Schuldbetreibungs- und Konkursrecht - Studentenverbindung ...
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Amonn/Gasser, Zusammenfassung SchKG © by Sandro Rossi, Juli 2002<br />
§ 4 Die Gerichtsbehörden<br />
Kursiv:<br />
Obwohl rein materiellrechtliche<br />
Streitigkeiten fallen sie unter<br />
LugÜ 16 Nr. 5<br />
4.1. Die sachliche Zuständigkeit<br />
• Obwohl Gerichtsbehörden in verschiedenen Phasen des Betreibungsverfahrens<br />
mitwirken, können sie nur eingreifen, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht,<br />
SchKG 7 I. Meist sind es Zivilgerichte, u.U. auch Verwaltungsorgane<br />
(Steuerforderungen, Bussen usw.).<br />
• Vor den Gerichten können daher folgende Streitigkeiten ablaufen:<br />
• Materiellrechtliche Streitigkeiten<br />
• Rein betreibungs- oder formellrechtliche Streitigkeiten von besonderer<br />
Bedeutung<br />
• Formellrechtliche Streitigkeiten, die Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />
haben, da eine materielle Frage vorfrageweise geklärt werden muss.<br />
• Rein materiellrechtliche Streitigkeiten<br />
Es geht um die Feststellung des materiellen Rechts als Gr<strong>und</strong>lage gerechtfertigter<br />
Vollstreckung oder zum Zweck der Korrektur einer bereits durchgeführten,<br />
ungerechtfertigten Vollstreckung; ferner um die Beurteilung von Haftpflichtfällen, die<br />
sich im Verlauf des Verfahrens ergeben können.<br />
Die Streitigkeiten werden immer im ordentlichen bzw. beschleunigten (Zivil oder<br />
Verwaltungs-) Verfahren ausgetragen, das Urteil hat volle materielle Rechtskraft.<br />
• Klage des Gläubigers auf Feststellung <strong>und</strong> Leistung der vom Rechtsvorschlag betroffenen Forderung,<br />
SchKG 79 (Anerkennungsklage)<br />
• Arrestprosequierungsklage des Gläubigers, SchKG 279<br />
• Aberkennungsklage des Schuldners auf Feststellung des Nichtbestehens einer Schuld, SchKG 83 II<br />
• Rückforderungsklage, SchKG 86 <strong>und</strong> 187<br />
• Schadenersatzklage gegen den Staat oder den Arrestgläubiger, SchKG 5, 24, 273<br />
• Widerspruchsklage zwischen einem Drittansprecher auf das Pfändungsgut <strong>und</strong> dem Schuldner, SchKG<br />
107/108, 140.<br />
• Klage des Anschlussgläubigers bei privilegierter Anschlusspfändung gegen den Schuldner, SchKG 111.<br />
• Klage auf Duldung der Rückschaffung von Retentionsgegenständen, SchKG 284<br />
• Anerkennungsklage im ordentlichen Nachlassverfahren, SchKG 315/332.<br />
• Rein betreibungsrechtliche Streitigkeiten<br />
Streitig ist, ob die Zwangsvollstreckung an sich zulässig <strong>und</strong> deshalb fortzusetzen ist,<br />
so steht bloss eine rein verfahrensrechtliche Frage zur Beurteilung; eine Frage<br />
ausschliesslich des formellen, nicht des materiellen Rechts. Dies ist i.a.R. eine<br />
Aufgabe der Aufsichtsbehörde; ein Gericht beschäftigt sich nur im Ausnahmefall<br />
damit:<br />
• Eingabe des nachträglichen Rechtsvorschlages, des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung oder in<br />
der Betreibung aufgr<strong>und</strong> eines Konkursverlustscheins, SchKG 77, 179, 265a I.<br />
• Das Rechtsöffnungsgesuch, SchKG 80 – 82<br />
• Klage auf Einstellung der Aufhebung der Betreibung bei urk<strong>und</strong>lich nachgewiesener St<strong>und</strong>ung oder<br />
Tilgung, SchKG 85<br />
• Konkurseröffnung in streitigen Fällen<br />
• Klage auf Feststellung des Vorhandenseins neuen Vermögens in der Betreibung auf Gr<strong>und</strong> eines<br />
Konkursverlustscheins, SchKG 265a IV.<br />
• Begehren um Anordnung eines Güterverzeichnisses, SchKG 162 / 341 I<br />
• Ordentliches Konkursbegehren, SchKG 166, 190 – 194, 309<br />
• Begehren um Anordnung vorsorglicher Massnahmen, SchKG 170, 183, 341 I<br />
• Begehren um Bewilligung des Rechtsvorschlages, SchKG 181<br />
• Konkursbegehren in der Wechselbetreibung, SchKG 188<br />
• Einsprache gegen den Arrestbefehl, SchKG 278<br />
• Bewilligung oder Widerruf der Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 289 ff., 334<br />
• Bewilligung oder Widerruf des Nachlassvertrages, SchKG 306, 313, 332, 335<br />
• Klage auf Aufhebung des Nachlassvertrages, SchKG 316, 221<br />
• Begehren um Durchführung einer einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung, SchKG 333 f.<br />
• Begehren um Bewilligung, Verlängerung oder Widerruf der Notst<strong>und</strong>ung, SchKG 337 ff.<br />
• Betreibungsrechtliche Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />
Auch hier ist nur eine formelle, verfahrensrechtliche Frage zu entscheiden; doch<br />
muss dabei auf materielles Recht vorfrageweise zurückgegriffen werden. Die<br />
Reflexwirkung beschränkt sich aber auf die Durchführung der hängigen Betreibung,<br />
darüber hinaus schafft es keine materielle Rechtskraft.<br />
• Widerspruchsklage in der Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandverwertung, sofern der Drittansprecher<br />
mit einem Gläubiger <strong>und</strong> nicht mit dem Schuldner in Streit steht, SchKG 107, 108, 140, 155<br />
• Aussonderungsklage eines Drittansprechers im Konkurs, SchKG 242<br />
• Kollokationsklage eines Gläubigers in der Betreibung auf Pfändung, Pfandverwertung oder im Konkurs,<br />
SchKG 148, 157, 250, 251<br />
• Klage des Anschlussgläubigers auf Zulassung des privilegierten Pfändungsanschlusses, sofern sie sich<br />
gegen einen anderen Pfändungsgläubiger wendet <strong>und</strong> nicht gegen den Schuldner, SchKG 111.<br />
• Klage des Retentionsberechtigten auf die Rückschaffung von Retentionsgegenständen, SchKG 284.<br />
• Betreibungsrechtliche Anfechtungsklagen, SchKG 214, 285 ff.<br />
• Klage auf Einstellung oder Aufhebung der Betreibung nach SchKG 85a<br />
• Lastenbereinigungsklagen, SchKG 140 II, 156 I<br />
• Admassierungsklage, SchKG 242 III
5. Hilfsorgane<br />
4.2. Gerichtsorganisation<br />
4.3. Das Verfahren<br />
4.4. Zuständigkeit des B<strong>und</strong>esgerichts<br />
• Verfügungen auf einseitigen Antrag<br />
Verfügungen des Richters auf einseitigen Antrag kommen nach B<strong>und</strong>esrecht nur in<br />
der Konkursbetreibung oder im Nachlassverfahren vor. Der Richter handelt als<br />
Vollstreckungsorgan. Die zu entscheidenden Fragen sind rein betreibungsrechtlicher<br />
Natur.<br />
• Konkurswiderruf, SchKG 195, 332 III<br />
• Einstellung des Verlassenschaftskonkurses, SchKG 196<br />
• Einstellung des Konkurses mangels Aktiven, SchKG 230 I<br />
• Anordnung des summarischen Konkursverfahrens, SchKG 231<br />
• Konkursschlusserkenntnis, SchKG 268 II<br />
• Arrestbewilligung, SchKG 272 [bis Einsprache erfolgt, anschl. kontradiktorisches Verfahren]<br />
• Sache der Kantone, Ausnahme: Konkursentscheid<br />
Bewilligung des Rechtsvorschlages in der<br />
Wechselbetreibung<br />
Einspracheentscheid im Arrestverfahren<br />
Hier ist von B<strong>und</strong>esrechts wegen eine Weiterzugsmöglichkeit an eine obere kt.<br />
Instanz vorgeschrieben, SchKG 174, 185, 278.<br />
• Ordentliches <strong>und</strong> summarisches Verfahren kommen zur Anwendung; tlw. wird direkt<br />
vom SchKG auch ein beschleunigtes Verfahren gefordert, das sich vom ordentlichen<br />
Verfahren aber nur durch raschere Abwicklung unterscheidet.<br />
• Das ordentliche Verfahren kommt überall da zur Anwendung, wo das SchKG nicht<br />
das beschleunigte oder das summarische vorschreibt. Wegleitend dafür sind die<br />
kantonalen ZPO. B<strong>und</strong>esrechtlich gilt nur, dass die Frist zur Klageanhebung mit der<br />
Sühneladung gewahrt ist, wenn mangels Aussöhnung die Sache von Amtes wegen<br />
oder binnen bestimmter Frist vor den Richter gebracht werden muss.<br />
• Das beschleunigte Verfahren ist so auszugestalten, dass es die<br />
Minimalanforderungen in SchKG 25 Ziff. 1 erfüllt:<br />
Materiellrechtliche Feststellungsklage SchKG 85a; rein betreibungsrechtliche Klage<br />
auf Feststellung neuen Vermögens, SchKG 265a IV; Klagen mit Reflexwirkungen:<br />
Widerspruchsklage, Kollokationsklage, Klage auf Rückschaffung von Retentionsgegenständen<br />
<strong>und</strong> Klage auf Zulassung zur privilegierten Anschlusspfändung.<br />
• In der Ausgestaltung des summarischen Verfahren sind die Kantone völlig frei. In<br />
diesen Anwendungsbereich fallen die in SchKG 25 Ziff. 2 genannten Fälle. Es<br />
handelt sich rein um betreibungsrechtliche Streitigkeiten sowie um Verfügungen auf<br />
einseitigen Antrag.<br />
• Der Berufung an das B<strong>und</strong>esgericht unterliegen letztinstanzliche kantonale<br />
Entscheide über materiellrechtliche Streitigkeiten, nach der Praxis aber auch die<br />
betreibungsrechtlichen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht.<br />
• Bei ungenügendem Streitwert kommt für die materiellrechtlichen <strong>und</strong><br />
betreibungsrechtlichen Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht<br />
immerhin die Nichtigkeitsbeschwerde in Betracht – für rein betreibungsrechtliche<br />
hingegen scheidet dieses Rechtsmittel aus – Vollstreckung ist keine Zivilsache.<br />
• Die staatsrechtliche Beschwerde ist subsidiär. Allein der Arrest auf Vermögen eines<br />
fremden Staates kann direkt mit der staBe angefochten werden, OG 86 II.<br />
• Obwohl sie nicht an der eigentlichen Zwangsvollstreckung teilnehmen, haben sie<br />
dennoch irgendwie dabei mitzuwirken: bspw. kt. Depositenanstalten [SchKG 24],<br />
Gr<strong>und</strong>buchämter [SchKG 101, 176, 296], Handelsregisterämter [SchKG 39 III, 40 I,<br />
176], Polizei [SchKG 92 II, 229 I, 275 usw.]<br />
• Gewisse betreibungsrechtliche Aufgaben obliegen nicht durchwegs <strong>und</strong><br />
ausschliesslich den aufgezählten Organen; sie können natürlichen oder juristischen<br />
Personen übertragen werden. Sie sind zwar nicht generell vom Staat dafür<br />
eingesetzt, üben aber dennoch im Verfahren öffentliche Funktionen aus <strong>und</strong><br />
unterstehen deshalb der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde:<br />
Gläubigerversammlung im Konkurs, ein davon gewählter Gläubigerausschuss, die<br />
gewählte ausseramtliche Konkursverwaltung, der Sachwalter im Nachlass-<br />
st<strong>und</strong>ungsverfahren die Liquidatoren beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung.
§ 5 Verantwortlichkeit<br />
§ 6 Die betreibungsrechtliche Beschwerde<br />
6.1. Begriff <strong>und</strong> Funktion<br />
6.2. Beschwerdegegenstand<br />
• Disziplinarische Verantwortlichkeit, SchKG 14 II. Die Gestaltung des Disziplinar-<br />
verfahrens ist dem kt. Recht überlassen. Die Disziplinarverfügung kann nur<br />
beschränkt weitergezogen werden:<br />
• Mit betreibungsrechtlicher Beschwerde, OG 76 ff., wenn geltend gemacht wird,<br />
die Aufsichtsbehörde sei nicht zuständig gewesen oder sie habe eine im Gesetz<br />
nicht vorgesehene Massnahme verfügt.<br />
• Mit staatsrechtliche Beschwerde, wenn die Verletzung eines<br />
verfassungsmässigen Rechts gerügt wird.<br />
Auf die Gerichte, Aufsichtsbehörden <strong>und</strong> die Polizei ist ausschliesslich kt. Disziplinarrecht<br />
anwendbar.<br />
• Strafrechtliche Verantwortlichkeit, StGB 312 ff., deren Verfolgung den Kantonen<br />
obliegt, StGB 345.<br />
• Zivilrechtliche [vermögensrechtliche] Verantwortlichkeit<br />
Sie äussert sich in der Staatshaftung [Kanton] für den Schaden, den ein<br />
Vollstreckungsorgan widerrechtlich verursacht hat, SchKG 5 – 7. Es kommt aber<br />
auch Schadenersatzrecht gemäss OR 41 im Sinne materiell ergänzenden<br />
B<strong>und</strong>esrechts zur Anwendung. Für das Verfahren gilt kt. Recht.<br />
Voraussetzungen bilden ein Schaden, die Widerrechtlichkeit <strong>und</strong> der<br />
Kausalzusammenhang. Der Schaden muss in amtlicher Verrichtung erfolgt sein.<br />
Die Haftung des Staates ist insofern subsidiär zur Selbsthilfe auf dem<br />
Beschwerdeweg, als dass Schadenersatz nur gefordert werden kann, wenn sich der<br />
Schaden nicht durch rechtzeitige Beschwerde hätte abwenden lassen.<br />
Gerichtsbehörden kommen nur in Betracht, soweit das betreffende Gericht als<br />
eigentliches Vollstreckungsorgan gehandelt hat, bspw. als Konkursgericht. Nur für<br />
Handlungen einer Gläubigerversammlung oder eines Gläubigerausschusses hat der<br />
Staat nicht einzustehen.<br />
Träger der Haftung ist ausschliesslich der Kanton. Das Regressrecht bestimmt sich<br />
nach kt. Recht.<br />
Schadenersatz- <strong>und</strong> Genugtuungsansprüche gelten als Zivilansprüche, die vor<br />
Gericht einzuklagen sind. Das Verfahren wird im ordentlichen Zivilprozess oder in<br />
einem ordentlichen verwaltungsgerichtlichen Prozess nach kt. Recht durchgeführt.<br />
Es finden keine Direktprozesse mehr vor B<strong>und</strong>esgericht statt, selbst in den Fällen<br />
von SchKG 7 nicht mehr: OG 42 wurde gestrichen.<br />
Der Anspruch auf Schadenersatz verjährt gemäss SchKG 6 I in einem Jahr relativ,<br />
absolut in 10 Jahren. Kenntnis der Schädigung besteht, wenn sowohl der Schaden<br />
wie auch die schädigende Handlung bekannt sind.<br />
Eine Beschwerde muss immer einen praktischen Zweck verfolgen; es darf nie bloss<br />
darum gehen, allgemein eine Pflichtwidrigkeit festzustellen. Weil es darum geht, eine<br />
verfahrensrechtliche Korrektur zu erwirken, muss ein Zurückkommen auf die Sache<br />
überhaupt noch möglich sein, das setzt voraus, dass das Verfahren noch im Gang<br />
ist.<br />
Vor den kt. Aufsichtsbehörden ist die betreibungsrechtliche Beschwerde ein der<br />
Verwaltungsbeschwerde nachgebildeter Rechtsbehelf. Materiellrechtliche Fragen<br />
sind daher nur vorfrageweise zu prüfen, bspw. Rechts- <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit bei<br />
der Abklärung der Partei- <strong>und</strong> Betreibungsfähigkeit, Wohnsitzfrage usw.<br />
Vor B<strong>und</strong>esgericht ist das Beschwerdeverfahren dagegen reine Verwaltungsjustiz,<br />
die Beschwerde daher einer verwaltungsgerichtlichen Beschwerde nachgebildet.<br />
Verfügungen oder Unterlassungen der Vollstreckungsorgane, SchKG 17 I; d.h.<br />
konkrete, auf den Verfahrensgang einwirkende Massnahmen, nicht die allgemeine<br />
Amtstätigkeit oder blosse Absichtserklärungen.<br />
Verfügungen der Betreibungs- <strong>und</strong> Konkursämter, Verfügungen einer ausseramtlichen Konkursverwaltung,<br />
Beschlüsse der Gläubigerversammlungen oder eines Gläubigerausschusses im Konkurs, Verfügungen des<br />
Sachwalters während der Nachlasst<strong>und</strong>ung oder im Rahmen des Vollzuges eines ordentlichen<br />
Nachlassvertrages, Verfügungen des Liquidators oder des Gläubigerausschusses bei der Durchführung eines<br />
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung, die Weigerung eines Vollstreckungsorganes eine Verfügung zu<br />
erlassen.
6.3. Beschwerdegründe<br />
„Unangemessene“ Verfügung<br />
bei Ermessen ohne Ermessen<br />
„unangemessen i.e.S.“ Rechtsverletzung<br />
6.4. Beschwerdelegitimation<br />
6.5. Beschwerdefrist<br />
17 I: wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit<br />
Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht [Verfassungsrecht vor den kt. Aufsichtsbehörden mit<br />
Betreibungsbeschwerde, vor B<strong>und</strong>esgericht nur mit staBe; Normen des SchKG <strong>und</strong><br />
seiner Ausführungsverordnungen, Bestimmungen anderer BGesetze <strong>und</strong> VO,<br />
Bestimmungen von Staatsverträgen]. Als Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht gilt auch die<br />
unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes soweit sie auf einer<br />
Missachtung einer b<strong>und</strong>esrechtlichen Vorschrift beruht (Missachtung<br />
Untersuchungsmaxime, freie Beweiswürdigung o.a.)<br />
Verletzung von kt. Recht ist ebenfalls Beschwerdegr<strong>und</strong>, aber nur vor kt. Aufsichts-<br />
behörden, vor B<strong>und</strong>esgericht ist die staBe zu erheben.<br />
Unangemessenheit liegt vor, wenn die gegebenen Verhältnisse nicht respektiert<br />
werden. Sie stellt sich nur dort, wo überhaupt eine Verfügung nach freiem<br />
Ermessen ausgestaltet werden darf. Liegt kein Ermessen vor, liegt bei einer<br />
fehlerhaften Verfügung eine Rechtsverletzung dar; auch das Überschreiten des<br />
Ermessens gilt als Rechtsverletzung. Dem B<strong>und</strong>esgericht steht keine<br />
Ermessensfreiheit zu, d.h. „unangemessene“ Entscheide können mit betr.<br />
Beschwerde kaum vor B<strong>und</strong>esgericht gebracht werden. Hingegen besitzt die kt.<br />
Aufsichtsbehörde Ermessenskontrolle. [SchKG 61, SchKG 93, SchKG 97, SchKG<br />
123].<br />
17 III, 18 II, 19 II: Unterlassungen bei Rechtsverweigerung <strong>und</strong> -verzögerung<br />
Wird eine gesetzlich vorgeschriebene Amtshandlung überhaupt nicht oder nicht<br />
binnen gesetzlicher oder angemessener Frist vorgenommen, liegt eine<br />
Rechtsverweigerung bzw. eine Rechtsverzögerung vor.<br />
Geschieht dies in einem formellen Entscheid, liegt eine Gesetzesverletzung vor<br />
(materielle Rechtsverweigerung). Ist dieser Entscheid aber nicht begründet, liegt<br />
wiederum eine Rechtsverweigerung vor. [Entscheidend dafür, ob Beschwerdefrist<br />
zu beachten ist oder nicht.]<br />
Rechtsverweigerung i.S. des SchKG ist nur eine formelle Rechtsverweigerung i.S.<br />
blosser Untätigkeit.<br />
Nicht anfechtbar sind die im Verfahrensablauf getroffenen Zwischenentscheide, wie<br />
prozessleitende Verfügungen der kt. Aufsichtsbehörde, die Erteilung oder<br />
Verweigerung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde usw. Ebenso wenig<br />
unterliegen der Beschwerde rechtsgeschäftliche Handlungen, bspw. Dienstbarkeitsvertrag<br />
durch die Konkursverwaltung.<br />
Im Gegensatz zum Zivilprozess, der materiellen Legitimation, geht es im SchKG um<br />
die formelle Legitimation, d.h. wer berechtigt ist, gegen eine Verfügung Beschwerde<br />
zu erheben.<br />
Legitimiert ist, wer durch eine Verfügung eines Vollstreckungsorganes oder wegen<br />
einer Unterlassung desselben in seinen rechtlich geschützten oder tatsächlichen<br />
Interessen betroffen <strong>und</strong> dadurch beschwert ist <strong>und</strong> deshalb ein schutzwürdiges<br />
Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Verfügung oder an der Anordnung<br />
derselben hat.<br />
Der Beschwerdegegner ist immer das Vollstreckungsorgan, das die angefochtene<br />
Verfügung getroffen hat oder von dem sie erwartet wird.<br />
Das Beschwerderecht ist befristet, wenn Gesetzeswidrigkeit oder Unangemessenheit<br />
gerügt werden. [SchKG 17 II, 20, 239]. Fristlauf erfolgt ab dem Zeitpunkt, in dem der<br />
Beschwerdeführer von der gesetzeswidrigen oder unangemessenen Verfügung<br />
Kenntnis erhält.<br />
Das Beschwerderecht wegen [formeller] Rechtsverweigerung <strong>und</strong><br />
Rechtsverzögerung ist unbefristet.<br />
Als unbefristet gilt auch eine Beschwerde i.S.v. SchKG 22; d.h. die die<br />
Aufsichtsbehörde veranlasst, von Amtes wegen ins Verfahren einzugreifen, was<br />
erfolgt, wenn der Tatbestand von SchKG 22 erfüllt ist. Solche Verfügungen sind ex<br />
tunc nichtig, sie können keinerlei Wirkungen entfalten. Eine solche Beschwerde hat<br />
die Wirkung einer „jederzeit zulässigen Aufsichtsanzeige.“<br />
SchKG 22: Bei offensichtlicher Unzuständigkeit<br />
Unklar bezeichneter Gläubiger in einer Betreibung<br />
Betreibung gegen einen nicht Betreibungsfähigen<br />
Betreibungshandlungen seitens bzw. gegen nicht parteifähige jur. Person<br />
Fehlerhafte Zustellung eines Zahlungsbefehls, von welcher der Schuldner nicht<br />
Kenntnis erhält<br />
Missachtung des Selbstkontrahierungsverbotes<br />
Beschlagnahmeakte durch unzuständiges Amt<br />
Verarrestierung einer nicht in der Urk<strong>und</strong>e aufgeführten Sache<br />
Bloss anfechtbar:<br />
Vgl. ebenfalls BGE 89 III 79<br />
Von unzuständigem Amt erlassener ZB / leere Pfändungsurk<strong>und</strong>e oder die<br />
Zustellung einer Betreibungsurk<strong>und</strong>e, v.a. an nicht empfangsberechtigte<br />
Person
6.6. Entscheidungskompetenz<br />
6.7. Partei- <strong>und</strong> Beschwerdefähigkeit<br />
6.8. Verfahren vor den kt. Aufsichtsbehörden<br />
6.9. Wirkung der Beschwerdeeinreichung<br />
6.10 Beschwerdeentscheid<br />
6.11. Rechtsmittel<br />
6.12. Beschwerde an das B<strong>und</strong>esgericht<br />
Die Beurteilung betreibungsrechtlicher Beschwerden ist ausschliesslich Sache der<br />
Aufsichtsbehörden, nicht der Gerichte. Beschwerdeeinreichung bei einer<br />
unzuständigen Behörde schadet nicht, SchKG 21 II.<br />
Erstinstanzlich ist bei einer Gesetzes- oder Ermessensverletzung,<br />
Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung immer eine kt. Aufsichtsbehörde<br />
zuständig. Ausnahme: Gg. Verfügungen des Liquidators muss zuerst die Einsprache erfolgen, SchKG 230<br />
Bei Rechtsverweigerung oder –verzögerung durch eine untere kt. Aufsichtsbehörde<br />
ist die obere, SchKG 18 II, bei einer solchen durch die obere oder einzige kt.<br />
Aufsichtsbehörde ist das B<strong>und</strong>esgericht erstinstanzlich zuständig, SchKG 19 II.<br />
Partei- <strong>und</strong> Beschwerdefähigkeit sind Prozessvoraussetzungen. Die<br />
Beschwerdefähigkeit entspricht der Prozessfähigkeit, d.h. der Fähigkeit, persönliche<br />
Beschwerde zu führen oder sich vertreten zu lassen <strong>und</strong> setzt somit<br />
Handlungsfähigkeit voraus.<br />
Weitgehend in der Kompetenz der Kantone, SchKG 20a III. Für die inhaltlichen<br />
Anforderungen ist OG 79 auch für das Beschwerdeverfahren vor kt.<br />
Aufsichtsbehörden massgebend.<br />
Es gilt die Untersuchungsmaxime, SchKG 20a II Ziff. 2; die Parteien sind aber im<br />
Rahmen des Zumutbaren zur notwendigen Mitwirkung bei der Feststellung des<br />
Sachverhaltes verpflichtet. Die Parteien sind zum anderen aber auch berechtigt,<br />
mitzuwirken.<br />
Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; sie ist aber an die Parteianträge<br />
geb<strong>und</strong>en (Dispositionsmaxime).<br />
Ab dem Augeblick, in dem die Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde eingereicht ist,<br />
befindet sich der Streitfall in deren Zuständigkeit. Solange aber die Beschwerdefrist<br />
noch läuft bzw. das Vollstreckungsorgan noch keine Vernehmlassung erstattet hat,<br />
darf es seine Verfügung in Wiedererwägung ziehen, SchKG 17 IV.<br />
Eine eigentliche Suspensivwirkung gibt es jedoch nicht, sie erfolgt nur auf Antrag<br />
bzw. von der Aufsichtsbehörde aus. Dieser Entscheid über die Suspensivwirkung ist<br />
ein prozessleitender Entscheid, der nicht angefochten werden kann.<br />
Nichteintreten: Die angefochtene Verfügung bleibt rechtskräftig <strong>und</strong> wird endgültig<br />
vollstreckbar, es sei denn, sie wäre nichtig. Provisorisch vollzogene Massnahmen<br />
werden definitiv.<br />
Abweisung: dito.<br />
Gutheissung: Die angefochtene Verfügung wird entweder aufgehoben oder<br />
berichtigt, bzw. sie ordnet den Vollzug einer verweigerten bzw. verzögerten<br />
Amtshandlung an.<br />
Jeder Beschwerdeentscheid einer unteren kantonalen Aufsichtsbehörde kann an<br />
eine obere kantonale Aufsichtsbehörde weitergezogen werden, SchKG 18 I.<br />
Legitimiert ist, wer durch den Entscheid der ersten Instanz beschwert ist. Auch<br />
dieses Verfahren wird durch die Kantone geregelt, soweit nicht b<strong>und</strong>esrechtliche<br />
Minimalgr<strong>und</strong>sätze eingreifen.<br />
Die obere kt. Aufsichtsbehörde übt volle Rechts- <strong>und</strong> Ermessenskontrolle aus.<br />
Abgesehen von SchKG 19 <strong>und</strong> 20 a I kommt OG 76 ff. zur Anwendung.<br />
Gerügt werden kann nur eine Rechtsverletzung von B<strong>und</strong>esrecht eines Entscheides<br />
einer oberen oder einzigen kt. Aufsichtsbehörde. Nicht überprüfbar ist die<br />
Anwendung kt. Rechts, auch nicht kt. Verfahrensrechts. Die in einem<br />
Beschwerdeverfahren getroffenen Zwischenentscheide einer kt. Aufsichtsbehörde<br />
sind nicht anfechtbar; ausser es werde dadurch ein verfassungsmässiges Recht<br />
verletzt => OG 87.
6.13. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen<br />
Nova [neue Begehren, Tatsachen, Bestreitungen, Beweismittel] sind nicht mehr<br />
zulässig, ausser wenn eine Partei ihre Rechte vor der kt. Aufsichtsbehörde nicht<br />
gehörig wahrnehmen konnte, OG 79 I.<br />
Nur wenn die Sachverhaltsfeststellung der kt. Aufsichtsbehörde unter Verletzung<br />
b<strong>und</strong>esrechtlicher Beweisvorschriften oder der b<strong>und</strong>esrechtlich vorgeschriebenen<br />
Untersuchungsmaxime zustandegekommen ist, darf das B<strong>und</strong>esgericht den<br />
Sachverhalt überprüfen. Ein offensichtliches Versehen muss von Amtes wegen<br />
korrigiert werden.<br />
Beschwerdeverfahren <strong>und</strong> Zivilprozess sind streng auseinanderzuhalten. Nach<br />
SchKG 17 I schliesst die gerichtliche Klage die Beschwerde aus.<br />
Bsp: Die Kollokationsklage eines Gläubigers gegen einen anderen Gläubiger gemäss SchKG 148; dagegen<br />
ist die eigene Kollokation in der Pfändungsbetreibung mit Beschwerde anzufechten. IM Konkurs dagegen ist<br />
für beide Fälle die Klage vorgeschrieben, SchKG 250.<br />
Das B<strong>und</strong>esgericht überprüft im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren die<br />
richtige Anwendung des B<strong>und</strong>esrechts – aber ohne das Verfassungsrecht; gg.<br />
Verletzung der Verfassung ist die staBe ausdrücklich vorbehalten, OG 81 i.V.m. OG<br />
43 I. Die Staatsrechtliche Beschwerde ist somit zur betreibungsrechtlichen<br />
Beschwerde gr<strong>und</strong>sätzlich subsidiär, hinsichtlich Verfassungsverletzungen hingegen<br />
primär:<br />
Willkürliche Anwendung von SchKG-Normen: betr Beschwerde, weil zugleich zur Verfassungsverletzung eine<br />
qualifizierte Verletzung von gewöhnlichem B<strong>und</strong>esrecht vorliegt.<br />
Willkürliche Ermessensbetätigung = Verletzung von B<strong>und</strong>esrecht i.S.v. SchKG 19<br />
Sachverhaltsermittlung infolge willkürlicher Anwendung von b<strong>und</strong>esrechtlichen Verfahrens- <strong>und</strong><br />
Beweisvorschriften, bspw. SchKG 20 a => betr. Beschwerde.<br />
Gegen willkürliche Anwendung von kt. Recht immer nur staBe, ebenso bei Verletzung des rechtlichen Gehörs<br />
[ausser wenn SchKG Anhörung ausdrücklich oder stillschweigend vorschreibt[.
§ 7 Der Betreibungsgegenstand<br />
7.1. Geldzahlung<br />
7.2. Ansprüche auf Sicherheitsleistung<br />
7.3. Sondernormen<br />
Gegenstand einer Betreibung bilden alle Ansprüche auf Geld; seien es solche auf<br />
Zahlung oder auch bloss solche auf Sicherheitsleistung in Geld.<br />
Es sind nur Forderungen auf Zahlung in Schweizer Währung zu verstehen. Auf<br />
ausländische Währung lautende Forderungen können mittels Betreibung nur geltend<br />
gemacht werden, wenn sie umgerechnet werden, SchKG 67 I Ziff. 3. Im Konkurs<br />
werden Forderungen, die nicht auf Geldzahlung lauten; in Geldforderungen von<br />
entsprechendem Wert umgerechnet, SchKG 211 I.<br />
Sie bietet dem Gläubiger, der Anspruch darauf hat, dass ihm die Erfüllung einer<br />
Verpflichtung seines Schuldners sichergestellt werde, die Möglichkeit, diesen<br />
Anspruch auf dem Wege der Schuldbetreibung zwangsweise durchzusetzen. Ein<br />
solcher Anspruch kann gesetzlich begründet sein, auf einem richterlichen Entscheid<br />
oder auf einem Vertrag beruhen. [ZGB 203 II, 235 II, 281, 585 II, 760, 809, OR 152 II, 175 III, 506]<br />
Ziel ist dabei immer die Sicherheitsleistung durch Leistung der beanspruchten<br />
Sicherheit in Geld. Das beim Betreibungsamt sicherheitshalber erlegte Geld oder der<br />
Erlös aus den verwerteten Gegenständen werden bei der kt. Depositenanstalt als<br />
Sicherheit für die geschuldete Geldzahlung hinterlegt, SchKG 9.<br />
Bei der Sicherheitsleistung kommt immer nur die Betreibung auf Pfändung in Frage,<br />
selbst bei einem konkursfähigen Schuldner, SchKG 43. Durch Bezahlung an das<br />
Betreibungsamt erlischt die Betreibung, SchKG 12 II, bringt der Schuldner andere<br />
Sicherheiten (Wertpapiere usw.) erlischt die Betreibung erst, wenn der Gläubiger die<br />
Sicherheit annimmt <strong>und</strong> die Betreibung zurücknimmt. Ansonsten ist der Schuldner<br />
auf SchKG 85 verwiesen.<br />
Vollstreckung gegen Kantone, Bezirke <strong>und</strong> Gemeinden, SchKG 30<br />
Zulässig ist nur die Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung, die Aufsichtsbehörde<br />
kann die Betreibung jederzeit einstweilen einstellen. Steuerforderungen sind<br />
als Verwaltungsvermögen unpfändbar. Es gibt keine Verlustscheine, nur Ausfallsscheine.<br />
Das zahlungsunfähige Gemeinwesen wird der Zwangsverwaltung (Beirat)<br />
unterstellt, während dessen Dauer es Betreibungsstillstand geniesst.<br />
Kantonalbank <strong>und</strong> kt. Gebäudeversicherungen fallen nicht darunter; keine<br />
Körperschaften !!<br />
Es ist somit Sache des Kantons, für die Zwangsvollstreckung gegen den Kanton<br />
Vorschriften aufzustellen. Fehlen diese, kommt dennoch das SchKG zur Anwendung.<br />
Der B<strong>und</strong> <strong>und</strong> seine öffentlichrechtlichen Anstalten unterliegen ebenfalls dem SchKG<br />
– aber nur der Spezialexekution ins Finanzvermögen.<br />
Eisenbahnen, Schiffahrtsunternehmungen<br />
BG über Verpfändung <strong>und</strong> Zwangsliquidation von Eisenbahnen u. Schiffen<br />
Auf strafrechtlicher oder fiskalischer Gr<strong>und</strong>lage mit Beschlag belegter Gegenstände<br />
SchKG 44: Vorbehalt eidg. oder kt. Normen<br />
Forderungen der Pfandleihanstalten, SchKG 45<br />
Nach vorgängiger öffentlicher Aufforderung zur Einlösung kann die Pfandleihanstalt<br />
das Versatzpfand ohne vorgängige Betreibung verkaufen.<br />
Völkerrechtliche Beschränkungen, SchKG 30a<br />
Ob ein fremder Staat sich gegenüber der zivilen Gerichtsbarkeit <strong>und</strong> Vollstreckung<br />
auf Immunität berufen kann, hängt davon ab, ob der die eingegangene<br />
Verbindlichkeit aufgr<strong>und</strong> eines Aktes iure imperii (hoheitlich) oder iure gestionis<br />
(privatrechtlich) begründet hat. Entscheidend ist die Natur des Aktes, nicht sein<br />
Zweck.
