, oder falls sich dieser im Ausland befindet, der<br />

schweizerische Wohnsitz des Drittschuldners oder eines Treuhänders.<br />

Bspw. Bankkonti, Lohnforderungen usw.<br />

Eine in Missachtung dieser Zuständigkeitsordnung vollzogene Pfändung wäre<br />

absolut nichtig.


22.2.2. Rechtstellung der Betreibungsparteien im Pfändungsverfahren<br />

22.2.3. Rechte <strong>und</strong> Pflichten Dritter<br />

22.2.4. Zeitpunkt der Pfändung<br />

22.2.5. Pfändungsakt<br />

22.2.6. Vollzug des Pfändungsaktes<br />

Der Gläubiger hat einen Kostenvorschuss zu leisten, SchKG 68 I <strong>und</strong> 105, ansonsten<br />

das Amt die Pfändung ablehnen kann. Am Vollzug nimmt der Gläubiger nicht teil, er<br />

darf aber auf Vermögenswerte des Schuldners hinweisen.<br />

Der Schuldner soll auf einen möglichst schonenden <strong>und</strong> ausgewogenen<br />

Pfändungsvollzug hinwirken können, SchKG 95 V. Daher hat er Anspruch, dass ihm<br />

die Pfändung spätestens am Vortag mit genauer Zeitangabe angekündigt wird,<br />

SchKG 90.<br />

Wird die Ankündigung unterlassen <strong>und</strong> wohnte der Schuldner der Pfändung nicht bei, kann er deren Gültigkeit<br />

mit Beschwerde anfechten. Seine Anwesenheit heilt aber den Mangel.<br />

Eine ordnungsgemäss angekündigte Pfändung ist bei Abwesenheit des Schuldners rechtsgültig, der Vollzug<br />

muss ihm nur nachträglich mitgeteilt werden.<br />

Der Schuldner soll der Pfändung beiwohnen oder sich vertreten lassen, was der<br />

Erleichterung der Vermögensaufnahme dienen soll, SchKG 91 Ziff. 1, sodann ist dem<br />

pfändenden Beamten jede für eine erfolgreiche Pfändung erforderliche<br />

[Verhältnismässigkeit, d.h. nur bis Forderungssumme gedeckt] Auskunft zu erteilen.<br />

Er hat ggf. all seine Vermögensgegenstände <strong>und</strong> Forderungen – wo sie sich auch<br />

immer befinden – auszuhändigen. Zudem sind Räume <strong>und</strong> Behältnisse zu öffnen.<br />

Verheimlicht der Schuldner Vermögenswerte, kann der Gläubiger zudem ohne<br />

vorgängige Konkursbetreibung beim Gericht die Konkurseröffnung verlangen, SchKG<br />

190 I Ziff. 1. [Verheimlichung = Verstoss gegen Auskunftspflicht = liegt erst vor, wenn<br />

Information < Forderungssumme].<br />

Personen, die an der Betreibung nicht beteiligt sind, können insoweit von der<br />

Pfändung betroffen sein, als sich in ihrem Gewahrsam Vermögenswerte des<br />

Schuldners befinden, die für eine genügende Pfändung herbeigezogen werden<br />

müssen. Auch solchen Dritten obliegt die Pflicht, dem Betreibungsamt Auskunft zu<br />

geben, Räume zu öffnen usw.; allerdings auch nur soweit, bis die Pfändung<br />

genügend ist. Er kann sich nicht hinter einem Berufsgeheimnis oder Bankgeheimnis<br />

verstecken.<br />

I.a.R. unmittelbar nach einem gültigen Fortsetzungsbegehren. Verzögerung des<br />

Vollzugs der Pfändung ändert nichts an deren Rechtmässigkeit, ggf. aber begründet<br />

sie eine disziplinarische Verantwortlichkeit oder Staatshaftung.<br />

Zu beachten sind:<br />

Reihenfolge der Pfändung<br />

Bei der Auswahl des Pfändungsgutes sollen nach Möglichkeit die Interessen der<br />

Betreibungsparteien wie auch von Dritten berücksichtigt werden, SchKG 95 V. Der<br />

Entscheid ist somit weitgehend Ermessenssache. SchKG 95 I – IV sind keine<br />

Richtlinien, wenn es die Verhältnisse rechtfertigen oder der Gläubiger <strong>und</strong> der<br />

Schuldner es verlangen, darf davon abgewichen werden.<br />

Ausmass der Pfändung<br />

Dem Vollstreckungsziel entsprechend darf nicht mehr gepfändet werden, als zur<br />

Befriedigung der betreibenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen <strong>und</strong><br />

Kosten benötigt wird, SchKG 97 II <strong>und</strong> VGZ 8. Das bedingt eine Schätzung der<br />

gepfändeten Vermögenswerte nach ihren voraussichtlichen Verkaufserlös.<br />

Die Schätzung <strong>und</strong> dadurch der Umfang der Pfändung ist weitgehend<br />

Ermessenssache. [Ermessensmissbrauch = Gesetzesverletzung].<br />

Wird zuviel gepfändet, kann sich neben dem Schuldner auch ein Dritter zur Wehr<br />

setzen, der ein eigenes Recht an der zuviel gepfändeten Sache beansprucht, er kann<br />

somit ein Widerspruchsverfahren ggf. ersparen. Da sich der Umfang der Pfändung<br />

ändern kann [Widerspruchsverfahren abgelehnt, gutgeheissen usw.] kann der<br />

Schuldner eine entsprechende Herabsetzung der Pfändung verlangen oder das<br />

Betreibungsamt muss eine Nachpfändung vollziehen.<br />

Die ausdrückliche Pfändungserklärung [Betreibungshandlung] enthält die Eröffnung,<br />

dass einzeln genau bezeichnete Vermögenswerte gepfändet sind sowie das<br />

ausdrückliche Verbot der Verfügung. Im Pfändungsrecht gilt das Spezialitätsprinzip.<br />

Die Pfändung hat unbedingt zu erfolgen; Ausnahme: wertvolles Kompetenzstück darf<br />

unter der Bedingung gepfändet werden, dass der Gläubiger ein Ersatzstück<br />

bereitstellt, SchKG 92 III. Erst bei Bedingungseintritt wird die Pfändung voll wirksam.


22.2.7. Sicherung der Pfändungsrechte<br />

22.2.8. Wirkung der Pfändung<br />

22.2.9. Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />

Ggf. müssen nach oder bei der Pfändung weitere Sicherungsmassnahmen erfolgen:<br />

• Geld-, Inhaber- <strong>und</strong> Ordrepapiere sowie Wertsachen werden in amtliche Verwahrung genommen,<br />

SchKG 98 I <strong>und</strong> 9.<br />

• Andere bewegliche Sachen kann das Amt nach Ermessen beim Schuldner oder beim Dritten lassen,<br />

SchKG 98 II, oder einem Dritten in Verwahrung geben oder selbst in Verwahrung nehmen, SchKG 98 III<br />

<strong>und</strong> IV.<br />

• Bei der Pfändung von gewöhnlichen Forderungen wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass<br />

er nur noch rechtsgültig an das Betreibungsamt leisten könne, SchKG 99.<br />

• Die Pfändung eines Gr<strong>und</strong>stücks wird dem Gr<strong>und</strong>buchamt zur Vornahme der Verfügungsbeschränkung<br />

mitgeteilt.<br />

Solche Sicherungsmassnahmen sind tlw. im Falle besonderer Dringlichkeit auch schon zur blossen<br />

Vorbereitung einer Pfändung oder zur Feststellung des Vorhandenseins von Pfändungsgut zugelassen.<br />

Rechtsstellung des Schuldners<br />

Der Schuldner bleibt bis zur Verwertung Eigentümer der gepfändeten Vermögenswerte<br />

<strong>und</strong> Gläubiger seiner gepfändeten Forderungen. Sein Verfügungsrecht wird<br />

jedoch stark eingeschränkt, SchKG 96 I. Ohne ausdrückliche Bewilligung des<br />

Betreibungsamtes darf er weder rechtlich noch tatsächlich darüber verfügen.<br />

Der Schuldner bleibt aber voll handlungsfähig, sodass er gültig Verpflichtungsgeschäfte<br />

darüber abschliessen kann – nur sind dann Verfügungen darüber<br />

betreibungsrechtlich ungültig, soweit dadurch die den Gläubigers aus der Pfändung<br />

erwachsenden Rechte beeinträchtigt werden, auf solche Verfügungen wird bei der<br />

Verwertung nicht Rücksicht genommen.<br />

Vorbehalten bleibt aber der gutgläubige Erwerb von Rechten am Pfändungsgut. Beim<br />

Schuldner überlassenes Pfändungsgut ist „anvertraut“ i.S.v. ZGB 714. 884, 933. Das<br />

Verfügungsverbot erstreckt sich auch auf Zugehör <strong>und</strong> Bestandteile, ohne dass diese<br />

in der Pfändungsurk<strong>und</strong>e speziell erwähnt sein müssen.<br />

Rechte des Gläubigers<br />

Der Gläubiger erhält mit der Pfändung einen öffentlichrechtlichen Anspruch darauf,<br />

das Pfändungsgut zu seinen Gunsten verwerten zu lassen. Er kann daher zur<br />

Sicherung die amtliche Verwahrung gepfändeter beweglicher Sachen verlangen.<br />

Zudem kann er gegen einen Drittansprecher im Widerspruchsverfahren als Partei<br />

auftreten.<br />

Rechtsstellung Dritter<br />

Beansprucht ein Dritter eigene Rechte an einem gepfändeten Gegenstand, kann er<br />

sie im Widerspruchsverfahren verteidigen bzw. auf dem Wege der Beschwerde,<br />

wenn die Pfändung wegen offensichtlichem Dritteigentums von vornherein nichtig<br />

war oder wegen Überpfändung anfechtbar.<br />

Drittschuldner können nur noch befreiend an das Betreibungsamt leisten <strong>und</strong><br />

Drittverwahrer gepfändeter Sachen dürfen den Schuldner nicht mehr darüber<br />

verfügen lassen.<br />

Die Pfändung muss vom vollziehenden Beamten in einem Protokoll verurk<strong>und</strong>et<br />

werden, SchKG 112 I. Nach Ablauf der Teilnahmefrist, SchKG 110, erhalten alle<br />

Pfändungsgläubiger <strong>und</strong> der Schuldner unverzüglich je eine Abschrift der Pfändungsurk<strong>und</strong>e,<br />

SchKG 114.<br />

War der Schuldner bei der Pfändung weder anwesend noch vertreten, so unterliegt<br />

er dem Verfügungsverbot erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung der<br />

Pfändungsurk<strong>und</strong>e.<br />

Die Pfändungsurk<strong>und</strong>e ist eine öffentliche Urk<strong>und</strong>e, die den Beweis für die<br />

vorgenommene Pfändung schafft. Nur die in der Urk<strong>und</strong>e bezeichneten<br />

Gegenstände gelten als gepfändet <strong>und</strong> unterliegen der Verfügungsbeschränkung.<br />

Nur sie können später verwertet werden.<br />

Wurde kein pfändbares Vermögen gef<strong>und</strong>en, bleibt die Pfändungsurk<strong>und</strong>e also leer,<br />

gilt sie zugleich als definitiver Verlustschein, SchKG 115 I i.V.m. 149.<br />

[nur die in SchKG 271 Ziff. 5 <strong>und</strong> 285 bezeichneten Rechtswirkungen]<br />

War nach Schätzung des Betreibungsbeamten nicht genügend Vermögen<br />

vorhanden, um die Forderung samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten zu decken, dient die<br />

Pfändungsurk<strong>und</strong>e dem Gläubiger als provisorischer Verlustschein.<br />

Voraussetzung zur Ausstellung von provisorischen oder definitiven Verlustscheinen bildet immer eine<br />

definitive Pfändung.


22.3. Verwaltung des Pfändungsgutes<br />

§ 23 Gegenstand der Pfändung<br />

Unpfändbare Vermögenswerte (Pfändungsausschluss)<br />

Vorbehältlich eines Notverkaufes nach SchKG 124 II darf das Pfändungsgut nicht<br />

verkauft werden.<br />

Das Betreibungsamt soll das Pfändungsgut primär erhalten, d.h. Forderungen durch<br />

Verjährungsunterbrechung erhalten, Zahlungen auf fällige Forderungen erheben<br />

sowie Erträgnisse einziehen, soweit sie nicht allfälligen Pfandgläubigern zustehen,<br />

SchKG 100, 102 I, 103 I.<br />

Die Bewirtschaftung eines Gr<strong>und</strong>stücks kann durch das Betreibungsamt, einen<br />

Dritten oder durch den Schuldner erfolgen, VZG 16 III.<br />

Für ausserordentliche Verwaltungsmassnahmen muss das Betreibungsamt –<br />

Dringlichkeit vorbehalten- das Einverständnis der Beteiligten oder die Weisung der<br />

Aufsichtsbehörde einholen.<br />

Erträgnisse dienen vorab dazu, die Verwaltungskosten <strong>und</strong> Auslagen zu decken.<br />

Reichen sie nicht aus, kann vom Gläubiger ein Kostenvorschuss verlangt werden.<br />

Sodann wird aus dem Ertrag auch der Unterhalt des Schuldners bestritten, SchKG<br />

103 II.<br />

Erst ein Ertragsüberschuss wird zur Befriedigung der Ansprüche der beteiligten<br />

Pfand- <strong>und</strong> Pfändungsgläubiger verwendet. Können deren Forderungen aus den<br />

laufenden Erträgen voll gedeckt werden, nimmt das BA die Schlussverteilung vor <strong>und</strong><br />

schliesst die Betreibung ab, VZG 22 II.<br />

Für die Pfändung sind folgende Kriterien massgebend:<br />

Vermögenswert des Schuldners<br />

Nur was rechtlich dem Schuldner gehört, darf gepfändet werden. Behauptet er, ein<br />

Vermögenswert gehörte einem Dritten oder macht der Dritte selbst einen Anspruch<br />

geltend, darf dieser Vermögenswert erst zuletzt gepfändet werden, SchKG 95 III.<br />

Die Pfändung eines Gegenstandes, den der Gläubiger selbst als Eigentum eines<br />

Dritten bezeichnet oder der offensichtlich einem Dritten gehört, ist nichtig.<br />

Gegenstand mit Verkehrswert<br />

Es dürfen nur Sachen <strong>und</strong> Rechte gepfändet werden, die einen aktuellen, in Geld<br />

schätzbaren Verkehrswert haben. Sie müssen also verkehrsfähig <strong>und</strong> gegen Entgelt<br />

veräusserbar sein. Pfändung eines seiner Natur nach nicht verwertbaren<br />

Vermögensstücks wäre nichtig. Trotz gegebenen Verkehrswertes ist ein<br />

Vermögenswert nicht pfändbar, wenn wegen der hohen Verwaltungs- <strong>und</strong><br />

Verwertungskosten nur ein geringer Reinerlös zu erwarten ist.<br />

Kein Verkehrswert: Familienandenken wie Briefe, Geschäftsbücher, Diplome, ausser sie haben einen<br />

künstlerischen oder historischen Wert.<br />

Unveräusserlich: alle höchtspersönlichen Rechte wie Wohnrecht, Blut <strong>und</strong> Organe<br />

Unschätzbar: Anwartschaften, Rechte mit ungewisser Entstehung<br />

Kein Pfändungsausschluss<br />

Die Pfändung darf nicht durch eine Vorschrift des B<strong>und</strong>esrechts ausgeschlossen<br />

sein. Unpfändbarkeit kraft kantonalen Rechts oder auf Gr<strong>und</strong> privater Vereinbarung<br />

ist unbeachtlich. Das SchKG selbst entzieht oder beschränkt gewisse Sachen der<br />

Pfändung.<br />

Auf die Geltendmachung der Unpfändbarkeit kann der Schuldner nur in der Weise<br />

verzichten, dass er gegen eine vollzogene Pfändung nicht Beschwerde führt. Aber<br />

selbst dann kann eine Nichtigkeit von Amtes wegen erfolgen, SchKG 22.<br />

Wenn bspw. dem Schuldner das einzige Bett oder das für die Berufsausübung offensichtlich unentbehrliche<br />

Werkzeug gepfändet würde.<br />

Selbst der gültige indirekte Verzicht wirkt nur im hängigen Betreibungsverfahren.<br />

Unpfändbarkeit besteht aus moralischen, sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Gründen; das<br />

Lebensnotwendige <strong>und</strong> eine gewisse Lebensqualität darf nicht dem Interesse der<br />

Gläubiger geopfert werden. Der Betreibungsbeamte muss von Amtes wegen<br />

abklären, ob ein bestimmter Gegenstand im Zeitpunkt der Pfändung für den<br />

Schuldner Kompetenzeigenschaft hat. Ausnahmsweise kann Kompetenzgut gestützt<br />

auf das Auswechslungsrecht, SchKG 92 II, gepfändet werden.<br />

Kompetenzgut der Hausgemeinschaft<br />

Alles, was der Schuldner für sich <strong>und</strong> seine Familie i.w.S. in der Hausgemeinschaft<br />

benötigt; d.h. die zum persönlichen Gebrauch dienenden Kleider, Effekten usw., eine<br />

bestimmte Anzahl Haustiere samt dem benötigten Futter, soweit die Tiere für den<br />

Schuldner als Ernährungsgr<strong>und</strong>lage oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes<br />

unentbehrlich sind; die für 2 Monate notwendigen Nahrungs- <strong>und</strong> Feuerungsmittel<br />

bzw. ihr Geldwert – sofern er denn wirklich darauf angewiesen ist.


Beschränkt pfändbare Vermögenswerte<br />

Kompetenzgut des Berufsstandes<br />

Die Berufsausübung durch den Schuldner <strong>und</strong> seine Familien- <strong>und</strong> Hausgenossen<br />

soll gewährleistet bleiben. Geschützt ist nicht jede wirtschaftliche Tätigkeit, sondern<br />

nur die Berufstätigkeit i.e.S. Der Begriff des Berufes setzt die Anwendung<br />

persönlicher Fähigkeiten, eigener Arbeitskraft <strong>und</strong> eigenen Wissens voraus; nicht<br />

erforderlich ist, dass der Beruf eine erhebliche Ausbildung verlangt.<br />

Der Begriff der Unternehmung – industrielle Entwicklung, Kapitaleinsatz, Arbeitskraft<br />

Dritter usw – wird nicht geschützt.<br />

Gleichgültig ist, ob es sich um einen Haupt-, Neben- oder Saisonberuf handelt, der<br />

Schuldner muss lediglich seinen Beruf gewerbsmässig ausüben <strong>und</strong> die<br />

Gegenstände tatsächlich benötigen. Für eine Beschäftigung ohne Erwerbszweck<br />

[Hobby, Vergnügen] werden keine Kompetenzstücke ausgeschieden.<br />

Obwohl nur die notwendigen Gegenstände zu überlassen sind, ist einer rationellen<br />

<strong>und</strong> konkurrenzfähigen Berufsausübung Rechnung zu tragen.<br />

Religiöse Gegenstände<br />

Sofern der Schuldner sie wirklich zur Ausübung seines Glaubensbekenntnisses<br />

benützt <strong>und</strong> sie nicht bloss als Kunstgut oder Kapitalanlage besitzt, kommt ihnen<br />

Kompetenzqualität zu.<br />

Verkaufserlös<br />

Die Unpfändbarkeit kommt auch dem Verkaufserlös eines Kompetenzstückes zu,<br />

sofern der Schuldner ihn zum Kauf eines neuen Kompetenzstücks benötigt.<br />

Unpfändbarkeit kann auch aus Rücksicht auf die besondere Natur der<br />

Vermögenswerte bestehen; v.a. wegen der Zweckbestimmung im öffentlichen<br />

Interesse:<br />

Wehrbereitschaft<br />

Effekten im Privateigentum des Wehrmannes können nur gepfändet werden, wenn<br />

der Eigentümer nicht mehr dienstleistig ist.<br />

Leistungsansprüche<br />

Bspw. Stammrecht einer Leibrente [die einzelnen Renten sind aber beschränkt<br />

pfändbar, SchKG 93], alle Leistungen der öffentlichen Fürsorge sowie einmalige<br />

Unterstützungen, SchKG 92 I Ziff. 8, sowie all jene Renten, Kapitalabfindungen <strong>und</strong><br />

andere Leistungen, welche dem Opfer oder seinen Angehörigen als Entschädigung<br />

für Körperverletzung, Ges<strong>und</strong>heitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet<br />

werden, SchKG 92 I Ziff. 9, sofern diese Kosten Heilungskosten oder Hilfsmittel<br />

abdecken oder ihnen Genugtuungsfunktion zukommt. Geschützt ist nicht nur die 2.<br />

Säule, sondern auch die geb<strong>und</strong>ene Selbstvorsorge der Säule 3A.<br />

Beschränkt pfändbare Einkünfte<br />

Erwerbseinkommen, d.h. jedes Entgelt für persönliche Arbeitsleistung [Lohn, Gehalt,<br />

Provision, Salär, Taggeld, Sitzungsgeld, Tantieme, Honorar, Trinkgeld]; auch<br />

Ersatzeinkommen – soweit nicht nach SchKG 92 gänzlich unpfändbar – ist<br />

beschränkt pfändbar.<br />

Unterhaltsbeiträge sowie Stipendien – wie auch deren Surrogate [Hinterlassenrenten]<br />

sind beschränkt pfändbar.<br />

Bei einer Nutzniessung ist sowohl das Nutzniessungsrecht selbst als auch dessen<br />

Erträge in beschränktem Umfang pfändbar. Nutzniessung ist jeder Ertrag aus<br />

Vermögen, das nicht dem Schuldner gehört.<br />

Vermögen <strong>und</strong> Vermögenserträge, die hingegen dem Schuldner gehören, unterliegen nicht dieser<br />

Pfändungsbeschränkung.<br />

Bei einer Leibrente darf nur das Stammrecht nicht gepfändet werden.<br />

Auch künftiges Einkommen kann gepfändet werden, längstens jedoch für ein Jahr,<br />

SchKG 93 II. Da öffentliche Interessen tangiert sind (andere Gläubiger wollen auch<br />

zum Zuge kommen, Kreditwürdigkeit des Schuldners) ist es eine Frist i.S.v. SchKG<br />

22.<br />

Reicht die Einkommenspfändung nicht aus, ist eine Nachpfändung von Einkommen selbst mit Zustimmung<br />

des Schuldners ausgeschlossen. Es ist – sofern anderes pfändbares Vermögen fehlt – für den Fehlbetrag ein<br />

Verlustschein auszustellen, erst in einer darauf gestützten fortgesetzten Betreibung kann der Gläubiger<br />

wieder eine neue Einkommenspfändung für die Dauer eines weiteren Jahres verlangen.


Ermittlung des pfändbaren Einkommensteils<br />

Es darf nur derjenige Teil gepfändet werden, der für den Schuldner <strong>und</strong> seine Familie<br />

nicht unbedingt notwendig ist; Notbedarf bzw. Existenzminimum. Für seine<br />

Berechnung ist vom Gesamteinkommen des Schuldners auszugehen, sowohl von<br />

den Einkünften, die nach SchKG 92 gänzlich unpfändbar sind, als auch von den<br />

Einkünften die nach SchKG 93 beschränkt pfändbar sind. Diesem<br />

Gesamteinkommen ist das Existenzminimum gegenüberzustellen.<br />

Die Differenz zwischen Gesamteinkommen <strong>und</strong> Notbedarf des Schuldners <strong>und</strong><br />

seiner Familie ergibt die pfändbare Quote. Sie erfolgt von Amtes wegen, entbindet<br />

den Schuldner aber nicht von seiner Mitwirkung. Massgebend ist der Zeitpunkt der<br />

Pfändung.<br />

Gesamteinkommen<br />

Feststellung der Einkommensverhältnisse [Auskünfte Schuldner, Arbeitgeber, Dritte]<br />

Einkommen der gesamten Familie muss berücksichtigt werden [Notbedarf der ganzen Familie]<br />

Besondere Einkommensverhältnisse (Saisonlohn, Schwankender Lohn) muss berücksichtigt werden<br />

Notbedarf<br />

Ermessenseinschätzung des gesetzlich garantierten Existenzminimums. Es existieren Richtlinien, die<br />

aber nicht von der selbständigen Entscheidung entbinden. Soweit kein Ermessensmissbrauch vorliegt,<br />

kann sein Entscheid nur kt. wegen Unangemessenheit angefochten werden.<br />

Massgebend ist der objektive, tatsächliche Notbedarf, nicht etwa der standesgemässe oder gar<br />

gewohnte Notbedarf.<br />

Eine in krasser Missachtung des Notbedarfs vollzogene Einkommenspfändung, die den Schuldner in<br />

eine unhaltbare Lage brächte, wäre nichtig.<br />

Pfändbare Quote<br />

Bei Zweiverdienerehen werden die Nettoeinkommen der beiden Ehegatten <strong>und</strong> ihr gemeinsames<br />

Existenzminimum bestimmt, dieses wird dann im Verhältnis der beiden Nettoeinkommen auf die<br />

Ehegatten aufgeteilt. Die pfändbare Quote ergibt sich dann durch Abzug seines Anteils am<br />

Existenzminimum von seinem Nettoeinkommen.<br />

Dem für Unterhaltsbeiträge betriebenen Schuldner wird das Existenzminimum nicht unbedingt<br />

gewährleistet, denn dann spielt auch das Existenzminimum des Alimentengläubigers eine Rolle. Ist<br />

dieses nicht mehr gedeckt, kann sich der Schuldner nicht auf sein eigenes berufen. Dieses Vorrecht<br />

besteht jedoch nur für Unterhaltsforderungen aus dem letzten Jahr vor der Zustellung des ZB.<br />

Auch die Einkommenspfändung wird durch Pfändungserklärung gegenüber dem<br />

Schuldner vollzogen, rechtsgültig ist sie aber nur, wenn alle Bemessungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

– insbesondere die Berechnung des Notbedarfs – aus der Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />

ersichtlich sind. Sicherungshalber wird der Schuldner des Betriebenen angezeigt,<br />

dass er nur noch befreiend an das Betreibungsamt leisten kann.<br />

Kann der Schuldner der gepfändeten Leistung nicht eruiert werden (Trinkgelder,<br />

Einkommen aus selbständiger Tätigkeit) wird dieser auf der Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />

verpflichtet, an das Betreibungsamt zu leisten. Die Verletzung des<br />

Pfändungsbeschlages durch den Betriebenen hat daher die gleiche Wirkung wie im<br />

Falle der Verfügung über eine gepfändete Sache.<br />

Modifikation der Einkommenspfändung [Vollzug]<br />

Ggf. ändert der Schuldner seinen Wohnsitz, seine Stelle oder seinen Beruf, die familiären Verhältnisse<br />

wechseln, ein Ersatzeinkommen fällt weg oder neue Verpflichtungen werden begründet.<br />

Die Pfändung bleibt gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen, doch soll das Betreibungsamt von Amtes wegen die Sachlage<br />

neu modifizieren. Bei einem Wohnsitzwechsel sind die Faktoren über die Rechtshilfe abzuklären, das<br />

Betreibungsamt bleibt bis zur Erledigung der laufenden Betreibung zuständig, SchKG 4, 53.<br />

Erhebt der Drittschuldner eine Einrede oder verweigert er die Zahlung, erfolgt die<br />

Pfändung als „bestrittene Forderung“ <strong>und</strong> es erfolgt eine Forderungsüberweisung<br />

nach SchKG 131; der Erwerber der Forderung kann sich anschliessend mit dem<br />

Leistungsschuldner nötigenfalls auf dem Prozessweg [Prätendentenstreit]<br />

auseinandersetzen.<br />

Künftiges Einkommen kann nicht nur amtlich gepfändet, sondern auch – soweit<br />

pfändbar – durch privates Rechtsgeschäft abgetreten oder verpfändet werden. Eine<br />

nach der Pfändung vorgenommene Abtretung künftigen Einkommens bleibt jener<br />

gegenüber immer wirkungslos. Eine Abtretung vor Pfändung geht jedoch dieser vor,<br />

es wird nur gepfändet, wenn der Gläubiger die Gültigkeit der Zession bestreitet.<br />

Solange jedoch eine solche vorbestehende Abtretung dem gutgläubigen<br />

Drittschuldner (debitor cessus) nicht angezeigt ist, OR 167, braucht darauf keine<br />

Rücksicht genommen zu werden.<br />

Früchte vor der Ernte<br />

Hängende oder stehende Früchte können nur solange gesondert gepfändet werden,<br />

als nicht schon das Gr<strong>und</strong>stück gepfändet ist, dann gelten sie als mitverpfändet,<br />

SchKG 102 I, VZG 14 I. Verpfändung des Gr<strong>und</strong>stücks schliesst eine gesonderte<br />

Pfändung der Früchte nicht aus, nur bleiben die vorrechte des Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />

gewahrt.<br />

SchKG 94 I schiebt die gesonderte Pfändbarkeit der natürlichen Früchte vor der<br />

Ernte auf die Reifezeit hinaus. Nichtige Pfändung.


§ 24 Widerspruchsverfahren<br />

24.1. Gegenstand des Verfahrens<br />

24.2. Voraussetzungen<br />

Vom Schuldner als drittzugehörig bezeichnete oder von einem Dritten als<br />

eigenzugehörig bezeichnete Gegenstände sollen zuletzt gepfändet werden, SchKG<br />

95 III, selbst dann nur, wenn dem Betreibungsbeamten die Berechtigung des<br />

Schuldners als möglich erscheint oder wenn der Gläubiger die Pfändung<br />

ausdrücklich verlangt <strong>und</strong> die Berechtigung des Schuldners glaubhaft macht.<br />

Das Widerspruchsverfahren bezweckt, die Begründetheit des Drittanspruchs für die<br />

laufende Vollstreckung [betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung] zu klären.<br />

Wird der Anspruch geschützt, bedeutet dies die Freigabe des umstrittenen<br />

Vermögenswerts bzw. wo ein Pfandrecht geltend gemacht wird dessen vorrangige<br />

Berücksichtigung. Wird er abgelehnt, kann die Vollstreckung ungehindert ihren<br />

Fortgang nehmen.<br />

Das Widerspruchsverfahren kommt immer von Amtes wegen in Gang, sobald das<br />

BA von einer Drittansprache an den zu pfändenden oder schon gepfändeten<br />

Vermögenswert Kenntnis erhält.<br />

SchKG 106 ff; „Rechte Dritter am gepfändeten Gegenstand“, d.h. jeder Anspruch, der<br />

dem vollstreckungsrechtlichen Zugriff des Pfändungsgläubigers vorgeht. Entweder<br />

schliesst er die Pfändung gänzlich aus [Eigentum, obligatorische Ansprüche auf<br />

Sachrückgabe, ZGB 931 (Vermieter, Verwahrer u.a.)] oder er lässt sie zumindest<br />

zurücktreten [Pfandrecht, Retentionsrecht, Eigentumsvorbehalt].<br />

Es muss sich aber um einen materiellrechtlichen Anspruch handeln, ein bloss<br />

betreibungsrechtlicher Anspruch (bereits bestehende Pfändung des Vermögenswerts<br />

zugunsten einer vorangehenden Pfändungsgruppe) muss mittels Beschwerde<br />

geltend gemacht werden.<br />

Aus Familienrecht ergeben sich ebenfalls Widerspruchsrechte, bspw. das Recht des<br />

Ehegatten unter Errungenschaftsbeteiligung oder Gütertrennung, sich in der<br />

Betreibung für die Schuld des anderen gegen die Pfändung des eigenen Eigengutes<br />

bzw. der eigenen Errungenschaft zu widersetzen bzw. analog in der<br />

Gütergemeinschaft das Recht, sich der Pfändung von Objekten des Gesamtgutes<br />

oder des eigenen Eigengutes zu widersetzen, bspw. des Verwaltungsbeirats oder<br />

gesetzl. Vertreters, aus Forderungen gegen das freie Kindsvermögen Objekte zu<br />

pfänden, die nicht zum freien Vermögen gehören, SchKG 68e.<br />

Anmeldung des Drittanspruches<br />

Die Anmeldung kann von einem Dritten oder vom Schuldner ausgehen, SchKG 95 III<br />

<strong>und</strong> 106 I <strong>und</strong> II. Die Anmeldung kann schriftlich oder mündlich erfolgen, es muss<br />

jedoch der Gegenstand, der Anspruch sowie der angebliche Berechtigte müssen<br />

genau bezeichnet sein.<br />

Die Anmeldung kann solange erfolgen, als die Durchführung eines Widerspruchverfahrens<br />

überhaupt noch Sinn macht. In praxi kann er dies bis zur Verteilung<br />

nachholen, nach der Verteilung bezieht sich der Drittanspruch auf den Erlös des<br />

verwerteten Gegenstandes, SchKG 106 II. Sobald der Anspruch angemeldet ist <strong>und</strong><br />

noch nicht endgültig über ihn entschieden ist, darf der Verwertungserlös nicht verteilt<br />

werden. Nach der Verteilung versagt das Widerspruchsverfahren, weil damit die<br />

Vollstreckung beendet ist.<br />

Dann tritt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Dritten gegen den Schuldner. Ggf. kann auch<br />

Schadenersatz gegen den Schuldner oder den bösgläubigen Gläubiger, die die Ansprüche nicht mitgeteilt<br />

hatten oder sogar Staatshaftung zum Zuge kommen.<br />

Zögert der Dritte seine Anmeldung treuwidrig hinaus, wird der Dritte dem Gläubiger<br />

nicht nur zivilrechtlich haftbar, sondern verwirkt sein Recht auf Widerspruch im<br />

hängigen Verfahren.<br />

Dem Besitzer einer abhanden gekommenen oder gestohlenen Sache stehen die<br />

sachenrechtlichen Verfolgungsrechte zur Verfügung, ZGB 934. Diese kann er nicht<br />

nur gegen den betriebenen Schuldner – im Widerspruchsverfahren gegen den<br />

Pfändungsbeschlag – sondern auch noch nach der Verwertung bzw. Verteilung des<br />

Erlöses gegenüber jedem späteren Erwerber der Sache geltend machen, SchKG 106<br />

III.<br />

Neben diesen zivilrechtlichen Ansprüchen steht dem Dritte im betreibungsrechtlichen<br />

Widerspruchsverfahren immerhin noch der Anspruch auf den allenfalls noch nicht<br />

verteilten Verwertungserlös zu – insbesondere zur Finanzierung seines<br />

Lösungsrechts nach ZGB 934 II, SchKG 106 II.


24.3. Vorverfahren<br />

Widerspruchsverfahren:<br />

24.4. Der Widerspruchsprozess<br />

Gläubiger – Dritter:<br />

Betreibr. Klage mit Reflexwirkung<br />

Beschränkte Rechtskraft, bV, ER<br />

Schuldner – Dritter<br />

Materiellrechtliche Klage<br />

Volle Rechtskraft, bV, ER<br />

Liegt eine gültige Anmeldung vor [Beschwerdemöglichkeit] wird der geltend<br />

gemachte Anspruch in der Pfändungsurk<strong>und</strong>e vorgemerkt oder den<br />

Betreibungsparteien nachträglich zur Kenntnis gebracht.<br />

Einleitung <strong>und</strong> Durchführung des Widerspruchsverfahrens sind unterschiedlich, je<br />

nachdem sich die gepfändete Sache im Gewahrsam des Schuldners oder des<br />

Drittansprechers oder in gemeinsamen Gewahrsam des Dritten <strong>und</strong> des Schuldners<br />

befindet, SchKG 107 <strong>und</strong> 108.<br />

Der Gewahrsamsinhaber soll die prozessual bessere Rolle des Beklagten innehaben<br />

können. Hat ein Vierter den Gewahrsam inne (bspw. Bank), kommt es drauf an, für<br />

wen dieser den Gewahrsam innehat.<br />

Gewahrsam ist die unmittelbare faktische Herrschaft über eine Sache, verb<strong>und</strong>en<br />

mit der Möglichkeit, sie zu gebrauchen. Rechtliche Kriterien kommen nur soweit in<br />

Betracht, als sie einen Rückschluss auf die tatsächliche Verfügungsmacht zulassen,<br />

dabei dürfen aber nur unbestrittene Rechtsverhältnisse berücksichtigt werden.<br />

Gewahrsam in diesem Sinn gibt es nur bezüglich beweglicher Sachen <strong>und</strong><br />

Wertpapiere. Beim Gr<strong>und</strong>stück übernimmt die Funktion des Gewahrsams<br />

ersatzweise die Aussage des Gr<strong>und</strong>buchs, SchKG 107 I Ziff. 3 <strong>und</strong> 108 I Ziff. 3. Bei<br />

Forderungen, die nicht in einem Wertpapier verkörpert sind <strong>und</strong> anderen Rechten,<br />

wird auf die Berechtigung selbst abgestellt; d.h. die grössere Wahrscheinlichkeit.<br />

Die Frage des Gewahrsams oder seiner Ersatzform beurteilt sich nach den<br />

Verhältnissen im Zeitpunkt der Pfändung. Der Entscheid des Betreibungsbeamten<br />

[ggf. auch der Beschwerdeentscheid] ist für den Richter im Widerspruchsverfahren<br />

verbindlich. Keine Suspensivwirkung von Amtes wegen, SchKG 36.<br />

Vorverfahren bei Alleingewahrsam des Schuldners, SchKG 107<br />

Das BA eröffnet das Widerspruchsverfahren, indem es dem Gläubiger <strong>und</strong> dem<br />

Schuldner eine 10-tägige Frist zur Bestreitung des angemeldeten Drittanspruchs<br />

setzt. Der Dritte hat seine Beweismittel auf Verlangen des Bestreitenden vorzulegen.<br />

Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, gilt er als anerkannt <strong>und</strong> das<br />

Verfahren ist abgeschlossen.<br />

Im Falle der Bestreitung wird der Dritte vor die Wahl gestellt, entweder auf die<br />

Geltendmachung seines Anspruches zu verzichten oder den Widerspruchsprozess<br />

einzuleiten; wozu eine Frist von 20 Tagen besteht, SchKG 107 V. Bei Ablauf der Frist<br />

wird angenommen, er habe auf die Geltendmachung seines Anspruchs verzichtet,<br />

SchKG 107 V, womit das Verfahren abgeschlossen ist, reicht er dagegen Klage ein,<br />

ist das Vorverfahren beendet <strong>und</strong> der Widerspruchsprozess eingeleitet, SchKG 107<br />

V.<br />

Vorverfahren bei Allein- oder Mitgewahrsam des Dritten, SchKG 108<br />

Bei Allein- oder Mitgewahrsam des Dritten setzt das BA direkt dem Gläubiger <strong>und</strong><br />

Schuldner die 20-tägige Frist zur Klage auf Aberkennung des angemeldeten<br />

Anspruchs, SchKG 108 II. Klagt weder der Gläubiger noch der Schuldner binnen der<br />

Frist, gilt der Drittanspruch als anerkannt <strong>und</strong> das Widerspruchsverfahren ist<br />

abgeschlossen, SchKG 108 V. Die rechtzeitig erhobene Klage führt auch hier zum<br />

Widerspruchsprozess. Auch hier muss der Dritte ggf. seine Beweismittel während der Klagefrist<br />

auflegen, um dem Gläubiger / Schuldner eine Evaluation ihrer Prozesschancen zu ermöglichen.<br />

Der Widerspruchsprozess bildet die Schlussphase des Widerspruchsverfahrens,<br />

sofern dieses nicht schon im Vorverfahren abgeschlossen werden konnte. Die<br />

Widerspruchsklage zielt auf die richterliche Abklärung des Drittanspruchs ab.<br />

Zivilprozessual handelt es sich um eine Feststellungsklage;<br />

• Eine positive, wenn nach SchKG 107 der Dritte als Kläger das von ihm behauptete Recht feststellen<br />

lassen will / muss<br />

• Eine negative, wenn nach SchKG 108 der Gläubiger oder der Schuldner gegenüber den Dritten auf<br />

Aberkennung seines Anspruchs klagt.<br />

Obwohl die Klage materiellrechtlich begründet werden muss, erfüllt sie rein<br />

betreibungsrechtlichen Zweck. Das ganze Widerspruchsverfahren ist somit als<br />

Zwischenverfahren abhängig vom Schicksal der Betreibung, wird bspw. mit Erfolg<br />

geltend gemacht, es handle sich dabei um ein Kompetenzstück oder wird die<br />

Betreibung auf Beschwerde hin aufgehoben, wird die Widerspruchsklage<br />

gegenstandslos. Dennoch ist es eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />

auf das materielle Recht.<br />

Tritt der Schuldner gegen den Dritten als Prozesspartei auf, kommt der Klage<br />

materiellrechtliche Natur zu, damit auch volle Rechtskraft.


24.5. Wirkungen des Widerspruchsverfahrens<br />

Die Verteilung der Parteirollen durch das Betreibungsamt als Ergebnis des<br />

Vorverfahrens ist für den Richter verbindlich. Bei SchKG 107 ist der Dritte der Kläger,<br />

i.a.R. der Gläubiger, ausnahmsweise der Schuldner, ausnahmsweise beide als<br />

passive Streitgenossen die Beklagten. [analog mit vertauschten Rollen bei 108].<br />

Der Gläubiger darf unabhängig von der Parteirolle alle Rechte <strong>und</strong> Einreden geltend<br />

machen, die der Schuldner vom Dritten gegenüber besitzt. Er kann sich aber auch<br />

auf eigenes, nicht vom Schuldner abgeleitetes Recht berufen, so etwa, der<br />

Drittanspruch sei durch eine anfechtbare Handlung des Schuldners, SchKG 285 ff.,<br />

erworben worden.<br />

Bei mehreren Gläubiger an einer Pfändung haben nur diejenigen Anspruch auf den<br />

Erlös aus dem Widerspruchsverfahren, die am Prozess teilgenommen haben. Ein<br />

allfälliger Überschuss verbleibt dem Dritten, nicht aber den am Prozess<br />

ferngebliebenen Gläubigern.<br />

Die Betreibung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Erlöses von Amtes wegen<br />

eingestellt <strong>und</strong> die Fristen für das Verwertungsbegehren stehen still. Die Einstellung<br />

ist aber nur in Bezug auf den umstrittenen Pfändungsgegenstand beschränkt,<br />

hinsichtlich des übrigen Pfändungsgutes kann die Betreibung ungehindert<br />

weiterlaufen.<br />

Die Verteilung der Parteirollen im Vorverfahren hat keinen Einfluss auf die Beweislast<br />

im Widerspruchsprozess, es gilt die allgemeine Beweislastregel von ZGB 8.<br />

Sind mehrere Drittansprecher vorhanden, sind die Weichen für den Verfahrensgang<br />

so zu stellen, wie es der Praktikabilität <strong>und</strong> der Prozessökonomie am besten<br />

entspricht.<br />

Das Widerspruchsverfahren wirkt gr<strong>und</strong>sätzlich nur in der hängigen Betreibung; egal<br />

ob es im Vorverfahren oder im Widerspruchsprozess sein Ende findet.<br />

Ausnahme: Der Widerspruchsprozess [nicht Anerkennung im Vorverfahren o.a.]<br />

zwischen Drittansprecher <strong>und</strong> Schuldner hat volle materielle Rechtskraft.


§ 25 Die Anschlusspfändung<br />

25.1. Arten der Anschlusspfändung<br />

25.1.1. Ordentliche Anschlusspfändung, SchKG 110<br />

Ähnlich wie der Pfandgläubiger in der Pfandverwertungsbetreibung bezüglich des<br />

Pfandgegenstandes soll auch der Gläubiger in der Pfändungsbetreibung die Chance<br />

haben – hinter allfälligen Pfandberechtigten – als erster aus dem Erlös der für ihn<br />

gepfändeten Vermögenswerte befriedigt zu werden: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst;<br />

was für die Spezialexekution typisch ist.<br />

Für die Generalexekution hingegen ist die Konkurrenz sämtlicher Gläubiger eines<br />

Schuldners typisch, die Befriedigung aus dem Erlös des Gesamten<br />

Schuldnervermögens fordern. Prinzip ist hier die gleichmässige Behandlung aller<br />

Gläubiger.<br />

Diese beiden Prinzipien sind jedoch nicht rein durchgeführt; im Konkurs gibt es<br />

Kategorien von Gläubigern, die bevorzugt werden, in der Pfändungsbetreibung wird<br />

in gewissem Rahmen die Teilnahme mehrerer Betreibungsgläubiger an ein <strong>und</strong><br />

derselben Pfändung ermöglicht.<br />

Für einen betreibenden Gläubiger besteht somit kein Pfändungspfandrecht [Vorrecht,<br />

gepfändete Vermögenswerte exklusiv zu nutzen].<br />

Der Pfändungsanschluss setzt eine Hauptpfändung voraus, d.h. es muss zugunsten<br />

eines ersten Gläubigers eine Pfändung vollzogen worden sein. Sodann müssen<br />

gegen den Schuldner aus anderen Betreibungen weitere Fortsetzungsbegehren<br />

vorliegen.<br />

Die Anschlussgläubiger müssen aber das Einleitungsverfahren erfolgreich durchgeführt haben; wer nur die<br />

provisorische Rechtsöffnung aufweisen kann, nimmt nur provisorisch an der Anschlusspfändung teil.<br />

Ebenfalls ist möglich, ohne Einleitungsverfahren aber gestützt auf einen definitiven Pfändungsverlustschein<br />

oder einem Pfandausfallschein innert der gesetzlichen Frist.<br />

Hat der Gläubiger einen Arrest erwirkt <strong>und</strong> werden seine Arrestgegenstände für<br />

einen anderen Gläubiger gepfändet, bevor dieser sein Fortsetzungsbegehren stellen<br />

kann, nimmt er von Gesetzes wegen an der Anschlusspfändung teil.<br />

Die Teilnahme ist aber nur provisorisch, sie steht unter der Bedingung der rechtzeitigen Arrestprosequierung.<br />

Das Fortsetzungsbegehren muss fristgerecht, d.h. innert 30 Tagen seit Vollzug der<br />

Hauptpfändung gestellt werden; Fristkenntnis gestützt auf Einsichtsrecht, SchKG 8a.<br />

Die Teilnahme an der Hauptpfändung muss vom Betreibungsamt ausdrücklich<br />

vollzogen werden, sei es durch Ergänzungspfändung, SchKG 110 I Satz 2 oder<br />

durch blosse Mitteilung der Teilnahme an die Parteien – in beiden Fällen erfolgt ein<br />

Nachtrag auf der Pfändungsurk<strong>und</strong>e, SchKG 113.<br />

Erst diese amtliche Verfügung stellt den Anschluss an die Hauptpfändung dar.<br />

Sämtliche Gläubiger, die während der Anschlussfrist das Fortsetzungsbegehren<br />

stellen, bilden mit dem ersten zusammen eine Pfändungsgruppe, SchKG 110 I.<br />

Innerhalb jeder Gruppe besteht insofern Gleichberechtigung, als die für die Gruppe<br />

gepfändeten Vermögensobjekte zugunsten aller Gruppengläubiger verwertet <strong>und</strong> der<br />

Erlös sowie die Verwertungskosten im Verhältnis ihrer Forderungsbeträge unter sie<br />

verteilt werden. Im Falle ungenügender Deckung greift jedoch die konkursrechtliche<br />

Rangordnung Platz.<br />

• Erfolge aus einem Widerspruchsprozess wirken jedoch nur für die prozessierenden Gläubiger<br />

• Jeder Gläubiger kann den Pfändungsanschluss eines anderen Gläubigers mit Beschwerde anfechten<br />

• Jeder Gläubiger kann die Forderung eines anderen Gläubigers mit Kollokationsklage anfechten.<br />

• Die Rechte eines Gläubigers einer anderen Gläubigergruppe können allerdings nur mit Beschwerde<br />

angefochten werden.<br />

• Das Verwertungsbegehren eines Gläubigers wirkt aber für alle Teilnehmer der Gruppe, SchKG 117.<br />

• Jede Änderung der Pfändung auf Beschwerde hin [kein Kompetenzstück, Erhöhung des gepfändeten<br />

Lohnes] wirkt für alle Gruppengläubiger.<br />

Bei einer Anschlusspfändung kann die ursprüngliche Pfändung nicht mehr genügen,<br />

sodass sie ausgedehnt werden muss. Sie muss jeweils soweit ergänzt werden, als<br />

zur Deckung aller Forderungen der Gruppe notwendig, SchKG 110 I Satz 2.<br />

Die Ergänzungspfändung ist rechtlich keine selbständige Pfändung, sondern bloss<br />

eine Ausdehnung (Fortsetzung) der Hauptpfändung, deren Bestandteil sie bildet <strong>und</strong><br />

deren Schicksal sie teilt; sie soll während oder unmittelbar nach Ablauf der<br />

Teilnahmefrist stattfinden.<br />

Davon zu unterscheiden ist die Nachpfändung, SchKG 145, diese erfolgt erst nach<br />

Ablauf der Anschlussfrist [wenn sich die Pfändung als ungenügend erweist] <strong>und</strong> hat<br />

selbständigen Charakter, sie ist selber wieder eine Hauptpfändung <strong>und</strong> löst<br />

infolgedessen ihrerseits Anschlussfristen aus, SchKG 145 III.