§ 8 Die Betreibungsparteien<br />
8.1. Allgemeines<br />
8.2. Parteifähigkeit<br />
8.3. Betreibungsfähigkeit<br />
8.4. Der Gläubiger bzw. der Betreibende<br />
8.5. Der Schuldner bzw. der Betriebene<br />
Wenn das Gesetz von Gläubiger <strong>und</strong> Schuldner spricht, so versteht es darunter auch<br />
die Personen, die bloss behaupten, Gläubiger zu sein, sowie diejenigen, die von<br />
diesem als Schuldner bezeichnet werden. Gläubiger ist somit der Betreibende,<br />
Schuldner der Betriebene.<br />
Die Parteifähigkeit entspricht der Rechtsfähigkeit; die sich nach dem ZGB/OR<br />
bestimmt. Obwohl nicht rechtsfähig ist ausnahmsweise betreibungsrechtlich dennoch<br />
parteifähig:<br />
• Die unverteilte Erbschaft für die Betreibung gemäss SchKG 49/59<br />
• Die Konkursmasse SchKG 240 oder die Nachlassmasse beim<br />
Liquidationsvergleich, SchKG 319 IV.<br />
• Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer, ZGB 712 l II<br />
• Die Kollektiv- <strong>und</strong> Kommanditgesellschaft, OR 562 <strong>und</strong> 602.<br />
Die Betreibungsfähigkeit besitzt, wer als Gläubiger oder Schuldner befugt ist, seine<br />
Interessen in einer Betreibung selbständig wahrzunehmen oder durch einen frei<br />
gewählten Vertreter wahrnehmen zu lassen. Voraussetzung dazu ist die<br />
Handlungsfähigkeit.<br />
Partei- <strong>und</strong> Betreibungsfähigkeit sind von Amtes wegen zu beachten. Sie werden<br />
aber vermutet, BGE 105 III 111.<br />
Jede voll handlungsfähige natürliche Person kann einen Geldanspruch mittels<br />
Betreibung persönlich <strong>und</strong> selbständig geltend machen. Juristische Personen sowie<br />
Kollektiv- <strong>und</strong> Kommanditgesellschaft handeln durch ihre Organe bzw. Vertreter.<br />
Für natürliche Personen, die handlungsunfähig sind, muss ihr gesetzlicher Vertreter<br />
handeln, die handlungsunfähige Person bleibt aber Partei.<br />
In Spezialfällen können aber auch Handlungsunfähige als Gläubiger selbständig<br />
betreiben:<br />
• Bevorm<strong>und</strong>ete Personen, die wenigstens beschränkt handlungsfähig sind;<br />
d.h. urteilsfähig <strong>und</strong> zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen<br />
Gewerbes ermächtigt sind: für alle daraus sich ergebenden Rechte.<br />
• Minderjährige hinsichtlich ihres selbst verwalteten freien Kindesvermögens<br />
i.S.v. ZGB 321 <strong>und</strong> 323 I.<br />
• Personen unter Mitwirkungsbeiratschaft, ZGB 395 I, sind voll<br />
betreibungsfähig.<br />
• Personen unter Verwaltungsbeiratschaft sind in Bezug auf den<br />
Vermögensertrag <strong>und</strong> ihr Arbeitseinkommen selbständig betreibungsfähig.<br />
• Eine handlungsfähige verbeiständete Person bleibt betreibungsfähig.<br />
Es ist aber auch möglich, dass jeder betreibungsfähige Schuldner sich auch nach<br />
eigener Wahl vertreten lassen kann, SchKG 27 <strong>und</strong> 67 I Ziff. 1. Selbst GoA ist<br />
zulässig, jedoch ist innert nützlicher Frist eine Genehmigung erforderlich. Der im<br />
Ausland wohnende Gläubiger sollte einen Vertreter in der CH ernennen, ansonsten<br />
ihm sämtliche Korrespondenz auf der Depositenanstalt deponiert wird.<br />
Der Schuldner kann nur allein (selbständig) betrieben werden, wenn er voll<br />
handlungsfähig ist. Die aktive <strong>und</strong> die passive Betreibungsfähigkeit decken sich somit<br />
nicht immer.<br />
Handlungsunfähiger Schuldner: Zwingend gesetzliche Vertretung, SchKG 67 I Ziff. 2, Betreibungs-<br />
urk<strong>und</strong>en werden ausschliesslich dem ges. Vertreter zugestellt,<br />
SchKG 68 c I.<br />
Urteilsfähige Minderjährige <strong>und</strong> Im Rahmen ihrer bewilligten Berufs- oder Gewerbetätigkeit passiv<br />
Entmündigte betreibungsfähig. Jedoch muss auch ihr gesetzlicher Vertreter<br />
mitbetrieben werden, SchKG 68c II. Beiden ist also ein ZB zuzustellen.<br />
Verwaltungsbeiratschaft, ZGB 395 II Der Beirat ist mitzubetreiben, wenn der Gläubiger nicht nur aus dem<br />
Arbeitserwerb <strong>und</strong> dem Vermögensertrag Befriedigung sucht, SchKG<br />
68 c III.<br />
Mitwirkungsbeiratschaft, ZGB 395 I immer passiv betreibungsfähig<br />
Verbeiständung, ZGB 392 ff. Der Beistand muss immer mitbetrieben werden, SchKG 68 d Ziff. 2;<br />
vorausgesetzt, dass die Beistandschaft veröffentlicht oder dem<br />
Betreibungsamt mitgeteilt wurde.<br />
Wo immer ein vorm<strong>und</strong>schaftliches Organ oder ein gesetzlicher Vertreter nach<br />
SchKG 68 c ff. mitzubetreiben ist, kann die Zwangsvollstreckung nur insoweit<br />
fortgesetzt werden, als alle eingegangenen Rechtsvorschläge beseitigt sind.
§ 9 Die Betreibungsarten<br />
Bereits betriebener Schuldner stirbt:<br />
• Gegen die Erbschaft kann die Betreibung fortgesetzt werden, SchKG 59 II<br />
i.V.m. 49; dieselbe Art wie gegen den Erblasser erhoben wurde.<br />
• Gegen die Erben nur, wenn es sich um eine Betreibung auf Pfandverwertung<br />
handelt oder um eine Pfändungsbetreibung, in der die Frist zur<br />
Anschlusspfändung bereits abgelaufen ist, SchKG 59 III.<br />
• Eine unverteilte Erbschaft kann in der für den Verstorbenen anwendbar<br />
gewesenen Betreibungsart selbständig betrieben werden, SchKG 49.<br />
Ohne eigentlichen Schuldner kann nur die konkursamtliche Liquidation der<br />
ausgeschlagenen oder überschuldeten Verlassenschaft durchgeführt werden, SchKG<br />
193 <strong>und</strong> ZGB 597.<br />
Neben dem Schuldner muss u.U. noch ein Dritter mitbetrieben werden, der nicht<br />
vorm<strong>und</strong>schaftliches Organ oder gesetzlicher Vertreter ist; wenn er darin eigene<br />
Rechte wahrzunehmen hat. Er kann im Gegensatz zu den gesetzlichen Vertretern<br />
aus eigenem Recht Rechtsvorschlag erheben:<br />
• Der Dritteigentümer eines Pfandes, SchKG 153 II<br />
• Der in Gütergemeinschaft mit dem Schuldner lebende Ehegatte, SchKG 68a<br />
• Der Ehegatte in der Pfandverwertung eines Gr<strong>und</strong>stücks, das als<br />
Familienwohnung dient, ZGB 169, SchKG 153 II.<br />
Generalexekution Spezialexekution<br />
Hauptart Forderungsart<br />
Konkursbetreibung Betreibung auf Pfändung<br />
Sonderart Wechselbetreibung Betreibung auf Pfandverwertung<br />
8.1. Anwendung<br />
8.1.1. Konkursbetreibung<br />
8.1.2. Betreibung auf Pfändung<br />
8.1.3. Betreibung auf Pfandverwertung<br />
8.1.4. Bestimmung der Betreibungsart<br />
Schuldner<br />
Im Grossen <strong>und</strong> Ganzen bestimmt sich nach der Art des Schuldners, ob die<br />
Betreibung auf dem Wege der ordentlichen Spezial- oder Generalexekution zu<br />
erfolgen hat, nach der Art der Forderung dagegen, welche Sonderart der Betreibung<br />
in Frage kommt.<br />
Wer in einer in SchKG 39 I abschliessend genannten Eigenschaften im HR<br />
eingetragen ist, gilt als konkursfähig <strong>und</strong> unterliegt deshalb der Konkursbetreibung.<br />
Sie unterliegen für sämtliche Schulden – nicht nur für die aus dem Geschäftsbetrieb<br />
herrührenden – der Konkursbetreibung, ausser der in SchKG 43 abschliessend<br />
genannten Schulden. [SchKG 190 aber als lex specialis !!]<br />
Für Forderungen aus einem Wechsel oder Check steht alternativ die<br />
Wechselbetreibung zur Verfügung, SchKG 40 II <strong>und</strong> 177 I.<br />
Die nicht in einer Eigenschaft gemäss SchKG 39 I im HR eingetragenen Personen<br />
unterliegen gr<strong>und</strong>sätzlich der Betreibung auf Pfändung, SchKG 42 I. Ausnahmsweise<br />
ist dennoch die Konkursbetreibung zu ergreifen;<br />
• Der Schuldner kann sie selbst verlangen, indem seine Insolvenzerklärung<br />
vom Gericht geschützt wird, SchKG 191<br />
• Bei Flucht des Schuldners bzw. wenn dieser versucht, sich seinen<br />
Verbindlichkeiten zu entziehen, SchKG 190 Ziff. 1<br />
• Wenn gegen den Schuldner die Nachlasst<strong>und</strong>ung oder der Nachlassvertrag<br />
abgelehnt oder widerrufen wurde, SchKG 190 Ziff. 3 i.V.m. 309 <strong>und</strong> 313.<br />
Pfandgesicherte Forderungen sind unabhängig von einer allfälligen Konkursfähigkeit<br />
des Schuldners durch Betreibung auf Pfandverwertung geltend zu machen, SchKG<br />
41 I, I bis . [beneficium excussionis realis, mit Beschwerde gegen ZB zu rügen].<br />
Es obliegt i.a.R. dem Betreibungsart, die im konkreten Falle durchzuführende<br />
Betreibungsart zu bestimmen, SchKG 38 III. Der Gläubiger kann nur im Falle von<br />
SchKG 41 II <strong>und</strong> 190 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 3 bestimmen, auf welche Weise er vorgehen will.<br />
Streitigkeiten über die anzuwendende Betreibungsart werden im Beschwerdeverfahren<br />
erledigt; ggf. auch von Amtes wegen, weil die Durchführung der richtigen<br />
Betreibungsart im öffentlichen Interesse liegt, SchKG 22.
§ 10 Der Betreibungsort<br />
10.1. Der ordentliche Betreibungsort<br />
10.2. Besondere Betreibungsorte<br />
Der Betreibungsort ist massgeblich für die örtliche Zuständigkeit des Amtes, welches<br />
die Betreibung durchzuführen hat. Der Gr<strong>und</strong>satz der Einheit des Betreibungsortes<br />
stellt die Einheit der Betreibung <strong>und</strong> somit auch die gleichmässige Behandlung aller<br />
Gläubiger sicher – der gesetzliche Betreibungsort ist daher zwingend. [Ausser für<br />
den ausl. Schuldner sein Spezialdomizil nach SchKG 50 II].<br />
Die Einheit des Betreibungsortes wird durchbrochen, wenn an mehreren Orten<br />
Betreibungsstände bestehen; des kann gleichzeitig an mehreren Orten Betreibung<br />
gegen denselben Schuldner erhoben werden.<br />
Auch die Einheit des Konkurses, wonach der Konkurs stets dort als eröffnet gilt, wo<br />
er zuerst erkannt wurde, kann durchbrochen werden, wenn ein Schuldner mit Domizil<br />
im Ausland mehrere eingetragene Zweigniederlassungen hat, OR 935 II, SchKG 50 I.<br />
Ein Betreibungsort begründet nicht automatisch einen Konkursort<br />
Konkursort am ordentlichen Betreibungsort, SchKG 46<br />
Am Aufenthaltsort, SchKG 48<br />
Bei flüchtigem Schuldner an dessen letztem Wohnsitz, SchKG 54, 190<br />
Bei einer Geschäftsniederlassung eines ausl. Domizilierten Schuldners am Ort<br />
derselben, SchKG 50 I<br />
Über eine Erbschaft eines konkursfähigen Erblassers an dessen Konkursort,<br />
SchKG 49, 59 II<br />
Am Ort des Vermögens im Falle eines sog. Hilfskonkurses nach IPRG 166 ff.<br />
Der ordentliche Betreibungsort ist der schweizerische Wohnsitz des Schuldners,<br />
SchKG 46 I oder sein Sitz. Er gilt allgemein, sofern nicht ein besonderer Betreibungsort<br />
in Betracht kommt; der Wohnsitz bzw. Sitz wird durch das Zivilrecht bestimmt.<br />
Für eine handlungsfähige natürliche Person ist daher der Ort, wo sie sich mit der<br />
Absicht dauernden Verbleibens aufhält, massgebend, der Mittelpunkt ihrer<br />
persönlichen Lebensbeziehungen, ZGB 23 I. Nicht anwendbar ist ZGB 24, an seiner<br />
Stelle gilt SchKG 48 [Aufenthaltsort].<br />
Der Schuldner, der im Ausland wohnt, hat in der Schweiz keinen ordentlichen<br />
Betreibungsort, er kann hier nur an einem besonderen Betreibungsort, SchKG 50 –<br />
54, betrieben werden.<br />
Handlungsunfähige Personen werden betrieben am Wohnsitz der Eltern subsidiär am<br />
Aufenthaltsort des Kindes, ZGB 25 I [für unmündige Kinder unter elterlicher Sorge];<br />
für bevorm<strong>und</strong>ete Personen am Sitz der Vorm<strong>und</strong>schaftsbehörde, ZGB 25 II.<br />
Juristische Personen <strong>und</strong> betreibungsfähige Personengesellschaften werden am Sitz<br />
oder am Ort ihrer Verwaltung oder Geschäftsführung ordentlich betrieben. Hauptsitz<br />
nach HR oder Ort der tatsächlichen Geschäftsführung. Eine in der Schweiz<br />
domizilierte Gesellschaft kann nie am Sitz ihrer Zweigniederlassung betrieben<br />
werden. Nichteingetragene juristische Personen werden am Ort ihrer tatsächlichen<br />
Verwaltung betrieben, SchKG 46 II, ZGB 52 II.<br />
Öffentlichrechtliche juristische Personen haben ihren Betreibungsort an dem durch<br />
das Gesetz bestimmten Verwaltungssitz, ZGB 6 I <strong>und</strong> 59 I.<br />
Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer am Ort der gelegenen Sache.<br />
Schweizerischer Aufenthaltsort, SchKG 48<br />
Für Schuldner, die weder in der Schweiz noch im Ausland einen festen Wohnsitz<br />
haben. Immerhin muss es sich um einen Aufenthalt i.S.v. ZGB 24 II handeln, bloss<br />
zufällige Anwesenheit an einem Ort genügt nicht.<br />
Geschäftsniederlassung, SchKG 50 I<br />
Nur der Schuldner mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland kann am Ort seiner schweizerischen<br />
Geschäftsniederlassung betrieben werden, allerdings nur für Forderungen, die<br />
gegenüber dieser Niederlassung bestehen; die Niederlassung braucht nicht im HR<br />
eingetragen zu sein. [für schweizerische Schuldner infolge der Einheit des<br />
Betreibungsortes <strong>und</strong>enkbar].<br />
Spezialdomizil (Wahl- oder Rechtsdomizil], SchKG 50 II<br />
Schuldner die im Ausland wohnen können für Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung<br />
sie in der Schweiz ein Spezialdomizil gewählt haben, an diesem Ort betrieben<br />
werden, SchKG 50 II. Ob dieser Betreibungsort tatsächlich begründet wurde, ist nach<br />
dem ausdrücklichen oder sich aus den Umständen ergebenden Parteiwillen zu<br />
beurteilen. Das gewählte Spezialdomizil braucht nicht mit dem Erfüllungsort<br />
übereinzustimmen.<br />
Auf Wechsel bezeichneter Zahlungsort = Spezialdomizil<br />
Gerichtsstandsvereinbarung begründet für ausl. Schuldner nicht ohne weiteres einen beso Betreibungsort.
10.3. Rechtliche Bedeutung des Betreibungsortes<br />
§ 11 Zeitbestimmungen im SchKG<br />
11.1. Fristen<br />
Arrestort, SchKG 52<br />
Forderungen, für die ein Arrest gelegt ist, können auch dort eingetrieben werden, wo<br />
sich der Arrestgegenstand befindet, SchKG 52. Es kann dort allerdings nur das unter<br />
Arrest gelegte Vermögen des Schuldners gepfändet <strong>und</strong> verwertet werden.<br />
Standort der Pfandsache, SchKG 51<br />
Für pfandgesicherte Forderungen ist die Betreibung am Ort der gelegenen Sache<br />
vorgesehen. Wählt der Gläubiger indessen für Zinsen <strong>und</strong> Annuitäten die<br />
gewöhnliche Betreibung, schont er also einstweilen sein Gr<strong>und</strong>pfand, ist am<br />
zutreffenden Betreibungsort nach SchKG 46 – 50 vorzugehen.<br />
Haftet ein Faustpfand, kann der Gläubiger wahlweise am Ort, wo sich das Pfand<br />
befindet oder am zutreffenden Betreibungsort nach SchKG 46 – 50 vorgehen.<br />
Verpfändete Forderungen <strong>und</strong> andere obligatorische Ansprüche, die nicht in einem<br />
Wertpapier verkörpert sind, gelten vollstreckungsrechtlich als am Wohnsitz des<br />
Pfandgläubigers gelegen, ein verpfändetes Wertpapierdepot liegt bei der Bank, die<br />
das Bankkonto führt, wo auch immer sich die einzelnen Papiere befinden, BGE 105<br />
III 117.<br />
Sind Pfandsachen an mehreren Orten verstreut, so ist derjenige Ort als<br />
Betreibungsort massgebend, wo der wertvollste Teil der Pfandgegenstände liegt.<br />
Betreibungsort der Erbschaft, SchKG 49<br />
Eine unverteilte Erbschaft kann für ihr Vermögen am Betreibungsort des Erblassers<br />
betrieben werden. Für Erbschaftsschulden kann infolge der Universalsukzession <strong>und</strong><br />
der Solidarhaftung der Erben auch jeder einzelner Erbe an seinem Betreibungsort<br />
betrieben werden.<br />
Das Prinzip des gesetzmässigen Betreibungsortes gilt für die ganze Betreibung;<br />
erfolgt ein Wohnsitzwechsel, muss die Betreibung am neuen Ort fortgeführt werden.<br />
Aus praktischen Gründen gibt es jedoch in jeder Betreibungsart einen Zeitpunkt, ab<br />
dem der Betreibungsort unverrückbar wird, SchKG 53.<br />
Wurde die Betreibung hingegen an einem besonderen Betreibungsort begonnen, ist<br />
ein Wohnsitz- oder Aufenthaltswechsel des Schuldners während des Verfahrens von<br />
allem Anfang an unbeachtlich. [selbst bei Arrestprosequierung ?]<br />
Wohnsitzverlegung ins Ausland während des Frühstadiums der Betreibung hat zur Folge, dass der Schuldner<br />
in der Schweiz nicht mehr weiterbetrieben werden kann, es sei denn, er wäre flüchtig oder hätte hier noch<br />
eine Geschäftsniederlassung oder ein Spezialdomizil. Solange aber der neue ausländische Wohnsitz nicht<br />
nachgewiesen ist, kann am letzten schweizerischen Wohnsitz betrieben werden.<br />
Es obliegt den Aufsichtsbehörden, darüber zu wachen, dass die Zuständigkeitsordnung<br />
eingehalten ist. Sie schreiten von Amtes wegen ein, SchKG 22; bspw.<br />
Konkursandrohung, Pfändung oder Arrest durch ein unzuständiges Amt.<br />
Wird dadurch aber bloss das Interesse einer der Betreibungspartei verletzt, bspw. Ausfertigung ZB durch<br />
unzuständiges Amt, Ausstellen leerer Pfändungsurk<strong>und</strong>e als Verlustschein durch unzuständiges Amt,<br />
Betreibung eines im Ausland wohnenden Schuldners am schweizerischen Aufenthaltsort: nur auf Beschwerde<br />
hin.<br />
Fristen betreffen entweder das Betreibungsverfahren oder das materielle Recht.<br />
Verfahrensrechtliche Fristen<br />
Ordnungsfristen sind Fristen, die das Gesetz den Vollstreckungsorganen zur<br />
Vornahme der ihnen obliegenden Amtshandlungen setzt. Binnen dieser Frist soll<br />
gehandelt werden, ansonsten der Betroffene sich wegen Rechtsverzögerung<br />
beschweren kann. Nach Ablauf der Frist vorgenommene Amtshandlungen sind aber<br />
trotzdem gültig.<br />
Qualifizierende oder Zustandsfristen<br />
Bestimmte Fristen haben insofern eine qualifizierende Bedeutung, als während ihrer<br />
Dauer einer Partei, einem Vermögenssubjekt oder einer Forderung eine bestimmte<br />
betreibungsrechtliche Eigenschaft zukommt oder ein bestimmter betreibungsrechtlich<br />
relevanter Zustand herrscht.<br />
Rechtsstillstand, St<strong>und</strong>ung, SchKG 40, 94, 286, 111 II<br />
Sie sind weder verlängerbar noch können sie nach SchKG 33 IV wiederhergestellt werden.<br />
Bedenkfristen<br />
Gewisse Fristen geben dem Schuldner Zeit, allenfalls doch noch einzulenken. Vor<br />
ihrem Ablauf darf nicht weiter gegen ihn vorgegangen werden.<br />
Zahlungsfristen: SchKG 69 II, 88 I, 152 I; Frist bevor Verwertungsbegehren eingereicht werden kann, SchKG<br />
116 I, 154 I, oder das Konkursbegehren, SchKG 160 I, 166 I, Frist bevor ein Gr<strong>und</strong>stück verwertet werden<br />
kann, SchKG 133 I. Auch diese Fristen sind i.a.R. nicht abänderbar; Ausnahme: SchKG 133 II.
11.2. Fristberechnung<br />
11.3. Vereinbarungen<br />
11.4. Wiederherstellung<br />
Verwirkungsfristen<br />
Es handelt sich um Fristen, welche das Gesetz den Parteien oder Dritten zur<br />
Vornahme bestimmter Handlungen – i.a.R. Eingaben – setzt. Sie müssen von den<br />
Personen, gegen die sie laufen, eingehalten werden, ansonst ihnen Rechtsnachteile<br />
erwachsen. Handlungen, die erst nach Ablauf der Frist erfolgen, sind gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
wirkungslos. Der Rechtsverlust wirkt nur für die hängige Betreibung. Ist eine solche<br />
Frist verwirkt, stellt sich die Frage nach ihrer Wiederherstellbarkeit, SchKG 33 IV.<br />
Frist für den Rechtsvorschlag SchKG 69 II Ziff. 3 <strong>und</strong> 4, SchKG 179<br />
Frist für das Fortsetzungsbegehren SchKG 88 II<br />
Frist für das Verwertungsbegehren SchKG 116 <strong>und</strong> 154<br />
Frist für das Konkursbegehren SchKG 166 II <strong>und</strong> 188 II<br />
Rechtsmittelfristen<br />
Beschwerdefrist SchKG 17 ff.<br />
Frist zur Weiterziehung des Entscheides des Konkursgerichtes<br />
Frist zur Weiterziehung des Entscheides über den Rechtsvorschlag in der Wechselbetreibung<br />
Einsprache <strong>und</strong> Weiterziehungsfrist beim Arrest<br />
Bestreitungs- <strong>und</strong> Klagefristen des SchKG<br />
Aberkennungsklage SchKG 83 II <strong>und</strong> III<br />
Bestreitung oder Geltendmachung eines Drittanspruchs<br />
Bestreitung oder Geltendmachung einer privilegierten Anschlusspfändung<br />
Kollokationsklage<br />
Aussonderungsklage<br />
Feststellung oder Bestreitung neuen Vermögens<br />
Arrestproesquierung<br />
Anfechtung gewisser Handlungen des Schuldners, SchKG 292<br />
Keine peremptorische Wirkung erfolgt bei der verspäteten Konkurseingabe, SchKG 232 II Ziff. 2. Nur hat dort<br />
der Gläubiger sämtliche verursachten Kosten zu tragen.<br />
Materiellrechtliche Fristen<br />
Es bestehen auch eigene materiellrechtliche Fristen; Verjährungs- <strong>und</strong><br />
Verwirkungsfristen.<br />
Verjährung<br />
Vom Untergang des Klagerechts infolge Ablaufs einer gesetzlichen Verjährungsfrist<br />
ist abgesehen von der Betreibungsforderung selbst auch der Schadenersatzanspruch<br />
aus SchKG 6 betroffen, die Schadenersatzforderung gegen den Arrestgläubiger,<br />
SchKG 273 sowie die Forderung aus einem Pfändungs- oder Konkursverlustschein,<br />
SchKG 149a I, 265 II. Die Verjährung lässt immerhin noch eine<br />
Einrede bestehen. Bestimmungen des OR sind anwendbar, OR 63 II, 120 III, 127 ff.<br />
Verwirkung<br />
Eine materiellrechtliche Verwirkungsfrist besteht für den betreibungsrechtlichen<br />
Rückforderungsanspruch, SchKG 86 <strong>und</strong> 187. Ihr Ablauf hat einen vollständigen<br />
Rechtsverlust zur Folge <strong>und</strong> wird von Amtes wegen berücksichtigt; er zerstört die<br />
Klage <strong>und</strong> die Einrede.<br />
Fristen werden entweder durch das Gesetz oder durch Verfügungen der<br />
Vollstreckungsorgane angesetzt.<br />
Die Berechnung der Fristen lehnt sich an die Regelung im OR, OR 77, an, vgl.<br />
SchKG 31 I, 31 II, 31 III.<br />
Die Frist läuft um Mitternacht des letzten Tages aus. Sie wird durch rechtzeitige<br />
Aufgabe der Sendung bei der Post gewahrt bzw. durch Übergabe an eine<br />
diplomatische oder konsularische Vertretung der Schweiz, SchKG 32 I. Einreichung<br />
bei einer unzuständigen Behörde schadet nicht, SchKG 32 II.<br />
Fristenwahrung nach SchKG 32 [„nach diesem Gesetz“] sind nicht übertragbar auf<br />
Eingaben gemäss OG (Berufung, NiBe, staBe); hingegen muss die<br />
betreibungsrechtliche Beschwerde als SchKG-Sache betrachtet werden.<br />
Am falschen Ort eingereichte Klagen werden nicht von Amtes wegen weitergeleitet;<br />
es wird eine Frist von gleicher Dauer zwecks Neueinreichung gewährt.<br />
Verfahrensrechtliche Fristen sind gr<strong>und</strong>sätzlich zwingend. Eine Partei kann aber<br />
darauf verzichten, die Nichteinhaltung einer ausschliesslich zu ihren Gunsten<br />
laufenden Frist geltend zu machen, SchKG 33 III.<br />
Fristerstreckungen durch Vollstreckungsorgane <strong>und</strong> Gerichte sind nur in den Fällen<br />
von SchKG 33 II, 66 IV erlaubt.<br />
Die Bestimmungen über die Wiederherstellung sind nur anwendbar auf „Eingaben<br />
nach diesem Gesetze“. Auch die Wiederherstellung kann – wie die Fristverlängerung<br />
– aus Gründen der öffentlichen Ordnung nur für kurze Eingabefristen in Frage<br />
kommen. Nicht wiederherstellbar: Rahmenfristen nach SchKG 88 II, 116, 154, 166, 188.<br />
Der Entscheid über die Wiederherstellung ist ein Ermessensentscheid.
11.5. Schonzeiten<br />
1. Schonzeit<br />
Geschlossene Zeiten, SchKG 56 Ziff. 1<br />
2000 – 0700 morgens<br />
Sonntage <strong>und</strong> staatlich anerkannte Feiertage (auch Samstag, SR 173.110.3)<br />
Sie gilt für alle Schuldner.<br />
2. Schonzeit<br />
Betreibungsferien, SchKG 56 Ziff. 2<br />
7 Tage vor <strong>und</strong> nach Ostern <strong>und</strong> Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31 Juli<br />
Sie gilt für alle Schuldner. Nur in der Wechselbetreibung, SchKG 56 Ziff. 2, sowie im<br />
Konkursverfahren nach der Konkurseröffnung gibt es keine Betreibungsferien.<br />
3. Schonzeit<br />
Rechtsstillstand, SchKG 56 Ziff. 3<br />
Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 294<br />
Notst<strong>und</strong>ung, SchKG 334 <strong>und</strong> 337<br />
11.5.1. Allgemeine Wirkungen der Schonzeiten<br />
11.5.2. Insbesondere Rechtsstillstand<br />
Der Rechtsstillstand schon i.a.R. nur einen einzelnen, sich in einer besonderen Lage<br />
befindlichen Schuldner, SchKG 57 – 61. Bei Vorliegen ausserordentlicher<br />
Verhältnisse kann er aber generell verhängt werden, bspw. Unwetter in Brig 1993.<br />
Während der Dauer der Schonzeit darf keine Betreibungshandlung vorgenommen<br />
werden. In jener Zeit vorgenommene Betreibungshandlungen sind aber nicht etwa<br />
nichtig, sondern entfalten ihre Wirkungen einfach erst nach Ablauf der Schonzeit.<br />
Laufende Fristen laufen ungehemmt weiter, SchKG 63 Satz 1, nur wird ihr Ablaufen<br />
hinausgeschoben, wenn es in diese Zeit fällt. Die Frist wird bis zum dritten Werktag<br />
verlängert, SchKG 63 Satz 2 <strong>und</strong> 3. Die Fristerstreckung kann nur für Eingabefristen<br />
Bedeutung haben.<br />
Diese 3 vollen Werktage werden auch zugestanden, wenn die Frist unmittelbar nach dem Ende der Schonzeit<br />
abläuft, bspw. am ersten darauf folgenden Werktag, BGE 115 III 14.<br />
Eine Betreibungshandlung charakterisiert sich dadurch, dass sie eine<br />
Amtshandlung ist, d.h. eine von einem Vollstreckungsorgan ausgehende Handlung;<br />
die eine eigentliche Vollstreckungsmassnahme darstellt: Eine Handlung, die auf<br />
Befriedigung des Gläubigers aus dem Vermögen des Schuldners hinzielt <strong>und</strong> somit<br />
geeignet ist, den Gläubiger durch Einleitung oder Fortsetzung der Betreibung diesem<br />
Ziele näher zu bringen. [BGE 121 III 91].<br />
Bejaht: Zustellung ZB, Rechtsöffnung, Pfändungsankündigung, provisorische Pfändung, Fristansetzung im<br />
Widerspruchsverfahren oder nach einer privilegierten Anschlusspfändung, Zustellung einer<br />
Pfändungsurk<strong>und</strong>e, Verwertung, Ausstellung eines Verlustscheins, Konkursandrohung, Konkurseröffnung.<br />
Verneint: Betreibungsbegehren, Beschwerde, interne Amtshandlungen[Ausfertigung ZB], Handlungen, die<br />
nach der Konkurseröffnung vom Konkursamt oder von der Konkursverwaltung vorgenommen werden,<br />
betreibungsrechtliche Vorkehren nach durchgeführter Verwertung.<br />
Von vornherein keine Betreibungshandlungen sind die im Einleitungssatz von SchKG<br />
56 ausdrücklich genannten Massnahmen, die bloss der einstweiligen Sicherung von<br />
Vollstreckungssubstrat dienen, was jederzeit möglich sein muss.<br />
Handlungen im Arrestverfahren [Ausser Zustellung Arresturk<strong>und</strong>e], Anordnung sichernder Massnahmen<br />
gemäss SchKG 98 ff., vorzeitige Verwertung, SchKG 124 II, Aufnahme eines Retentionsverzeichnisses,<br />
Rückschaffung entfernter Retentionsgegenstände, SchKG 284.<br />
Rechtsstillstand wird einem einzelnen Schuldner oder eine Gruppe von Schuldnern<br />
aus im Gesetz genannten Gründen gewährt:<br />
Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst des Schuldners oder seines gesetzlichen<br />
Vertreters, SchKG 57<br />
Rechtsstillstand für die ganze Dienstdauer, bei Dienst > 30 Tage sogar noch zwei<br />
Wochen darüber hinaus. Kein Rechtsstillstand für familienrechtliche<br />
Unterhaltspflichten, SchKG 57 III.<br />
Der Rechtsstillstand kann aber aufgehoben werden, SchKG 57d.<br />
Todesfall in der Familie<br />
Für einen Schuldner, der einen Todesfall in der Familie erlitten hat, besteht ab dem<br />
Todestag für 2 Wochen Rechtsstillstand, SchKG 58.<br />
Tod des Schuldners<br />
Ist der Schuldner gestorben, herrscht in der Betreibung für Erbschaftsschulden vom<br />
Todestag an Rechtsstillstand sowie darüber hinaus noch während für die den Antritt<br />
oder die Ausschlagung eingeräumte Überlegungsfrist, SchKG 59 I, ZGB 566, 580,<br />
586.
§ 12 Formvorschriften<br />
12.1. Mitteilung, SchKG 34<br />
12.2. Öffentliche Bekanntmachung, SchKG 35<br />
12.3. Formelle Zustellung, SchKG 64 – 66<br />
Haft des Schuldners<br />
Der verhaftete Schuldner geniesst einen Rechtsstillstand, damit er Zeit hat, sich zur<br />
Wahrung seiner Interessen einen vertraglichen Vertreter zu bestellen. Das<br />
Betreibungsamt setzt ihm hiezu eine Frist, SchKG 60. Dieser befristete<br />
Rechtsstillstand gilt auch für Gesellschaften, deren sämtliche Organe verhaftet sind.<br />
Der Rechtsstillstand muss bis zur Abklärung der Hilfsbedürftigkeit des Schuldners i.S.v. ZGB 371 <strong>und</strong> bis zur<br />
allfälligen Ernennung eines Vorm<strong>und</strong>es gelten, denn SchKG 68 c I ist erst von der Entmündigung an<br />
anwendbar.<br />
Krankheit des Schuldners<br />
Einem schwerkranken Schuldner kann das Betreibungsamt nach seinem Ermessen<br />
für eine bestimmte Zeit Rechtsstillstand gewähren, SchKG 61. Schonung verdient<br />
auch der Schuldner, der wegen Krankheit seine berufliche Tätigkeit einstellen musste<br />
<strong>und</strong> deshalb zahlungsunfähig geworden ist.<br />
Es muss dem Schuldner infolge seiner Krankheit unmöglich oder zumindest<br />
unzumutbar sein, sich im Betreibungsverfahren zu wehren, bspw. Rechtsvorschlag<br />
zu erheben oder Beschwerde zu führen oder zumindest einen Vertreter zu bestellen.<br />
Keine Krankheit i.S.v. SchKG 61: Schwangerschaft, Niederkunft, depressive Verstimmung infolge der<br />
finanziellen Bedrängnis. Theoretisch ja: schwer krebskranker Schuldner, schwer verletzter verunfallter<br />
Schuldner im Spitalbett. [Hunkeler, Jusletter 3. Juni 2002).<br />
Allgemeiner Notzustand (allgemeines Moratorium)<br />
Der B<strong>und</strong>esrat – oder mit dessen Zustimmung – die Kantonsregierung kann für ein<br />
bestimmtes Gebiet oder einen bestimmten Teil der Bevölkerung einen allgemeinen<br />
Rechtsstillstand beschliessen, SchKG 62 [Epidemie, Kriegszeit, Kriseneinbruch].<br />
Der amtliche Verkehr der Behörden mit dem Publikum ist für die Gerichte in der ZPO<br />
geregelt, für die <strong>Schuldbetreibungs</strong>behörden im SchKG.<br />
Durch Mitteilung werden bestimmte Tatsachen, v.a. betreibungsrechtliche<br />
Verfügungen, an die am Verfahren beteiligten Personen, sofern diese erreichbar<br />
sind, bekannt gegeben. Die Mitteilungsform ist aus Beweisgründen vorgeschrieben<br />
<strong>und</strong> hat reinen Ordnungscharakter.<br />
Nichteinhalten der Form macht die Mitteilung nicht ungültig, jedoch trifft das<br />
Vollstreckungsorgan die Beweislast dafür, dass sie ihren Adressaten erreicht hat.<br />
Wird die Form eingehalten, ist die Mitteilung ohne weiteres rechtsgültig, auch wenn<br />
der Adressat ihre Annahme verweigert.<br />
Sie kommt zum Zuge, wenn man sich entweder an ein breites Publikum wenden will<br />
(Konkurseröffnung, Gläubigerversammlung, Steigerung) oder aber als Ersatz für die<br />
ordentliche Mitteilung an unbekannte Personen, an Personen, deren Adresse<br />
unbekannt ist. [Form: Veröffentlichung im SHAB <strong>und</strong> im kt. Amtsblatt]. Die Wahl<br />
weiterer Publikationsorgane ist eine Ermessensfrage <strong>und</strong> daher nur mit Beschwerde<br />
an eine kt. Aufsichtsbehörde anfechtbar.<br />
Betreibungsurk<strong>und</strong>en müssen formell zugestellt werden. Betreibungsurk<strong>und</strong>en sind<br />
Urk<strong>und</strong>en, in denen der Schuldner aufgefordert wird, den Gläubiger zu befriedigen,<br />
wobei ihm gleichzeitig eine bestimmte Rechtsfolge angedroht wird. [Zahlungsbefehl<br />
<strong>und</strong> Konkursandrohung].<br />
Die Zustellung erfolgt mittels qualifizierter Form der Mitteilung; die<br />
Betreibungsurk<strong>und</strong>e wird offen übergeben, wobei der Vorgang der Übergabe auf<br />
dem Original <strong>und</strong> im Doppel vom zustellenden Betreibungsbeamten oder<br />
Angestellten oder Briefträger zu bescheinigen ist, SchKG 72 II. Mit der Übergabe der<br />
Urk<strong>und</strong>e ist die Zustellung vollzogen, der Schuldner kann die Zustellung nicht durch<br />
Annahmeverweigerung oder Zerreissen der Urk<strong>und</strong>e verweigern.<br />
Mit dem Eintrag in die Urk<strong>und</strong>e erhält die Urk<strong>und</strong>e erhöhte Beweiskraft i.S.v. ZGB 9.<br />
Wohnt der Schuldner am Betreibungsort:<br />
- Persönliche Übergabe in seiner Wohnung oder an seinem Arbeitsort, SchKG 64 I<br />
- Subsidiär Ersatzzustellung: an eine zum Haushalt des Schuldners gehörende<br />
erwachsene bzw. als erwachsen erscheinende Person oder an einen Angestellten,<br />
SchKG 64 I Satz 2 oder zuletzt an einen Gemeinde- oder Polizeibeamten<br />
zuhanden des Schuldners, SchKG 64 II.