Anschlussprozess:<br />

25.1.2. Privilegierte Anschlusspfändung<br />

25.2. Geltendmachung des Anschlussprivilegs<br />

25.3. Anschlussverfahren<br />

Gläubiger – priv. Gläubiger:<br />

Betreibr. Klage mit Reflexwirkung<br />

Beschränkte Rechtskraft, bV, ER<br />

Gewinn z.G. Prozessgläubiger<br />

Schuldner – priv. Gläubiger<br />

Materiellrechtliche Klage<br />

Volle Rechtskraft, bV, ER<br />

Deshalb Prozessgewinn z.G. aller Gläubiger<br />

der Pfandgruppe, weil Forderung ganz aus<br />

der Betreibung fällt.<br />

Nach Ablauf der Anschlussfrist können sich in weiteren Zeitspannen von je 30 Tagen<br />

neue Pfändungsgruppen bilden, SchKG 110 II; die jedoch voneinander unabhängig<br />

sind. Für jede einzelne besteht eine gesonderte Pfändung [Hauptpfändung <strong>und</strong><br />

Ergänzungspfändung].<br />

Die Pfändung für eine nachfolgende Gruppe kann ausnahmsweise auch<br />

Vermögenswerte erfassen, die bereits für eine vorangehende Gruppe gepfändet<br />

worden sind; jedoch nur hinsichtlich des allfälligen Überschusses des Erlöses.<br />

Wo Gläubiger <strong>und</strong> Schuldner in einem familien- oder vorm<strong>und</strong>schaftsrechtlichen<br />

Verhältnis zu einander stehen, erleichtert das Gesetz den infolge ihrer besonderer<br />

Beziehungen zum Schuldner benachteiligten Gläubigern die Teilnahme an einer<br />

zugunsten anderer Gläubiger vollzogenen Pfändung:<br />

• Die Anschlussfrist beträgt 40 statt bloss 30 Tage<br />

• Sie können sich ohne vorgängige Betreibung der Hauptpfändung ihrer Konkurrenten anschliessen<br />

Die privilegierte Anschlusspfändung steht den im Gesetz abschliessend genannten<br />

Personen für bestimmte Forderungen zu. Dabei ist nur der Anschluss des<br />

Ehegatten sachlich unbeschränkt.<br />

Privilegierter Pfändungsanschluss muss ausdrücklich als solcher verlangt werden,<br />

das Privileg wird nicht von Amtes wegen berücksichtigt. Die Erklärung muss innert 40<br />

Tagen seit dem Vollzug der Hauptpfändung erfolgen, hier teilt das Betreibungsamt<br />

den bekannten Anschlussberechtigten den Vollzug der Hauptpfändung mit, SchKG<br />

111 III. Der Anschluss kann zudem nur an eine Pfändung verlangt werden, die<br />

während des ehelichen, elterlichen oder vorm<strong>und</strong>schaftlichen Verhältnisses oder<br />

noch innerhalb eines Jahres seit dessen Wegfall vollzogen wurde, SchKG 111 II Satz<br />

2.<br />

Die Tatsache, dass der privilegierte Anschlussberechtigte ohne vorgängiges<br />

Einleitungsverfahren berechtigt ist, an einer bereits vollzogenen Pfändung<br />

teilzunehmen, hat zur Konsequenz, dass der privilegierte Anschluss nicht einfach<br />

durch Anschlussverfügung des Betreibungsamtes hergestellt werden kann.<br />

• Der Schuldner – der nie Rechtsvorschlag erheben konnte – muss Gelegenheit haben, auf andere Weise<br />

zur Forderung des privilegierten Gläubigers Stellung zu nehmen<br />

• Die anderen Gläubiger müssen gegen den privilegierten Anschlussgläubiger vorgehen können.<br />

Das Anschlussverfahren bezweckt die Abklärung des Anschlussprivilegs <strong>und</strong> der ihm<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden Forderung. Es wickelt sich in einem Vorverfahren <strong>und</strong> in einem<br />

allenfalls notwendigen Anschlussprozess ab.<br />

Vorverfahren<br />

Das Betreibungsamt teilt dem Schuldner <strong>und</strong> den Gläubigern die Anschlusserklärung<br />

mit <strong>und</strong> setzt ihnen 10 Tage Zeit zur Bestreitung, SchKG 111 IV.<br />

Nichtbestreiten binnen Frist gilt als Anerkennung des Anspruches. Der privilegierte<br />

Pfändungsanschluss wird dann definitiv vollzogen.<br />

Bestreitung des Anspruchs durch den Schuldner oder einen Gläubiger bewirkt, dass<br />

der privilegierte Gläubiger nur provisorisch an der Pfändung teilnimmt [<strong>und</strong> somit<br />

nicht berechtigt ist, das Verwertungsbegehren zu stellen]; zum anderen innert 20<br />

Tagen beim Gericht Klage auf Zulassung des Anschlusses erheben muss, ansonsten<br />

sein Teilnahmerecht endgültig verloren geht.<br />

Anschlussprozess<br />

Die Klage auf Zulassung des privilegierten Anschlusses richtet sich gegen den<br />

Bestreitenden, sei es der Schuldner oder der Gläubiger oder beide. Die Klagefrist ist<br />

Verwirkungsfrist, aber wiederherstellbar oder verlängerbar.<br />

Gegenstand der richterlichen Beurteilung bilden sowohl der Bestand <strong>und</strong> Umfang der<br />

Forderung des Anschlussgläubigers als auch die Voraussetzungen des<br />

Anschlussprivilegs; betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />

Gutheissung führt zur definitiven Teilnahme des Ansprechers an der Pfändung;<br />

Abweisung der Klage lässt die provisorische Teilnahme des Ansprechers dahinfallen,<br />

der Prozessgewinn des Beklagten besteht im Teil des Verwertungsergebnisses, der<br />

durch die Abweisung des Pfändungsanschlusses frei wird.<br />

Ausschliesslich zugunsten den beklagten Gläubigern der Pfändungsgruppe, die im Vorverfahren Anspruch<br />

bestritten haben.<br />

Nur wenn der Schuldner selbst beklagt wurde, ziehen alle Gruppengläubiger aus seinem Sieg den Nutzen,<br />

dann fällt die bestrittene Forderung infolge volle rmaterieller Wirkung des Urteils ganz aus der Betreibung.


§ 26 Die Verwertung<br />

26.1. Verwertungsbegehren<br />

26.2. Gr<strong>und</strong>sätze der Verwertung<br />

Nach der Pfändung wird eine Verwertung von Amtes wegen nur bei einem<br />

Notverkauf von gepfändeter Fahrnis, SchKG 124 II oder im Anschluss an eine<br />

Nachpfändung von Amtes wegen, SchKG 145, durchgeführt.<br />

Für eine reguläre Verwertung bedarf es aber eines Verwertungsbegehrens, das<br />

ebenfalls bedingungslos sein muss, sich immer vorbehaltlos auf die ganze Forderung<br />

<strong>und</strong> auf sämtliche Pfändungsgegenstände beziehen muss.<br />

Jeder Gläubiger einer Gruppe, der definitiv an der Pfändung teilnimmt, ist befugt, das<br />

Verwertungsbegehren zu stellen, welches dann für die ganze Gruppe wirkt.<br />

Gläubiger mit bloss provisorischer Pfändung, bestrittenem privilegierten Pfändungsanschluss<br />

oder eines Arrestes dürfen das Verwertungsbegehren nicht stellen, dafür<br />

laufen auch die entsprechenden Fristen nicht, SchKG 118.<br />

Ausser dem betreibenden Gläubiger kann auch sein Rechtsnachfolger, der<br />

Schuldner oder in der Betreibung auf Pfandverwertung der Dritteigentümer des<br />

Pfandes die Verwertung verlangen.<br />

Für die Fristen – minimal <strong>und</strong> maximal – ist nach dem Pfändungsgegenstand zu<br />

unterscheiden, SchKG 116 [bewegliche Sachen, Forderungen, u.a. Rechte];<br />

[Gr<strong>und</strong>stücke]; SchKG 93 [Einkommenspfändung].<br />

Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so laufen die Fristen für das<br />

Begehren vom Tage der letzten erfolgreichen Ergänzungspfändung, SchKG 116 III.<br />

Diese Fristen sind zwingend, nur ausnahmsweise darf eine vorzeitige Verwertung<br />

stattfinden:<br />

• Notverkauf, SchKG 124 II<br />

• Bei Fahrnis, Forderungen u.a. Rechten auf Verlangen des Schuldners, SchKG 124 I<br />

• Bei Gr<strong>und</strong>stücken, wenn dem Begehren des Schuldners sämtliche Pfändungs- <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger ausdrücklich zustimmen, SchKG 133 II.<br />

Sowohl ein verfrühtes wie auch ein verspätetes Verwertungsbegehren ist unwirksam,<br />

einem verfrühten darf keine Folge geleistet werden.<br />

Wird die Endfrist nicht eingehalten, erlischt die Betreibung, SchKG 121, die Pfändung<br />

fällt dahin <strong>und</strong> weitere Betreibungshandlungen wären nichtig. Ebenso wenn der<br />

Gläubiger das Begehren zurückzieht <strong>und</strong> nicht binnen Frist erneuert.<br />

Ein gültiges Verwertungsbegehren verpflichtet das Betreibungsamt, zur Verwertung<br />

zu schreiten. Der Eingang des Verwertungsbegehrens löst die eigentlichen<br />

Verwertungsfristen aus, SchKG 122 <strong>und</strong> 133.<br />

Die Verwertung obliegt dem Betreibungsamt, in dessen Kreis die zu verwertenden<br />

Gegenstände liegen, somit gr<strong>und</strong>sätzlich dem Amt, das die Pfändung vollzogen hat,<br />

SchKG 89. Dies ist allerdings nur für die Versteigerung zwingend, SchKG 4 II.<br />

Ein Freihandverkauf oder eine Forderungsüberweisung kann mit Zustimmung des<br />

Amtes am Ort der gelegenen Sache auch vom Amt, das die Betreibung führt,<br />

vollzogen werden.<br />

Das Pfändungsgut wird vorerst in Geld umgesetzt, was durch Versteigerung oder<br />

durch Freihandverkauf erfolgt. Es soll nur soviel verwertet werden, als zur Deckung<br />

der Betreibungskosten nötig ist. Ob zuviel oder zuwenig gepfändet wurde, erweist<br />

sich somit erst nach der Verwertung; wurde zuviel gepfändet, muss das<br />

Betreibungsamt die Verwertung einstellen, sobald der Erlös den Gesamtbetrag der<br />

Forderungen mit definitiver oder provisorischer Pfändung einschl. Verfahrenskosten<br />

erreicht, SchKG 119 II; bei ungenügendem Erlös wird von Amtes wegen<br />

nachgepfändet, SchKG 145.<br />

Verwertungshandlungen im Vollstreckungsverfahren entspringen nie freier, privater<br />

Willensäusserung des Rechtsinhabers, sind daher keine privaten Rechtsgeschäfte<br />

zwischen dem Schuldner <strong>und</strong> dem Erwerber, sie beruhen vielmehr immer auf einer<br />

amtlichen Verfügung eines Vollstreckungsorganes – somit öffentliches Recht.<br />

Dies gilt nicht nur für den Steigerungszuschlag, sondern auch für den Abschluss<br />

eines Freihandverkaufs, SchKG 130, 143b <strong>und</strong> 156 I, die Forderungsüberweisung<br />

bzw. die konkursrechtliche Abtretung, SchKG 131 <strong>und</strong> 260.<br />

Daher ist die Verwertung mit Beschwerde anzufechten 3 , gleichgültig ob aus<br />

betreibungsrechtlichen Gründen oder aus materiellrechtlichen Gründen. Die<br />

Gewährleistung ist ausgeschlossen, OR 234 I.<br />

3 Ausnahmsweise kommt Privatrecht zur Anwendung; wenn nämlich die Verwertung befugtermassen einem Privaten übertragen ist, bspw. Auktionshaus o.a.


§ 27 Die Verwertung von beweglichen Sachen, Forderungen <strong>und</strong> anderen Rechten<br />

27.1. Zeitpunkt<br />

Auch Zugehör ist eine bewegliche Sache, sie teilt das rechtliche Schicksal der<br />

Hauptsache, ZGB 644, <strong>und</strong> wird deshalb mit dieser zusammen verwertet;<br />

ausnahmsweise gesondert, VZG 27. Der Begriff der beweglichen Sache entspricht<br />

dem sachenrechtlichen Begriff.<br />

Forderungen unterliegen der Verwertung, sofern sie unbestritten <strong>und</strong> nicht schon<br />

fällig sind [<strong>und</strong> somit vom BA eingezogen werden könnten]. Ist die Forderung jedoch<br />

in einem Wertpapier verkörpert, wird dieses als bewegliche Sache verwertet.<br />

Bewegliche Sachen <strong>und</strong> Forderungen dürfen frühestens 10 Tage <strong>und</strong> spätestens 2<br />

Monate nach Eingang des Verwertungsbegehrens verwertet werden, SchKG 122 I.<br />

Verwertung ausserhalb dieser Fristen ist nicht ungültig, bloss anfechtbar.<br />

Ausnahmen bestehen i.S. einer vorzeitigen Verwertung oder eines<br />

Verwertungsaufschubes (Verwertung nach der maximalen Frist):<br />

Vorzeitige Verwertung<br />

Auf Begehren des Schuldners, SchKG 124 I<br />

Auf Begehren des Dritteigentümer eines Pfandes<br />

Im Falle eines Notverkaufes<br />

Ein Notverkauf ist angezeigt, wenn das Pfändungsgut schneller Wertverminderung ausgesetzt ist,<br />

kostspieligen Unterhalt erfordert oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursacht. Ein<br />

Notverkauf ist eine dringliche Verwaltungshandlung, keine Betreibungshandlung; folglich ist er auch während<br />

den Schonfristen zulässig.<br />

Das Amt entscheidet nach seinem Ermessen, ob ein Notverkauf vorliegt.<br />

Verwertungsaufschub<br />

Von Gesetzes wegen [hängende Früchte, SchKG 122 II]<br />

Durch den Betreibungsbeamten, SchKG 123<br />

• Mit Genehmigung des Gläubigers ohne Voraussetzungen von SchKG 123; dann aber beruht der<br />

Aufschub nicht auf einer amtlichen Verfügung, sondern auf einem einstweiligen Verzicht des Gläubigers<br />

auf Durchführung der Verwertung.<br />

Dem Verwertungsaufschub kommt nach SchKG 123 die Funktion einer St<strong>und</strong>ung zu.<br />

Voraussetzungen:<br />

• Glaubhaftmachung, dass der Schuldner die Schuld ratenweise tilgen könne<br />

• Glaubhaftmachung, dass regelmässige <strong>und</strong> angemessene Abschlagszahlungen an das BA geleistet<br />

werden<br />

• Erste Teilzahlung<br />

Zuständig, den Verwertungsaufschub zu verfügen, ist das Betreibungsamt. Dieses<br />

setzt die Höhe der Abschlagszahlungen <strong>und</strong> ihre Fälligkeit nach freiem Ermessen<br />

fest. Während der Dauer des Aufschubes kann das BA seine Verfügung auf Antrag<br />

des Gläubigers oder des Schuldners oder von Amtes wegen jederzeit ändern, soweit<br />

es die Umstände erfordern, SchKG 123 V.<br />

• Ob der Aufschub zu gewähren sei ist eine Rechtsfrage; die Festsetzung der Raten <strong>und</strong> deren Höhe<br />

hingegen eine Ermessensfrage.<br />

• Die Verwertung darf höchstens 12 Monate hinausgeschoben werden, sogar für Erst-Klass-Forderungen<br />

nur für 6 Monate. Da der Verwertungsaufschub erst nach Zahlung der ersten Rate beginnt, muss der<br />

Schuldner somit in der Lage sein, die Schuld in höchstens 13 bzw. 7 Raten zu tilgen.<br />

• Der Aufschub fällt von Gesetzes wegen hin, wenn auch nur eine einzige Rate nicht pünktlich geleistet<br />

wird, SchKG 123 V.<br />

27.2. Die öffentliche Versteigerung [ordentliche Verwertungsart]<br />

Öffentliche Versteigerung im Betreibungsverfahren bedeutet immer eine<br />

Zwangsversteigerung, sie ist ausschliesslich b<strong>und</strong>esrechtlich geregelt, SchKG 125<br />

ff., OR 229 ff., VZG.<br />

Das Betreibungsamt hat die Versteigerung öffentlich bekannt zu machen; Art <strong>und</strong><br />

Weise, Tag usw. erfolgen nach dem Ermessen des BA.<br />

Wenigstens drei Tage vor dem Termin muss das BA eine individuelle Mitteilung an<br />

den Schuldner, den Gläubiger <strong>und</strong> beteiligte Dritte erlassen, SchKG 125 III.<br />

Nichtbeachtung dieser Vorschriften sowie die unrichtige oder irreführende Angaben<br />

in der Publikation führend auf Beschwerde hin zur Aufhebung der Steigerung <strong>und</strong><br />

des Zuschlages; damit muss jeder – auch der Ersteigerer – rechnen; sein guter<br />

Glaube wird daher nicht geschützt, BGE 106 III 23.<br />

Jedermann, auch der Schuldner <strong>und</strong> seine Gläubiger, sind zugelassen; selbst der<br />

Gläubiger, der zugleich Schuldner einer zu versteigernden Forderung ist.


27.3. Die ausserordentlichen Verwertungsarten<br />

Der Steigerungsgegenstand wird nach dreimaligem Aufruf zugeschlagen; sofern<br />

• Das Deckungsprinzip eingehalten ist, SchKG 126; d.h. es müssen die im Rang<br />

vorgehenden pfandgesicherten Forderungen – ob fällig oder nicht – durch das Angebot<br />

gedeckt sein – anderenfalls würde für den betreibenden Gläubiger nichts herausschauen.<br />

Erlöse für nicht fällige Pfandforderungen werden nach SchKG 9 bis zur Fälligkeit hinterlegt.<br />

Wird kein dem Deckungsprinzip genügendes Angebot gemacht, fällt die Betreibung<br />

hinsichtlich des Pfandgegenstandes dahin, SchKG 126 II.<br />

Ist anzunehmen, dass kein Zuschlag unter Wahrung des Deckungsprinzips möglich sein<br />

wird, kann der Betreibungsbeamte auf Antrag des betreibenden Gläubigers von der<br />

Verwertung absehen <strong>und</strong> ohne weiteres einen Verlustschein ausstellen, SchKG 127.<br />

• Gegenstand aus Edelmetall (Gold, Silber, Platin) dürfen nicht unter ihrem Metallwert<br />

zugeschlagen werden; erfolgt kein genügendes Angebot, darf man sie aber zu diesem<br />

Preis später freihändig verkaufen, SchKG 128 <strong>und</strong> 130 Ziff. 3.<br />

Wer nach dreimaligem Aufruf das höchste diesen Anforderungen genügende<br />

Angebot macht, hat einen Rechtsanspruch auf den Zuschlag. Er kann einen<br />

anderen Zuschlag mit Beschwerde anfechten; nach der Verteilung des Steigerungserlöses<br />

ist die Anfechtung jedoch ausgeschlossen.<br />

Mit dem Zuschlag erwirbt der Bieter unmittelbar Eigentum; OR 235 I. Er erhält die<br />

Sache aber erst, wenn er bezahlt hat, SchKG 129 II. Zahlung mit Check gilt als<br />

Barzahlung.<br />

Ist der Gläubiger der einzige Bieter; braucht er den Steigerungspreis nicht bar zu bezahlen, er kann ihn mit<br />

seiner Forderung verrechnen.<br />

Zahlt der Ersteigerer nicht rechtzeitig, hebt das BA den Zuschlag auf, womit der<br />

Eigentumsübergang ohne weiteres dahinfällt. Der säumige Ersteigerer haften für den<br />

Ausfall gegenüber dem Ergebnis der früheren Versteigerung, SchKG 129 IV.<br />

• Ob der Aufschub zu gewähren sei ist eine Rechtsfrage; die Festsetzung der Raten <strong>und</strong><br />

deren Höhe hingegen eine Ermessensfrage.<br />

Auf andere Weise darf nur verwertet werden, wo es das Gesetz ausdrücklich zulässt:<br />

• Freihandverkauf, SchKG 130<br />

• Forderungsüberweisung, SchKG 131<br />

• Besonderes Verwertungsverfahren, SchKG 116 I, 132<br />

Freihandverkauf<br />

Wann gepfändete Vermögenswerte durch einen Freihandverkauf verwertet werden<br />

dürfen, bestimmt das Gesetz. Ob dann im Einzelfall freihändig verkauf wird, bleibt<br />

dem Ermessen des BA anheimgestellt.<br />

Der Entscheid kann deshalb nur mit der Ermessensbeschwerde angefochten<br />

werden; dagegen ist Rechtsbeschwerde am Platz, wenn freihändig verkauft wird,<br />

obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.<br />

Der Freihandverkauf darf allgemein an die Stelle der Versteigerung treten, wenn alle<br />

Beteiligten damit ausdrücklich einverstanden sind – nicht aber dessen Gläubiger,<br />

dessen Forderung durch das konkrete Angebot gedeckt ist. Zudem ist der Freihandverkauf<br />

in den Fällen von SchKG 130 Ziff. 2 – 4 erlaubt.<br />

Der Freihandverkauf ist ein amtlicher Zwangsveräusserungsakt; obwohl er faktisch<br />

wie ein privater Vertrag abgewickelt wird, ist der BA nicht frei wie ein privater<br />

Veräusserer; vielmehr ist er verpflichtet, das günstigste Preisangebot ausfindig zu<br />

machen. Ausserdem muss er einer Reihe von betreibungsrechtlichen<br />

Verwertungsgr<strong>und</strong>sätzen Beachtung schenken; Deckungsprinzip, Protokollpflicht,<br />

Bestimmungen über Zahlungstermine usw.


Überweisung von Forderungen an den pfändenden Gläubiger<br />

Diese Art eignet sich für illiquide Geldforderungen ohne Markt- oder Börsenwert, die<br />

sich – weil sie bestritten oder noch nicht fällig sind – kaum vorteilhaft eignen, sich<br />

versteigern oder verkaufen zu lassen, SchKG 131 I.<br />

Wertpapierforderungen sind wie Sachen zu versilbern, sie sind nie abtretbar.<br />

Die Forderungsüberweisung kommt – weil mit ihr das Versilberungsprinzip<br />

durchbrochen wird – nur in Frage, wenn sämtliche Gläubiger, für deren Gruppe die<br />

Forderung gepfändet ist, dies verlangen, Einstimmigkeitsprinzip. Ein Gläubiger, der<br />

zugleich Schuldner der gepfändeten <strong>und</strong> zu überweisenden Forderung ist, fällt<br />

wegen Interessenskonflikt aus der Entscheidung.<br />

Eine Überweisung kann erfolgen:<br />

• Abtretung einer Forderung zum Nennwert an Zahlungsstatt, SchKG 131 I<br />

• Übernahme einer Forderung zur Eintreibung, SchKG 121 II<br />

Abtretung einer Forderung zum Nennwert an Zahlungsstatt, SchKG 131 I<br />

Als Abtretungsgläubiger (Zessionare) kommen sämtliche an der Pfändung<br />

beteiligten Gläubiger in Betracht, sowohl die der Pfändungsgruppe als auch<br />

solche einer anderen Gruppe, die Anspruch auf allfälligen Mehrerlös haben.<br />

Die Wirkungen der Abtretung sind weitgehend mit jenen der privatrechtlichen<br />

Zession identisch, ungeachtet dessen, dass die Abtretung nicht auf einem<br />

Vertrag (pactum de cedendo) beruht sondern auf der Verfügung des BA.<br />

Erfolgt die Abtretung an sämtliche beteiligten Gläubiger, treten sie gemeinsam<br />

bis zum Nennwert er abgetretenen Forderung in die Rechte gegen den<br />

Drittschuldner. Weil die Abtretung an Zahlungsstatt erfolgt, sind die<br />

Betreibungsforderungen bis zur Höhe des Nennwertes unmittelbar getilgt,<br />

unabhängig davon, ob der Drittschuldner dann auch zahlen wird oder nicht. Im<br />

Umfang der Abtretung erlöschen folglich die Betreibungen der<br />

Gruppengläubiger.<br />

- Einredemöglichkeiten des Drittschuldners (debitor cessus):<br />

Schuldverhältnis, das der abgetretenen Forderung zugr<strong>und</strong>e liegt<br />

- Persönliche Einreden gegen den Zedenten, d.h. den Betreibungsschuldner [bspw. Verrechnung]<br />

- Persönliche gegen den einzigen Zessionar, gegenüber mehreren Zessionaren allerdings nur solche, die<br />

alle Zessionare betreffen<br />

Erfolgt nur eine Abtretung an einzelne Gläubiger, ist das für das Verhältnis<br />

zwischen Zessionar [einz. Gläubiger] <strong>und</strong> Nichtzessionaren bedeutsam:<br />

Auch in diesem Fall erfolgt die Abtretung ausdrücklich auf gemeinschaftliche<br />

Rechnung aller beteiligten Gläubiger (Zessionare <strong>und</strong> Nichtzessionare). Aus der<br />

Sicht der Nichtzessinonare sind die Abtretungsgläubiger lediglich deren<br />

Inkassomandatare; nämlich durch die Abtretung formell befugt <strong>und</strong> verpflichtet<br />

zur Geltendmachung der Forderung. Materiell wirkt sich die Abtretung aber auch<br />

auf die Betreibungsforderung der Nicht-Zessionare aus; Tilgungswirkung.<br />

Anstände unter den Gläubigern entscheidet der ordentliche Zivilrichter.<br />

- Einredemöglichkeiten des Drittschuldners (debitor cessus):<br />

Schuldverhältnis, das der abgetretenen Forderung zugr<strong>und</strong>e liegt<br />

- Persönliche Einreden gegen den Zedenten, d.h. den Betreibungsschuldner [bspw. Verrechnung]<br />

- Persönliche gegen den einzigen Zessionar, gegenüber mehreren Zessionaren allerdings nur solche, die<br />

alle Zessionare [Pfändungsgläubiger] betreffen<br />

Übernahme einer Forderung zur Eintreibung, SchKG 131 II<br />

Es handelt sich nicht um eine Zession, das Betreibungsamt ermächtigt den oder<br />

die Übernehmer bloss zur Eintreibung der Forderung. Auch hier schulden die<br />

Gläubiger alle Sorgfalt; für Schaden, den sie verschulden, haften sie dem<br />

Schuldner (bspw. lassen sie die Forderung verjähren).<br />

Den Wirkungen nach kommt SchKG 131 II dem SchKG 260 nahe:<br />

- Die Gläubigerrechte des Betriebenen gehen nicht auf die übernehmenden Gläubiger über; dafür erfolgt<br />

die Übernahme auch ohne Nachteile für die Rechte der Übernehmer: Ihre Betreibungen laufen weiter.<br />

- Der Drittschuldner kann den Übernehmern keine Einreden entgegenhalten, die ihm nicht schon gegen<br />

den Betreibungsschuldner zustanden.<br />

- Die Gläubiger übernehmen die Eintreibung der Forderung auf eigene Gefahr. Die Aufwendungen<br />

werden nicht ersetzt, sie gehen nicht auf gemeinsame Rechnung.<br />

- Dafür kommt der Nutzen einer erfolgreichen Eintreibung in erster Linie den übernehmenden Gläubigern<br />

zugute. Der eingetriebene Betrag dient primär dazu, Aufwendungen <strong>und</strong> Betreibungsforderungen der<br />

eintreibenden Gläubiger samt Zins zu decken. Nur ein allfälliger Überschuss kommt den übrigen<br />

Gläubigern zugute oder zuletzt dem Betriebenen.


27.4. Die Verwertung anderer Rechte<br />

§ 28 Die Verwertung von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

28.1. Zeitpunkt der Verwertung<br />

28.2. Vorbereitung der Verwertung<br />

• Nutzniessung<br />

• Anteile an einem Gemeinschaftsvermögen<br />

o Unverteilte Erbschaft<br />

o Personengesellschaft<br />

o Gesamteigentum, Miteigentum<br />

• Immaterialgüterrechte<br />

Anteile an Gemeinschaftsvermögen wird in der Pfändung zu dem ihm im Falle einer<br />

Liquidation desselben zufallenden Betrages, seines Liquidationsbetreffnis, SchKG<br />

132 I: „Anteil an Gemeinschaftsvermögen i.S.v. SchKG 132 = Liq-Ergebnis“.<br />

Für die Verwertung gilt die VVAG-Verordnung. Es soll zunächst versucht werden,<br />

zwischen den pfändenden Gläubigern, dem Schuldner <strong>und</strong> den anderen Teilhabern<br />

der Gemeinschaft eine gütliche Einigung herbeizuführen (Abfindung, Auflösung).<br />

Für Immaterialgüterrechte sind die Bestimmungen der VVAG analog anzuwenden.<br />

Gr<strong>und</strong>stück ist alles, was ZGB 655 II als solches bezeichnet.<br />

Kein Gr<strong>und</strong>stück in diesem Sinne ist ein Anteilsrecht des Schuldners an einem im<br />

Gesamteigentum stehenden Gr<strong>und</strong>stück, das nach der VVAG verwertet wird, ein<br />

Miteigentumsanteil dagegen oder sein StwE-Anteil wird wie ein Gr<strong>und</strong>stück<br />

verwertet, ZGB 646.<br />

Gepfändete Gr<strong>und</strong>stücke können wie bewegliche Sachen durch öffentliche<br />

Versteigerung oder auch durch Freihandverkauf verwertet werden.<br />

Für den Rechtsschutz von Dritten, die am Gr<strong>und</strong>stück ebenfalls berechtigt sind,<br />

bestehen die VZG, das BewG <strong>und</strong> das BGBB, die zu beachten sind.<br />

Frühestens nach einem Monat <strong>und</strong> spätestens drei Monate nach dem Eingang des<br />

Verwertungsbegehrens, SchKG 133 I.<br />

Im Falle eines Lastenbereinigungsprozesses kann dieser Termin in praxi kaum eingehalten werden, es<br />

handelt sich aber bloss um eine Ordnungsfrist.<br />

Vorzeitige Verwertung kann nur auf Begehren des Schuldners <strong>und</strong> im ausdrücklichen<br />

Einverständnis der Pfändungs- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger stattfinden, SchKG 133 II.<br />

Auch bei einer Gr<strong>und</strong>stückverwertung kann ein Zahlungsaufschub i.S.v. SchKG 123<br />

erfolgen, SchKG 143 a <strong>und</strong> VZG 32 I.<br />

Zuständigkeit: Rechtshilfe zulässig, für Versteigerung nur das örtlich zuständige Amt,<br />

SchKG 4 II.<br />

Steigerungspublikation (Ausser es käme nur ein Freihandverkauf in Frage)<br />

Erstellen des Lastenverzeichnis, Lastenbereinigungsverfahren<br />

Neuschätzung des Gr<strong>und</strong>stückes<br />

Steigerungsbedingungen festsetzen bzw. Verkaufsbedingungen [öff. Recht !]<br />

Fehler bei der Vorbereitung können mit Beschwerde gerügt werden.<br />

28.2.1. Steigerungspublikation <strong>und</strong> Anmeldung der Lasten<br />

Die Gr<strong>und</strong>stückssteigerung muss mind. 1 Monat vorher bekannt gemacht werden,<br />

SchKG 138 I; zwingend nach SchKG 35.<br />

Es empfiehlt sich, alle Rechte, die an einem zu verwertenden Gr<strong>und</strong>stück geltend<br />

gemacht werden, anzumelden, gleichgültig ob dies erforderlich ist oder nicht.<br />

Unbedingt anzumelden sind Rechte, die nicht aus dem Gr<strong>und</strong>buch hervorgehen,<br />

denn von Amtes wegen werden nur die darin belegten berücksichtigt, SchKG 140 I.<br />

Bsp: rückständige Zinsen, Verzugszinsen, Betreibungskosten bei Gr<strong>und</strong>pfand; mittelbare gesetzliche<br />

Pfandrechte wie Bauhandwerkerpfandrecht; Pfandrecht des Verkäufers; solche Pfandrechte können sogar<br />

noch nach erfolgter Pfändung begründet werden, gehen dann allerdings den Pfandgläubigern nach.<br />

Sicherheitshalber wir sich auch melden, wer ein gesetzliches Kaufs- oder Vorkaufsrecht beansprucht, denn<br />

die Zwangsverwertung gilt als Vor-Kaufsfall.<br />

Die 20-tägige Anmeldungsfrist ist zwar Verwirkungsfrist, als Eingabefrist jedoch<br />

verlängerbar <strong>und</strong> wiederherstellbar. Zu spät eingereichte Anmeldungen werden mit<br />

Hinweis auf das Beschwerderecht abgewiesen, VZG 36.<br />

Wo von vornherein ein Freihandverkauf angestrebt wird, verlangt das Gesetz<br />

ebenfalls eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung allfälliger Ansprüche am<br />

Gr<strong>und</strong>stück, SchKG 143b II i.V.m. SchKG 138 II Ziff. 3.


28.2.2. Lastenverzeichnis<br />

Das Lastenverzeichnis gilt der Abklärung der auf dem Gr<strong>und</strong>stück haftenden<br />

dinglichen <strong>und</strong> realobligatorischen Rechte. [Gr<strong>und</strong>pfandrechte, Gr<strong>und</strong>lasten <strong>und</strong> Gült,<br />

Dienstbarkeiten, gesetzliche Verfügungsbeschränkungen, d.h. gesetzliches<br />

Vorkaufsrecht) aber auch vorgemerkte persönliche Rechte (Miet- oder Pachtverträge,<br />

vertragliches Vorkaufsrecht usw.]<br />

Die Abklärung dieser Lasten ist notwendig,<br />

• Weil einzelne Lasten dem Erwerber des Gr<strong>und</strong>stückes überb<strong>und</strong>en werden<br />

• Weil nur die absolute Klarheit über die bestehenden Lasten es erlaubt, an der<br />

Versteigerung das Deckungsprinzip bzw. den doppelten Aufruf zuverlässig einzuhalten<br />

• Weil die konkrete Belastung den Verwertungserlös bzw. den Mindestpreis beeinflusst.<br />

Das Lastenverzeichnis ist somit unerlässliche Gr<strong>und</strong>lage für eine Verwertung; leidet<br />

es an einem wesentlichen Mangel, so kann keine gültige Verwertung zustande<br />

kommen, der Zuschlag wäre nichtig.<br />

Bei der Erstellung des Lastenverzeichnisses werden leere Pfandstellen sowie Eigentümer- <strong>und</strong><br />

Inhaberschuldbriefe, die sich im Besitze des Schuldners befinden, nicht berücksichtigt, VZG<br />

34 <strong>und</strong> 35.<br />

Lasten, die erst nach der Pfändung des Gr<strong>und</strong>stücks in das Gr<strong>und</strong>buch eingetragen werden,<br />

sind unter Hinweis auf diesen Umstand <strong>und</strong> mit der Bemerkung aufzunehmen, dass sie nur<br />

berücksichtigt werden, sofern <strong>und</strong> soweit die Pfändungsgläubiger vollständig befriedigt sind,<br />

VZG 34 I.<br />

Phase 1 - Gr<strong>und</strong>lage<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Lastenverzeichnisses bildet der Gr<strong>und</strong>buchauszug. Dazu werden noch die<br />

unmittelbaren gesetzlichen Pfandrechte (bspw. für laufende Prämien der Gebäudeversicherung)<br />

aufgenommen, servitutes apparentes <strong>und</strong> gesetzliche Verfügungsbeschränkungen.<br />

Phase 2 - Ergänzung<br />

Die gestützt auf die öffentliche Aufforderung gemachten Eingaben werden berücksichtigt, das<br />

Lastenverzeichnis wird entsprechend ergänzt, VZG 33. Das Betreibungsamt hat jede formell<br />

korrekte <strong>und</strong> rechtzeitige Anmeldung zu berücksichtigen, ohne irgendwelche materielle Prüfung,<br />

VZG 36; weicht eine Anmeldung vom Inhalt des Gr<strong>und</strong>buchauszuges ab, hat sie gleich wohl<br />

aufgenommen zu werden; ausserdem aber auch der Inhalt des Gr<strong>und</strong>bucheintrages.<br />

Phase 3 - Bereinigung<br />

Das besondere, zweiteilige Lastenbereinigungsverfahren läuft nach den Regeln des<br />

Widerspruchsverfahrens ab, SchKG 140 II Satz 2.<br />

Vor dessen rechtskräftiger Erledigung darf das Gr<strong>und</strong>stück nicht verwertet werden; sofern ein<br />

allfälliger Streit die Feststellung des Zuschlagspreises beeinflussen würde, SchKG 141. Die<br />

Bestreitung einer Last hemmt aber den Eintritt der Rechtskraft des Verzeichnisses nur<br />

gegenüber dem Bestreitenden.<br />

Das gestützt auf die Anmeldungen ergänzte Lastenverzeichnis wird allen Beteiligten mitgeteilt,<br />

gleichzeitig eine Bestreitungsfrist von 10 Tagen für einen aufgenommenen Anspruch, SchKG<br />

140 II, VZG 37 I <strong>und</strong> II.<br />

Bleibt das Verzeichnis unbestritten, gelten die darin enthaltenen Lasten für die hängige<br />

Betreibung als anerkannt. Wird ein in das Verzeichnis aufgenommener oder ein nicht darin<br />

aufgenommener, jedoch behaupteter Anspruch bestritten, muss das Widerspruchsverfahren<br />

durchgeführt werden.<br />

• Bestreitung eines im Gr<strong>und</strong>buch eingetragenen oder sich unmittelbar kraft Gesetzes<br />

geltenden Rechts: Bestreitender hat innert 20 Tagen auf Aberkennung zu klagen<br />

• Ergibt sich das bestrittene Recht weder aus dem Gr<strong>und</strong>buch noch unmittelbar aus Gesetz,<br />

hat der Ansprecher innert 20 Tagen auf Feststellung des von ihm behaupteten Rechts zu<br />

klagen, SchKG 107.<br />

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage verlangt der Rechtsansprecher oder –bestreiter, dass der<br />

streitige Anspruch im ordentlichen Prozess [ER im bV] gerichtlich abgeklärt wird. Der<br />

Gr<strong>und</strong>bucheintrag übernimmt hier die Funktion des Gewahrsams.<br />

Dreht sich der Streit nicht um einen im Lastenverzeichnis aufgeführten Anspruch an sich,<br />

sondern bloss um die Einhaltung der Verfahrensvorschriften bei dessen Gr<strong>und</strong>legung<br />

Ergänzung <strong>und</strong> Bereinigung, so ist nicht der Richter, sondern die Aufsichtsbehörde zuständig.<br />

[Aufnahme eines nicht im GB eingetragenen noch angemeldeten Anspruches; Nichtaufnahme<br />

eines ersichtlichen bzw. rechtzeitig angemeldeten Anspruchs, falsche Zuweisung der<br />

Klägerrolle im Bereinigungsprozess].<br />

Wirkungen des Lastenverzeichnisses<br />

Das bereinigte <strong>und</strong> rechtskräftige Lastenverzeichnis bildet eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Verwertung in der hängigen Betreibung. Wir das Gr<strong>und</strong>stück verwertet, bindet das<br />

rechtskräftige Lastenverzeichnis den Erwerber; dieser übernimmt mit dem Zuschlag auch alle<br />

darin enthaltenen Lasten.<br />

Allerdings erlöschen auch gegenüber dem gutgläubigen Erwerber alle dinglichen <strong>und</strong><br />

realobligatorischen Rechte, die nicht im Lastenverzeichnis aufgenommen sind, selbst die im<br />

Gr<strong>und</strong>buch eingetragenen.<br />

28.2.3. Neuschätzung<br />

Sobald das bereinigte Lastenverzeichnis rechtskräftig ist, muss das Gr<strong>und</strong>stück neu geschätzt<br />

werden. Die neue Schätzung wird allen Beteiligten mitgeteilt. Sie dient v.a. den Pfandgläubigern<br />

zur Orientierung über die Aussicht, für ihre Forderungen Deckung zu erlangen.


28.3. Verwertungverfahren<br />

Vgl. Fall Schmid,<br />

SchKG Übungen SS 2002<br />

Frage 3<br />

28.4. Freihandverkauf<br />

28.2.4. Steigerungsbedingungen<br />

Soll das Gr<strong>und</strong>stück versteigert werden, sind die Steigerungsbedingungen aufzustellen. Sie<br />

bestimmen Art <strong>und</strong> Weise derselben, insbesondere die Modalitäten des Zuschlages.<br />

Mindestens 10 Tage vor der Steigerung werden sie zusammen mit dem Lastenverzeichnis zur<br />

allgemeinen Einsicht aufgelegt, SchKG 134.<br />

Gegen die auferlegten Steigerungsbedingungen kann Beschwerde erhoben werden, nicht aber<br />

gegen das rechtskräftige Lastenverzeichnis. Werden sie geändert, sind sie erneut öffentlich<br />

bekannt zu geben.<br />

Auch hier gilt das Deckungsprinzip; SchKG 142a, gleichgültig ob auf dem Wege der<br />

Versteigerung oder des Freihandverkaufs verwertet wird; die Rangfolge bestimmt<br />

sich nach dem Lastenverzeichnis.<br />

Doppelaufruf; der zur Anwendung gelangt, wenn<br />

• Das Gr<strong>und</strong>stück ohne Zustimmung des im Range vorgehenden Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />

nachträglich mit einer Dienstbarkeit, einer Gr<strong>und</strong>last oder einem vorgemerkten<br />

persönlichen Recht belastet wurde, ZGB 812 II <strong>und</strong> III; innert 10 Tagen seit Zustellung des<br />

Lastenverzeichnisses Antrag an BA.<br />

Zunächst wird das Gr<strong>und</strong>stück mit den Lasten aufgerufen; bietet das Höchstgebot<br />

Deckung auch für die Forderung des vorgehenden Pfandgläubigers, erübrigt sich ein 2.<br />

Aufruf. Das Gr<strong>und</strong>stück wird mit den Lasten zugeschlagen.<br />

Nach einem ungenügenden Angebot erfolgt noch ein Aufruf ohne die Lasten. Wird hierauf<br />

für das Gr<strong>und</strong>stück ein höheres Angebot erzielt, wird es ohne die Lasten zugeschlagen.<br />

Der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger kann die Löschung der nachgehenden Lasten im Gr<strong>und</strong>buch<br />

verlangen, ein allfälliger Überschuss des Erlöses, der nach Befriedigung des vorgehenden<br />

Gläubigers verbleibt, kommt aber bis zur Höhe des Wertes der Last dem nachfolgenden<br />

Berechtigten als Entschädigung zu, SchKG 142 III. Dieser könnte die Löschung seines<br />

Rechtes nur verhindern, wenn der die Differenz Gr<strong>und</strong>stück mit Lasten – Forderungsbetrag<br />

der ihm vorgehenden Rechte einschiesst.<br />

• Der Ansprecher, dessen Recht von einem anderen Gläubiger im Lastenbereinigungsverfahren<br />

mit Erfolg bestritten, vom Schuldner jedoch durch Nichtbestreiten anerkannt wurde,<br />

VZG 42 <strong>und</strong> 56. Ist der erste Aufruf erfolgreich, wird das Gr<strong>und</strong>stück zugeschlagen <strong>und</strong> die<br />

Last – obwohl erfolgreich bestritten – dem Erwerber überb<strong>und</strong>en.<br />

• Wenn mit dem Gr<strong>und</strong>stück gleichzeitig Zugehör gepfändet wurde; die Beteiligten können<br />

verlangen, dass Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> Zugehör vorerst getrennt, anschliessend zusammen<br />

aufgerufen werden, VZG 57.<br />

Zuschlag<br />

Der Zuschlag darf nur auf Angebote bekannter Personen erteilt werden, an einen<br />

Vertreter, der den Namen des Vertretenen nicht nennt oder an eine noch nicht<br />

bestehende juristische Person ist unzulässig.<br />

Auch in der Gr<strong>und</strong>stücksverwertung bewirkt der Zuschlag den Eigentumsübergang.<br />

Der Steigerer erwirbt das Eigentum originär <strong>und</strong> ist damit – unter Vorbehalt von<br />

SchKG 106 III – gegen Entwehrung geschützt. Wird das Gr<strong>und</strong>stück an mehrere<br />

Bieter gemeinsam zugeschlagen, erlangen sie Miteigentum, VZG 59. Mit dem<br />

Eigentum gehen sofort auch Nutzen <strong>und</strong> Gefahr über.<br />

Indessen kann der Erwerber über das Gr<strong>und</strong>stück erst verfügen, wenn er als neuer<br />

Eigentümer im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen ist, ZGB 656 II; die Anmeldung geschieht von<br />

Amtes wegen gleich wie die Anmeldung zur Löschung nicht überb<strong>und</strong>ener Lasten.<br />

Zahlungsverzug hat zur Folge, dass der Zuschlag widerrufen <strong>und</strong> der<br />

Eigentumsübergang rückgängig gemacht wird. Mit dem Widerruf fällt das<br />

Gr<strong>und</strong>eigentum eo ipso an den Schuldner zurück; ein allfällig bereits erfolgter<br />

Gr<strong>und</strong>bucheintrag darf ohne weiteres berichtigt werden.<br />

Der Zahlungsverzug des Ersteigerers in der Erfüllung einer überb<strong>und</strong>enen Pflicht<br />

führt nicht zum Widerruf.<br />

Das Betreibungsamt entscheidet nach Eingang des Verwertungsbegehrens, ob das<br />

Gr<strong>und</strong>stück versteigert oder freihändig verkauft wird. Freihandverkauf erfolgt nur,<br />

• Wenn alle Beteiligten einverstanden sind<br />

Beteiligter ist, wer in der Vollstreckung als Partei auftritt oder wessen Rechte von der<br />

Verwertung des Gr<strong>und</strong>stücks unmittelbar betroffen sind.<br />

[Schuldner, Pfandgläubiger, ggf. Ehegatte, nachgehende Pfandgläubiger deren<br />

nachgehende Forderungen ggf. nicht gedeckt sind, sämtliche Dienstbarkeitsberechtigte].<br />

• Die Lastenbereinigung durchgeführt ist<br />

SchKG 143b II <strong>und</strong> 141 per analogiam.<br />

• Der Schätzungspreis eingehalten ist<br />

Der Betrag der Neuschätzung nach Bereinigung gilt zugleich als Mindestpreis.<br />

Auch der Freihandverkauf ist zu protokollieren; es bedarf einer schriftlichen Verkaufsverfügung.<br />

Auch das Deckungsprinzip ist zu beachten, auch kann ein doppelter Aufruf erfolgen. Das<br />

Eigentum wird nicht originär erworben.


§ 29 Die Verteilung<br />

29.1. Verteilungsverfahren<br />

§ 30 Der Kollokationsplan<br />

30.1. Inhalt des Kollokationsplanes<br />

Das materielle Ergebnis der Verwertung, der Erlös, ist dazu bestimmt, unter die<br />

beteiligten Gläubiger verteilt zu werden. Daher wird die Verteilung immer von Amtes<br />

wegen vorgenommen.<br />

Die Verteilung setzt voraus, dass das gesamte Pfändungsgut verwertet ist.<br />

Ausnahmen, sofern im Gesetz vorgesehen:<br />

• Abschlagszahlungen im Ermessen des BA, wenn es die Verhältnisse rechtfertigen <strong>und</strong> alle<br />

Gläubiger einer Pfändungsgruppe gleich behandelt werden.<br />

• Nach der Verwertung eines Gr<strong>und</strong>stücks sollen die im rechtskräftigen Lastenverzeichnis<br />

enthaltenen fälligen Gr<strong>und</strong>pfandforderungen sofort bezahlt werden.<br />

• Ggf. kann schon eine Schlussverteilung erfolgen, wenn nämlich aus einer Teilverwertung<br />

alle Forderungen befriedigt werden können; die restliche Verwertung ist dann einzustellen.<br />

Für jede Pfändungsgruppe wird gesondert verwertet <strong>und</strong> verteilt, wobei allfälligre<br />

Ansprüche einer nachfolgenden Gruppe auf den Mehrerlös zu berücksichtigen sind,<br />

SchKG 110 III.<br />

Primär sind aus dem Ergebnis die Kosten der Verwaltung, Verwertung <strong>und</strong><br />

Verteilung zu decken, SchKG 144 III. Von den Gläubigern geleistete Vorschüsse<br />

werden diesen zurückerstattet.<br />

Sek<strong>und</strong>är wird der verbleibende Reinerlös den berechtigten Gläubigern zugewiesen,<br />

gestützt auf einen Verteilungsplan bis zur Höhe ihrer Forderungen incl. Zins <strong>und</strong><br />

Betreibungskosten, SchKG 144 IV. Berechtigt sind:<br />

• Pfandgläubiger fälliger Forderungen <strong>und</strong> Retentionsberechtigte<br />

• Dienstbarkeitsberechtigte oder Inhaber persönlicher vorgemerkter Rechte, die bei der<br />

Gr<strong>und</strong>stückverwertung dem Doppelaufruf zum Opfer gefallen sind<br />

• Zuletzt die zur betreffenden Pfändungsgruppe gehörenden Betreibungsgläubiger.<br />

Auszahlung aber nur an Gläubiger, die mit definitiver Pfändung am Verfahren teilnehmen.<br />

Der Betrag von bloss provisorisch Berechtigten wird bei der Depo-Anstalt hinterlegt.<br />

Der Reinerlös kann entweder ausreichen, um alle Forderungen der Pfändungsgruppe zu<br />

decken. Ein Überschuss fällt an die Gläubiger der folgenden Gruppe, zu deren Gunsten der<br />

Mehrerlös gepfändet wurde; in letzter Linie steht er dem Schuldner zu.<br />

Genügt der Erlös hierzu nicht, muss das Betreibungsamt für die nicht befriedigte<br />

Pfändungsgruppe unverzüglich eine Nachpfändung vollziehen.<br />

Mangels weiterer pfändbarer Vermögenswerte kann ggf. nichts nachgepfändet werden oder<br />

auch der Erlös aus einer Nachpfändung reicht nicht aus, um die Gruppengläubiger zu<br />

befriedigen. Es bleibt nichts anderes übrig, als den unzureichenden Reinerlös zu teilen; für jede<br />

vom Verlust betroffene Pfändungsgruppe wird ein Kollokationsplan erstellt, der die Reihenfolge<br />

der gruppeninternen Befriedigung festlegt, SchKG 146 I.<br />

Der Kollokationsplan ist der Plan für die Rangordnung der Gläubiger. Gemeint ist<br />

damit die Reihenfolge, in der die Gläubiger einer Pfändungsgruppe bei<br />

ungenügendem Reinerlös befriedigt werden sollen.<br />

Für jede Pfändungsgruppe, die zu Verlust kommt, wird ein eigener Kollokationsplan erstellt,<br />

anders als im Konkurs, wo es für sämtliche Gläubiger nur einen Kollokationsplan gibt.<br />

Das BA erstellt den Kollokationsplan nach der Verwertung aller gepfändeten <strong>und</strong> ggf.<br />

nachgepfändeten Gegenstände. Wo volle Befriedigung ausser Frage steht, bedarf es<br />

keines Kollokationsplanes; es genügt ein gewöhnlicher Verteilungsplan.<br />

In der Betreibung auf Pfändung brauchen die Ansprüche der Pfandgläubiger nicht in<br />

den Kollokationsplan aufgenommen zu werden; deren Befriedigung ist durch<br />

Wahrung des Deckungsprinzips sichergestellt.<br />

Der rechtskräftige Kollokationsplan bildet – weil er zugleich den Verteilungsplan<br />

enthält – die Gr<strong>und</strong>lage der Verteilung.<br />

• Verzeichnis aller Gläubiger der betreffenden Pfändungsgruppe sowie ihrer Forderungen<br />

• Rangordnung der Gläubiger; die auf konkursrechtlichen Gr<strong>und</strong>sätzen beruht, SchKG 146 II<br />

i.V.m. SchKG 219.<br />

• Der Verteilungsplan gibt im Rahmen des Kollokationsplanes darüber Aufschluss, welche<br />

Beträge jeder Gläubiger erhalten sollte, um voll befriedigt zu werden, wie viel er tatsächlich<br />

erhalten wird <strong>und</strong> wie hoch sich sein Ausfall beläuft.<br />

• Mitteilungen für das weitere Verfahren; Angaben über den Schuldner, über die Auflage des<br />

Planes sowie die Möglichkeit seiner Anfechtung <strong>und</strong> über sein Inkrafttreten.


30.2. Auflage des Kollokationsplanes<br />

30.3 Anfechtung des Kollokationsplanes<br />

30.4. Kollokationsprozess<br />

Der Kollokationsplan wird beim BA aufgelegt, jeder Beteiligte wird hievon<br />

benachrichtigt, der Gläubiger durch Mitteilung eines seine Forderung betreffenden<br />

Auszuges, SchKG 34 <strong>und</strong> 147.<br />

Die Mitteilung löst die Anfechtungsfrist aus.<br />

Innert 10 bzw. 20 Tagen seit der Mitteilung kann jeder Gläubiger den<br />

Kollokationsplan anfechten. Je nach Anfechtungsgr<strong>und</strong> steht ihm die Beschwerde<br />

oder die gerichtliche Klage zur Verfügung:<br />

Anfechtung durch Beschwerde<br />

Es wird geltend gemacht, der Betreibungsbeamte habe bei der Aufstellung des<br />

Kollokationsplanes einen Verfahrensfehler begangen.<br />

• Betreibungsrechtliche Voraussetzungen für den Kollokationsplan fehlen<br />

• Ein Gläubiger einer anderen Pfändungsgruppe sei darin aufgenommen worden<br />

• Eine einzelne Kollokation sei nicht eindeutig<br />

• Der Verteilungsplan entspreche nicht der Kollokation.<br />

Der wichtigste Beschwerdefall ist jener, wo ein Gläubiger seine eigene Kollokation<br />

anficht. Damit wird aber auch nur eine Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften<br />

gerügt.<br />

Zur Beschwerde legitimiert sind alle an der Verteilung interessierten Gläubiger, aber<br />

auch der Schuldner. Der Schuldner ist überhaupt nur beschwerde-, nie<br />

klageberechtigt. Aufhebung oder Abänderung des Kollokationsplanes wirken immer<br />

für alle Beteiligten.<br />

Anfechtung durch Klage<br />

Materiellrechtliche Beanstandungen einer Kollokation müssen mittels gerichtlicher<br />

Klage erfolgen; Kollokationsklage.<br />

Die Kollokationsklage ist gegeben, wenn ein Gläubiger die Kollokation der Forderung<br />

eines anderen Gläubigers nach Bestand, Höhe oder Rang bestreiten will, SchKG 148<br />

I. Es ist somit nur eine negative Feststellungsklage zulässig.<br />

Es wird nicht die betreibungsrechtliche Richtigkeit der fremden Kollokation in Frage<br />

gestellt, sondern ihre materiellrechtliche Gr<strong>und</strong>lage. Dennoch verfolgt die<br />

Kollokationsklage einzig den betreibungsrechtlichen Zweck, dass die Kollokation<br />

eines anderen Gläubigers abgeändert wird, deshalb entfaltet das Urteil nur<br />

Rechtskraft für die laufende Betreibung.<br />

Betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung, ER im bV.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeschlossen ist die Kollokationsklage, wenn die betreffende Forderung<br />

bereits in einem früheren Verfahren gerichtlich abgeklärt oder in einem formalisierten<br />

Vorverfahren durch Parteidisposition anerkannt wurde, bspw. durch An- oder<br />

Aberkennungsklage, beim privilegierten Pfändungsanschluss, im Widerspruchs- oder<br />

Lastenbereinigungsverfahren oder durch definitive Rechtsöffnung aufgr<strong>und</strong> einer gerichtlichen<br />

Entscheidung. Gegenstand der Kollokationsklage kann dann bloss noch der<br />

betreibungsrechtliche Rang einer Forderung sein.<br />

Kollokationsklage kann jeder Gläubiger einer Pfändungsgruppe gegen jeden anderen<br />

Gläubiger dieser Gruppe erheben. Niemals kann der Schuldner klagen, er hatte<br />

bereits im Einleitungsverfahren Gelegenheit, die gegen ihn erhobene Forderung zu<br />

bestreiten. Ihm bleibt nur die Beschwerde.<br />

Beklagt ist der jeweils einzelne Gläubiger dessen Kollokation angefochten wird. 4 Der<br />

Streitwert bemisst sich nach der Differenz zwischen dem Betrag, den der beklagte<br />

Gläubiger auf Gr<strong>und</strong> des aufgelegten Kollokationsplanes erhielte <strong>und</strong> demjenigen,<br />

der ihm nach der vom Kläger beantragten Abänderung verbliebe.<br />

Die Einhaltung der Klagefrist ist Prozessvoraussetzung; sie kann aber<br />

wiederhergestellt <strong>und</strong> verlängert werden.<br />

Das Urteil wirkt nur in der hängigen Betreibung <strong>und</strong> nur zwischen den streitenden<br />

Gläubigern. Selbst bei Gutheissung der Klage bleibt die angefochtene Kollokation<br />

gegenüber allen nichtklagenden Gläubigern bestehen. Der Prozessgewinn kommt<br />

ausschliesslich dem obsiegenden Kläger zugute, SchKG 148 III; ein allfälliger<br />

Überschuss verbleibt dem beklagten Gläubiger. [Andere Konsequenz im Konkurs].<br />

Abänderung des Kollokationsplanes infolge Urteil: Wirkung nur inter partes<br />

Abänderung des Kollokationsplanes infolge Beschwerde: Wirkung für alle.<br />

4 Nicht klageberechtigt sind nach herrschender Praxis die Gläubiger einer anderen Gruppe <strong>und</strong> zwar selbst dann nicht, wenn zu ihren Gunsten der<br />

allfällige Mehrerlös gepfändet wurde, BGE 24 I 367. [1898 !!] Nach Amonn/Gasser ist diese Praxis nicht gerechtfertigt. Nach Spühler nur dann,<br />

wenn der nachgehende Gläubiger geltend macht, der Schuldner habe durch Unterlassung des Rechtsvorschlages den Gläubiger der vorgehenden<br />

Pfändungsgruppe begünstigt.


§ 31 Quittung <strong>und</strong> Verlustschein<br />

31.1. Quittung<br />

31.2. Verlustschein<br />

Ist einmal der Verwertungserlös unter die Gläubiger verteilt, muss das Vollstrek-<br />

kungsverfahren noch formell abgeschlossen werden. Dem Schuldner wird für den<br />

Tilgungsbetrag eine Quittung erteilt <strong>und</strong> dem nicht voll befriedigten Gläubiger für<br />

seinen Ausfall ein Verlustschein.<br />

Der Schuldner hat Anspruch darauf, dass ihm bescheinigt wird, dass im Verlauf der<br />

Vollstreckung zu seinen Lasten an die Gläubiger ausgezahlt wurde.<br />

Kann der Gläubiger voll befriedigt werden, muss er die Forderungsurk<strong>und</strong>e quittieren<br />

<strong>und</strong> dem BA zuhanden des Schuldners herausgeben, SchKG 150 I. Der Schuldner<br />

hat ebenso Anspruch darauf, dass auch jede andere Beweisurk<strong>und</strong>e ausgehändigt<br />

wird <strong>und</strong> die Tilgung der Forderung im Register festgestellt wird.<br />

Wird die Forderung nur teilweise gedeckt, bleibt die Forderungsurk<strong>und</strong>e in den<br />

Händen des Gläubigers, es ist aber darauf zu bescheinigen, für welchen Restbetrag<br />

die Forderung noch zu Recht besteht, SchKG 150 II.<br />

Der Gläubiger hat Anspruch auf einen amtlichen Ausweis für den in der Betreibung<br />

nicht gedeckten Teil seiner Forderung. Dazu dient ihm der Verlustschein.<br />

Er ist eine amtliche Bescheinigung [öffentliche Urk<strong>und</strong>e] darüber, dass der Gläubiger<br />

in der Betreibung mit einem bestimmten Betrag zu Verlust gekommen ist. Er ist kein<br />

Wertpapier, sondern lediglich ein Beweismittel.<br />

Voraussetzungen<br />

Nur die betreibenden Pfändungsgläubiger erhalten für den ungedeckten<br />

Forderungsbetrag einen Verlustschein, SchKG 149 I.<br />

Ausgeschlossen somit Gläubiger mit bloss provisorischer Pfändung; Pfandgläubiger [infolge<br />

Deckungsprinzip kein Verlust möglich]<br />

Sodann muss der Verlust des Pfändungsgläubigers eindeutig feststehen,<br />

• i.a.R. nach der Verwertung, d.h. bei der Verteilung des Reinerlöses.<br />

• ggf. schon vorher, d.h. während oder vor der Verwertung:<br />

o Wenn die Verwertung erfolglos war <strong>und</strong> keine Nachpfändung anderer<br />

Vermögenswerte möglich ist.<br />

o Wenn es gar nicht zu einer Verwertung kommen kann, weil der Schuldner das<br />

Pfändungsgut verschwinden liess oder weil ein Dritter im Widerspruchsverfahren<br />

obsiegte<br />

o Wenn vor vornherein anzunehmen ist, dass nicht dem Deckungsprinzip gemäss<br />

verwertet werden kann <strong>und</strong> der betreibenden Gläubiger deshalb beantragt, von der<br />

Verwertung abzusehen <strong>und</strong> ihm einen Verlustschein auszustellen.<br />

• ggf. schon im Pfändungsstadium:<br />

o Wenn überhaupt kein pfändbares Vermögen vorhanden ist, dann bildet die leere<br />

Pfändungsurk<strong>und</strong>e den definitiven Verlustschein, SchKG 115 I.<br />

o Weil nach der Schätzung des Betreibungsbeamten nicht genügend pfändbares<br />

Vermögen greifbar ist, die Pfändungsurk<strong>und</strong>e dient dann als provisorischer<br />

Verlustschein, SchKG 115 II.<br />

Steht der Verlust fest, wird der Verlustschein gr<strong>und</strong>sätzlich von Amtes wegen<br />

ausgestellt, SchKG 149 I bis . Nur im Falle von SchKG 127 ist ein Antrag nötig.<br />

Provisorischer <strong>und</strong> definitiver Verlustschein<br />

Der provisorische Verlustschein, SchKG 115, unterscheidet sich vom definitiven,<br />

SchKG 149 dadurch, dass er lediglich auf der Schätzung des Pfändungsgutes durch<br />

das Betreibungsamt beruht; dass er das Betreibungsverfahren, indem sich ein<br />

Verlust erst anzeigt, nicht schon abschliesst sowie das er dementsprechend<br />

wesentlich beschränktere Rechtswirkungen äussert als der definitive Verlustschein.<br />

Wirkungen des Verlustscheins<br />

A. Provisorischer Verlustschein<br />

Die Wirkungen sind ausschliesslich drei betreibungsrechtliche Wirkungen:<br />

o Er verleiht dem Gläubiger das Recht, eine Nachpfändung zu verlangen, SchKG 115<br />

III<br />

o Er bildet für ihn einen Arrestgr<strong>und</strong>, SchKG 271 I Ziff. 5.<br />

o Er legitimiert zur Anfechtungsklage, SchKG 285 II Ziff. 1.<br />

Anders als der definitive Verlustschein äussert der provisorische diese<br />

Wirkungen aber schon während des Betreibungsverfahrens.


31.3. Löschung des Verlustscheines<br />

B. Definitiver Verlustschein<br />

Betreibungsrechtliche Wirkungen<br />

o Formeller Abschluss der hängigen Pfändungsbetreibung<br />

o Erleichterung der Eintreibung der Ausfallsforderung in einer künftigen Exekution, da<br />

der definitive Verlustschein als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82 gilt, SchKG 149<br />

II. Eine richtige Schuldanerkennung ist er allerdings nicht, da vom BA ausgestellt.<br />

Umso weniger bedeutet er eine Novation, OR 116 II.<br />

o Möglichkeit, innert 6 Monaten seit Zustellung des def. Verlustscheines die Betreibung<br />

ohne neuen Zahlungsbefehl fortzusetzen, SchKG 149 III. Er stellt somit das befristete<br />

Recht dar, ohne Durchführung eines neuen Einleitungsverfahrens eine neue<br />

Betreibung gegen den Schuldner zu führen. Er braucht dazu nur das Fortsetzungsbegehren<br />

zu stellen bzw. wenn der Schuldner inzwischen ins HR eingetragen wurde,<br />

die Konkursandrohung zu beantragen.<br />

o Der Verlustschein bildet einen Arrestgr<strong>und</strong>, SchKG 149 II <strong>und</strong> 271 I Ziff. 5.<br />

o Legitimation zur Anfechtungsklage, SchKG 149 II <strong>und</strong> 285 II Ziff. 1.<br />

Zivilrechtliche Wirkungen<br />

o Die im Verlustschein verurk<strong>und</strong>ete Forderung ist nicht mehr verzinslich, SchKG 149<br />

IV. Die Zinspflicht hört aber nur für den Schuldner auf, allfällige Mitverpflichtete –<br />

Mitschuldner, Bürgen – haben weiterhin Zinsen zu bezahlen.<br />

o Für Verlustscheinforderung besteht eine jederzeit unterbrechbare (OR 135)<br />

Verjährungsfrist von 20 Jahren, SchKG 149a I. Sie besteht aber nur gegenüber dem<br />

Schuldner persönlich. Für Mitschuldner <strong>und</strong> Bürgen läuft OR 127 ff. Gegenüber den<br />

Erben des Schuldners verjährt die Forderung spätestens 1 Jahr nach Eröffnung des<br />

Erbganges, SchKG 149a I.<br />

o ZGB 480, 524, 609 II, OR 250 II, VVG 81.<br />

Die Ausstellung des Verlustscheines wird in den Betreibungsregistern eingetragen,<br />

wo er Gegenstand des Einsichtsrechts ist, SchKG 8a. Darum hat der Schuldner<br />

Anspruch darauf, dass nach Untergang der Verlustscheinforderung dies sofort in den<br />

Registern vermerkt, der Verlustschein gelöscht <strong>und</strong> die Löschung ihm bescheinigt<br />

wird, SchKG 149a III.<br />

Löschung ist geboten nach Verjährung der Verlustscheinforderung, nach Zahlung an das<br />

Betreibungsamt, nach Feststellung der ungerechtfertigen Betreibung i.S.v. SchKG 8a III.<br />

Die Weigerung des Amtes, die Löschung vorzunehmen, unterliegt der Beschwerde.<br />

§ 32 Wesen <strong>und</strong> Voraussetzungen der Betreibung auf Pfandverwertung<br />

32.1. Wesen<br />

32.2. Voraussetzungen<br />

Die Betreibung auf Pfandverwertung ist reine Spezialexekution. Von der Pfändungsbetreibung<br />

unterscheidet sie sich dadurch, dass das Vollstreckungssubstrat, der<br />

Pfandgegenstand – bereits im Voraus gegeben ist <strong>und</strong> nicht erst noch durch<br />

Pfändungsbeschlag beschafft werden muss, zudem herrscht in der Betreibung auf<br />

Pfandverwertung keine Konzession an das Prinzip möglichst gleicher Behandlung<br />

der Gläubiger, bspw. ist ein Pfändungsanschluss unbekannt.<br />

Sie greift immer Platz, wo eine pfandgesicherte Forderung zu vollstrecken ist. Als<br />

Sicherheit kann ein Faust- oder Gr<strong>und</strong>pfand bestellt sei, was aber im<br />

Betreibungsrecht weiter gefasst ist als im Zivilrecht:<br />

• Gr<strong>und</strong>pfand [SchKG 37 I]<br />

o Gr<strong>und</strong>pfandverschreibung<br />

o Schuldbrief, Gült<br />

o Gr<strong>und</strong>pfandrechte des kt. Rechts<br />

o Gr<strong>und</strong>last<br />

o Jedes Vorzugesrecht auf bestimmte Gr<strong>und</strong>stücke, soweit es eine Geldleistung zum<br />

Inhalt hat<br />

o Pfandrecht an der Zugehör eines Gr<strong>und</strong>stücks<br />

• Faustpfand [SchKG 37II]<br />

o Eigentliches Faustpfand<br />

o Pfandrecht an Forderungen <strong>und</strong> anderen Rechten<br />

o Viehverpfändung<br />

o Retentionsrecht<br />

Der Eigentumsvorbehalt ist kein Pfandrecht i.S. des SchKG, wird aber bei einer<br />

Betreibung auf Pfändung die Kaufsache zugunsten eines anderen Gläubigers<br />

gepfändet oder fällt der Schuldner in Konkurs, wird der Verkäufer für die Restschuld<br />

wie ein Pfandgläubiger behandelt.<br />

Die Vorausverwertung des Pfandes ist nicht zwingend; dem Schuldner steht es frei,<br />

sich einer Betreibung auf Pfändung oder Konkurs zu unterziehen. Er hat aber das<br />

Recht, sich zu widersetzen <strong>und</strong> vorab die Pfandverwertung zu verlangen.<br />

Beneficium excussionis realis, welches mit Beschwerde gg. Zahlungsbefehl zu erfolgen hat.<br />

Der Schuldner kann auf das beneficium aber schon im voraus verzichten, indem er mit dem Gläubiger oder<br />

dem Dritteigentümer des Pfandes vereinbart, dass die Pfandhaft gegenüber seiner persönlichen Haftung nur<br />

subsidiär gelten solle. Der Drittpfandbesteller kann dies ebenfalls mit Beschwerde geltend machen.


§ 33 Verfahren der Betreibung auf Pfandverwertung<br />

33.1. Einleitungsverfahren<br />

33.2. Verwertung<br />

In bestimmten Fällen darf der Gläubiger zwischen Betreibung auf Pfandverwertung<br />

<strong>und</strong> einer anderen Betreibungsart frei wählen, ohne dass sich der Schuldner auf das<br />

beneficium nach SchKG 41 I bis berufen könnte:<br />

• Durch Gr<strong>und</strong>pfand gesicherte Zinsen oder Annuitäten darf er auch auf dem Wege der<br />

ordentlichen Betreibung einfordern, SchKG 41 II.<br />

• Für pfandgesicherte Forderungen, die auf einem Wechsel oder Check gründen, darf er die<br />

Wechselbetreibung verlangen, sofern der Schuldner konkursfähig ist, SchKG 41 II Satz 2.<br />

• Der Pfandgläubiger kann sich auch den Weg der ordentlichen Betreibung öffnen, indem er<br />

in gesetzlicher Form auf sein Pfandrecht verzichtet, was er dem Schuldner aber<br />

spätestens im Zahlungsbefehl mitteilen muss.<br />

• Vereinbarte subsidiäre Pfandhaft.<br />

• Gr<strong>und</strong>pfand [SchKG 37 I]<br />

Im Grossen <strong>und</strong> Ganzen analog dem ordentlichen Einleitungsverfahren, mit<br />

sachbedingten Besonderheiten, SchKG 87:<br />

Betreibungsbegehren<br />

Das BB muss die üblichen Angaben nach SchKG 67 enthalten, darüber hinaus aber<br />

noch den Pfandgegenstand bezeichnen sowie den Namen eines allfälligen<br />

Dritteigentümers desselben sowie die allfällige Verwendung eines verpfändeten<br />

Gr<strong>und</strong>stücks als Familienwohnung angeben, SchKG 151 I.<br />

Zahlungsbefehl<br />

Gewöhnlicher Zahlungsbefehl nach SchKG 69<br />

Besonderheit: Zahlungsfrist 1 Monat bzw. 6 Monate, SchKG 152 I Ziff. 1.<br />

Verwertungsandrohung, SchKG 152 I Ziff. 2.<br />

Zustellung auch an Dritteigentümer des Pfandes, SchKG 153 I, IIa<br />

bzw. an Familiengatten im Falle von SchKG 153 II b.<br />

Ergibt sich die Besonderheit (Familienwohnung, Dritteigentum usw.) erst im Lauf der<br />

Betreibung, müssen die zusätzlichen Zahlungsbefehle nachträglich zugestellt werden; die<br />

Verwertung darf erst stattfinden, wenn auch diese Zahlungsbefehle rechtskräftig sind <strong>und</strong> die<br />

Verwertungsfrist von 6 Monaten abgelaufen ist.<br />

Mit dem Betreibungsbegehren kann auch die Ausdehnung der Pfandhaft auf Miet- oder<br />

Pachtzinse geltend gemacht werden.<br />

Rechtsvorschlag <strong>und</strong> Rechtsöffnung<br />

Gewöhnliche Regelung nach SchKG 153 IV<br />

Besonderheit: Jeder Mitbetriebene kann RV erheben, SchKG 153 II Satz 2.<br />

Mit dem Rechtsvorschlag können sowohl Bestand, Umfang oder<br />

Fälligkeit der Forderung bestritten werden als auch Bestand <strong>und</strong><br />

Umfang des Pfandrechts, Begründung ist nicht erforderlich.<br />

Der Ehegatte des Schuldners oder des Dritteigentümers kann<br />

geltend machen, ZGB 169 werde verletzt.<br />

Die Rechtsöffnung ist zu erteilen, wenn der Gläubiger einen Rechtsöffnungstitel<br />

vorweist, der die bestrittene Forderung oder das bestrittene Pfandrecht belegt. Nach<br />

provisorischer Rechtsöffnung steht die Aberkennungsklage nicht nur dem Schuldner,<br />

sondern auch dem mitbetriebenen Dritteigentümer des Pfandes <strong>und</strong> dem Ehegatten<br />

zu.<br />

Der Antrag auf Verwertung kann vom betreibenden Gläubiger, vom Schuldner oder<br />

vom Dritteigentümer des Pfandes ausgehen. Nach unbenützem Ablauf der<br />

Verwertungsfrist erlischt die Betreibung. Kommt es nach dem Rechtsvorschlag zu<br />

einem gerichtlichen Verfahren, stehen diese Fristen während der Prozessdauer still,<br />

SchKG 154 I Satz 2 = SchKG 88 II.<br />

Sobald das Verwertungsbegehren vorliegt, bereitet das Betreibungsamt die<br />

Verwertung in ähnlicher Weise vor wie in der Betreibung auf Pfändung. Er schätzt<br />

den Wert des Pfandes <strong>und</strong> nimmt es zur Bewirtschaftung <strong>und</strong> Verwaltung in<br />

Verwahrung. Ferner leitet es ggf. das Widerspruchsverfahren ein, SchKG 155 I.<br />

Für ein Gr<strong>und</strong>stück muss ein Lastenverzeichnis erstellt <strong>und</strong> das Lastenbereinigungsverfahren<br />

durchgeführt werden.<br />

Ausserdem hat das BA eine Verfügungsbeschränkung im Gr<strong>und</strong>buch vormerken zu<br />

lassen, sofern dies nicht schon früher auf Antrag des Pfandgläubigers geschehen ist.<br />

Das Pfand wird auf die gleiche Art <strong>und</strong> Weise verwertet wie ein gepfändeter<br />

Vermögensgegenstand, SchKG 156 I. Insbesondere ist auch hier das<br />

Deckungsprinzip zu wahren, SchKG 126, zudem kommt ebenfalls der Verwertungsaufschub,<br />

SchKG 123, die vorzeitige Verwertung, SchKG 124 II, 133 II <strong>und</strong> der<br />

Freihandverkauf, SchKG 143 b in Frage.


33.3. Verteilung<br />

33.4. Quittung <strong>und</strong> Pfandausfallschein<br />

Überflüssig wird die Verwertung des Pfandobjektes, wenn bereits seine Früchte <strong>und</strong><br />

Erträgnisse ausreichen, um die Betreibungsforderung <strong>und</strong> Kosten zu decken. Dann<br />

bleibt es einstweilen bei der Zwangsverwaltung. In allen anderen Fällen muss das<br />

Pfand versilbert werden.<br />

Bei der Betreibung auf Gr<strong>und</strong>pfandverwertung sind Besonderheiten zu beachten:<br />

• Die Steiger<strong>und</strong>bedingungen müssen bestimmen, dass der dem betreibenden<br />

Pfandgläubiger zukommende Anteil am Zuschlagspreis bar zu bezahlen ist, wenn nichts<br />

anderes vereinbart wurde; die Belastung des Gr<strong>und</strong>stücks wird hierauf im Gr<strong>und</strong>buch<br />

gelöscht, SchKG 156 I Satz 2.<br />

• Zum Schutz des Schuldners vor Missbrauch durch den Pfandgläubiger werden sodann<br />

nach SchKG 156 II Eigentümer- <strong>und</strong> Inhaberschuldbriefe, die der Schuldner als Sicherheit<br />

zu Faustpfand begeben hat, bei gesonderter Verwertung desselben auf den Betrag des<br />

Erlöses herabgesetzt. 5<br />

• Bei der Verpfändung mehrerer Gr<strong>und</strong>stücke für dieselbe Forderung sind primär diejenigen<br />

des Schuldners, sek<strong>und</strong>är die restlichen zu verwerten.<br />

Aus dem Pfanderlös sind zunächst die Kosten der Verwaltung, Verwertung <strong>und</strong><br />

Verteilung zu begleichen, SchKG 157 I. Der verbleibende Resterlös wird den<br />

Pfandgläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen einschliesslich des laufenden<br />

Zinses <strong>und</strong> der Betreibungskosten ausgerichtet. Dabei sind alle Pfandgläubiger zu<br />

berücksichtigen, deren Forderungen nicht dem Ersteigerer überb<strong>und</strong>en werden.<br />

• Gr<strong>und</strong>pfand: ZGB 818, 819<br />

• Faustpfand: ZGB 891 II<br />

Genügt der Nettoerlös nicht, um alle Pfandgläubiger voll zu befriedigen, stellt das BA<br />

für sie einen Kollokationsplan auf, SchKG 157 III. Für den Betrag <strong>und</strong> den Rang der<br />

Gr<strong>und</strong>pfandrechte ist das Lastenverzeichnis massgebend.<br />

Kommen gemäss Kollokationsplan Unternehmer oder Bauhandwerker zu Verlust,<br />

stellt sich die Frage ihres Vorrechts, ZGB 837 I Ziff. 3; 841. Zur Klärung der<br />

Rechtslage verfährt das BA nach VZG 117.<br />

Dem Schuldner wird nach den gewöhnlichen Regeln Quittung erteilt, SchKG 157 IV<br />

i.V.m. SchKG 150. Unbekümmert um das Ergebnis der Verwertung wird das<br />

Pfandrecht im Gr<strong>und</strong>buch abgeschrieben; ein ungedeckt gebliebener Betrag<br />

(Pfandausfall) bleibt jedoch als ungesicherte Forderung bestehen.<br />

Der Gläubiger, der in einer Betreibung auf Pfandverwertung nicht volle Befriedigung<br />

erlangt, erleidet noch keinen eigentlichen Verlust, sondern bloss einen Pfandausfall.<br />

Ob er je zu Verlust kommen wird, könnte sich erst nach einer weiteren, auf<br />

Vollstreckung in das gesamte Schuldnervermögen zielenden Betreibung (auf<br />

Pfändung oder Konkurs) zeigen. Darum erhält der Gläubiger nur eine amtliche<br />

Bescheinigung darüber, dass seine Forderung aus dem Pfanderlös nicht oder nicht<br />

vollständig bezahlt werden konnte: einen Pfandausfallsschein, SchKG 158 I.<br />

Anspruch auf dessen Ausstellung hat einzig der betreibende Pfandgläubiger, wenn<br />

entweder das Pfand wegen ungenügenden Angebots nicht verwertet werden konnte,<br />

SchKG 126 f., oder der Erlös nicht ausreicht, um seine Forderung zu tilgen, SchKG<br />

158 I.<br />

Alle übrigen nicht-betreibenden Pfandgläubiger erhalten lediglich eine Bescheinigung<br />

darüber, dass sich die Forderung als ungedeckt erwiesen hat, eine Urk<strong>und</strong>e ohne<br />

besondere Wirkungen, VZG 120.<br />

Der Pfandausfallschein hat infolge der beschränkteren Aussagekraft wesentlich<br />

schwächere Wirkungen als der Pfändungsverlustschein:<br />

• Er löst keine öffentlichrechtlichen Folgen aus (vgl. § 14)<br />

• Dem bisherigen Pfandgläubiger gibt er das bedeutsame Recht, die Betreibung für die<br />

Ausfallforderung jetzt auf das übrige Vermögen des Schuldners zu richten (Einrede des<br />

beneficium fällt dahin).<br />

• Binnen Monatfrist seit der Zustellung des Pfandausfallscheines darf der Gläubiger sogar<br />

ohne neues Einleitungsverfahren gegen den Schuldner vorgehen, SchKG 158 II Satz 2.Er<br />

braucht nur das Pfändungsbegehren oder das Begehren um Konkursandrohung zu stellen.<br />

Dies setzt aber persönliche Haftung des Schuldners dem Gläubiger voraus; wo nur reine<br />

Sachhaftung besteht (Gült, Gr<strong>und</strong>last), kann der Gläubiger ausschliesslich aus dem Wert<br />

des Gr<strong>und</strong>stücks Befriedigung verlangen, ZGB 847 III <strong>und</strong> 791.<br />

• Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82. Ebenso wenig wie der<br />

Verlustschein wirkt der Pfandausfallschein jedoch novatorisch.<br />

5 Vgl. Vorlesung Sachenrecht II Rey, Beispiel mit Inhaberschuldbrief, der als Faustpfand übergeben wird.


§ 34 Retentionsrecht bei Miete <strong>und</strong> Pacht von Geschäftsräumen sowie StwE<br />

34.1. Retentionsverzeichnis<br />

Miet- <strong>und</strong> Pachtzinsforderungen sowie Beitragsforderungen der StwE-Gemeinschaft<br />

können wie jede andere Forderung durch gewöhnliche Betreibung geltend gemacht<br />

werden.<br />

Der StwE-Gemeinschaft sowie den Vermietern <strong>und</strong> Verpächtern von<br />

Geschäfträumen steht jedoch zur Sicherung ihrer Forderungen noch ein besonderes<br />

Retentionsrecht zur Verfügung, OR 268 ff, 299c, ZGB 712 k.<br />

Wollen sie es geltend machen, so kommen die Bestimmungen von SchKG 283 <strong>und</strong><br />

284 zur Anwendung. Danach ist die Betreibung auf dem Wege der Pfandverwertung<br />

durchzuführen; denn betreibungsrechtlich gilt das Retentionsrecht als Faustpfand,<br />

SchKG 27 II.<br />

Trotzdem steht der StwE-Gemeinschaft noch das gesetzliche Pfandrecht, ZGB 712 i, sowie den Vermietern<br />

noch Kautionsmöglichkeiten zu.<br />

Das Retentionsrecht kann vor oder mit Anhebung einer Betreibung erfolgen, SchKG<br />

283 I. Auf Begehren eines Gläubigers nimmt das BA ein Retentionsverzeichnis auf,<br />

SchKG 283 III. Zu diesem Zweck können sogar Gegenstände, die der Schuldner vor<br />

Aufnahme des Verzeichnisses fortgeschafft hat, wieder beigebracht <strong>und</strong><br />

aufgezeichnet werden, SchKG 284.<br />

Gleich wie ein Arrest muss der Retentionsbeschlag durch Einleitung der Betreibung<br />

prosequiert werden.<br />

Dem Retentionsgläubiger gegenüber besteht kein beneficium excussionis realis, der<br />

Schuldner kann ihn nicht zur Betreibung auf Pfandverwertung zwingen. Durch die<br />

Wahl der ordentlichen Betreibung geht dem Gläubiger allerdings das Retentionsrecht<br />

auch nicht verloren. Er kann es vielmehr in einer späteren Betreibung erneut geltend<br />

machen; auch in der Betreibung eines Dritten gegen den Schuldner im<br />

Widerspruchsverfahren.<br />

Das Deckungsprinzip ist bei der Verwertung auf das Retentionsrecht nicht<br />

anwendbar.<br />

Das Retentionsrecht des Vermieters, Verpächters <strong>und</strong> der StwE-Gemeinschaft ist<br />

insofern atypisch, als sich die Retentionsgegenstände im Besitz des Schuldners<br />

befinden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e muss dieses Retentionsrecht zunächst gegenständlich<br />

konkretisiert <strong>und</strong> besonders gesichert werden.<br />

Das Retentionsverzeichnis bezweckt die autoritative Feststellung der dem<br />

Retentionsrecht unterworfenen Gegenstände. Formell <strong>und</strong> inhaltlich besteht es in<br />

einem betreibungsrechtlichen Inventar, SchKG 283 III.<br />

Die Retentionsurk<strong>und</strong>e ist die Durchführung für die Betreibung der<br />

Retentionsbetreibung; ohne sie wäre die Betreibung nichtig.<br />

Voraussetzungen:<br />

• Retentionsforderung<br />

o Miet- oder Pachtzinsforderung für die Überlassung von Geschäftsräumen; d.h. für den<br />

laufenden auch noch nicht fälligen Halbjahreszins <strong>und</strong> einen verfallenen Jahreszins,<br />

OR 268 I.<br />

o Beitragsforderungen der StwE-Gemeinschaft, die während der letzten 3 Jahre<br />

aufgelaufen sind, ZGB 712 k. Diese Forderungen müssen aber fällig sein.<br />

• Retentionsgegenstand<br />

o Jede bewegliche Sache im Eigentum des Schuldners, die sich in den gemieteten<br />

Geschäftsräumen oder in den Räumen des StwE befindet, der Benützung oder<br />

Einrichtung derselben dient – <strong>und</strong> pfändbar ist.<br />

Auch Sachen Dritter können gepfändet werden, namentlich von Untermietern im<br />

Falle von OR 268 II; beliebigen Dritten, sofern der Retentionsgläubiger nicht wusste<br />

bzw. wissen konnte, dass die einem Dritten gehören.<br />

Die räumliche Verbindung darf nicht bloss zufällig, sondern sie muss vielmehr von<br />

einer gewissen Dauer sein.<br />

• Keine anderweitige Sicherstellung durch den Schuldner<br />

o Kaution, Bankgarantie, ZGB 898 per analogiam.<br />

Das BA kann die materiellen Voraussetzungen nur summarisch prüfen. Nur wenn<br />

das Retentionsrecht offensichtlich nicht besteht, darf es die Aufnahme des<br />

Verzeichnisses ausnahmsweise aus materiellrechtlichen Gründen ablehnen.


34.2. Aufnahme des Retentionsverzeichnis’<br />

Materiellrechtliche Streitigkeiten um das Retentionsrecht sind vom Richter zu<br />

entscheiden:<br />

• Forderung <strong>und</strong> Retentionsrecht kann der Schuldner in der Retentionsbetreibung mit<br />

Rechtsvorschlag bestreiten.<br />

• Erfasst die Retention Gegenstände Dritter, so steht diesem das Widerspruchsverfahren<br />

offen<br />

• Die Pfändbarkeit der retinierten Gegenstände ist von den Aufsichtsbehörden im<br />

Beschwerdeverfahren zu beurteilen.<br />

Bsp: In der Mietzinsbetreibung gegen eine Wachanstalt macht der Vermieter sein<br />

Retentionsrecht an den Einrichtungsgegenständen geltend, der Verkäufer der Anlagen den<br />

Eigentumsvorbehalt, der Schuldner Unpfändbarkeit.<br />

Der Verkäufer wahrt seine Rechte im Widerspruchsverfahren, der Schuldner bestreitet das<br />

Retentionsrecht mit Rechtsvorschlag <strong>und</strong> die Pfändbarkeit der Dampfanlagen mit<br />

Beschwerde.<br />

Per analogiam sind die Vorschriften über die Pfändung <strong>und</strong> den Arrestvollzug<br />

heranzuziehen:<br />

• Zuständigkeit des BA am Ort der gelegenen Sache<br />

• Beizug der Polizei wenn Gefahr im Verzug liegt, SchKG 283 II<br />

• Keine vorherige Ankündigung notwendig, SchKG 275 => SchKG 90. Es handelt sich um<br />

eine sichernde Handlung, nicht um eine Betreibungshandlung.<br />

• Die retinierten Gegenstände werden einzeln aufgezeichnet; auch hier darf nur soviel in die<br />

Urk<strong>und</strong>e aufgenommen werden, als zur Sicherung notwendig ist.<br />

• Ausgeschlossen von der Aufnahme sind Kompetenzstücke.<br />

34.3. Wirkungen <strong>und</strong> Prosekution des Retentionsverzeichnisses<br />

34.4. Rückschaffung entfernter Gegenstände<br />

Die Aufnahme der Retentionsurk<strong>und</strong>e ist eine reine Sicherungsmassnahme, keine<br />

Vollstreckungsmassnahme. Darum äussert sie auch keine materiellrechtliche<br />

Wirkung.<br />

Die Wirkung des Verzeichnisses besteht vielmehr darin, dass der Schuldner die<br />

aufgezeichneten Gegenstände zwar weiterhin gebrauchen, aber nicht mehr über sie<br />

verfügen darf, sofern er nicht anderweitig Sicherheit schafft. Die Aufnahme in das<br />

Verzeichnis begründet den Retentionsbeschlag. V.a. verschafft er aber dem<br />

Gläubiger die Befugnis, die Retentionsgegenstände in einer Betreibung auf Pfandverwertung<br />

zu seinen Gunsten verwerten zu lassen.<br />

Als sichernde Massnahme – wie der Arrest – äussert die Retention nur befristete<br />

Rechtswirkung, sie muss prosequiert werden. Das BA setzt daher dem Gläubiger<br />

Frist zur Betreibung auf Pfandverwertung; deren Umfang auf die in das<br />

Retentionsverzeichnis aufgenommenen Gegenstände beschränkt ist.<br />

Dass Sachen, die unter amtlichem Beschlag liegen, jederzeit <strong>und</strong> bedingungslos<br />

wieder beizubringen sind, wenn sie widerrechtlich beiseite geschafft wurden, verlangt<br />

schon allein die Durchsetzung öffentlichen Zwangs im Rechtsstaat. In Fällen<br />

unbefugten Entfernens müssen die Bedingungen von SchKG 284 <strong>und</strong> OR 268b nicht<br />

erfüllt sein. Vorbehalten bleibt dann nur gutgläubiger Erwerb eines Dritten, vgl.<br />

Pfändung, SchKG 96.<br />

Darüber hinaus bietet SchKG 284 <strong>und</strong> OR 268b II noch weiteren Schutz, indem unter<br />

gewissen Voraussetzungen die Rückschaffungsmöglichkeit von Gegenständen, die<br />

noch vor dem amtlichen Beschlag eilends weggeschafft wurden, geschaffen wird.<br />

Ggf. ist sogar Selbsthilfe, OR 52 III, denkbar.<br />

Voraussetzungen<br />

Rückschaffung von noch nicht aufgenommenen Gegenständen kommt nur in Frage,<br />

wenn sie heimlich oder gewaltsam fortgeschafft wurden, also in einer Art, die dem<br />

Retentionsgläubiger erfolgreichen Widerstand unmöglich machte. Es erfordert innert<br />

10 Tagen einen Antrag des Gläubigers. Ggf. kommt eine Wiederherstellung i.S.v.<br />

SchKG 33 IV in Frage.<br />

Ausgeschlossen ist eine Rückschaffung, sobald Dritte an den Retentionsgegenständen<br />

gutgläubig Rechte erworben haben; bspw. ein neuer Vermieter des<br />

Schuldners gutgläubig an den in Geschäftsräume verbrachten Gegenständen ein<br />

Retentionsrecht erworben hat.<br />

Verfahren<br />

Die Rückschaffung wird auf Begehren des Retentionsgläubigers vom BA am Ort, von<br />

wo die Gegenstände fortgeschaffen wurden, angeordnet <strong>und</strong> vollzogen. GGf. muss<br />

auf dem Requisitionsweg vorgegangen werden.


Statt die Retentionsgegenstände zurückzubringen, kann sie das Betreibungsamt<br />

auch in Verwahrung nehmen oder sich vom Schuldner als Ersatz dafür eine<br />

entsprechende Sicherheit leisten lassen.<br />

Macht ein Drittbesitzer an den fortgeschafften Gegenständen ein eigenes Recht<br />

geltend, darf das BA ihn nicht einfach auf das Widerspruchsverfahren vertrösten, es<br />

kommt zum Retentionsstreit.<br />

Retentionsstreit<br />

Der Streit über die Rückschaffung von Retentionsgegenständen ist<br />

materiellrechtlicher Natur <strong>und</strong> deshalb vom ordentlichen Richter zu beurteilen.<br />

• Kläger ist der Retentionsgläubiger gegen den besitzenden Dritten, der sich der<br />

Rückschaffung widersetzt.<br />

• Der beklagte Dritte kann sich nicht nur auf sein eigenes Recht stützen (insbes.<br />

gutgläubiger Erwerb), sondern dem Gläubiger auch alle Einreden gegen das<br />

Retentionsrecht entgegenhalten.<br />

• Dem Kläger obliegt es, den guten Glauben des Dritten zu widerlegen <strong>und</strong> das Retentionsrecht<br />

nachzuweisen.<br />

Auch der Schuldner kann sich der Rückschaffung widersetzen oder die Herausgabe<br />

zurückgeschaffter Gegenstände verlangen:<br />

• Mit Beschwerde kann er geltendmachen, dass die betreibungsrechtlichen<br />

Voraussetzungen der Rückschaffung nicht gegeben waren, bspw. Unzuständigkeit des<br />

Betreibungsamtes; offensichtlich unbegründetes Retentionsrecht, Unpfändbarkeit.<br />

• Hingegen braucht der Schuldner nicht gegen den Gläubiger zu klagen, mittels<br />

Rechtsvorschlag in der Prosekutionsbetreibung kann er ihn zwingen, das behauptete<br />

Retentionsrecht selbst durch Rechtsöffnungsgesuch bzw. Feststellungsklage gerichtlich<br />

geltend zu machen.


§ 35 Allgemeine Gr<strong>und</strong>lagen des Konkurses<br />

35.1. Voraussetzungen des Konkurses<br />

35.2. Wirkungen des Konkurses<br />

Ein einzelner Gläubiger kann den Schuldner in den Konkurs treiben – ist aber der<br />

Konkurs einmal eröffnet, laufen immer alle Gläubiger zusammen <strong>und</strong> nehmen an<br />

diesem kollektiven Verfahren teil. Sie alle trachten nach Befriedigung für alle ihre<br />

Forderungen gegenüber ihrem gemeinsamen Schuldner.<br />

Der Konkurs bedeutet somit die vollständige Liquidation des Schuldnervermögens,<br />

sowohl aller Aktiven wie auch aller Passiven. Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt<br />

nach dem Prinzip der Gleichbehandlung; nur zugunsten bestimmter Forderungskategorien<br />

bestehen gewisse Vorrechte [Pfandforderungen, privilegierte<br />

Forderungen].<br />

Der Konkurs bietet den Gläubigern bloss einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf<br />

Durchführung des Verfahrens <strong>und</strong> Befriedigung aus dem Erlös; der Schuldner bleibt<br />

Rechtsträger aller seiner Vermögensbestandteile bis zur Verwertung.<br />

Ein Konkurs kann infolge seiner einschneidenden Konsequenzen nur durch<br />

Gerichtsentscheid ausgelöst werden: Konkurserkenntnis; welches einen<br />

Konkursgr<strong>und</strong> voraussetzt.<br />

Formeller Konkursgr<strong>und</strong><br />

Als formeller Konkursgr<strong>und</strong> gilt die erfolgreiche Durchführung einer Betreibung, in<br />

deren Folge der Gläubiger die Konkurseröffnung verlangen kann:<br />

• Konkursfähiger Schuldner, SchKG 39<br />

• Keine Forderung i.S.v. SchKG 43 (ausser SchKG 190 als lex specialis)<br />

Materieller Konkursgr<strong>und</strong><br />

Diese bestehen in einer besonderen schlechten Vermögenslage oder in einer<br />

unredlichen Verhaltensweise des Schuldners, welche die vollständige Befriedigung<br />

der Gläubiger als zweifelhaft oder gefährdet erscheinen lassen. In einer solchen<br />

Situation darf der Konkurs sofort, d.h. ohne vorgängige Konkursbetreibung,<br />

ausgesprochen werden, SchKG 190.<br />

Materielles <strong>Konkursrecht</strong><br />

Das materielle <strong>Konkursrecht</strong> behandelt die materiellrechtlichen Auswirkungen des<br />

Konkurses auf das Vermögen des Schuldners einerseits <strong>und</strong> auf die Gläubigeransprüche<br />

sowie auf die Rechte Dritter andererseits, §§ 40 – 42. Alles verwertbare<br />

Vermögen des Gläubigers gilt als Sondervermögen, über welches der Schuldner<br />

infolge des Konkursbeschlages nicht mehr verfügen darf, obwohl er immer noch<br />

Eigentümer ist. [ = Aktivmasse, Konkursmasse].<br />

Alle Forderungen der Gläubiger, die nun ihren individuellen Vollstreckungsanspruch<br />

verloren haben, bilden die Passivmasse.<br />

Formelles <strong>Konkursrecht</strong><br />

Aufgabe des formellen <strong>Konkursrecht</strong>s ist es, die Aktiven des Schuldners in einem<br />

Inventar <strong>und</strong> die Passiven im Kollokationsplan festzustellen; die Aktivmasse zu<br />

verwalten <strong>und</strong> zu verwerten; kurzum: Aktiv- <strong>und</strong> Passivmasse zu liquidieren.


§ 36 Konkursgründe - Die ordentliche Konkursbetreibung<br />

36.1. Konkursandrohung<br />

36.2. Güterverzeichnis<br />

Das Einleitungsverfahren der ordentlichen Konkursbetreibung erfolgt analog der<br />

Betreibung auf Pfändung: BB, ZB, ggf. RV, ggf. Röf-V, ggf. Aberkennungsklage oder<br />

Leistungsklage oder Feststellungsklage.<br />

Ebenso erfolgt das Fortsetzungsbegehren – das BA stellt jetzt aber die Weiche <strong>und</strong><br />

setzt die Betreibung auf dem Wege der Konkursbetreibung fort, SchKG 38 III.<br />

Falsche Weichenstellung muss von Amtes wegen korrigiert werden, bspw. Aufhebung der irrtümlichen<br />

Pfändung <strong>und</strong> Zustellung der Konkursandrohung.<br />

• Konkursandrohung<br />

• Fakultative Aufnahme eines Güterverzeichnisses<br />

• Konkurseröffnung<br />

Sie wird dem Schuldner in derselben Form wie der Zahlungsbefehl unverzüglich<br />

nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens zugestellt. Sie entspricht der Pfändungsankündigung<br />

in der Spezialexekution <strong>und</strong> kann nur vom BA am Konkursort gültig<br />

erlassen werden, anderenfalls sie nichtig wäre.<br />

1. Voraussetzungen der Konkursandrohung<br />

• Die Betreibung muss sich gegen einen im Zeitpunkt der Konkursandrohung<br />

konkursfähigen Schuldner richten; das Fortsetzungsbegehren muss noch während der<br />

Dauer der Konkursfähigkeit gestellt worden sein, SchKG 39 <strong>und</strong> 40.<br />

• Der Schuldner muss in der Schweiz einen Konkursort haben<br />

• Die Betreibung auf Konkurs darf nicht durch einen gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen<br />

sein, bspw. SchKG 41 [Ausnahmen möglich], SchKG 43.<br />

• Rechtskräftiger Zahlungsbefehl [Ausnahme: infolge Pfandausfall- oder<br />

Pfändungsverlustschein].<br />

• Begehren des Gläubigers.<br />

2. Inhalt der Konkursandrohung<br />

SchKG 160<br />

Das Güterverzeichnis ist ähnlich dem Retentionsverzeichnis oder dem Arrest eine<br />

bloss vorläufige Sicherungsmassnahme zum Schutz der Gläubigerrechte, folglich<br />

keine Betreibungshandlung. Im Falle der Form eines amtlichen Inventars des<br />

Schuldnervermögens wird festgestellt, was im Falle der Konkurseröffnung alles zur<br />

Aktivmasse gehören könnte.<br />

Da es später – im Falle der Konkurseröffnung – die Gr<strong>und</strong>lage für das<br />

Konkursinventar bildet, kann es nur vom zuständigen Konkursgericht angeordnet<br />

werden; einseitige Verfügung im summarischen Verfahren, SchKG 162, 341 I, ZPO<br />

213 Ziff 4, GVG 23. [Rekurs oder NB an OGer, SB an BGer, NB an KassG, SB]<br />

Die Aufnahme des Güterverzeichnisses setzt ein Begehren des Gläubigers voraus.<br />

Diese ordnet es an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Sicherung des Schuldnervermögens<br />

wegen Gefährdung des Gläubigerinteresses als geboten erscheinen<br />

lassen, SchKG 162. Bei gegebenen Voraussetzungen steht dem Gläubiger auch der<br />

billigere Arrest zur Verfügung.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der gerichtlichen Verfügung nimmt das BA das Güterverzeichnis auf,<br />

SchKG 163 I. Ist Gefahr im Verzug, darf die Ankündigung i.S.v. SchKG 90 [Verweis<br />

durch SchKG 163 II] unterbleiben. Im Hinblick auf die Generalexekution muss der<br />

Schuldner nun aber alle ihm gehörenden Vermögenswerte angeben.<br />

Obwohl das Güterverzeichnis dem Arrest oder dem Retentionsverzeichnis ähnelt,<br />

gehen die Wirkungen weniger weit: Der Schuldner ist bloss einer modifizierten<br />

Verfügungsbeschränkung unterworfen; er ist verpflichtet, die aufgezeichneten<br />

Vermögensbestandteile zu erhalten. Er darf sie aber gebrauchen <strong>und</strong> verbrauchen,<br />

muss sie aber durch gleichwertige ersetzen. Dem Schuldner obliegt nur die Pflicht,<br />

den Wert des inventarisierten Vermögens zu bewahren. Ohne Ersatzpflicht darf der<br />

Schuldner nur soviel verbrauchen, als er nach dem Ermessen des BA für den<br />

Lebensunterhalt von sich <strong>und</strong> seiner Familie benötigt.<br />

Das Güterverzeichnis darf infolge seines provisorischen Sicherungszwecks nicht<br />

unbeschränkt lange gelten. Stimmen sämtliche Gläubiger, die das<br />

Einleitungsverfahren erfolgreich durchgeführt haben, zu, kann das BA das<br />

Güterverzeichnis aufheben, SchKG 165 I; von Gesetzes wegen innert 4 Monaten<br />

nach Erstellung des Verzeichnisses, SchKG 165 II; der Gläubiger soll innert dieser<br />

Frist Konkursbegehren stellen. Ausnahme: Bei provisorischer Röf; dann wirkt GüV<br />

während ganzer Dauer des Aberkennungsprozesses.<br />

Ebenso macht der Entscheid über das Konkursbegehren das GüV entweder<br />

gegenstandslos oder zur Gr<strong>und</strong>lage für das Konkursinventar.