12.4. Rechtsfolgen mangelhafter Zustellung<br />
Wohnt der Schuldner nicht am Betreibungsort:<br />
- Wohnt er in der Schweiz, werden die Betreibungsurk<strong>und</strong>en in erster Linie der von<br />
ihm am Betreibungsort bezeichneten Person oder in dem von ihm dort bestimmten<br />
Lokal abgegeben; mangels eines solchen Zustellungsdomizils erfolgt die<br />
Zustellung an seinem Wohnort gemäss SchKG 64.<br />
- Der im Ausland wohnende Schuldner kann eine Betreibungsurk<strong>und</strong>e nur durch<br />
Vermittlung der dort zuständigen Behörde zugestellt werden [vorbehältlich<br />
Spezialdomizil in der Schweiz]. Direkte internationale Zustellung durch die Post<br />
oder direkter internationaler Amtsverkehr der Vollstreckungsorgane ist aber nur<br />
möglich, wenn ein Staatsvertrag es gestattet oder der ausländische Staat<br />
einverstanden ist, SchKG 66.<br />
Ist eine formelle Zustellung nicht möglich, weil der Wohnort des Schuldners trotz aller<br />
dem Gläubiger <strong>und</strong> dem Betreibungsamt zumutbaren Nachforschungen unbekannt<br />
blieb, weil der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht oder weil die<br />
Zustellung ins Ausland nicht binnen angemessener Frist möglich ist, SchKG 66 IV<br />
Ziff. 1, 2 <strong>und</strong> 3, wird sie durch die öffentliche Bekanntmachung, SchKG 35, ersetzt.<br />
Im Fall von Ziff. 1 <strong>und</strong> 3 ist die Frist für den Rechtsvorschlag angemessen zu<br />
verlängern.<br />
Wird ein handlungsunfähiger Schuldner betrieben, müssen die Betreibungsurk<strong>und</strong>en<br />
seinem gesetzlichen Vertreter zugestellt werden.<br />
Betreibungsurk<strong>und</strong>en für juristische Personen oder betreibungsfähige Personengesellschaften<br />
sind ihrem – vom Gläubiger zu nennenden – Vertreter zuzustellen.<br />
In der Betreibung gegen eine unverteilte Erbschaft wird die Urk<strong>und</strong>e dem für die<br />
Erbschaft bestellten Vertreter zugestellt, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist, an<br />
einen der Erben, SchKG 65 III.<br />
Gegen die Zustellung einer Betreibungsurk<strong>und</strong>e in ungesetzlicher Form oder an<br />
einen nicht legitimierten Empfänger kann sich der Schuldner bei der<br />
Aufsichtsbehörde beschwerden <strong>und</strong> deren Aufhebung verlangen.<br />
Unterlässt er dies oder steht fest, dass er die Urk<strong>und</strong>e trotz des Zustellungsfehlers<br />
erhalten hat, ist die Zustellung wirksam <strong>und</strong> die Urk<strong>und</strong>e gültig. Im Falle der<br />
Anfechtung ist das Betreibungsamt für die angebliche Heilung des Mangels<br />
beweispflichtig.<br />
Nichtig ist eine Zustellung nur dann, wenn die Notifikation [Anzeige,<br />
Benachrichtigung] an den Schuldner sowie die Zustellungsbescheinigung fehlen oder<br />
wenn infolge sonst fehlerhafter Zustellung eine Urk<strong>und</strong>e nicht in die Hände des<br />
Betriebenen gelangt ist.<br />
§ 13 Betreibungs- <strong>und</strong> Parteikosten Es fallen Gebühren [Entgelt für die Tätigkeit der Rechtspflegeorgane], Auslagen<br />
[durch Amtshandlungen, bspw. Beweiserhebung, Post, Telefon], Parteikosten.<br />
Gebühren <strong>und</strong> Auslagen bilden die Betreibungskosten, die abschliessend in der<br />
GebV geregelt sind, SchKG 16 I. Dazu gehören aber auch die Gerichtskosten der<br />
rein betreibungsrechtlichen Summarsachen, GebV 48, denn hier sind die Gerichte<br />
als Vollstreckungsorgane tätig.<br />
Keine Betreibungskosten sind gr<strong>und</strong>sätzlich die Parteikosten; v.a. auch nicht die<br />
Gerichtskosten eines ordentlichen oder beschleunigten Zivilprozesses.<br />
Es darf nur die GebV erhoben werden, Adressat dieser Bestimmung sind sowohl<br />
staatliche als auch von den Gläubigern bezeichnete private Vollstreckungsorgane<br />
(ausseramtliche Konkursverwaltung, Gläubigerausschuss usw.).<br />
Es besteht die Möglichkeit der Beschwerde, allerdings nicht für reine<br />
Bemessensfragen [zumindest nicht Weiterzug ans B<strong>und</strong>esgericht].<br />
Der Schuldner trägt die Betreibungskosten, sofern er sich der Betreibung nicht mit<br />
Erfolg widersetzt hat. Ohne Vorschuss des Gläubigers ist das Betreibungsamt<br />
berechtigt, die gewünschte Handlung einstweilen zu unterlassen, SchKG 68 I. Jede<br />
Partei trägt ihre eigenen Parteikosten, auch die obsiegende. Die Entschädigung<br />
eines Gläubigervertreters darf nicht auf den Schuldner abgewälzt werden, SchKG 27<br />
III. Dies gilt aber nur für das Verfahren vor Betreibungs- oder Konkursamt. In<br />
betreibungsrechtlichen Summarsachen entstandene Parteikosten ist eine<br />
angemessene Parteientschädigung zuzusprechen, GebV 62 I.<br />
Das Beschwerdeverfahren vor den Aufsichtsbehörden ist hingegen völlig kostenfrei,<br />
SchKG 20a I. Im Falle böswilliger oder mutmasslicher Beschwerdeführung können<br />
jedoch einer Partei die Kosten <strong>und</strong> überdies eine Ordnungsstrafe auferlegt werden,<br />
SchKG 20a I.
§ 14 Öffentlichrechtliche Nebenfolgen der Schuldbetreibung<br />
14.1. Straffolgen<br />
Unentgeltliche Rechtspflege ist auch infolge der Rechtsgleichheit in<br />
<strong>Schuldbetreibungs</strong>sachen zu gewähren. Zuständig ist die Aufsichtsbehörde, in<br />
Gerichtsverfahren die Gerichte selber. Es ist jedoch Zurückhaltung geboten, denn<br />
einzelne Amtshandlungen sind sowieso kostenlos (SchKG 67 III, 74 III) <strong>und</strong> das<br />
Beschwerdeverfahren ebenfalls; zudem ist die GebV relativ bescheiden.<br />
<strong>Schuldbetreibungs</strong>- <strong>und</strong> Konkursdelikte, StGB 163 ff.<br />
Ungehorsamsdelikte, StGB 323 f.<br />
14.2. Administrative Folgen der fruchtlosen Pfändung <strong>und</strong> der Konkurseröffnung<br />
SchKG 26
§ 15 Einleitungsverfahren<br />
§ 16 Betreibungsbegehren<br />
§ 17 Zahlungsbefehl<br />
17.1. Wesen <strong>und</strong> Zweck<br />
Im Einleitungsverfahren soll zunächst die Vollstreckbarkeit des geltend gemachten<br />
Anspruches – u.U. sogar dessen materiellrechtlicher Bestand <strong>und</strong> Umfang –<br />
abgeklärt werden. Es bereitet die Zwangsvollstreckung i.e.S. erst vor.<br />
Der Schuldner erhält im Einleitungsverfahren Gelegenheit, zu dem vom Gläubiger<br />
auf einseitiges Begehren erwirkten Zahlungsbefehl Stellung zu nehmen.<br />
Das Einleitungsverfahren umfasst daher 4 Schritte: Betreibungsbegehren des Gläubigers<br />
Zahlungsbefehl des Gläubigers durch BA<br />
Rechtsvorschlag des Schuldners<br />
Rechtsöffnung durch den Richter<br />
Erhebt der Schuldner keinen Rechtsvorschlag oder wird dieser durch den Richter<br />
endgültig beseitigt, ist das Einleitungsverfahren abgeschlossen.<br />
Das Betreibungsbegehren ist der Anstoss, da eine Betreibung nie von Amtes wegen<br />
angehoben wird. Ein Betreibungsbegehren ist erforderlich für privatrechtliche wie<br />
auch öffentlichrechtliche Forderungen.<br />
Das Betreibungsbegehren veranlasst das BA, den Zahlungsbefehl zu erlassen <strong>und</strong><br />
ihm dem Schuldner zuzustellen, womit die Schuldbetreibung beginnt, SchKG 38 II<br />
[betreibungsrechtliche Wirkung], zudem unterbricht bereits die Absendung des<br />
Betreibungsbegehrens die Verjährung [materiellrechtliche Wirkung], OR 135 Ziff. 2.<br />
Das Betreibungsbegehren kann schriftlich oder mündlich erfolgen, SchKG 67 I.<br />
Sämtliche Angaben, die für die Ausstellung des Zahlungsbefehls erforderlich sind,<br />
müssen schon im Betreibungsbegehren enthalten sein. Sind sie unvollständig oder<br />
fehlerhaft, muss das Amt Gelegenheit zur Verbesserung geben, SchKG 32 IV.<br />
Notwendiger Inhalt:<br />
1 Als blosse interne Handlung ist sie aber auch während den Schonfristen zulässig.<br />
Name <strong>und</strong> Wohnort des Gläubigers sowie ggf. seines gesetzlichen oder vertraglichen<br />
Vertreters, bei mehreren Gläubigern einzeln aufgeführt. [Wird bei unklaren, zweideutigen<br />
Ausdrücken die Gelegenheit der Verbesserung nicht genutzt, ist das<br />
Betreibungsbegehren ungültig, eine Betreibung nichtig.]<br />
Name <strong>und</strong> Wohnort des Schuldners sowie ggf. seines Vertreters.<br />
Forderungsbetrag in CH Währung, Umrechnung ist Sache des Gläubigers, Kurs am Tage<br />
des Betreibungsbegehrens [erneute Umrechnung: SchKG 88 IV].<br />
Zinsen<br />
Forderungsurk<strong>und</strong>e mit deren Datum bzw. Forderungsgr<strong>und</strong> [Für den Schuldner muss<br />
erkennbar sein, für welche Forderung er betrieben wird. Bei ungenügender<br />
Forderungsbezeichnung ist der ZB mit Beschwerde anfechtbar.<br />
BB für eine pfandgesicherte Forderung muss den Pfandgegenstand sowie den Namen<br />
des allfälligen Dritteigentümers enthalten, SchKG 67 II i.V.m. 151 I a.<br />
Das BA erlässt den Zahlungsbefehl nach Erhalt des Betreibungsbegehrens, SchKG<br />
69 I. Es hat nur zu prüfen, ob ein formgültiges Betreibungsbegehren vorliegt.<br />
Der Erlass des Zahlungsbefehls stellt die erste vollstreckungsrechtliche Massnahme<br />
des Betreibungsamtes dar; eine Betreibungshandlung 1 . Er bezweckt, den Schuldner<br />
herauszufordern, zum Zahlungsbegehren des Gläubigers Stellung zu nehmen.<br />
Endziel des ZB – <strong>und</strong> des Einleitungsverfahrens überhaupt – ist es, einen<br />
vollstreckbaren Titel zu schaffen.<br />
Der Zahlungsbefehl bildet die Gr<strong>und</strong>lage der Betreibung, diese beginnt mit seiner<br />
Zustellung, SchKG 38 II. Weitere Betreibungshandlungen, die ohne gültigen<br />
Zahlungsbefehl vorgenommen werden, wären nichtig <strong>und</strong> müssten deshalb von<br />
Amtes wegen aufgehoben werden, SchKG 22.<br />
Eine Vollstreckung ohne Erlass eines Zahlungsbefehles ist aber zulässig – weil der Erlass eines<br />
Zahlungsbefehls sinnlos wäre – in folgenden Fällen:<br />
• Wenn der Schuldner selbst den ersten Schritt zur Durchführung der Generalexekution unternimmt, sei es,<br />
dass er eine Insolvenzerklärung abgibt, SchKG 19, oder dass die Verwaltung einer Handelsgesellschaft<br />
den Richter wegen Überschuldung benachrichtigen muss <strong>und</strong> dieser den Konkurs eröffnet, SchKG 192,<br />
OR 725a. Der Schuldner kapituliert hier im voraus.<br />
• Ebenso bei konkursamtlicher Liquidation einer Erbschaft, SchKG 193.<br />
• Ebenso für den privilegierten Pfändungsanschluss, weil auch hier der Schuldner im Anschlussverfahren<br />
die Möglichkeit erhält, sich dem geltend gemachten Anspruch zu widersetzen, SchKG 111.<br />
• Infolge eines Pfändungsverlustscheins bzw. Pfandausfallscheins innert der entsprechenden Frist kann die<br />
Betreibung ohne neuen ZB fortgesetzt werden.<br />
• Fälle von SchKG 190.
§ 18 Rechtsvorschlag<br />
17.2. Inhalt des Zahlungsbefehls, SchKG 69 II<br />
17.3. Form des Zahlungsbefehls<br />
17.4. Zustellung<br />
17.5. Rechte des Schuldners<br />
18.1. Legitimation<br />
Nebst der Wiederholung der im Betreibungsbegehren erwähnten Tatsachen<br />
bezweckt der Zahlungsbefehl die Aufforderung an den Schuldner, binnen bestimmter<br />
Frist den Gläubiger zu befriedigen; die Information an den Schuldner, dass er sich<br />
binnen bestimmter Frist durch Rechtsvorschlag der Betreibung widersetzen kann<br />
sowie der ausdrückliche Hinweis auf die Rechtsfolge bei passivem Verhalten.<br />
Der Zahlungsbefehl ist eine Betreibungsurk<strong>und</strong>e i.e.S.; der doppelt ausgestellt wird.<br />
Bei abweichendem Inhalt ist der für den Schuldner bestimmte ZB massgebend.<br />
Zusätzliche ZB erfolgen für gleichzeitig betriebene Mitschuldner, SchKG 70 II, den in<br />
Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten, SchKG 68a, in der Betreibung auf Pfandverwertung<br />
dem Dritteigentümer des Pfandes sowie ggf. dem Ehegatten, SchKG 153<br />
II, in der Betreibung gegen Schuldner unter elterlicher Gewalt, Vorm<strong>und</strong>schaft usw.<br />
auch ihrem gesetzlichen Vertreter, SchKG 68c ff.<br />
Weil durch den ZB die Betreibung eröffnet wird, muss er formell zugestellt werden.<br />
Die Zustellung soll innert angemessen kurzer Frist nach Eingang des<br />
Betreibungsbegehrens erfolgen. Liegen gegen einen Schuldner mehrere<br />
Betreibungsbegehren vor, muss das Amt sämtliche ZB gleichzeitig zustellen, damit<br />
niemand begünstigt oder benachteiligt wird, SchKG 71 II <strong>und</strong> III.<br />
Dem Gläubiger wird der ZB in der Form der Mitteilung, SchKG 34, zugestellt; was<br />
aber erst geschieht, nachdem der Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hat bzw. nach<br />
Ablauf der Bestreitungsfrist.<br />
• Er kann verlangen, dass das Betreibungsamt den Gläubiger auffordere, die<br />
Beweismittel für die Forderung innerhalb der Bestreitungsfrist beim Amt zur<br />
Einsicht aufzulegen, SchKG 73.<br />
• Der Schuldner kann Rechtsvorschlag erheben, SchKG 74 f.<br />
• Der Schuldner hat das Recht, die Zustellung des ZB mit Beschwerde<br />
anzufechten, sofern betreibungsrechtliche Vorschriften verletzt wurden.<br />
Wegen eines Zustellungsfehlers alleine ist der ZB aber nicht aufzuheben, wenn feststeht, dass der<br />
Schuldner ihn trotzdem persönlich erhalten hat.<br />
Mit dem Rechtsvorschlag bringt der Schuldner die Betreibung zum Stillstand, SchKG<br />
78, was absolut notwendig sein muss, da der Zahlungsbefehl alleine auf den<br />
Behauptungen des Gläubigers im Betreibungsbegehren beruht.<br />
Gegenstand der vom Schuldner geforderten richterlichen Überprüfung ist immer der<br />
Bestand, der Umfang, die Erzwingbarkeit oder die betreibungsrechtliche Vollstreckbarkeit<br />
der geltend gemachten Forderung.<br />
Recht vorzuschlagen ist berechtigt, wer von der Betreibung selbst betroffen ist <strong>und</strong><br />
deshalb an ihrem Stillstand ein eigenes Interesse hat:<br />
• Alle Personen, denen als Schuldner, Mitschuldner oder Mitbetriebene ein ZB zugestellt wurde<br />
• Gesetzliche <strong>und</strong> vertragliche Vertreter derselben<br />
• Jeder einzelne Erbe in einer Betreibung gegen eine Erbschaft<br />
• Auch ein GoA, die Handlung hat aber innert nützlicher Frist genehmigt zu werden<br />
• Über ein streitiges Vertretungsverhältnis kann – da es sich um eine betreibungsrechtliche Frage<br />
handelt, die Aufsichtsbehörde auf Beschwerde hin entscheiden.<br />
18.2. Gründe für einen Rechtsvorschlag, SchKG 69 II Ziff. 3<br />
Materiellrechtliche Gründe<br />
Der Schuldner bestreitet den Bestand, die Fälligkeit oder die Höhe der in Betreibung<br />
gesetzten Forderung. Sein Rechtsvorschlag ist gegen die Forderung selbst gerichtet.<br />
Vollstreckungsrechtliche Gründe<br />
Der Schuldner bestreitet bloss die Vollstreckbarkeit der Forderung auf dem Wege der<br />
Schuldbetreibung, bspw.<br />
Sei die sachliche Zulässigkeit der Betreibung überhaupt nicht gegeben, weil es am Betreibungsgegenstand<br />
fehle, so an einer Geldsortenschuld<br />
Dass im konkreten Falle der Betreibungsweg nicht zulässig sei, bspw. wenn der Schuldner noch nicht zu<br />
neuem Vermögen gekommen ist, SchKG 265/265a.<br />
Abgrenzung Rechtsvorschlag / Beschwerde als Rechtsbehelf:<br />
Anlass zum Rechtsvorschlag bietet immer eine Tatsache, welche den Schuldner berechtigt, sich aus<br />
materiellrechtlichem oder vollstreckungsrechtlichem Gr<strong>und</strong>e der Geltendmachung des Anspruchs an sich zu<br />
widersetzen.<br />
Rein formelle Mängel der Betreibung – Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen, Verletzungen betreibungsrechtlicher<br />
Verfahrensvorschriften usw. – sind dagegen mit Beschwerde zu rügen.<br />
Liegt auch ein Bestreitungsgr<strong>und</strong> i.S.v. SchKG 69 II Ziff. 3 vor, ist zugleich auch Rechtsvorschlag zu erheben,<br />
falls die Beschwerde abgewiesen werden sollte.
18.3. Form <strong>und</strong> Frist für den Rechtsvorschlag<br />
18.4. Inhalt des Rechtsvorschlages<br />
18.5. Der nachträgliche Rechtsvorschlag<br />
2 Gilt auch hier Weiterleitung i.S.v. SchKG 32 II ? Dem Wortlaut nach ja!<br />
Der Rechtsvorschlag kann durch mündliche oder schriftliche Bestreitungserklärung<br />
beim zuständigen 2 Betreibungsamt erfolgen. Mündlich kann der Rechtsvorschlag<br />
unmittelbar bei der Zustellung erfolgen [Protokollierung durch den Boten],<br />
anschliessend auf dem Betreibungsamt [Protokoll], schlussendlich auch telefonisch /<br />
per Fax, sofern kein Zweifel über die Identität vorliegt, anderenfalls darf der<br />
Rechtsvorschlag abgelehnt werden <strong>und</strong> verlangt werden, dass er mündlich auf dem<br />
Amt oder schriftlich erhoben wird.<br />
Der Rechtsvorschlag muss binnen 5 oder 10 Tagen erhoben werden, SchKG 69 II<br />
Ziff. 3, 74 I, 179 I. Sie läuft immer erst vom Augenblick an, da der Schuldner vom<br />
Zahlungsbefehl Kenntnis erhält.<br />
Normalerweise genügt als Rechtsvorschlag jede Erklärung, aus welcher der<br />
Bestreitungswille des Schuldners eindeutig hervorgeht: „Rechtsvorschlag“, „zahle<br />
nicht“, „weise Betreibung zurück“, „habe mit der Sache nichts zu tun“.<br />
Dadurch bek<strong>und</strong>et der Betriebene ohne jede Einschränkung seinen Willen, die<br />
Betreibung schlechtweg zu verhindern.<br />
Nicht als Rechtsvorschlag anerkannt wurde:<br />
„Anerkenne die Forderung nicht, werde Rechtsvorschlag erheben“, „Zerreissen des ZB; wegen Einfachheit ist<br />
dem Schuldner eine ausdrückliche Erklärung zumutbar.“<br />
Eine allfällige Begründung des Rechtsvorschlages hat keine Einschränkung der<br />
Einreden in einem späteren Prozess zur Folge.<br />
Ausnahme:<br />
Das Gesetz sieht Fälle vor, wo die Wirkung des Rechtsvorschlages erst eintritt, wenn der Rechtsvorschlag<br />
vom Richter bewilligt worden ist, SchKG 75 II <strong>und</strong> III:<br />
• In der Betreibung auf Gr<strong>und</strong> eines Konkursverlustscheines ist die Einrede mangelnden neuen<br />
Vermögens mit Rechtsvorschlag vorzubringen <strong>und</strong> zu begründen: Kein neues Vermögen.<br />
• Auch in der Wechselbetreibung ist schriftliche Begründung ausdrücklich vorgeschrieben.<br />
• Zu begründen ist zudem das Wiederherstellungsgesuch bei einem verspäteten Rechtsvorschlag,<br />
SchKG 33 IV.<br />
• Auch der nachträgliche Rechtsvorschlag muss begründet werden.<br />
Wird nur ein Teil der Forderung bestritten, muss er den bestrittenen Betrag genau<br />
angeben, anderenfalls gilt die ganze Forderung als bestritten, SchKG 74 II.<br />
Der Rechtsvorschlag ist vom Betreibungsamt nur in formeller Hinsicht zu prüfen; es<br />
herrscht jedoch der Gr<strong>und</strong>satz „in dubio pro debitore.“ Beide Parteien können gegen<br />
den Entscheid des Amtes Beschwerde führen.<br />
verspäteter Rechtsvorschlag: SchKG 33 IV<br />
nachträglicher Rechtsvorschlag: SchKG 77<br />
Der verspätete Rechtsvorschlag ist ein Anwendungsfall des Wiederherstellungsrechts,<br />
während der nachträgliche Rechtsvorschlag einem Schuldner dann<br />
gewährt wird, wenn ihm im Laufe der Betreibung neue Einreden gegen den Anspruch<br />
des Gläubigers erwachsen; Einreden, die er innert der ordentlichen Bestreitungsfrist,<br />
SchKG 74 I, noch gar nicht hat geltendmachen können.<br />
Voraussetzungen des nachträglichen Rechtsvorschlages:<br />
• Nach Ablauf der ordentlichen Bestreitungsfrist muss ein neuer Tatbestand eingetreten sein, der dem<br />
Schuldner neue Einreden gibt. Dies ist insbesondere der Fall bei Gläubigerwechsel.<br />
Bei Schuldnerwechsel muss der Gläubiger gr<strong>und</strong>sätzlich eine neue Betreibung beginnen.<br />
• In der Wechselbetreibung kommt der nachträgliche Rechtsvorschlag ebenfalls in Betracht, der<br />
verspätete Rechtsvorschlag ist dagegen mit Rücksicht auf die formelle Wechselstrenge<br />
ausgeschlossen, SchKG 179 III.<br />
• Zudem darf die Vollstreckung noch nicht bis zur Verteilung oder Konkurseröffnung gediehen sein,<br />
SchKG 77 I.<br />
• Der nachträgliche Rechtsvorschlag muss binnen 10 Tagen seit der Kenntnis der neuen Sachlage beim<br />
Richter schriftlich <strong>und</strong> begründet angebracht werde, SchKG 77 II. Diese Frist beginnt mit der amtlichen<br />
Anzeige des neuen Sachverhaltes, SchKG 77 V.<br />
Beim nachträglichen Rechtsvorschlag entscheidet der Richter, ob der<br />
Rechtsvorschlag zu bewilligen sei oder nicht, es kommt das summarische Verfahren<br />
zur Anwendung, SchKG 25 Ziff. 2b, 77 III. Bei Bewilligung muss der Gläubiger auf<br />
Anerkennung seiner Forderung klagen, das einfachere Rechtsöffnungsverfahren ist<br />
ihm verschlossen.<br />
Der Rechtsvorschlag wirkt nur betreibungsrechtlich. Insbesondere kann seine<br />
Unterlassung nicht als materiellrechtliche Schuldanerkennung gelten.
§ 19 Rechtsöffnung<br />
19.1. Das Rechtsöffnungsverfahren<br />
19.2. Rechtsöffnung <strong>und</strong> Exequatur<br />
Der Rechtsvorschlag des Schuldners verschliesst dem Gläubiger den<br />
Betreibungsweg. Die Rechtsöffnung dient der Öffnung desselben. Die Initiative liegt<br />
beim Gläubiger, der aber der Mitwirkung des Richters.<br />
Rechtsöffnung ist somit die gerichtliche Beseitigung der Wirkungen des gültig<br />
erhobenen oder gerichtlich bewilligten <strong>und</strong> nicht zurückgezogenen<br />
Rechtsvorschlages. [Es wird nicht der Rechtsvorschlag aufgehoben, da nicht er<br />
überprüft wird: es werden nur seine Wirkungen aufgehoben].<br />
Je nach den Urk<strong>und</strong>en erfolgt entweder die definitive oder provisorische<br />
Rechtsöffnung. Stehen dem Gläubiger keine geeigneten Rechtsöffnungstitel zur<br />
Verfügung, bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Forderung auf dem ordentlichen<br />
Prozessweg geltend zu machen, Anerkennungsklage vor dem Zivilrichter. Wird dabei<br />
aber nebst dem Forderungsurteil zugleich die Rechtsöffnung verlangt, erübrigt sich in<br />
besonderes Rechtsöffnungsverfahren. Auch einer Abstandserklärung oder einem<br />
gerichtlichen Vergleich muss die gleiche Wirkung zukommen wie einem<br />
rechtskräftigen Urteil.<br />
Stammt das Urteil jedoch aus einem anderen Kanton als dem der Betreibung, muss<br />
dem Schuldner vom Fortsetzungsbegehren des Gläubigers vorher noch Kenntnis<br />
gegeben zu werden, damit dieser Einreden der mangelhaften Ladung oder der<br />
fehlenden gesetzlichen Vertretung geltend machen kann, SchKG 81 II. Erhebt er sie<br />
innert der 10 Tage, muss vor der Fortsetzung der Betreibung noch ein auf SchKG 81<br />
II beschränktes „Mini-Rechtsöffnungsverfahren“ durchgeführt werden, SchKG 79 II.<br />
Eine Anerkennungsklage ist zulässig aber unzweckmässig, wenn ein provisorischer Rechtsöffnungstitel<br />
vorliegt, aber ausgeschlossen, wenn ein definitiver Rechtsöffnungstitel vorliegt – res iudicata.<br />
Für öffentlichrechtliche Forderungen besteht der ordentliche Prozessweg i.S.v.<br />
SchKG 79 in der Geltendmachung der Forderung vor der zuständigen Verwaltungs-<br />
oder Verwaltungsjustizbehörde.<br />
Es ist teils b<strong>und</strong>esrechtlich, teils durch das kt. Prozessrecht geregelt, wird aber nur<br />
auf Begehren des Gläubigers eingeleitet. Der bestrittene Zahlungsbefehl <strong>und</strong> die<br />
Urk<strong>und</strong>e, auf welche sich das Rechtsöffnungsbegehren stützt, sind vorzulegen.<br />
Es ist eine betreibungsrechtliche Streitigkeit im summarischen Verfahren, SchKG 25<br />
II lit. a; ER im sV am Bezirksgericht, GVG 23 I <strong>und</strong> 213 Ziff. 2 ZPO. Während seiner<br />
Dauer steht die Gültigkeitsfrist des ZB still, SchKG 88 II, 154 I, 166 II, 188 II.<br />
Der Rechtsöffnungsentscheid sagt nichts aus über den materiellen Bestand der<br />
Forderung, sondern lediglich, ob die Einstellungswirkung des Rechtsvorschlages<br />
aufgehoben ist oder nicht.<br />
Der Rechtsöffnungsentscheid hat somit ausschliesslich betreibungsrechtliche<br />
Wirkung [keine Zivilsache] <strong>und</strong> auch nur für die hängige Betreibung.<br />
Rechtsmittel: kt. NiBe an Obergericht, staBe an B<strong>und</strong>esgericht.<br />
Bevor ein ausländischer Vollstreckungstitel in der Schweiz vollstreckt werden kann,<br />
bedarf es noch des Exequaturs, d.h. einer Vollstreckbarkeitserklärung der nach kt.<br />
Prozessrecht zuständigen Behörde. Die Bedingungen sind in Staatsverträgen<br />
geregelt, subsidiär in IPRG 25 ff.<br />
Auch das Exequaturverfahren betrifft ausschliesslich die Frage der Vollstreckbarkeit;<br />
dh. auch hier ist letztlich nur die staatsrechtliche Beschwerde gegeben. Die in<br />
Staatsverträgen erwähnten besonderen Vorschriften, bspw. LugÜ 31 ff. kommen nur<br />
zur Anwendung, wenn ein selbständiges Exequaturverfahren angestrengt wird,<br />
nicht aber, wenn Exequatur <strong>und</strong> Rechtsöffnung verb<strong>und</strong>en werden !!
19.3. Definitive Rechtsöffnung<br />
19.3.1. Verteidigung des Schuldners<br />
19.3.2. Wirkungen der definitiven Rechtsöffnung<br />
19.4. Provisorische Rechtsöffnung<br />
Auf Gr<strong>und</strong> eines vollstreckbaren Urteils oder eines gleichwertigen anderen Titels des<br />
kt., eidg. oder ausländischen Rechts wird die Wirkung des Rechtsvorschlages gegen<br />
den Zahlungsbefehl endgültig beseitigt.<br />
Vollstreckbares gerichtliches Urteil, SchKG 80 I, Urteilssurrogate: gerichtlicher Vergleich, gerichtliche<br />
Schuldanerkennung, Verfügungen <strong>und</strong> Entscheide von Verwaltungsbehörden des B<strong>und</strong>es, Verfügungen <strong>und</strong><br />
Entscheide kt. Verwaltungsbehörden, soweit sie das kt. Recht einem Urteil gleichstellt.<br />
1. Vollstreckbares gerichtliches Urteil<br />
Jeder Entscheid, der von einem Gericht in einem gesetzlichen Verfahren <strong>und</strong> in gesetzlicher Form über<br />
eine Geldforderung / Sicherheitsleistung in Geld ergangen ist. Es kommen nicht nur Endentscheide,<br />
sondern auch vorsorgliche Verfügungen <strong>und</strong> Sprüche über Gerichts- <strong>und</strong> Parteikosten in Frage.<br />
Vollstreckbar ist der Entscheid, der rechtskräftig [nicht mehr mit ordentlichem Rechtsmittel anfechtbar]<br />
ist <strong>und</strong> als Vollstreckungstitel anerkannt ist [B<strong>und</strong>esurteile ohne weiteres, alle kt. gerichtlichen<br />
Entscheide (BV 61), schweizerische Schiedssprüche (KSG 44, für internat. SV siehe IPRG 193),<br />
ausländische gerichtliche Entscheide sofern Exequaturbedingung erfüllt, ausländische Schiedssprüche<br />
nach NYÜ.<br />
2. Urteilssurrogate<br />
Gerichtlicher Vergleich: Eine von den Parteien vor Gericht abgeschlossene Vereinbarung über den<br />
Streitgegenstand. Ausländischer Vergleich: LugÜ 51.<br />
Gerichtliche Schuldanerk.: Gänzliche oder teilweise Anerkennung der streitigen Forderung vor Gericht<br />
Verw.-Verfügungen: Steuerveranlagung, Strafentscheide (Bussen, Kosten), b<strong>und</strong>esrechtlich<br />
durch VwVG 5, kantonal durch ZPO 214 gewährleistet.<br />
Einreden <strong>und</strong> Einwendungen i.e.S. sind angesichts der Rechtskraft des Titels stark<br />
beschränkt, können aber materieller oder prozessualer Natur sein:<br />
Prozessuale Einwände: Richten sich gegen die Rechtmässigkeit des<br />
Rechtsöffnungsverfahrens, es wird das Fehlen einer Prozessvoraussetzung geltend<br />
gemacht. Bei Begründetheit wird das Röf-Gesuch zurückgewiesen, Nichteintreten.<br />
Einrede der Unzuständigkeit, Einrede der res iudicata (in gleicher Betreibung erneut Röf verlangt)<br />
Materielle Einwände<br />
Es wird die Urk<strong>und</strong>e als Rechtsöffnungstitel in Frage gestellt. Bei Begründetheit wird<br />
das Röf-Gesuch abgewiesen.<br />
Entscheid des B<strong>und</strong>es / Vollstreckungskantons<br />
Bei nachgewiesener Rechtskraft sind solche Entscheide unanfechtbar. Höchstens kommt eine Negation der<br />
Rechtskraft in Frage, weil der Entscheid nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise eröffnet wurde – <strong>und</strong><br />
somit kein Röf-Titel i.S.v. 80 I <strong>und</strong> II vorliegt. Einrede der Verjährung oder der Zahlung / St<strong>und</strong>ung /<br />
Verrechnung / Erlass / gestützt auf das Urteil nur bedingte Zahlung usw. ist aber möglich im Röf-Verfahren –<br />
oder während des ganzen Betreibungsverfahrens, dort allerdings gestützt auf SchKG 85, 85a.<br />
Ausserkantonaler Entscheid<br />
Ausser den oben erwähnten Einreden kann er noch Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit an sich<br />
erheben, SchKG 81 I. Es wird die ordnungemässe Vorladung oder die gesetzliche Vertretung bestritten. Dies<br />
muss der Schuldner zudem nicht einmal beweisen – wie die Einreden nach SchKG 81 I.<br />
Ausländische Entscheide<br />
Besteht ein Vollstreckungsabkommen, darf der Schuldner nebst den materiellrechtlichen Einwendungen,<br />
SchKG 81 I, nur die im Staatsvertrag vorgesehenen Einwendungen erheben, bspw. LugÜ 27.<br />
Besteht kein Staatsvertrag, kann der Schuldner nebst SchKG 81 I auch die aus IPRG 25 ff. erheben.<br />
Mit dem rechtskräftigen Rechtsöffnungsentscheid ist die hemmende Wirkung des<br />
Rechtsvorschlages ein für allemal beseitigt; sie schliesst das Einleitungsverfahren<br />
ab. Der Rechtsöffnungsentscheid hat keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage,<br />
weshalb dem Schuldner stets der betreibungsrechtliche Rechtsschutz aus<br />
materiellrechtlichen Gründen gewahrt bleibt, SchKG 85, 85a, 86. [Rückforderung].<br />
Wo es an den Voraussetzungen für die definitive Rechtsöffnung fehlt, kommt die<br />
provisorische in Betracht.<br />
Anlässlich der provisorischen Rechtsöffnung erfolgt ein gerichtlicher Entscheid, der<br />
aufgr<strong>und</strong> einer schriftlichen Schuldanerkennung die Wirkung des Rechtsvorschlages<br />
bloss bedingt aufhebt, indem er noch die Nachprüfung des materiellen Bestandes der<br />
Forderung (Aberkennungsklage) durch den ordentlichen Richter vorbehält.<br />
Wesentlich ist somit, dass der Betriebene gegenüber der provisorischen<br />
Rechtsöffnung noch einmal zum Widerstand ansetzen kann<br />
Auch die provisorische Rechtsöffnung äussert sich jedoch nicht über die materielle<br />
Gr<strong>und</strong>lage.