36.3. Konkurseröffnung<br />

Die Konkurseröffnung schliesst die Konkursbetreibung ab <strong>und</strong> löst die<br />

Generalexekution aus. Hat das Gericht auf Antrag [Konkursbegehren] des<br />

Gläubigers den Konkurs eröffnet, wird er von Amtes wegen abgewickelt.<br />

Konkursbegehren<br />

SchKG 166 I; Einreichen beim Konkursgericht am Konkursort. Legitimiert ist der<br />

Gläubiger, der die Konkursandrohung erwirkt hat. Frist: frühestens 20 Tage seit der<br />

Konkursandrohung <strong>und</strong> spätestens 15 Monate nach Zustellung des ZB; Röf-Fristen<br />

verlängern die Frist, SchKG 166.<br />

Zieht der Gläubiger das Begehren zurück, darf er es erst nach einem Monat<br />

erneuern, SchKG 167.<br />

Die Einreichung eines Konkursbegehrens bewirkt,<br />

• Dass der Richter den Termin für die gerichtliche Verhandlung (Konkursverhandlung)<br />

bestimmt, SchKG 168<br />

• Dass der Antragsteller von Gesetzes wegen für die Kosten bis zum Schuldenruf oder bis<br />

zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven haftet [Vorschuss möglich]<br />

• Dass das Gericht zur Wahrung der Gläubigerinteressen vorsorgliche Massnahmen treffen<br />

kann, SchKG 170, wie Güterverzeichnis, Verfügungsbeschränkung im GB,<br />

Zahlungsverbot, Beschlagnahme, Siegelung, Schliessungen.<br />

Konkurseröffnungsverfahren<br />

Über das Konkursbegehren wird im summarischen Verfahren entschieden, SchKG<br />

25 Ziff. 2a; ER im sV, Rekurs an OGer, staBe an BGer. Am angezeigten Termin wird<br />

ohne Aufschub entschieden; der Richter hat konkurshindernde Tatsachen von Amtes<br />

wegen zu beachten [Untersuchungsmaxime].<br />

Entscheid des Gerichtes<br />

1. Aussetzen des Entscheides<br />

Verschiedentlich muss erst noch der Ausgang eines anderen Verfahrens<br />

abgewartet werden, bevor über das Konkursbegehren entschieden werden<br />

kann, SchKG 173 <strong>und</strong> 173a.<br />

Entweder sind noch Fragen offen, deren Beurteilung in die Zuständigkeit der<br />

Aufsichtsbehörde fällt [Beschwerde mit aufschiebender Wirkung]; die Betreibung<br />

im Rahmen von SchKG 85 oder 85 a II vom Richter eingestellt wurde<br />

[Einstellung nach 85 a III bewirkt Abweisung, SchKG 172 Ziff. 3 p.a.] Ebenso<br />

kann ein Gesuch um Nachlass- oder Notst<strong>und</strong>ung das Aussetzen eines<br />

Entscheides rechtfertigen oder wenn ein Gesuch um Bewilligung einer<br />

besonderen Zahlungsfrist nach ZGB 203, 218, 235, 250 erfolgt.<br />

2. Abweisung des Konkursbegehrens [zwingend]<br />

• SchKG 172 Ziff. 1, ebenso wenn Aufsichtsbehörde Nichtigkeit der<br />

Konkursbetreibung festgestellt hat.<br />

• SchKG 172 Ziff. 2, nachträglicher RV oder Wiederherstellung einer Frist<br />

• SchKG 172 Ziff. 3 als beso Anwendungsfall von SchKG 85.<br />

• Einstellung der Betreibung nach SchKG 85 a III bzw. 85.<br />

• Bewilligung einer besonderen Zahlungsfrist nach ZGB 203, 218, 235, 250<br />

• Gewährung einer Nachlass- oder Notst<strong>und</strong>ung.<br />

3. Gutheissung des Konkursbegehrens<br />

= Konkurserkenntnis [Konkursdekret]. Das Gericht spricht den Konkurs aus,<br />

sofern weder ein Nichteintretens- noch ein Aussetzungs- noch ein<br />

Abweisungsgr<strong>und</strong> vorliegt, SchKG 171 Ziff. 2. Die Konkurseröffnung ist sofort<br />

wirksam, das Konkurserkenntnis mithin sofort vollstreckbar, die Weiterziehung<br />

des Entscheides hat nur auf bewilligtes Gesuch hin aufschiebende Wirkung,<br />

SchKG 174 III.<br />

Der Zeitpunkt des Entscheides muss nach Tag <strong>und</strong> St<strong>und</strong>e bestimmt sein, weil<br />

der Konkurs damit augenblicklich seine materiell- <strong>und</strong> formellrechtlichen<br />

Wirkungen entfaltet, SchKG 175.<br />

Zivilrechtliche Folgen:<br />

Eintritt der Gütertrennung, ZGB 188<br />

Erlöschen einer Vollmacht, OR 35 I<br />

Recht des Vertragspartners, Gegenleistung zurückzubehalten, OR 83<br />

Hinfall eines Schenkungsversprechens, OR 250 II.<br />

Belangbarkeit des einfachen Bürgen, OR 495 I.<br />

Für den Weiterzug gelten b<strong>und</strong>esrechtliche Minimalgr<strong>und</strong>sätze, SchKG 174. Die<br />

Frist von 10 Tagen ist wiederherstellbar <strong>und</strong> verlängerbar. Legitimiert ist der<br />

Schuldner <strong>und</strong> der Gläubiger, der das Konkursbegehren gestellt hat; nicht am<br />

Verfahren beteiligte Gläubiger gr<strong>und</strong>sätzlich nicht. [Rekurs, NB, SB]<br />

Anfechtungsobjekt ist der Entscheid des Konkursgerichtes; bloss Aussetzung<br />

kann nur mit einem kt. Rechtsmittel weitergezogen werden, BGE 78 III 27.


§ 37 Konkursgründe - Die Wechselbetreibung<br />

37.2. Voraussetzungen<br />

37.3. Einleitungsverfahren<br />

Die Wechselbetreibung ist eine besondere Art Konkursbetreibung für Forderungen,<br />

die sich auf einen Wechsel oder einen Check gründen. Sie ist ganz der Eigenart<br />

dieser Wertpapier angepasst <strong>und</strong> somit auch auf die Bedürfnisse des<br />

Handelsverkehrs angepasst: Raschheit.<br />

Die Beschleunigung wird erzielt durch:<br />

• Verkürzung der Fristen<br />

• Ausschluss der Betreibungsferien<br />

• Erschwerung des Rechtsvorschlages<br />

• Verzicht auf die Konkursandrohung <strong>und</strong> somit auch auf die Gnadenfrist von SchKG 160 I<br />

Ziffer 3.<br />

• Verzicht auf eine zweitinstanzliche Beurteilung des Konkursbegehrens.<br />

Materiellrechtliche Voraussetzungen<br />

• Forderungen, die auf einem Wechsel oder Check beruhen, SchKG 177 I. [Postcheck]<br />

• Die Anforderungen an denselben nach OR 991, 1096 <strong>und</strong> 1100 müssen erfüllt sein.<br />

• Die Wechselbetreibung kann gegen jeden konkursfähigen Schuldner erhoben werden, der<br />

aus einem Wechsel oder Check haftet, sei es als Aussteller, Akzeptant, Indossant,<br />

Wechselbürge oder als deren Rechtsnachfolger.<br />

Betreibungsrechtliche Voraussetzungen<br />

• Konkursfähigkeit des Schuldners, SchKG 177 I; entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem die<br />

Betreibung eingeleitet wird.<br />

• Ausdrückliches Begehren um Durchführung der Wechselbetreibung, SchKG 177 I,<br />

ansonsten kommt es zur ordentlichen Konkursbetreibung.<br />

Betreibungsbegehren<br />

Übliche Angaben gemäss SchKG 67; ausdrückliches Verlange nach der Wechselbetreibung,<br />

zusätzlich ist der Check oder der Wechsel dem BA zu übergeben. Der<br />

BA überprüft auch hier nicht materiell; die materiellrechtliche Gültigkeit des Checks<br />

oder Wechsels erfolgt nur summarisch. Wenn die materiellen Voraussetzungen<br />

offensichtlich fehlen, darf die Wechselbetreibung verweigert werden; die<br />

einlässlichere Prüfung bleibt jedoch dem Richter vorbehalten.<br />

Zuständig ist das BA am Konkursort.; Unverückbarkeit erfolgt bereits mit der<br />

Zustellung des ZB, SchKG 53.<br />

Zahlungsbefehl<br />

Zusätzlich erfolgt die Aufforderung an den Schuldner, binnen 5 Tagen den Gläubiger<br />

zu befriedigen bzw. begründeten Rechtsvorschlag zu erheben bzw. Beschwerde<br />

zu erheben, SchKG 178. Der Zahlungsbefehl enthält zusätzlich bereits die<br />

Konkursandrohung, die somit – rein formal – in der Wechselbetreibung wegfällt.<br />

Unverzügliche Zustellung – Es gelten jedoch bloss die Betreibungsferien nicht !!<br />

Rechtsvorschlag<br />

Der Rechtsvorschlag muss begründet werden, dafür kann er auch nicht durch<br />

gewöhnliche Rechtsöffnung beseitigt werden:<br />

Der Rechtsvorschlag muss schriftlich eingegeben werden <strong>und</strong> mit einem der im<br />

Gesetz abschliessend genannten Gründe begründet werden. Selbst ein zunächst<br />

unbegründeter Rechtsvorschlag ist anhand zu nehmen, das Begründungserfordernis<br />

ist reine Ordnungsvorschrift. Nachträgliche Ergänzung oder Abänderung der<br />

Begründung ist zulässig, SchKG 179 II.<br />

Eine Wiederherstellung der Frist ist ausgeschlossen, SchKG 179 III; ein<br />

nachträglicher RV bei Gläubigerwechsel i.S.v. SchKG 77 ist zugelassen.<br />

Der Rechtsvorschlag wird beim Betreibungsamt erhoben, SchKG 179 I. Das<br />

Betreibungsamt – oder die Aufsichtsbehörde auf Beschwerde hin – entscheidet, ob<br />

der Rechtsvorschlag zeit- <strong>und</strong> formgerecht erhoben wurde. Anschliessend wird er<br />

dem Gericht überwiesen, SchKG 181 I.<br />

Über die Bewilligung des Rechtsvorschlages entscheidet das Gericht im<br />

summarischen Verfahren, SchKG 26 Ziff. 2b, ZPO 213 Ziff 6, GVG 23. Zuständig ist<br />

das Gericht am Konkursort. Rechtsmittel innert 5 Tagen an oberes kt. Gericht. Das<br />

Gericht darf den Rechtsvorschlag nur bei Vorliegen eines der im Gesetz<br />

abschliessend genannten Gründe bewilligen. [Für die Fälschungseinrede ist OR 997<br />

zu beachten; nur Fälschung der eigenen Unterschrift kann eingewendet werden].<br />

SchKG 184 Ziff. 4 beinhaltet allgemein-materiellrechtliche Einreden, bspw. Irrtum,<br />

Zwang, Täuschung, Arglist, unsittlicher Inhalt der Verpflichtung, Unklagbarkeit der<br />

Forderung, fehlende Vollmacht usw. Im Falle von SchKG 184 Ziff. 4 erfolgt aber nur<br />

eine bedingte Bewilligung des Rechtsvorschlages.


37.4. Fortsetzung der Wechselbetreibung<br />

Gerichtlicher Entscheid über den Rechtsvorschlag<br />

1. Unbedingte Bewilligung<br />

Die Bewilligung des Rechtsvorschlages aufgr<strong>und</strong> von SchKG 182 Ziff. 1 – 3<br />

erfolgt unbedingt.<br />

Die Betreibung wird eingestellt <strong>und</strong> der Gläubiger muss seinen Anspruch<br />

auf dem ordentlichen Prozessweg mit der Wechselklage geltend machen,<br />

SchKG 186. [Leistungsklage], nun geht es um eine materiellrechtliche<br />

Streitigkeit. Es gibt in der Wechselbetreibung wegen dieser gerichtlichen<br />

Beurteilung des Rechtsvorschlages kein eigentliches Rechtsöffnungsverfahren.<br />

Obsiegt der Gläubiger in diesem Prozess, kann er die Betreibung fortsetzen <strong>und</strong> das Konkursbegehren<br />

stellen, SchKG 188 I; unterliegt er, fällt die Betreibung dahin.<br />

2. Bedingte Bewilligung<br />

Auch die Bewilligung des Rechtsvorschlages aufgr<strong>und</strong> von SchKG 182 Ziff. 4<br />

bewirkt die Einstellung der Betreibung. Weil aber in diesem Fall nicht die<br />

wechselrechtliche Verbindlichkeit in Frage steht, wird die Bewilligung nur unter<br />

der Bedingung erteilt, dass der Schuldner die Forderungssumme in Geld oder<br />

Wertschriften hinterlegt oder anderweitig Sicherheit bietet. Diese Bedingung<br />

muss schon vor dem Bewilligungsentscheid erfüllt sein.<br />

Es handelt sich hier nicht um eine Sicherheit, die im Konkursfall der<br />

Konkursmasse <strong>und</strong> somit allen Gläubigern zugute käme, sondern um eine<br />

bedingte Zahlung; die somit im Konkursfall allein dem Wechselgläubiger zugute<br />

käme.<br />

Die Hinterlage oder Sicherheitsleistung des Schuldners muss stets prosequiert<br />

werden, SchKG 184 II, der Gläubiger hat Wechselklage zu erheben.<br />

3. Abweisung des Rechtsvorschlages <strong>und</strong> Rückforderung<br />

Bewilligt das Gericht den Rechtsvorschlag nicht, kann der Gläubiger die<br />

Betreibung ohne weiteres fortsetzen. Der Entscheid ist sofort vollstreckbar,<br />

selbst wenn er weitergezogen würde, SchKG 36. Mit dem Entscheid können<br />

vorsorgliche Massnahmen nach SchKG 170 angeordnet werden. Nötigenfalls<br />

wird das Gericht jetzt aber auch dem Gläubiger eine Sicherheitsleistung<br />

auferlegen, diese soll einen allfälligen Rückforderungsanspruch des Schuldners<br />

decken, SchKG 183 III.<br />

Gefahr, dass Schuldner ungerechtfertige Forderung in Wechselbetreibung zahlt, ist sehr gross: Ihm<br />

steht keine Aberkennungsklage sowie keine Feststellungsklage nach SchKG 85 a zur Verfügung.<br />

Da die Konkursandrohung im Zahlungsbefehl bereits vorweggenommen ist, SchKG<br />

178 II Ziff. 4 <strong>und</strong> 188 I, wird die Wechselbetreibung nach erfolgreich durchgeführtem<br />

Einleitungsverfahren unmittelbar mit dem Konkursbegehren fortgesetzt.<br />

Konkursbegehren<br />

Nach Ablauf der Zahlungsfrist <strong>und</strong> bei Rechtskraft des ZB kann der Gläubiger die<br />

Konkurseröffnung beantragen. Rechtskräftig ist der Zahlungsbefehl, wenn der<br />

Schuldner keinen RV eingegeben hat, dieser nicht bewilligt wurde oder wenn seine<br />

Wirkungen nach erfolgreicher Wechselklage dahingefallen sind.<br />

Das Konkursbegehren muss während der einmonatigen Gültigkeitsdauer des<br />

Zahlungsbefehls gestellt werden; bei Rechtsvorschlag zählt die Frist des<br />

Bewilligungsverfahrens bzw. des Wechselprozesses nicht, SchKG 188 II.<br />

Konkurseröffnungsverfahren<br />

Lediglich in zwei Punkten weicht das Eröffnungsverfahren infolge der<br />

Beschleunigung vom Eröffnungsverfahren der ordentlichen Konkursbetreibung ab,<br />

SchKG 189: Die Frist in SchKG 189 ist ein Versehen, soll doch der Richter in der<br />

ordentlichen Betreibung bereits „ohne Aufschub“, SchKG 171, entscheiden.<br />

Die Weiterziehung des Entscheides mit einem ordentlichen Rechtsmittel an eine<br />

obere Instanz ist ausgeschlossen, SchKG 189 II erwähnt SchKG 174 mit Absicht<br />

nicht: NB an Obergericht, SB an B<strong>und</strong>esgericht.


§ 38 Konkurseröffnung ohne Betreibung<br />

38.1. Konkurseröffnung auf Antrag des Gläubigers<br />

Ohne vorgängige Betreibung kann nur ausnahmsweise über einen Schuldner der<br />

Konkurs eröffnet werden, nämlich wenn ein materieller Konkursgr<strong>und</strong> vorliegt. Es<br />

sind Tatbestände, welche eine Zwangsvollstreckung ohne Zeitverlust erheischen<br />

oder welche die vorgängige Durchführung einer Betreibung sachlich nicht mehr<br />

rechtfertigen. Dann kann u.U. auch ein an sich nicht konkursfähiger Schuldner von<br />

einer Konkurseröffnung betroffen sein.<br />

Anstoss ist ein direktes Konkursbegehren an das Konkursgericht ohne vorgängige<br />

Konkursandrohung, ausgehend vom Gläubiger, vom Schuldner oder einer Behörde.<br />

Auch diese Konkurseröffnung ist aber immer nur am Konkursort zulässig, mit der<br />

Vorladung des Schuldners tritt die perpetuatio fori ein, SchKG 53 p.a.<br />

Wenn der Gläubiger ermächtigt wird, sofort die Konkurseröffnung über den<br />

Schuldner zu verlangen, besteht eine Gefährdung der Eintreibbarkeit seiner<br />

Forderung als Voraussetzung.<br />

Entweder sind es Tatbestände, die sich gegen jeden beliebigen Schuldner richten,<br />

SchKG 190 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 3; oder ein Tatbestand, der sich nur gegen einen<br />

konkursfähigen Schuldner richten kann, SchKG 190 I Ziff. 2.<br />

1. Sofortige Konkurseröffnung über jeden beliebigen Schuldner<br />

• Unbekannter Aufenthaltsort des Schuldners, SchKG 190 I Ziff. 1. Nicht das<br />

Fehlen eines festen Wohnsitzes ist entscheidend, sondern allein die<br />

Unkenntnis des tatsächlichen Aufenthaltsortes trotz zweckmässiger <strong>und</strong><br />

zumutbarer Nachforschungen.<br />

• Unredliches Verhalten des Schuldners gegenüber einem oder mehreren<br />

Gläubigern, das deren Interessen gefährdet oder sogar schädigt; aber nur<br />

die vom Gesetz abschliessend genannten Gründe, SchKG 190 I Ziff. 1:<br />

• Flucht des Schuldners; jeder ernsthafte Fluchtversuch ins Ausland gilt<br />

• Betrügerische Handlungen zum Nachteil seiner Gläubiger; jedes<br />

Handeln in der Absicht genügt, kein Tatbestand i.S. StGB muss erfüllt<br />

sein<br />

• Verheimlichung von Vermögenswertung in der Betreibung auf<br />

Pfändung, d.h. nicht pflichtgemässe 6 Angabe, Schädigungsabsicht ist<br />

nicht erforderlich.<br />

Liegt solches fraudulöses Verhalten des Schuldners vor, darf jeder<br />

Gläubiger die sofortige Konkurseröffnung verlangen.<br />

• Widerruf einer Nachlasst<strong>und</strong>ung, Verwerfen oder Widerruf eines<br />

Nachlassvertrages gegenüber dem Schuldner. Allerdings muss das<br />

Konkursbegehren innert 20 Tagen erfolgen.<br />

2. Sofortige Konkurseröffnung über den konkursfähigen Schuldner<br />

• Legitimiert, sie zu verlangen, ist der Gläubiger, dessen Schuldner seine<br />

Zahlungen eingestellt hat. Mit der Zahlungseinstellung manifestiert der<br />

Schuldner nach aussen seine Zahlungsunfähigkeit.<br />

[Nicht mit Überschuldung zu verwechseln; Überschuldung ist ein<br />

selbständiger Konkursgr<strong>und</strong>. Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit ist aber<br />

auch nicht einfach mangelndem Zahlungswillen gleichzusetzen; es muss objektiv<br />

Illiquidität vorliegen, die den Schuldner ausserstande setzt, den Gläubiger bei<br />

Fälligkeit seiner Forderungen zu befriedigen. Nicht nur vorübergehende<br />

Zahlungsschwierigkeiten, sondern der Schuldner muss sich auf unabsehbare Zeit in<br />

dieser Lage befinden. Bereits das Einstellen wesentlicher Teile der Zahlungen<br />

genügt]<br />

3. Verfahren<br />

Der Gläubiger braucht nur beim Konkursgericht das Konkursbegehren zu stellen.<br />

Legitimiert ist jeder Gläubiger, gleichgültig, ob seine Forderung fällig ist oder<br />

nicht, gleichgültig auch, ob seine Forderung erst nach Eintritt des<br />

Konkursgr<strong>und</strong>es entstanden ist oder nicht.<br />

Der Antragsteller muss sich nur als Gläubiger ausweisen <strong>und</strong> den angerufenen<br />

Konkursgr<strong>und</strong> glaubhaft machen.<br />

Der Schuldner hat die Möglichkeit einer Replik, SchKG 190 II.<br />

Die Bestimmungen über die Eröffnung des ordentlichen Konkurses sind<br />

anwendbar, SchKG 194. [Kostenvorschuss, Sicherung, Aussetzen des<br />

Entscheides, Weiterziehung usw.].<br />

6 Pflichtgemäss: Der Schuldner ist nur verpflichtet, soviel Vermögen anzugeben, als dass für die Tilgung der Forderungen notwendig ist, Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Verhältnismässigkeit.


38.2. Konkurseröffnung auf Antrag des Schuldners<br />

Der Schuldner kann selbst ein Interesse daran haben, dass über ihn der Konkurs<br />

eröffnet wird. Namentlich der sonst nicht konkursfähige Schuldner vermag dadurch<br />

einer Häufung von Spezialexekutionen zu entrinnen. Ebenso kann das Interesse<br />

aber auch darin bestehen, eine günstige Ausgangslage zum Abschluss eines<br />

Nachlassvertrages zu schaffen. Ggf. kann der Schuldner zur sofortigen<br />

Konkurseröffnung sogar verpflichtet sein, bspw. Kapitalgesellschaften.<br />

1. Insolvenzerklärung des Schuldners, SchKG 191<br />

• Ist der Schuldner zahlungsunfähig, hat er das Recht, selber die<br />

Konkurseröffnung zu beantragen. Es steht jedem Schuldner zu.<br />

Mit ihr fallen bereits vollzogene Pfändungen – auch Lohnpfändungen – dahin. Schon<br />

während des Konkurses darf er über seinen laufenden Lohn [Betreffnisse, die nach<br />

Konkurseröffnung anfallen] wieder völlig frei verfügen. Nach Abschluss des<br />

Konkurses kann er für die Konkursforderungen erst wieder betrieben werden, wenn er<br />

zu neuem Vermögen gelangt ist.<br />

Um Missbrauch vorzubeugen, kann der Schuldner den Konkurs nur<br />

beantragen, d.h. er muss dem Richter seine finanziellen Verhältnisse<br />

darlegen, der ein offensichtlich missbräuchliches Konkursbegehren<br />

abweisen muss, ZGB 2.<br />

Kein schutzwürdiges Interesse an der Konkurseröffnung; es ginge nur darum, seine<br />

Gläubiger zu prellen <strong>und</strong> wieder in den Genuss seines vollen Lohnes zu gelangen.<br />

Überdies muss geprüft werden, ob für eine natürliche Person nicht Aussicht<br />

auf eine private Schuldenbereinigung nach SchKG 333 ff. besteht, SchKG<br />

191 II; ebenso ob ein Tatbestand nach SchKG 206 III vorliegt.<br />

Antragsberechtigt ist der Schuldner; für ein zahlungsunfähiges Mündel muss<br />

der Vorm<strong>und</strong> die Zustimmung der Vorm<strong>und</strong>schaftsbehörde einholen, ZGB<br />

421 Ziff. 10. Eine Stiftung bedarf der Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde,<br />

für eine AG müsste – gestützt auf einen Auflösungsbeschluss der GV – der<br />

VR die Insolvenzerklärung abgeben, OR 716 <strong>und</strong> 736.<br />

Parteistellung kommt den Gläubigern nicht zu; sie sind aber zwecks<br />

Abklärung einer privaten Schuldenbereinigung anzuhören.<br />

SchKG 194 => Ordentlicher Konkurs.<br />

Der unentgeltliche Rechtsbeistand wird nach Peter / Spühler abgelehnt.<br />

2. Überschuldungsanzeige bei Kapitalgesellschaften / Genossenschaften<br />

• Der Tatbestand einer Überschuldung bildet einen besonderen<br />

Konkursgr<strong>und</strong> gegenüber einer Kapitalgesellschaft [AG, KommAG, GmbH]<br />

oder einer Genossenschaft, SchKG 192.<br />

• Überschuldung bedeutet, dass das Fremdkapital, d.h. die Forderungen von<br />

Gesellschaftsgläubigern, nicht mehr durch die Aktiven voll gedeckt ist.<br />

Solange mindestens die Hälfte des Eigenkapitals vorhanden ist, bleibt eine blosse<br />

Unterbilanz unbeachtlich. Trifft dies aber nach der letzten Jahresbilanz nicht mehr zu,<br />

muss unbedingt eine GV einberufen werden. Der Gang zum Konkursrichter wird erst<br />

unvermeidlich, wenn der Bilanzverlust das gesamte Eigenkapital aufgezehrt hat <strong>und</strong><br />

sogar das Fremdkapital erfasst hat.<br />

Bei begründeter Besorgnis einer solchen Überschuldung ist unverzüglich<br />

eine Zwischenbilanz zu erstellen <strong>und</strong> der Revisionsstelle vorzulegen.<br />

Bestätigt sich der Verdacht, sind die zuständigen Organe wie ggf. die<br />

Revisionsstelle verpflichtet, im Interesse der Gläubiger den Richter zu<br />

benachrichtigen, OR 725 II.<br />

Anlass zu Verdacht besteht, wenn bei bescheidenem Eigenkapital hohe Debitoren-<br />

oder Spekulationsverluste eintreten oder ein hoher Preiszerfall.<br />

• Die Überschuldungsanzeige darf nur unterbleiben, wenn die Bilanz binnen<br />

kurzer Zeit saniert werden kann, insbesondere durch Rangrücktrittserklärungen<br />

von Gläubigern im Umfange der Unterdeckung.<br />

Rangrücktritt hindert aber niemanden, bei Fälligkeit seine Forderung geltend zu<br />

machen; es müsste schon ein „St<strong>und</strong>ungsrücktritt“ sein.<br />

• Nach summarischer Überprüfung der Überschuldung anhand der<br />

Zwischenbilanz soll der Richter, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, von<br />

Amtes wegen den Konkurs eröffnen, damit der Betrieb nicht mit neuen<br />

Verlusten zum Schaden der Gläubiger weitergeführt wird. SchKG 194 I ist<br />

anwendbar, nur darf von der überschuldeten Gesellschaft kein<br />

Kostenvorschuss gefordert werden.<br />

• Von der Konkurseröffnung darf nur abgesehen werden, wenn entweder ein<br />

Antrag auf Konkursaufschub gestellt wird <strong>und</strong> ernsthafte Aussichten auf<br />

Sanierung bestehen; oder wenn Anhaltspunkte für das Zustandekommen<br />

eines Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173a II.


§ 39 Widerruf des Konkurses<br />

3. Konkurseröffnung auf behördliche Anordnung<br />

= Konkursamtliche Liquidation einer Erbschaft. Diese kann durchgeführt werden,<br />

ungeachtet ob der Erblasser z.Z. seines Todes konkursfähig war.<br />

• Der Erbschaftskonkurs erfolgt, wenn eine Erbschaft erwiesenermassen oder<br />

vermutungsweise überschuldet ist. Ob dem so ist, beurteilt sich nach dem<br />

Erbrecht, insbesondere der Regelung der Ausschlagung, SchKG 193.<br />

• Anschliessend wird die konkursamtliche Liquidation angeordnet,<br />

o Sofern die gesetzlichen wie auch die eingesetzten Erben die Erbschaft<br />

ausgeschlagen haben oder wenn die Ausschlagung vermutet wird, ZGB<br />

566 ff.<br />

o Aber auch schon wenn die nächsten gesetzlichen Erben die Erbschaft<br />

vorbehaltlos ausschlagen, ZGB 573 <strong>und</strong> 575<br />

o Oder wenn sich im Verlauf der Durchführung einer amtlichen<br />

Liquidation nach ZGB 593 ff. die Erbschaft als überschuldet erweist,<br />

ZGB 597.<br />

• Auch der Erbschaftskonkurs wird durch einen Entscheid des<br />

Konkursrichters eröffnet, nachdem die Erbschaftsbehörde ihm die Akten von<br />

Amtes wegen überwiesen hat, SchKG 193 I. Die Kosten sind aus dem<br />

Liquidationserlös vorweg zu bezahlen, sie dürfen nicht den Erben auferlegt<br />

werden. Die konkursamtliche Liquidation der Erbschaft kann jedoch auch<br />

von einem Gläubiger oder einem Erben beantragt werden, SchKG 193 III,<br />

von einem Gläubiger namentlich im Falle von ZGB 594. Von ihm kann ein<br />

Kostenvorschuss verlangt werden.<br />

• Ein allfälliger Liquidationsüberschuss fällt den berechtigten Erben zu,<br />

insbesondere auch bei einer ausgeschlagenen Erbschaft, ZGB 573 II.<br />

• Verlustscheine werden bloss auf Verlangen <strong>und</strong> auf Kosten des Gläubigers<br />

ausgegeben, denn nach Abschluss des Konkurses für die Erbschaftsschulden<br />

besteht normalerweise keine Haftung mehr. Die ausschlagenden<br />

Erben haften den Erbschaftsgläubigern nur mit ihren ausgleichspflichtigen<br />

Vorempfängen, die sie in den letzten 5 Jahren vor dem Tod des Erblassers<br />

bezogen haben, ZGB 579.<br />

Charakteristisch für den Widerruf des Konkurses ist, dass der Richter, der den<br />

Konkurs eröffnet hat, ihn noch vor seinem Abschluss durch einen neuen Entscheid<br />

wieder aufhebt. Das ist geboten, wenn infolge nachträglich eingetretener Tatsachen<br />

– echter nova – Voraussetzungen hinfallen, die zur Konkurseröffnung führten. Dann<br />

wird der Konkurs zwecklos.<br />

Allgemeiner Konkurswiderruf nach SchKG 195<br />

• Nachweis des Schuldners, dass sämtliche Forderungen getilgt sind, oder<br />

• Schriftliche Erklärung sämtlicher Gläubiger, dass sie ihre Konkurseingaben<br />

vorbehaltlos zurückziehen (womit sie auf den Konkurs, nicht aber auf ihre<br />

Forderungen verzichten), oder<br />

• Es ist ein gerichtlicher Nachlassvertrag zustandegekommen.<br />

Der Konkurs kann erst nach Ablauf der Eingabefrist, SchKG 232 II Ziff. 2, widerrufen<br />

werden, muss aber spätestens vor seinem Abschluss widerrufen werden.<br />

Der Widerruf bewirkt den Hinfall sämtlicher Wirkungen des Konkurses, sowohl der<br />

materiell- als auch der formellrechtlichen. Aufgehoben wird damit aber nicht etwa das<br />

Konkurserkenntnis – wie in einem Rechtsmittelverfahren – sondern der Konkurs<br />

selbst <strong>und</strong> mit ihm die Zwangsvollstreckung als Ganzes.<br />

Alle bereits erfolgten Vorkehren wie bspw. das Konkursinventar, sichernde<br />

Massnahmen, Kollokationsverfügungen <strong>und</strong> – entscheide <strong>und</strong> dergleichen fallen<br />

dahin. Bereits durchgeführte Verwertungen betrifft der Widerruf dagegen nicht. V. a.<br />

werden zivilrechtliche Verhältnisse wiederhergestellt, die Verzinslichkeit lebt bspw.<br />

wieder auf [ex tunc !] <strong>und</strong> es gelten wieder die ursprünglichen Fälligkeiten. Mit dem<br />

Widerruf des Konkurses erlangt der Schuldner wieder das volle Verfügungsrecht<br />

über sein Vermögen, SchKG 195 I.<br />

Andererseits können die Gläubiger den Schuldner auch wieder von neuem betreiben.<br />

Frühere Betreibungen, die mit dem Konkurs dahingefallen sind, leben jedoch mit dem<br />

Widerruf nicht einfach wieder auf <strong>und</strong> können daher nicht einfach fortgesetzt werden.<br />

Ausnahme: Einstellung Konkurs mangels Aktiven, SchKG 230 IV.<br />

Einstellung der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft, SchKG 196<br />

Ein gesetzlicher / gewillkürter Erbe tritt nachträglich, aber noch vor Schluss des<br />

Verfahrens die Erbschaft an <strong>und</strong> leistet ausserdem für die Bezahlung der Schulden<br />

genügend Sicherheit. Zudem kann die Liquidation einer Erbschaft auch nach<br />

Gründen von SchKG 195 widerrufen werden, SchKG 196 „überdies“. Wird der<br />

Konkurs widerrufen, fällt der Nachlass dem antragstellenden Erben zu, dafür wird er<br />

den Konkursgläubigern persönliche haftbar.


Materielles <strong>Konkursrecht</strong> [materielle Rechtsverhältnisse im Konkurs]<br />

§ 40 Konkursmasse<br />

Verfahren<br />

Zuständig zum Widerruf ist das Konkursgericht, das den Konkurs eröffnet hat,<br />

entschieden wird im summarischen Verfahren.<br />

[ER im sV, ZPO 213 Ziff. 8, GVG 23, RM: einseitige Verfügung, R (NB), (NB), SB].<br />

Das Gericht greift aber nur auf entsprechenden Antrag ein; in den Fällen von SchKG<br />

195 Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 geht der Antrag vom Schuldner aus, bei SchKG 195 Ziff. 3 teilt das<br />

Nachlassgericht die Bestätigung des Nachlassvertrages der Konkursverwaltung mit.<br />

Im Falle von SchKG 196 muss sein Erbe den Widerruf beantragen.<br />

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten vorzuschiessen, GebV 49 II. Der Widerruf<br />

des Konkurses wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 176.<br />

Im Konkurs bildet das gesamte verwertbare Vermögen des Schuldners das<br />

Vollstreckungssubstrat. Dieses unterliegt von der Konkurseröffnung an als Ganzes<br />

dem Vollstreckungsbeschlag: dem Konkursbeschlag.<br />

Das Konkurssubtrat besteht somit in einer einzigen, einheitlichen Masse, einem<br />

Sondervermögen mit eigenem rechtlichen Schicksal: der Konkursmasse i.e.S.,<br />

SchKG 197 I.<br />

40.1. Örtliche <strong>und</strong> zeitliche Begrenzung der Konkursmasse<br />

Örtliche Begrenzung<br />

Der Konkurs kann in der Schweiz gleichzeitig nur an einem Ort eröffnet sein, dort, wo<br />

er zuerst erkannt wurde, SchKG 55. [zwingend]. Der Konkurs erstreckt sich auf<br />

sämtliches Vermögen des Schuldners, gleichviel, wo es sich befindet, SchKG 197 I.<br />

Dieser Gedanke findet indessen seine Grenze an der staatlichen Souveränität. Der<br />

Rechtsschutz eines Staates kann nicht ohne weiteres auf das Hoheitsgebiet eines<br />

anderen Staates übergreifen. Darum gilt das dem Gesetz zugr<strong>und</strong>e liegende<br />

Universalitätsprinzip nur für die Schweiz. Zwischenstaatlich ist es eingeschränkt<br />

durch den Gr<strong>und</strong>satz der Territorialität.<br />

Über die Landesgrenze hinweg kann deshalb die Universalität eines CH Konkurses<br />

nur durch nachgiebiges Landesrecht des ausländischen Staates oder durch<br />

zwischenstaatliche Vereinbarung verwirklicht werden.<br />

Unabhängig von der faktischen Verwertungsmöglichkeit von im Ausland liegendem Vermögen<br />

ist dieses dennoch ins Konkursinventar aufzunehmen.<br />

Umgekehrt, d.h. im Falle eines im Auslands eröffneten Konkurses, wird dieser –<br />

selbst bei Fehlen eines Staatsvertrages – in der Schweiz anerkannt, wenn die<br />

Voraussetzungen nach IPRG 166 erfüllt sind.<br />

Jedoch nur insoweit, als die in der Schweiz wohnhaften Pfandgläubiger <strong>und</strong> privilegierten<br />

Gläubiger befriedigt sind; diese haben Anspruch auf einen „Mini-Konkurs.“<br />

Zeitliche Begrenzung<br />

Zeitlich gesehen umfasst die Konkursmasse alles Vermögen, das dem Schuldner<br />

zwischen Beginn <strong>und</strong> Ende des Konkurses rechtlich zusteht. Nicht nur sein<br />

Vermögensstand im Zeitpunkt der Konkurseröffnung, sondern auch das Vermögen,<br />

das ihm seither bis zum Schluss des Konkursverfahrens noch anfällt, SchKG 197.<br />

[Erbe, Zins]. Dabei wird jedoch nur zugefallenes Reinvermögen [Lottogewinn –<br />

Einsatz] zugerechnet.<br />

Keinen Vermögenszufall bildet demnach das Erwerbseinkommen, das der Schuldner<br />

nach der Konkurseröffnung erzielt; nur was vorher erworben wurde, fällt in die<br />

Konkursmasse; allein der Zeitpunkt der Entstehung der rechtsbegründenden<br />

Tatsachen ist massgebend. Über seinen Arbeitserwerb kann der Schuldner somit<br />

von der Konkurseröffnung an frei verfügen, selbst wenn es zuvor gepfändet wurde<br />

<strong>und</strong> das Ende der Jahresfrist, SchKG 93 II, auf einen Zeitpunkt nach der Konkurseröffnung<br />

fiel.<br />

Selbst Ersparnisse, die der Schuldner aus seinem Erwerbseinkommen macht, stellen<br />

nicht anfallendes Vermögen dar; daraus kann höchstens einmal „neues Vermögen“<br />

gebildet werden, auf welches die Gläubiger aber erst nach Schluss des Konkurses<br />

gestützt auf ihre Verlustscheine, greifen können.<br />

Sicherungsmittel der Gläubiger ?<br />

Sachliche Begrenzung<br />

Es kann nur verwertbares Vermögen des Schuldners herangezogen werden. Zur<br />

Konkursmasse gehört somit alles, was auch pfändbar wäre, SchKG 197 I. Es gehört<br />

alles zur Konkursmasse, was dem Schuldner zu Eigentum oder auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

anderen absoluten oder obligatorischen Rechts zusteht. Auch erbrechtliche<br />

Ansprüche gehören dazu, wobei die den Gläubigern eines konkursiten Erben nach<br />

zivilrechtlicher Ordnung zustehenden Rechte nunmehr von der Konkursverwaltung<br />

geltend gemacht werden, ZGB 578 <strong>und</strong> 524.


40.2. Aussonderungsrechte Dritter<br />

40.3. Verrechnungsansprüche von Konkursgläubigern<br />

Pfandgegenstände, die dem Schuldner gehören, fallen ebenfalls in die<br />

Konkursmasse, doch bleibt dem Pfandgläubiger das Recht auf Vorausbefriedigung<br />

aus dem Erlös vorbehalten, SchKG 198, 219. Der Pfandgläubiger ist aber zur<br />

Herausgabe des Pfandes verpflichtet, SchKG 232 II Ziff. 4.<br />

Vermögensgegenstande des Schuldners, die vor der Konkurseröffnung gepfändet<br />

oder arrestiert wurden, gehören ebenfalls in die Konkursmasse, denn frühere<br />

Spezialexekutionen sind mit der Konkurseröffnung aufgehoben, SchKG 199 I. Das<br />

trifft aber nur zu, als sie nicht schon vorher im Rahmen der Spezialexekution<br />

verwertet worden sind. In diesem Falle wird der Erlös an die Pfändungsgläubiger<br />

verteilt <strong>und</strong> nur ein allfälliger Überschuss fällt in die Konkursmasse.<br />

Betreibungsrechtliche Anfechtungsansprüche gehören ebenfalls zur Konkursmasse,<br />

SchKG 200 <strong>und</strong> KOV 27 II. Die Anfechtungsansprüche gründen sich durchwegs auf<br />

Rechtshandlungen, durch welche das Vermögen des Schuldners verringert wurde;<br />

der entgangene Vermögenswert soll wieder dem Vollstreckungssubstrat zugeführt<br />

werden, bspw. durch Anfechtung einer fraudulösen Verrechnung nach SchKG 214<br />

oder durch paulianische Anfechtung nach SchKG 285 ff.<br />

Nur das, was dem Schuldner gehört, ist Bestandteil der Konkursmasse. Auch im<br />

Konkurs kann die Rechszugehörigkeit eines Vermögenswertes strittig sein. Dieser<br />

Streit wird durch das Aussonderungs- oder Admassierungsverfahren geklärt.<br />

Materielle Aussonderungsgründe sind: [zum eigtl. Verfahren vgl. § 45]<br />

Zivilrechtliche Aussonderungsgründe<br />

• Eigentum eines Dritten, ZGB 641 II; was ebenfalls für den aus einem Wertpapier<br />

Berechtigten gilt, nicht aber für den Gläubiger einer Forderung, die nicht in<br />

einem Wertpapier verkörpert ist, dort muss sein Prätendentenstreit zwischen<br />

Drittem <strong>und</strong> Konkursmasse erfolgen, OR 168.<br />

• Auftragsrecht, OR 401<br />

• Sonderfälle:<br />

AFG 4 II, AFG 16<br />

BankG 37b, Depotk<strong>und</strong>en: Eigentum<br />

<strong>Konkursrecht</strong>liche Aussonderungsgründe<br />

• Inkassomandant <strong>und</strong> Sicherungsübereignung, SchKG 201<br />

V.a. zugeschnitten auf fiduziarisch übertragene Inhaberpapiere, aber auch anwendbar auf voll<br />

indossierte Ordrepapiere, falls intern eine beschränkte fiduziarische Abrede besteht. Bei offenem<br />

Vollmachtsindossament greift hingegen bereits das zivilrechtliche Aussonderungsrecht Platz.<br />

Auftragsgemäss einkassiertes Geld kann wiederum nach OR 401 III ausgesondert werden, sofern es<br />

genügend individualisiert <strong>und</strong> segregiert ist.<br />

• Der Schuldner hat eine fremde Sache / Forderung – ohne dazu beauftragt zu<br />

sein – verkauft, jedoch den Kaupreis im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch<br />

nicht erhalten. Vergütet der Gläubiger den Aufwand des Schuldners, darf er sich<br />

die Kaufpreisforderung abtreten lassen, SchKG 202. Was schon vor der<br />

Konkurseröffnung bezahlt wurde, fällt in die Konkursmasse.<br />

War der Schuldner mit dem Verkauf beauftragt, greift OR 401 III.<br />

• Distanzkauf, d.h. vom Schuldner gekaufte, aber noch nicht bezahlte Ware wurde<br />

zur Zeit der Konkurseröffnung bereits an ihn abgesandt, ist aber noch nicht bei<br />

ihm eingetroffen, SchKG 203 I. [Siehe auch SchKG 213]<br />

Während durch die Aussonderung bloss Vermögenswerte ausgeschieden werden,<br />

die nach Zivil- oder <strong>Konkursrecht</strong> gar nicht dazugehören, greift eine Verrechnung die<br />

Substanz selbst an: Die Konkursmasse wird vermindert, indem eine Forderung des<br />

Konkursiten (Bestandteil der Aktivmasse) durch Verrechnung mit der<br />

Gegenforderung eines Konkursgläubigers (Bestandteil der Passivmasse) untergeht.<br />

Konkursforderungen werden dadurch u.U. vollständig getilgt; der verrechnende<br />

Konkursgläubiger braucht sich nicht bloss mit einer Konkursdividende zu begnügen.<br />

Deshalb ist aber auch die Missbrauchsgefahr gegeben.<br />

Voraussetzungen<br />

Mangels lex specialis gelten die Verrechnungsregeln des OR auch im Konkurs, OR<br />

123, SchKG 213 I.<br />

• Gegenseitigkeit der Forderungen (Ausnahme: OR 169 II)<br />

• Gleichartigkeit (im Konkurs stets gegeben, wenn Geldforderung: SchKG 211 I)<br />

• Fälligkeit (entfällt, SchKG 208 I, 213 I)<br />

• Erfüllbarkeit beider Forderungen<br />

• Klagbarkeit der Verrechnungsforderung (Ausnahme: OR 120 III)<br />

• Nicht ausgeschlossen<br />

• Kein Verrechnungsverbot nach SchKG (nachfolgend)<br />

Die Verrechnungsverbote nach SchKG 213 II gelten allgemein <strong>und</strong> absolut. Sie<br />

gelten ihrem Zweck aber nur für die Konkursgläubiger, nicht für die


Schuldner<br />

Gläubiger<br />

G-Schuldner<br />

Konkurs<br />

G-Schuldner<br />

Konkurs<br />

Verrechnungsforderung<br />

des eigtl.<br />

Schuldners<br />

Forderung des G-<br />

Schuldners vs.<br />

Gläubiger<br />

t<br />

t<br />

Konkursmasse, die Konkursverwaltung darf ohne weiteres eine<br />

Konkursforderung durch Verrechnung mit einer Gegenforderung des<br />

Konkursiten tilgen.<br />

Verboten ist:<br />

1. SchKG 213 II Ziff. 1; Erwerb nach Konkurseröffnung<br />

Erwirbt der Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung die<br />

Forderung, ist eine Verrechnung ausgeschlossen.<br />

Ausnahme: Der Schuldner – zufolge Erfüllung einer schon vorher bestehenden<br />

Eventualverpflichtung – subrogiert in die Gläubigerstellung <strong>und</strong> übt sein<br />

Rückgriffsrecht aus; bspw. wenn er als Drittpfandbesteller das Pfand erst nach<br />

Konkurseröffnung einlöst, OR 110; oder wenn er als Bürge oder Garant erst nach der<br />

Konkurseröffnung für den Konkursiten einspringen muss.<br />

2. SchKG 213 II Ziff. 2; Schuldnerstellung erst nach Konkurseröffnung<br />

Ein Gläubiger des Konkursiten wird erst nach Konkurseröffnung dessen Schuldner<br />

oder Schuldner der Konkursmasse, bspw. durch Warenlieferung des<br />

Gemeinschuldners<br />

3. SchKG 213 III, Forderung beruht auf Inhaberpapier <strong>und</strong> guter Glaube kann<br />

nicht nachgewiesen werden<br />

Gläubiger muss Zeitpunkt vor der Konkurseröffnung nachweisen <strong>und</strong> ebenfalls guten<br />

Glauben.<br />

4. SchKG 213 VI, Forderungen der KommAG, einer Handelsgesellschaft oder<br />

einer Genossenschaft auf nicht voll bezahlte Beträge der Kommanditsumme<br />

oder des Gesellschaftskapitals sowie rückständige statutarische Beiträge an<br />

die Genossenschaft können nicht mit Konkursforderungen verrechnet<br />

werden.<br />

Die Konkursverwaltung darf aber dem Schuldner zustehende Dividendenzahlungen<br />

mit seinen Konkursforderungen verrechnen.<br />

Entscheidend ist somit, wann die rechtserheblichen Tatsachen, die zur<br />

Verrechnungslage geführt haben, eingetreten sind. Entscheidend für den Ausschluss<br />

ist einzig, ob die Gegenforderung erst nach Konkurseröffnung entstanden ist oder der<br />

Erwerb einer Forderung oder die Übernahme einer Schuld erst nach diesem<br />

Zeitpunkt erfolgte.<br />

<strong>Konkursrecht</strong>liche Anfechtbarkeit der Verrechnung<br />

Ausser den absoluten Verrechnungsverboten, SchKG 213, kennt das <strong>Konkursrecht</strong><br />

noch einen Tatbestand bloss anfechtbarer Verrechnung:<br />

Hat ein Schuldner des Konkursiten noch vor der Konkurseröffnung eine Forderung<br />

gegen ihn erworben, so ist die Verrechnung zivil- <strong>und</strong> konkursrechtlich zwar zulässig,<br />

sie kann jedoch angefochten werden, wenn der Erwerb mala fide erfolgt, nämlich in<br />

Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des späteren Konkursiten <strong>und</strong> mit der Absicht, sich<br />

oder einem andern einen Vorteil zu verschaffen.<br />

Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, bzw. das „Erkennenmüssen“ <strong>und</strong> die daraus<br />

resultierende Begünstigung sind dem verrechnenden Schuldner nachzuweisen.<br />

Der Anfechtungsanspruch gehört zur Konkursmasse, SchKG 200, <strong>und</strong> ist wie eine<br />

paulianische Anfechtung geltend zu machen, SchKG 285 ff.<br />

Geltendmachen der Verrechnung<br />

Forderungen des Konkursiten gegen einen Konkursgläubiger werden mit dessen<br />

Konkursforderung verrechnet, was i.d.R. im Kollokationsverfahren erfolgt. Entweder<br />

erklärt der Konkursgläubiger die Verrechnung, indem er bspw. nur noch den<br />

Restbetrag seiner Konkursforderung eingibt; oder dann verrechnet die Konkursverwaltung<br />

ihrerseits, indem sie nur einen Restbetrag der angemeldeten<br />

Konkursforderung kolloziert.<br />

Lehnt die Konkursverwaltung die vom Konkursgläubiger erklärte Verrechnung ab,<br />

bleibt sie zunächst dennoch daran geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> darf demzufolge einstweilen nur<br />

die eingegebene Restforderung kollozieren. Die verrechnete Gegenforderung des<br />

Konkursiten muss gerichtlich eingeklagt werden. Unterliegt der verrechnende<br />

Gläubiger, kann er mit nachträglicher, korrigierter Konkurseingabe seine<br />

wiedererstandene ganze Kokursforderung eingeben – allerdings unter Kostenfolge,<br />

SchKG 251.<br />

Masseforderungen können nur mit Masseschulden, insbes. der Konkursdividende,<br />

verrechnet werden, diesfalls also erst bei der Verteilung. 7<br />

§ 41 Die Rechtsstellung des Schuldners<br />

7 Hat bspw. ein Konkursgläubiger (Lieferant) eine Lagerhalle gemietet, die zu einem Gr<strong>und</strong>stück des Konkursiten gehört, kann er die Miete, die nach Konkurseröffnung<br />

anfällt (Masseforderung), nicht mit der ganzen Konkursforderung (Lieferantenguthaben), sondern nur mit der darauf entfallenden Dividende (Masseschuld) verrechnen.


41.1. Stellung des Schuldners zur Konkursmasse<br />

Die Rechtsstellung des Schuldners wird im Hinblick zur Konkursmasse wie auch im<br />

Hinblick zu seinen Gläubigern geändert. Vollkommen unberührt bleibt seine Rechts-<br />

<strong>und</strong> Handlungsfreiheit, so wenigstens, wenn er eine natürliche Person ist.<br />

Handelt es sich um eine juristische Person oder um eine betreibungsfähige<br />

Personengesellschaft, führt die Konkurseröffnung zwangsläufig zu ihrer Auflösung.<br />

Die Gesellschaft tritt in Liquidation <strong>und</strong> wird als solche im HR eingetragen.<br />

Der Konkursit bleibt auch nach der Konkurseröffnung Rechsträger seines<br />

Vermögens, insbesondere Eigentümer. Erst mit der Verwertung verliert er die<br />

Rechtsträgerschaft, weil die Vermögenswerte dann auf die einzelnen Erwerber<br />

übergehen. Der Konkurs bewirkt somit keine Sukzession der Gläubiger oder der<br />

Masse in die Rechte des Schuldners.<br />

Dagegen verliert der Schuldner mit der Konkurseröffnung gr<strong>und</strong>sätzlich das Recht,<br />

über sein Vermögen zu verfügen; es steht unter Konkursbeschlag. Als Konkursit<br />

kann <strong>und</strong> darf er seine Herrschaftsrechte nicht mehr im vollen Umfang ausüben. Frei<br />

verfügen darf er nur über das, was nicht zur Konkursmasse gehört, über die nach<br />

SchKG 92 unpfändbaren Vermögenswerte sowie über das Erwerbseinkommen <strong>und</strong><br />

dessen Surrogate, SchKG 224.<br />

Die Verwaltungs- <strong>und</strong> Verfügungsbefugnisse gehen auf die Konkursmasse über, die<br />

sie durch die Konkursverwaltung ausübt. Die Konkurseröffnung bewirkt somit – wie<br />

Pfändung <strong>und</strong> Arrest – eine Beschränkung des Verfügungsrechts des Schuldners.<br />

Wohl kann gültig ein Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen werden; nur das darauf folgende<br />

Verfügungsgeschäft wäre ungültig. Die neu eingegangene Verpflichtung könnte weder als<br />

Konkursforderung noch als Masseverbindlichkeit geltend gemacht werden, es haften für sie nur<br />

vom Konkurs nicht betroffene Aktiven.<br />

• Verfügungen, die der Schuldner nach der Konkurseröffnung über Bestandteile<br />

der Konkursmasse vornimmt, sind gegenüber den Konkursgläubigern ungültig,<br />

SchKG 204 I.<br />

Entäusserte Werte können bedingungslos wieder beigebracht werden, die Konkursverwaltung<br />

kann über diese Rechtshandlungen hinweggehen, wie wenn sie nicht<br />

geschehen wären.<br />

• Auf diese Ungültigkeit kann sich aber nur der Konkursgläubiger oder die<br />

Konkursverwaltung berufen, nicht etwa auch der Konkursit selber oder gar der<br />

Dritte, mit dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist. Die Verfügung<br />

kann aber auch nachträglich genehmigt werden.<br />

Anders als in der Spezialexekution ist der Gutglaubensschutz im Konkurs<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeschlossen. Dem Konkursbeschlag kommt somit unmittelbare<br />

gesetzliche Publizität zu, d.h. das richterliche Konkurserkenntnis entfaltet<br />

unmittelbar seine Wirkungen.<br />

Das Gesetz schützt aber einen gutgläubigen (von der Konkurseröffnung nicht unterrichteten<br />

Wechselinhaber, dem der Konkursit noch vor der Konkurspublikation einen Wechsel<br />

bezahlt hat, sofern der Inhaber im Falle der Nichtzahlung erfolgreich hätte Regress<br />

nehmen können.<br />

• Zweitens kann der Konkursit nach der Konkurseröffnung von seinen Schuldnern<br />

nicht mehr rechtsgültig Zahlungen entgegennehmen; Zahlungen an ihn haben<br />

nur insofern befreiende Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern, als das<br />

Geleistete in die Konkursmasse gelangt, SchKG 205 I. Dem Schuldner<br />

gegenüber gilt die Forderung aber stets als getilgt.<br />

Der gutgläubige Drittschuldner wird ausnahmsweise geschützt, d.h. von seiner Schuldpflicht<br />

befreit, wenn er vor der Konkurspublikation ohne Kenntnis von der<br />

Konkurseröffnung an den Konkursiten gezahlt hat, SchKG 205 II.<br />

• Drittens wirkt sich die Beschränkung der Verfügungsmacht des Konkursiten<br />

auch auf Prozesse <strong>und</strong> Verwaltungsverfahren des Schuldners aus, die im<br />

Zeitpunkt der Konkurseröffnung hängig sind. Der Konkursit darf über die<br />

betreffenden Streitgegenstände, sofern sie den Bestand der Konkursmasse aktiv<br />

oder passiv berühren, nicht mehr verfügen. Hängige Verfahren werden nach der<br />

Konkurseröffnung daher zunächst einmal eingestellt, bis das zuständige<br />

Konkursorgan einen Entscheid über die Fortführung getroffen hat, SchKG 207 I.<br />

Für Zivilprozesse ist die Einstellung zwingend, für Verwaltungsverfahren liegt sie im<br />

Ermessen der zuständigen Behörde.<br />

Zuständigkeit:<br />

Im ordentlichen Konkursverfahren die zweite Gläubigerversammlung; in dringenden Fällen<br />

die erste Gläubigerversammlung.<br />

Im summarischen Konkursverfahren die Konkursverwaltung.<br />

Nach Ablauf der gesetzlichen Einstellungsfrist, SchKG 207 I, kann der Prozessgegner des<br />

Konkursiten das Verfahren auf jeden Fall wieder aufnehmen, <strong>und</strong> zwar – je nach dem<br />

Entscheid des zuständigen Konkursorganes – gegen die Konkursmasse selber oder gegen<br />

den oder die Abtretungsgläubiger, oder – wenn die Gläubiger auf die Prozessführung<br />

verzichten – gegen den Schuldner persönlich, weil dann das Verfügungsrecht über den<br />

Prozessgegenstand an ihn zurückfällt.<br />

Der Einstellungsentscheid ist ein blosser Zwischenentscheid; OG 87 !<br />

41.2. Stellung des Schuldners zu seinen Gläubigern


§ 42 Die Rechte der Gläubiger<br />

• Die Konkurseröffnung ändert nichts an der persönlichen Haftung des<br />

Schuldners, doch können ihn seine Gläubiger nicht mehr beliebig belangen. Für<br />

individuelle Rechtsverfolgung ist neben der unter Vorbehalt zivil- <strong>und</strong><br />

konkursrechtlichen Privilegien erfolgenden gleichmässigen Befriedigung kein<br />

Platz. Alle bereits hängigen Betreibungen werden durch die Konkurseröffnung<br />

aufgehoben <strong>und</strong> neuen Betreibungen für Forderungen, die schon vor der<br />

Konkurseröffnung entstanden sind, dürfen während der Dauer des Konkurses<br />

nicht angehoben werden, SchKG 206 I.<br />

• Das Betreibungsverbot wird mit Beschwerde geltend gemacht.<br />

• Nicht unter das Betreibungsverbot fallen:<br />

o Forderungen, die erst nach Konkurseröffnung entstanden sind<br />

Bspw. Verbindlichkeiten, die der Konkursit nach Konkurseröffnung<br />

begründet hat [Wohnungsmiete, Unterhaltsbeiträge]; in dieser Betreibung<br />

darf allerdings nur auf Vermögen zurückgegriffen werden, das nicht zur<br />

Konkursmasse gehört, insbes. das seit der Konkurseröffnung erarbeitete<br />

Einkommen i.S.v. SchKG 93. [beschränkt pfändbar].<br />

o Pfänder von Dritten, die zur Sicherung einer Schuld des Gemeinschuldners<br />

bestellt worden sind<br />

Durch ihre Verwertung wird die Konkursmasse nicht beeinträchtigt, da es<br />

sich um Vermögen eines Dritten handelt, SchKG 206 I Satz 2; Betreibung<br />

auf Pfandverwertung ist daher möglich.<br />

o Die Konkursmasse kann selber betrieben werden für Forderungen, die zu<br />

ihren Lasten begründet wurden, Masseschulden.<br />

o Selbst für Konkursforderungen erfolgt eine Ausnahme, wenn schon vor der<br />

Konkurseröffnung verwertet worden ist oder bei der sich eine Verwertung<br />

überhaupt erübrigt, wird eine hängige Betreibung nicht aufgehoben, SchKG<br />

199 II. Der Erlös oder die dem BA abgelieferten Beträge werden unter den<br />

Pfandgläubigern verteilt, nur ein Überschuss fällt in die Konkursmasse.<br />

o Eine Betreibung auf Pfandverwertung darf auch erfolgen, wenn es um die<br />

Verwertung einer Sache geht, an der der Konkursit ein Miteigentums- oder<br />

Gesamteigentumsrecht besitzt; dann fällt nur sein Gesamt- bzw.<br />

Miteigentumsanteil in die Konkursmasse, nicht die Sache selbst.<br />

Die Konkurseröffnung kann sich zunächst auf die vom Schuldner abgeschlossenen<br />

Verträge im Ganzen auswirken. Gr<strong>und</strong>sätzlich werden diese nicht einfach<br />

aufgehoben, SchKG 211 III. Ein Vertragsrücktritt oder eine Kündigung steht immer<br />

unter dem Vorbehalt, dass die Konkursverwaltung nicht selber in den Vertrag eintritt.<br />

Die Ansprüche, für die aus dem Erlös des Konkurssubstrats Befriedigung verlangt<br />

wird, sind gr<strong>und</strong>verschiedener Art:<br />

• Zum einen Konkursforderungen; d.h. alle Gläubigeransprüche, die bereits im<br />

Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegen den Konkursiten bestehen.<br />

• Masseverbindlichkeiten, d.h. die erst im Laufe des Konkursverfahrens<br />

entstehenden Forderungen, für welche aber nicht der Konkursit, sondern die<br />

Masse als Sondervermögen gegenüber ihren eigenen Gläubiger, den<br />

Massegläubigern, haftet.<br />

• Als dritte Klasse noch die erst nach Konkurseröffnung entstehenden Forderungen<br />

gegenüber dem Konkursiten, sie haben aber – weil sie nur das konkursfreie Vermögen<br />

betreffen können – mit dem Konkurs nichts zu tun.<br />

Welcher Kategorie eine Forderung zuzuordnen ist, ist eine materiellrechtliche<br />

Frage, die vom Zivilrichter oder von den zuständigen Verwaltungs- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsjustizbehörden entschieden wird.


42.1. Konkursforderungen<br />

Wie der Umfang des Konkurssubstrates wird auch der Bestand der<br />

Konkursforderungen durch zeitliche <strong>und</strong> sachliche Begrenzung bestimmt. Es gibt<br />

jedoch keine territoriale Schranke; auch die Forderungen ausländischer Gläubiger<br />

sind in einem schweizerischen Konkurs zu berücksichtigen.<br />

Exequatur: vgl. § 46.<br />

Zeitliche Begrenzung<br />

Konkursforderung kann nur eine Forderung sein, die zur Zeit der Konkurseröffnung<br />

bereits besteht, mithin schon vorher entstanden ist. Der Entstehungsgr<strong>und</strong> der<br />

Forderung muss also vor der Konkurseröffnung eingetreten sein. Das allein genügt in<br />

zeitlicher Hinsicht.<br />

Mit der Konkurseröffnung werden gr<strong>und</strong>sätzlich sämtliche in diesem Zeitpunkt bestehenden<br />

Schuldverpflichtungen des Konkursiten von Gesetzes wegen fällig, SchKG 208 I.<br />

Nur die gr<strong>und</strong>pfandgesicherten Forderungen sind davon ausgenommen, für sie besteht kein<br />

praktisches Bedürfnis, die Fälligkeit vorzuverlegen. Nicht fällige Gr<strong>und</strong>pfandforderungen werden<br />

dem Erwerber des Gr<strong>und</strong>stücks nämlich als persönliche Schuldpflicht überb<strong>und</strong>en, analog der<br />

Spezialexekution, SchKG 259 i.V.m. 135 I, ebenso wie Dienstbarkeiten.<br />

Soweit das Gr<strong>und</strong>pfand aber nicht genügend Deckung bietet, wir die Forderung im Konkurs<br />

als ungesicherte [3. Kl.] berücksichtigt <strong>und</strong> folglich nach der allgemeinen Regel fällig.<br />

Massgebend für die Beurteilung der Deckung ist die amtliche Schätzung. Ist die Forderung<br />

durch ein Drittpfand gesichert, wird sie im Konkurs des Hauptschuldners ebenfalls wie eine<br />

ungesicherte behandelt. Denn das Gr<strong>und</strong>stück selber kann im Rahmen dieses Konkurses<br />

nicht verwertet werden, weil es nicht Bestandteil der Konkursmasse ist. Zulässig ist aber<br />

eine parallele Betreibung auf Pfandverwertung, SchKG 206 I.<br />

Die sofortige Fälligkeit wirkt nur gegenüber der Konkursmasse. Gegenüber dem<br />

Schuldner persönlich können sich die Gläubiger nicht darauf berufen. Wird der<br />

Konkurs widerrufen, gelten nämlich wieder die ordentlichen zivilrechtlichen<br />

Fälligkeiten.<br />

SchKG 208 II soll den infolge der sofortigen Fälligkeit gewonnenen Vorteil<br />

ausgleichen.<br />

Forderungen unter aufschiebender Bedingung, OR 151, können – wenn sie vor der<br />

Konkurseröffnung entstanden sind – im vollen Betrag eingegeben werden, selbst<br />

wenn die Bedingung bei Konkurseröffnung noch nicht eingetreten ist. Bis zum Eintritt<br />

der Bedingung wird jedoch die Dividende des Gläubigers hinterlegt, SchKG 210 I.<br />

Forderungen unter auflösender Bedingung sind wie unbedingte zu behandeln, die auf<br />

sie entfallende Klage ist unter Vorbehalt einer allfälligen Bereicherungsklage<br />

auszuzahlen.<br />

Periodische künftige Forderungen, die für die Zukunft unabänderlich feststehen,<br />

können kapitalisiert <strong>und</strong> im Konkurs liquidiert werden, bspw. Leibrentenforderungen,<br />

Forderungen des Pfründer usw. Soweit jedoch künftige Leistungen Änderungen<br />

unterworfen sein können (familienrechtliche Unterhaltszahlungen) ist eine<br />

Kapitalisierung ausgeschlossen; die bis zur Konkurseröffnung anfallenden<br />

periodischen Leistungen werden als Konkursforderung behandelt; die während 8 <strong>und</strong><br />

nach dem Konkurs fällig werdenden Beträge sind gegen den Konkursiten persönlich<br />

zu vollstrecken, SchKG 206 II.<br />

Eine Bürgschaft des Konkursiten 9 kann im Konkurs geltend gemacht werden,<br />

gleichgültig ob sie fällig ist oder nicht, SchKG 215 I.<br />

Sachliche Begrenzung<br />

Sachlich kommen als Konkursforderungen alle vermögensrechtlichen Ansprüche, die<br />

im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegen den Schuldner bestehen, in Betracht,<br />

gleichgültig aus welchem Rechtsgr<strong>und</strong> sie entstanden sind [Vertrag, Delikt, Gesetz].<br />

Ist der Konkurs einmal eröffnet, fallen auch die Forderungen darunter, die an sich<br />

nicht auf dem Weg der Konkursbetreibung vollstreckt werden dürften, SchKG 43. 10<br />

• Geldforderungen<br />

Konkursforderungen sind in erster Linie die auf Geldzahlung in CHF gerichteten<br />

Ansprüche. Ansprüche, die auf fremde Währung lauten, werden per Konkurseröffnung<br />

umgerechnet oder per Tag des BB, SchKG 88 IV p.a.<br />

Betragsmässig besteht die Konkursforderung aus dem Forderungskapital, den Zinsen bis<br />

zur Konkurseröffnung <strong>und</strong> den Betreibungskosten, SchKG 208 I Satz 2.<br />

Der Zinsenstop besteht nur gegenüber dem Schuldner persönlich, nicht gegenüber<br />

Mitverpflichteten oder Bürgen. Für pfandgesicherte Forderungen läuft der Zins bis zur<br />

Verwertung des Pfandes weiter, SchKG 209 II.<br />

8<br />

Da diese keine Konkursforderungen noch Masseverbindlichkeiten darstellen, ist dem Schuldner die Einrede des mangelnden neuen Vermögens<br />

verwehrt, ebenso eine neue Insolvenzerklärung.<br />

9<br />

Konkursit war Bürge, Drittgläubiger gibt nun seine Forderung ein, vgl. nachfolgende Grafik<br />

10<br />

Wird somit durch eine andere Forderung der Konkurs eröffnet; kann eine Forderung i.S.v. SchKG 43 dennoch eingegeben werden, SchKG 43<br />

spricht nur von „Konkursbetreibung.“


42.2. Konkursforderungen bei Solidarhaftung<br />

• Realforderungen<br />

Gegen den Konkursiten geltend gemachte Realforderungen können zwar nicht betrieben<br />

werden; ist aber einmal über den Leistungsschuldner der Konkurs eröffnet, unterliegen sie<br />

dennoch der Generalexekution. Sie werden mit der Konkurseröffnung ex lege in eine<br />

Geldforderung von entsprechendem Wert umgewandelt, SchKG 211 I.<br />

Der Gläubiger rechnet seine Realforderung selber um <strong>und</strong> gibt den Betrag als<br />

Konkursforderung ein; entscheidend ist das positive Vertragsinteresse.<br />

Nicht umwandelbar sind:<br />

Forderung des Mieters gg. Konkursit; der Mietvertrag wird dem Erwerber der Mietsache<br />

überb<strong>und</strong>en, OR 261<br />

Forderung des Arbeitgebers gegenüber dem konkursiten Arbeitnehmer auf Arbeitsleistung,<br />

Arbeitsvertrag bleibt trotz Konkurs bestehen.<br />

Die Umwandlung in eine Geldforderung ist zwingend für alle einseitigen Realschulden des<br />

Konkursiten. Bei zweiseitigen Verträgen findet sie nur statt, wenn der Konkursgläubiger<br />

seine eigene Leistung bereits erbracht hat. Sind zweiseitige Verträge dagegen beiderseits<br />

noch nicht oder nur teilweise erfüllt, hat die Konkursverwaltung das Recht, den Vertrag<br />

anstelle des Konkursiten realiter zu erfüllen [Eintrittsrecht, SchKG 211 II].<br />

Mit der Wahl der Realerfüllung wird die Forderung des Konkursgläubigers wie auch sein<br />

Sicherungsanspruch <strong>und</strong> eine allfällige Schadenersatzforderung wegen Nicht- oder<br />

Schlechterfüllung zur Masseverbindlichkeit, als solche ist sie vor allen Konkursforderungen<br />

zu erfüllen.<br />

Haften einem Gläubiger mehrere Schuldner solidarisch, ist zu unterscheiden, ob der<br />

Konkurs über mehrere oder nur einen einzelnen von ihnen eröffnet worden ist.<br />

Konkurs mehrerer Solidarschuldner<br />

Zivilrechtlich kann der Gläubiger jeden Solidarschuldner nach freier Wahl für einen Teil<br />

oder auch für die ganze Forderung belangen, unbeschadet des Rückgriffsrechtes des<br />

Zahlenden gegenüber seinen Mitschuldner, OR 144 <strong>und</strong> 148 II.<br />

Befinden sich mehrere Solidarschuldner im Konkurs, gestattet das <strong>Konkursrecht</strong> dem<br />

Gläubiger, seine Forderung in jedem Konkurs im vollen Betrage geltend zu machen,<br />

SchKG 216 I. Ein allfälliger Überschuss der Zuteilungen aus den verschiedenen<br />

Konkursen ist nach Massgabe der unter den Mitverpflichteten bestehenden<br />

Rückgriffsrechte an die Massen zurückzuerstatten, SchKG 216 III. Die Rückgriffsrechte<br />

unter den Solidarschuldnern, d.h. ihren Konkursmassen, bestimmt sich nach OR 148,<br />

149 <strong>und</strong> 507. Die Regressforderung einer Masse gegen die andere ist für die letztere<br />

eine Masseverbindlichkeit.<br />

Teilzahlung eines Solidarschuldners<br />

Trifft es zu, dass der Gläubiger von einem der Solidarschuldner bereits eine<br />

Teilzahlung erhalten hat, kann er seine Forderung immer noch im vollen ursprünglichen<br />

Betrag im Konkurs des Mitverpflichteten eingeben; gleichgültig ob der zahlende<br />

gegenüber dem Konkursiten rückgriffsberechtigt ist oder nicht, SchKG 217 I. Aber nicht<br />

nur der Gläubiger, auch der Solidarschuldner, der die Teilzahlung erbracht hat, ist<br />

berechtigt, diese ganze Forderung [Teilzahlung] im Konkurs seines Mitverpflichteten –<br />

zur Wahrung seines allfälligen Regressanspruches, anzumelden, SchKG 217 II.<br />

Auch die Konkursmasse selbst kann ein Rückgriffsrecht haben, wenn aus ihr mehr an<br />

den Gläubiger bezahlt wurde, als der Konkursit nach internem Verhältnis unter den<br />

Mitverpflichteten zu tragen hätte.<br />

Hat ein Drittpfandbesteller aufgr<strong>und</strong> einer Pfandverwertungsbetreibung eine Teilzahlung geleistet,<br />

ist er einem teilzahlenden Solidarschuldner gleichgestellt, BGE 110 III 112.<br />

Gesellschafts- <strong>und</strong> Gesellschafterkonkurs bei der Kollektiv- oder der<br />

Kommanditgesellschaft<br />

• Gleichzeitiger Konkurs von Gesellschaft <strong>und</strong> Gesellschafter<br />

Die Subsidiarität der Haftung der Gesellschafter verlangt, dass zuerst der<br />

Gesellschaftskonkurs abgewickelt wird, SchKG 218 I. In diesem Konkurs können<br />

die Gesellschaftsgläubiger – nicht aber die Privatgläubiger der Gesellschafter –<br />

ihre Forderungen voll eingeben. Im darauf folgenden Gesellschafterkonkurs<br />

dürfen die Gesellschaftsgläubiger nur noch die im Gesellschaftskonkurs<br />

erlittenen Verluste geltend machen, SchKG 218 I. Für diese Restschuld haften<br />

die Gesellschafter solidarisch, SchKG 216 <strong>und</strong> 217 sind anwendbar. Im Übrigen<br />

konkurrieren die Gesellschaftsgläubiger in diesem Konkurs mit den<br />

Privatgläubigern des Gesellschafters.<br />

• Gesellschafterkonkurs ohne gleichzeitigen Konkurs der Gesellschaft<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz der subsidiären Haftung der Gesellschafter wird durchbrochen;<br />

der Gesellschaftsgläubiger kann nämlich neben den Privatgläubigern seine<br />

Forderung an die Gesellschaft in vollem Betrage geltend machen, SchKG 218 II.<br />

Der Konkursmasse des Gesellschafters stehen jedoch für die von ihr bezahlten<br />

Gesellschaftsschulden die Rückgriffsrechte nach SchKG 215 II zu, SchKG 218 II<br />

Satz 2.


42.3. Reihenfolge der Gläubigerbefriedigung<br />

Konkursgläubiger sollen für ihre Forderungen aus dem Erlös der Konkursmasse<br />

gleichzeitig <strong>und</strong> gleichmässig befriedigt werden. Gläubiger bestimmter Forderungen<br />

sind aber privilegiert.<br />

Auf Zivilrecht beruht das Privileg der Pfandgläubiger, auf <strong>Konkursrecht</strong> dasjenige der<br />

verschiedenen Forderungsklassen nach SchKG 219 IV.<br />

Befriedigung der Pfandgläubiger<br />

Auch die vom Konkursiten verpfändeten Vermögensobjekte werden zur Konkursmasse<br />

gezogen <strong>und</strong> zusammen mit dem übrigen Vermögen verwertet, SchKG 198. Dem<br />

Pfandgläubiger bleibt jedoch das Recht auf vorrangige Befriedigung aus dem<br />

Pfanderlös, SchKG 219 I. Das gilt uneingeschränkt für sämtliche Faustpfand- <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>pfandforderungen. Die nicht fälligen Gr<strong>und</strong>pfandforderungen werden hingegen<br />

nicht ausbezahlt <strong>und</strong> liquidiert, sondern dem Erwerber überb<strong>und</strong>en.<br />

Wo für dieselbe Forderung mehrere Pfänder haften, werden die gelösten Beträge im<br />

Verhältnis ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet, das Pfand eines Dritten<br />

wird hievon nicht berührt, SchKG 219 II. Dies ist v.a. da relevant, wo noch<br />

nachgehende Pfandrechte bestehen.<br />

Umgekehrt kann eine Pfandsache für mehrere Forderungen haften. Dann bestimmt<br />

sich der Rang der einzelnen Pfandgläubiger <strong>und</strong> somit die Reihenfolge ihrer<br />

Befriedigung untereinander nach dem Zivilrecht.<br />

Ein Überschuss des Pfanderlöses, der nach Befriedigung der Pfandgläubiger verbleibt,<br />

wird zur Deckung der nicht pfandgesicherten Forderungen herangezogen.<br />

Soweit umgekehrt die Pfanddeckung nicht ausreicht, kann der Pfandgläubiger nur noch<br />

eine ungesicherte Forderung geltend machen. 11 Auch für die Pfandgläubiger gilt dann<br />

ausschliesslich die konkursrechtliche Rangordnung. Voraussetzung für die weitere<br />

Teilnahme am Konkurs ist aber, dass der Schuldner dem Gläubiger persönlich<br />

haftet, was bei einer Gült oder Gr<strong>und</strong>last nicht der Fall ist.<br />

Befriedigung der Gläubiger ohne Pfanddeckung<br />

Nicht oder nicht mehr pfandgesicherte Forderungen sind in drei Klassen eingereiht.<br />

Innerhalb derselben Klasse sind die Gläubiger gleichberechtigt, SchKG 220 I; die<br />

Gläubiger einer nachfolgenden Klasse haben dagegen erst dann <strong>und</strong> nur soweit<br />

Anspruch auf den Erlös, als jene der vorgehenden Klasse voll befriedigt sind, SchKG<br />

220 II.<br />

Privilegiert ist nicht der Gläubiger persönlich, sondern die Forderung, d.h. bei einer<br />

Zession geht das Privileg auf den Zessionar über.<br />

• 1. Klassforderungen<br />

o Forderungen der Arbeitnehmer (auch Heimarbeiter) aus dem Arbeitsverhältnis [6 Mt.<br />

vor Konkurseröffnung, wird Arbeitsverhältnis fortgesetzt, bilden die nach der<br />

Konkurseröffnung geschuldeten Löhne sogar Masseschulden], Entschädigungen wg.<br />

vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses infolge Konkurs; Rückforderungen von<br />

Kautionen.<br />

Voraussetzung ist jedoch immer rechtliches <strong>und</strong> tatsächliches Unterordnungsverhältnis<br />

des Gläubigers zum Konkursiten.<br />

o Ansprüche der Versicherten aus UVG<br />

o Ansprüche der Versicherten aus der nicht obligatorischen beruflichen Vorsorge<br />

o Forderungen einer Personalvorsorgeeinrichtung gemäss BVG<br />

o Familienrechtliche Unterhalts- <strong>und</strong> Unterstützungsansprüche für 6 Monate vor der<br />

Konkurseröffnung<br />

• 2. Klassforderungen<br />

o Kinderprivileg im Konkurs des Inhabers der elterlichen Gewalt, das die Ersatzforderungen<br />

des indes aus der Verwaltung seines Vermögens umfasst, ZGB 326 f. Noch<br />

vorhandenes Kindesvermögen kann ausgesondert werden.<br />

Ist ein Privileg befristet (Kindesverhältnis, 6 Monate usw.) werden für die<br />

Fristenberechnung gemäss SchKG 219 V gewisse Zeiträume nicht mitgezählt.<br />

• 3. Klassforderungen<br />

o Alle übrigen Forderungen, also die ungedeckten Pfandforderungen sowie die auch<br />

konkursrechtlich nicht privilegierten Forderungen. Durch Rangrücktrittserklärungen<br />

von Darlehens- <strong>und</strong> Anleihensgläubigern wird durch privatrechtliche Vereinbarung<br />

eine allerletzte Klasse geschaffen. Erst bei der Verteilung wird allerdings einem<br />

unbestrittenen Rangrücktritt Rechnung getragen.<br />

11 Für die Zinsforderung ist dies aber ausgeschlossen, SchKG 209 II: „soweit gedeckt.“ Ein durch den Pfanderlös nicht gedeckter Zins kann somit<br />

nicht als ungesicherte 3. Klassforderung geltend gemacht werden.


Formelles <strong>Konkursrecht</strong> [Konkursverfahren]<br />

§ 43 Gliederung <strong>und</strong> Organe des Konkursverfahrens<br />

§ 44 Feststellung der Masse<br />

44.1. Konkursinventar<br />

• Sonderklassen<br />

o Bankeninsolvenz: Gegenüber einer insolventen Bank ist das Einlageprivileg nach<br />

BankG 37 a II zu berücksichtigen.<br />

o Im Konkurs des Ehemannes kann in seltenen Fällen noch das Frauengutsprivileg des<br />

alten Eherechts eine Rolle spielen, SchKG Schlussbestimmungen 2 IV.<br />

Diese Sonderklassen treten jeweils zwischen die zweite <strong>und</strong> die dritte Klasse.<br />

Gerichtliche Entscheidungen des Konkursgerichts eröffnen <strong>und</strong> schliessen das<br />

Konkursverfahren (Konkurserkenntnis <strong>und</strong> Schlusserkenntnis); dazwischen wickelt sich<br />

die Generalexekution in verschiedenen Stadien ab:<br />

• Feststellung <strong>und</strong> Sicherung der Konkursmasse<br />

• Verwaltung der Aktivmasse sowie Abklärung von Drittansprüchen<br />

• Erwahrung der Konkursforderungen (Passivmasse) <strong>und</strong> Kollokation der<br />

Gläubiger<br />

• Verwertung des Konkurssubstrates <strong>und</strong> Verteilung des Erlöses unter die<br />

Gläubiger<br />

• Abschluss mit dem Schlusserkenntnis<br />

Das ganze Verfahren sollte vorschriftsgemäss innert 12 Monaten seit seiner Eröffnung<br />

durchgeführt werden, die Aufsichtsbehörde ist jedoch befugt, diese Ordnungsfrist zu<br />

verlängern, SchKG 279.<br />

Die Abwicklung des Konkurses obliegt verschiedenen Organen:<br />

• Konkursamt<br />

• Gläubigerversammlungen<br />

• Fakultativer Gläubigerausschuss<br />

• Konkursverwaltung<br />

• Aufsichtsbehörde<br />

• Konkursgericht<br />

• Ordentliche Zivilgericht<br />

Hat das Konkursamt die Mitteilung des Konkurserkenntnisses erhalten, SchKG 176,<br />

muss es das Vermögen des Konkursiten ermitteln. Zu diesem Zweck nimmt es sofort<br />

ein Inventar der vorhandenen Aktiven auf, trifft die notwendigen Sicherungsmassnahmen,<br />

macht den Konkurs öffentlich bekannt <strong>und</strong> verbindet damit einen<br />

Schuldenruf, SchKG 221, 223, 232.<br />

U.U. muss für die Inventarisierung <strong>und</strong> Sicherung des Aktivvermögens wie bei der<br />

Pfändung der Requisitionsweg beschritten werden, wenn sich Vermögensgegenstände<br />

in einem anderen Konkurskreis befinden, SchKG 4. Wurde bereits ein Güterverzeichnis<br />

aufgenommen, dient es als Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Dem Konkursiten obliegt während des ganzen Konkursverfahrens eine Präsenzpflicht,<br />

SchKG 229 I. Nur mit besonderer Erlaubnis des Konkursamtes darf er sich entfernen.<br />

Insbesondere hat einer eine Auskunfts- <strong>und</strong> Herausgabepflicht, SchKG 222 I; er muss<br />

dem Konkursamt alle Vermögenswerte angeben <strong>und</strong> zur Verfügung stellen. Bei Flucht<br />

oder Tod treffen diese Obliegenheiten seine erwachsenen Hausgenosse, SchKG 222<br />

II. Dieselben Herausgabe- <strong>und</strong> Auskunftspflichten treffen die Drittpersonen, bei denen<br />

Vermögen des Schuldners liegt, sofern sie nicht eigene Rechte daran geltend machen,<br />

SchKG 222 IV.<br />

Der Anspruch des Konkursiten auf billigen Unterhalt gilt als Masseschuld, SchKG 229<br />

II. Die Höhe der Alimente wird nach freiem Ermessen der Konkursverwaltung<br />

festgesetzt.<br />

In das Inventar werden sämtliche Vermögensstücke des Schuldners mit ihrem<br />

Schätzwert aufgenommen, SchKG 227. Selbst Kompetenzgut ist vorzumerken, auch<br />

Sachen, die Dritte als ihr Eigentum bezeichnen bzw. beanspruchen, ausser es wäre<br />

offensichtlich Dritteigentum. Für die Inventarisierung spielt es keine Rolle, wo sich die<br />

Vermögenswerte befinden, ob im Ausland oder in der Schweiz.<br />

Vermögensstücke in Drittgewahrsam dürfen – wenn der Dritte Eigentum daran geltend macht –<br />

nicht einfach beschlagnahmt werden; sie müssen durch Vindikation admassiert werden, SchKG<br />

242 III.


Das abgeschlossene Inventar wird dem Konkursiten vorgelegt, er muss sich zu dessen<br />

Vollständigkeit <strong>und</strong> Richtigkeit äussert <strong>und</strong> seine Erklärung im Inventar unterzeichnen,<br />

SchKG 228.<br />

Wegen Nichtaufnahme eines Vermögenswertes kann sich auch ein Gläubiger<br />

beschweren, KOV 32. Dritte wahren ihr Beschwerderecht im Aussonderungs- oder<br />

Admassierungsverfahren (wenn Eigentum strittig ist) oder im Kollokationsprozess<br />

(wenn ein beschränktes dingliches Recht strittig ist), weshalb sie hier kein<br />

Beschwerderecht haben.<br />

Gleichzeitig mit der Inventaraufnahme hat das Konkursamt die gebotenen Sicherungsmassnahmen<br />

zu treffen.<br />

Nicht erst die Aufnahme der Vermögenswerte in das Inventar bewirkt den<br />

Konkursbeschlag über sie, sondern unmittelbar bereits die Konkurseröffnung. Die<br />

Inventarisierung ist bloss eine darauf folgende Verwaltungshandlung des<br />

Konkursamtes.<br />

Vom Ergebnis der Inventarisierung hängt jedoch der weitere Verlauf des Verfahrens ab:<br />

• Recht der Erlös des inventarisierten Vermögens voraussichtlich zur Deckung der<br />

Kosten aus oder leistet ein Gläubiger für den mutmasslichen Fehlbetrag Sicherheit,<br />

wir das ordentliche Konkursverfahren durchgeführt, SchKG 231 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2.<br />

• Anderenfalls kann nur das summarische Konkursverfahren in Betracht kommen,<br />

SchKG 231.<br />

• Werden aber nicht einmal zur Deckung der Kosten eines summarischen<br />

Konkursverfahrens genügend Vermögenswerte vorgef<strong>und</strong>en, stellt sich die Frage<br />

der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven, SchKG 230.<br />

• Abschluss mit dem Schlusserkenntnis<br />

44.2. Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven<br />

Ergibt das Inventar, dass nicht genügend Aktiven vorhanden sind, um auch nur das<br />

summarische Konkursverfahren durchzuführen, beantragt das Konkursamt beim<br />

Konkursgericht die Einstellung des Verfahrens, SchKG 230 I. Verfügt dieses die<br />

Einstellung, macht das Konkursamt dies öffentlich bekannt, SchKG 230 II Satz 1,<br />

SchKG 35.<br />

Einseitige Verfügung, ER im SV: Rekurs / NB an OGer, SB/NB, SB.<br />

Es wird angedroht, dass das Konkursverfahren endgültig geschlossen bleibe, wenn<br />

nicht binnen 10 Tagen ein Gläubiger die Durchführung verlange <strong>und</strong> für den nicht<br />

gedeckten Teil der mutmasslichen Kosten Sicherheit leiste, SchKG 230 II Satz 2.<br />

Die Gläubiger haben folgende Möglichkeiten:<br />

• Die Einstellung des Konkurses lässt die Betreibungen, welche durch die<br />

Konkurseröffnung dahingefallen sind, wieder aufleben, SchKG 230 IV – dies im<br />

Gegensatz zum Widerruf des Konkurses, wo die eingestellten Betreibungen nicht<br />

wieder aufleben. Eine bspw. durch Insolvenzerklärung hinfällig gewordene<br />

Lohnpfändung kann wieder verlangt werden.<br />

• Nicht auf dieses Wiederaufleben der Spezialexekution angewiesen sind die Pfandgläubiger<br />

einer juristischen Person, sie können die Verwertung ihres Pfandes<br />

unmittelbar durch das Konkursamt verlangen, ohne erst eine separate Betreibung<br />

auf Pfandverwertung anheben oder eine wieder auflebende weiterführen zu<br />

müssen, SchKG 230 a II.<br />

• Den Pfandgläubigern einer natürlichen Person steht dieses direkte Verwertungsrecht<br />

nicht zu; sie müssen eine Betreibung auf Pfändung einleiten oder eine<br />

wiederauflebende weiterführen, SchKG 230 IV.<br />

• Gläubiger ohne Pfandsicherung können nach Einstellung des Konkurses jeden<br />

Schuldner – ob konkursfähig oder nicht – während 2 Jahren auf Pfändung<br />

betreiben, SchKG 230 III.


44.3. Konkurspublikation<br />

§ 45 Verwaltung der Masse<br />

Steht fest, dass das ordentliche oder das summarische Verfahren durchgeführt werden<br />

kann, macht das Konkursamt die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, SchKG<br />

232 I. Die Publikation bezweckt die Ergänzung <strong>und</strong> Bereinigung des inventarisierten<br />

Konkurssubstrates, die Feststellung der Konkursforderungen sowie die Vorbereitung<br />

des weiteren Verfahrens.<br />

• Bekanntgabe von Daten des Konkursiten, Zeitpunkt der Konkurseröffnung<br />

• Schuldenruf, SchKG 232 II Ziff. 2<br />

Konkursgläubiger <strong>und</strong> Aussonderungsberechtigte werden aufgefordert, ihre<br />

Ansprüche samt Beweismitteln binnen Monatfrist beim Konkursamt einzugeben.<br />

Spätere Eingaben sind bis zum Schluss zu berücksichtigen, jedoch unter<br />

Kostenauflage, SchKG 251 I <strong>und</strong> II. [ 10 Tage im Falle von SchKG 234]<br />

• Aufforderung an die Schuldner des Konkursiten, SchKG 232 II Ziff. 3<br />

Schuldner des Konkursiten werden aufgefordert, sich binnen Eingabefrist als<br />

solche anzumelden. Jeder Drittschuldner – selbst eine Bank – ist<br />

auskunftspflichtig.<br />

• Aufforderung an die Besitzer von Sachen des Konkursiten, SchKG 232 II Ziff.4<br />

Besitzer von Sachen des Konkursiten werden aufgefordert, diese binnen der<br />

gleichen Frist dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen; insbesondere die<br />

Faustpfandgläubiger, denen aber ihr Vorzugsrecht zugesichert wird, SchKG 219 I.<br />

• Einladung zur ersten Gläubigerversammlung, SchKG 232 II Ziff. 5<br />

Angesichts der Dringlichkeit der dort zu treffenden Beschlüsse muss diese<br />

Versammlung spätestens 20 Tage nach der Konkurspublikation abgehalten<br />

werden. Auch Mitschuldner <strong>und</strong> Bürgen des Konkursiten <strong>und</strong> Gewährspflichtige<br />

dürfen ihr beiwohnen. Jeder bekannte Gläubiger erhält zudem eine Spezialanzeige<br />

der Konkurspublikation, sofern der Konkurs im ordentlichen Verfahren durchgeführt<br />

wird, SchKG 233.<br />

• Hinweis für ausländische Beteiligte, dass das Konkursamt als Zustellungsdomizil<br />

gilt, sofern kein anderes in der Schweiz bezeichnet wird, SchKG 232 II Ziff. 6<br />

Die Verwaltung der Aktivmasse obliegt der Gläubigerversammlung, einem allfällig<br />

eingesetzten Gläubigerausschuss <strong>und</strong> der Konkursverwaltung.<br />

Erste Gläubigerversammlung<br />

Die spätestens 20 Tage nach der Konkurspublikation abzuhaltende erste Versammlung<br />

der Gläubiger wird vom Konkursbeamten geleitet, er bildet mit 2 von ihm bezeichneten<br />

Gläubigern das „Büro“, SchKG 235 I. Die Entscheide des Büros unterliegen der<br />

Beschwerde.<br />

Teilnahmeberechtigt ist, wer aus den Unterlagen des Konkursiten als dessen Gläubiger<br />

hervorgeht oder sich sonst wie als Gläubiger, Mitschuldner, Bürge oder<br />

Gewährspflichtiger ausweist. Vertretungen sind zulässig.<br />

Ist die Versammlung nicht beschlussfähig, SchKG 237, unterrichtet das Konkursamt die<br />

Anwesenden über den Bestand der Masse <strong>und</strong> stellt die Beschlussunfähigkeit fest. Das<br />

Konkursamt muss nun bis zur allfälligen zweiten Gläubigerversammlung die<br />

Aktivmasse alleine verwalten <strong>und</strong> es steht nun für spätere Gläubigerbeschlüsse der<br />

Zirkularweg offen, SchKG 255 a.<br />

Aufgaben der ersten Gläubigerversammlung:<br />

• Entgegennahme des Berichtes des Konkursamtes über die Aufnahme des<br />

Inventars <strong>und</strong> den Bestand der Aktivmasse.<br />

• Treffen von ersten organisatorischen Entscheidungen:<br />

• Einsetzen des Konkursamtes oder eine oder mehrere von ihr gewählten<br />

Personen als Konkursverwaltung, SchKG 237 II<br />

• Ggf. Wahl eines Gläubigerausschusses als Hilfsorgan, SchKG 237 III<br />

• Treffen von dringlichen Verwaltungsmassnahmen:<br />

• Fortführung des Betriebes des Konkursiten<br />

• Fortsetzung schwebender Prozesse<br />

• Vorzeitiger Verkauf auch von Gr<strong>und</strong>stücken aus freier Hand<br />

• Ggf. Einstellung der Verwertung, wenn der Konkursit einen Nachlassvertrag<br />

vorschlägt, SchKG 238 II.<br />

Diese geringen Kompetenzen rechtfertigen sich aus der Tatsache, dass die<br />

eingegebenen Forderungen – <strong>und</strong> somit auch die Teilnahme an der Versammlung –<br />

noch nicht erwahrt sind.<br />

Beschlüsse der ersten Gläubigerversammlung können sowohl wegen Rechtsverletzung<br />

als auch wegen Unangemessenheit mit Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde<br />

angefochten werden, SchKG 239. Legitimiert ist dazu jeder Gläubiger, sofern er dem<br />

angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat, der<br />

Schuldner sowie ein betroffener Dritter.