19.4.1. Schuldanerkennung<br />
19.4.2. Verteidigung des Schuldners<br />
19.4.3. Wirkungen der provisorischen Rechtsöffnung<br />
Eine Schuldanerkennung ist eine Willenserklärung, wonach sich der Schuldner zur<br />
Bezahlung eines bestimmten oder leicht zu bestimmenden Geldbetrages zu<br />
bestimmter Zeit verpflichtet; es kommt nur eine öffentliche Urk<strong>und</strong>e oder eine<br />
Privaturk<strong>und</strong>e in Betracht.<br />
Aus Gründen des liquiden Beweises nach SchKG 82 I kommen nur schriftliche<br />
Schuldanerkennungen in Frage.<br />
Öffentliche Urk<strong>und</strong>e<br />
Jede Urk<strong>und</strong>e, die von der zuständigen Urk<strong>und</strong>sperson in gesetzlicher Form abgefasst ist; das Verfahren<br />
bestimmt das kt. Recht, SchlT 55. Aber auch behördliche Protokolle kommen in Betracht. Es wird jedoch<br />
lediglich die Richtigkeit der bezeugten Tatsachen vermutet, was durch Nachweis umgestossen werden kann,<br />
ZGB 9.<br />
Privaturk<strong>und</strong>e<br />
Alle von den Parteien privat aufgesetzten Schriftstücke [Briefe, Verträge, Schuldscheine, Wechsel, Checks].<br />
Die provisorische Rechtsöffnung erfolgt aber nur, wenn sie die Unterschrift des Schuldners oder seines<br />
Vertreters tragen.<br />
Schuldanerkennungen, die als Rechtsöffnungstitel in Frage kommen, sind bspw:<br />
• Urk<strong>und</strong>en über einseitige Verpflichtungen zu einer Geldzahlung [abstraktes Schuldversprechen gemäss<br />
OR 17, Bürgschafts- oder Wechselverpflichtung].<br />
• Urk<strong>und</strong>en über zweiseitige Rechtsgeschäfte [Kauf- Miet-, Pacht-, Darlehens-, Dienst-, Werk- oder<br />
Versicherungsverträge]. Ein Krediteröffnungsvertrag (Kreditlimite kann ausgeschöpft werden) oder ein<br />
negativer Kontoauszug (höchstens stillschweigend genehmigt) bedeutet für sich alleine keine<br />
Schuldanerkennung.<br />
Die Zahlungsverpflichtung des Schuldners kann sich auch aus einer Mehrheit von<br />
Urk<strong>und</strong>en ergeben, bspw. Briefwechsel.<br />
Eine Schuldanerkennung liegt aber nur dann vor, wenn der Schuldner bedingungslos<br />
zu zahlen hat, d.h. die Bedingung eingetreten ist, der Schuldner vorausleistungspflichtig<br />
ist oder der Gläubiger – bei Zug um Zug – gehörig angeboten hat.<br />
Auch betreibungsrechtliche Ausfallsbescheinigungen [def. Pfändungsverlustschein,<br />
Pfandausfallschein, tlw. Konkursverlustschein, siehe SchKG 265 I i.V.m. 244/45] sind<br />
Schuldanerkennungen.<br />
Als blosses Beweismittel entbehrt die Schuldanerkennung der Autorität <strong>und</strong> der<br />
Rechtskraftwirkung eines gerichtlichen Entscheides.<br />
Prozessuale Einwände<br />
Richten sich gegen die Rechtmässigkeit des Rechtsöffnungsverfahrens, es wird das<br />
Fehlen einer Prozessvoraussetzung geltend gemacht. Bei Begründetheit wird das<br />
Röf-Gesuch zurückgewiesen, Nichteintreten.<br />
Einrede der Unzuständigkeit, Einrede der res iudicata (in gleicher Betreibung erneut Röf verlangt)<br />
Materielle Einwände<br />
Die Materiellen Einwände betreffen nicht die Rechtmässigkeit des Verfahrens,<br />
sondern die sachliche Zulässigkeit der Rechtsöffnung. Diese wird in Frage gestellt<br />
durch alle Einwendungen, welche die Schuldanerkennung als solche entkräften<br />
können, SchKG 82 II.<br />
Es sei überhaupt keine taugliche Urk<strong>und</strong>e vorhanden, die Schuldanerkennung sei nicht gültig zustande<br />
gekommen oder sie sei zumindest nicht oder nicht mehr wirksam.<br />
Gültigkeit: mangelnde Unterschrift, Handlungsfähigkeit, Fälschung, rechtswidriger Inhalt, Willensmängel<br />
Wirksamkeit: Tilgung durch Zahlung, Verrechnung, Erlass oder Verjährung, Bedingung sei nicht eingetreten,<br />
unklagbare Forderung [Wette, Spiel] usw.<br />
Diese Einwände müssen bloss sofort glaubhaft gemacht werden, d.h. der Einwand<br />
muss vor dem Richter mit liquiden Beweismitteln wahrscheinlich gemacht werden.<br />
Dringt der Schuldner durch, steht dem Gläubiger nur noch der ordentliche<br />
Prozessweg mit der Anerkennungsklage offen.<br />
Vorerst hebt er die Einstellung der Betreibung nur bedingt auf, indem er dem<br />
Schuldner vorbehält, innert 20 Tagen mit der Aberkennungsklage den ordentlichen<br />
Richter anzurufen, damit dieser materiell entscheide, SchKG 83 II.<br />
Mit Rücksicht auf die Bedingtheit der Rechtsöffnung sind Vollstreckungsmassnahmen<br />
vorläufig ausgeschlossen, selbst wenn jedoch die Aberkennungsklage<br />
eingereicht wurde, kann der Gläubiger Vorkehrungen zur Sicherung seines<br />
Vollstreckungsanspruches beantragen: provisorische Pfändung [Betreibungshandlung]<br />
oder Aufnahme eines Güterverzeichnisses.<br />
Volle Wirkung erlangt der Rechtsöffnungsentscheid erst, wenn der Schuldner nicht rechtzeitig auf<br />
Aberkennung klagt oder wenn seine Klage abgewiesen wird <strong>und</strong> das Urteil rechtskräftig wird. Die<br />
Rechtsöffnung wird dann definitiv, ebenso eine provisorische Pfändung.
19.5. Die Aberkennungsklage, SchKG 83 II<br />
19.5.1. Verfahren<br />
§ 20 Der Schutz des Schuldners aus materiellrechtlichen Gründen<br />
Die Aberkennungsklage ist ein letztes Verteidigungsmittel nach Unterliegen des<br />
summarischen Rechtsöffnungsverfahrens, mit dem die Verlängerung des lediglich<br />
provisorischen Charakters der Rechtsöffnung sowie eine Überprüfung der materiellen<br />
Rechtslage erreicht wird.<br />
Es ist aber eine materiellrechtliche Klage, obschon sie mit einem Betreibungsverfahren<br />
im Zusammenhang steht. Sie bildet das Gegenstück zur Anerkennungsklage<br />
nach SchKG 79. Es handelt sich um eine negative Feststellungsklage.<br />
Klagefrist: 20 Tage nach der Rechtsöffnung, SchKG 83 II; Verwirkungsfrist, die nicht<br />
wiederherstellbar noch verlängerbar ist. Die Verwirkung berührt jedoch das materielle<br />
Recht nicht, dem Schuldner wird nach wie vor der Schutz aus materiellrechtlichen<br />
Gründen gewährt.<br />
Angesichts der fatalen Konsequenz des Fristversäumnisses – die provisorische<br />
Rechtsöffnung wird definitiv – kommt dem Fristenlauf entscheidende Bedeutung zu;<br />
massgebend für den Fristbeginn ist die formelle Rechtskraft des<br />
Rechtsöffnungsentscheides.<br />
Bei ordentlichem RM mit Suspensivwirkung: Mit unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist<br />
Bei ao. RM ohne Suspensivwirkung: Ab Eröffnung des Entscheides, ausser wenn dem ao<br />
Rechtsmittel Suspensivwirkung erteilt wird.<br />
Hat der Schuldner schon vor der Rechtsöffnung eine die streitige Forderung<br />
betreffende negative Feststellungsklage angehoben, wird diese automatisch zur<br />
Aberkennungsklage, BGE 117 III 19. [ggf. aber auch 125 III 149, wg. 3 U !!]<br />
Die Aberkennungsklage wird wie die Anerkennungsklage im ordentlichen Verfahren<br />
nach kt. ZPO beurteilt. Der Gerichtsstand liegt am Betreibungsort, SchKG 83 II;<br />
Prorogation <strong>und</strong> Einlassung sind zulässig.<br />
Während der Prozessdauer läuft die Frist für die Gültigkeit des ZB nicht.<br />
Die Beweislastverteilung macht deutlich, dass die Aberkennungsklage ein<br />
Verteidigungsmittel des Schuldners ist; anders als im Rechtsöffnungsverfahren erhält<br />
er nun Gelegenheit zum einlässlichen Gegenbeweis. Der Gläubiger seinerseits muss<br />
seinen auf Gr<strong>und</strong> der Schuldanerkennung nur glaubhaft erscheinenden Anspruch voll<br />
beweisen.<br />
Das Urteil hat volle materielle Rechtskraft, es begründet in jedem späteren Prozess<br />
über denselben Anspruch die Einrede der abgeurteilten res iudicata. Der<br />
letztinstanzliche kt. Entscheid kann als Zivilrechtssache mit Berufung oder NiBe<br />
weitergezogen werden.<br />
Die Abweisung der Klage lässt die provisorische Rechtsöffnung definitiv werden; der<br />
Gläubiger kann die Fortsetzung der Betreibung verlangen.<br />
Die Gutheissung der Klage erledigt die Betreibung endgültig.<br />
Die Zwangsvollstreckung stellt dem Schuldner zur Abwehr eines rechtlich nicht<br />
begründeten oder nicht eintreibbaren Anspruchs nebst der Beschwerde, dem<br />
Rechtsvorschlag, dem Bündel von Einreden <strong>und</strong> Einwendungen im Rechtsöffnungsverfahren<br />
<strong>und</strong> der Aberkennungsklage auch weitere Rechtsbehelfe zur Verfügung:<br />
• Wenn der Schuldner verpasst, rechtzeitig Recht vorzuschlagen, <strong>und</strong> eine Wiederherstellung der Frist<br />
nicht gelingt<br />
• Wenn er im Rechtsöffnungsverfahren seine Einreden vorzubringen versäumt oder diese mangels der<br />
Beschränkung nicht durchzusetzen vermag<br />
• Wenn er die Frist für die Aberkennungsklage unbenützt verstreichen lässt<br />
In diesen Fällen kann die Betreibung ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage<br />
weiterlaufen <strong>und</strong> den Schuldner sogar nötigen, Nichtgeschuldetes zu zahlen, um<br />
Vollstreckungsmassnahmen von sich abzuwenden.<br />
Dagegen bestehen folgende Rechtsbehelfe:<br />
• Aufhebung oder Einstellung der Betreibung durch den Vollstreckungsrichter auf Antrag des Schuldners,<br />
SchKG 85<br />
Rein betreibungsrechtliche Klage<br />
• Klage auf Feststellung der Nichtschuld oder der St<strong>und</strong>ung beim ordentlichen Richter, SchKG 85a<br />
Betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />
• Betreibungsrechtliche Rückforderungsklage, SchKG 86, 187.<br />
Materiellrechtliche Klage
20.1. Aufhebung oder Einstellung der Betreibung nach SchKG 85<br />
Im Verfahren nach SchKG 85 amtet der Richter aber nicht als Zivil-, sondern als<br />
Vollstreckungsrichter. Er entscheidet wie der Rechtsöffnungsrichter einzig über die<br />
Zulässigkeit der Betreibung, wobei der Bestand der Betreibungsforderung nur<br />
materiellrechtliche Vorfrage ist.<br />
Der Schuldner muss nachweisen, dass die Schuld samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten<br />
mittlerweile gest<strong>und</strong>et [Einstellung der Betreibung] oder getilgt [Aufhebung der<br />
Betreibung] ist. Der Nachweis kann nur mit Urk<strong>und</strong>en erbracht werden.<br />
Das Gesuch ist im Summarverfahren zu beurteilen, SchKG 25 Ziff. 2c, ZPO 213 Ziff.<br />
3 <strong>und</strong> GVG 23.<br />
Streitigkeit: Die Lehre sagt „jederzeitige“ Klagemöglichkeit, B<strong>und</strong>esgericht sagt, nur<br />
wenn Rechtsvorschlag beseitigt, BGE 125 III 149, infolge Voraussetzung der<br />
Feststellungsklage: „Unmöglichkeit des Zuwartens.“<br />
Der Einstellungs- oder Aufhebungsentscheid hat ausschliesslich<br />
betreibungsrechtliche Wirkung, über den materiellen Bestand der Forderung äussert<br />
er sich so wenig wie ein Rechtsöffnungsentscheid. Unterliegt der Schuldner, hat er<br />
immer noch SchKG 85a <strong>und</strong> 86; obsiegt er, kann der Gläubiger immer noch mit der<br />
Forderungsklage gegen ihn vorgehen.<br />
Rechtsmittel: Rekurs oder kt. Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht<br />
Kt. NiBe an Kassationsgericht oder direkt staatsrechtliche Beschwerde an B<strong>und</strong>esgericht<br />
Staatsrechtliche Beschwerde an B<strong>und</strong>esgericht<br />
20.2. Aufhebung oder Einstellung der Betreibung nach SchKG 85a<br />
20.3. Rückforderungsklage nach SchKG 86, 187<br />
Der Richter im ordentlichen Prozess bei voller Kognition kann feststellen, dass die<br />
Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder sie gest<strong>und</strong>et ist. Als materiellrechtliche<br />
Klage bezweckt sie wie die Aberkennungsklage die Feststellung der Nichtschuld<br />
bzw. St<strong>und</strong>ung, andererseits hat sie wie das Verfahren nach SchKG 85 unmittelbar<br />
betreibungsrechtliche Wirkungen, indem der Richter mit ihrer Gutheissung die<br />
Betreibung einstellt oder aufhebt, SchKG 85 III.<br />
Die Klage dient als Notbehelf, wenn der Zahlungsbefehl rechtskräftig geworden ist.<br />
Ausgeschlossen ist die Feststellungsklage in der Wechselbetreibung wegen der formellen Wechselstrenge.<br />
Da SchKG 85 <strong>und</strong> SchKG 85a selbst noch nach einer definitiven Rechtsöffnung<br />
zulässig sind, muss bei der Beurteilung die res iudicata Wirkung eines definitiven<br />
Rechtsöffnungstitels beachtet werden. Der Schuldner ist daher in der<br />
Klagebegründung nicht mehr frei:<br />
Liegt der Betreibung ein definitiver Rechtsöffnungstitel zugr<strong>und</strong>e,<br />
• Können nur Einreden aus dem gerichtlichen Entscheid selber (Verurteilung zu einer Leistung Zug-um-<br />
Zug, zu einer bedingten Leistung usw.) vorgebracht werden, bspw. Bedingung nicht eingetreten.<br />
• Echte nova, d.h. Tatsachen, die erst nach der Rechtskraft des Entscheides entstanden sind, bspw.<br />
St<strong>und</strong>dung, Tilgung, Verjährung.<br />
• Nur gegenüber einem gerichtlichen Vergleich oder einer Abstandserklärung können auch<br />
Willensmängel vorgebracht werden.<br />
Es handelt sich um einen ordentlichen, immerhin beschleunigten Zivilprozess,<br />
SchKG 85 a IV. Das Feststellungsinteresse ist b<strong>und</strong>esrechtlich festgelegt, es muss<br />
sich um eine laufende Betreibung handeln, die überhaupt noch eingestellt oder<br />
aufgehoben werden kann. Bei Begründetheit stellt der Richter die Nichtschuld oder<br />
die bestehende St<strong>und</strong>ung fest: res iudicata.<br />
Rechtsmittel: Volle Vierer- bzw. Achterreihe je nach Streitwert <strong>und</strong> Rügegr<strong>und</strong><br />
Behelf zur Wiedergutmachung eines Unrechts, das der Schuldner im Zuge einer<br />
materiell ungerechtfertigten Betreibung erlitten hat. OR 63 behält sie vor.<br />
Ordentlicher Zivilprozess, materiellrechtliche Streitigkeit. Der Betriebene hat nur die<br />
Nichtschuld / St<strong>und</strong>ung zu beweisen, der Betreibende hat den Beweis, dass nicht<br />
infolge Betreibungszwangs, sondern freiwillig bezahlt wurde, zu erbringen.<br />
Sie setzt somit die Bezahlung eines nicht geschuldeten [was nicht zutrifft bei<br />
Erfüllung einer Naturalobligation] Betrages unter Betreibungszwang; der Schuldner<br />
muss unter dem Druck der Vollstreckung Nichtgeschuldetes gezahlt haben.<br />
Nicht unter Betreibungsdruck steht ein Schuldner, der nach Abweisung der<br />
Aberkennungs- oder Feststellungsklage nach SchKG 85a den Gläubiger<br />
befriedigt, da jene Klagen eine res iudicata schaffen, die der Rückforderungsklage<br />
entgegenstehen.
§ 21 Betreibung eines Ehegatten<br />
21.1. Betreibung durch den Ehegatten<br />
21.2. Betreibung durch einen Dritten<br />
Der Betreibung gegen eine verheiratete Person muss bedingt durch das eheliche<br />
Güterrecht <strong>und</strong> den Schutz der ehelichen Gemeinschaft gewissen Besonderheiten<br />
Rechnung getragen werden.<br />
• Forderungen unter Ehegatten werden während der Ehe wohl fällig, nur verjähren<br />
sie nicht, OR 134.<br />
• Der Gläubiger-Gatte hat das Vorrecht auf privilegierten Pfändungsanschluss an<br />
eine für einen Drittgläubiger vollzogene Pfändung, SchKG 111.<br />
• Kommt es dennoch zur Betreibung, hat der Schuldner-Gatte gegenüber dem<br />
Gläubiger-Gatten Anspruch auf besondere Zahlungsfristen, ZGB 203 II, 218,<br />
235, II, 250, sofern die Zahlung die eheliche Gemeinschaft gefährden könnte.<br />
21.1. Bei Errungenschaftsbeteiligung <strong>und</strong> bei Gütertrennung<br />
21.2. Betreibung bei Gütergemeinschaft<br />
• Der Schuldner-Gatte ist allein zu betreiben. Nur im Falle, wo für seine Schuld ein<br />
ihm gehörendes Gr<strong>und</strong>stück verpfändet ist, das als Familienwohnung dient,<br />
muss in der Betreibung auf Pfandverwertung auch der Nichtschuldner-Gatte zur<br />
Wahrung seiner Rechte mitbetrieben werden, SchKG 153, 155.<br />
• Forderungen des Schuldner-Gatten gegenüber seinem Ehegatten dürfen erst in<br />
letzter Linie gepfändet werden, SchKG 95a; „der Gläubiger soll in der Familie<br />
bleiben.“<br />
• Der Schuldner-Gatte haftet mit seinem gesamten Vermögen (Eigengut,<br />
Errungenschaft) persönlich für alle Schulden, die er eingegangen ist <strong>und</strong><br />
solidarisch für Schulden, die der andere Ehegatte in befugter Vertretung der<br />
ehelichen Gemeinschaft begründet hat.<br />
• Nicht zum Vollstreckungssubstrat zählt die blosse Anwartschaft des Betriebenen<br />
auf die Beteiligung an der Errungenschaft des anderen Gatten.<br />
• Wird ein Vermögenswert des nicht betriebenen Gatten (Eigengut,<br />
Errungenschaft) zur Vollstreckung herangezogen [Arrest, Pfändung], kann er wie<br />
jeder betroffene Dritte das Widerspruchsverfahren oder im Konkurs das<br />
Aussonderungsverfahren anstreben.<br />
• Es besteht für jeden Ehegatten ein Eigengut <strong>und</strong> dazu ein Gesamtgut, welches<br />
beiden Ehegatten ungeteilt zu gesamter Hand gehört. Für Vollschulden, ZGB<br />
233, haftet der Schuldner-Gatte mit beidem, für Eigenschulden nur mit seinem<br />
Eigengut, ZGB 234, <strong>und</strong> der ihm zustehenden Hälfe des Wertes des<br />
Gesamtgutes.<br />
• Es sind somit alle Betreibungsurk<strong>und</strong>en – beim ZB angefangen- beiden<br />
Ehegatten zuzustellen, der eine wird dadurch zum Mitbetriebenen. Der<br />
Rechtsvorschlag kann sich somit gegen die Begründetheit der<br />
Betreibungsforderung aber auch nur gegen die Qualifikation als Vollschuld<br />
richten.<br />
• Handelt e sich um eine Vollschuld, kann sowohl Eigengut des Schuldners als<br />
auch Gesamtgut beider Ehegatten zur Vollstreckung herangezogen werden.<br />
• Handelt es sich bloss um eine Eigenschuld, darf nebst dem Eigengut des<br />
Schuldners nur sein rechnerischer Anteil am Gesamtgut (das ihm zustehende<br />
Liquidationsbetreffnis) gepfändet werden, SchKG 68b III. Die Pfändung dieses<br />
Teils kommt aber nur zur Anwendung, wenn das Eigengut nicht ausreicht.<br />
• Kommt es zur Pfändung des Anteils am Gesamtgut, kann der Nichtschuldner-<br />
Ehegatte vom Richter die Anordnung der Gütertrennung verlangen.<br />
Um dies zu vermeiden, gestattet das Gesetz den direkten Zugriff auf künftiges<br />
Erwerbseinkommen des Schuldner-Gatten [dieser Zugriff wird ihm dann bei<br />
einer Auflösung des Güterstandes angerechnet; so muss das Gesamtgut nicht<br />
liquidiert werden].<br />
Die Fortdauer eines altrechtlichen Güterstandes kann einem Gläubiger nur<br />
entgegengehalten werden, wenn er ihn kennt oder kennen sollte, SchlT 9 e II <strong>und</strong> 10<br />
ZGB. Bei zu vermutender Unkenntnis gelten die Bestimmungen über die<br />
Errungenschaftsbeteiligung.
Durchführung der Betreibung auf Pfändung<br />
Die Vollstreckung i.e.S. wickelt sich bei der Betreibung auf Pfändung ab<br />
§ 22 Pfändungsverfahren<br />
22.1. Fortsetzungsbegehren<br />
22.2. Pfändungsvollzug<br />
22.2.1. Zuständigkeit<br />
• in der Phase der Pfändung<br />
• in der Phase der Verwertung<br />
• in der Phase der Verteilung<br />
Der Zahlungsbefehl bildet die Gr<strong>und</strong>lage der Schuldbetreibung überhaupt, erst ein<br />
rechtskräftiger Zahlungsbefehl bildet i.a.R. Gr<strong>und</strong>lage für die Vollstreckung.<br />
Rechtskräftiger Zahlungsbefehl infolge Fristablauf, Verweigerung eines nachträglichen Rechtsvorschlages,<br />
Rückzug des Rechtsvorschlages oder wenn der Gläubiger definitive Rechtsöffnung erlangt hat.<br />
Trotz rechtskräftigem Zahlungsbefehl kann der Gang zur Vollstreckung wiederum gehemmt werden, indem<br />
die Frist zum Rechtsvorschlag oder zur Aberkennungsklage wiederhergestellt wird, SchKG 33 IV.<br />
Die Fortsetzung der Betreibung erfolgt – wenn der Schuldner nicht konkursfähig ist,<br />
es sich um eine Forderung i.S.v. SchKG 43 oder um eine nicht pfandgesicherte<br />
Forderung handelt – auf dem Wege der Pfändung.<br />
Die Pfändung ist die amtliche Beschlagnahme einzelner Vermögenswerte des<br />
Schuldners zur Verwendung als Vollstreckungssubstrat. Durch die<br />
Beschlagnahmeerklärung [Betreibungshandlung] werden die gepfändeten<br />
Vermögenswerte der rechtlichen Verfügungsmacht des Schuldners entzogen <strong>und</strong> für<br />
die amtliche Verwertung bereitgestellt.<br />
Voraussetzung bildet ein rechtskräftiger Zahlungsbefehl.<br />
Ausnahme: Pfändungsverlustschein <strong>und</strong> Pfandausfallschein, die es innert Frist<br />
erlauben, die Fortsetzung der Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl zu verlangen.<br />
Auf die Frist von SchKG 88 I kann selbst der Schuldner nicht verzichten. Hält der<br />
Gläubiger die maximale Frist nicht ein, verwirkt er das Recht; der Zahlungsbefehl<br />
verliert seine Gültigkeit <strong>und</strong> die Betreibung fällt dahin.<br />
Das Begehren ist formlos gültig, es genügt, wenn auf irgendeine Weise die<br />
Fortsetzung der Betreibung verlangt wird. Das Begehren ist an das am<br />
Betreibungsort zuständige Betreibungsamt zu leiten, auch wenn jener nach<br />
Zustellung des Zahlungsbefehls gewechselt haben sollte.<br />
Inhaltlich muss das Begehren eindeutig <strong>und</strong> unbedingt sein. Ein Rückzug ist ohne<br />
Nachteil möglich, solange dem Begehren keine Folge gegeben worden ist; während<br />
der Geltungsdauer des ZB (Jahresfrist seit dessen Zustellung) darf es jederzeit<br />
erneuert werden. Nach Vollzug der Pfändung gälte ein Rückzug des Fortsetzungsbegehrens<br />
allerdings als Verzicht auf die Betreibung selbst.<br />
Sachlich obliegt es dem Betreibungsamt. Örtlich zuständig ist das Amt, welches die<br />
Betreibung führt, das Amt des Betreibungsortes. Sie durchführen darf hingegen<br />
ausschliesslich das Amt am Ort der gelegenen Sache, SchKG 4 II. Ggf. erfolgt dann<br />
die Pfändung auf Auftrag des auswärtigen Amtes, sog. Requisitionspfändung, SchKG<br />
89. Verantwortlich bleibt aber das beauftragende Amt. [Beschwerdeadressat].<br />
Vermögenswerte im Ausland können infolge des Territorialitätsprinzips in der Schweiz nicht gepfändet<br />
werden. Eine Requisitionspfändung kommt hier nicht in Frage.<br />
Wertpapiere werden wie Sachen am Ort, wo sie liegen, gepfändet.<br />
Bei nicht in Wertpapieren verkörperten Forderungen tritt an Stelle des Ortes der<br />
gelegenen Sache der Wohnsitz des Gläubigers der Forderung, mithin des<br />
betriebenen Schuldners, oder falls sich dieser im Ausland befindet, der<br />
schweizerische Wohnsitz des Drittschuldners oder eines Treuhänders.<br />
Bspw. Bankkonti, Lohnforderungen usw.<br />
Eine in Missachtung dieser Zuständigkeitsordnung vollzogene Pfändung wäre<br />
absolut nichtig.
22.2.2. Rechtstellung der Betreibungsparteien im Pfändungsverfahren<br />
22.2.3. Rechte <strong>und</strong> Pflichten Dritter<br />
22.2.4. Zeitpunkt der Pfändung<br />
22.2.5. Pfändungsakt<br />
22.2.6. Vollzug des Pfändungsaktes<br />
Der Gläubiger hat einen Kostenvorschuss zu leisten, SchKG 68 I <strong>und</strong> 105, ansonsten<br />
das Amt die Pfändung ablehnen kann. Am Vollzug nimmt der Gläubiger nicht teil, er<br />
darf aber auf Vermögenswerte des Schuldners hinweisen.<br />
Der Schuldner soll auf einen möglichst schonenden <strong>und</strong> ausgewogenen<br />
Pfändungsvollzug hinwirken können, SchKG 95 V. Daher hat er Anspruch, dass ihm<br />
die Pfändung spätestens am Vortag mit genauer Zeitangabe angekündigt wird,<br />
SchKG 90.<br />
Wird die Ankündigung unterlassen <strong>und</strong> wohnte der Schuldner der Pfändung nicht bei, kann er deren Gültigkeit<br />
mit Beschwerde anfechten. Seine Anwesenheit heilt aber den Mangel.<br />
Eine ordnungsgemäss angekündigte Pfändung ist bei Abwesenheit des Schuldners rechtsgültig, der Vollzug<br />
muss ihm nur nachträglich mitgeteilt werden.<br />
Der Schuldner soll der Pfändung beiwohnen oder sich vertreten lassen, was der<br />
Erleichterung der Vermögensaufnahme dienen soll, SchKG 91 Ziff. 1, sodann ist dem<br />
pfändenden Beamten jede für eine erfolgreiche Pfändung erforderliche<br />
[Verhältnismässigkeit, d.h. nur bis Forderungssumme gedeckt] Auskunft zu erteilen.<br />
Er hat ggf. all seine Vermögensgegenstände <strong>und</strong> Forderungen – wo sie sich auch<br />
immer befinden – auszuhändigen. Zudem sind Räume <strong>und</strong> Behältnisse zu öffnen.<br />
Verheimlicht der Schuldner Vermögenswerte, kann der Gläubiger zudem ohne<br />
vorgängige Konkursbetreibung beim Gericht die Konkurseröffnung verlangen, SchKG<br />
190 I Ziff. 1. [Verheimlichung = Verstoss gegen Auskunftspflicht = liegt erst vor, wenn<br />
Information < Forderungssumme].<br />
Personen, die an der Betreibung nicht beteiligt sind, können insoweit von der<br />
Pfändung betroffen sein, als sich in ihrem Gewahrsam Vermögenswerte des<br />
Schuldners befinden, die für eine genügende Pfändung herbeigezogen werden<br />
müssen. Auch solchen Dritten obliegt die Pflicht, dem Betreibungsamt Auskunft zu<br />
geben, Räume zu öffnen usw.; allerdings auch nur soweit, bis die Pfändung<br />
genügend ist. Er kann sich nicht hinter einem Berufsgeheimnis oder Bankgeheimnis<br />
verstecken.<br />
I.a.R. unmittelbar nach einem gültigen Fortsetzungsbegehren. Verzögerung des<br />
Vollzugs der Pfändung ändert nichts an deren Rechtmässigkeit, ggf. aber begründet<br />
sie eine disziplinarische Verantwortlichkeit oder Staatshaftung.<br />
Zu beachten sind:<br />
Reihenfolge der Pfändung<br />
Bei der Auswahl des Pfändungsgutes sollen nach Möglichkeit die Interessen der<br />
Betreibungsparteien wie auch von Dritten berücksichtigt werden, SchKG 95 V. Der<br />
Entscheid ist somit weitgehend Ermessenssache. SchKG 95 I – IV sind keine<br />
Richtlinien, wenn es die Verhältnisse rechtfertigen oder der Gläubiger <strong>und</strong> der<br />
Schuldner es verlangen, darf davon abgewichen werden.<br />
Ausmass der Pfändung<br />
Dem Vollstreckungsziel entsprechend darf nicht mehr gepfändet werden, als zur<br />
Befriedigung der betreibenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen <strong>und</strong><br />
Kosten benötigt wird, SchKG 97 II <strong>und</strong> VGZ 8. Das bedingt eine Schätzung der<br />
gepfändeten Vermögenswerte nach ihren voraussichtlichen Verkaufserlös.<br />
Die Schätzung <strong>und</strong> dadurch der Umfang der Pfändung ist weitgehend<br />
Ermessenssache. [Ermessensmissbrauch = Gesetzesverletzung].<br />
Wird zuviel gepfändet, kann sich neben dem Schuldner auch ein Dritter zur Wehr<br />
setzen, der ein eigenes Recht an der zuviel gepfändeten Sache beansprucht, er kann<br />
somit ein Widerspruchsverfahren ggf. ersparen. Da sich der Umfang der Pfändung<br />
ändern kann [Widerspruchsverfahren abgelehnt, gutgeheissen usw.] kann der<br />
Schuldner eine entsprechende Herabsetzung der Pfändung verlangen oder das<br />
Betreibungsamt muss eine Nachpfändung vollziehen.<br />
Die ausdrückliche Pfändungserklärung [Betreibungshandlung] enthält die Eröffnung,<br />
dass einzeln genau bezeichnete Vermögenswerte gepfändet sind sowie das<br />
ausdrückliche Verbot der Verfügung. Im Pfändungsrecht gilt das Spezialitätsprinzip.<br />
Die Pfändung hat unbedingt zu erfolgen; Ausnahme: wertvolles Kompetenzstück darf<br />
unter der Bedingung gepfändet werden, dass der Gläubiger ein Ersatzstück<br />
bereitstellt, SchKG 92 III. Erst bei Bedingungseintritt wird die Pfändung voll wirksam.