45.1. Aussonderung <strong>und</strong> Admassierung<br />

Der Gläubigerausschuss<br />

Der Gläubigerausschuss ist ein von der Gläubigerversammlung aus ihrer Mitte<br />

fakultativ eingesetztes Hilfs- <strong>und</strong> Kontrollorgan, SchKG 237 III. Bestimmt der<br />

Einsetzungsbeschluss nichts anderes, stehen ihm einfach die im Gesetz aufgezählten<br />

Obliegenheiten zu.<br />

In den Gläubigerausschuss kann jeder Gläubiger gewählt werden, der vom Schuldner<br />

nicht irgendwie abhängig ist; innerhalb des Gläubigerausschusses herrscht das<br />

Kollegialitätsprinzip; individuelles Handeln eines Mitgliedes ist ausgeschlossen.<br />

Auch Entscheide des Gläubigerausschusses sind mit Beschwerde anfechtbar, soweit<br />

sie betreibungsrechtliche Verfügungen darstellen <strong>und</strong> nicht nur rechtsgeschäftliche<br />

Handlungen wie bspw. der Abschluss eines Prozessvergleiches.<br />

Der Gläubigerausschuss kann durch die zweite Gläubigerversammlung wieder<br />

abberufen werden, SchKG 253 II.<br />

Konkursverwaltung<br />

Sie ist das ausführende Organ im Konkursverfahren. Ihr obliegt die Durchführung des<br />

Konkurses im Einzelnen, namentlich der Vollzug der Gläubigerbeschlüsse. Sie übt<br />

öffentlichrechtliche Funktionen aus.<br />

Ob diese von Gesetz wegen oder durch Beschluss der Gläubigerversammlung dem<br />

Konkursamt übertragen sind oder ob die Gläubiger an dessen Stelle eine besondere,<br />

ausseramtliche Konkursverwaltung, bestehend aus einer oder mehreren natürlichen<br />

oder iuristischen Personen, gewählt haben, spielt keinen Unterschied.<br />

Für eine ausseramtliche Konkursverwaltung kommen RA, Notare <strong>und</strong> Treuhänder in Frage, nicht<br />

aber Gläubiger oder Drittschuldner.<br />

Die amtliche wie auch die ausseramtliche Konkursverwaltung unterstehen denselben<br />

positiven wie negativen Amtspflichten, SchKG 8 – 11; der Kanton ist für sie<br />

verantwortlich, SchKG 5, sie unterstehen der disziplinarischen Verantwortlichkeit,<br />

SchKG 14, ihre Verfügungen unterliegen der Beschwerde <strong>und</strong> Entschädigungen dürfen<br />

ausschliesslich im Rahmen der GebV berechnet werden.<br />

Aufgabe:<br />

• Besorgt alle zur Erhaltung der Masse gehörenden Geschäfte <strong>und</strong> vertritt die Masse<br />

vor Gericht, SchKG 240.<br />

• Schulden, die sie im Rahmen dieser Tätigkeit eingeht, sind Masseverbindlichkeiten<br />

• Die Konkursverwaltung ist gehalten, unbestrittene fällige Forderungen einzuziehen.<br />

Anders als in einer Betreibung auf Pfändung 12 ist im Konkurs die Eintreibung auf<br />

dem Wege der Betreibung möglich, SchKG 243 I, solange die Forderung nicht<br />

ernsthaft bestritten ist.<br />

• Behandlung der Aussonderungsansprüche; es ist Sache der Konkursverwaltung,<br />

das Aussonderungsverfahren in Gange zu bringen, SchKG 242.<br />

• Ggf. sogar bereits Verwertungshandlungen, insbesondere Notverkauf, SchKG 243<br />

II. Sonst wird aber immer erst nach der zweiten Gläubigerversammlung verwertet.<br />

Im Aussonderungs- wie im Admassierungsverfahren soll der Bestand des für die<br />

Verwertung bestimmten Konkurssubstrates definitiv abgeklärt, d.h. es soll über<br />

allenfalls umstrittene Zugehörigkeit von Vermögenswerten zur Konkursmasse<br />

entschieden werden.<br />

Nach dem Gewahrsam am streitigen Gegenstand entscheidet sich, welches der beiden<br />

Verfahren zur Anwendung kommt; entscheidend ist der Gewahrsam im Zeitpunkt der<br />

Konkurseröffnung.<br />

Unmittelbare faktische Sachherrschaft, verb<strong>und</strong>en mit der Möglichkeit, sie zu gebrauchen.<br />

Befand sich die umstrittene Sache bei Konkurseröffnung im ausschliesslichen oder im<br />

Mitgewahrsam des Drittansprechers, ist sie vom Konkursbeschlag gar noch nicht<br />

betroffen; die Konkursmasse muss sie an sich ziehen: Admassierungsverfahren.<br />

Dies ganz im Gegensatz zur Spezialexekution, wo der Pfändungsbeschlag auch<br />

Gegenstände im Drittgewahrsam erfasst.<br />

Im ordentlichen Konkursverfahren entscheiden die Gläubiger darüber, ob sie mit einer<br />

solchen Admassierungsklage gegen den Dritten vorgehen wollen, im summarischen<br />

entscheidet die Konkursverwaltung, SchKG 236, 237 III Ziff. 3 13 , 253 II. Auch die<br />

Abtretung des Prozessführungsrechts nach SchKG 260 kann in Frage kommen.<br />

Hatte jedoch bei der Konkurseröffnung ausschliesslich der Schuldner den Gewahrsam,<br />

fiel die Sache vorerst einmal in die Konkursmasse, es sei denn, der Drittanspruch habe<br />

offensichtlich zu Recht bestanden.<br />

12 In der Betreibung auf Pfändung werden nur unbestrittene Forderungen eingezogen, bestrittene Forderungen werden entweder auf dem Wege der<br />

Forderungsüberweisung an Zahlungs Statt oder Zahlungshalber verwertet.<br />

13 Wenn es der von den Gläubigern gewählte Ausschuss kann, können es wohl auch die Gläubiger selbst !


§ 46 Erwahrung <strong>und</strong> Kollokation der Konkursforderungen<br />

46.1. Erwahrung der Konkursforderung<br />

Das Aussonderungsverfahren findet seine Gr<strong>und</strong>lage in SchKG 242 <strong>und</strong> in KOV 45<br />

ff; es kann analog dem Widerspruchsverfahren zwei Stadien durchlaufen, ein<br />

Vorverfahren <strong>und</strong> ggf. ein eigentlicher Aussonderungsprozess.<br />

Die Aussonderung muss ausdrücklich verlangt werden. Die Anmeldung ist trotz der<br />

Konkurspublikation bis zur Verteilung des Erlöses möglich, SchKG 251; nach der<br />

Verwertung richtet sich der Anspruch auf die Herausgabe des Erlöses.<br />

Die Konkursverwaltung führt das Vorverfahren durch; sie verfügt über die Herausgabe<br />

der von Dritten beanspruchten Sachen, SchKG 242 I.<br />

Die Konkursverwaltung, die bereit wäre, den Herausgabeanspruch eines Dritten<br />

anzuerkennen, muss vorher noch die Zweite Gläubigerversammlung begrüssen. Als<br />

oberstes Organ des Konkurses, SchKG 253, kann diese nämlich anders beschliessen<br />

oder das Bestreitungsrecht der Masse nach SchKG 260 einem oder einzelnen<br />

Gläubigern abtreten lassen, KOV 47. Nur wenn die Zweite Gläubigerversammlung der<br />

Konkursverwaltung beipflichtet <strong>und</strong> kein Gläubiger die Abtretung verlangt, darf die<br />

Sache oder der Erlös dem Dritten herausgegeben werden.<br />

Im summarischen Verfahren entscheidet die Konkursverwaltung allein.<br />

Wird hingegen der Drittanspruch abgelehnt (sei es von der Gläubigerversammlung,<br />

einem Abtretungsgläubiger oder der Konkursverwaltung), setzt die Konkursverwaltung<br />

dem Dritten eine 20-tägige Frist zur Klage, SchKG 242 II, KOV 46.<br />

Die Aussonderungsklage wird mit dem Begehren auf Herausgabe der Sache beim<br />

Gericht des Konkursortes angehoben. Kläger ist immer der Drittansprecher, Beklagter<br />

die Masse oder der Abtretungsgläubiger. Der Streitwert ist der Schätzungswert der<br />

umstrittenen Sache. Es handelt sich um einen ordentlichen Zivilprozess. Wird die<br />

Klage gutgeheissen, muss die Streitsache dem Kläger herausgegeben werden, wird sie<br />

abgewiesen, bleibt sie endgültig in der Konkursmasse.<br />

Das Urteil hat jedoch wie die Verwirkung des Klagerechts nur für das hängige<br />

Konkursverfahren Bedeutung; das Aussonderungsverfahren verfolgt nur einen<br />

betreibungsrechtlichen Zweck. Die Aussonderungsklage ist somit wie die<br />

Widerspruchsklage eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das<br />

materielle Recht. Gleiches gilt für die Admassierungsklage.<br />

Im Falle eines Konkurswiderrufes würde dies bedeuten:<br />

• Im Falle eines Obsiegens im Aussonderungsverfahren durch den Dritten könnte der<br />

ehemalige Konkursit immer noch mit der Vindikationsklage vorgehen<br />

• Hat die Masse im Admassierungsprozess gewonnen, wurde die Sache bei Konkurswiderruf<br />

noch nicht verwertet, so hat der Dritte eine Vindikation gegen den ehemaligen Konkursiten<br />

• War die Sache jedoch bereits verwertet; bleibt der Erwerber geschützt. Der Dritte kann nur<br />

noch gegen den ehemaligen Konkursiten wegen ungerechtfertigter Bereicherung vorgehen.<br />

Wie der Bestand der Aktivmasse muss auch derjenige der Passivmasse nach Ablauf<br />

der öffentlich bekannt gegebenen Eingabefrist endgültig <strong>und</strong> genau festgestellt werden.<br />

Ermittlung des verwertbaren Konkurssubstrates <strong>und</strong> der bei seiner Liquidation zu<br />

berücksichtigenden Konkursforderung laufen nebeneinander her.<br />

Beides ist zunächst Aufgabe der Konkursverwaltung; der Entscheid über eine streitige<br />

materielle Rechtslage obliegt jedoch allein den zuständigen Gerichten.<br />

Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die Konkursverwaltung die angemeldeten<br />

Forderungen <strong>und</strong> macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen, SchKG 244.<br />

Dazu hat sie 60 Tage Zeit, SchKG 247 I <strong>und</strong> IV, was allerdings verlängerbar ist.<br />

Gegenstand der Prüfung<br />

Zu prüfen sind sämtliche mündlich oder schriftlich, rechtzeitig oder verspätet<br />

angemeldeten Konkursforderungen, SchKG 244 <strong>und</strong> 251. Selbst nicht angemeldete<br />

Konkursforderungen sind von Amtes wegen zu berücksichtigen, sofern sie sich aus<br />

dem Gr<strong>und</strong>buch ergeben, SchKG 246, ebenso durch verpfändete Gr<strong>und</strong>pfandtitel<br />

gesicherte Forderungen sowie unmittelbare gesetzliche Rechte oder unmittelbare<br />

gesetzliche Verfügungsbeschränkungen [bspw. gesetzliche Vorkaufsrechte].<br />

Prüfungsverfahren<br />

Die Konkursverwaltung muss untersuchen, ob die Forderungen überhaupt bestehen,<br />

wie hoch sie sich belaufen, ob Sicherheiten dafür bestehen <strong>und</strong> welcher Rang ihnen<br />

zukommt.<br />

Primär wird dafür auf die eingelegten Beweismittel (Schuldscheine, Auszüge usw.)<br />

abgestellt, zudem sind von Amtes wegen alle zweckdienlichen Erhebungen zu machen<br />

<strong>und</strong> vom Gläubiger können weitere Belege eingefordert werden, SchKG 244. Der<br />

Gemeinschuldner selbst muss zu jeder einzelnen Konkursforderung befragt werden;<br />

die Konkursverwaltung ist aber nicht an seine Äusserung geb<strong>und</strong>en, SchKG 244 Satz<br />

2.


• Forderungshöhe<br />

• Forderungsgr<strong>und</strong><br />

• Beanspruchter Rang<br />

• Sicherheit<br />

46.2. Kollokationsplan<br />

Wird er nicht befragt, hat dies nicht die Nichtigkeit zur Folge. Seine unterschriftliche<br />

Anerkennung hat für den Konkursverlustschein Wirkung: Er gibt als<br />

Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82, SchKG 265.<br />

Entscheid der Konkursverwaltung<br />

Gelangt die Konkursverwaltung zum Ergebnis, dass eine Konkursforderung an sich <strong>und</strong><br />

ihrer Höhe nach besteht, dass sie dem betreffenden Gläubiger zusteht, dass gegen die<br />

angegebenen Sicherheiten <strong>und</strong> den beanspruchten Rang nichts einzuwenden ist,<br />

anerkennt sie den Anspruch.<br />

Anderenfalls weist sie ihn ganz oder teilweise ab oder verweist ihn in den ihr<br />

zuerkannten Rang. Der Entscheid erfolgt in der sog. Kollokationsverfügung.<br />

Abweisung setzt gründliche Prüfung voraus, Anerkennung ebenfalls. Ansonsten könnte<br />

sich der Gläubiger bzw. im zweiten Fall der Schuldner anstelle der Kollokationsklage<br />

die Beschwerde ergreifen, wenn nur eine oberflächliche Prüfung erfolgte.<br />

Der Entscheid der Konkursverwaltung muss eindeutig <strong>und</strong> unbedingt sein, nur unter<br />

dieser Voraussetzung taugt er als Gr<strong>und</strong>lage für die Verteilung des<br />

Konkursergebnisses <strong>und</strong> lässt auch keine Unsicherheit darüber aufkommen, wer ggf.<br />

eine Kollokationsklage einzuleiten hat.<br />

Zur Zeit der Konkurseröffnung hängige Prozesse über Forderungen müssen von der<br />

Konkursverwaltung nicht entschieden werden, sie sind bis zur Zweiten<br />

Gläubigerversammlung pro memoria im Kollokationsplan vorzumerken.<br />

Wird der Prozess von der Masse oder einem Abtretungsgläubiger fortgesetzt, SchKG 260, so<br />

übernimmt er die Funktion des Kollokationsprozesses, anderenfalls gilt die Forderung als<br />

anerkannt, was einen späteren Kollokationsprozess ausschliesst, KOV 63 III.<br />

Die Kollokationsverfügung der Konkursverwaltung kommt formell im Kollokationsplan<br />

zum Ausdruck. Jede Abweisung eines Anspruches ist kurz zu begründen; SchKG 248;<br />

nur die unveränderte Gutheissung einer Angabe durch Aufnahme in den Kollokationsplan<br />

bedarf keiner Begründung.<br />

Die Konkursverwaltung darf aber dabei nicht über den vom Gläubiger angemeldeten Betrag<br />

hinausgehen; ein höherer Betrag ist unzulässig, selbst wenn es darum ginge, sich einer vom<br />

Gläubiger vorgenommenen Verrechnung zu widersetzen.<br />

Auch wenn die Konkursverwaltung die Verrechnung ablehnt, darf sie einstweilen nur die<br />

eingegeben Restforderung kollozieren. Die verrechnete Gegenforderung des Konkursiten muss<br />

gerichtlich eingeklagt werden. [materiellrechtliche Forderungsklage]<br />

Inhalt<br />

Der Kollokationsplan gibt gesamthaft darüber Auskunft, wie die einzelnen Konkursforderungen<br />

bestandes-, betrags- <strong>und</strong> rangmässig im Verfahren behandelt werden<br />

sollen. Er bringt deren Anerkennung oder Abweisung formell zum Ausdruck.<br />

Im Einzelnen sind in den Kollokationsplan aufzunehmen:<br />

• Gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen an einem Gr<strong>und</strong>stück (incl. DBK, Gr<strong>und</strong>lasten,<br />

vorgemerkte persönliche Rechte) sowie gesetzliche Vorkaufsrechte. Es muss aus dem Plan<br />

hervorgehen, welche Lasten dem Erwerber eines Gr<strong>und</strong>stücks bei der Verwertung<br />

überb<strong>und</strong>en werden sollen.<br />

Für jedes einzelne Gr<strong>und</strong>stück erfolgt ein besonderes Lastenverzeichnis, VZG 125. Diese<br />

Verzeichnisse bilden Bestandteil des Kollokationsplanes, SchKG 247 II. Die Bereinigung der<br />

Lasten erfolgt jedoch im Kollokationsverfahren.<br />

• Faustpfandgesicherte Forderungen. Forderungen, für die ein Eigentümer- oder<br />

Inhaberschuldbrief als Faustpfand haftet, werden zwar faustpfandgesichert kolloziert, jedoch<br />

wird der Schuldtitel bis höchstens zum Betrag der zugelassenen Faustpfandforderung unter<br />

die Gr<strong>und</strong>pfandforderungen aufgenommen.<br />

• Ungesicherte Forderungen, rangmässig gegliedert nach den Konkursklassen, SchKG 219 IV.<br />

Als ungesichert gilt auch eine Forderung, für die ein Drittpfand bestellt ist.<br />

Nicht aufzunehmen sind dagegen Aussonderungsansprüche <strong>und</strong> Masseverbindlichkeiten,<br />

jene werden im Aussonderungsverfahren abgeklärt, diese werden<br />

vorweg voll aus dem Bruttoerlös der Masse bezahlt.<br />

Genehmigung<br />

Besteht ein Gläubigerausschuss, muss ihm der Kollokationsplan samt den Lastenverzeichnisses<br />

zur Genehmigung unterbreitet werden, SchKG 247 III <strong>und</strong> IV.<br />

Ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Gläubigerversammlung darf der<br />

Gläubigerausschuss allerdings keine Rechte anerkennen, welche die<br />

Konkursverwaltung abgewiesen hat. Er hat nur eine selbständige<br />

Abweisungskompetenz. [d.h. von der Konkursverwaltung zugelassene Forderungen<br />

selbständig abweisen].<br />

Besteht kein Gläubigerausschuss, kann der Kollokationsplan sofort nach seiner<br />

Erstellung aufgelegt <strong>und</strong> die Auflage öffentlich bekannt gemacht werden.


46.3. Anfechtung des Kollokationsplanes<br />

Auflegung<br />

Der abgeschlossene Kollokationsplan, seine Belege, sowie das Inventar werden beim<br />

Konkursamt aufgelegt. Das Inventar soll den Entscheid, ob sich ein Streit lohnt,<br />

erleichtern. Daher muss immer der vollständige Kollokationsplan aufgelegt werden.<br />

Ab dem Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung läuft auch die Frist zur Anhebung<br />

der Kollokationsklage, SchKG 249 II, 250 I.<br />

Eine individuelle Anzeige erhält nur der Gläubiger i.S.v. SchKG 249 III.<br />

Berichtigung des Kollokationsplanes<br />

Der aufgelegte Kollokationsplan ist nicht ohne weiteres verbindlich. Es kann noch zu<br />

Änderungen kommen:<br />

• Anfechtung des Planes mit Beschwerde oder Klage<br />

• Während der Anfechtungsfrist durch die Konkursverwaltung selbst unter gewissen<br />

Voraussetzungen [Selbstberichtigung]. Liegt ein Beschwerdegr<strong>und</strong> vor, gelten die<br />

Regeln des Beschwerderechts; liegt ein Klagegr<strong>und</strong> vor, besteht das Selbstberichtigungsrecht<br />

nur solange, als noch keine Klage erhoben worden ist.<br />

• Bis zum Schluss des Konkursverfahrens kann eine verspätete Konkurseingabe die<br />

Abänderung des u.U. bereits rechtskräftigen Kollokationsplanes nötig machen.<br />

Der Kollokationsplan stellt einen Komplex verfahrensrechtlicher Verfügungen der<br />

Konkursverwaltung, tlw. auch des Gläubigerausschusses dar, die zugleich die<br />

materiellen Rechte der Gläubiger <strong>und</strong> Inhaber beschränkter dinglicher Rechte<br />

berühren.<br />

Deshalb unterliegt er der Anfechtung sowohl durch Beschwerde als auch durch Klage,<br />

je nachdem ob die Verletzung einer Verfahrensvorschrift oder der materiellrechtliche<br />

Inhalt einer Verfügung beansprucht wird.<br />

Rechtskräftig wird der Kollokationsplan immer erst nach unbenütztem Ablauf der<br />

Anfechtungsfristen oder wenn über eine mittels Anfechtung beantragte Abänderung<br />

endgültig entschieden worden ist.<br />

Die Anfechtungsfrist beträgt für die Beschwerde 10, für die Klage 20 Tage. Beide<br />

Fristen laufen ab der Veröffentlichung der Planauflage, SchKG 250 I.<br />

Anfechtung mit Beschwerde<br />

Massgebend ist § 6. Gr<strong>und</strong> zur Beschwerde bilden ausschliesslich Verfahrensfehler bei<br />

der Erstellung des Planes.<br />

• Entwurf wurde dem Gläubigerausschuss nicht zur Genehmigung unterbreitet<br />

• Mangelhafte oder gar fehlende Auflage, Publikation oder Mitteilung<br />

• Keine Angabe der Abweisungsgründe<br />

• Fehlende Anhörung des Schuldners, wenn seine Anhörung zu einer anderen Entscheidung<br />

geführt hätte<br />

• Oberflächliche Entscheidungen der Konkursverwaltung<br />

• Nichtbehandlung einer eingegebenen oder aus dem Gr<strong>und</strong>buch ersichtlichen Forderung<br />

Zur Beschwerde legitimiert sind alle Beteiligten, ausser dem Gläubiger <strong>und</strong> dem Konkursiten ggf.<br />

auch Dritte, bspw. der Aussonderungsberechtigte.<br />

Wird der Kollokationsplan im Beschwerdeverfahren abgeändert, muss er neu aufgelegt <strong>und</strong> die<br />

Neuauflage öffentlich gemacht werden.<br />

Anfechtung mit Beschwerde<br />

Klageweise Anfechtung des Kollokationsplanes bezweckt immer die materiellrechtliche<br />

Überprüfung des Inhalts einer darin getroffenen Verfügung. Man beklagt sich über die<br />

Verletzung des materiellen Rechts <strong>und</strong> verlangt, dass ihm bei der Kollokation<br />

Rechnung getragen werde.<br />

Die Kollokationsklage richtet sich somit stets gegen die materielle Entscheidung der<br />

Konkursverwaltung im Rahmen der Erwahrung <strong>und</strong> Kollokation mit der Behauptung, sie<br />

sei inhaltlich falsch.<br />

Mit der Klage wird die Frage zur Beurteilung gestellt, wie ein geltend gemachter<br />

Anspruch materiell richtig zu kollozieren <strong>und</strong> damit der Berechtigte im Verfahren einzustufen<br />

sei. Mang verlangt die dem materiellen Recht entsprechende Teilnahme oder<br />

Nichtteilnahme am Konkursergebnis.<br />

Falscher Entscheid über Anerkennung oder Abweisung, Höhe, Zins, Rang, beschränktes<br />

dingliches Recht sei oder vorgemerktes persönliches Recht sei zu Unrecht bzw. in einem falschen<br />

Rang anerkannt worden.<br />

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kollokation der eigenen oder einer anderen fremden<br />

Forderung angefochten wird, denn im Konkurs sind in beiden Fällen materiellrechtliche<br />

Fragen zu überprüfen, SchKG 250 I <strong>und</strong> II.<br />

Legitimiert ist jeder Inhaber eines Anspruches, der im Kollokationsplan zu behandeln<br />

ist, also jeder Konkursgläubiger <strong>und</strong> jeder Inhaber eines beschränkten dinglichen<br />

Rechts bzw. eines vorgemerkten persönlichen Rechts, das nicht im beanspruchten<br />

Masse anerkannt worden ist.<br />

Dem Konkursiten ist allerdings der Klageweg verschlossen, er ist ausschliesslich auf<br />

die Beschwerde verwiesen.


§ 47 Verwertung<br />

47.1. Zweite Gläubigerversammlung<br />

Eigentum: Aussonderung<br />

Beschr. dingl. Rechte /<br />

vorgemerkte pers. Rechte: Kollokation<br />

Passivlegitimiert ist entweder die Konkursmasse (Kollokationsklage gegen eigene<br />

Kollokation) oder ein anderer Ansprecher (Kollokationsklage gegen andere<br />

Kollokation), SchKG 250 I <strong>und</strong> II.<br />

Der Streitwert bemisst sich nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag entfiele,<br />

also nach dem möglichen Prozessgewinn.<br />

Kollokationsprozess<br />

Der Streit wird vor Gericht im bV durchgeführt, SchKG 250 III. Die Klage muss binnen<br />

20 Tagen beim Gericht am Konkursort eingereicht werden, es ist aber eine<br />

verlängerbare Frist. Die Beweislast trifft immer die Partei, um deren Ansprüche es geht:<br />

SchKG 250 I (Kläger), SchKG 250 II (Beklagter).<br />

Das Urteil wirkt nur im hängigen Konkursverfahren. Das Urteil hat also keine über das<br />

konkrete Verfahren hinausgehende materiellrechtliche Bedeutung. Einem Prozess<br />

ausserhalb des Konkurses stünde die res iudicata nicht entgegen.<br />

Es ist deshalb eine konkursrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht.<br />

Rechtsmittel: R (NB) an OGer, Ber BGer (NB) KassG, SB BGer.<br />

Gutheissung der Klage hat folgende Auswirkungen:<br />

• Hat der Gläubiger nach SchKG 250 I gegen seine eigene Kollokation geklagt, ändert das<br />

gutheissende Urteil den Kollokationsplan mit Wirkung für alle Gläubiger ab. Die Mitgläubiger<br />

erleiden im Umfang des Prozessgewinnes des Klägers verhältnismässige Kürzungen auf<br />

ihren Dividenden. Der Plan muss nicht neu aufgelegt werden.<br />

• Hat der Gläubiger nach SchKG 250 II wegen einer fremden Kollokation geklagt, wirkt sich<br />

das gutheissende Urteil vorerst nur zwischen den Parteien aus. Der obsiegende Kläger kann<br />

den Prozessgewinn – den Betrag, um den die Dividende des Beklagten herabgesetzt wird –<br />

bis zur vollen Deckung seiner Forderung <strong>und</strong> der Prozesskosten für sich beanspruchen. Erst<br />

ein allfälliger Überschuss wird entsprechend dem berichtigten Kollokationsplan unter die<br />

Gläubiger verteilt. Der Plan muss nicht neu aufgelegt werden.<br />

Der rechtskräftige Kollokationsplan ist massgebend für die Verteilung des<br />

Verwertungserlöses der Konkursmasse.<br />

• Gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen an einem Gr<strong>und</strong>stück (incl. DBK, Gr<strong>und</strong>lasten,<br />

vorgemerkte persönliche Rechte) sowie gesetzliche Vorkaufsrechte. Es muss aus dem Plan<br />

hervorgehen, welche Lasten dem Erwerber eines Gr<strong>und</strong>stücks bei der Verwertung<br />

überb<strong>und</strong>en werden sollen.<br />

Die Verwertung der Aktivmasse ist Aufgabe der Konkursverwaltung; wie sie dabei<br />

vorzugehen hat, bestimmt aber im ordentlichen Konkursverfahren i.a.R. die zweite<br />

Gläubigerversammlung.<br />

Abgesehen vom Notverkauf sowie von der Verwertung von Wertpapieren <strong>und</strong> Waren<br />

zum Börsen- oder Marktpreis, SchKG 238 <strong>und</strong> 243 II, dürfen die Bestandteile der<br />

Aktivmasse erst verwertet werden, nachdem die Zweite Gläubigerversammlung<br />

stattgef<strong>und</strong>en hat, SchKG 243 III <strong>und</strong> 256.<br />

Die Verwertung von Gr<strong>und</strong>stücken setzt jedoch voraus, dass die Lastenbereinigung im<br />

Rahmen des Kollokationsverfahrens durchgeführt ist. Fahrnis darf auch dann verwertet<br />

werden, wenn daran bestehende Pfandrechte noch nicht bereinigt sein sollten, weil hier<br />

keine Lasten überb<strong>und</strong>en werden, die Einfluss auf die Bestimmung des<br />

Veräusserungswertes haben könnten.<br />

Die Zweite Gläubigerversammlung wird von der Konkursverwaltung durch individuelle<br />

Einladung einberufen, sobald die Konkurseingaben geprüft <strong>und</strong> der Kollokationsplan<br />

erstellt <strong>und</strong> auferlegt ist. Die Einladung muss 20 Tage vor der Versammlung verschickt<br />

sein, SchKG 252 I.<br />

Teilnahmeberechtigt sind nun alle Konkursgläubiger; deren Forderungen nicht bereits<br />

rechtskräftig abgewiesen sind, SchKG252 I; somit Gläubiger mit rechtskräftig<br />

anerkannten Forderungen sowie Gläubiger, deren Kollokationsverfahren noch hängig<br />

ist. Massegläubiger <strong>und</strong> Aussonderungsberechtigte werden nicht eingeladen.<br />

Eine weitere Versammlung nach der Zweiten Gläubigerversammlung stellt diese selbst<br />

dar; die erneut zu einer Verhandlung zusammengetreten ist, SchKG 255.<br />

Ein Mitglied der Konkursverwaltung führt in der Versammlung den Vorsitz, über<br />

Beschlussfähigkeit <strong>und</strong> Abstimmung gilt dasselbe wie in der 1. GV, SchKG 252 III.<br />

Kommt keine beschlussfähige Versammlung zustande, hat auch hier die Konkursverwaltung<br />

dies festzustellen <strong>und</strong> die Anwesenden über den Stand des Verfahrens zu<br />

informieren; die bisherige Konkursverwaltung sowie der Gläubigerausschuss bleiben<br />

dann bis zum Schluss des Verfahrens im Amt, SchKG 254. Beschlüsse müssen dann<br />

auf dem Zirkularweg getroffen werden, SchKG 255a.


47.2. Verwertungsarten<br />

47.2.1. Öffentliche Versteigerung<br />

47.2.2. Freihandverkauf<br />

In der Zweiten Gläubigerversammlung sind nur noch die voraussichtlich am<br />

Verwertungserlös teilhabenden Gläubiger vereinigt, weshalb qualitativ weitergehende<br />

Kompetenzen bestehen:<br />

• Entgegennahme eines umfassenden Berichtes der Konkursverwaltung, SchKG 253 I<br />

• Bestätigung oder Neuwahl der Konkursverwaltung <strong>und</strong> des Gläubigerausschusses oder<br />

überhaupt erst Einsetzung eines solchen Organs, SchKG 253 II<br />

• Unbeschränkt (souverainement) alles Weitere für die Durchführung des Konkurses<br />

anzuordnen, SchKG 253 II [Freihandverkauf, Verzicht auf Geltendmachung von<br />

Rechtsansprüchen der Masse, Beschluss über die Weiterführung eines Prozesses usw.],<br />

SchKG 207, 256 I, 260<br />

• Verhandlungen über einen vorgeschlagenen Nachlassvertrag, SchKG 252 II <strong>und</strong> 332.<br />

Diese Allmacht der Zweiten Gläubigerversammlung wird einzig durch das Beschwerderecht<br />

unter Kontrolle gehalten. Als Beschwerdegr<strong>und</strong> kann jedoch nur<br />

Rechtsverletzung, nicht auch Unangemessenheit angerufen werden.<br />

Auch im Konkurs steht die Versilberung im Vordergr<strong>und</strong>; es herrscht jedoch die<br />

grössere Freiheit, weil alle Gläubiger gemeinsam über die ihnen guterscheinende Art<br />

der Verwertung befinden können.<br />

Beschliesst die 2. GV nichts anderes, erfolgt die öffentliche Versteigerung, SchKG 256<br />

I. Es hat zuvor die Festsetzung der Steigerungsbedingungen zu erfolgen <strong>und</strong> die<br />

Steigerungspublikation, SchKG 257 I.<br />

Ist ein Gr<strong>und</strong>stück zu versteigern, muss die Publikation einen Monat vorher öffentlich<br />

bekannt gemacht werden; die Steigerungsbedingungen samt Lastenverzeichnis auf<br />

dem Konkursamt zur Einsicht aufgelegt werden, selbst wenn eine ausseramtliche<br />

Konkursverwaltung besteht, SchKG 257 II, 259 i.V.m. 134 <strong>und</strong> 135.<br />

Eine individuelle Mitteilung erhalten im Konkurs nur die Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger <strong>und</strong><br />

diejenigen Gläubiger, denen die Gr<strong>und</strong>pfandtitel verpfändet sind, SchKG 257 III.<br />

Die Steigerung wird weitgehend nach den in der Spezialexekution geltenden Regeln<br />

durchgeführt, SchKG 258 II <strong>und</strong> 259. Doch ist sie im Konkurs insofern einfacher, als<br />

das Deckungsprinzip nicht beachtet zu werden braucht. Hier wird also immer nach<br />

dreimaligem Aufruf dem meistbietenden zugeschlagen, SchKG 258 I.<br />

Es kann wohl in den Steigerungsbedingungen ein Mindestpreis festgelegt werden, kommt aber<br />

nach gescheiterter Steigerung auch kein Freihandverkauf zustande; muss in einer folgenden<br />

zweiten Steigerung ohne diese Beschränkung zugeschlagen werden, VZG 130 II, III.<br />

Hingegen gilt im Interesse der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger auch im Konkurs das Prinzip des<br />

doppelten Aufrufs, SchKG 268 II i.V.m. 142.<br />

Weitere Analogien:<br />

• Lastenüberbindung bei Gr<strong>und</strong>stücken, SchKG 135<br />

• Mindestzuschlagspreis von Edelmetallen, SchKG 128<br />

• Zahlungsmodalitäten, SchKG 129, 136, 137, 143<br />

• Bewilligung nach BewG oder BGBB<br />

• Eigentumsübergang<br />

Der Freihandverkauf wird zugelassen als<br />

• Notverkauf, SchKG 243 II Satz 1<br />

• Wenn Wertpapiere oder andere Sachen mit einem Börsen- oder Marktwert sofort günstig<br />

verwertet werden können, SchKG 243 II Satz 2<br />

• Überdies wenn immer die Zweite Gläubigerversammlung beschliesst <strong>und</strong> die Pfandgläubiger<br />

hinsichtlich der Pfandgegenstände damit einverstanden sind, SchKG 256 I <strong>und</strong> II. Es bedarf<br />

also im Konkurs nicht wie in der Spezialexekution der Zustimmung aller Beteiligten zum<br />

Freihandverkauf, SchKG 130, 143b. Im summarischen Konkurs entscheidet überhaupt die<br />

Konkursverwaltung alleine, SchKG 231.<br />

Selbst auf Beschluss der Gläubigerversammlung hin dürfen Gegenstände von<br />

bedeutendem Wert oder Gr<strong>und</strong>stücke aber erst dann freihändig verkauft werden, wenn<br />

allen Gläubigern Gelegenheit geboten wurde, den in Aussicht genommenen Preis zu<br />

überbieten, SchKG 256 III.<br />

Der Eigentumserwerb erfolgt nicht originär, sondern es bedarf noch des öffentlich<br />

beurk<strong>und</strong>eten Kaufvertrages <strong>und</strong> der Eintragung im Gr<strong>und</strong>buch bei Gr<strong>und</strong>stücken.


47.2.3. Abtretung von Rechtsansprüchen<br />

Diese Verwertungsart ist verwandt mit der Übernahme eines Anspruches durch einen<br />

Gläubiger zur Eintreibung nach SchKG 131 II in der Pfändungsbetreibung. (anschl.)<br />

47.2.4. Verwertung eines Anteils an einem Gemeinschaftsvermögen sowie anderer Rechte<br />

47.3. Abtretung von Rechtsansprüchen<br />

Es gilt das zur Pfändungsbetreibung Gesagte. Einigungsverhandlungen sind wohl<br />

zweckmässig, im Konkurs jedoch fakultativ. Es bestimmt nach wie vor die Zweite<br />

Gläubigerversammlung oder die Konkursverwaltung die Art der Verwertung.<br />

Es kommt die Versteigerung oder der freihändige Verkauf des Liquidationsanteils; in<br />

zweiter Linie die Auflösung der Gemeinschaft <strong>und</strong> die Liquidation des Gemeinschaftsvermögens.<br />

Wertpapiere sind zum Börsen- oder Marktpreis zu versilbern, SchKG 243 II.<br />

Unbestrittene fällige Guthaben, die sich in der Konkursmasse befinden, hat die<br />

Konkursmasse beim Drittschuldner einzuziehen, SchKG 243 I.<br />

Nicht fällige, streitige oder sonst (Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners) sowie nur<br />

schwer einbringliche Forderungen können dagegen nicht ohne weiteres einbezogen<br />

werden. Solche illiquiden Ansprüche des Schuldners wären nur sehr schwer<br />

versteigerbar; für sie ist in der Generalexekution die Abtretung an einen<br />

Konkursgläubiger vorgesehen, SchKG 260 I.<br />

Es werden jedoch keine materiellen Rechte aus der Konkursmasse ausgeschieden <strong>und</strong><br />

durch Zession an die Gläubiger abgetreten; übertragen wird vielmehr nur die<br />

Kompetenz, sie geltend zu machen.<br />

SchKG 260 bedeutet somit nichts anderes, als dass die Konkursmasse dem<br />

Abtretungsgläubiger das Prozessführungsrecht für den abgetretenen Anspruch<br />

überträgt; der Abtretungsgläubiger wird ermächtigt, anstelle der Masse einen allfälligen<br />

Prozess zu führen.<br />

Der abgetretene Anspruch kann gr<strong>und</strong>sätzlich jeder Vermögensanspruch sein, der<br />

Bestandteil der Konkursmasse bildet; aber auch Ansprüche, die der Masse originär<br />

zustehen (Anfechtungsansprüche <strong>und</strong> Masseforderungen).<br />

Unter dem Begriff Rechtsanspruch sind aber nicht nur zweifelhafte Aktiven zu<br />

verstehen (unsichere Forderungen), sondern auch blosse Bestreitungsrechte (zur<br />

Abwehr unberechtigter Ansprüche gegen die Konkursmasse), in diesem Falle dient die<br />

Abtretung nicht eigentlich nicht der Verwertung, sondern ausnahmsweise der Aktiven-<br />

oder sogar der Passivenbereinigung.<br />

• Zweifelhafte Aktiven<br />

Es kommen v.a. bestrittene Forderungen <strong>und</strong> andere zivilrechtliche Ansprüche, die zur<br />

Konkursmasse gehören, in Betracht.<br />

Unsichere Debitorenguthaben oder Masseforderungen, Anspruch auf Einzahlung<br />

ausstehender Aktienbeträge, Verantwortlichkeitsansprüche einer AG gegen ihre Organe,<br />

Anfechtung einer nicht gerechtfertigen Enterbung des Konkursiten, Geltendmachung eines<br />

Pflichtteilsrechts.<br />

• Bestrittene Admassierungsansprüche<br />

• Alle zur Masse gehörenden Anfechtungsansprüche<br />

Ansprüche aus paulianischer Anfechtung, Ansprüche aus Verrechnungsanfechtung,<br />

Anfechtung einer dolosen Ausschlagung einer Erbschaft durch den konkursiten Erben, ZGB<br />

578.<br />

• Im öffentlichen Recht begründete Ansprüche, bspw. aus Enteignung<br />

• Forderungen des Konkursiten, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits Gegenstand<br />

eines Verfahrens bildeten, SchKG 207, wenn die Gläubiger auf Weiterführung des<br />

Verfahrens verzichten.<br />

• Bestreitungsrechte<br />

Sie umfassen alle auf Abwehr eines gegen die Konkursmasse erhobenen Anspruchs<br />

gerichteten Rechte, namentlich die Ablehnung<br />

• Eines Aussonderungsanspruches<br />

• Einer bereits bei Konkurseröffnung im Prozess liegenden Konkursforderung, SchKG 207, der<br />

Abtretungsgläubiger tritt dann in das hängige Verfahren ein [die Bestreitung aller anderen<br />

Konkursforderungen wäre dagegen nie abtretbar, sie werden im Kollokationsverfahren<br />

bereinigt]<br />

• Eine Masseverbindlichkeit [Anwaltshonorar, gegen die Masse selbst erhobene<br />

Steuerforderung]<br />

• Eine Begünstigungsklausel in einer Lebensversicherung


BGE 118 III 59, Erwägung 3<br />

47.4. Voraussetzung der Abtretung<br />

3.- Dans une jurisprudence constante, le<br />

Tribunal fédéral a considéré qu'une cession<br />

n'était valable que si elle faisait suite à une<br />

décision de la masse, c'est-à-dire de la<br />

majorité des créanciers, de renoncer à agir<br />

elle-même (ATF 113 III 137 consid. 3b, 79<br />

III 11, 75 III 17 consid. 2, 71 III 137 consid.<br />

2). Il en va de même pour une offre de<br />

cession. Comme il n'y a, dans la règle, pas<br />

d'assemblée des créanciers en cours de<br />

liquidation sommaire (art. 96 let. a OOF), la<br />

décision de renonciation est, en principe,<br />

provoquée par voie de circulaire aux<br />

créanciers (ATF 79 III 11, 71 III 137 consid.<br />

2; BRIDEL, Contribution à l'étude de l'art.<br />

260 LP, in JdT 1939 II 98 ss, n. 12). La voie<br />

de la publication n'est pas exclue (ATF 58<br />

III 97 consid. 3), mais il faut accorder aux<br />

créanciers l'occasion de se déterminer<br />

quant à une éventuelle renonciation avant<br />

d'offrir la cession de droits litigieux (ATF<br />

102 III 82 consid. 3b). En l'espèce, les<br />

créanciers n'ont jamais été interpellés, ni<br />

par circulaire, ni par publication, sur le<br />

principe de la renonciation de la masse à<br />

faire valoir elle-même des créances<br />

inventoriées. Alors que l'offre de cession<br />

des droits de la masse supposait la<br />

renonciation à une action de la masse ellemême,<br />

il n'y a pas eu, ni expressément ni<br />

tacitement, une décision de renonciation<br />

prise par l'ensemble des créanciers.<br />

47.5. Dauer <strong>und</strong> Widerruf der Abtretung<br />

Ausser dass materiell überhaupt ein abtretbarer Anspruch besteht, setzt die Abtretung<br />

formell voraus:<br />

• Den Verzicht der Gläubiger auf die Geltendmachung des Anspruchs<br />

Die Gesamtheit der Gläubiger muss auf die Geltendmachung des fraglichen Rechts durch die<br />

Masse verzichten; es genügt bereits ein Mehrheitsbeschluss der Zweiten Gläubigerversammlung<br />

oder durch Zirkular. Es müssen alle Gläubiger Gelegenheit erhalten, zur Frage<br />

des Verzichts Stellung zu nehmen, BGE 118 III 59.<br />

• Das Abtretungsbegehren eines legitimierten Gläubigers<br />

Die Geltendmachung eines streitigen Anspruches kann man keine Gläubiger einfach<br />

aufzwingen; einer wenigstens muss bereit sein, das Risiko zu übernehmen. Das Abtretungsbegehren<br />

kann an der Zweiten Gläubigerversammlung oder binnen 10 Tage danach gestellt<br />

werden. Wird ein streitiger Anspruch erst später entdeckt, kann das Abtretungsverfahren<br />

auch dann noch, sogar erst nach Abschluss des Konkursverfahrens eingeleitet werden,<br />

SchKG 269.<br />

Legitimiert ist jeder Konkursgläubiger, der im Kollokationsplan berücksichtigt worden ist.<br />

Selbst einem abgewiesenen Gläubiger darf wenigstens eine bedingte Abtretung nicht<br />

verwehrt werden, sofern er rechtzeitig Beschwerde oder Kollokationsklage eingereicht hat.<br />

Nicht legitimiert ist der Konkursgläubiger, gegen den sich der abzutretende Anspruch richtet.<br />

• Die Abtretungsverfügung der Konkursverwaltung.<br />

Die Abtretung beruht nicht auf dem Verzichtsbeschluss der Gläubigerversammlung, sondern<br />

wird durch die Konkursverwaltung förmlich verfügt. Im Falle von SchKG 269 verfügt das<br />

Konkursamt. Gegen die Abtretungsverfügung kann bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde<br />

geführt werden. (SchKG 18 I, GVG 110 => Rekurs, StaBe)<br />

Wirkungen der Abtretung<br />

Die konkursrechtliche Abtretung bewirkt zunächst bloss, dass das Recht auf<br />

Geltendmachung eines der Masse zustehenden Anspruchs auf Eintreibung oder<br />

Abwehr auf den Abtretungsgläubiger übergeht. Die Konkursverwaltung ist nicht mehr<br />

befugt, ohne Zustimmung des Abtretungsgläubigers dürfte sie den Anspruch auch nicht<br />

mehr – bspw. durch Freihandverkauf – verwerten.<br />

Es ist nun ausschliesslich Sache des Abtretungsgläubigers, den streitigen Anspruch<br />

anstelle der Masse mit allen Mitteln geltend zu machen; wofür ihm die<br />

Konkursverwaltung alle dienlichen Unterlagen auszuhändigen hat.<br />

Der „debitor cessus“ kann jedoch mangels Rechtsänderung weiterhin befreiend an die<br />

Masse leisten; die Abtretung würde dahinfallen. Einreden kann der „debitor cessus“<br />

gegenüber dem Abtretungsgläubiger jedoch nur insofern erheben, als sie ihm der<br />

Masse gegenüber zustehen. Persönliche Einreden gegenüber dem<br />

Abtretungsgläubiger [Verrechnung] gelten nicht.<br />

Auch für den Abtretungsgläubiger ändert sich materiellrechtlich nichts; er nimmt<br />

weiterhin am Konkurs teil; bleiben seine Bemühungen erfolglos, hat er weiterhin<br />

Anspruch auf seine Konkursdividende.<br />

Das abgetretene Verfolgungs- oder Verteidigungsrecht ist an die Konkursforderung des<br />

Abtretungsgläubigers geb<strong>und</strong>en; es kann nicht selbständig übertragen werden, wohl<br />

aber durch Singular- oder Universalsukzession.<br />

Zufolge der Abtretung kann <strong>und</strong> muss der Abtretungsgläubiger oder sein<br />

Rechtsnachfolger handeln; d.h. den ihm abgetretenen Rechtsanspruch geltend<br />

machen. Er ist ermächtigt, aber nicht verpflichtet, den Prozessweg zu beschreiten.<br />

Mehrere Abtretungsgläubiger bilden im Falle eines gerichtlichen Vorgehens eine<br />

notwendige Streitgenossenschaft; sie müssen den ihnen von der Masse abgetretenen<br />

Anspruch in einem einheitlichen Verfahren geltend machen, das ein einheitliches Urteil<br />

erlaubt.<br />

Der Abtretungsgläubiger handelt auf eigene Gefahr <strong>und</strong> in erster Linie auch zu eigenem<br />

Nutzen; darum auch in eigenem Namen. Die Kosten gehen zu seinen Lasten; er haftet<br />

der Masse für allen Schaden, den er verschulden [Verjährung, Säumnis]. Der<br />

Abtretungsgläubiger hat aber Anspruch auf den Prozessgewinn, er wird im Gegensatz<br />

zu einem Beauftragten nicht zur Ablieferung verpflichtet. Nur ein allfälliger Überschuss<br />

verbleibt der Masse, SchKG 260 II. Bei mehreren Abtretungsgläubigern werden nur<br />

jene berücksichtigt, die wirklich gehandelt haben; ihre Deckung erfolgt nach SchKG<br />

219. [<strong>Konkursrecht</strong>l. Rangordnung].<br />

Die Abtretung stellt eine konkursrechtliche Liquidationsmassnahme dar; sie kann nicht<br />

unbeschränkt lange dauern. Sie wird indirekt befristet, indem die Konkursverwaltung<br />

dem Abtretungsgläubiger eine angemessene Frist zur Anhebung der Klage ansetzt.<br />

Lässt er die Frist unbenützt verstreichen, ist die Konkursverwaltung befugt, die<br />

Abtretung zu widerrufen. Solange sie dies nicht ausdrücklich tut, gilt die Frist als<br />

stillschweigend verlängert.<br />

Will kein Gläubiger die Abtretung, darf die Konkursverwaltung den Anspruch nicht<br />

selbst geltend machen – die Gläubiger wollen dies ja eben nicht. Der Anspruch kann<br />

nur versteigert oder freihändig verkauft werden, SchKG 260 III. Paulianische<br />

Anfechtungsansprüche dürfen nicht weiterveräussert werden, SchKG 256 IV.


§ 48 Verteilung<br />

48.1. Ermittlung des Reinerlöses<br />

48.2. Durchführung der Verteilung<br />

Die Schlussverteilung darf erst erfolgen, wenn sowohl Aktiv- wie auch Passivmasse<br />

bereinigt <strong>und</strong> rechtskräftig festgestellt sind; also nach rechtskräftiger Erledigung<br />

allfälliger Aussonderungs-, Admassierungs- oder Kollokationsstreitigkeiten; zudem<br />

muss der Erlös der gesamten Aktivmasse eingegangen sein.<br />

Zuvor dürfen nur provisorische Abschlagszahlungen erfolgen, SchKG 266.<br />

Aus dem eingegangenen Bruttoergebnis müssen vorweg die Masseverbindlichkeiten<br />

bezahlt werden, SchKG 262 I. Gemeinsames Merkmal ist, dass sie ihren<br />

Entstehungsgr<strong>und</strong> nach der Konkurseröffnung haben <strong>und</strong> dass sie nicht den<br />

Konkursiten selbst, sondern die Konkursmasse verpflichten.<br />

• Massekosten, d.h. die aus der Eröffnung <strong>und</strong> Durchführung des Konkurses erwachsenen<br />

Verfahrenskosten, v.a. Auslagen <strong>und</strong> Gebühren des Konkursamtes sowie Entschädigung der<br />

ausseramtlichen Konkursverwaltung, SchKG 262 I<br />

• Masseschulden, d.h. die während des Konkurses zu Lasten der Masse eingegangenen<br />

Verbindlichkeiten; v.a. Anwalts- <strong>und</strong> Expertenkosten, Schulden aus der Fortführung des<br />

Geschäftsbetriebes, Steuern, Verpflichtungen des Konkursiten, welche die Masse realiter<br />

erfüllen will usw.<br />

Masseverbindlichkeiten gehören nicht in den Kollokationsplan, weil sie vorweg zu<br />

begleichen sind. Kann mangels genügender Aktiven nicht mit einem kostendeckenden<br />

Bruttoerlös gerechnet werden, ist der Konkurs rechtzeitig einzustellen, SchKG 230.<br />

Ergibt sich erst nach der Verwertung, dass der Bruttoerlös nicht zur Deckung aller<br />

Masseverbindlichkeiten ausreicht, sind zunächst die Auslagen der Konkursverwaltung,<br />

dann die Masseschulden <strong>und</strong> erst zuletzt die Gebühren <strong>und</strong> die Entschädigung der<br />

Konkursverwaltung auszuzahlen.<br />

Für den Erlös von Pfandgegenständen darf infolge des materiellen Deckungsanspruchs<br />

nur die Kosten der Inventur, Verwaltung <strong>und</strong> Verwertung in Rechnung gestellt werden,<br />

SchKG 262 II.<br />

Ob man es mit einer Masseverbindlichkeit oder mit einer Konkursforderung zu tun hat,<br />

entscheidet im Streitfall der Zivilrichter oder für öffentlichrechtliche Forderungen die<br />

zuständige Verwaltungsjustizbehörde.<br />

Was nach Tilgung der Masseverbindlichkeiten übrig bleibt, bildet nach Abzug der<br />

allgemeinen Kosten den zur Verteilung bestimmten Reinerlös. Nach dessen Ermittlung<br />

stellt die Konkursverwaltung Verteilungsliste <strong>und</strong> Schlussrechnung auf, SchKG 261.<br />

Beide liegen 10 Tage beim Konkursamt auf; jeder Gläubiger <strong>und</strong> Konkursit erhält eine<br />

individuelle Anzeige, SchKG 263. Beides kann mit Beschwerde angefochten werden.<br />

Die Verteilungsliste basiert auf dem rechtskräftigen Kollokationsplan; die<br />

Schlussrechnung enthält die Gesamtabrechnung über den Konkurs.<br />

Nach unbenützem Ablauf der Anfechtungsfrist oder nach rechtskräftiger Erledigung von<br />

Streitigkeiten gegen die Verteilungsliste oder die Schlussabrechnung kann die Konkursverwaltung<br />

die Pfandbetreffnisse <strong>und</strong> Dividenden auszahlen, SchKG 264 I.<br />

Anteile, die auf Forderungen unter aufschiebender Bedingung oder mit ungewisser<br />

Verfallzeit sowie auf Sicherheitsleistung entfallen, werden nicht ausbezahlt sondern bei<br />

der kantonalen Depositenanstalt hinterlegt, SchKG 264 III.<br />

Auch im Konkurs kann ein Bedürfnis nach einer vorzeitigen, wenn auch nur<br />

provisorischen Verteilung bestehen; sog. Abschlagszahlungen. Zur Anordnung<br />

zuständig ist der Gläubigerausschuss, anderenfalls entscheidet die Konkursverwaltung<br />

darüber. Abschlagszahlungen sind im summarischen Konkurs ausgeschlossen.<br />

Voraussetzungen für Abschlagszahlungen:<br />

• Gewähr, dass keine Beeinträchtigung des Endergebnisses zu befürchten ist. Man muss dem<br />

Deckungserfordernis für die Masseverbindlichkeiten <strong>und</strong> für die Konkursforderungen<br />

vorrangiger Gläubiger Rechnung tragen.<br />

• Die Frist zur Anfechtung des Kollokationsplanes muss abgelaufen sein, SchKG 266 I. Für<br />

bestrittene Forderungen bzw. für aufschiebend bedingte Forderungen wird die<br />

Abschlagszahlung nicht ausbezahlt, sondern zinstragend angelegt.<br />

• Die Konkursverwaltung hat noch eine provisorische Verteilungsliste beim Konkursamt<br />

aufzulegen; wer etwas zu beanstanden hat (Höhe der Abschlagszahlungen, Rechnung i.A.)<br />

muss sich schon über diese provisorische Liste beschweren, nicht erst über die definitive.<br />

Bevor die provisorische Verteilungsliste in Rechtskraft erwachsen ist, darf nichts verteilt<br />

werden.<br />

• Auf verspätet angemeldete Forderungen werden zuvor vorgenommene Abschlagszahlungen<br />

nicht nachgezahlt, SchKG 251 III.


Gleiche Wirkungen wie<br />

Pfändungsverlustschein<br />

Andere Wirkungen wie<br />

Pfändungsverlustschein<br />

48.3. Quittierung, Urk<strong>und</strong>entilgung <strong>und</strong> Verlustschein<br />

48.4. Konkursverlustschein<br />

48.5. Neues Vermögen<br />

Für die Quittierung <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>entilgung gelten dieselben Regeln wie in der Betreibung<br />

auf Pfändung, SchKG 264 II.<br />

Jeder Gläubiger erhält nach der Verteilung für den ungedeckt gebliebenen Betrag<br />

seiner Forderung einen Verlustschein; die amtliche Bescheinigung über den von ihm<br />

erlittenen Verlust, SchKG 265 I i.V.m. 149 I bis .<br />

Weil im Konkurs das Deckungsprinzip für Pfänder nicht gilt, können selbst<br />

Pfandgläubiger zu Verlust kommen.<br />

Wirkungen des Verlustscheins:<br />

• Unverzinslichkeit der Verlustscheinforderung, SchKG 149 IV<br />

• Verjährbarkeit erst 20 Jahre nach Ausstellung des Verlustscheins, SchKG 149 a I<br />

• Arrestgr<strong>und</strong> in der betreibungsrechtlichen Wirkung, SchKG 271 I Ziff. 5<br />

• Der Konkursverlustschein gilt nur dann als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82, wenn der<br />

Konkursit die betreffende Forderung anerkannt hat, SchKG 244.<br />

• Der Konkursverlustschein berechtigt den Gläubiger nicht ohne weiteres zur<br />

Anfechtungsklage, denn die Anfechtungsansprüche gehören zur Konkursmasse, SchKG 200;<br />

<strong>und</strong> können auch nach Abschluss eines Konkursverfahrens nur gestützt auf SchKG 260 von<br />

einem einzelnen Gläubiger geltend gemacht werden.<br />

• Eine Fortsetzung der Betreibung ohne neues Einleitungsverfahren kommt nicht in Frage, da<br />

mit der Konkurseröffnung die früheren Betreibungen dahingefallen sind <strong>und</strong> demzufolge auch<br />

nicht mehr fortgesetzt werden können, SchKG 206.<br />

• Aber auch eine neue Betreibung kann gegen den Konkursiten erst angehoben werden, wenn<br />

er seit seinem Konkurs wieder zu „neuem Vermögen“ gekommen ist, SchKG 265 II Satz 2.<br />

• Die Einschränkung der Verzinslichkeit <strong>und</strong> die Betreibbarkeit nur bei neuem Vermögen gelten<br />

auch für die Gläubiger, die ihre Forderungen im Konkurs nicht eingegeben haben. Sie<br />

profitieren aber nicht von der Dividende, der längeren Verjährungsfrist oder dem Arrestgr<strong>und</strong>.<br />

„Neues Vermögen“ ist nur erforderlich für eine neue Betreibung gegen eine natürliche<br />

Person. Juristische Personen <strong>und</strong> Kollektiv- wie Kommanditgesellschaften gehen nach<br />

einem Konkurs unter.<br />

Unter „neuem Vermögen“ ist daher nur neues Nettovermögen zu verstehen; der<br />

Überschuss der nach Beendigung des Konkurses erworbenen Aktiven über die neuen<br />

Schulden. Der ehemalige Konkursit hat aber Anspruch auf eine standesgemässe<br />

Lebensführung, die es ihm erlaubt, eine neue Existenz aufzubauen; also nicht bloss<br />

das betreibungsrechtliche Existenzminimum.<br />

Schulden, die der Konkursit während des Konkurses persönlich eingegangen ist, unterliegen<br />

dieser Beschränkung nicht; für sie darf voll betrieben werden.<br />

Andererseits wird neues Vermögen nicht erst angenommen, wenn es tatsächlich<br />

beiseitegelegt <strong>und</strong> kapitalisiert wurde, sondern bereits dann, wenn der Schuldner –<br />

allein oder bspw. mit seinem Ehegatten – ein Einkommen erzielt, das ihm erlauben<br />

würde, Vermögen zu bilden; oder wenn er über neu erworbene Vermögenswerte<br />

mindestens wirtschaftlich verfügen könnte, SchKG 265 II Satz 3.<br />

Pfändbar erklärt wird i.a.R. der über dem Betreibungsrechtlichen Existenzminimum mit einem<br />

Zuschlag von 20 – 30 % liegende Teil des Erwerbseinkommens.<br />

Will der Schuldner in einer neuen Betreibung für die Verlustscheinsforderung die<br />

Einrede mangelnden neuen Vermögens erheben, muss er das mit Rechtsvorschlag<br />

gegen den Zahlungsbefehl tun, SchKG 75 II; es genügt die Erklärung „kein neues<br />

Vermögen.“<br />

Mit dieser Einrede wird nicht die Forderung an sich bestritten, sondern bloss die<br />

derzeitige Eintreibbarkeit auf dem Betreibungswege. Erklärt der Schuldner hingegen<br />

einfach Rechtsvorschlag, wird angenommen, er bestreite bloss die Schuld <strong>und</strong><br />

verzichte auf die Einrede.<br />

Die Einrede steht aber nur dem Schuldner zu, nicht etwa seinen Erben, diese können<br />

die Erbschaft ausschlagen. Die Einrede bewirkt aber nicht unmittelbar die Einstellung<br />

der Betreibung; der Rechtsvorschlag wird vom Betreibungsamt dem Richter am<br />

Betreibungsort zur Prüfung seiner Begründetheit überwiesen, SchKG 265 a I Satz 1.<br />

Der Richter prüft summarisch, SchKG 25 Ziff. 2d, ob die Einrede begründet ist, ob also<br />

der Rechtsvorschlag bewilligt werden kann. Der Schuldner wird daher aufgefordert,<br />

seine Einkommens- <strong>und</strong> Vermögensverhältnisse darzulegen <strong>und</strong> glaubhaft zu machen,<br />

dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen sei, SchKG 265 a II. Wird dies glaubhaft<br />

gemacht, wird dem Schuldner Rechtsvorschlag gewährt. Im umgekehrten Fall ist der<br />

Rechtsvorschlag abzuweisen. Dann muss der Richter [numerisch, wie in einer<br />

Arresturk<strong>und</strong>e] zugleich den „rechnerischen“ Umfang des neuen Vermögens<br />

feststellen; dieses bildet die Höchstgrenze für die Fortsetzung der Betreibung, SchKG<br />

265a III Satz 2. Ein Dritter könnte sich im Widerspruchsverfahren wehren.<br />

Rechtsmittel gegen Entscheid: NB an Obergericht, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht.


§ 49 Summarisches Konkursverfahren<br />

Einseitige Verfügung des Konkursrichters<br />

ist Erledigungsverfügung i.S.v. ZPO 271.<br />

Für das ordentliche Konkursverfahren ist<br />

der Streitwert irrelevant; ZPO 271 I, Satz 2<br />

§ 50 Schluss des Konkursverfahrens <strong>und</strong> Nachkonkurs<br />

Die im Bewilligungsverfahren unterlegene Partei kann innert 20 Tagen seit Eröffnung<br />

des Entscheides den Richter des Betreibungsortes zur Beurteilung der Frage des<br />

neuen Vermögens – nunmehr im ordentlichen, aber bV – anrufen, SchKG 265 a IV.<br />

Wurde der Rechtsvorschlag bewilligt, muss der Gläubiger ggf. auf positive Feststellung<br />

klagen; wurde der Rechtsvorschlag abgelehnt, muss der Schuldner ggf. auf negative<br />

Feststellung klagen. Beide Klagen sind rein betreibungsrechtliche Streitigkeiten.<br />

Rechtsmittel gegen Entscheid: B, R, NB an Obergericht, B, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht;<br />

NB an KassGer, SB an BGer.<br />

Gegenstand des Feststellungsverfahren nach SchKG 265a ist immer nur die Frage des<br />

Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins neuen Vermögens. Bestreitet der<br />

Schuldner mit seinem Rechtsvorschlag auch den Bestand <strong>und</strong> den Umfang der<br />

Verlustscheinsforderung, [keine res iudicata], müsste der ehemalige Konkursgläubiger<br />

zugleich auch noch die Rechtsöffnung durch den dafür zuständigen Richter verlangen.<br />

Ein Konkurs wird immer dann summarisch durchgeführt, wenn die Kosten des<br />

ordentlichen Verfahrens voraussichtlich nicht gedeckt wären oder wenn die<br />

Verhältnisse einfach sind, SchKG 231 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2.<br />

Die Frage der Kostendeckung entscheidet sich nach dem Ergebnis des Inventars. Auch<br />

der Hilfskonkurs nach IPRG 166 ff. wird summarisch abgewickelt.<br />

Der Anstoss zum Summarkonkurs erfolgt durch einen Antrag des Konkursamtes an das<br />

Konkursgericht. Jeder Gläubiger kann jedoch bis zur Verteilung die Durchführung des<br />

ordentlichen Verfahrens verlangen, wenn er die mutmasslich ungedeckten Kosten dafür<br />

vorschiesst oder sicherstellt, SchKG 231 II.<br />

Rechtsmittel gegen Entscheid des Summarkonkurses: R, NB an Obergericht, NB an<br />

OGer / StaBe an BGer, StaBe an BGer.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wird der Summarkonkurs nach den Regeln für das ordentliche Verfahren<br />

durchgeführt. Abweichungen finden sich in SchKG 231 III.<br />

Somit beginnt auch das summarische Verfahren mit der Konkurspublikation; SchKG<br />

232, ohne Ziff. 5.<br />

Die Verwaltung der Liquidationsmasse obliegt dem Konkursamt; die Einsetzung einer<br />

ausseramtlichen Konkursverwaltung wäre gr<strong>und</strong>sätzlich nichtig; nur aufgr<strong>und</strong> eines<br />

einhelligen Gläubigerbeschlusses käme sie in Frage.<br />

Gläubigerversammlungen gibt es i.a.R. nicht, weshalb es auch keinen<br />

Gläubigerausschuss gibt. Bei Aussonderungsansprüche, die das Konkursamt<br />

anerkennen möchte, muss es die Stellungnahme der Gläubiger hingegen nur in<br />

wichtigeren Fällen einholen, KOV 49.<br />

Der Erlös wird aufgr<strong>und</strong> einer Verteilerliste die nicht aufgelegt werden muss, gleich wie<br />

im ordentlichen Verfahren verteilt, SchKG 231 III Ziff. 4. Abschlagszahlungen gibt es<br />

hingegen nicht. Die Konkursgläubiger erhalten auch im summarischen Verfahren<br />

gewöhnliche Verlustscheine.<br />

Jedes Konkursverfahren muss durch einen Entscheid des Konkursgerichtes formell als<br />

geschlossen erklärt werden. Diese Schlusserkenntnis ergeht gestützt auf einen<br />

Schlussbericht über den Verlauf der Liquidation, den die Konkursverwaltung nach der<br />

Verteilung dem Konkursgericht erstattet, SchKG 268 I <strong>und</strong> II.<br />

Dieses teilt das Schlusserkenntnis dem Konkursamt, dem BA, dem GB <strong>und</strong> dem HR<br />

mit; ggf. auch die Aufsichtsbehörde, falls es an der Geschäftsführung irgendetwas zu<br />

bemängeln gibt; das Konkursamt macht hierauf den Schluss öffentlich bekannt, SchKG<br />

268 IV.<br />

Der Schuldner wird dadurch wieder voll verfügungsfähig.<br />

Ein formell abgeschlossener Konkurs kann insofern gewisse Nachwirkungen zeigen,<br />

als er in beschränktem Masse wiederaufgenommen werden kann, wenn nachträglich<br />

Vermögenswerte des Konkursiten entdeckt werden, die eigentlich zur Masse gehören,<br />

aber nicht eingezogen worden sind.<br />

Der Nachkonkurs erstreckt sich somit nur auf Aktiven des Konkursiten, die der<br />

Zwangsvollstreckung entgangen sind; somit neu entdeckte Aktiven. Der betreffende<br />

Vermögenswert muss also erst später für die Konkursverwaltung <strong>und</strong> die Konkursgläubiger<br />

feststellbar geworden sein.<br />

Trifft nicht zu bei Nachlässigkeit der Konkursorgane.<br />

Der Nachkonkurs kann von Amtes wegen durch das Konkursamt oder auf Antrag eines<br />

Konkursgläubigers ausgelöst werden. Das Konkursamt soll die nachträglich zum<br />

Vorschein gekommenen Vermögenswerte ohne weitere Förmlichkeit verwerten <strong>und</strong>


Arrest <strong>und</strong> paulianische Anfechtung<br />

§ 51 Der Arrest<br />

51.1. Voraussetzungen<br />

den Erlös an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach ihrer Rangordnung verteilen,<br />

SchKG 269 I.<br />

Der Nachkonkurs ist somit kein neues, selbständiges Konkursverfahren, sondern beschränkt sich<br />

auf eine nachgeholte Verwertung des neuentdeckten Vermögenswertes sowie die Verteilung des<br />

daraus erzielten Erlöses. Er wird am ursprünglichen Konkursort abgewickelt.<br />

Handelt es sich dabei um einen zweifelhaften Rechtsanspruch [bestrittene Forderung,<br />

Anfechtungsanspruch], darf nicht einfach eine Verwertung erfolgen; die Konkursgläubiger sind zu<br />

benachrichtigen, damit sie entscheiden können, ob der Anspruch für die Masse geltend gemacht<br />

werden soll oder ob er nach SchKG 260 abgetreten werden soll.<br />

Pfändungs- <strong>und</strong> Konkursbeschlag reichen oft nicht aus, es besteht i.a.R. bereits ein<br />

Sicherungsbedürfnis vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung: Ihm entsprechen<br />

die provisorische Pfändung <strong>und</strong> das Güterverzeichnis, beide Massnahmen setzen aber<br />

eine bereits ziemlich fortgeschrittene Betreibung voraus.<br />

Um auch der Gefahr der Vermögensvernichtung zu Beginn der Vollstreckung<br />

entgegenzutreten, beabsichtigt das Gesetz entweder die Sicherung vor Beseitigung<br />

von Vollstreckungssubstrat oder die Rückschaffung bereits beseitigter<br />

Vermögenswerte:<br />

• Retentionsverzeichnis; Rückschaffung von Retentionsgegenständen [Beschränkung auf Miet-<br />

<strong>und</strong> Pachtzinsforderungen für Geschäftsräume <strong>und</strong> Forderungen StwE]<br />

• Arrest <strong>und</strong> paulianische Anfechtung [Allgemein]<br />

Arrest ist die amtliche Beschlagnahmung von Vermögen des Schuldners. Er bezweckt<br />

den Erfolg einer schon eingeleiteten oder erst noch bevorstehenden Vollstreckung, in<br />

der die Voraussetzungen einer provisorischen oder definitiven Pfändung oder der<br />

Aufnahme eines Güterverzeichnisses noch nicht gegeben sind, durch<br />

Verfügungsbeschränkung des Schuldners zu sichern.<br />

Der Arrest hat reine Sicherungsfunktion <strong>und</strong> deshalb auch bloss provisorischen<br />

Charakter.<br />

Der Arrest charakterisiert sich als eine superprovisorische Verfügung; doch hat er mit<br />

dieser Massnahme des Zivilprozessrechts nichts zu zun. Die Vollstreckung von<br />

Geldforderungen kann ausschliesslich durch einen Arrest gesichert werden.<br />

1. Arrestforderung<br />

Es wird eine auf dem Betreibungswege vollstreckbare Forderung vorausgesetzt; somit<br />

eine Forderung auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung. Die Forderung darf aber<br />

nicht schon pfandgedeckt [i.S.v. SchKG 37] sein. Die Forderung muss i.a.R. fällig sein;<br />

Ausnahme: SchKG 271 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 sowie 271 II.<br />

2. Arrestgegenstand<br />

Weil der Arrest die spätere Vollstreckung absichern soll, kann er nur realisierbare<br />

Vermögenswerte des Schuldners erfassen, SchKG 272 I Ziff. 3. Arrestierbar ist somit<br />

alles, was auch pfändbar wäre <strong>und</strong> rechtlich dem Schuldner gehören. Ob sich die mit<br />

Arrest zu belegenden Gegenstände im Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten<br />

befinden, ist wie beim Pfändungsvollzug gleichgültig. 14<br />

3. Arrestgr<strong>und</strong><br />

Das Gesetz zählt die Gefährdungstatbestände, die den Arrest erst rechtfertigen,<br />

abschliessend auf.<br />

• Schuldner ohne festen Wohnsitz, SchKG 271 I Ziff. 1<br />

Nirgends, weder in der Schweiz noch im Ausland einen festen Wohnsitz, bspw.<br />

Zirkusartisten, Zigeuner usw.<br />

• Unredliches Verhalten des Schuldners<br />

Fluchtvorbereitungen ins Ausland sowie Beiseiteschaffen von Vermögenswerten in der<br />

Absicht, sich der Zahlungspflicht zu entziehen<br />

• Zwar besteht ein fester Wohnsitz, der Schuldner befindet sich aber auf Durchreise oder<br />

gehört einem Personenkreis an, die Messen <strong>und</strong> Märkte besuchen [Touristen, Marktfahrer,<br />

Schiess- <strong>und</strong> Schaubudenbesitzer]. Nur Arrest für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort<br />

zu erfüllen sind: Zechschulden, Unterkunft, Fz Reparaturen, Treibstoff – <strong>und</strong> andere<br />

Barkäufe, Platzgebühren.<br />

• Schuldner im Ausland; immerhin aber ein Vermögen in der Schweiz. Dieser Arrestgr<strong>und</strong> ist<br />

subsidiär zu den anderen Gründen <strong>und</strong> der Schuldner darf in der Schweiz keinen<br />

Betreibungsort haben, wo er betrieben werden könnte, also weder eine Geschäftsniederlassung<br />

noch ein Wahldomizil, SchKG 50 I <strong>und</strong> II. Zudem muss eine Schuldanerkennung<br />

vorliegen oder ein genügender Binnenbezug [Vertragsschluss in CH, Erfüllung in CH,<br />

Gerichtsstandsvereinbarung in CH, Schiedsgericht in CH usw.] Der Schuldner muss<br />

Vermögen in der CH auf eine gewisse Dauer besitzen, „Taschenarrest“ unzulässig.<br />

14 Konkursbeschlag: Nur was zur Konkursmasse gehört ist mit Konkursbeschlag behaftet. Selbst wenn ein Gegenstand des Schuldners sich im<br />

Gewahrsam des Dritten befindet, muss mittels der Admassierungsklage vorgegangen werden, eine amtliche Beschlagung ist unzulässig,


51.2. Arrestverfahren<br />

51.3. Arrestbewilligung<br />

51.4. Arrestvollzug<br />

• Insolventer Schuldner<br />

Ausstellung eines provisorischen oder definitiven Verlustscheins rechtfertigt, Vollstreckungssubstrat<br />

durch einen Arrest sofort sicherzustellen. [Nicht nur CH-Verlustscheine, sondern<br />

auch gleichwertige ausländische Bescheinigungen].<br />

• Ausserordentlicher Arrest: Steuerarrest, der durch die Steuerbehörde verfügt wird.<br />

Arrestbegehren des Gläubiger an den Richter, SchKG 272 I. Er hat glaubhaft zu<br />

machen, dass die Voraussetzungen des Arrestes erfüllt sind.<br />

Im Begehren müssen die mit Arrest zu belegenden Vermögensgegenstände einzeln<br />

bezeichnet [Gattungsmässige Umschreibung genügt subsidiär: seine „Möbel“,<br />

„Teppiche“] <strong>und</strong> deren Standort angegeben sein, ein Sucharrest 15 ist nichtig.<br />

Handelt es sich um Vermögensgegenstände, die dem Anschein nach einem Dritten<br />

gehören können, muss der Gläubiger überdies die Gründe für die von ihm behauptete<br />

Berechtigung des Schuldners glaubhaft darlegen.<br />

Wohnt der Gläubiger im Ausland, hat er zugleich mit seinem Arrestbegehren einen<br />

Zustellungsort in der CH zu bezeichnen, SchKG 272 II, 67 I.<br />

Örtlich zuständig ist der Richter am Ort, wo sich der mit Arrest zu belegende<br />

Vermögenswert befindet, SchKG 272 I. Sind mehrere, in verschiedenen Amtskreisen<br />

liegende Gegenstände mit Arrest zu belegen, muss der für jeden einzelnen örtlich<br />

zuständige Richter den Arrest bewilligen.<br />

Der Arrestort stimmt immer mit dem Pfändungsort überein. Ein anderswo verfügter oder<br />

vollzogener Arrest ist nichtig.<br />

Der Arrestrichter entscheidet über das Gesuch im summarischen Verfahrne, SchKG 25<br />

Ziff. 2a, infolge bloss einseitiger Prüfung. Erscheint die Darstellung des Gläubigers im<br />

Arrestbegehren glaubhaft, so entspricht der Richter dem Gesuch, bewilligt den Arrest<br />

<strong>und</strong> erlässt den Arrestbefehl an das BA zum Vollzug.<br />

Glaubhaftigkeit darf nicht leichthin angenommen werden, vielmehr muss der Richter auf Gr<strong>und</strong><br />

sorgfältiger Prüfung dafür überzeugt sein, dass die Voraussetzungen mit grösserer<br />

Wahrscheinlichkeit erfüllt sind.<br />

Der Arrestbefehl muss alle Angaben enthalten, die es braucht, um ihn zu vollziehen,<br />

SchKG 274 II; nämlich<br />

Name <strong>und</strong> Adresse des Gläubigers <strong>und</strong> des Schuldners<br />

Forderung, für die Arrest verlangt wird<br />

Arrestgr<strong>und</strong><br />

Einzelnen mit Arrest zu belegenden Gegenstände <strong>und</strong> ihr Standort<br />

Hinweis auf Schadenersatzpflicht.<br />

Der Richter stellt den Arrestbefehl dem am Ort der gelegenen Sache zuständigen<br />

Betreibungsamt zum Vollzug zu, SchKG 274 I. Vollzug durch ein örtlich unzuständiges<br />

Amt hat Nichtigkeit zur Folge.<br />

• Der Arrestbefehl ist sofort zu vollziehen, auch während eines Betreibungsstillstandes<br />

• Nur die im Arrestbefehl aufgeführten, im Betreibungskreis befindlichen Gegenstände dürfen<br />

sichergestellt werden. Requisition kommt nicht in Frage. Ein über den Befehl hinausgehender<br />

Arrest ist nichtig.<br />

• Anwendung von behördlichem Zwang ist ausgeschlossen.<br />

• Der Arrestschuldner kann sich das freie Verfügungsrecht über die Arrestgegenstände<br />

bewahren, indem er dem Betreibungsamt Sicherheit dafür leistet, dass im Falle der Pfändung<br />

oder der Konkurseröffnung die Arrestgegenstände oder gleichwertiger Ersatz bis zur Höhe<br />

der Arrestforderung samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten vorhanden sein wird, SchKG 277.<br />

Das Betreibungsamt darf den Arrestbefehl nicht überprüfen; nur wenn er sich<br />

unzweifelhaft als nichtig erwiese, müsste der Vollzug verweigert werden:<br />

• Rechtsmissbrauch; bspw. bedeutend mehr Vermögen wird arrestiert als zur Sicherung der<br />

Arrestforderung notwendig; offensichtlicher Sucharrest, treuwidrige Begründung eines<br />

Arrestes, d.h. ausländischer Schuldner wird in Schweiz gelockt usw.<br />

• Arrestbefehl bezieht sich auf einen offensichtlich nicht existenten oder nicht dem Schuldner<br />

gehörenden oder unpfändbaren Gegenstand.<br />

• Unzureichend spezifizierter Vermögensgegenstand<br />

• Arrestierung eines Vermögensgegenstandes, der schon nach den Angaben des Gläubigers<br />

nicht dem Schuldner gehört<br />

Der Vollzug des Arrestes wird vom Vollzugsbeamten in der Arresturk<strong>und</strong>e, auf der<br />

Rückseite des Arrestbefehles bescheinigt <strong>und</strong> dem BA übermittelt, SchKG 276 I; darin<br />

sind alle unter Beschlag genommenen Gegenstände mit ihrer Schätzung einzeln<br />

vermerkt. Das BA stellt je eine Abschrift Schuldner <strong>und</strong> Gläubiger zu <strong>und</strong> informiert<br />

Dritte. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Beschwerdefrist bzw. die Einsprachefrist sowie die<br />

Frist für die Prosekution.<br />

15 „Sämtliche ihm gehörenden, bei der Bank X liegenden Vermögenswerte – selbst wenn alle erdenklichen einzeln aufgezählt wären.


Anfechtungsobjekt:<br />

Arrestbewilligung<br />

Anfechtungsobjekt:<br />

Arrestvollzug<br />

51.5. Wirkungen des Arrests<br />

51.6. Rechtsschutz gegen den Arrest<br />

Den Schuldner trifft der Arrest gleich wie eine Pfändung; sofern er sich nicht durch<br />

Sicherheitsleistung sein Verfügungsrecht bewahrt hat. Die Bestimmungen des<br />

Pfändungsrechts über die beschlagnahmten Vermögenswerte sind analog anwendbar.<br />

Verwertung kommt einzig in Frage, soweit sich nach SchKG 124 II ein Notverkauf<br />

aufdrängt.<br />

Der Gläubiger erlangt durch den Arrest vorläufig nur die von ihm angestrebte<br />

Sicherung von Vollstreckungssubstrat für seine bereits hängige oder erst noch<br />

bevorstehende Betreibung. Der Arrest gewährt dem Gläubiger im anschliessenden<br />

Zwangsvollstreckungsverfahren kein Vorrecht auf Befriedigung aus dem Erlös der<br />

Arrestgegenstände. Alle anderen Gläubiger haben gleiches Recht darauf, SchKG 281<br />

III.<br />

Vorteil bildet einzig die provisorische Teilnahme an der Pfändung von Gesetzes wegen,<br />

SchKG 281 I; diese provisorische Anschlusspfändung fällt aber dahin, wenn der<br />

Arrestgläubiger seinen Anspruch gegen den Schuldner nicht auf dem Betreibungsweg<br />

bis zum eigenen Fortsetzungsbegehren verfolgt. Zudem darf der Gläubiger die vom<br />

Arrest herrührenden Kosten aus dem Erlös der Arrestgegenstände vorweg decken,<br />

SchKG 281 II.<br />

Drittschuldner <strong>und</strong> Drittgewahrsamsinhaber müssen die mit dem Arrestbeschlag<br />

verb<strong>und</strong>ene Zahlungs- <strong>und</strong> Verfügungssperre beachten. Dritte, welche an<br />

Arrestgegenständen eigene, den Deckungsanspruch des Arrestgläubigers vorgehende<br />

Rechte geltend machen, müssen diese rechtzeitig anmelden.<br />

Der Arrestbefehl ergeht ohne Ankündigung. Es stehen folgende Möglichkeiten dagegen<br />

zur Verfügung:<br />

• Einsprache gegen den Arrestbefehl sowie die Weiterziehung des Einspracheentscheides,<br />

SchKG 278<br />

• Die betreibungsrechtliche Beschwerde gegen den Arrestvollzug<br />

• Dem Dritten das Widerspruchsverfahren nach SchKG 106 ff, SchKG 275<br />

• Die Arrest-Schadenersatzklage, SchKG 273<br />

Einsprache gegen den Arrestbefehl<br />

Die Einsprache soll den vom Arrest Betroffenen nachträglich rechtliches Gehör bieten.<br />

Legitimiert ist somit, wer durch den Arrest in seinen Rechten betroffen ist, SchKG 278 I.<br />

Arrestschuldner, Drittansprecher, Drittverwahrer, Drittschuldner<br />

Es dürfen sämtliche Einwände vorgebracht werden, die gegen die Arrestbewilligung<br />

sprechen:<br />

Fehlende Prozessvoraussetzungen, Nichtigkeit des Arrests<br />

Unglaubhaftigkeit der vorgebrachten Arrestvoraussetzungen<br />

Einrede der Pfandsicherheit<br />

Bestreiten neuen Vermögens, sofern die Arrestforderung auf einem Konkursverlustschein<br />

beruht<br />

Der Richter habe keine oder ungenügende Kaution verlangt, SchKG 273<br />

Die Einsprache ist beim Arrestrichter innert der verlängerbaren bzw.<br />

wiederherstellbaren Frist von 10 Tagen nach Kenntnis seiner Anordnung zu erheben,<br />

SchKG 278 I. Die Einsprache hat keine aufschiebende Wirkung, SchKG 278 IV.<br />

Während der Einsprache läuft jedoch die Prosekutionsfrist nicht, SchKG 278 V.<br />

Der Arrestrichter entscheidet in einem summarischen Verfahren ohne Verzug, SchKG<br />

278 II. Ein allfälliger Weiterzug hat keinen Suspensiveffekt, hindert aber den Lauf der<br />

Prosekutionsfrist. [ZH: Verfahren nach GVG 109, GVG 111].<br />

Beschwerde gegen den Arrestvollzug<br />

Mit der Beschwerde, SchKG 17 ff., werden Fehler des Betreibungsbeamten beim<br />

Arrestvollzug geltend gemacht.<br />

Bspw. ein nichtiger Arrestvollzug durch ein unzuständiges Amt oder gestützt auf einen nichtigen<br />

Arrestbefehl; ein anfechtbarer Arrestvollzug wie die Arrestierung eines unpfändbaren Vermögenswertes<br />

usw.<br />

Widerspruchsverfahren<br />

Sobald ein Dritter am Arrestgegenstand Rechte geltend macht, vor denen der<br />

Vollstreckungsanspruch des Gläubigers zurücktreten müsste, muss das Widerspruchsverfahren<br />

eingeleitet werden.<br />

Schon vorher hat der Dritte allerdings die Möglichkeit, sich mit Einsprache oder der<br />

Beschwerde gegen den Arrestvollzug für sein Recht einzusetzen. Er ist somit nur auf<br />

das Widerspruchsverfahren angewiesen, wenn er sich gegen Arrestbefehl <strong>und</strong> Vollzug<br />

nicht oder nicht erfolgreich gewehrt hat, diese also rechtskräftig geworden sind.


51.7. Arrestprosekution<br />

§ 52 Die paulianische Anfechtung<br />

52.1. Anfechtungstatbestände<br />

Arrest-Schadenersatzklage<br />

Mit der Schadenersatzklage macht der Schuldner oder ein Dritter die gesetzliche<br />

Haftung des Gläubigers nach SchKG 273 I für den Schaden geltend, den dieser durch<br />

einen ungerechtfertigten Arrest verursacht hat.<br />

Berechnung des Schadens sowie Bemessung der Ersatzpflicht richtet sich nach OR.<br />

Erfolgreiche Abwehr eines Arrestes belegt dessen Widerrechtlichkeit.<br />

Der Arrestgläubiger haftet kausal. Im Hinblick auf seine Schadenersatzpflicht darf der<br />

Gläubiger zu Sicherheitsleistung verhalten werden, SchKG 273 I Satz 2; was schon im<br />

Arrestbefehl geschehen kann, SchKG 274 II Ziff. 5; dann ist der Vollzug von deren<br />

Leistung abhängig.<br />

Die Verjährung richtet sich nach OR 60; solange der Arrest noch hängig ist, laufen<br />

diese Fristen nicht. Die Klage ist eine materiellrechtliche Streitigkeit im ordentlichen<br />

Verfahren.<br />

Den vorsorglichen Charakter des Arrestes entsprechend muss der Gläubiger seine<br />

Forderung binnen bestimmter Frist auf dem Vollstreckungsweg verfolgen; der<br />

Schuldner soll die Möglichkeit haben, sich voll zu verteidigen.<br />

Der Arrestgläubiger kann <strong>und</strong> muss entweder mit Klage <strong>und</strong> anschliessender<br />

Betreibung oder direkt mit Betreibung gegen den Schuldner vorgehen. Dies innert 10<br />

Tagen, wann immer der Fortgang des Verfahrens von der Initiative des Gläubigers<br />

abhängt. Eine verpasste Prosekutionsfrist ist aber – obwohl Verwirkungsfrist – wieder<br />

herstellbar.<br />

Die Frist zum ersten Schritt beginnt mit der Zustellung der Arresturk<strong>und</strong>en; während<br />

eines Einsprache- <strong>und</strong> Weiterziehungsverfahrens laufen die Fristen jedoch nicht,<br />

SchKG 278 V <strong>und</strong> 279 I.<br />

Bei gerichtlicher Klage muss binnen 10 Tage nach Eröffnung des rechtskräftigen Urteils<br />

die Prosekutionsbetreibung angehoben <strong>und</strong> rechtzeitig weitergeführt werden.<br />

Die Arrestprosekution kann entweder am Wohnort, dem ordentlichen Betreibungsort,<br />

oder am Arrestort, SchKG 52, erfolgen. Dort ist jedoch die Vollstreckung auf die<br />

Arrestgegenstände beschränkt, die Pfändung weiteren Vermögens – Ergänzungs- <strong>und</strong><br />

Nachpfändung – sind ausgeschlossen, ausser der Arrestort stimme mit dem<br />

ordentlichen Betreibungsort überein.<br />

Während der rasche Zugriff des Arrestes die Sicherstellung noch vorhandenen<br />

Schuldnervermögens ermöglicht, dient die Anfechtung dazu, der Vollstreckung<br />

entzogene Vermögenswerte dieser wieder zuzuführen, SchKG285 I. Die Anfechtung<br />

stellt die Exekutionsrechte der Gläubiger wieder her; sie beseitigt aber nicht etwa die<br />

zivilrechtlichen Wirkungen der angefochtenen Handlungen, sondern macht sie nur<br />

insoweit betreibungsrechtlich unbeachtlich, als die Gläubiger einen Verlust erlitten<br />

haben oder sehr wahrscheinlich noch erleiden werden.<br />

Gegenstand einer Anfechtung können nur vermögensmindernde Rechtshandlungen<br />

sein, die der Schuldner oder ein von ihm bestellter Vertreter – vor der Pfändung oder<br />

der Konkurseröffnung vorgenommen hat – als er also noch über sein Vermögen frei<br />

verfügen konnte.<br />

Nach dem Pfändungs- oder Konkursbeschlag ist eine Schmälerung der Exekutionsrechte von<br />

vornherein ausgeschlossen. [Vorbehältlich guten Glaubens bei der Betreibung auf Pfändung].<br />

Die Rechtshandlung muss in einer Zeitspanne erfolgt sein, in der Verdacht besteht, der<br />

Schuldner habe den finanziellen Zusammenbruch voraussehend oder zumindest<br />

ahnend seine Gläubiger schädigen oder einzelne von ihnen begünstigen wollen.<br />

Für die Fristberechnung nach SchKG 286, 287, 331 II, 288 werden die Fristen um die<br />

Dauer eines Nachlassverfahrens, eines Konkursaufschubes, einer Notst<strong>und</strong>ung <strong>und</strong><br />

eines Rechtsstillstandes verlängert, SchKG 288a.


Schenkungspauliana, SchKG 286<br />

Anfechtungsobjekt sind bereits vollzogene Schenkungen i.S. des Zivilrechts <strong>und</strong> andere<br />

unentgeltliche Verfügungen des Schuldners. Noch nicht vollzogene Schenkungen<br />

bedürfen keiner Anfechtung; das Ausstellen eines Verlustscheins oder die Konkurseröffnung<br />

hebt jedes Schenkungsversprechen von Gesetzes wegen auf, OR 250 II.<br />

Auch gemischte Schenkungen werden erfasst; dort ist der Wertunterschied<br />

Anfechtungsgegenstand.<br />

Ausgenommen sind lediglich die üblichen Geschenke im üblichen Mass zu den<br />

üblichen Gelegenheiten, was nach den Vermögensverhältnissen des Schuldners zu<br />

beurteilen ist.<br />

Diese Rechtsgeschäfte sind immer nur dann anfechtbar, wenn der Schuldner sie<br />

während der einjährigen Verdachtsfrist vorgenommen hat. Allein diesen objektiven<br />

Tatbestand hat der Anfechtungskläger zu beweisen; die subjektiven Beweggründe sind<br />

irrelevant.<br />

Überschuldungspauliana, SchKG 287<br />

Die Begünstigung besteht i.a.R. darin, dass ein Gläubiger vom Schuldner eine<br />

Sicherheit oder gar Befriedigung erhält, auf die er überhaupt nicht oder nicht in der<br />

gewählten Art oder doch nicht in der zu betreffenden Zeit Anspruch hatte.<br />

• Nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine bestehende Verpflichtung, die<br />

sicherzustellen er nicht schon früher rechtlich verpflichtet war, Ziffer 1. Nachträgliche<br />

Bestellung eines Pfandrechts, aber auch jedes andere Rechtsgeschäft, dem wirtschaftlich<br />

betrachtet Sicherungsfunktion zukommt (Sicherungszession, Sicherungsübereignung).<br />

Besteht eine rechtliche Verpflichtung ist die Überschuldungspauliana ausgeschlossen,<br />

ebenso wenn eine fremde Schuld sichergestellt wird; u.U. dann SchKG 286.<br />

• Tilgung einer Geldschuld auf ungewohnte Weise, nämlich nicht mit Bargeld oder mit anderen<br />

üblichen Zahlungsmitteln; sondern bspw. durch Hingabe einer Sache, Abtretung einer<br />

Forderung an Zahlungs Statt oder durch Übernahme einer Forderung gegen den Gläubiger,<br />

Ziffer 2.<br />

Was orts- oder branchenüblich ist, muss als übliches Zahlungsmittel anerkannt werden.<br />

• Zahlung einer noch nicht fälligen Schuld, Ziffer 3.<br />

Die anfechtbare Handlung muss innerhalb eines Jahres vorgenommen worden sein.<br />

Ausserdem muss er in dieser Zeit effektiv überschuldet gewesen sein; d.h. seine<br />

Passiven müssen also seine Aktiven schon damals überstiegen haben.<br />

Der Begünstigte kann die Einrede erheben, dass er die kritische Vermögenslage des<br />

Schuldners weder gekannt noch nach der im Geschäftsverkehr üblichen Sorgfalt hätte<br />

kennen können.<br />

Deliktspauliana, SchKG 288<br />

52.2. Die Geltendmachung der Anfechtung<br />

Es sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner innerhalb der letzten 5<br />

Jahre vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung in der dem anderen Teil<br />

erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder<br />

einzelne von ihnen zum Nachteil anderer zu begünstigen, SchKG 288.<br />

Für die Benachteiligungs- bzw. Begünstigungsabsicht des Schuldners genügt bereits,<br />

dass sich dieser über die schädigende Folge seines Handelns hat Rechenschaft geben<br />

müssen oder können; auch dolus eventualis kann in Frage kommen.<br />

Doch selbst doloses Handeln ist nur anfechtbar, wenn die böse Absicht für den<br />

Begünstigten erkennbar war bzw. erkennbar hätte sein müssen. Der Vertragspartner<br />

hat daher eine gewisse Erk<strong>und</strong>igungspflicht.<br />

Der Anfechtende hat die vermögensschädigende Rechtshandlung, ihre Vornahme in<br />

der Verdachtsperiode, die Schädigungsabsicht des Schuldners <strong>und</strong> ihre Erkennbarkeit<br />

für den Vertragspartner nachzuweisen.<br />

Anfechtungsansprüche werden regelmässig durch selbständige Klage geltend<br />

gemacht. Man kann sie aber auch in einem anderen betreibungsrechtlichen Prozess<br />

einem Kläger einredeweise entgegenhalten, so bspw. in einer vom Begünstigten<br />

erhobenen Widerspruchs-, Aussonderungs- oder Kollokationsklage oder gegenüber der<br />

Klage eines Gläubigers auf Anerkennung seines privilegierten Pfändungsanschlusses.<br />

Erhebt bspw. der Begünstigte Widerspruchs- oder Aussonderungsklage weil das betreffende<br />

Objekt gepfändet wurde oder infolge Gewahrsams des Schuldners in die Konkursmasse gefallen<br />

war, kann die Freigabe wegen anfechtbaren Erwerbes verweigert werden.<br />

Erhebt er Kollokationsklage, weil er unter die pfandgesicherten Forderungen aufgenommen sein<br />

will, ist ihm diese Kollokation wegen anfechtbarer Sicherstellung zu verweigern, sofern die<br />

betreffende Einrede erhoben wird.<br />

Befand sich das gepfändete Objekt im Gewahrsam des begünstigen Dritten, kann die<br />

Widerspruchsklage des Gläubigers mit der Anfechtbarkeit des Erwerbes begründet werden,<br />

analog für Admassierungsklage der Konkursverwaltung, SchKG 242 III.


52.3. Aktivlegitimation<br />

52.4. Wirkungen der erfolgreichen Anfechtung<br />

In der Spezialexekution ist jeder Gläubiger legitimiert, der einen provisorischen oder<br />

definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat, SchKG 285 II Ziff. 1. Auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

provisorischen Verlustscheins kann eine Klage des Gläubigers allerdings nur in dem<br />

Sinne gutgeheissen werden, dass das Anfechtungsobjekt erst verwertet wird, wenn in<br />

der hängigen Betreibung ein definitiver Verlustschein ausgestellt wird.<br />

Die Anfechtung ist somit erst erlaubt, wenn feststeht, dass das Schuldnervermögen zur<br />

Befriedigung der Pfändungsgläubiger nicht ausreicht.<br />

Im <strong>und</strong> nach einem Konkurs stehen die Anfechtungsansprüche der Masse zu, SchKG<br />

200 <strong>und</strong> 269. Es ist somit ausschliesslich die Konkursverwaltung namens der Masse<br />

zur Anfechtung befugt; ein Konkursgläubiger kann es nur dann sein, wenn ihm dieses<br />

Recht nach SchKG 260 abgetreten worden ist.<br />

Die Anfechtung ist hier bereits vor der Konkurseröffnung zulässig, weil bei jedem Konkurs die<br />

Vermutung besteht, dass die Gläubiger zu Verlust kommen, BGE 53 III 215.<br />

Passivlegitimiert ist in erster Linie derjenige, der das anfechtbare Rechtsgeschäft mit<br />

dem Schuldner geschlossen hat oder von diesem in anfechtbarer Weise befriedigt<br />

worden ist; jedoch auch die Rechtsnachfolger, d.h. Gesamtnachfolger i.A. <strong>und</strong><br />

bösgläubige Singularsukzessoren [gutgläubige werden geschützt[.<br />

Das Anfechtungsrecht ist befristet, SchKG 292 <strong>und</strong> 332; es handelt sich um eine<br />

Verwirkungsfrist. Wird das Anfechtungsrecht erst über einen im Nachkonkurs<br />

entdeckten Vermögenswert geltend gemacht, kann es erst im Zeitpunkt der<br />

Wiederaufnahme des Verfahrens zu laufen beginnen.<br />

Es handelt sich um eine vollstreckungsrechtliche Streitsache; daher gilt die Anwendung<br />

von SchKG 289 auch im Bereich des LugÜ. Der Streitwert ist der Betrag, den die<br />

erfolgreiche Anfechtung dem Kläger einbringen könnte. Im Konkurs ergibt die<br />

erfolgreiche Anfechtung meist den vollen Wert des durch die anfechtbare Handlung<br />

entzogenen Vermögensteils; denn der Konkurs erfasst stets das gesamte Vermögen<br />

des Schuldners; in der Pfändungsbetreibung gilt als Streitwert entweder der Wert des<br />

entzogenen Vermögensteils oder der noch zu deckende kleinere Forderungsbetrag des<br />

Anfechtungsgläubigers.<br />

Das Urteil im Anfechtungsprozess hat ausschliesslich vollstreckungsrechtliche Wirkung.<br />

Der Richter entscheidet einzig, ob <strong>und</strong> inwieweit ein Vermögenswert zur Vollstreckung<br />

herangezogen werden kann.<br />

Nur die Gutheissung der Anfechtungsklage kann überhaupt irgendwelche Wirkungen<br />

zeigen. Sie ermöglicht das vollstreckungsrechtliche Beschlagsrecht <strong>und</strong> verschafft so<br />

den Anspruch auf amtliche Verwertung sowie auf Befriedigung aus dem Erlös.<br />

Die Wiederherstellung geht jedoch immer nur so weit, als die Befriedigung der<br />

beteiligten Gläubiger es erfordert, d.h. im Konkurs sämtliche Gläubiger, in der<br />

Spezialexekution der anfechtende Pfändungsgläubiger.<br />

Es hat keine materiellrechtliche Wirkung, d.h. der beklagte Dritte bleibt Eigentümer<br />

bzw. Gläubiger einer anfechtbar erworbenen Sache, Forderung oder eines anderen<br />

Rechts. Doch hat das vollstreckungsrechtliche Urteil insofern Reflexwirkung auf das<br />

materielle Recht des beklagten Dritten, als dieser die Beschlagnahme <strong>und</strong> Verwertung<br />

dulden muss.<br />

Betrifft die erfolgreiche Anfechtung ein Gr<strong>und</strong>stück, bleibt der beklagte Dritte als Eigentümer im<br />

Gr<strong>und</strong>buch eingetragen; muss aber die Pfändung bzw. Admassierung <strong>und</strong> die anschliessende<br />

Verwertung dulden. Der Anfechtungsanspruch hat somit nur obligatorischen, nicht dinglichen<br />

Charakter.<br />

Primärwirkung: Rückgabepflicht<br />

Der im Anfechtungsprozess unterlegene Beklagte ist zur Rückgabe verpflichtet, SchKG<br />

291 I. Er muss die Pfändung oder Admassierung <strong>und</strong> die darauffolgende Verwertung<br />

dulden. Noch vorhandene Vermögensgegenstände sind in natura ohne Rückzession<br />

oder Rückübertragung des Eigentums sofort zu pfänden; für verschuldete<br />

Wertminderungen bzw. Untergang der Sache haftet der Begünstigte; notwendiger<br />

Aufwand kann er als Masseverbindlichkeit in Rechnung stellen; für entäusserte Werte<br />

ist nach OR 97 Wertersatz zu leisten.<br />

Für den gutgläubigen Empfänger einer Schenkung gilt SchKG 291 III.<br />

Sek<strong>und</strong>ärwirkung: Gegenansprüche des Beklagten<br />

Die Erfüllung der Rückgabepflicht gibt dem Dritten den Anspruch, eine allfällig<br />

geleistete Gegenleistung zurückzuerhalten, SchKG 291 I. Im Konkurs des Schuldners<br />

hat der Beklagte Anspruch auf Rückerstattung der in der Konkursmasse noch<br />

vorhandenen Gegenleistung, er kann deren Aussonderung verlangen. Ist seine<br />

Leistung nicht mehr effektiv vorhanden, steht im der Recht auf Herausgabe der<br />

vorhandenen Bereicherung zu. Ist aber in der Konkursmasse überhaupt nichts mehr


von der Gegenleistung vorhanden, steht ihm nur noch eine Ersatzforderung gegen den<br />

Schuldner persönlich zu.<br />

Der Herausgabeanspruch auf die Sache oder auf die Bereicherung richtet sich gegen<br />

die Masse, es ist eine Masseverbindlichkeit.<br />

Sie könnte mit der Pflicht auf Leistung des Wertersatzes verrechnet werden.<br />

Die gegen den Schuldner persönlich gerichtete Ersatzforderung muss der Beklagte als<br />

Konkursforderung eingeben.<br />

In diesem Falle kann die Pflicht zur Leistung des Wertersatzes nur mit der Konkursdividende<br />

verrechnet werden.<br />

Die Gegenansprüche in der Spezialexekution richten sich durchwegs gegen den<br />

Schuldner. Die Sache oder ihr Erlös kann im Widerspruchsverfahren geltend gemacht<br />

werden; haben die Pfändungsgläubiger bereits Befriedigung erhalten, kann der<br />

Beklagte die eigene Leistung [aus der Anfechtungsklage] entsprechend kürzen.<br />

Denn der klagende Gläubiger soll <strong>und</strong> darf nicht aus beidem, d.h. aus dem mit der Anfechtungsklage<br />

zurückgewonnenen Vermögenswert als auch aus der Gegenleistung, nichts Befriedigung<br />

beanspruchen.<br />

Fällt nach erfolgreicher Anfechtung die Tilgung einer Forderung des Beklagten dahin,<br />

lebt diese mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder auf, SchKG 291 II. Im<br />

Konkurs nimmt die wiedererstandene Forderung als Konkursforderung teil. Mit der<br />

darauf entfallenden Konkursdividende kann der Anfechtungsbeklagte die ihm nach<br />

SchKG 291I obliegende Rückleistung der Zahlung verrechnen. Die Verrechnung mit<br />

der wiedererstandenen Forderung selbst ist ausgeschlossen.<br />

In der Pfändungsbetreibung ist die wiederauflebende Forderung durch Pfändungsanschluss<br />

geltend zu machen.