22.2.7. Sicherung der Pfändungsrechte<br />
22.2.8. Wirkung der Pfändung<br />
22.2.9. Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />
Ggf. müssen nach oder bei der Pfändung weitere Sicherungsmassnahmen erfolgen:<br />
• Geld-, Inhaber- <strong>und</strong> Ordrepapiere sowie Wertsachen werden in amtliche Verwahrung genommen,<br />
SchKG 98 I <strong>und</strong> 9.<br />
• Andere bewegliche Sachen kann das Amt nach Ermessen beim Schuldner oder beim Dritten lassen,<br />
SchKG 98 II, oder einem Dritten in Verwahrung geben oder selbst in Verwahrung nehmen, SchKG 98 III<br />
<strong>und</strong> IV.<br />
• Bei der Pfändung von gewöhnlichen Forderungen wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass<br />
er nur noch rechtsgültig an das Betreibungsamt leisten könne, SchKG 99.<br />
• Die Pfändung eines Gr<strong>und</strong>stücks wird dem Gr<strong>und</strong>buchamt zur Vornahme der Verfügungsbeschränkung<br />
mitgeteilt.<br />
Solche Sicherungsmassnahmen sind tlw. im Falle besonderer Dringlichkeit auch schon zur blossen<br />
Vorbereitung einer Pfändung oder zur Feststellung des Vorhandenseins von Pfändungsgut zugelassen.<br />
Rechtsstellung des Schuldners<br />
Der Schuldner bleibt bis zur Verwertung Eigentümer der gepfändeten Vermögenswerte<br />
<strong>und</strong> Gläubiger seiner gepfändeten Forderungen. Sein Verfügungsrecht wird<br />
jedoch stark eingeschränkt, SchKG 96 I. Ohne ausdrückliche Bewilligung des<br />
Betreibungsamtes darf er weder rechtlich noch tatsächlich darüber verfügen.<br />
Der Schuldner bleibt aber voll handlungsfähig, sodass er gültig Verpflichtungsgeschäfte<br />
darüber abschliessen kann – nur sind dann Verfügungen darüber<br />
betreibungsrechtlich ungültig, soweit dadurch die den Gläubigers aus der Pfändung<br />
erwachsenden Rechte beeinträchtigt werden, auf solche Verfügungen wird bei der<br />
Verwertung nicht Rücksicht genommen.<br />
Vorbehalten bleibt aber der gutgläubige Erwerb von Rechten am Pfändungsgut. Beim<br />
Schuldner überlassenes Pfändungsgut ist „anvertraut“ i.S.v. ZGB 714. 884, 933. Das<br />
Verfügungsverbot erstreckt sich auch auf Zugehör <strong>und</strong> Bestandteile, ohne dass diese<br />
in der Pfändungsurk<strong>und</strong>e speziell erwähnt sein müssen.<br />
Rechte des Gläubigers<br />
Der Gläubiger erhält mit der Pfändung einen öffentlichrechtlichen Anspruch darauf,<br />
das Pfändungsgut zu seinen Gunsten verwerten zu lassen. Er kann daher zur<br />
Sicherung die amtliche Verwahrung gepfändeter beweglicher Sachen verlangen.<br />
Zudem kann er gegen einen Drittansprecher im Widerspruchsverfahren als Partei<br />
auftreten.<br />
Rechtsstellung Dritter<br />
Beansprucht ein Dritter eigene Rechte an einem gepfändeten Gegenstand, kann er<br />
sie im Widerspruchsverfahren verteidigen bzw. auf dem Wege der Beschwerde,<br />
wenn die Pfändung wegen offensichtlichem Dritteigentums von vornherein nichtig<br />
war oder wegen Überpfändung anfechtbar.<br />
Drittschuldner können nur noch befreiend an das Betreibungsamt leisten <strong>und</strong><br />
Drittverwahrer gepfändeter Sachen dürfen den Schuldner nicht mehr darüber<br />
verfügen lassen.<br />
Die Pfändung muss vom vollziehenden Beamten in einem Protokoll verurk<strong>und</strong>et<br />
werden, SchKG 112 I. Nach Ablauf der Teilnahmefrist, SchKG 110, erhalten alle<br />
Pfändungsgläubiger <strong>und</strong> der Schuldner unverzüglich je eine Abschrift der Pfändungsurk<strong>und</strong>e,<br />
SchKG 114.<br />
War der Schuldner bei der Pfändung weder anwesend noch vertreten, so unterliegt<br />
er dem Verfügungsverbot erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung der<br />
Pfändungsurk<strong>und</strong>e.<br />
Die Pfändungsurk<strong>und</strong>e ist eine öffentliche Urk<strong>und</strong>e, die den Beweis für die<br />
vorgenommene Pfändung schafft. Nur die in der Urk<strong>und</strong>e bezeichneten<br />
Gegenstände gelten als gepfändet <strong>und</strong> unterliegen der Verfügungsbeschränkung.<br />
Nur sie können später verwertet werden.<br />
Wurde kein pfändbares Vermögen gef<strong>und</strong>en, bleibt die Pfändungsurk<strong>und</strong>e also leer,<br />
gilt sie zugleich als definitiver Verlustschein, SchKG 115 I i.V.m. 149.<br />
[nur die in SchKG 271 Ziff. 5 <strong>und</strong> 285 bezeichneten Rechtswirkungen]<br />
War nach Schätzung des Betreibungsbeamten nicht genügend Vermögen<br />
vorhanden, um die Forderung samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten zu decken, dient die<br />
Pfändungsurk<strong>und</strong>e dem Gläubiger als provisorischer Verlustschein.<br />
Voraussetzung zur Ausstellung von provisorischen oder definitiven Verlustscheinen bildet immer eine<br />
definitive Pfändung.
22.3. Verwaltung des Pfändungsgutes<br />
§ 23 Gegenstand der Pfändung<br />
Unpfändbare Vermögenswerte (Pfändungsausschluss)<br />
Vorbehältlich eines Notverkaufes nach SchKG 124 II darf das Pfändungsgut nicht<br />
verkauft werden.<br />
Das Betreibungsamt soll das Pfändungsgut primär erhalten, d.h. Forderungen durch<br />
Verjährungsunterbrechung erhalten, Zahlungen auf fällige Forderungen erheben<br />
sowie Erträgnisse einziehen, soweit sie nicht allfälligen Pfandgläubigern zustehen,<br />
SchKG 100, 102 I, 103 I.<br />
Die Bewirtschaftung eines Gr<strong>und</strong>stücks kann durch das Betreibungsamt, einen<br />
Dritten oder durch den Schuldner erfolgen, VZG 16 III.<br />
Für ausserordentliche Verwaltungsmassnahmen muss das Betreibungsamt –<br />
Dringlichkeit vorbehalten- das Einverständnis der Beteiligten oder die Weisung der<br />
Aufsichtsbehörde einholen.<br />
Erträgnisse dienen vorab dazu, die Verwaltungskosten <strong>und</strong> Auslagen zu decken.<br />
Reichen sie nicht aus, kann vom Gläubiger ein Kostenvorschuss verlangt werden.<br />
Sodann wird aus dem Ertrag auch der Unterhalt des Schuldners bestritten, SchKG<br />
103 II.<br />
Erst ein Ertragsüberschuss wird zur Befriedigung der Ansprüche der beteiligten<br />
Pfand- <strong>und</strong> Pfändungsgläubiger verwendet. Können deren Forderungen aus den<br />
laufenden Erträgen voll gedeckt werden, nimmt das BA die Schlussverteilung vor <strong>und</strong><br />
schliesst die Betreibung ab, VZG 22 II.<br />
Für die Pfändung sind folgende Kriterien massgebend:<br />
Vermögenswert des Schuldners<br />
Nur was rechtlich dem Schuldner gehört, darf gepfändet werden. Behauptet er, ein<br />
Vermögenswert gehörte einem Dritten oder macht der Dritte selbst einen Anspruch<br />
geltend, darf dieser Vermögenswert erst zuletzt gepfändet werden, SchKG 95 III.<br />
Die Pfändung eines Gegenstandes, den der Gläubiger selbst als Eigentum eines<br />
Dritten bezeichnet oder der offensichtlich einem Dritten gehört, ist nichtig.<br />
Gegenstand mit Verkehrswert<br />
Es dürfen nur Sachen <strong>und</strong> Rechte gepfändet werden, die einen aktuellen, in Geld<br />
schätzbaren Verkehrswert haben. Sie müssen also verkehrsfähig <strong>und</strong> gegen Entgelt<br />
veräusserbar sein. Pfändung eines seiner Natur nach nicht verwertbaren<br />
Vermögensstücks wäre nichtig. Trotz gegebenen Verkehrswertes ist ein<br />
Vermögenswert nicht pfändbar, wenn wegen der hohen Verwaltungs- <strong>und</strong><br />
Verwertungskosten nur ein geringer Reinerlös zu erwarten ist.<br />
Kein Verkehrswert: Familienandenken wie Briefe, Geschäftsbücher, Diplome, ausser sie haben einen<br />
künstlerischen oder historischen Wert.<br />
Unveräusserlich: alle höchtspersönlichen Rechte wie Wohnrecht, Blut <strong>und</strong> Organe<br />
Unschätzbar: Anwartschaften, Rechte mit ungewisser Entstehung<br />
Kein Pfändungsausschluss<br />
Die Pfändung darf nicht durch eine Vorschrift des B<strong>und</strong>esrechts ausgeschlossen<br />
sein. Unpfändbarkeit kraft kantonalen Rechts oder auf Gr<strong>und</strong> privater Vereinbarung<br />
ist unbeachtlich. Das SchKG selbst entzieht oder beschränkt gewisse Sachen der<br />
Pfändung.<br />
Auf die Geltendmachung der Unpfändbarkeit kann der Schuldner nur in der Weise<br />
verzichten, dass er gegen eine vollzogene Pfändung nicht Beschwerde führt. Aber<br />
selbst dann kann eine Nichtigkeit von Amtes wegen erfolgen, SchKG 22.<br />
Wenn bspw. dem Schuldner das einzige Bett oder das für die Berufsausübung offensichtlich unentbehrliche<br />
Werkzeug gepfändet würde.<br />
Selbst der gültige indirekte Verzicht wirkt nur im hängigen Betreibungsverfahren.<br />
Unpfändbarkeit besteht aus moralischen, sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Gründen; das<br />
Lebensnotwendige <strong>und</strong> eine gewisse Lebensqualität darf nicht dem Interesse der<br />
Gläubiger geopfert werden. Der Betreibungsbeamte muss von Amtes wegen<br />
abklären, ob ein bestimmter Gegenstand im Zeitpunkt der Pfändung für den<br />
Schuldner Kompetenzeigenschaft hat. Ausnahmsweise kann Kompetenzgut gestützt<br />
auf das Auswechslungsrecht, SchKG 92 II, gepfändet werden.<br />
Kompetenzgut der Hausgemeinschaft<br />
Alles, was der Schuldner für sich <strong>und</strong> seine Familie i.w.S. in der Hausgemeinschaft<br />
benötigt; d.h. die zum persönlichen Gebrauch dienenden Kleider, Effekten usw., eine<br />
bestimmte Anzahl Haustiere samt dem benötigten Futter, soweit die Tiere für den<br />
Schuldner als Ernährungsgr<strong>und</strong>lage oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes<br />
unentbehrlich sind; die für 2 Monate notwendigen Nahrungs- <strong>und</strong> Feuerungsmittel<br />
bzw. ihr Geldwert – sofern er denn wirklich darauf angewiesen ist.
Beschränkt pfändbare Vermögenswerte<br />
Kompetenzgut des Berufsstandes<br />
Die Berufsausübung durch den Schuldner <strong>und</strong> seine Familien- <strong>und</strong> Hausgenossen<br />
soll gewährleistet bleiben. Geschützt ist nicht jede wirtschaftliche Tätigkeit, sondern<br />
nur die Berufstätigkeit i.e.S. Der Begriff des Berufes setzt die Anwendung<br />
persönlicher Fähigkeiten, eigener Arbeitskraft <strong>und</strong> eigenen Wissens voraus; nicht<br />
erforderlich ist, dass der Beruf eine erhebliche Ausbildung verlangt.<br />
Der Begriff der Unternehmung – industrielle Entwicklung, Kapitaleinsatz, Arbeitskraft<br />
Dritter usw – wird nicht geschützt.<br />
Gleichgültig ist, ob es sich um einen Haupt-, Neben- oder Saisonberuf handelt, der<br />
Schuldner muss lediglich seinen Beruf gewerbsmässig ausüben <strong>und</strong> die<br />
Gegenstände tatsächlich benötigen. Für eine Beschäftigung ohne Erwerbszweck<br />
[Hobby, Vergnügen] werden keine Kompetenzstücke ausgeschieden.<br />
Obwohl nur die notwendigen Gegenstände zu überlassen sind, ist einer rationellen<br />
<strong>und</strong> konkurrenzfähigen Berufsausübung Rechnung zu tragen.<br />
Religiöse Gegenstände<br />
Sofern der Schuldner sie wirklich zur Ausübung seines Glaubensbekenntnisses<br />
benützt <strong>und</strong> sie nicht bloss als Kunstgut oder Kapitalanlage besitzt, kommt ihnen<br />
Kompetenzqualität zu.<br />
Verkaufserlös<br />
Die Unpfändbarkeit kommt auch dem Verkaufserlös eines Kompetenzstückes zu,<br />
sofern der Schuldner ihn zum Kauf eines neuen Kompetenzstücks benötigt.<br />
Unpfändbarkeit kann auch aus Rücksicht auf die besondere Natur der<br />
Vermögenswerte bestehen; v.a. wegen der Zweckbestimmung im öffentlichen<br />
Interesse:<br />
Wehrbereitschaft<br />
Effekten im Privateigentum des Wehrmannes können nur gepfändet werden, wenn<br />
der Eigentümer nicht mehr dienstleistig ist.<br />
Leistungsansprüche<br />
Bspw. Stammrecht einer Leibrente [die einzelnen Renten sind aber beschränkt<br />
pfändbar, SchKG 93], alle Leistungen der öffentlichen Fürsorge sowie einmalige<br />
Unterstützungen, SchKG 92 I Ziff. 8, sowie all jene Renten, Kapitalabfindungen <strong>und</strong><br />
andere Leistungen, welche dem Opfer oder seinen Angehörigen als Entschädigung<br />
für Körperverletzung, Ges<strong>und</strong>heitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet<br />
werden, SchKG 92 I Ziff. 9, sofern diese Kosten Heilungskosten oder Hilfsmittel<br />
abdecken oder ihnen Genugtuungsfunktion zukommt. Geschützt ist nicht nur die 2.<br />
Säule, sondern auch die geb<strong>und</strong>ene Selbstvorsorge der Säule 3A.<br />
Beschränkt pfändbare Einkünfte<br />
Erwerbseinkommen, d.h. jedes Entgelt für persönliche Arbeitsleistung [Lohn, Gehalt,<br />
Provision, Salär, Taggeld, Sitzungsgeld, Tantieme, Honorar, Trinkgeld]; auch<br />
Ersatzeinkommen – soweit nicht nach SchKG 92 gänzlich unpfändbar – ist<br />
beschränkt pfändbar.<br />
Unterhaltsbeiträge sowie Stipendien – wie auch deren Surrogate [Hinterlassenrenten]<br />
sind beschränkt pfändbar.<br />
Bei einer Nutzniessung ist sowohl das Nutzniessungsrecht selbst als auch dessen<br />
Erträge in beschränktem Umfang pfändbar. Nutzniessung ist jeder Ertrag aus<br />
Vermögen, das nicht dem Schuldner gehört.<br />
Vermögen <strong>und</strong> Vermögenserträge, die hingegen dem Schuldner gehören, unterliegen nicht dieser<br />
Pfändungsbeschränkung.<br />
Bei einer Leibrente darf nur das Stammrecht nicht gepfändet werden.<br />
Auch künftiges Einkommen kann gepfändet werden, längstens jedoch für ein Jahr,<br />
SchKG 93 II. Da öffentliche Interessen tangiert sind (andere Gläubiger wollen auch<br />
zum Zuge kommen, Kreditwürdigkeit des Schuldners) ist es eine Frist i.S.v. SchKG<br />
22.<br />
Reicht die Einkommenspfändung nicht aus, ist eine Nachpfändung von Einkommen selbst mit Zustimmung<br />
des Schuldners ausgeschlossen. Es ist – sofern anderes pfändbares Vermögen fehlt – für den Fehlbetrag ein<br />
Verlustschein auszustellen, erst in einer darauf gestützten fortgesetzten Betreibung kann der Gläubiger<br />
wieder eine neue Einkommenspfändung für die Dauer eines weiteren Jahres verlangen.
Ermittlung des pfändbaren Einkommensteils<br />
Es darf nur derjenige Teil gepfändet werden, der für den Schuldner <strong>und</strong> seine Familie<br />
nicht unbedingt notwendig ist; Notbedarf bzw. Existenzminimum. Für seine<br />
Berechnung ist vom Gesamteinkommen des Schuldners auszugehen, sowohl von<br />
den Einkünften, die nach SchKG 92 gänzlich unpfändbar sind, als auch von den<br />
Einkünften die nach SchKG 93 beschränkt pfändbar sind. Diesem<br />
Gesamteinkommen ist das Existenzminimum gegenüberzustellen.<br />
Die Differenz zwischen Gesamteinkommen <strong>und</strong> Notbedarf des Schuldners <strong>und</strong><br />
seiner Familie ergibt die pfändbare Quote. Sie erfolgt von Amtes wegen, entbindet<br />
den Schuldner aber nicht von seiner Mitwirkung. Massgebend ist der Zeitpunkt der<br />
Pfändung.<br />
Gesamteinkommen<br />
Feststellung der Einkommensverhältnisse [Auskünfte Schuldner, Arbeitgeber, Dritte]<br />
Einkommen der gesamten Familie muss berücksichtigt werden [Notbedarf der ganzen Familie]<br />
Besondere Einkommensverhältnisse (Saisonlohn, Schwankender Lohn) muss berücksichtigt werden<br />
Notbedarf<br />
Ermessenseinschätzung des gesetzlich garantierten Existenzminimums. Es existieren Richtlinien, die<br />
aber nicht von der selbständigen Entscheidung entbinden. Soweit kein Ermessensmissbrauch vorliegt,<br />
kann sein Entscheid nur kt. wegen Unangemessenheit angefochten werden.<br />
Massgebend ist der objektive, tatsächliche Notbedarf, nicht etwa der standesgemässe oder gar<br />
gewohnte Notbedarf.<br />
Eine in krasser Missachtung des Notbedarfs vollzogene Einkommenspfändung, die den Schuldner in<br />
eine unhaltbare Lage brächte, wäre nichtig.<br />
Pfändbare Quote<br />
Bei Zweiverdienerehen werden die Nettoeinkommen der beiden Ehegatten <strong>und</strong> ihr gemeinsames<br />
Existenzminimum bestimmt, dieses wird dann im Verhältnis der beiden Nettoeinkommen auf die<br />
Ehegatten aufgeteilt. Die pfändbare Quote ergibt sich dann durch Abzug seines Anteils am<br />
Existenzminimum von seinem Nettoeinkommen.<br />
Dem für Unterhaltsbeiträge betriebenen Schuldner wird das Existenzminimum nicht unbedingt<br />
gewährleistet, denn dann spielt auch das Existenzminimum des Alimentengläubigers eine Rolle. Ist<br />
dieses nicht mehr gedeckt, kann sich der Schuldner nicht auf sein eigenes berufen. Dieses Vorrecht<br />
besteht jedoch nur für Unterhaltsforderungen aus dem letzten Jahr vor der Zustellung des ZB.<br />
Auch die Einkommenspfändung wird durch Pfändungserklärung gegenüber dem<br />
Schuldner vollzogen, rechtsgültig ist sie aber nur, wenn alle Bemessungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
– insbesondere die Berechnung des Notbedarfs – aus der Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />
ersichtlich sind. Sicherungshalber wird der Schuldner des Betriebenen angezeigt,<br />
dass er nur noch befreiend an das Betreibungsamt leisten kann.<br />
Kann der Schuldner der gepfändeten Leistung nicht eruiert werden (Trinkgelder,<br />
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit) wird dieser auf der Pfändungsurk<strong>und</strong>e<br />
verpflichtet, an das Betreibungsamt zu leisten. Die Verletzung des<br />
Pfändungsbeschlages durch den Betriebenen hat daher die gleiche Wirkung wie im<br />
Falle der Verfügung über eine gepfändete Sache.<br />
Modifikation der Einkommenspfändung [Vollzug]<br />
Ggf. ändert der Schuldner seinen Wohnsitz, seine Stelle oder seinen Beruf, die familiären Verhältnisse<br />
wechseln, ein Ersatzeinkommen fällt weg oder neue Verpflichtungen werden begründet.<br />
Die Pfändung bleibt gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen, doch soll das Betreibungsamt von Amtes wegen die Sachlage<br />
neu modifizieren. Bei einem Wohnsitzwechsel sind die Faktoren über die Rechtshilfe abzuklären, das<br />
Betreibungsamt bleibt bis zur Erledigung der laufenden Betreibung zuständig, SchKG 4, 53.<br />
Erhebt der Drittschuldner eine Einrede oder verweigert er die Zahlung, erfolgt die<br />
Pfändung als „bestrittene Forderung“ <strong>und</strong> es erfolgt eine Forderungsüberweisung<br />
nach SchKG 131; der Erwerber der Forderung kann sich anschliessend mit dem<br />
Leistungsschuldner nötigenfalls auf dem Prozessweg [Prätendentenstreit]<br />
auseinandersetzen.<br />
Künftiges Einkommen kann nicht nur amtlich gepfändet, sondern auch – soweit<br />
pfändbar – durch privates Rechtsgeschäft abgetreten oder verpfändet werden. Eine<br />
nach der Pfändung vorgenommene Abtretung künftigen Einkommens bleibt jener<br />
gegenüber immer wirkungslos. Eine Abtretung vor Pfändung geht jedoch dieser vor,<br />
es wird nur gepfändet, wenn der Gläubiger die Gültigkeit der Zession bestreitet.<br />
Solange jedoch eine solche vorbestehende Abtretung dem gutgläubigen<br />
Drittschuldner (debitor cessus) nicht angezeigt ist, OR 167, braucht darauf keine<br />
Rücksicht genommen zu werden.<br />
Früchte vor der Ernte<br />
Hängende oder stehende Früchte können nur solange gesondert gepfändet werden,<br />
als nicht schon das Gr<strong>und</strong>stück gepfändet ist, dann gelten sie als mitverpfändet,<br />
SchKG 102 I, VZG 14 I. Verpfändung des Gr<strong>und</strong>stücks schliesst eine gesonderte<br />
Pfändung der Früchte nicht aus, nur bleiben die vorrechte des Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />
gewahrt.<br />
SchKG 94 I schiebt die gesonderte Pfändbarkeit der natürlichen Früchte vor der<br />
Ernte auf die Reifezeit hinaus. Nichtige Pfändung.
§ 24 Widerspruchsverfahren<br />
24.1. Gegenstand des Verfahrens<br />
24.2. Voraussetzungen<br />
Vom Schuldner als drittzugehörig bezeichnete oder von einem Dritten als<br />
eigenzugehörig bezeichnete Gegenstände sollen zuletzt gepfändet werden, SchKG<br />
95 III, selbst dann nur, wenn dem Betreibungsbeamten die Berechtigung des<br />
Schuldners als möglich erscheint oder wenn der Gläubiger die Pfändung<br />
ausdrücklich verlangt <strong>und</strong> die Berechtigung des Schuldners glaubhaft macht.<br />
Das Widerspruchsverfahren bezweckt, die Begründetheit des Drittanspruchs für die<br />
laufende Vollstreckung [betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung] zu klären.<br />
Wird der Anspruch geschützt, bedeutet dies die Freigabe des umstrittenen<br />
Vermögenswerts bzw. wo ein Pfandrecht geltend gemacht wird dessen vorrangige<br />
Berücksichtigung. Wird er abgelehnt, kann die Vollstreckung ungehindert ihren<br />
Fortgang nehmen.<br />
Das Widerspruchsverfahren kommt immer von Amtes wegen in Gang, sobald das<br />
BA von einer Drittansprache an den zu pfändenden oder schon gepfändeten<br />
Vermögenswert Kenntnis erhält.<br />
SchKG 106 ff; „Rechte Dritter am gepfändeten Gegenstand“, d.h. jeder Anspruch, der<br />
dem vollstreckungsrechtlichen Zugriff des Pfändungsgläubigers vorgeht. Entweder<br />
schliesst er die Pfändung gänzlich aus [Eigentum, obligatorische Ansprüche auf<br />
Sachrückgabe, ZGB 931 (Vermieter, Verwahrer u.a.)] oder er lässt sie zumindest<br />
zurücktreten [Pfandrecht, Retentionsrecht, Eigentumsvorbehalt].<br />
Es muss sich aber um einen materiellrechtlichen Anspruch handeln, ein bloss<br />
betreibungsrechtlicher Anspruch (bereits bestehende Pfändung des Vermögenswerts<br />
zugunsten einer vorangehenden Pfändungsgruppe) muss mittels Beschwerde<br />
geltend gemacht werden.<br />
Aus Familienrecht ergeben sich ebenfalls Widerspruchsrechte, bspw. das Recht des<br />
Ehegatten unter Errungenschaftsbeteiligung oder Gütertrennung, sich in der<br />
Betreibung für die Schuld des anderen gegen die Pfändung des eigenen Eigengutes<br />
bzw. der eigenen Errungenschaft zu widersetzen bzw. analog in der<br />
Gütergemeinschaft das Recht, sich der Pfändung von Objekten des Gesamtgutes<br />
oder des eigenen Eigengutes zu widersetzen, bspw. des Verwaltungsbeirats oder<br />
gesetzl. Vertreters, aus Forderungen gegen das freie Kindsvermögen Objekte zu<br />
pfänden, die nicht zum freien Vermögen gehören, SchKG 68e.<br />
Anmeldung des Drittanspruches<br />
Die Anmeldung kann von einem Dritten oder vom Schuldner ausgehen, SchKG 95 III<br />
<strong>und</strong> 106 I <strong>und</strong> II. Die Anmeldung kann schriftlich oder mündlich erfolgen, es muss<br />
jedoch der Gegenstand, der Anspruch sowie der angebliche Berechtigte müssen<br />
genau bezeichnet sein.<br />
Die Anmeldung kann solange erfolgen, als die Durchführung eines Widerspruchverfahrens<br />
überhaupt noch Sinn macht. In praxi kann er dies bis zur Verteilung<br />
nachholen, nach der Verteilung bezieht sich der Drittanspruch auf den Erlös des<br />
verwerteten Gegenstandes, SchKG 106 II. Sobald der Anspruch angemeldet ist <strong>und</strong><br />
noch nicht endgültig über ihn entschieden ist, darf der Verwertungserlös nicht verteilt<br />
werden. Nach der Verteilung versagt das Widerspruchsverfahren, weil damit die<br />
Vollstreckung beendet ist.<br />
Dann tritt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Dritten gegen den Schuldner. Ggf. kann auch<br />
Schadenersatz gegen den Schuldner oder den bösgläubigen Gläubiger, die die Ansprüche nicht mitgeteilt<br />
hatten oder sogar Staatshaftung zum Zuge kommen.<br />
Zögert der Dritte seine Anmeldung treuwidrig hinaus, wird der Dritte dem Gläubiger<br />
nicht nur zivilrechtlich haftbar, sondern verwirkt sein Recht auf Widerspruch im<br />
hängigen Verfahren.<br />
Dem Besitzer einer abhanden gekommenen oder gestohlenen Sache stehen die<br />
sachenrechtlichen Verfolgungsrechte zur Verfügung, ZGB 934. Diese kann er nicht<br />
nur gegen den betriebenen Schuldner – im Widerspruchsverfahren gegen den<br />
Pfändungsbeschlag – sondern auch noch nach der Verwertung bzw. Verteilung des<br />
Erlöses gegenüber jedem späteren Erwerber der Sache geltend machen, SchKG 106<br />
III.<br />
Neben diesen zivilrechtlichen Ansprüchen steht dem Dritte im betreibungsrechtlichen<br />
Widerspruchsverfahren immerhin noch der Anspruch auf den allenfalls noch nicht<br />
verteilten Verwertungserlös zu – insbesondere zur Finanzierung seines<br />
Lösungsrechts nach ZGB 934 II, SchKG 106 II.
24.3. Vorverfahren<br />
Widerspruchsverfahren:<br />
24.4. Der Widerspruchsprozess<br />
Gläubiger – Dritter:<br />
Betreibr. Klage mit Reflexwirkung<br />
Beschränkte Rechtskraft, bV, ER<br />
Schuldner – Dritter<br />
Materiellrechtliche Klage<br />
Volle Rechtskraft, bV, ER<br />
Liegt eine gültige Anmeldung vor [Beschwerdemöglichkeit] wird der geltend<br />
gemachte Anspruch in der Pfändungsurk<strong>und</strong>e vorgemerkt oder den<br />
Betreibungsparteien nachträglich zur Kenntnis gebracht.<br />
Einleitung <strong>und</strong> Durchführung des Widerspruchsverfahrens sind unterschiedlich, je<br />
nachdem sich die gepfändete Sache im Gewahrsam des Schuldners oder des<br />
Drittansprechers oder in gemeinsamen Gewahrsam des Dritten <strong>und</strong> des Schuldners<br />
befindet, SchKG 107 <strong>und</strong> 108.<br />
Der Gewahrsamsinhaber soll die prozessual bessere Rolle des Beklagten innehaben<br />
können. Hat ein Vierter den Gewahrsam inne (bspw. Bank), kommt es drauf an, für<br />
wen dieser den Gewahrsam innehat.<br />
Gewahrsam ist die unmittelbare faktische Herrschaft über eine Sache, verb<strong>und</strong>en<br />
mit der Möglichkeit, sie zu gebrauchen. Rechtliche Kriterien kommen nur soweit in<br />
Betracht, als sie einen Rückschluss auf die tatsächliche Verfügungsmacht zulassen,<br />
dabei dürfen aber nur unbestrittene Rechtsverhältnisse berücksichtigt werden.<br />
Gewahrsam in diesem Sinn gibt es nur bezüglich beweglicher Sachen <strong>und</strong><br />
Wertpapiere. Beim Gr<strong>und</strong>stück übernimmt die Funktion des Gewahrsams<br />
ersatzweise die Aussage des Gr<strong>und</strong>buchs, SchKG 107 I Ziff. 3 <strong>und</strong> 108 I Ziff. 3. Bei<br />
Forderungen, die nicht in einem Wertpapier verkörpert sind <strong>und</strong> anderen Rechten,<br />
wird auf die Berechtigung selbst abgestellt; d.h. die grössere Wahrscheinlichkeit.<br />
Die Frage des Gewahrsams oder seiner Ersatzform beurteilt sich nach den<br />
Verhältnissen im Zeitpunkt der Pfändung. Der Entscheid des Betreibungsbeamten<br />
[ggf. auch der Beschwerdeentscheid] ist für den Richter im Widerspruchsverfahren<br />
verbindlich. Keine Suspensivwirkung von Amtes wegen, SchKG 36.<br />
Vorverfahren bei Alleingewahrsam des Schuldners, SchKG 107<br />
Das BA eröffnet das Widerspruchsverfahren, indem es dem Gläubiger <strong>und</strong> dem<br />
Schuldner eine 10-tägige Frist zur Bestreitung des angemeldeten Drittanspruchs<br />
setzt. Der Dritte hat seine Beweismittel auf Verlangen des Bestreitenden vorzulegen.<br />
Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, gilt er als anerkannt <strong>und</strong> das<br />
Verfahren ist abgeschlossen.<br />
Im Falle der Bestreitung wird der Dritte vor die Wahl gestellt, entweder auf die<br />
Geltendmachung seines Anspruches zu verzichten oder den Widerspruchsprozess<br />
einzuleiten; wozu eine Frist von 20 Tagen besteht, SchKG 107 V. Bei Ablauf der Frist<br />
wird angenommen, er habe auf die Geltendmachung seines Anspruchs verzichtet,<br />
SchKG 107 V, womit das Verfahren abgeschlossen ist, reicht er dagegen Klage ein,<br />
ist das Vorverfahren beendet <strong>und</strong> der Widerspruchsprozess eingeleitet, SchKG 107<br />
V.<br />
Vorverfahren bei Allein- oder Mitgewahrsam des Dritten, SchKG 108<br />
Bei Allein- oder Mitgewahrsam des Dritten setzt das BA direkt dem Gläubiger <strong>und</strong><br />
Schuldner die 20-tägige Frist zur Klage auf Aberkennung des angemeldeten<br />
Anspruchs, SchKG 108 II. Klagt weder der Gläubiger noch der Schuldner binnen der<br />
Frist, gilt der Drittanspruch als anerkannt <strong>und</strong> das Widerspruchsverfahren ist<br />
abgeschlossen, SchKG 108 V. Die rechtzeitig erhobene Klage führt auch hier zum<br />
Widerspruchsprozess. Auch hier muss der Dritte ggf. seine Beweismittel während der Klagefrist<br />
auflegen, um dem Gläubiger / Schuldner eine Evaluation ihrer Prozesschancen zu ermöglichen.<br />
Der Widerspruchsprozess bildet die Schlussphase des Widerspruchsverfahrens,<br />
sofern dieses nicht schon im Vorverfahren abgeschlossen werden konnte. Die<br />
Widerspruchsklage zielt auf die richterliche Abklärung des Drittanspruchs ab.<br />
Zivilprozessual handelt es sich um eine Feststellungsklage;<br />
• Eine positive, wenn nach SchKG 107 der Dritte als Kläger das von ihm behauptete Recht feststellen<br />
lassen will / muss<br />
• Eine negative, wenn nach SchKG 108 der Gläubiger oder der Schuldner gegenüber den Dritten auf<br />
Aberkennung seines Anspruchs klagt.<br />
Obwohl die Klage materiellrechtlich begründet werden muss, erfüllt sie rein<br />
betreibungsrechtlichen Zweck. Das ganze Widerspruchsverfahren ist somit als<br />
Zwischenverfahren abhängig vom Schicksal der Betreibung, wird bspw. mit Erfolg<br />
geltend gemacht, es handle sich dabei um ein Kompetenzstück oder wird die<br />
Betreibung auf Beschwerde hin aufgehoben, wird die Widerspruchsklage<br />
gegenstandslos. Dennoch ist es eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />
auf das materielle Recht.<br />
Tritt der Schuldner gegen den Dritten als Prozesspartei auf, kommt der Klage<br />
materiellrechtliche Natur zu, damit auch volle Rechtskraft.
24.5. Wirkungen des Widerspruchsverfahrens<br />
Die Verteilung der Parteirollen durch das Betreibungsamt als Ergebnis des<br />
Vorverfahrens ist für den Richter verbindlich. Bei SchKG 107 ist der Dritte der Kläger,<br />
i.a.R. der Gläubiger, ausnahmsweise der Schuldner, ausnahmsweise beide als<br />
passive Streitgenossen die Beklagten. [analog mit vertauschten Rollen bei 108].<br />
Der Gläubiger darf unabhängig von der Parteirolle alle Rechte <strong>und</strong> Einreden geltend<br />
machen, die der Schuldner vom Dritten gegenüber besitzt. Er kann sich aber auch<br />
auf eigenes, nicht vom Schuldner abgeleitetes Recht berufen, so etwa, der<br />
Drittanspruch sei durch eine anfechtbare Handlung des Schuldners, SchKG 285 ff.,<br />
erworben worden.<br />
Bei mehreren Gläubiger an einer Pfändung haben nur diejenigen Anspruch auf den<br />
Erlös aus dem Widerspruchsverfahren, die am Prozess teilgenommen haben. Ein<br />
allfälliger Überschuss verbleibt dem Dritten, nicht aber den am Prozess<br />
ferngebliebenen Gläubigern.<br />
Die Betreibung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Erlöses von Amtes wegen<br />
eingestellt <strong>und</strong> die Fristen für das Verwertungsbegehren stehen still. Die Einstellung<br />
ist aber nur in Bezug auf den umstrittenen Pfändungsgegenstand beschränkt,<br />
hinsichtlich des übrigen Pfändungsgutes kann die Betreibung ungehindert<br />
weiterlaufen.<br />
Die Verteilung der Parteirollen im Vorverfahren hat keinen Einfluss auf die Beweislast<br />
im Widerspruchsprozess, es gilt die allgemeine Beweislastregel von ZGB 8.<br />
Sind mehrere Drittansprecher vorhanden, sind die Weichen für den Verfahrensgang<br />
so zu stellen, wie es der Praktikabilität <strong>und</strong> der Prozessökonomie am besten<br />
entspricht.<br />
Das Widerspruchsverfahren wirkt gr<strong>und</strong>sätzlich nur in der hängigen Betreibung; egal<br />
ob es im Vorverfahren oder im Widerspruchsprozess sein Ende findet.<br />
Ausnahme: Der Widerspruchsprozess [nicht Anerkennung im Vorverfahren o.a.]<br />
zwischen Drittansprecher <strong>und</strong> Schuldner hat volle materielle Rechtskraft.
§ 25 Die Anschlusspfändung<br />
25.1. Arten der Anschlusspfändung<br />
25.1.1. Ordentliche Anschlusspfändung, SchKG 110<br />
Ähnlich wie der Pfandgläubiger in der Pfandverwertungsbetreibung bezüglich des<br />
Pfandgegenstandes soll auch der Gläubiger in der Pfändungsbetreibung die Chance<br />
haben – hinter allfälligen Pfandberechtigten – als erster aus dem Erlös der für ihn<br />
gepfändeten Vermögenswerte befriedigt zu werden: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst;<br />
was für die Spezialexekution typisch ist.<br />
Für die Generalexekution hingegen ist die Konkurrenz sämtlicher Gläubiger eines<br />
Schuldners typisch, die Befriedigung aus dem Erlös des Gesamten<br />
Schuldnervermögens fordern. Prinzip ist hier die gleichmässige Behandlung aller<br />
Gläubiger.<br />
Diese beiden Prinzipien sind jedoch nicht rein durchgeführt; im Konkurs gibt es<br />
Kategorien von Gläubigern, die bevorzugt werden, in der Pfändungsbetreibung wird<br />
in gewissem Rahmen die Teilnahme mehrerer Betreibungsgläubiger an ein <strong>und</strong><br />
derselben Pfändung ermöglicht.<br />
Für einen betreibenden Gläubiger besteht somit kein Pfändungspfandrecht [Vorrecht,<br />
gepfändete Vermögenswerte exklusiv zu nutzen].<br />
Der Pfändungsanschluss setzt eine Hauptpfändung voraus, d.h. es muss zugunsten<br />
eines ersten Gläubigers eine Pfändung vollzogen worden sein. Sodann müssen<br />
gegen den Schuldner aus anderen Betreibungen weitere Fortsetzungsbegehren<br />
vorliegen.<br />
Die Anschlussgläubiger müssen aber das Einleitungsverfahren erfolgreich durchgeführt haben; wer nur die<br />
provisorische Rechtsöffnung aufweisen kann, nimmt nur provisorisch an der Anschlusspfändung teil.<br />
Ebenfalls ist möglich, ohne Einleitungsverfahren aber gestützt auf einen definitiven Pfändungsverlustschein<br />
oder einem Pfandausfallschein innert der gesetzlichen Frist.<br />
Hat der Gläubiger einen Arrest erwirkt <strong>und</strong> werden seine Arrestgegenstände für<br />
einen anderen Gläubiger gepfändet, bevor dieser sein Fortsetzungsbegehren stellen<br />
kann, nimmt er von Gesetzes wegen an der Anschlusspfändung teil.<br />
Die Teilnahme ist aber nur provisorisch, sie steht unter der Bedingung der rechtzeitigen Arrestprosequierung.<br />
Das Fortsetzungsbegehren muss fristgerecht, d.h. innert 30 Tagen seit Vollzug der<br />
Hauptpfändung gestellt werden; Fristkenntnis gestützt auf Einsichtsrecht, SchKG 8a.<br />
Die Teilnahme an der Hauptpfändung muss vom Betreibungsamt ausdrücklich<br />
vollzogen werden, sei es durch Ergänzungspfändung, SchKG 110 I Satz 2 oder<br />
durch blosse Mitteilung der Teilnahme an die Parteien – in beiden Fällen erfolgt ein<br />
Nachtrag auf der Pfändungsurk<strong>und</strong>e, SchKG 113.<br />
Erst diese amtliche Verfügung stellt den Anschluss an die Hauptpfändung dar.<br />
Sämtliche Gläubiger, die während der Anschlussfrist das Fortsetzungsbegehren<br />
stellen, bilden mit dem ersten zusammen eine Pfändungsgruppe, SchKG 110 I.<br />
Innerhalb jeder Gruppe besteht insofern Gleichberechtigung, als die für die Gruppe<br />
gepfändeten Vermögensobjekte zugunsten aller Gruppengläubiger verwertet <strong>und</strong> der<br />
Erlös sowie die Verwertungskosten im Verhältnis ihrer Forderungsbeträge unter sie<br />
verteilt werden. Im Falle ungenügender Deckung greift jedoch die konkursrechtliche<br />
Rangordnung Platz.<br />
• Erfolge aus einem Widerspruchsprozess wirken jedoch nur für die prozessierenden Gläubiger<br />
• Jeder Gläubiger kann den Pfändungsanschluss eines anderen Gläubigers mit Beschwerde anfechten<br />
• Jeder Gläubiger kann die Forderung eines anderen Gläubigers mit Kollokationsklage anfechten.<br />
• Die Rechte eines Gläubigers einer anderen Gläubigergruppe können allerdings nur mit Beschwerde<br />
angefochten werden.<br />
• Das Verwertungsbegehren eines Gläubigers wirkt aber für alle Teilnehmer der Gruppe, SchKG 117.<br />
• Jede Änderung der Pfändung auf Beschwerde hin [kein Kompetenzstück, Erhöhung des gepfändeten<br />
Lohnes] wirkt für alle Gruppengläubiger.<br />
Bei einer Anschlusspfändung kann die ursprüngliche Pfändung nicht mehr genügen,<br />
sodass sie ausgedehnt werden muss. Sie muss jeweils soweit ergänzt werden, als<br />
zur Deckung aller Forderungen der Gruppe notwendig, SchKG 110 I Satz 2.<br />
Die Ergänzungspfändung ist rechtlich keine selbständige Pfändung, sondern bloss<br />
eine Ausdehnung (Fortsetzung) der Hauptpfändung, deren Bestandteil sie bildet <strong>und</strong><br />
deren Schicksal sie teilt; sie soll während oder unmittelbar nach Ablauf der<br />
Teilnahmefrist stattfinden.<br />
Davon zu unterscheiden ist die Nachpfändung, SchKG 145, diese erfolgt erst nach<br />
Ablauf der Anschlussfrist [wenn sich die Pfändung als ungenügend erweist] <strong>und</strong> hat<br />
selbständigen Charakter, sie ist selber wieder eine Hauptpfändung <strong>und</strong> löst<br />
infolgedessen ihrerseits Anschlussfristen aus, SchKG 145 III.
Anschlussprozess:<br />
25.1.2. Privilegierte Anschlusspfändung<br />
25.2. Geltendmachung des Anschlussprivilegs<br />
25.3. Anschlussverfahren<br />
Gläubiger – priv. Gläubiger:<br />
Betreibr. Klage mit Reflexwirkung<br />
Beschränkte Rechtskraft, bV, ER<br />
Gewinn z.G. Prozessgläubiger<br />
Schuldner – priv. Gläubiger<br />
Materiellrechtliche Klage<br />
Volle Rechtskraft, bV, ER<br />
Deshalb Prozessgewinn z.G. aller Gläubiger<br />
der Pfandgruppe, weil Forderung ganz aus<br />
der Betreibung fällt.<br />
Nach Ablauf der Anschlussfrist können sich in weiteren Zeitspannen von je 30 Tagen<br />
neue Pfändungsgruppen bilden, SchKG 110 II; die jedoch voneinander unabhängig<br />
sind. Für jede einzelne besteht eine gesonderte Pfändung [Hauptpfändung <strong>und</strong><br />
Ergänzungspfändung].<br />
Die Pfändung für eine nachfolgende Gruppe kann ausnahmsweise auch<br />
Vermögenswerte erfassen, die bereits für eine vorangehende Gruppe gepfändet<br />
worden sind; jedoch nur hinsichtlich des allfälligen Überschusses des Erlöses.<br />
Wo Gläubiger <strong>und</strong> Schuldner in einem familien- oder vorm<strong>und</strong>schaftsrechtlichen<br />
Verhältnis zu einander stehen, erleichtert das Gesetz den infolge ihrer besonderer<br />
Beziehungen zum Schuldner benachteiligten Gläubigern die Teilnahme an einer<br />
zugunsten anderer Gläubiger vollzogenen Pfändung:<br />
• Die Anschlussfrist beträgt 40 statt bloss 30 Tage<br />
• Sie können sich ohne vorgängige Betreibung der Hauptpfändung ihrer Konkurrenten anschliessen<br />
Die privilegierte Anschlusspfändung steht den im Gesetz abschliessend genannten<br />
Personen für bestimmte Forderungen zu. Dabei ist nur der Anschluss des<br />
Ehegatten sachlich unbeschränkt.<br />
Privilegierter Pfändungsanschluss muss ausdrücklich als solcher verlangt werden,<br />
das Privileg wird nicht von Amtes wegen berücksichtigt. Die Erklärung muss innert 40<br />
Tagen seit dem Vollzug der Hauptpfändung erfolgen, hier teilt das Betreibungsamt<br />
den bekannten Anschlussberechtigten den Vollzug der Hauptpfändung mit, SchKG<br />
111 III. Der Anschluss kann zudem nur an eine Pfändung verlangt werden, die<br />
während des ehelichen, elterlichen oder vorm<strong>und</strong>schaftlichen Verhältnisses oder<br />
noch innerhalb eines Jahres seit dessen Wegfall vollzogen wurde, SchKG 111 II Satz<br />
2.<br />
Die Tatsache, dass der privilegierte Anschlussberechtigte ohne vorgängiges<br />
Einleitungsverfahren berechtigt ist, an einer bereits vollzogenen Pfändung<br />
teilzunehmen, hat zur Konsequenz, dass der privilegierte Anschluss nicht einfach<br />
durch Anschlussverfügung des Betreibungsamtes hergestellt werden kann.<br />
• Der Schuldner – der nie Rechtsvorschlag erheben konnte – muss Gelegenheit haben, auf andere Weise<br />
zur Forderung des privilegierten Gläubigers Stellung zu nehmen<br />
• Die anderen Gläubiger müssen gegen den privilegierten Anschlussgläubiger vorgehen können.<br />
Das Anschlussverfahren bezweckt die Abklärung des Anschlussprivilegs <strong>und</strong> der ihm<br />
zugr<strong>und</strong>e liegenden Forderung. Es wickelt sich in einem Vorverfahren <strong>und</strong> in einem<br />
allenfalls notwendigen Anschlussprozess ab.<br />
Vorverfahren<br />
Das Betreibungsamt teilt dem Schuldner <strong>und</strong> den Gläubigern die Anschlusserklärung<br />
mit <strong>und</strong> setzt ihnen 10 Tage Zeit zur Bestreitung, SchKG 111 IV.<br />
Nichtbestreiten binnen Frist gilt als Anerkennung des Anspruches. Der privilegierte<br />
Pfändungsanschluss wird dann definitiv vollzogen.<br />
Bestreitung des Anspruchs durch den Schuldner oder einen Gläubiger bewirkt, dass<br />
der privilegierte Gläubiger nur provisorisch an der Pfändung teilnimmt [<strong>und</strong> somit<br />
nicht berechtigt ist, das Verwertungsbegehren zu stellen]; zum anderen innert 20<br />
Tagen beim Gericht Klage auf Zulassung des Anschlusses erheben muss, ansonsten<br />
sein Teilnahmerecht endgültig verloren geht.<br />
Anschlussprozess<br />
Die Klage auf Zulassung des privilegierten Anschlusses richtet sich gegen den<br />
Bestreitenden, sei es der Schuldner oder der Gläubiger oder beide. Die Klagefrist ist<br />
Verwirkungsfrist, aber wiederherstellbar oder verlängerbar.<br />
Gegenstand der richterlichen Beurteilung bilden sowohl der Bestand <strong>und</strong> Umfang der<br />
Forderung des Anschlussgläubigers als auch die Voraussetzungen des<br />
Anschlussprivilegs; betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung<br />
Gutheissung führt zur definitiven Teilnahme des Ansprechers an der Pfändung;<br />
Abweisung der Klage lässt die provisorische Teilnahme des Ansprechers dahinfallen,<br />
der Prozessgewinn des Beklagten besteht im Teil des Verwertungsergebnisses, der<br />
durch die Abweisung des Pfändungsanschlusses frei wird.<br />
Ausschliesslich zugunsten den beklagten Gläubigern der Pfändungsgruppe, die im Vorverfahren Anspruch<br />
bestritten haben.<br />
Nur wenn der Schuldner selbst beklagt wurde, ziehen alle Gruppengläubiger aus seinem Sieg den Nutzen,<br />
dann fällt die bestrittene Forderung infolge volle rmaterieller Wirkung des Urteils ganz aus der Betreibung.
§ 26 Die Verwertung<br />
26.1. Verwertungsbegehren<br />
26.2. Gr<strong>und</strong>sätze der Verwertung<br />
Nach der Pfändung wird eine Verwertung von Amtes wegen nur bei einem<br />
Notverkauf von gepfändeter Fahrnis, SchKG 124 II oder im Anschluss an eine<br />
Nachpfändung von Amtes wegen, SchKG 145, durchgeführt.<br />
Für eine reguläre Verwertung bedarf es aber eines Verwertungsbegehrens, das<br />
ebenfalls bedingungslos sein muss, sich immer vorbehaltlos auf die ganze Forderung<br />
<strong>und</strong> auf sämtliche Pfändungsgegenstände beziehen muss.<br />
Jeder Gläubiger einer Gruppe, der definitiv an der Pfändung teilnimmt, ist befugt, das<br />
Verwertungsbegehren zu stellen, welches dann für die ganze Gruppe wirkt.<br />
Gläubiger mit bloss provisorischer Pfändung, bestrittenem privilegierten Pfändungsanschluss<br />
oder eines Arrestes dürfen das Verwertungsbegehren nicht stellen, dafür<br />
laufen auch die entsprechenden Fristen nicht, SchKG 118.<br />
Ausser dem betreibenden Gläubiger kann auch sein Rechtsnachfolger, der<br />
Schuldner oder in der Betreibung auf Pfandverwertung der Dritteigentümer des<br />
Pfandes die Verwertung verlangen.<br />
Für die Fristen – minimal <strong>und</strong> maximal – ist nach dem Pfändungsgegenstand zu<br />
unterscheiden, SchKG 116 [bewegliche Sachen, Forderungen, u.a. Rechte];<br />
[Gr<strong>und</strong>stücke]; SchKG 93 [Einkommenspfändung].<br />
Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so laufen die Fristen für das<br />
Begehren vom Tage der letzten erfolgreichen Ergänzungspfändung, SchKG 116 III.<br />
Diese Fristen sind zwingend, nur ausnahmsweise darf eine vorzeitige Verwertung<br />
stattfinden:<br />
• Notverkauf, SchKG 124 II<br />
• Bei Fahrnis, Forderungen u.a. Rechten auf Verlangen des Schuldners, SchKG 124 I<br />
• Bei Gr<strong>und</strong>stücken, wenn dem Begehren des Schuldners sämtliche Pfändungs- <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger ausdrücklich zustimmen, SchKG 133 II.<br />
Sowohl ein verfrühtes wie auch ein verspätetes Verwertungsbegehren ist unwirksam,<br />
einem verfrühten darf keine Folge geleistet werden.<br />
Wird die Endfrist nicht eingehalten, erlischt die Betreibung, SchKG 121, die Pfändung<br />
fällt dahin <strong>und</strong> weitere Betreibungshandlungen wären nichtig. Ebenso wenn der<br />
Gläubiger das Begehren zurückzieht <strong>und</strong> nicht binnen Frist erneuert.<br />
Ein gültiges Verwertungsbegehren verpflichtet das Betreibungsamt, zur Verwertung<br />
zu schreiten. Der Eingang des Verwertungsbegehrens löst die eigentlichen<br />
Verwertungsfristen aus, SchKG 122 <strong>und</strong> 133.<br />
Die Verwertung obliegt dem Betreibungsamt, in dessen Kreis die zu verwertenden<br />
Gegenstände liegen, somit gr<strong>und</strong>sätzlich dem Amt, das die Pfändung vollzogen hat,<br />
SchKG 89. Dies ist allerdings nur für die Versteigerung zwingend, SchKG 4 II.<br />
Ein Freihandverkauf oder eine Forderungsüberweisung kann mit Zustimmung des<br />
Amtes am Ort der gelegenen Sache auch vom Amt, das die Betreibung führt,<br />
vollzogen werden.<br />
Das Pfändungsgut wird vorerst in Geld umgesetzt, was durch Versteigerung oder<br />
durch Freihandverkauf erfolgt. Es soll nur soviel verwertet werden, als zur Deckung<br />
der Betreibungskosten nötig ist. Ob zuviel oder zuwenig gepfändet wurde, erweist<br />
sich somit erst nach der Verwertung; wurde zuviel gepfändet, muss das<br />
Betreibungsamt die Verwertung einstellen, sobald der Erlös den Gesamtbetrag der<br />
Forderungen mit definitiver oder provisorischer Pfändung einschl. Verfahrenskosten<br />
erreicht, SchKG 119 II; bei ungenügendem Erlös wird von Amtes wegen<br />
nachgepfändet, SchKG 145.<br />
Verwertungshandlungen im Vollstreckungsverfahren entspringen nie freier, privater<br />
Willensäusserung des Rechtsinhabers, sind daher keine privaten Rechtsgeschäfte<br />
zwischen dem Schuldner <strong>und</strong> dem Erwerber, sie beruhen vielmehr immer auf einer<br />
amtlichen Verfügung eines Vollstreckungsorganes – somit öffentliches Recht.<br />
Dies gilt nicht nur für den Steigerungszuschlag, sondern auch für den Abschluss<br />
eines Freihandverkaufs, SchKG 130, 143b <strong>und</strong> 156 I, die Forderungsüberweisung<br />
bzw. die konkursrechtliche Abtretung, SchKG 131 <strong>und</strong> 260.<br />
Daher ist die Verwertung mit Beschwerde anzufechten 3 , gleichgültig ob aus<br />
betreibungsrechtlichen Gründen oder aus materiellrechtlichen Gründen. Die<br />
Gewährleistung ist ausgeschlossen, OR 234 I.<br />
3 Ausnahmsweise kommt Privatrecht zur Anwendung; wenn nämlich die Verwertung befugtermassen einem Privaten übertragen ist, bspw. Auktionshaus o.a.
§ 27 Die Verwertung von beweglichen Sachen, Forderungen <strong>und</strong> anderen Rechten<br />
27.1. Zeitpunkt<br />
Auch Zugehör ist eine bewegliche Sache, sie teilt das rechtliche Schicksal der<br />
Hauptsache, ZGB 644, <strong>und</strong> wird deshalb mit dieser zusammen verwertet;<br />
ausnahmsweise gesondert, VZG 27. Der Begriff der beweglichen Sache entspricht<br />
dem sachenrechtlichen Begriff.<br />
Forderungen unterliegen der Verwertung, sofern sie unbestritten <strong>und</strong> nicht schon<br />
fällig sind [<strong>und</strong> somit vom BA eingezogen werden könnten]. Ist die Forderung jedoch<br />
in einem Wertpapier verkörpert, wird dieses als bewegliche Sache verwertet.<br />
Bewegliche Sachen <strong>und</strong> Forderungen dürfen frühestens 10 Tage <strong>und</strong> spätestens 2<br />
Monate nach Eingang des Verwertungsbegehrens verwertet werden, SchKG 122 I.<br />
Verwertung ausserhalb dieser Fristen ist nicht ungültig, bloss anfechtbar.<br />
Ausnahmen bestehen i.S. einer vorzeitigen Verwertung oder eines<br />
Verwertungsaufschubes (Verwertung nach der maximalen Frist):<br />
Vorzeitige Verwertung<br />
Auf Begehren des Schuldners, SchKG 124 I<br />
Auf Begehren des Dritteigentümer eines Pfandes<br />
Im Falle eines Notverkaufes<br />
Ein Notverkauf ist angezeigt, wenn das Pfändungsgut schneller Wertverminderung ausgesetzt ist,<br />
kostspieligen Unterhalt erfordert oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursacht. Ein<br />
Notverkauf ist eine dringliche Verwaltungshandlung, keine Betreibungshandlung; folglich ist er auch während<br />
den Schonfristen zulässig.<br />
Das Amt entscheidet nach seinem Ermessen, ob ein Notverkauf vorliegt.<br />
Verwertungsaufschub<br />
Von Gesetzes wegen [hängende Früchte, SchKG 122 II]<br />
Durch den Betreibungsbeamten, SchKG 123<br />
• Mit Genehmigung des Gläubigers ohne Voraussetzungen von SchKG 123; dann aber beruht der<br />
Aufschub nicht auf einer amtlichen Verfügung, sondern auf einem einstweiligen Verzicht des Gläubigers<br />
auf Durchführung der Verwertung.<br />
Dem Verwertungsaufschub kommt nach SchKG 123 die Funktion einer St<strong>und</strong>ung zu.<br />
Voraussetzungen:<br />
• Glaubhaftmachung, dass der Schuldner die Schuld ratenweise tilgen könne<br />
• Glaubhaftmachung, dass regelmässige <strong>und</strong> angemessene Abschlagszahlungen an das BA geleistet<br />
werden<br />
• Erste Teilzahlung<br />
Zuständig, den Verwertungsaufschub zu verfügen, ist das Betreibungsamt. Dieses<br />
setzt die Höhe der Abschlagszahlungen <strong>und</strong> ihre Fälligkeit nach freiem Ermessen<br />
fest. Während der Dauer des Aufschubes kann das BA seine Verfügung auf Antrag<br />
des Gläubigers oder des Schuldners oder von Amtes wegen jederzeit ändern, soweit<br />
es die Umstände erfordern, SchKG 123 V.<br />
• Ob der Aufschub zu gewähren sei ist eine Rechtsfrage; die Festsetzung der Raten <strong>und</strong> deren Höhe<br />
hingegen eine Ermessensfrage.<br />
• Die Verwertung darf höchstens 12 Monate hinausgeschoben werden, sogar für Erst-Klass-Forderungen<br />
nur für 6 Monate. Da der Verwertungsaufschub erst nach Zahlung der ersten Rate beginnt, muss der<br />
Schuldner somit in der Lage sein, die Schuld in höchstens 13 bzw. 7 Raten zu tilgen.<br />
• Der Aufschub fällt von Gesetzes wegen hin, wenn auch nur eine einzige Rate nicht pünktlich geleistet<br />
wird, SchKG 123 V.<br />
27.2. Die öffentliche Versteigerung [ordentliche Verwertungsart]<br />
Öffentliche Versteigerung im Betreibungsverfahren bedeutet immer eine<br />
Zwangsversteigerung, sie ist ausschliesslich b<strong>und</strong>esrechtlich geregelt, SchKG 125<br />
ff., OR 229 ff., VZG.<br />
Das Betreibungsamt hat die Versteigerung öffentlich bekannt zu machen; Art <strong>und</strong><br />
Weise, Tag usw. erfolgen nach dem Ermessen des BA.<br />
Wenigstens drei Tage vor dem Termin muss das BA eine individuelle Mitteilung an<br />
den Schuldner, den Gläubiger <strong>und</strong> beteiligte Dritte erlassen, SchKG 125 III.<br />
Nichtbeachtung dieser Vorschriften sowie die unrichtige oder irreführende Angaben<br />
in der Publikation führend auf Beschwerde hin zur Aufhebung der Steigerung <strong>und</strong><br />
des Zuschlages; damit muss jeder – auch der Ersteigerer – rechnen; sein guter<br />
Glaube wird daher nicht geschützt, BGE 106 III 23.<br />
Jedermann, auch der Schuldner <strong>und</strong> seine Gläubiger, sind zugelassen; selbst der<br />
Gläubiger, der zugleich Schuldner einer zu versteigernden Forderung ist.
27.3. Die ausserordentlichen Verwertungsarten<br />
Der Steigerungsgegenstand wird nach dreimaligem Aufruf zugeschlagen; sofern<br />
• Das Deckungsprinzip eingehalten ist, SchKG 126; d.h. es müssen die im Rang<br />
vorgehenden pfandgesicherten Forderungen – ob fällig oder nicht – durch das Angebot<br />
gedeckt sein – anderenfalls würde für den betreibenden Gläubiger nichts herausschauen.<br />
Erlöse für nicht fällige Pfandforderungen werden nach SchKG 9 bis zur Fälligkeit hinterlegt.<br />
Wird kein dem Deckungsprinzip genügendes Angebot gemacht, fällt die Betreibung<br />
hinsichtlich des Pfandgegenstandes dahin, SchKG 126 II.<br />
Ist anzunehmen, dass kein Zuschlag unter Wahrung des Deckungsprinzips möglich sein<br />
wird, kann der Betreibungsbeamte auf Antrag des betreibenden Gläubigers von der<br />
Verwertung absehen <strong>und</strong> ohne weiteres einen Verlustschein ausstellen, SchKG 127.<br />
• Gegenstand aus Edelmetall (Gold, Silber, Platin) dürfen nicht unter ihrem Metallwert<br />
zugeschlagen werden; erfolgt kein genügendes Angebot, darf man sie aber zu diesem<br />
Preis später freihändig verkaufen, SchKG 128 <strong>und</strong> 130 Ziff. 3.<br />
Wer nach dreimaligem Aufruf das höchste diesen Anforderungen genügende<br />
Angebot macht, hat einen Rechtsanspruch auf den Zuschlag. Er kann einen<br />
anderen Zuschlag mit Beschwerde anfechten; nach der Verteilung des Steigerungserlöses<br />
ist die Anfechtung jedoch ausgeschlossen.<br />
Mit dem Zuschlag erwirbt der Bieter unmittelbar Eigentum; OR 235 I. Er erhält die<br />
Sache aber erst, wenn er bezahlt hat, SchKG 129 II. Zahlung mit Check gilt als<br />
Barzahlung.<br />
Ist der Gläubiger der einzige Bieter; braucht er den Steigerungspreis nicht bar zu bezahlen, er kann ihn mit<br />
seiner Forderung verrechnen.<br />
Zahlt der Ersteigerer nicht rechtzeitig, hebt das BA den Zuschlag auf, womit der<br />
Eigentumsübergang ohne weiteres dahinfällt. Der säumige Ersteigerer haften für den<br />
Ausfall gegenüber dem Ergebnis der früheren Versteigerung, SchKG 129 IV.<br />
• Ob der Aufschub zu gewähren sei ist eine Rechtsfrage; die Festsetzung der Raten <strong>und</strong><br />
deren Höhe hingegen eine Ermessensfrage.<br />
Auf andere Weise darf nur verwertet werden, wo es das Gesetz ausdrücklich zulässt:<br />
• Freihandverkauf, SchKG 130<br />
• Forderungsüberweisung, SchKG 131<br />
• Besonderes Verwertungsverfahren, SchKG 116 I, 132<br />
Freihandverkauf<br />
Wann gepfändete Vermögenswerte durch einen Freihandverkauf verwertet werden<br />
dürfen, bestimmt das Gesetz. Ob dann im Einzelfall freihändig verkauf wird, bleibt<br />
dem Ermessen des BA anheimgestellt.<br />
Der Entscheid kann deshalb nur mit der Ermessensbeschwerde angefochten<br />
werden; dagegen ist Rechtsbeschwerde am Platz, wenn freihändig verkauft wird,<br />
obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.<br />
Der Freihandverkauf darf allgemein an die Stelle der Versteigerung treten, wenn alle<br />
Beteiligten damit ausdrücklich einverstanden sind – nicht aber dessen Gläubiger,<br />
dessen Forderung durch das konkrete Angebot gedeckt ist. Zudem ist der Freihandverkauf<br />
in den Fällen von SchKG 130 Ziff. 2 – 4 erlaubt.<br />
Der Freihandverkauf ist ein amtlicher Zwangsveräusserungsakt; obwohl er faktisch<br />
wie ein privater Vertrag abgewickelt wird, ist der BA nicht frei wie ein privater<br />
Veräusserer; vielmehr ist er verpflichtet, das günstigste Preisangebot ausfindig zu<br />
machen. Ausserdem muss er einer Reihe von betreibungsrechtlichen<br />
Verwertungsgr<strong>und</strong>sätzen Beachtung schenken; Deckungsprinzip, Protokollpflicht,<br />
Bestimmungen über Zahlungstermine usw.
Überweisung von Forderungen an den pfändenden Gläubiger<br />
Diese Art eignet sich für illiquide Geldforderungen ohne Markt- oder Börsenwert, die<br />
sich – weil sie bestritten oder noch nicht fällig sind – kaum vorteilhaft eignen, sich<br />
versteigern oder verkaufen zu lassen, SchKG 131 I.<br />
Wertpapierforderungen sind wie Sachen zu versilbern, sie sind nie abtretbar.<br />
Die Forderungsüberweisung kommt – weil mit ihr das Versilberungsprinzip<br />
durchbrochen wird – nur in Frage, wenn sämtliche Gläubiger, für deren Gruppe die<br />
Forderung gepfändet ist, dies verlangen, Einstimmigkeitsprinzip. Ein Gläubiger, der<br />
zugleich Schuldner der gepfändeten <strong>und</strong> zu überweisenden Forderung ist, fällt<br />
wegen Interessenskonflikt aus der Entscheidung.<br />
Eine Überweisung kann erfolgen:<br />
• Abtretung einer Forderung zum Nennwert an Zahlungsstatt, SchKG 131 I<br />
• Übernahme einer Forderung zur Eintreibung, SchKG 121 II<br />
Abtretung einer Forderung zum Nennwert an Zahlungsstatt, SchKG 131 I<br />
Als Abtretungsgläubiger (Zessionare) kommen sämtliche an der Pfändung<br />
beteiligten Gläubiger in Betracht, sowohl die der Pfändungsgruppe als auch<br />
solche einer anderen Gruppe, die Anspruch auf allfälligen Mehrerlös haben.<br />
Die Wirkungen der Abtretung sind weitgehend mit jenen der privatrechtlichen<br />
Zession identisch, ungeachtet dessen, dass die Abtretung nicht auf einem<br />
Vertrag (pactum de cedendo) beruht sondern auf der Verfügung des BA.<br />
Erfolgt die Abtretung an sämtliche beteiligten Gläubiger, treten sie gemeinsam<br />
bis zum Nennwert er abgetretenen Forderung in die Rechte gegen den<br />
Drittschuldner. Weil die Abtretung an Zahlungsstatt erfolgt, sind die<br />
Betreibungsforderungen bis zur Höhe des Nennwertes unmittelbar getilgt,<br />
unabhängig davon, ob der Drittschuldner dann auch zahlen wird oder nicht. Im<br />
Umfang der Abtretung erlöschen folglich die Betreibungen der<br />
Gruppengläubiger.<br />
- Einredemöglichkeiten des Drittschuldners (debitor cessus):<br />
Schuldverhältnis, das der abgetretenen Forderung zugr<strong>und</strong>e liegt<br />
- Persönliche Einreden gegen den Zedenten, d.h. den Betreibungsschuldner [bspw. Verrechnung]<br />
- Persönliche gegen den einzigen Zessionar, gegenüber mehreren Zessionaren allerdings nur solche, die<br />
alle Zessionare betreffen<br />
Erfolgt nur eine Abtretung an einzelne Gläubiger, ist das für das Verhältnis<br />
zwischen Zessionar [einz. Gläubiger] <strong>und</strong> Nichtzessionaren bedeutsam:<br />
Auch in diesem Fall erfolgt die Abtretung ausdrücklich auf gemeinschaftliche<br />
Rechnung aller beteiligten Gläubiger (Zessionare <strong>und</strong> Nichtzessionare). Aus der<br />
Sicht der Nichtzessinonare sind die Abtretungsgläubiger lediglich deren<br />
Inkassomandatare; nämlich durch die Abtretung formell befugt <strong>und</strong> verpflichtet<br />
zur Geltendmachung der Forderung. Materiell wirkt sich die Abtretung aber auch<br />
auf die Betreibungsforderung der Nicht-Zessionare aus; Tilgungswirkung.<br />
Anstände unter den Gläubigern entscheidet der ordentliche Zivilrichter.<br />
- Einredemöglichkeiten des Drittschuldners (debitor cessus):<br />
Schuldverhältnis, das der abgetretenen Forderung zugr<strong>und</strong>e liegt<br />
- Persönliche Einreden gegen den Zedenten, d.h. den Betreibungsschuldner [bspw. Verrechnung]<br />
- Persönliche gegen den einzigen Zessionar, gegenüber mehreren Zessionaren allerdings nur solche, die<br />
alle Zessionare [Pfändungsgläubiger] betreffen<br />
Übernahme einer Forderung zur Eintreibung, SchKG 131 II<br />
Es handelt sich nicht um eine Zession, das Betreibungsamt ermächtigt den oder<br />
die Übernehmer bloss zur Eintreibung der Forderung. Auch hier schulden die<br />
Gläubiger alle Sorgfalt; für Schaden, den sie verschulden, haften sie dem<br />
Schuldner (bspw. lassen sie die Forderung verjähren).<br />
Den Wirkungen nach kommt SchKG 131 II dem SchKG 260 nahe:<br />
- Die Gläubigerrechte des Betriebenen gehen nicht auf die übernehmenden Gläubiger über; dafür erfolgt<br />
die Übernahme auch ohne Nachteile für die Rechte der Übernehmer: Ihre Betreibungen laufen weiter.<br />
- Der Drittschuldner kann den Übernehmern keine Einreden entgegenhalten, die ihm nicht schon gegen<br />
den Betreibungsschuldner zustanden.<br />
- Die Gläubiger übernehmen die Eintreibung der Forderung auf eigene Gefahr. Die Aufwendungen<br />
werden nicht ersetzt, sie gehen nicht auf gemeinsame Rechnung.<br />
- Dafür kommt der Nutzen einer erfolgreichen Eintreibung in erster Linie den übernehmenden Gläubigern<br />
zugute. Der eingetriebene Betrag dient primär dazu, Aufwendungen <strong>und</strong> Betreibungsforderungen der<br />
eintreibenden Gläubiger samt Zins zu decken. Nur ein allfälliger Überschuss kommt den übrigen<br />
Gläubigern zugute oder zuletzt dem Betriebenen.
27.4. Die Verwertung anderer Rechte<br />
§ 28 Die Verwertung von Gr<strong>und</strong>stücken<br />
28.1. Zeitpunkt der Verwertung<br />
28.2. Vorbereitung der Verwertung<br />
• Nutzniessung<br />
• Anteile an einem Gemeinschaftsvermögen<br />
o Unverteilte Erbschaft<br />
o Personengesellschaft<br />
o Gesamteigentum, Miteigentum<br />
• Immaterialgüterrechte<br />
Anteile an Gemeinschaftsvermögen wird in der Pfändung zu dem ihm im Falle einer<br />
Liquidation desselben zufallenden Betrages, seines Liquidationsbetreffnis, SchKG<br />
132 I: „Anteil an Gemeinschaftsvermögen i.S.v. SchKG 132 = Liq-Ergebnis“.<br />
Für die Verwertung gilt die VVAG-Verordnung. Es soll zunächst versucht werden,<br />
zwischen den pfändenden Gläubigern, dem Schuldner <strong>und</strong> den anderen Teilhabern<br />
der Gemeinschaft eine gütliche Einigung herbeizuführen (Abfindung, Auflösung).<br />
Für Immaterialgüterrechte sind die Bestimmungen der VVAG analog anzuwenden.<br />
Gr<strong>und</strong>stück ist alles, was ZGB 655 II als solches bezeichnet.<br />
Kein Gr<strong>und</strong>stück in diesem Sinne ist ein Anteilsrecht des Schuldners an einem im<br />
Gesamteigentum stehenden Gr<strong>und</strong>stück, das nach der VVAG verwertet wird, ein<br />
Miteigentumsanteil dagegen oder sein StwE-Anteil wird wie ein Gr<strong>und</strong>stück<br />
verwertet, ZGB 646.<br />
Gepfändete Gr<strong>und</strong>stücke können wie bewegliche Sachen durch öffentliche<br />
Versteigerung oder auch durch Freihandverkauf verwertet werden.<br />
Für den Rechtsschutz von Dritten, die am Gr<strong>und</strong>stück ebenfalls berechtigt sind,<br />
bestehen die VZG, das BewG <strong>und</strong> das BGBB, die zu beachten sind.<br />
Frühestens nach einem Monat <strong>und</strong> spätestens drei Monate nach dem Eingang des<br />
Verwertungsbegehrens, SchKG 133 I.<br />
Im Falle eines Lastenbereinigungsprozesses kann dieser Termin in praxi kaum eingehalten werden, es<br />
handelt sich aber bloss um eine Ordnungsfrist.<br />
Vorzeitige Verwertung kann nur auf Begehren des Schuldners <strong>und</strong> im ausdrücklichen<br />
Einverständnis der Pfändungs- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger stattfinden, SchKG 133 II.<br />
Auch bei einer Gr<strong>und</strong>stückverwertung kann ein Zahlungsaufschub i.S.v. SchKG 123<br />
erfolgen, SchKG 143 a <strong>und</strong> VZG 32 I.<br />
Zuständigkeit: Rechtshilfe zulässig, für Versteigerung nur das örtlich zuständige Amt,<br />
SchKG 4 II.<br />
Steigerungspublikation (Ausser es käme nur ein Freihandverkauf in Frage)<br />
Erstellen des Lastenverzeichnis, Lastenbereinigungsverfahren<br />
Neuschätzung des Gr<strong>und</strong>stückes<br />
Steigerungsbedingungen festsetzen bzw. Verkaufsbedingungen [öff. Recht !]<br />
Fehler bei der Vorbereitung können mit Beschwerde gerügt werden.<br />
28.2.1. Steigerungspublikation <strong>und</strong> Anmeldung der Lasten<br />
Die Gr<strong>und</strong>stückssteigerung muss mind. 1 Monat vorher bekannt gemacht werden,<br />
SchKG 138 I; zwingend nach SchKG 35.<br />
Es empfiehlt sich, alle Rechte, die an einem zu verwertenden Gr<strong>und</strong>stück geltend<br />
gemacht werden, anzumelden, gleichgültig ob dies erforderlich ist oder nicht.<br />
Unbedingt anzumelden sind Rechte, die nicht aus dem Gr<strong>und</strong>buch hervorgehen,<br />
denn von Amtes wegen werden nur die darin belegten berücksichtigt, SchKG 140 I.<br />
Bsp: rückständige Zinsen, Verzugszinsen, Betreibungskosten bei Gr<strong>und</strong>pfand; mittelbare gesetzliche<br />
Pfandrechte wie Bauhandwerkerpfandrecht; Pfandrecht des Verkäufers; solche Pfandrechte können sogar<br />
noch nach erfolgter Pfändung begründet werden, gehen dann allerdings den Pfandgläubigern nach.<br />
Sicherheitshalber wir sich auch melden, wer ein gesetzliches Kaufs- oder Vorkaufsrecht beansprucht, denn<br />
die Zwangsverwertung gilt als Vor-Kaufsfall.<br />
Die 20-tägige Anmeldungsfrist ist zwar Verwirkungsfrist, als Eingabefrist jedoch<br />
verlängerbar <strong>und</strong> wiederherstellbar. Zu spät eingereichte Anmeldungen werden mit<br />
Hinweis auf das Beschwerderecht abgewiesen, VZG 36.<br />
Wo von vornherein ein Freihandverkauf angestrebt wird, verlangt das Gesetz<br />
ebenfalls eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung allfälliger Ansprüche am<br />
Gr<strong>und</strong>stück, SchKG 143b II i.V.m. SchKG 138 II Ziff. 3.