§ 53 Wesen, Rechtsnatur <strong>und</strong> Arten des Nachlassvertrages<br />

§ 54 Nachlassverfahren<br />

53.1. Aussergerichtlicher Nachlassvertrag<br />

53.2. Gerichtlicher Nachlassvertrag<br />

Jeder Gläubiger kann mit seinem Schuldner übereinkommen, dass er auf seine<br />

Forderung ganz oder zum Teil verzichte, OR 115. Wirklich notlindernd ist aber nur ein<br />

Entgegenkommen aller Gläubiger, diesem Ziel dient der Nachlassvertrag.<br />

Kommt er unter Mitwirkung des Gerichtes zustande, ist es ein gerichtlicher,<br />

anderenfalls ein aussergerichtlicher Nachlassvertrag.<br />

Ziel eines Nachlassvertrages ist somit mehr die Sanierung als die Liquidation der<br />

wirtschaftlichen Existenz des Schuldners. Nur der Liquidationsvergleich macht hier eine<br />

Ausnahme.<br />

Er beruht auf rein privaten Rechtsgeschäften; die der Schuldner mit jedem Gläubiger<br />

einzeln abschliesst; somit eine Summe von individuellen Schulderlassverträgen, deren<br />

Inhalt nach dem Gr<strong>und</strong>satz der Vertragsfreiheit bestimmt werden kann <strong>und</strong> somit keine<br />

Gewähr für die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger bietet.<br />

Es sind nur jene Personen geb<strong>und</strong>en, die ihm zugestimmt haben. Es ist oft<br />

entscheidend, dass die Vergleichsverhandlungen ohne Betreibungsdruck geführt<br />

werden können, weshalb der kleine, nicht konkursfähige Schuldner um St<strong>und</strong>ung<br />

zwecks einvernehmlicher Schuldenbereinigung, SchKG 333; eine überschuldete<br />

Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft um Konkursaufschub, OR 725a, nachsuchen<br />

kann.<br />

Scheitert dieses aussergerichtliche Vorhaben, steht dem Schuldner immer noch das<br />

gerichtliche Nachlassverfahren offen.<br />

Er ist das Ergebnis eines gesetzlich geregelten Verfahrens, in welchem der Schuldner<br />

mit Zustimmung einer bestimmten Mehrheit seiner Gläubiger sowie unter gerichtlicher<br />

Mitwirkung <strong>und</strong> Aufsicht seine Schulden auf eine für alle Gläubiger verbindliche Weise<br />

tilgen kann.<br />

Er ist trotz seines Namens weder ein Privatrechtsgeschäft noch ein Vertrag; er kommt<br />

durch ein Zusammenwirken des Schuldners, der Gläubigermehrheit <strong>und</strong> staatlich<br />

bestellter Organe (Sachwalter, Nachlassgericht) zustande.<br />

Er ist ein Surrogat der Zwangsvollstreckung; er tritt als besonderes öffentlichrechtliches<br />

Institut an deren Stelle <strong>und</strong> schliesst sie für die von ihm betroffenen<br />

Forderungen schlechthin aus.<br />

Arten:<br />

• St<strong>und</strong>ungsvergleich; womit der Schuldner seinen Gläubiger die vollständige Tilgung ihrer<br />

Forderungen nach einem bestimmten Zeitplan anbietet.<br />

• Der Prozent- oder Dividendenvergleich zielt demgegenüber auf die Bezahlung nur noch eines<br />

Teils der Forderungen in gleichen Verhältnissen für alle Gläubiger <strong>und</strong> auf Erlass des Restes<br />

ab<br />

• Der Liquidationsvergleich (Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung) führt das Angebot des<br />

Schuldners, den Gläubigern sein gesamtes Vermögen oder wenigstens einen Teil davon zur<br />

Verfügung zu stellen, auf dass sie sich selber aus dessen Erlös Befriedigung verschaffen.<br />

[Was sich schon stark dem Konkurs annähert].<br />

Dem Wesen des Nachlassvertrages als Zwangsvollstreckungsersatz entsprechend<br />

gliedert sich das Verfahren in drei Stadien:<br />

• Bewilligung der Nachlasst<strong>und</strong>ung [Bewilligungsverfahren]<br />

• Zustimmung der Gläubiger zum Vergleichangebot des Schuldners<br />

• Gerichtliche Bestätigung des Nachlassvertrages<br />

• Vollzug bzw. Durchführung des Nachlassvertrages


54.1. Bewilligungsverfahren<br />

Das Nachlassverfahren kann von Amtes wegen oder auf Gesuch des Schuldners oder<br />

eines Gläubigers eingeleitet werden.<br />

Einleitung von Amtes wegen erfolgt, wenn der Konkursrichter anlässlich der Prüfung<br />

des Konkursbegehrens seinen Entscheid aussetzt <strong>und</strong> die Akten für sich aus dem<br />

Nachlassgericht überweist, weil Anhaltspunkte für das Zustandekommen eines<br />

Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173 a II.<br />

Vermögens- <strong>und</strong> Ertragslage des Schuldners darf also anhand konkreter Indizien nicht<br />

hoffnungslos erscheinen.<br />

Jeder Schuldner kann ein Gesuch um Bewilligung stellen, SchKG 293 I. Das Gesuch<br />

muss eine Begründung <strong>und</strong> den Entwurf eines Nachlassvertrages enthalten, es genügt<br />

zunächst in allgemeiner Absicht.<br />

Jeder Gläubiger kann mit einem begründeten Gesuch die Einleitung eines Nachlassverfahrens<br />

verlangen, wenn er vor der Alternative steht, das Konkursbegehren zu<br />

stellen, SchKG 293 II; also i.a.R. nach Ablauf der dem Schuldner in der<br />

Konkursandrohung gesetzten Frist, SchKG 166 I oder wenn ein materieller<br />

Konkursgr<strong>und</strong> vorliegt, SchKG 190 Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 [nicht aber Ziffer 3.]<br />

Das Nachlassgesuch wird von dem am ordentlichen Betreibungsort zuständigen<br />

Nachlassgericht geprüft, SchKG 293. [ZH: ER sV, ZPO 213 Ziff. 15, GVG 23]<br />

Der Nachlassrichter prüft die Voraussetzungen der Nachlasst<strong>und</strong>ung von Amtes wegen<br />

<strong>und</strong> trifft seinen Entscheid im Summarverfahren, SchKG 25 Ziff. 2.a.<br />

Nach Eingang des Gesuchs oder der vom Konkursrichter überwiesenen Akten trifft der<br />

Nachlassrichter die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, SchKG 293 III.<br />

Er kann für max. 2 Monate eine Nachlasst<strong>und</strong>ung provisorisch bewilligen, um den<br />

drohenden Betreibungsdruck abzuwenden sowie einen provisorischen Sachwalter<br />

ernennen, der die wirtschaftliche Lage des Schuldners prüft. Die provisorische<br />

St<strong>und</strong>ung wird publiziert, SchKG 293 IV i.V.m 296.<br />

Rechtsmittel gegen provisorische Massnahmen / provisorische St<strong>und</strong>ung 16 :<br />

Kt. NB an Obergericht, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht<br />

Der Sachwalter soll die für den definitiven St<strong>und</strong>ungsentscheid erforderlichen<br />

Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen beschaffen.<br />

Schuldner <strong>und</strong> beantragender Gläubiger sind unverzüglich zur Verhandlung<br />

vorzuladen; SchKG 294 I.<br />

Ist der Nachlassrichter im Besitz der erforderlichen Unterlagen, entscheidet er so rasch<br />

als möglich. Er bewilligte die Nachlasst<strong>und</strong>ung oder weist das Gesuch ab oder tritt aus<br />

formellen Gründen nicht darauf ein.<br />

Materiell setzt die St<strong>und</strong>ung voraus, das Aussicht auf das Zustandekommen eines<br />

Nachlassvertrages besteht, SchKG 294 II, 295 I. Das ist der Fall, wenn nach den<br />

gegebenen Verhältnissen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden darf, dass die<br />

Gläubiger dem Angebot zustimmen würden.<br />

Rechtsmittel gegen definitive Gewährung der Nachlasst<strong>und</strong>ung 17 :<br />

Rekurs an Obergericht, kt. NiBe an Kassationsgericht, staBe an B<strong>und</strong>esgericht.<br />

Die anderen Gläubiger können den Entscheid des Nachlassrichters nur in Bezug auf<br />

die Ernennung des Sachwalters anfechten, SchKG 294 III, IV.<br />

Selbst wenn der Konkurs bereits über den Schuldner eröffnet ist, kann der Schuldner<br />

noch einen Nachlassvertrag vorschlagen. Nur erübrigt sich dann ein Bewilligungsverfahren,<br />

da der Konkurs dem Schuldner bereits eine umfassende St<strong>und</strong>ung<br />

verschafft, SchKG 206.<br />

Der Schuldner gelangt mit seinem Vorschlag an die Konkursverwaltung, welche ihn<br />

zuhanden der Zweiten Gläubigerversammlung begutachtet.<br />

16 Prozessleitender Entscheid i.S.v. ZPO 282, da provisorische Massnahme.<br />

17 Erledigungsverfügung, da damit das Konkursverfahren beendet wird; der Betreibungsdruck genommen wird. Entgegen dem Wortlaut ist der<br />

Rekurs auch bei einem Streitwert < CHF 8000 gegeben, siehe Spühler/Vock, Rechtsmittel, S. 44.


54.1.2.. Nachlasst<strong>und</strong>ung<br />

Entspricht der Nachlassrichter dem Gesuch, so gewährt er dem Schuldner die<br />

Nachlasst<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> ernennt einen oder mehrere Sachwalter.<br />

Sachwalter<br />

Der Sachwalter nimmt als Vollstreckungsorgan eine öffentlichrechtliche Stellung ein,<br />

SchKG 295 III; er untersteht der Protokoll- <strong>und</strong> Ausstandspflicht, dem Selbstkontrahierungsverbot,<br />

der Disziplinaraufsicht <strong>und</strong> der Beschwerdemöglichkeit wie auch der<br />

Staatshaftung.<br />

Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages durch das Nachlassgericht hören die<br />

amtlichen Funktionen des Sachverwalters i.a.R. auf, ausser er wird mit dem Vollzug<br />

eines ordentlichen Nachlassvertrages beauftragt, SchKG 314 II oder als Liquidator<br />

eingesetzt bei einem Liquidationsvergleich, SchKG 317 II.<br />

Der Sachwalter führt das Nachlassverfahren während der St<strong>und</strong>ungsphase durch <strong>und</strong><br />

wahrt die Schuldner- <strong>und</strong> Gläubigerinteressen unparteiisch, SchKG 295 II:<br />

• Überwachung der Handlungen des Schuldners, wobei er Sachwalter ein<br />

Weisungsrecht hat, SchKG 298 I Satz 1.<br />

• Vorbereitung <strong>und</strong> Leitung des Zustimmungsverfahrens, insbesondere durch<br />

Feststellung der Aktiven <strong>und</strong> Passiven [Inventarisierung, Schätzung, Schuldenruf,<br />

Zusammenstellung der Eingaben] sowie durch Verhandlungen mit den Gläubigern,<br />

Vorbereiten <strong>und</strong> Durchführen der Gläubigerversammlungen<br />

• Instruktion des Bestätigungsverfahren durch Berichterstattung an das<br />

Nachlassgericht mit der Empfehlung zur Bestätigung oder Verwerfung des<br />

Nachlassvertrages.<br />

• Anzeigepflicht bei unzulässigem oder weisungswidrigem Verhalten des<br />

Schuldners, SchKG 298 III.<br />

• Pflicht zu periodischer Berichterstattung, SchKG 295 II c.<br />

• Zusätzlich kann der Nachlassrichter dem Sachwalter noch besondere Aufgaben<br />

auftragen; sie bestehen v.a. in Geschäftsführungs- <strong>und</strong> Vertretungsbefugnissen.<br />

Der Nachlassrichter setzt die Entschädigung des Sachwalters pauschal fest. Scheitert<br />

die Sanierung <strong>und</strong> kommt es zum Konkurs oder zum Liquidationsvergleich, wir die<br />

Honorarforderung des Sachwalters als Masseverbindlichkeit behandelt, SchKG 310 II.<br />

54.1.3. Wirkungen der St<strong>und</strong>ung<br />

Für die Zeit, die bis zum Zustandekommen des Nachlassvertrages benötigt wird, wird<br />

dem Schuldner St<strong>und</strong>ung gewährt. Ob dabei ein ordentlicher Nachlassvertrag oder ein<br />

Liquidationsvergleich angestrebt wird, ist irrelevant; die Unterschiede werden erst bei<br />

der Durchführung des Nachlasses bedeutsam.<br />

Die Nachlasst<strong>und</strong>ung wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 296. Die St<strong>und</strong>ung wirkt<br />

jedoch nicht erst ab der Publikation, sondern – wie die Konkurseröffnung – unmittelbar<br />

mit dem Bewilligungsentscheid.<br />

Die St<strong>und</strong>ung wird zunächst für 4 bis 6 Monate gewährt; reicht sie nicht aus, kann sie<br />

auf Antrag des Sachwalters auf 12 Monate verlängert werden, SchKG 295 I, IV. Es ist<br />

sogar eine Verlängerung bis auf 24 Monate zulässig; soll sie aber mehr als 12 Monate<br />

dauern, müssen die Gläubiger angehört werden, SchKG 295 IV Satz 2.<br />

Betreibungsverbot<br />

Der Schuldner ist während der St<strong>und</strong>ung vor Vollstreckungshandlungen weitgehend<br />

geschützt; bereits hängige Betreibungen dürfen nicht fortgesetzt <strong>und</strong> neue nicht mehr<br />

eingeleitet werden, SchKG 297 I. Früher vollzogene, bspw. Pfändung, bleiben<br />

bestehen, bis über das Zustandekommen eines Nachlassvertrages entschieden ist.<br />

Davon ausgenommen sind lediglich Betreibungen auf Pfändung für Forderungen der<br />

ersten Klasse [auch für konkursfähige Schuldner], die Betreibung auf<br />

Gr<strong>und</strong>pfandverwertung für gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen [doch bleibt die<br />

Verwertung ausgeschlossen], sowie die Betreibung auf Pfändung für Forderungen, die<br />

im Falle eines nachfolgenden Konkurses oder eines Liquidationsvergleiches<br />

Masseverbindlichkeiten wären.<br />

Möglich sind auch der Arrest <strong>und</strong> andere unaufschiebbare Sicherungsmassnahmen.<br />

Hemmung des Fristenlaufs [SchKG 297 I Satz 2]<br />

Zinsen <strong>und</strong> Fälligkeit<br />

Mit der Bewilligung der St<strong>und</strong>ung werden die vorher entstandenen nicht<br />

pfandgesicherten Forderungen gegenüber dem Schuldner unverzinslich, sofern der<br />

ordentliche Nachlassvertrag nichts anderes bestimmt, SchKG 297 III. Wird die<br />

St<strong>und</strong>ung widerrufen, tritt jedoch die Verzinslichkeit ex tunc ein.<br />

Auf die Fälligkeit hat die Nachlasst<strong>und</strong>ung keinen Einfluss, sie verfallen normal. Nur<br />

wenn ein Liquidationsvergleich zustande kommt, werden sämtliche<br />

Nachlassforderungen wie im Konkurs fällig.


54.1.4. Widerruf der St<strong>und</strong>ung<br />

Verrechnung<br />

Für die Verrechenbarkeit einer Nachlassforderung mit einer Forderung gegen den<br />

Gläubiger gelten während der St<strong>und</strong>ung die konkursrechtlichen Regeln; nur tritt als<br />

Stichtag die Bekanntmachung der St<strong>und</strong>ung, SchKG 297 IV.<br />

Verfügungsrecht <strong>und</strong> Geschäftsführung<br />

Das Verfügungsrecht des Schuldners über sein Vermögen ist während der St<strong>und</strong>ung<br />

eingeschränkt, nicht aber – wie im Konkurs – völlig aufgehoben. Das gilt auch, wenn<br />

von Anfang an der Liquidationsvergleich angestrebt wird. Dem Schuldner werden nur<br />

bestimmte Rechtshandlungen verboten, im Übrigen darf er – allerdings vom Sachwalter<br />

überwacht, der ihm Weisungen erteilen kann – frei verfügen; SchKG 298 <strong>und</strong> 295 II.<br />

Der Schuldner soll sein Geschäft unter Aufsicht des Sachwalters selber weiterführen,<br />

SchKG 298 I. Er darf die dadurch bedingten, insbesondere die geschäftsüblichen<br />

Verträge selber abschliessen <strong>und</strong> erfüllen, SchKG 298 I Satz 1.<br />

Gesetzlich verboten sind dem Schuldner wie auch dem Sachwalter während der<br />

St<strong>und</strong>ung nur gewisse, an sich abschliessend aufgezählte Rechtshandlungen, SchKG<br />

298 II. Das Verbot gilt jedoch insofern nicht absolut, als dass der Nachlassrichter<br />

ausnahmsweise zur Vornahme solcher Handlungen ermächtigen kann.<br />

Ohne Ermächtigung vorgenommene, gesetzlich verbotene Geschäfte sind nicht<br />

rechtswirksam, d.h. den Nachlassgläubigern gegenüber betreibungsrechtlich<br />

unbeachtlich. Veräusserte Objekte können wie im Konkurs bedingungslos wieder<br />

beigebracht werden. 18<br />

Über das gesetzliche Verfügungsverbot hinaus kann der Nachlassrichter anordnen,<br />

dass gewisse Handlungen nur unter Mitwirkung des Sachwalters vorgenommen<br />

werden dürfen oder er kann den Sachwalter sogar ermächtigen, die Geschäftsführung<br />

anstelle des Schuldners ganz zu übernehmen, SchKG 298 I Satz 2. Dann ist dem<br />

Schuldner entweder nur selbständiges oder schliesslich jegliches Handeln verboten.<br />

Hält er sich nicht daran, erfolgt ebenfalls umfassende betreibungsrechtliche<br />

Ungültigkeit.<br />

Der Sachwalter kann im Rahmen seiner Weisungsbefugnisse aber auch von sich aus<br />

Rechtshandlungen verbieten. Widerhandlungen dagegen haben aber weder eine zivil-<br />

noch eine betreibungsrechtliche Ungültigkeit zur Folge; einzige Rechtsfolge wäre, dass<br />

die Verbindlichkeiten daraus keine Masseverbindlichkeiten, sondern nur gewöhnliche<br />

Nachlassforderungen begründen, SchKG 310 II e.c.<br />

Verpflichtungen, die der Schuldner bzw. der Sachwalter während der St<strong>und</strong>ung im<br />

Rahmen der ihnen zustehenden Verfügungs- bzw. Vertretungsbefugnis eingehen,<br />

werden nach Abschluss eines Liquidationsvergleiches oder in einem späteren Konkurs<br />

als Masseverbindlichkeiten anerkannt, SchKG 310 II. Weil Masseforderungen nicht<br />

unter den Nachlassvertrag fallen, dürfen sie vorab <strong>und</strong> voll bezahlt werden.<br />

Der Sachwalter hat Verstösse des Schuldners gegen das gesetzliche Verbot, gegen<br />

Anordnungen des Nachlassrichters oder gegen die eigenen Weisungen dem<br />

Nachlassgericht anzuzeigen. Dieses kann - nach Anhörung der Gläubiger <strong>und</strong> des<br />

Schuldners – dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen ganz<br />

entziehen oder sogar die St<strong>und</strong>ung widerrufen, SchKG 298 III.<br />

Der Widerruf durch das Nachlassgericht kann erfolgen, wenn der Schuldner gegen<br />

Anordnungen des Sachwalters gehandelt hat, SchKG 298 III, sofern es zur Erhaltung<br />

des Vermögens erforderlich ist oder wenn der Nachlassvertrag offensichtlich nicht<br />

zustande kommen wird. Davor müssen aber jeweils die Gläubiger <strong>und</strong> der Schuldner<br />

angehört werden, SchKG 295 V.<br />

18 Verpflichtungsgeschäfte berechtigen den Gläubiger weder zu einer Nachlassdividende noch werden sie im Falle eines nachfolgenden Konkurses<br />

oder Liquidationsvergleichs überhaupt kolloziert. Es ist daher eine umfassende betreibungsrechtliche Ungültigkeit.


54.2. Das Zustimmungsverfahren<br />

Erst in diesem Stadium des Nachlassverfahrens erhalten die Gläubiger Gelegenheit,<br />

zum Vergleichsangebot des Schuldners förmlich Stellung zu nehmen.<br />

Unmittelbart nach seiner Ernennung trifft der Sachwalter die für die Durchführung des<br />

Zustimmungsverfahrens erforderlichen Vorbereitungen:<br />

Inventar<br />

Es erfolgt ein Inventar des gesamten Schuldnervermögens, er schätzt den Vermögenswert<br />

der einzelnen Bestandteile, SchKG 299, scheidet Kompetenzgut aus <strong>und</strong> merkt<br />

Drittansprüche vor.<br />

Bedeutsam ist v.a. die Schätzung der Pfandgegenstände, SchKG 299 II <strong>und</strong> III.<br />

Pfandgesicherte Forderungen fallen nämlich nicht unter den Nachlassvertrag,<br />

weshalb sie bei der Ermittlung der zustimmenden Summemmehrheit nur in dem nach<br />

der Schätzung ungedeckten Betrag mitzählen, SchKG 305 II, 310 I, Satz 2.<br />

Auch ausländisches Vermögen ist in das Inventar aufzunehmen, obwohl im<br />

Nachlassverfahren zwischenstaatlich das Territorialitätsprinzip gilt.<br />

Schuldenruf<br />

Durch öffentliche Bekanntmachung werden die Gläubiger aufgefordert, ihre<br />

Forderungen binnen 20 Tagen einzugeben, ansonsten sie nicht stimmberechtigt sind,<br />

SchKG 300 I. Aus den Geschäftsbüchern des Schuldners ersichtliche Forderungen<br />

gelten als angemeldet, SchKG 321.<br />

Es wird für jede angemeldete Forderung die Erklärung des Schuldners darüber<br />

eingeholt, ob er sie anerkenne oder nicht, SchKG 300 II.<br />

Bestreitet der Schuldner die Forderung; muss zunächst das Nachlassgericht entscheiden,<br />

inwieweit eine bestrittene Forderung stimmrechtsmässig zu berücksichtigen ist, SchKG 305; <strong>und</strong><br />

setzt bei Bestätigung eines ordentlichen Vertrages dem Gläubiger eine Frist von 20 Tagen zur<br />

gerichtlichen Geltendmachung seiner Forderung, SchKG 315.<br />

Einberufung der Gläubigerversammlung<br />

Sobald ein spruchreifer Entwurf eines Nachlassvertrages vorliegt, lädt der Sachwalter<br />

die Gläubiger durch öffentliche Bekanntmachung zur ersten Gläubigerversammlung<br />

ein; die Bekanntmachung muss mindestens einen Monat zuvor erfolgen, SchKG 301 I.<br />

Gläubigerversammlung<br />

Die Gläubigerversammlung im Nachlassverfahren hat eine andere Bedeutung <strong>und</strong><br />

Rechtsstellung als im Konkurs; die Versammlung bildet kein eigentliches<br />

Vollstreckungsorgan. Sie kann namentlich keinerlei Beschlüsse fassen, weshalb ihre<br />

Tätigkeit auch nicht der Beschwerde ausgesetzt ist.<br />

Sie stellt vielmehr eine blosse Zusammenkunft der Gläubiger dar; sie dient einzig dem<br />

Zweck der Meinungsbildung im Hinblick auf die später zu erfolgende individuelle<br />

Stellungnahme der Gläubiger zum Vorschlag des Schuldners.<br />

Der Sachwalter erstattet zunächst Bericht über die Vermögens-, Ertrags- <strong>und</strong><br />

Einkommenslage des Schuldners, SchKG 302 I. Dieser hat persönlich zu erscheinen,<br />

um ggf. weitere Aufschlüsse zu geben, SchKG 302 II.<br />

Der Nachlassvertrag gilt als angenommen, wenn bis zum Bestätigungsentscheid das<br />

Quorum von SchKG 305 I erfüllt ist.<br />

Wieweit bestrittene Forderungen oder bedingte Forderungen stimmrechtlich zu<br />

behandeln sind, bestimmt das Nachlassgericht beim ordentlichen Nachlassvertrag,<br />

SchKG 305 III; beim Liquidationsvergleich erfolgt die Bereinigung im<br />

Kollokationsverfahren.<br />

Die Genehmigung durch den einzelnen Gläubiger hat ausdrücklich <strong>und</strong> mit Unterschrift<br />

zu erfolgen, konkludente Zustimmung ist ausgeschlossen. Sie kann bis zum<br />

Bestätigungsentscheid erfolgen, SchKG 305 I. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die<br />

Zustimmung aber auch wieder zurückgezogen werden.<br />

Verfahren im Konkurs<br />

In einem hängigen Konkurs (kein Bewilligungsverfahren notwendig, weil der Konkurs<br />

genügend St<strong>und</strong>ungswirkung äussert) beschränkt sich das ganze<br />

Zustimmungsverfahren auf den Bericht der Konkursverwaltung über den vom<br />

Schuldner unterbreiteten Nachlassvertragsentwurf an die Zweite<br />

Gläubigerversammlung <strong>und</strong> auf die Stellungnahme der einzelnen Gläubiger dazu,<br />

SchKG 332 I <strong>und</strong> II.<br />

Inventar, Schuldenruf <strong>und</strong> Erklärungen des Schuldners zu den Forderungseingaben<br />

sind in diesem Stadium des Konkursverfahrens schon vorhanden. Sachwalter ist dann<br />

ja die Konkursverwaltung, SchKG 332 II.


54.3. Das Bestätigungsverfahren<br />

Im Bestätigungsverfahren überprüft das Nachlassgericht den von den Gläubigern<br />

mehrheitlich angenommenen Nachlassvertrag <strong>und</strong> erklärt ihn durch Entscheid für alle<br />

Gläubiger verbindlich oder verwirft ihn. Der Vergleich [St<strong>und</strong>ungsvergleich,<br />

Dividendenvergleich] wird damit zu einem Zwangsvergleich; der Nachlassvertrag zu<br />

einem gerichtlichen Nachlassvertrag.<br />

Eingeleitet wird es dadurch, dass der Sachwalter vor Ablauf der St<strong>und</strong>ung alle Akten<br />

mit seinem Bericht dem Nachlassgericht unterbreitet, SchKG 304 I. Das Nachlassgericht<br />

macht hierauf den Verhandlungstermin öffentlich bekannt, lädt die Gläubiger<br />

<strong>und</strong> den Schuldner ein <strong>und</strong> teilt den Gläubigern mit, dass sie Einwendungen gegen den<br />

Nachlassvertrag in der Verhandlung vorbringen können, SchKG 304 III.<br />

Das Gericht entscheidet am Termin selbst, es gilt die Untersuchungsmaxime, SchKG<br />

304 II.<br />

Der Sachentscheid lautet entweder auf Bestätigung oder Verwerfung des<br />

Nachlassvertrages. Das Nachlassgericht ist nicht an die Genehmigung der Gläubiger<br />

geb<strong>und</strong>en; deren Genehmigung ist jedoch erste Voraussetzung für einen gerichtlichen<br />

Nachlassvertrag.<br />

Überweist der Sachwalter die Akten <strong>und</strong> sein Gutachten erst nach Ablauf der St<strong>und</strong>ungsfrist, ist<br />

das Nachlassverfahren bereits erfolglos ausgelaufen, der Entscheid lautet auf Nichteintreten.<br />

Materiell müssen die Voraussetzungen von SchKG 306 II erfüllt sein.<br />

• SchKG 306 II Ziff. 1; das Angebot des Schuldners soll genügend sein; d.h. vom<br />

Schuldner wird ein zumutbares Optimum erwartet.<br />

• SchKG 306 II Ziff. 1 bis ; Spezialvorschrift für den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung;<br />

Nachlassdividende > Konkursdividende; massgebend ist die Dividende<br />

der Konkursforderungen; die privilegierten müssen ohnehin befriedigt werden.<br />

• SchKG 306 II Ziff. 2, der Vollzug des Nachlassvertrages (Dividende,<br />

Kostenliquidation) <strong>und</strong> die vollständige Befriedigung der angemeldeten<br />

privilegierten Forderungen sowie die Erfüllung der Masseverbindlichkeiten müssen<br />

sichergestellt sein.<br />

Dieses Kriterium muss nur beim ordentlichen Nachlassvertrag erfüllt sein.<br />

Das Nachlassgericht darf einzelne Bestimmungen des Nachlassvertrages abändern<br />

oder aufheben oder den Vertrag sogar ergänzen, SchKG 306 III.<br />

Der Entscheid kann binnen 10 Tagen nach seiner Eröffnung an dieses weitergezogen<br />

werden, SchKG 307.<br />

Legitimiert ist gegen einen Verwerfungsentscheid der Schuldner sowie jeder Gläubiger,<br />

der dem Nachlassvertrag zugestimmt hat;<br />

Gegen einen Bestätigungsentscheid ebenfalls der Schuldner <strong>und</strong> jeder Gläubiger, der<br />

dem Nachlassvertrag nicht zugestimmt hat, ein zustimmender Gläubiger kann nur<br />

anfechten, wenn das Nachlassgericht ihm durch Abänderung i.S.v. SchKG 306 III<br />

nachträglich weitere [negative] Pflichten auferlegt hat.<br />

Entscheid durch SchKG 25 II a, GVG 23 I, ZPO 213 Ziff. 15: ER im sV<br />

Rechtsmittel: Rekurs, kt. Nichtigkeitsbeschwerde, staatsrechtliche Beschwerde<br />

Der rechtskräftige Entscheid wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 308 I.<br />

Der gerichtliche Entscheid – positiv oder negativ - schliesst das Nachlassverfahren ab.<br />

Die St<strong>und</strong>ung verliert mit der Publikation des Entscheides ohne weiteres jede Wirkung,<br />

SchKG 308 II.<br />

Der Verwerfungsentscheid gestattet allen Gläubigern, ihre Forderungen wieder auf dem<br />

Wege der Zwangsvollstreckung geltend zu machen; sei es durch Fortsetzung einer<br />

bereits eingeleiteten oder durch Anhebung einer neuen. Wie ein St<strong>und</strong>ungswiderruf<br />

wirkt der Verwerfungsentscheid zudem als materieller Konkursgr<strong>und</strong>, SchKG 309 i.V.m.<br />

SchKG 190 I Ziff. 3.<br />

Mit einem rechtskräftigen Bestätigungsentscheid erwächst auch der Nachlassvertrag<br />

selbst in Rechtskraft; seiner Durchführung <strong>und</strong> Erfüllung steht nichts mehr im Weg,<br />

sofern das Nachlassgericht ihn nachher nicht wieder teilweise aufhebt oder ganz<br />

widerruft.<br />

Zudem bewirkt die Bestätigung; dass alle hängigen Betreibungen <strong>und</strong> Arreste, die<br />

wegen der St<strong>und</strong>ung nicht weiterverfolgt werden können, dahinfallen [Ausnahme:<br />

Pfandverwertungsbetreibungen, SchKG 311; ein hängiger Konkurs, in dessen Verlauf<br />

der Nachlassvertrag zustandekam, ist auf Antrag der Konkursverwaltung vom<br />

Konkursgericht zu widerrufen, SchKG 332 III <strong>und</strong> 195 I; der Schuldner kann zudem für<br />

alle nicht dem Nachlassvertrag unterworfenen Verbindlichkeiten wieder voll betrieben<br />

werden.


§ 55 Durchführung des Nachlassvertrages<br />

55.1. Allgemein<br />

Der rechtskräftige Nachlassvertrag muss noch vollzogen werden. Art <strong>und</strong> Weise dieser<br />

Durchführung bestimmt sich nach dem materiellen Inhalt des Nachlasses.<br />

Den materiellen Inhalt des Nachlasses bestimmt der „Vertrag“; der bestimmt, ob dem<br />

Nachlasschuldner St<strong>und</strong>ung oder Erlass gewährt wird sowie – beim<br />

Liquidationsvergleich – den Umfang der Vermögensabtretung, SchKG 314 I bzw. 317 f.<br />

Die Auswirkungen dieses materiellen Nachlasses umschreibt hingegen das Gesetz.<br />

Der Schuldner braucht somit die Nachlassgläubiger nur noch in dem Masse<br />

(Dividende), zu der Zeit (St<strong>und</strong>ung) <strong>und</strong> auf die Art (Zahlung oder<br />

Vermögensabtretung) zu befriedigen, wie es der Nachlassvertrag festhält. Hält er sich<br />

daran, sind die Schulden entsprechend getilgt. Im Nachlassverfahren werden daher<br />

auch keine Verlustscheine ausgestellt.<br />

Kommt es aber zur Nicht- oder Schlechterfüllung des Nachlassvertrages, kommt<br />

dessen Aufhebung oder dessen Widerruf in Frage, SchKG 313, 316.<br />

55.2. Auswirkungen des Nachlassvertrages im Allgemeinen<br />

Ein gerichtlicher Nachlassvertrag ist für sämtliche Nachlassgläubiger verbindlich,<br />

ungeachtet dessen, ob der einzelne zugestimmt hat oder am Verfahren überhaupt<br />

teilgenommen hat, auch säumige Gläubiger oder solche, die ihre Forderung gar nicht<br />

angemeldet haben, sind ihm unterworfen , SchKG 310 I.<br />

Nur beim Liquidationsvergleich geht das Teilnahmerecht mit der Liquidation unter.<br />

Die Allgemeinverbindlichkeit wird bekräftigt durch das Verbot von Nebenversprechen,<br />

SchKG 312. Als Nachlassgläubiger gelten:<br />

• Alle Gläubiger, deren Forderungen vor Bekanntmachung der St<strong>und</strong>ung entstanden<br />

sind<br />

• Die Gläubiger, deren Forderung seither ohne Zustimmung des Sachwalters<br />

entstanden sind, d.h. Forderungen, die der Schuldner gegen die Weisungen des<br />

Sachwalters begründet hat [diejenigen gegen das gesetzliche Verbot bzw. das<br />

richterliche Mitwirkungsgebot sind nichtig, SchKG 298 I <strong>und</strong> II]<br />

• Pfandgläubiger für den durch das Pfand nicht gedeckten Forderungsbetrag<br />

• Gläubiger privilegierter Forderungen, sofern sie auf ihr Sicherstellungsrecht<br />

verzichtet haben oder ihre Forderung gar nicht angemeldet haben<br />

Dem Nachlassvertrag von vornherein nicht unterworfen – <strong>und</strong> demzufolge in diesem<br />

Umfange auch keine Nachlassgläubiger - sind<br />

• Pfandgläubiger, soweit ihre Forderungen durch das Pfand gedeckt sind, sie<br />

behalten ihr Einzelverfolgungsrecht <strong>und</strong> können nach Ablauf der Nachlasst<strong>und</strong>ung<br />

ohne weiteres zur Pfandverwertung schreiten.<br />

• Gläubiger konkursrechtlich privilegierter Forderungen, sofern sie ihre Forderungen<br />

angemeldet haben <strong>und</strong> auf ihr Sicherstellungsrecht nicht verzichtet haben<br />

• Gläubiger von Masseforderungen; auch ihre vollständige Erfüllung muss daher<br />

sichergestellt sein, sofern sie nicht ausdrücklich darauf verzichten.<br />

Ein Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger kann vom Nachlassvertrag dennoch betroffen sein, wenn<br />

nämlich der Nachlassrichter dem Schuldner im Bestätigungsentscheid eine sog.<br />

Pfandst<strong>und</strong>ung gewährt. Er kann nämlich die Verwertung eines Gr<strong>und</strong>pfandes unter<br />

bestimmten Voraussetzungen auf höchstens ein Jahr nach Bestätigung des Nachlassvertrages<br />

einstellen, SchKG 306a.<br />

Auch die vom Schuldner bestrittenen Nachlassforderungen unterliegen dem Vertrag.<br />

Beim ordentlichen Nachlassvertrag hat der Schuldner auf Anordnung des<br />

Nachlassrichters die auf bestrittene Forderungen entfallenden Beträge bei der<br />

Depositenanstalt zu hinterlegen. Den betreffenden Gläubigern wird im<br />

Bestätigungsentscheid eine 20-tägige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der<br />

Forderung angesetzt, SchKG 315.<br />

Dies ist eine materiellrechtliche Anerkennungsklage; je nach Forderungsgr<strong>und</strong> BezG,<br />

MietG, ArbeitsG, ER <strong>und</strong> dementsprechend auch die Rechtsmittel.<br />

Beim Liquidationsvergleich hingegen werden bestrittene Nachlassforderungen im<br />

Kollokationsplan behandelt.<br />

Mitverpflichtete des Schuldners [Mitschuldner, Garanten, Bürgen, Gewährspflichtige]<br />

werden gegenüber den zustimmenden Nachlassgläubigern im Ausmasse des<br />

Nachlasses gr<strong>und</strong>sätzlich ebenfalls frei, können also nicht mehr für den vollen<br />

Forderungsbetrag belangt werden.<br />

Nur der nichtzustimmende Gläubiger verliert seine Rechte gegen sie nicht, diese<br />

erlöschen nur insoweit, als er durch den Nachlassvertrag befriedigt wird, SchKG 303 I.<br />

Für ihn besteht aber die Möglichkeit von SchKG 303 III.


55.3. Durchführung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung [Liquidationsvergleich]<br />

Der Liquidationsvergleich bezweckt, das abgetretene Schuldnervermögen (Aktiven <strong>und</strong><br />

Passiven) zwecks Gläubigerbefriedigung zu liquidieren. Dazu stellt der Schuldner sein<br />

Vermögen oder einen Teil dazu zur Verfügung. [Abtretung].<br />

• Entweder räumt der Schuldner den Gläubigern das Verfügungsrecht über seine<br />

Aktiven ein <strong>und</strong> überlässt ihnen die Verwertung derselben. [Klassische Form, eigtl.<br />

eine mildere Form des Konkurses].<br />

Um diese Verselbständigung auch nach aussen zum Ausdruck zu bringen, erhält<br />

die Firma im HR den Zusatz „in Nachlassliquidation“; als solche kann sie vertreten<br />

durch die Liquidatoren klagen <strong>und</strong> betreiben bzw. beklagt <strong>und</strong> betrieben werden.<br />

Mit Eintritt der Rechtskraft des Nachlassvertrages geht das Verfügungsrecht von<br />

Gesetzes wegen auf die Nachlassgläubiger über, SchKG 319 I. Erst die<br />

nachfolgende Verwertung bewirkt dann den materiellen Rechtsübergang auf den<br />

Erwerber.<br />

• Der Nachlassvertrag kann aber auch bestimmen, dass das Aktivvermögen ganz<br />

oder teilweise einem vertraglich bestimmten Dritten abgetreten wird, SchKG 317 I.<br />

Dann wird der vom Dritten bezahlte Preis unter die Gläubiger verteilt.<br />

Der Schuldner befreit sich durch beide Arten der Vermögensabtretung von seiner<br />

Schuldpflicht; es bleibt keine Restschuld zurück – abweichende Vertragsbestimmungen<br />

vorbehalten.<br />

Liquidiert wird durch einen oder mehrere Liquidatoren; die der Aufsicht des<br />

Gläubigerausschusses unterstehen, SchKG 320 I. Gegen Verfügungen der<br />

Liquidatoren über die Verwertung von Aktiven [nicht aber über andere Anordnungen]<br />

steht die Einsprache an den Gläubigerausschuss offen, SchKG 320 I. Als Liquidator<br />

kann auch der frühere Sachwalter eingesetzt werden, SchKG 317 III.<br />

Die Aufgaben des Liquidatoren sind mit derjenigen der Konkursverwaltung<br />

vergleichbar, er hat alle zur Erhaltung, Verwaltung <strong>und</strong> Verwertung der Nachlassmasse<br />

sowie zur allfälligen Übertragung des abgetretenen Vermögens gehörenden Geschäfte<br />

zu besorgen; dabei vertritt er die Masse auch vor Gericht, SchKG 319 III <strong>und</strong> IV.<br />

Bezüglich den Handlungen des Liquidators besteht Staatshaftung, SchKG 5; bezüglich der<br />

Handlungen des Gläubigerausschusses nur persönliche Haftung nach OR 41.<br />

Der Liquidationsvergleich wird im wesentlichen gleich wie ein Konkurs abgewickelt.<br />

Zunächst bestimmt der Nachlassvertrag die Art <strong>und</strong> Weise der Liquidation [Verwertung<br />

<strong>und</strong> Verteilung], für Besonderheiten gilt SchKG 318 I Ziff. 3. Wesentlich ist, dass der<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Gleichbehandlung der Gläubiger gewahrt bleibt:<br />

Bereinigung der Aktiven<br />

Ist die Rechtszugehörigkeit eines in der Nachlassmasse befindlichen oder von dieser<br />

beanspruchten Vermögenswertes umstritten, muss zuerst die erforderliche Aussonderungs-<br />

oder Admassierungsklage durchgeführt werden, SchKG 319 IV Satz 2.<br />

Kollokation der Gläubiger<br />

Auf Gr<strong>und</strong> der Geschäftsbücher des Schuldners sowie der Eingaben der Gläubiger im<br />

vorangegangenen Nachlasst<strong>und</strong>ungs- oder Konkursverfahren wird von den Liquidatoren<br />

ohne nochmaligen Schuldenruf ein Kollokationsplan erstellt mit gleicher Rechtswirkung wie<br />

im Konkurs, SchKG 321. Masseverbindlichkeiten gehören nicht hinein, sie sind vorweg zu<br />

bezahlen.<br />

Paulianische Anfechtung<br />

Zu den Aufgaben des Liquidators gehört es auch zu prüfen, ob der Schuldner vor der<br />

Bestätigung des Nachlassvertrages anfechtbare Rechtshandlungen i.S.v. SchKG 285 ff.<br />

vorgenommen hat.<br />

Beim ordentlichen Nachlassvertrag besteht mangels einer verselbständigten Liquidationsmasse<br />

keine Anfechtungsmöglichkeit.<br />

Verwertung<br />

Die Liquidatoren können im Einverständnis mit dem Gläubigerausschuss die Art <strong>und</strong> den<br />

Zeitpunkt der Verwertung weitgehend frei bestimmen, SchKG 322. Obwohl Pfandforderungen<br />

nicht unter den Nachlassvertrag fallen, können die Pfänder u.U. doch auch im Rahmen des<br />

Liquidationsvergleiches verwertet werden.<br />

• Gr<strong>und</strong>pfänder kann der Liquidator verwerten, solange der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger keine<br />

eigene Betreibung auf Pfandverwertung einleitet; SchKG 323. Dabei gilt, dass sich das<br />

Pfandrecht auch ohne weiteres auf die Miet- <strong>und</strong> Pachtzinse erstreckt, die seit der<br />

Bestätigung des Nachlassvertrages angefallen sind, ZGB 806.<br />

• Bei einer bereits laufenden selbständigen Betreibung des Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />

verwertet hingegen das zuständige BA, der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger wird bei der<br />

Abwicklung des Liquidationsvergleiches nur noch mit dem geschätzten oder bereits<br />

feststehenden Pfandausfall in der 3. Klasse kolloziert, SchKG 327.<br />

Nicht bezogene Dividendenbeträge werden bei der Depositenanstalt hinterlegt <strong>und</strong><br />

nach 10 Jahren verteilt, SchKG 329 <strong>und</strong> 269.


§ 56 Aufhebung <strong>und</strong> Widerruf des Nachlassvertrages<br />

§ 57 Alternativen zum Nachlassvertrag<br />

Aufhebung <strong>und</strong> Widerruf des Nachlassvertrages, SchKG 313, 316, sind zwei<br />

Massnahmen, um die Wirkungen nachträglich wieder rückgängig zu machen:<br />

• Die Aufhebung betrifft nur das Verhältnis eines einzelnen Gläubigers zum<br />

Nachlasschuldner; es handelt sich bloss um eine individuelle Massnahme, SchKG<br />

316.<br />

• Der Widerruf hingegen bringt den Nachlassvertrag als Ganzes zu Fall; er bedeutet<br />

eine kollektive Massnahme, SchKG 313.<br />

Beide Massnahmen können nur vom Nachlassgericht, welches den Vertrag<br />

ursprünglich bestätigt hatte <strong>und</strong> nur auf Gesuch eines betroffenen Gläubigers hin<br />

verfügt werden. Auf das Verfahren sind die Vorschriften über das<br />

Bestätigungsverfahren analog anwendbar, SchKG 313 II <strong>und</strong> 316 II.<br />

Aufhebung des Nachlassvertrages<br />

Die Aufhebung kommt nur beim ordentlichen Nachlassvertrag in Frage; nicht aber bei<br />

einem Liquidationsvergleich, weil hier das Vermögen des Schuldners mit der<br />

Bestätigung des Nachlassvertrages in die Liquidationsmasse fällt, womit der<br />

Nachlassvertrag seitens des Schuldners erfüllt ist.<br />

Die Aufhebung verlangen kann jeder Gläubiger, dem gegenüber die Bedingungen des<br />

Vertrages nicht erfüllt werden, SchKG 316 I. [Bei Verzug soll aber eine Mahnung <strong>und</strong><br />

eine kurze Nachfrist erfolgen].<br />

Widerruf des Nachlassvertrages<br />

Gr<strong>und</strong> zum Widerruf des ganzen Nachlassvertrages [ordentlicher wie auch Liq-<br />

Vergleich] ist nicht pflichtwidriges Verhalten des Schuldners nach seiner Bestätigung,<br />

sondern der Umstand, dass der schon auf unredliche Weise zustandegekommen ist,<br />

SchKG 313.<br />

Begünstigung der Gläubiger durch den Schuldner, bspw. durch unerlaubte Nebenversprechen,<br />

Verheimlichung von Vermögenswerten, Täuschung der Gläubiger, Stimmenkauf, Erschleichung<br />

eines gerichtlichen Nachlassvertrages.<br />

Jedes Treu <strong>und</strong> Glauben verletzende Verhalten, durch welches der Schuldner auf<br />

das Zustandekommen des Nachlassvertrages hingewirkt hat, bildet einen<br />

Widerrufsgr<strong>und</strong>. Es muss sich aber um einen Sachverhalt handeln, der erst nach der<br />

Bestätigung des Vertrages zutage getreten ist [wahrgenommen wurde]. 19<br />

Der Widerruf wirkt sich auf alle Gläubiger aus, er beseitigt sämtliche durch den<br />

Nachlassvertrag begründeten Rechte <strong>und</strong> Pflichten. Alle Nachlassgläubiger können die<br />

Schuldner wieder betreiben, wie wenn der Nachlassvertrag gar nicht bestätigt worden<br />

wäre. Der Widerruf wird öffentlich bekannt gemacht; ausserdem bildet er wie der<br />

Widerruf der Nachlasst<strong>und</strong>ung oder ein Verwerfungsentscheid, SchKG 295 V, einen<br />

materiellen Konkursgr<strong>und</strong>, SchKG 313 II.<br />

Einvernehmliche private Schuldenbereinigung, SchKG 333<br />

Sie steht nur einem nicht der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner zur<br />

Verfügung. Der Schuldner muss mit einem Gesuch, in dem er seine finanzielle Lage<br />

darzulegen hat, an den Nachlassrichter wenden, der im summarischen Verfahren<br />

darüber entscheidet, SchKG 33 <strong>und</strong> 25 Ziff. 2 a.<br />

Erscheint die Schuldenbereinigung nicht ausgeschlossen <strong>und</strong> sind die Kosten<br />

sichergestellt, gewährt der Richter ihm eine St<strong>und</strong>ung von höchstens 3 Monaten <strong>und</strong><br />

ernennt einen Sachwalter.<br />

Die vorausgesetzte Aussicht auf Schuldenbereinigung darf angenommen werden,<br />

wenn der Schuldner über genügend eigene Mittel verfügt, das er zur Abtragung seiner<br />

Altlasten einsetzen kann. Es ist jedoch nicht erforderlich – ebenso wenig wie beim<br />

Verwertungsaufschub – dass Aussicht auf vollständige Tilgung der Forderungen<br />

besteht.<br />

Der Entscheid des Nachlassrichters wird den Gläubigern mitgeteilt, für die<br />

Weiterziehung gelten die Bestimmungen des ordentlichen Nachlassverfahrens, SchKG<br />

334 IV, 294 III <strong>und</strong> IV.<br />

Die St<strong>und</strong>ung soll Gewähr bieten, dass der Schuldner in Ruhe – ohne Betreibungsdruck<br />

– mit seinen Gläubigern zu einem Einvernehmen kommen kann. Nur die familienrechtlichen<br />

Unterhalts- <strong>und</strong> Unterstützungsbeiträge sind betreibbar, SchKG 334 IIII.<br />

Die Verfügungsbefugnis des Schuldners ist während der St<strong>und</strong>ung in keiner Weise<br />

eingeschränkt; der Sachwalter ist blosser Berater; anders als in der ordentlichen<br />

Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 298, kein autoritärer Begleiter des Schuldners.<br />

Als aussergerichtlicher Vergleich wirkt sich die private Schuldenbereinigung nur auf die<br />

Gläubiger aus, die zustimmen.<br />

19 Ansonsten kann von einer stillschweigenden Genehmigung ausgegangen werden, bzw. durch eine ausdrückliche mittels der Bestätigung.


§ 58 Notst<strong>und</strong>ung<br />

Konkursaufschub,<br />

Der Konkursaufschub ist kein allgemeines Institut, sondern als Sanierungshilfe für<br />

Kapitalgesellschaften <strong>und</strong> Genossenschaften vorgesehen.<br />

Ob er zu gewähren sei, bestimmt der Konkursrichter, der aufgr<strong>und</strong> einer<br />

Überschuldungsanzeige eigentlich den Konkurs eröffnen müsste; auf Antrag des VR<br />

oder eines Gläubigers – nie aber von Amtes wegen – den Konkurs aufschieben kann,<br />

wenn Aussicht auf Sanierung besteht.<br />

Der Entscheid ist nach SchKG 174 weiterziehbar. [Rekurs, NB, SB]<br />

Sanierungsaussicht besteht, wenn einerseits der Bilanzverlust durch entsprechende<br />

Massnahmen beseitigt <strong>und</strong> die Rentabilität des Unternehmens wiederhergestellt<br />

werden kann <strong>und</strong> wenn zudem eine aussergerichtliche Verständnislösung mit den<br />

Gläubigern möglich erscheint.<br />

Sonst müsste die Sanierung in einem Nachlassverfahren gesucht werden, nur dort<br />

käme letzten Endes ein Zwangsvergleich in Frage.<br />

Entspricht der Richter dem Gesuch, gewährt er einen befristeten Konkursaufschub <strong>und</strong><br />

trifft die zur Erhaltung des Vermögens erforderlichen Massnahmen. Er kann auch einen<br />

Sachwalter einsetzen <strong>und</strong> dem VR die Verfügungsbefugnis entziehen oder dessen<br />

Beschlüsse von der Zustimmung des Sachwalters abhängig machen.<br />

Hauptzweck des Konkursaufschubes ist es, dass ohne den Druck eines laufenden<br />

Zwangsvollstreckungsverfahrens die Möglichkeit einer Sanierung der an sich<br />

konkursreifen Gesellschaft geprüft werden kann. Es steht daher im Ermessen des<br />

Richters, bereits hängige Betreibungen einzustellen.<br />

Kommt diese privatrechtliche Sanierung nicht fristgerecht zustande, bleibt dem<br />

Konkursrichter nichts anderes übrig, als nach SchKG 192 den Konkurs zu eröffnen,<br />

sofern kein Nachlassvertrag beantragt wird bzw. keine Anhaltspunkte für das<br />

Zustandekommen eines Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173a.<br />

Die Notst<strong>und</strong>ung bezweckt wie das Nachlassverfahren <strong>und</strong> der Rechtsstillstand eine<br />

Milderung der betreibungsrechtlichen Ordnung. Sie stellt aber eine ausserordentliche<br />

Entlastungsmassnahme dar, die für Notzeiten bereitgehalten wird.<br />

SchKG 337 bis 350 sind nicht unmittelbar anwendbar; durch Beschluss einer Kantonsregierung<br />

<strong>und</strong> konstitutiver Zustimmung des B<strong>und</strong>esrates müssen die Bestimmungen<br />

für anwendbar erklärt werden. Dies soll nur bei ausserordentlichen Ereignissen wie<br />

Krieg, Wirtschaftskrise <strong>und</strong> Naturkatastrophe geschehen.

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