28.2.2. Lastenverzeichnis<br />
Das Lastenverzeichnis gilt der Abklärung der auf dem Gr<strong>und</strong>stück haftenden<br />
dinglichen <strong>und</strong> realobligatorischen Rechte. [Gr<strong>und</strong>pfandrechte, Gr<strong>und</strong>lasten <strong>und</strong> Gült,<br />
Dienstbarkeiten, gesetzliche Verfügungsbeschränkungen, d.h. gesetzliches<br />
Vorkaufsrecht) aber auch vorgemerkte persönliche Rechte (Miet- oder Pachtverträge,<br />
vertragliches Vorkaufsrecht usw.]<br />
Die Abklärung dieser Lasten ist notwendig,<br />
• Weil einzelne Lasten dem Erwerber des Gr<strong>und</strong>stückes überb<strong>und</strong>en werden<br />
• Weil nur die absolute Klarheit über die bestehenden Lasten es erlaubt, an der<br />
Versteigerung das Deckungsprinzip bzw. den doppelten Aufruf zuverlässig einzuhalten<br />
• Weil die konkrete Belastung den Verwertungserlös bzw. den Mindestpreis beeinflusst.<br />
Das Lastenverzeichnis ist somit unerlässliche Gr<strong>und</strong>lage für eine Verwertung; leidet<br />
es an einem wesentlichen Mangel, so kann keine gültige Verwertung zustande<br />
kommen, der Zuschlag wäre nichtig.<br />
Bei der Erstellung des Lastenverzeichnisses werden leere Pfandstellen sowie Eigentümer- <strong>und</strong><br />
Inhaberschuldbriefe, die sich im Besitze des Schuldners befinden, nicht berücksichtigt, VZG<br />
34 <strong>und</strong> 35.<br />
Lasten, die erst nach der Pfändung des Gr<strong>und</strong>stücks in das Gr<strong>und</strong>buch eingetragen werden,<br />
sind unter Hinweis auf diesen Umstand <strong>und</strong> mit der Bemerkung aufzunehmen, dass sie nur<br />
berücksichtigt werden, sofern <strong>und</strong> soweit die Pfändungsgläubiger vollständig befriedigt sind,<br />
VZG 34 I.<br />
Phase 1 - Gr<strong>und</strong>lage<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Lastenverzeichnisses bildet der Gr<strong>und</strong>buchauszug. Dazu werden noch die<br />
unmittelbaren gesetzlichen Pfandrechte (bspw. für laufende Prämien der Gebäudeversicherung)<br />
aufgenommen, servitutes apparentes <strong>und</strong> gesetzliche Verfügungsbeschränkungen.<br />
Phase 2 - Ergänzung<br />
Die gestützt auf die öffentliche Aufforderung gemachten Eingaben werden berücksichtigt, das<br />
Lastenverzeichnis wird entsprechend ergänzt, VZG 33. Das Betreibungsamt hat jede formell<br />
korrekte <strong>und</strong> rechtzeitige Anmeldung zu berücksichtigen, ohne irgendwelche materielle Prüfung,<br />
VZG 36; weicht eine Anmeldung vom Inhalt des Gr<strong>und</strong>buchauszuges ab, hat sie gleich wohl<br />
aufgenommen zu werden; ausserdem aber auch der Inhalt des Gr<strong>und</strong>bucheintrages.<br />
Phase 3 - Bereinigung<br />
Das besondere, zweiteilige Lastenbereinigungsverfahren läuft nach den Regeln des<br />
Widerspruchsverfahrens ab, SchKG 140 II Satz 2.<br />
Vor dessen rechtskräftiger Erledigung darf das Gr<strong>und</strong>stück nicht verwertet werden; sofern ein<br />
allfälliger Streit die Feststellung des Zuschlagspreises beeinflussen würde, SchKG 141. Die<br />
Bestreitung einer Last hemmt aber den Eintritt der Rechtskraft des Verzeichnisses nur<br />
gegenüber dem Bestreitenden.<br />
Das gestützt auf die Anmeldungen ergänzte Lastenverzeichnis wird allen Beteiligten mitgeteilt,<br />
gleichzeitig eine Bestreitungsfrist von 10 Tagen für einen aufgenommenen Anspruch, SchKG<br />
140 II, VZG 37 I <strong>und</strong> II.<br />
Bleibt das Verzeichnis unbestritten, gelten die darin enthaltenen Lasten für die hängige<br />
Betreibung als anerkannt. Wird ein in das Verzeichnis aufgenommener oder ein nicht darin<br />
aufgenommener, jedoch behaupteter Anspruch bestritten, muss das Widerspruchsverfahren<br />
durchgeführt werden.<br />
• Bestreitung eines im Gr<strong>und</strong>buch eingetragenen oder sich unmittelbar kraft Gesetzes<br />
geltenden Rechts: Bestreitender hat innert 20 Tagen auf Aberkennung zu klagen<br />
• Ergibt sich das bestrittene Recht weder aus dem Gr<strong>und</strong>buch noch unmittelbar aus Gesetz,<br />
hat der Ansprecher innert 20 Tagen auf Feststellung des von ihm behaupteten Rechts zu<br />
klagen, SchKG 107.<br />
Mit der rechtzeitig erhobenen Klage verlangt der Rechtsansprecher oder –bestreiter, dass der<br />
streitige Anspruch im ordentlichen Prozess [ER im bV] gerichtlich abgeklärt wird. Der<br />
Gr<strong>und</strong>bucheintrag übernimmt hier die Funktion des Gewahrsams.<br />
Dreht sich der Streit nicht um einen im Lastenverzeichnis aufgeführten Anspruch an sich,<br />
sondern bloss um die Einhaltung der Verfahrensvorschriften bei dessen Gr<strong>und</strong>legung<br />
Ergänzung <strong>und</strong> Bereinigung, so ist nicht der Richter, sondern die Aufsichtsbehörde zuständig.<br />
[Aufnahme eines nicht im GB eingetragenen noch angemeldeten Anspruches; Nichtaufnahme<br />
eines ersichtlichen bzw. rechtzeitig angemeldeten Anspruchs, falsche Zuweisung der<br />
Klägerrolle im Bereinigungsprozess].<br />
Wirkungen des Lastenverzeichnisses<br />
Das bereinigte <strong>und</strong> rechtskräftige Lastenverzeichnis bildet eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage der<br />
Verwertung in der hängigen Betreibung. Wir das Gr<strong>und</strong>stück verwertet, bindet das<br />
rechtskräftige Lastenverzeichnis den Erwerber; dieser übernimmt mit dem Zuschlag auch alle<br />
darin enthaltenen Lasten.<br />
Allerdings erlöschen auch gegenüber dem gutgläubigen Erwerber alle dinglichen <strong>und</strong><br />
realobligatorischen Rechte, die nicht im Lastenverzeichnis aufgenommen sind, selbst die im<br />
Gr<strong>und</strong>buch eingetragenen.<br />
28.2.3. Neuschätzung<br />
Sobald das bereinigte Lastenverzeichnis rechtskräftig ist, muss das Gr<strong>und</strong>stück neu geschätzt<br />
werden. Die neue Schätzung wird allen Beteiligten mitgeteilt. Sie dient v.a. den Pfandgläubigern<br />
zur Orientierung über die Aussicht, für ihre Forderungen Deckung zu erlangen.
28.3. Verwertungverfahren<br />
Vgl. Fall Schmid,<br />
SchKG Übungen SS 2002<br />
Frage 3<br />
28.4. Freihandverkauf<br />
28.2.4. Steigerungsbedingungen<br />
Soll das Gr<strong>und</strong>stück versteigert werden, sind die Steigerungsbedingungen aufzustellen. Sie<br />
bestimmen Art <strong>und</strong> Weise derselben, insbesondere die Modalitäten des Zuschlages.<br />
Mindestens 10 Tage vor der Steigerung werden sie zusammen mit dem Lastenverzeichnis zur<br />
allgemeinen Einsicht aufgelegt, SchKG 134.<br />
Gegen die auferlegten Steigerungsbedingungen kann Beschwerde erhoben werden, nicht aber<br />
gegen das rechtskräftige Lastenverzeichnis. Werden sie geändert, sind sie erneut öffentlich<br />
bekannt zu geben.<br />
Auch hier gilt das Deckungsprinzip; SchKG 142a, gleichgültig ob auf dem Wege der<br />
Versteigerung oder des Freihandverkaufs verwertet wird; die Rangfolge bestimmt<br />
sich nach dem Lastenverzeichnis.<br />
Doppelaufruf; der zur Anwendung gelangt, wenn<br />
• Das Gr<strong>und</strong>stück ohne Zustimmung des im Range vorgehenden Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />
nachträglich mit einer Dienstbarkeit, einer Gr<strong>und</strong>last oder einem vorgemerkten<br />
persönlichen Recht belastet wurde, ZGB 812 II <strong>und</strong> III; innert 10 Tagen seit Zustellung des<br />
Lastenverzeichnisses Antrag an BA.<br />
Zunächst wird das Gr<strong>und</strong>stück mit den Lasten aufgerufen; bietet das Höchstgebot<br />
Deckung auch für die Forderung des vorgehenden Pfandgläubigers, erübrigt sich ein 2.<br />
Aufruf. Das Gr<strong>und</strong>stück wird mit den Lasten zugeschlagen.<br />
Nach einem ungenügenden Angebot erfolgt noch ein Aufruf ohne die Lasten. Wird hierauf<br />
für das Gr<strong>und</strong>stück ein höheres Angebot erzielt, wird es ohne die Lasten zugeschlagen.<br />
Der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger kann die Löschung der nachgehenden Lasten im Gr<strong>und</strong>buch<br />
verlangen, ein allfälliger Überschuss des Erlöses, der nach Befriedigung des vorgehenden<br />
Gläubigers verbleibt, kommt aber bis zur Höhe des Wertes der Last dem nachfolgenden<br />
Berechtigten als Entschädigung zu, SchKG 142 III. Dieser könnte die Löschung seines<br />
Rechtes nur verhindern, wenn der die Differenz Gr<strong>und</strong>stück mit Lasten – Forderungsbetrag<br />
der ihm vorgehenden Rechte einschiesst.<br />
• Der Ansprecher, dessen Recht von einem anderen Gläubiger im Lastenbereinigungsverfahren<br />
mit Erfolg bestritten, vom Schuldner jedoch durch Nichtbestreiten anerkannt wurde,<br />
VZG 42 <strong>und</strong> 56. Ist der erste Aufruf erfolgreich, wird das Gr<strong>und</strong>stück zugeschlagen <strong>und</strong> die<br />
Last – obwohl erfolgreich bestritten – dem Erwerber überb<strong>und</strong>en.<br />
• Wenn mit dem Gr<strong>und</strong>stück gleichzeitig Zugehör gepfändet wurde; die Beteiligten können<br />
verlangen, dass Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> Zugehör vorerst getrennt, anschliessend zusammen<br />
aufgerufen werden, VZG 57.<br />
Zuschlag<br />
Der Zuschlag darf nur auf Angebote bekannter Personen erteilt werden, an einen<br />
Vertreter, der den Namen des Vertretenen nicht nennt oder an eine noch nicht<br />
bestehende juristische Person ist unzulässig.<br />
Auch in der Gr<strong>und</strong>stücksverwertung bewirkt der Zuschlag den Eigentumsübergang.<br />
Der Steigerer erwirbt das Eigentum originär <strong>und</strong> ist damit – unter Vorbehalt von<br />
SchKG 106 III – gegen Entwehrung geschützt. Wird das Gr<strong>und</strong>stück an mehrere<br />
Bieter gemeinsam zugeschlagen, erlangen sie Miteigentum, VZG 59. Mit dem<br />
Eigentum gehen sofort auch Nutzen <strong>und</strong> Gefahr über.<br />
Indessen kann der Erwerber über das Gr<strong>und</strong>stück erst verfügen, wenn er als neuer<br />
Eigentümer im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen ist, ZGB 656 II; die Anmeldung geschieht von<br />
Amtes wegen gleich wie die Anmeldung zur Löschung nicht überb<strong>und</strong>ener Lasten.<br />
Zahlungsverzug hat zur Folge, dass der Zuschlag widerrufen <strong>und</strong> der<br />
Eigentumsübergang rückgängig gemacht wird. Mit dem Widerruf fällt das<br />
Gr<strong>und</strong>eigentum eo ipso an den Schuldner zurück; ein allfällig bereits erfolgter<br />
Gr<strong>und</strong>bucheintrag darf ohne weiteres berichtigt werden.<br />
Der Zahlungsverzug des Ersteigerers in der Erfüllung einer überb<strong>und</strong>enen Pflicht<br />
führt nicht zum Widerruf.<br />
Das Betreibungsamt entscheidet nach Eingang des Verwertungsbegehrens, ob das<br />
Gr<strong>und</strong>stück versteigert oder freihändig verkauft wird. Freihandverkauf erfolgt nur,<br />
• Wenn alle Beteiligten einverstanden sind<br />
Beteiligter ist, wer in der Vollstreckung als Partei auftritt oder wessen Rechte von der<br />
Verwertung des Gr<strong>und</strong>stücks unmittelbar betroffen sind.<br />
[Schuldner, Pfandgläubiger, ggf. Ehegatte, nachgehende Pfandgläubiger deren<br />
nachgehende Forderungen ggf. nicht gedeckt sind, sämtliche Dienstbarkeitsberechtigte].<br />
• Die Lastenbereinigung durchgeführt ist<br />
SchKG 143b II <strong>und</strong> 141 per analogiam.<br />
• Der Schätzungspreis eingehalten ist<br />
Der Betrag der Neuschätzung nach Bereinigung gilt zugleich als Mindestpreis.<br />
Auch der Freihandverkauf ist zu protokollieren; es bedarf einer schriftlichen Verkaufsverfügung.<br />
Auch das Deckungsprinzip ist zu beachten, auch kann ein doppelter Aufruf erfolgen. Das<br />
Eigentum wird nicht originär erworben.
§ 29 Die Verteilung<br />
29.1. Verteilungsverfahren<br />
§ 30 Der Kollokationsplan<br />
30.1. Inhalt des Kollokationsplanes<br />
Das materielle Ergebnis der Verwertung, der Erlös, ist dazu bestimmt, unter die<br />
beteiligten Gläubiger verteilt zu werden. Daher wird die Verteilung immer von Amtes<br />
wegen vorgenommen.<br />
Die Verteilung setzt voraus, dass das gesamte Pfändungsgut verwertet ist.<br />
Ausnahmen, sofern im Gesetz vorgesehen:<br />
• Abschlagszahlungen im Ermessen des BA, wenn es die Verhältnisse rechtfertigen <strong>und</strong> alle<br />
Gläubiger einer Pfändungsgruppe gleich behandelt werden.<br />
• Nach der Verwertung eines Gr<strong>und</strong>stücks sollen die im rechtskräftigen Lastenverzeichnis<br />
enthaltenen fälligen Gr<strong>und</strong>pfandforderungen sofort bezahlt werden.<br />
• Ggf. kann schon eine Schlussverteilung erfolgen, wenn nämlich aus einer Teilverwertung<br />
alle Forderungen befriedigt werden können; die restliche Verwertung ist dann einzustellen.<br />
Für jede Pfändungsgruppe wird gesondert verwertet <strong>und</strong> verteilt, wobei allfälligre<br />
Ansprüche einer nachfolgenden Gruppe auf den Mehrerlös zu berücksichtigen sind,<br />
SchKG 110 III.<br />
Primär sind aus dem Ergebnis die Kosten der Verwaltung, Verwertung <strong>und</strong><br />
Verteilung zu decken, SchKG 144 III. Von den Gläubigern geleistete Vorschüsse<br />
werden diesen zurückerstattet.<br />
Sek<strong>und</strong>är wird der verbleibende Reinerlös den berechtigten Gläubigern zugewiesen,<br />
gestützt auf einen Verteilungsplan bis zur Höhe ihrer Forderungen incl. Zins <strong>und</strong><br />
Betreibungskosten, SchKG 144 IV. Berechtigt sind:<br />
• Pfandgläubiger fälliger Forderungen <strong>und</strong> Retentionsberechtigte<br />
• Dienstbarkeitsberechtigte oder Inhaber persönlicher vorgemerkter Rechte, die bei der<br />
Gr<strong>und</strong>stückverwertung dem Doppelaufruf zum Opfer gefallen sind<br />
• Zuletzt die zur betreffenden Pfändungsgruppe gehörenden Betreibungsgläubiger.<br />
Auszahlung aber nur an Gläubiger, die mit definitiver Pfändung am Verfahren teilnehmen.<br />
Der Betrag von bloss provisorisch Berechtigten wird bei der Depo-Anstalt hinterlegt.<br />
Der Reinerlös kann entweder ausreichen, um alle Forderungen der Pfändungsgruppe zu<br />
decken. Ein Überschuss fällt an die Gläubiger der folgenden Gruppe, zu deren Gunsten der<br />
Mehrerlös gepfändet wurde; in letzter Linie steht er dem Schuldner zu.<br />
Genügt der Erlös hierzu nicht, muss das Betreibungsamt für die nicht befriedigte<br />
Pfändungsgruppe unverzüglich eine Nachpfändung vollziehen.<br />
Mangels weiterer pfändbarer Vermögenswerte kann ggf. nichts nachgepfändet werden oder<br />
auch der Erlös aus einer Nachpfändung reicht nicht aus, um die Gruppengläubiger zu<br />
befriedigen. Es bleibt nichts anderes übrig, als den unzureichenden Reinerlös zu teilen; für jede<br />
vom Verlust betroffene Pfändungsgruppe wird ein Kollokationsplan erstellt, der die Reihenfolge<br />
der gruppeninternen Befriedigung festlegt, SchKG 146 I.<br />
Der Kollokationsplan ist der Plan für die Rangordnung der Gläubiger. Gemeint ist<br />
damit die Reihenfolge, in der die Gläubiger einer Pfändungsgruppe bei<br />
ungenügendem Reinerlös befriedigt werden sollen.<br />
Für jede Pfändungsgruppe, die zu Verlust kommt, wird ein eigener Kollokationsplan erstellt,<br />
anders als im Konkurs, wo es für sämtliche Gläubiger nur einen Kollokationsplan gibt.<br />
Das BA erstellt den Kollokationsplan nach der Verwertung aller gepfändeten <strong>und</strong> ggf.<br />
nachgepfändeten Gegenstände. Wo volle Befriedigung ausser Frage steht, bedarf es<br />
keines Kollokationsplanes; es genügt ein gewöhnlicher Verteilungsplan.<br />
In der Betreibung auf Pfändung brauchen die Ansprüche der Pfandgläubiger nicht in<br />
den Kollokationsplan aufgenommen zu werden; deren Befriedigung ist durch<br />
Wahrung des Deckungsprinzips sichergestellt.<br />
Der rechtskräftige Kollokationsplan bildet – weil er zugleich den Verteilungsplan<br />
enthält – die Gr<strong>und</strong>lage der Verteilung.<br />
• Verzeichnis aller Gläubiger der betreffenden Pfändungsgruppe sowie ihrer Forderungen<br />
• Rangordnung der Gläubiger; die auf konkursrechtlichen Gr<strong>und</strong>sätzen beruht, SchKG 146 II<br />
i.V.m. SchKG 219.<br />
• Der Verteilungsplan gibt im Rahmen des Kollokationsplanes darüber Aufschluss, welche<br />
Beträge jeder Gläubiger erhalten sollte, um voll befriedigt zu werden, wie viel er tatsächlich<br />
erhalten wird <strong>und</strong> wie hoch sich sein Ausfall beläuft.<br />
• Mitteilungen für das weitere Verfahren; Angaben über den Schuldner, über die Auflage des<br />
Planes sowie die Möglichkeit seiner Anfechtung <strong>und</strong> über sein Inkrafttreten.
30.2. Auflage des Kollokationsplanes<br />
30.3 Anfechtung des Kollokationsplanes<br />
30.4. Kollokationsprozess<br />
Der Kollokationsplan wird beim BA aufgelegt, jeder Beteiligte wird hievon<br />
benachrichtigt, der Gläubiger durch Mitteilung eines seine Forderung betreffenden<br />
Auszuges, SchKG 34 <strong>und</strong> 147.<br />
Die Mitteilung löst die Anfechtungsfrist aus.<br />
Innert 10 bzw. 20 Tagen seit der Mitteilung kann jeder Gläubiger den<br />
Kollokationsplan anfechten. Je nach Anfechtungsgr<strong>und</strong> steht ihm die Beschwerde<br />
oder die gerichtliche Klage zur Verfügung:<br />
Anfechtung durch Beschwerde<br />
Es wird geltend gemacht, der Betreibungsbeamte habe bei der Aufstellung des<br />
Kollokationsplanes einen Verfahrensfehler begangen.<br />
• Betreibungsrechtliche Voraussetzungen für den Kollokationsplan fehlen<br />
• Ein Gläubiger einer anderen Pfändungsgruppe sei darin aufgenommen worden<br />
• Eine einzelne Kollokation sei nicht eindeutig<br />
• Der Verteilungsplan entspreche nicht der Kollokation.<br />
Der wichtigste Beschwerdefall ist jener, wo ein Gläubiger seine eigene Kollokation<br />
anficht. Damit wird aber auch nur eine Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften<br />
gerügt.<br />
Zur Beschwerde legitimiert sind alle an der Verteilung interessierten Gläubiger, aber<br />
auch der Schuldner. Der Schuldner ist überhaupt nur beschwerde-, nie<br />
klageberechtigt. Aufhebung oder Abänderung des Kollokationsplanes wirken immer<br />
für alle Beteiligten.<br />
Anfechtung durch Klage<br />
Materiellrechtliche Beanstandungen einer Kollokation müssen mittels gerichtlicher<br />
Klage erfolgen; Kollokationsklage.<br />
Die Kollokationsklage ist gegeben, wenn ein Gläubiger die Kollokation der Forderung<br />
eines anderen Gläubigers nach Bestand, Höhe oder Rang bestreiten will, SchKG 148<br />
I. Es ist somit nur eine negative Feststellungsklage zulässig.<br />
Es wird nicht die betreibungsrechtliche Richtigkeit der fremden Kollokation in Frage<br />
gestellt, sondern ihre materiellrechtliche Gr<strong>und</strong>lage. Dennoch verfolgt die<br />
Kollokationsklage einzig den betreibungsrechtlichen Zweck, dass die Kollokation<br />
eines anderen Gläubigers abgeändert wird, deshalb entfaltet das Urteil nur<br />
Rechtskraft für die laufende Betreibung.<br />
Betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung, ER im bV.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeschlossen ist die Kollokationsklage, wenn die betreffende Forderung<br />
bereits in einem früheren Verfahren gerichtlich abgeklärt oder in einem formalisierten<br />
Vorverfahren durch Parteidisposition anerkannt wurde, bspw. durch An- oder<br />
Aberkennungsklage, beim privilegierten Pfändungsanschluss, im Widerspruchs- oder<br />
Lastenbereinigungsverfahren oder durch definitive Rechtsöffnung aufgr<strong>und</strong> einer gerichtlichen<br />
Entscheidung. Gegenstand der Kollokationsklage kann dann bloss noch der<br />
betreibungsrechtliche Rang einer Forderung sein.<br />
Kollokationsklage kann jeder Gläubiger einer Pfändungsgruppe gegen jeden anderen<br />
Gläubiger dieser Gruppe erheben. Niemals kann der Schuldner klagen, er hatte<br />
bereits im Einleitungsverfahren Gelegenheit, die gegen ihn erhobene Forderung zu<br />
bestreiten. Ihm bleibt nur die Beschwerde.<br />
Beklagt ist der jeweils einzelne Gläubiger dessen Kollokation angefochten wird. 4 Der<br />
Streitwert bemisst sich nach der Differenz zwischen dem Betrag, den der beklagte<br />
Gläubiger auf Gr<strong>und</strong> des aufgelegten Kollokationsplanes erhielte <strong>und</strong> demjenigen,<br />
der ihm nach der vom Kläger beantragten Abänderung verbliebe.<br />
Die Einhaltung der Klagefrist ist Prozessvoraussetzung; sie kann aber<br />
wiederhergestellt <strong>und</strong> verlängert werden.<br />
Das Urteil wirkt nur in der hängigen Betreibung <strong>und</strong> nur zwischen den streitenden<br />
Gläubigern. Selbst bei Gutheissung der Klage bleibt die angefochtene Kollokation<br />
gegenüber allen nichtklagenden Gläubigern bestehen. Der Prozessgewinn kommt<br />
ausschliesslich dem obsiegenden Kläger zugute, SchKG 148 III; ein allfälliger<br />
Überschuss verbleibt dem beklagten Gläubiger. [Andere Konsequenz im Konkurs].<br />
Abänderung des Kollokationsplanes infolge Urteil: Wirkung nur inter partes<br />
Abänderung des Kollokationsplanes infolge Beschwerde: Wirkung für alle.<br />
4 Nicht klageberechtigt sind nach herrschender Praxis die Gläubiger einer anderen Gruppe <strong>und</strong> zwar selbst dann nicht, wenn zu ihren Gunsten der<br />
allfällige Mehrerlös gepfändet wurde, BGE 24 I 367. [1898 !!] Nach Amonn/Gasser ist diese Praxis nicht gerechtfertigt. Nach Spühler nur dann,<br />
wenn der nachgehende Gläubiger geltend macht, der Schuldner habe durch Unterlassung des Rechtsvorschlages den Gläubiger der vorgehenden<br />
Pfändungsgruppe begünstigt.
§ 31 Quittung <strong>und</strong> Verlustschein<br />
31.1. Quittung<br />
31.2. Verlustschein<br />
Ist einmal der Verwertungserlös unter die Gläubiger verteilt, muss das Vollstrek-<br />
kungsverfahren noch formell abgeschlossen werden. Dem Schuldner wird für den<br />
Tilgungsbetrag eine Quittung erteilt <strong>und</strong> dem nicht voll befriedigten Gläubiger für<br />
seinen Ausfall ein Verlustschein.<br />
Der Schuldner hat Anspruch darauf, dass ihm bescheinigt wird, dass im Verlauf der<br />
Vollstreckung zu seinen Lasten an die Gläubiger ausgezahlt wurde.<br />
Kann der Gläubiger voll befriedigt werden, muss er die Forderungsurk<strong>und</strong>e quittieren<br />
<strong>und</strong> dem BA zuhanden des Schuldners herausgeben, SchKG 150 I. Der Schuldner<br />
hat ebenso Anspruch darauf, dass auch jede andere Beweisurk<strong>und</strong>e ausgehändigt<br />
wird <strong>und</strong> die Tilgung der Forderung im Register festgestellt wird.<br />
Wird die Forderung nur teilweise gedeckt, bleibt die Forderungsurk<strong>und</strong>e in den<br />
Händen des Gläubigers, es ist aber darauf zu bescheinigen, für welchen Restbetrag<br />
die Forderung noch zu Recht besteht, SchKG 150 II.<br />
Der Gläubiger hat Anspruch auf einen amtlichen Ausweis für den in der Betreibung<br />
nicht gedeckten Teil seiner Forderung. Dazu dient ihm der Verlustschein.<br />
Er ist eine amtliche Bescheinigung [öffentliche Urk<strong>und</strong>e] darüber, dass der Gläubiger<br />
in der Betreibung mit einem bestimmten Betrag zu Verlust gekommen ist. Er ist kein<br />
Wertpapier, sondern lediglich ein Beweismittel.<br />
Voraussetzungen<br />
Nur die betreibenden Pfändungsgläubiger erhalten für den ungedeckten<br />
Forderungsbetrag einen Verlustschein, SchKG 149 I.<br />
Ausgeschlossen somit Gläubiger mit bloss provisorischer Pfändung; Pfandgläubiger [infolge<br />
Deckungsprinzip kein Verlust möglich]<br />
Sodann muss der Verlust des Pfändungsgläubigers eindeutig feststehen,<br />
• i.a.R. nach der Verwertung, d.h. bei der Verteilung des Reinerlöses.<br />
• ggf. schon vorher, d.h. während oder vor der Verwertung:<br />
o Wenn die Verwertung erfolglos war <strong>und</strong> keine Nachpfändung anderer<br />
Vermögenswerte möglich ist.<br />
o Wenn es gar nicht zu einer Verwertung kommen kann, weil der Schuldner das<br />
Pfändungsgut verschwinden liess oder weil ein Dritter im Widerspruchsverfahren<br />
obsiegte<br />
o Wenn vor vornherein anzunehmen ist, dass nicht dem Deckungsprinzip gemäss<br />
verwertet werden kann <strong>und</strong> der betreibenden Gläubiger deshalb beantragt, von der<br />
Verwertung abzusehen <strong>und</strong> ihm einen Verlustschein auszustellen.<br />
• ggf. schon im Pfändungsstadium:<br />
o Wenn überhaupt kein pfändbares Vermögen vorhanden ist, dann bildet die leere<br />
Pfändungsurk<strong>und</strong>e den definitiven Verlustschein, SchKG 115 I.<br />
o Weil nach der Schätzung des Betreibungsbeamten nicht genügend pfändbares<br />
Vermögen greifbar ist, die Pfändungsurk<strong>und</strong>e dient dann als provisorischer<br />
Verlustschein, SchKG 115 II.<br />
Steht der Verlust fest, wird der Verlustschein gr<strong>und</strong>sätzlich von Amtes wegen<br />
ausgestellt, SchKG 149 I bis . Nur im Falle von SchKG 127 ist ein Antrag nötig.<br />
Provisorischer <strong>und</strong> definitiver Verlustschein<br />
Der provisorische Verlustschein, SchKG 115, unterscheidet sich vom definitiven,<br />
SchKG 149 dadurch, dass er lediglich auf der Schätzung des Pfändungsgutes durch<br />
das Betreibungsamt beruht; dass er das Betreibungsverfahren, indem sich ein<br />
Verlust erst anzeigt, nicht schon abschliesst sowie das er dementsprechend<br />
wesentlich beschränktere Rechtswirkungen äussert als der definitive Verlustschein.<br />
Wirkungen des Verlustscheins<br />
A. Provisorischer Verlustschein<br />
Die Wirkungen sind ausschliesslich drei betreibungsrechtliche Wirkungen:<br />
o Er verleiht dem Gläubiger das Recht, eine Nachpfändung zu verlangen, SchKG 115<br />
III<br />
o Er bildet für ihn einen Arrestgr<strong>und</strong>, SchKG 271 I Ziff. 5.<br />
o Er legitimiert zur Anfechtungsklage, SchKG 285 II Ziff. 1.<br />
Anders als der definitive Verlustschein äussert der provisorische diese<br />
Wirkungen aber schon während des Betreibungsverfahrens.
31.3. Löschung des Verlustscheines<br />
B. Definitiver Verlustschein<br />
Betreibungsrechtliche Wirkungen<br />
o Formeller Abschluss der hängigen Pfändungsbetreibung<br />
o Erleichterung der Eintreibung der Ausfallsforderung in einer künftigen Exekution, da<br />
der definitive Verlustschein als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82 gilt, SchKG 149<br />
II. Eine richtige Schuldanerkennung ist er allerdings nicht, da vom BA ausgestellt.<br />
Umso weniger bedeutet er eine Novation, OR 116 II.<br />
o Möglichkeit, innert 6 Monaten seit Zustellung des def. Verlustscheines die Betreibung<br />
ohne neuen Zahlungsbefehl fortzusetzen, SchKG 149 III. Er stellt somit das befristete<br />
Recht dar, ohne Durchführung eines neuen Einleitungsverfahrens eine neue<br />
Betreibung gegen den Schuldner zu führen. Er braucht dazu nur das Fortsetzungsbegehren<br />
zu stellen bzw. wenn der Schuldner inzwischen ins HR eingetragen wurde,<br />
die Konkursandrohung zu beantragen.<br />
o Der Verlustschein bildet einen Arrestgr<strong>und</strong>, SchKG 149 II <strong>und</strong> 271 I Ziff. 5.<br />
o Legitimation zur Anfechtungsklage, SchKG 149 II <strong>und</strong> 285 II Ziff. 1.<br />
Zivilrechtliche Wirkungen<br />
o Die im Verlustschein verurk<strong>und</strong>ete Forderung ist nicht mehr verzinslich, SchKG 149<br />
IV. Die Zinspflicht hört aber nur für den Schuldner auf, allfällige Mitverpflichtete –<br />
Mitschuldner, Bürgen – haben weiterhin Zinsen zu bezahlen.<br />
o Für Verlustscheinforderung besteht eine jederzeit unterbrechbare (OR 135)<br />
Verjährungsfrist von 20 Jahren, SchKG 149a I. Sie besteht aber nur gegenüber dem<br />
Schuldner persönlich. Für Mitschuldner <strong>und</strong> Bürgen läuft OR 127 ff. Gegenüber den<br />
Erben des Schuldners verjährt die Forderung spätestens 1 Jahr nach Eröffnung des<br />
Erbganges, SchKG 149a I.<br />
o ZGB 480, 524, 609 II, OR 250 II, VVG 81.<br />
Die Ausstellung des Verlustscheines wird in den Betreibungsregistern eingetragen,<br />
wo er Gegenstand des Einsichtsrechts ist, SchKG 8a. Darum hat der Schuldner<br />
Anspruch darauf, dass nach Untergang der Verlustscheinforderung dies sofort in den<br />
Registern vermerkt, der Verlustschein gelöscht <strong>und</strong> die Löschung ihm bescheinigt<br />
wird, SchKG 149a III.<br />
Löschung ist geboten nach Verjährung der Verlustscheinforderung, nach Zahlung an das<br />
Betreibungsamt, nach Feststellung der ungerechtfertigen Betreibung i.S.v. SchKG 8a III.<br />
Die Weigerung des Amtes, die Löschung vorzunehmen, unterliegt der Beschwerde.<br />
§ 32 Wesen <strong>und</strong> Voraussetzungen der Betreibung auf Pfandverwertung<br />
32.1. Wesen<br />
32.2. Voraussetzungen<br />
Die Betreibung auf Pfandverwertung ist reine Spezialexekution. Von der Pfändungsbetreibung<br />
unterscheidet sie sich dadurch, dass das Vollstreckungssubstrat, der<br />
Pfandgegenstand – bereits im Voraus gegeben ist <strong>und</strong> nicht erst noch durch<br />
Pfändungsbeschlag beschafft werden muss, zudem herrscht in der Betreibung auf<br />
Pfandverwertung keine Konzession an das Prinzip möglichst gleicher Behandlung<br />
der Gläubiger, bspw. ist ein Pfändungsanschluss unbekannt.<br />
Sie greift immer Platz, wo eine pfandgesicherte Forderung zu vollstrecken ist. Als<br />
Sicherheit kann ein Faust- oder Gr<strong>und</strong>pfand bestellt sei, was aber im<br />
Betreibungsrecht weiter gefasst ist als im Zivilrecht:<br />
• Gr<strong>und</strong>pfand [SchKG 37 I]<br />
o Gr<strong>und</strong>pfandverschreibung<br />
o Schuldbrief, Gült<br />
o Gr<strong>und</strong>pfandrechte des kt. Rechts<br />
o Gr<strong>und</strong>last<br />
o Jedes Vorzugesrecht auf bestimmte Gr<strong>und</strong>stücke, soweit es eine Geldleistung zum<br />
Inhalt hat<br />
o Pfandrecht an der Zugehör eines Gr<strong>und</strong>stücks<br />
• Faustpfand [SchKG 37II]<br />
o Eigentliches Faustpfand<br />
o Pfandrecht an Forderungen <strong>und</strong> anderen Rechten<br />
o Viehverpfändung<br />
o Retentionsrecht<br />
Der Eigentumsvorbehalt ist kein Pfandrecht i.S. des SchKG, wird aber bei einer<br />
Betreibung auf Pfändung die Kaufsache zugunsten eines anderen Gläubigers<br />
gepfändet oder fällt der Schuldner in Konkurs, wird der Verkäufer für die Restschuld<br />
wie ein Pfandgläubiger behandelt.<br />
Die Vorausverwertung des Pfandes ist nicht zwingend; dem Schuldner steht es frei,<br />
sich einer Betreibung auf Pfändung oder Konkurs zu unterziehen. Er hat aber das<br />
Recht, sich zu widersetzen <strong>und</strong> vorab die Pfandverwertung zu verlangen.<br />
Beneficium excussionis realis, welches mit Beschwerde gg. Zahlungsbefehl zu erfolgen hat.<br />
Der Schuldner kann auf das beneficium aber schon im voraus verzichten, indem er mit dem Gläubiger oder<br />
dem Dritteigentümer des Pfandes vereinbart, dass die Pfandhaft gegenüber seiner persönlichen Haftung nur<br />
subsidiär gelten solle. Der Drittpfandbesteller kann dies ebenfalls mit Beschwerde geltend machen.
§ 33 Verfahren der Betreibung auf Pfandverwertung<br />
33.1. Einleitungsverfahren<br />
33.2. Verwertung<br />
In bestimmten Fällen darf der Gläubiger zwischen Betreibung auf Pfandverwertung<br />
<strong>und</strong> einer anderen Betreibungsart frei wählen, ohne dass sich der Schuldner auf das<br />
beneficium nach SchKG 41 I bis berufen könnte:<br />
• Durch Gr<strong>und</strong>pfand gesicherte Zinsen oder Annuitäten darf er auch auf dem Wege der<br />
ordentlichen Betreibung einfordern, SchKG 41 II.<br />
• Für pfandgesicherte Forderungen, die auf einem Wechsel oder Check gründen, darf er die<br />
Wechselbetreibung verlangen, sofern der Schuldner konkursfähig ist, SchKG 41 II Satz 2.<br />
• Der Pfandgläubiger kann sich auch den Weg der ordentlichen Betreibung öffnen, indem er<br />
in gesetzlicher Form auf sein Pfandrecht verzichtet, was er dem Schuldner aber<br />
spätestens im Zahlungsbefehl mitteilen muss.<br />
• Vereinbarte subsidiäre Pfandhaft.<br />
• Gr<strong>und</strong>pfand [SchKG 37 I]<br />
Im Grossen <strong>und</strong> Ganzen analog dem ordentlichen Einleitungsverfahren, mit<br />
sachbedingten Besonderheiten, SchKG 87:<br />
Betreibungsbegehren<br />
Das BB muss die üblichen Angaben nach SchKG 67 enthalten, darüber hinaus aber<br />
noch den Pfandgegenstand bezeichnen sowie den Namen eines allfälligen<br />
Dritteigentümers desselben sowie die allfällige Verwendung eines verpfändeten<br />
Gr<strong>und</strong>stücks als Familienwohnung angeben, SchKG 151 I.<br />
Zahlungsbefehl<br />
Gewöhnlicher Zahlungsbefehl nach SchKG 69<br />
Besonderheit: Zahlungsfrist 1 Monat bzw. 6 Monate, SchKG 152 I Ziff. 1.<br />
Verwertungsandrohung, SchKG 152 I Ziff. 2.<br />
Zustellung auch an Dritteigentümer des Pfandes, SchKG 153 I, IIa<br />
bzw. an Familiengatten im Falle von SchKG 153 II b.<br />
Ergibt sich die Besonderheit (Familienwohnung, Dritteigentum usw.) erst im Lauf der<br />
Betreibung, müssen die zusätzlichen Zahlungsbefehle nachträglich zugestellt werden; die<br />
Verwertung darf erst stattfinden, wenn auch diese Zahlungsbefehle rechtskräftig sind <strong>und</strong> die<br />
Verwertungsfrist von 6 Monaten abgelaufen ist.<br />
Mit dem Betreibungsbegehren kann auch die Ausdehnung der Pfandhaft auf Miet- oder<br />
Pachtzinse geltend gemacht werden.<br />
Rechtsvorschlag <strong>und</strong> Rechtsöffnung<br />
Gewöhnliche Regelung nach SchKG 153 IV<br />
Besonderheit: Jeder Mitbetriebene kann RV erheben, SchKG 153 II Satz 2.<br />
Mit dem Rechtsvorschlag können sowohl Bestand, Umfang oder<br />
Fälligkeit der Forderung bestritten werden als auch Bestand <strong>und</strong><br />
Umfang des Pfandrechts, Begründung ist nicht erforderlich.<br />
Der Ehegatte des Schuldners oder des Dritteigentümers kann<br />
geltend machen, ZGB 169 werde verletzt.<br />
Die Rechtsöffnung ist zu erteilen, wenn der Gläubiger einen Rechtsöffnungstitel<br />
vorweist, der die bestrittene Forderung oder das bestrittene Pfandrecht belegt. Nach<br />
provisorischer Rechtsöffnung steht die Aberkennungsklage nicht nur dem Schuldner,<br />
sondern auch dem mitbetriebenen Dritteigentümer des Pfandes <strong>und</strong> dem Ehegatten<br />
zu.<br />
Der Antrag auf Verwertung kann vom betreibenden Gläubiger, vom Schuldner oder<br />
vom Dritteigentümer des Pfandes ausgehen. Nach unbenützem Ablauf der<br />
Verwertungsfrist erlischt die Betreibung. Kommt es nach dem Rechtsvorschlag zu<br />
einem gerichtlichen Verfahren, stehen diese Fristen während der Prozessdauer still,<br />
SchKG 154 I Satz 2 = SchKG 88 II.<br />
Sobald das Verwertungsbegehren vorliegt, bereitet das Betreibungsamt die<br />
Verwertung in ähnlicher Weise vor wie in der Betreibung auf Pfändung. Er schätzt<br />
den Wert des Pfandes <strong>und</strong> nimmt es zur Bewirtschaftung <strong>und</strong> Verwaltung in<br />
Verwahrung. Ferner leitet es ggf. das Widerspruchsverfahren ein, SchKG 155 I.<br />
Für ein Gr<strong>und</strong>stück muss ein Lastenverzeichnis erstellt <strong>und</strong> das Lastenbereinigungsverfahren<br />
durchgeführt werden.<br />
Ausserdem hat das BA eine Verfügungsbeschränkung im Gr<strong>und</strong>buch vormerken zu<br />
lassen, sofern dies nicht schon früher auf Antrag des Pfandgläubigers geschehen ist.<br />
Das Pfand wird auf die gleiche Art <strong>und</strong> Weise verwertet wie ein gepfändeter<br />
Vermögensgegenstand, SchKG 156 I. Insbesondere ist auch hier das<br />
Deckungsprinzip zu wahren, SchKG 126, zudem kommt ebenfalls der Verwertungsaufschub,<br />
SchKG 123, die vorzeitige Verwertung, SchKG 124 II, 133 II <strong>und</strong> der<br />
Freihandverkauf, SchKG 143 b in Frage.
33.3. Verteilung<br />
33.4. Quittung <strong>und</strong> Pfandausfallschein<br />
Überflüssig wird die Verwertung des Pfandobjektes, wenn bereits seine Früchte <strong>und</strong><br />
Erträgnisse ausreichen, um die Betreibungsforderung <strong>und</strong> Kosten zu decken. Dann<br />
bleibt es einstweilen bei der Zwangsverwaltung. In allen anderen Fällen muss das<br />
Pfand versilbert werden.<br />
Bei der Betreibung auf Gr<strong>und</strong>pfandverwertung sind Besonderheiten zu beachten:<br />
• Die Steiger<strong>und</strong>bedingungen müssen bestimmen, dass der dem betreibenden<br />
Pfandgläubiger zukommende Anteil am Zuschlagspreis bar zu bezahlen ist, wenn nichts<br />
anderes vereinbart wurde; die Belastung des Gr<strong>und</strong>stücks wird hierauf im Gr<strong>und</strong>buch<br />
gelöscht, SchKG 156 I Satz 2.<br />
• Zum Schutz des Schuldners vor Missbrauch durch den Pfandgläubiger werden sodann<br />
nach SchKG 156 II Eigentümer- <strong>und</strong> Inhaberschuldbriefe, die der Schuldner als Sicherheit<br />
zu Faustpfand begeben hat, bei gesonderter Verwertung desselben auf den Betrag des<br />
Erlöses herabgesetzt. 5<br />
• Bei der Verpfändung mehrerer Gr<strong>und</strong>stücke für dieselbe Forderung sind primär diejenigen<br />
des Schuldners, sek<strong>und</strong>är die restlichen zu verwerten.<br />
Aus dem Pfanderlös sind zunächst die Kosten der Verwaltung, Verwertung <strong>und</strong><br />
Verteilung zu begleichen, SchKG 157 I. Der verbleibende Resterlös wird den<br />
Pfandgläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen einschliesslich des laufenden<br />
Zinses <strong>und</strong> der Betreibungskosten ausgerichtet. Dabei sind alle Pfandgläubiger zu<br />
berücksichtigen, deren Forderungen nicht dem Ersteigerer überb<strong>und</strong>en werden.<br />
• Gr<strong>und</strong>pfand: ZGB 818, 819<br />
• Faustpfand: ZGB 891 II<br />
Genügt der Nettoerlös nicht, um alle Pfandgläubiger voll zu befriedigen, stellt das BA<br />
für sie einen Kollokationsplan auf, SchKG 157 III. Für den Betrag <strong>und</strong> den Rang der<br />
Gr<strong>und</strong>pfandrechte ist das Lastenverzeichnis massgebend.<br />
Kommen gemäss Kollokationsplan Unternehmer oder Bauhandwerker zu Verlust,<br />
stellt sich die Frage ihres Vorrechts, ZGB 837 I Ziff. 3; 841. Zur Klärung der<br />
Rechtslage verfährt das BA nach VZG 117.<br />
Dem Schuldner wird nach den gewöhnlichen Regeln Quittung erteilt, SchKG 157 IV<br />
i.V.m. SchKG 150. Unbekümmert um das Ergebnis der Verwertung wird das<br />
Pfandrecht im Gr<strong>und</strong>buch abgeschrieben; ein ungedeckt gebliebener Betrag<br />
(Pfandausfall) bleibt jedoch als ungesicherte Forderung bestehen.<br />
Der Gläubiger, der in einer Betreibung auf Pfandverwertung nicht volle Befriedigung<br />
erlangt, erleidet noch keinen eigentlichen Verlust, sondern bloss einen Pfandausfall.<br />
Ob er je zu Verlust kommen wird, könnte sich erst nach einer weiteren, auf<br />
Vollstreckung in das gesamte Schuldnervermögen zielenden Betreibung (auf<br />
Pfändung oder Konkurs) zeigen. Darum erhält der Gläubiger nur eine amtliche<br />
Bescheinigung darüber, dass seine Forderung aus dem Pfanderlös nicht oder nicht<br />
vollständig bezahlt werden konnte: einen Pfandausfallsschein, SchKG 158 I.<br />
Anspruch auf dessen Ausstellung hat einzig der betreibende Pfandgläubiger, wenn<br />
entweder das Pfand wegen ungenügenden Angebots nicht verwertet werden konnte,<br />
SchKG 126 f., oder der Erlös nicht ausreicht, um seine Forderung zu tilgen, SchKG<br />
158 I.<br />
Alle übrigen nicht-betreibenden Pfandgläubiger erhalten lediglich eine Bescheinigung<br />
darüber, dass sich die Forderung als ungedeckt erwiesen hat, eine Urk<strong>und</strong>e ohne<br />
besondere Wirkungen, VZG 120.<br />
Der Pfandausfallschein hat infolge der beschränkteren Aussagekraft wesentlich<br />
schwächere Wirkungen als der Pfändungsverlustschein:<br />
• Er löst keine öffentlichrechtlichen Folgen aus (vgl. § 14)<br />
• Dem bisherigen Pfandgläubiger gibt er das bedeutsame Recht, die Betreibung für die<br />
Ausfallforderung jetzt auf das übrige Vermögen des Schuldners zu richten (Einrede des<br />
beneficium fällt dahin).<br />
• Binnen Monatfrist seit der Zustellung des Pfandausfallscheines darf der Gläubiger sogar<br />
ohne neues Einleitungsverfahren gegen den Schuldner vorgehen, SchKG 158 II Satz 2.Er<br />
braucht nur das Pfändungsbegehren oder das Begehren um Konkursandrohung zu stellen.<br />
Dies setzt aber persönliche Haftung des Schuldners dem Gläubiger voraus; wo nur reine<br />
Sachhaftung besteht (Gült, Gr<strong>und</strong>last), kann der Gläubiger ausschliesslich aus dem Wert<br />
des Gr<strong>und</strong>stücks Befriedigung verlangen, ZGB 847 III <strong>und</strong> 791.<br />
• Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82. Ebenso wenig wie der<br />
Verlustschein wirkt der Pfandausfallschein jedoch novatorisch.<br />
5 Vgl. Vorlesung Sachenrecht II Rey, Beispiel mit Inhaberschuldbrief, der als Faustpfand übergeben wird.
§ 34 Retentionsrecht bei Miete <strong>und</strong> Pacht von Geschäftsräumen sowie StwE<br />
34.1. Retentionsverzeichnis<br />
Miet- <strong>und</strong> Pachtzinsforderungen sowie Beitragsforderungen der StwE-Gemeinschaft<br />
können wie jede andere Forderung durch gewöhnliche Betreibung geltend gemacht<br />
werden.<br />
Der StwE-Gemeinschaft sowie den Vermietern <strong>und</strong> Verpächtern von<br />
Geschäfträumen steht jedoch zur Sicherung ihrer Forderungen noch ein besonderes<br />
Retentionsrecht zur Verfügung, OR 268 ff, 299c, ZGB 712 k.<br />
Wollen sie es geltend machen, so kommen die Bestimmungen von SchKG 283 <strong>und</strong><br />
284 zur Anwendung. Danach ist die Betreibung auf dem Wege der Pfandverwertung<br />
durchzuführen; denn betreibungsrechtlich gilt das Retentionsrecht als Faustpfand,<br />
SchKG 27 II.<br />
Trotzdem steht der StwE-Gemeinschaft noch das gesetzliche Pfandrecht, ZGB 712 i, sowie den Vermietern<br />
noch Kautionsmöglichkeiten zu.<br />
Das Retentionsrecht kann vor oder mit Anhebung einer Betreibung erfolgen, SchKG<br />
283 I. Auf Begehren eines Gläubigers nimmt das BA ein Retentionsverzeichnis auf,<br />
SchKG 283 III. Zu diesem Zweck können sogar Gegenstände, die der Schuldner vor<br />
Aufnahme des Verzeichnisses fortgeschafft hat, wieder beigebracht <strong>und</strong><br />
aufgezeichnet werden, SchKG 284.<br />
Gleich wie ein Arrest muss der Retentionsbeschlag durch Einleitung der Betreibung<br />
prosequiert werden.<br />
Dem Retentionsgläubiger gegenüber besteht kein beneficium excussionis realis, der<br />
Schuldner kann ihn nicht zur Betreibung auf Pfandverwertung zwingen. Durch die<br />
Wahl der ordentlichen Betreibung geht dem Gläubiger allerdings das Retentionsrecht<br />
auch nicht verloren. Er kann es vielmehr in einer späteren Betreibung erneut geltend<br />
machen; auch in der Betreibung eines Dritten gegen den Schuldner im<br />
Widerspruchsverfahren.<br />
Das Deckungsprinzip ist bei der Verwertung auf das Retentionsrecht nicht<br />
anwendbar.<br />
Das Retentionsrecht des Vermieters, Verpächters <strong>und</strong> der StwE-Gemeinschaft ist<br />
insofern atypisch, als sich die Retentionsgegenstände im Besitz des Schuldners<br />
befinden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e muss dieses Retentionsrecht zunächst gegenständlich<br />
konkretisiert <strong>und</strong> besonders gesichert werden.<br />
Das Retentionsverzeichnis bezweckt die autoritative Feststellung der dem<br />
Retentionsrecht unterworfenen Gegenstände. Formell <strong>und</strong> inhaltlich besteht es in<br />
einem betreibungsrechtlichen Inventar, SchKG 283 III.<br />
Die Retentionsurk<strong>und</strong>e ist die Durchführung für die Betreibung der<br />
Retentionsbetreibung; ohne sie wäre die Betreibung nichtig.<br />
Voraussetzungen:<br />
• Retentionsforderung<br />
o Miet- oder Pachtzinsforderung für die Überlassung von Geschäftsräumen; d.h. für den<br />
laufenden auch noch nicht fälligen Halbjahreszins <strong>und</strong> einen verfallenen Jahreszins,<br />
OR 268 I.<br />
o Beitragsforderungen der StwE-Gemeinschaft, die während der letzten 3 Jahre<br />
aufgelaufen sind, ZGB 712 k. Diese Forderungen müssen aber fällig sein.<br />
• Retentionsgegenstand<br />
o Jede bewegliche Sache im Eigentum des Schuldners, die sich in den gemieteten<br />
Geschäftsräumen oder in den Räumen des StwE befindet, der Benützung oder<br />
Einrichtung derselben dient – <strong>und</strong> pfändbar ist.<br />
Auch Sachen Dritter können gepfändet werden, namentlich von Untermietern im<br />
Falle von OR 268 II; beliebigen Dritten, sofern der Retentionsgläubiger nicht wusste<br />
bzw. wissen konnte, dass die einem Dritten gehören.<br />
Die räumliche Verbindung darf nicht bloss zufällig, sondern sie muss vielmehr von<br />
einer gewissen Dauer sein.<br />
• Keine anderweitige Sicherstellung durch den Schuldner<br />
o Kaution, Bankgarantie, ZGB 898 per analogiam.<br />
Das BA kann die materiellen Voraussetzungen nur summarisch prüfen. Nur wenn<br />
das Retentionsrecht offensichtlich nicht besteht, darf es die Aufnahme des<br />
Verzeichnisses ausnahmsweise aus materiellrechtlichen Gründen ablehnen.
34.2. Aufnahme des Retentionsverzeichnis’<br />
Materiellrechtliche Streitigkeiten um das Retentionsrecht sind vom Richter zu<br />
entscheiden:<br />
• Forderung <strong>und</strong> Retentionsrecht kann der Schuldner in der Retentionsbetreibung mit<br />
Rechtsvorschlag bestreiten.<br />
• Erfasst die Retention Gegenstände Dritter, so steht diesem das Widerspruchsverfahren<br />
offen<br />
• Die Pfändbarkeit der retinierten Gegenstände ist von den Aufsichtsbehörden im<br />
Beschwerdeverfahren zu beurteilen.<br />
Bsp: In der Mietzinsbetreibung gegen eine Wachanstalt macht der Vermieter sein<br />
Retentionsrecht an den Einrichtungsgegenständen geltend, der Verkäufer der Anlagen den<br />
Eigentumsvorbehalt, der Schuldner Unpfändbarkeit.<br />
Der Verkäufer wahrt seine Rechte im Widerspruchsverfahren, der Schuldner bestreitet das<br />
Retentionsrecht mit Rechtsvorschlag <strong>und</strong> die Pfändbarkeit der Dampfanlagen mit<br />
Beschwerde.<br />
Per analogiam sind die Vorschriften über die Pfändung <strong>und</strong> den Arrestvollzug<br />
heranzuziehen:<br />
• Zuständigkeit des BA am Ort der gelegenen Sache<br />
• Beizug der Polizei wenn Gefahr im Verzug liegt, SchKG 283 II<br />
• Keine vorherige Ankündigung notwendig, SchKG 275 => SchKG 90. Es handelt sich um<br />
eine sichernde Handlung, nicht um eine Betreibungshandlung.<br />
• Die retinierten Gegenstände werden einzeln aufgezeichnet; auch hier darf nur soviel in die<br />
Urk<strong>und</strong>e aufgenommen werden, als zur Sicherung notwendig ist.<br />
• Ausgeschlossen von der Aufnahme sind Kompetenzstücke.<br />
34.3. Wirkungen <strong>und</strong> Prosekution des Retentionsverzeichnisses<br />
34.4. Rückschaffung entfernter Gegenstände<br />
Die Aufnahme der Retentionsurk<strong>und</strong>e ist eine reine Sicherungsmassnahme, keine<br />
Vollstreckungsmassnahme. Darum äussert sie auch keine materiellrechtliche<br />
Wirkung.<br />
Die Wirkung des Verzeichnisses besteht vielmehr darin, dass der Schuldner die<br />
aufgezeichneten Gegenstände zwar weiterhin gebrauchen, aber nicht mehr über sie<br />
verfügen darf, sofern er nicht anderweitig Sicherheit schafft. Die Aufnahme in das<br />
Verzeichnis begründet den Retentionsbeschlag. V.a. verschafft er aber dem<br />
Gläubiger die Befugnis, die Retentionsgegenstände in einer Betreibung auf Pfandverwertung<br />
zu seinen Gunsten verwerten zu lassen.<br />
Als sichernde Massnahme – wie der Arrest – äussert die Retention nur befristete<br />
Rechtswirkung, sie muss prosequiert werden. Das BA setzt daher dem Gläubiger<br />
Frist zur Betreibung auf Pfandverwertung; deren Umfang auf die in das<br />
Retentionsverzeichnis aufgenommenen Gegenstände beschränkt ist.<br />
Dass Sachen, die unter amtlichem Beschlag liegen, jederzeit <strong>und</strong> bedingungslos<br />
wieder beizubringen sind, wenn sie widerrechtlich beiseite geschafft wurden, verlangt<br />
schon allein die Durchsetzung öffentlichen Zwangs im Rechtsstaat. In Fällen<br />
unbefugten Entfernens müssen die Bedingungen von SchKG 284 <strong>und</strong> OR 268b nicht<br />
erfüllt sein. Vorbehalten bleibt dann nur gutgläubiger Erwerb eines Dritten, vgl.<br />
Pfändung, SchKG 96.<br />
Darüber hinaus bietet SchKG 284 <strong>und</strong> OR 268b II noch weiteren Schutz, indem unter<br />
gewissen Voraussetzungen die Rückschaffungsmöglichkeit von Gegenständen, die<br />
noch vor dem amtlichen Beschlag eilends weggeschafft wurden, geschaffen wird.<br />
Ggf. ist sogar Selbsthilfe, OR 52 III, denkbar.<br />
Voraussetzungen<br />
Rückschaffung von noch nicht aufgenommenen Gegenständen kommt nur in Frage,<br />
wenn sie heimlich oder gewaltsam fortgeschafft wurden, also in einer Art, die dem<br />
Retentionsgläubiger erfolgreichen Widerstand unmöglich machte. Es erfordert innert<br />
10 Tagen einen Antrag des Gläubigers. Ggf. kommt eine Wiederherstellung i.S.v.<br />
SchKG 33 IV in Frage.<br />
Ausgeschlossen ist eine Rückschaffung, sobald Dritte an den Retentionsgegenständen<br />
gutgläubig Rechte erworben haben; bspw. ein neuer Vermieter des<br />
Schuldners gutgläubig an den in Geschäftsräume verbrachten Gegenständen ein<br />
Retentionsrecht erworben hat.<br />
Verfahren<br />
Die Rückschaffung wird auf Begehren des Retentionsgläubigers vom BA am Ort, von<br />
wo die Gegenstände fortgeschaffen wurden, angeordnet <strong>und</strong> vollzogen. GGf. muss<br />
auf dem Requisitionsweg vorgegangen werden.
Statt die Retentionsgegenstände zurückzubringen, kann sie das Betreibungsamt<br />
auch in Verwahrung nehmen oder sich vom Schuldner als Ersatz dafür eine<br />
entsprechende Sicherheit leisten lassen.<br />
Macht ein Drittbesitzer an den fortgeschafften Gegenständen ein eigenes Recht<br />
geltend, darf das BA ihn nicht einfach auf das Widerspruchsverfahren vertrösten, es<br />
kommt zum Retentionsstreit.<br />
Retentionsstreit<br />
Der Streit über die Rückschaffung von Retentionsgegenständen ist<br />
materiellrechtlicher Natur <strong>und</strong> deshalb vom ordentlichen Richter zu beurteilen.<br />
• Kläger ist der Retentionsgläubiger gegen den besitzenden Dritten, der sich der<br />
Rückschaffung widersetzt.<br />
• Der beklagte Dritte kann sich nicht nur auf sein eigenes Recht stützen (insbes.<br />
gutgläubiger Erwerb), sondern dem Gläubiger auch alle Einreden gegen das<br />
Retentionsrecht entgegenhalten.<br />
• Dem Kläger obliegt es, den guten Glauben des Dritten zu widerlegen <strong>und</strong> das Retentionsrecht<br />
nachzuweisen.<br />
Auch der Schuldner kann sich der Rückschaffung widersetzen oder die Herausgabe<br />
zurückgeschaffter Gegenstände verlangen:<br />
• Mit Beschwerde kann er geltendmachen, dass die betreibungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen der Rückschaffung nicht gegeben waren, bspw. Unzuständigkeit des<br />
Betreibungsamtes; offensichtlich unbegründetes Retentionsrecht, Unpfändbarkeit.<br />
• Hingegen braucht der Schuldner nicht gegen den Gläubiger zu klagen, mittels<br />
Rechtsvorschlag in der Prosekutionsbetreibung kann er ihn zwingen, das behauptete<br />
Retentionsrecht selbst durch Rechtsöffnungsgesuch bzw. Feststellungsklage gerichtlich<br />
geltend zu machen.
§ 35 Allgemeine Gr<strong>und</strong>lagen des Konkurses<br />
35.1. Voraussetzungen des Konkurses<br />
35.2. Wirkungen des Konkurses<br />
Ein einzelner Gläubiger kann den Schuldner in den Konkurs treiben – ist aber der<br />
Konkurs einmal eröffnet, laufen immer alle Gläubiger zusammen <strong>und</strong> nehmen an<br />
diesem kollektiven Verfahren teil. Sie alle trachten nach Befriedigung für alle ihre<br />
Forderungen gegenüber ihrem gemeinsamen Schuldner.<br />
Der Konkurs bedeutet somit die vollständige Liquidation des Schuldnervermögens,<br />
sowohl aller Aktiven wie auch aller Passiven. Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt<br />
nach dem Prinzip der Gleichbehandlung; nur zugunsten bestimmter Forderungskategorien<br />
bestehen gewisse Vorrechte [Pfandforderungen, privilegierte<br />
Forderungen].<br />
Der Konkurs bietet den Gläubigern bloss einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf<br />
Durchführung des Verfahrens <strong>und</strong> Befriedigung aus dem Erlös; der Schuldner bleibt<br />
Rechtsträger aller seiner Vermögensbestandteile bis zur Verwertung.<br />
Ein Konkurs kann infolge seiner einschneidenden Konsequenzen nur durch<br />
Gerichtsentscheid ausgelöst werden: Konkurserkenntnis; welches einen<br />
Konkursgr<strong>und</strong> voraussetzt.<br />
Formeller Konkursgr<strong>und</strong><br />
Als formeller Konkursgr<strong>und</strong> gilt die erfolgreiche Durchführung einer Betreibung, in<br />
deren Folge der Gläubiger die Konkurseröffnung verlangen kann:<br />
• Konkursfähiger Schuldner, SchKG 39<br />
• Keine Forderung i.S.v. SchKG 43 (ausser SchKG 190 als lex specialis)<br />
Materieller Konkursgr<strong>und</strong><br />
Diese bestehen in einer besonderen schlechten Vermögenslage oder in einer<br />
unredlichen Verhaltensweise des Schuldners, welche die vollständige Befriedigung<br />
der Gläubiger als zweifelhaft oder gefährdet erscheinen lassen. In einer solchen<br />
Situation darf der Konkurs sofort, d.h. ohne vorgängige Konkursbetreibung,<br />
ausgesprochen werden, SchKG 190.<br />
Materielles <strong>Konkursrecht</strong><br />
Das materielle <strong>Konkursrecht</strong> behandelt die materiellrechtlichen Auswirkungen des<br />
Konkurses auf das Vermögen des Schuldners einerseits <strong>und</strong> auf die Gläubigeransprüche<br />
sowie auf die Rechte Dritter andererseits, §§ 40 – 42. Alles verwertbare<br />
Vermögen des Gläubigers gilt als Sondervermögen, über welches der Schuldner<br />
infolge des Konkursbeschlages nicht mehr verfügen darf, obwohl er immer noch<br />
Eigentümer ist. [ = Aktivmasse, Konkursmasse].<br />
Alle Forderungen der Gläubiger, die nun ihren individuellen Vollstreckungsanspruch<br />
verloren haben, bilden die Passivmasse.<br />
Formelles <strong>Konkursrecht</strong><br />
Aufgabe des formellen <strong>Konkursrecht</strong>s ist es, die Aktiven des Schuldners in einem<br />
Inventar <strong>und</strong> die Passiven im Kollokationsplan festzustellen; die Aktivmasse zu<br />
verwalten <strong>und</strong> zu verwerten; kurzum: Aktiv- <strong>und</strong> Passivmasse zu liquidieren.
§ 36 Konkursgründe - Die ordentliche Konkursbetreibung<br />
36.1. Konkursandrohung<br />
36.2. Güterverzeichnis<br />
Das Einleitungsverfahren der ordentlichen Konkursbetreibung erfolgt analog der<br />
Betreibung auf Pfändung: BB, ZB, ggf. RV, ggf. Röf-V, ggf. Aberkennungsklage oder<br />
Leistungsklage oder Feststellungsklage.<br />
Ebenso erfolgt das Fortsetzungsbegehren – das BA stellt jetzt aber die Weiche <strong>und</strong><br />
setzt die Betreibung auf dem Wege der Konkursbetreibung fort, SchKG 38 III.<br />
Falsche Weichenstellung muss von Amtes wegen korrigiert werden, bspw. Aufhebung der irrtümlichen<br />
Pfändung <strong>und</strong> Zustellung der Konkursandrohung.<br />
• Konkursandrohung<br />
• Fakultative Aufnahme eines Güterverzeichnisses<br />
• Konkurseröffnung<br />
Sie wird dem Schuldner in derselben Form wie der Zahlungsbefehl unverzüglich<br />
nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens zugestellt. Sie entspricht der Pfändungsankündigung<br />
in der Spezialexekution <strong>und</strong> kann nur vom BA am Konkursort gültig<br />
erlassen werden, anderenfalls sie nichtig wäre.<br />
1. Voraussetzungen der Konkursandrohung<br />
• Die Betreibung muss sich gegen einen im Zeitpunkt der Konkursandrohung<br />
konkursfähigen Schuldner richten; das Fortsetzungsbegehren muss noch während der<br />
Dauer der Konkursfähigkeit gestellt worden sein, SchKG 39 <strong>und</strong> 40.<br />
• Der Schuldner muss in der Schweiz einen Konkursort haben<br />
• Die Betreibung auf Konkurs darf nicht durch einen gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen<br />
sein, bspw. SchKG 41 [Ausnahmen möglich], SchKG 43.<br />
• Rechtskräftiger Zahlungsbefehl [Ausnahme: infolge Pfandausfall- oder<br />
Pfändungsverlustschein].<br />
• Begehren des Gläubigers.<br />
2. Inhalt der Konkursandrohung<br />
SchKG 160<br />
Das Güterverzeichnis ist ähnlich dem Retentionsverzeichnis oder dem Arrest eine<br />
bloss vorläufige Sicherungsmassnahme zum Schutz der Gläubigerrechte, folglich<br />
keine Betreibungshandlung. Im Falle der Form eines amtlichen Inventars des<br />
Schuldnervermögens wird festgestellt, was im Falle der Konkurseröffnung alles zur<br />
Aktivmasse gehören könnte.<br />
Da es später – im Falle der Konkurseröffnung – die Gr<strong>und</strong>lage für das<br />
Konkursinventar bildet, kann es nur vom zuständigen Konkursgericht angeordnet<br />
werden; einseitige Verfügung im summarischen Verfahren, SchKG 162, 341 I, ZPO<br />
213 Ziff 4, GVG 23. [Rekurs oder NB an OGer, SB an BGer, NB an KassG, SB]<br />
Die Aufnahme des Güterverzeichnisses setzt ein Begehren des Gläubigers voraus.<br />
Diese ordnet es an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Sicherung des Schuldnervermögens<br />
wegen Gefährdung des Gläubigerinteresses als geboten erscheinen<br />
lassen, SchKG 162. Bei gegebenen Voraussetzungen steht dem Gläubiger auch der<br />
billigere Arrest zur Verfügung.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der gerichtlichen Verfügung nimmt das BA das Güterverzeichnis auf,<br />
SchKG 163 I. Ist Gefahr im Verzug, darf die Ankündigung i.S.v. SchKG 90 [Verweis<br />
durch SchKG 163 II] unterbleiben. Im Hinblick auf die Generalexekution muss der<br />
Schuldner nun aber alle ihm gehörenden Vermögenswerte angeben.<br />
Obwohl das Güterverzeichnis dem Arrest oder dem Retentionsverzeichnis ähnelt,<br />
gehen die Wirkungen weniger weit: Der Schuldner ist bloss einer modifizierten<br />
Verfügungsbeschränkung unterworfen; er ist verpflichtet, die aufgezeichneten<br />
Vermögensbestandteile zu erhalten. Er darf sie aber gebrauchen <strong>und</strong> verbrauchen,<br />
muss sie aber durch gleichwertige ersetzen. Dem Schuldner obliegt nur die Pflicht,<br />
den Wert des inventarisierten Vermögens zu bewahren. Ohne Ersatzpflicht darf der<br />
Schuldner nur soviel verbrauchen, als er nach dem Ermessen des BA für den<br />
Lebensunterhalt von sich <strong>und</strong> seiner Familie benötigt.<br />
Das Güterverzeichnis darf infolge seines provisorischen Sicherungszwecks nicht<br />
unbeschränkt lange gelten. Stimmen sämtliche Gläubiger, die das<br />
Einleitungsverfahren erfolgreich durchgeführt haben, zu, kann das BA das<br />
Güterverzeichnis aufheben, SchKG 165 I; von Gesetzes wegen innert 4 Monaten<br />
nach Erstellung des Verzeichnisses, SchKG 165 II; der Gläubiger soll innert dieser<br />
Frist Konkursbegehren stellen. Ausnahme: Bei provisorischer Röf; dann wirkt GüV<br />
während ganzer Dauer des Aberkennungsprozesses.<br />
Ebenso macht der Entscheid über das Konkursbegehren das GüV entweder<br />
gegenstandslos oder zur Gr<strong>und</strong>lage für das Konkursinventar.
36.3. Konkurseröffnung<br />
Die Konkurseröffnung schliesst die Konkursbetreibung ab <strong>und</strong> löst die<br />
Generalexekution aus. Hat das Gericht auf Antrag [Konkursbegehren] des<br />
Gläubigers den Konkurs eröffnet, wird er von Amtes wegen abgewickelt.<br />
Konkursbegehren<br />
SchKG 166 I; Einreichen beim Konkursgericht am Konkursort. Legitimiert ist der<br />
Gläubiger, der die Konkursandrohung erwirkt hat. Frist: frühestens 20 Tage seit der<br />
Konkursandrohung <strong>und</strong> spätestens 15 Monate nach Zustellung des ZB; Röf-Fristen<br />
verlängern die Frist, SchKG 166.<br />
Zieht der Gläubiger das Begehren zurück, darf er es erst nach einem Monat<br />
erneuern, SchKG 167.<br />
Die Einreichung eines Konkursbegehrens bewirkt,<br />
• Dass der Richter den Termin für die gerichtliche Verhandlung (Konkursverhandlung)<br />
bestimmt, SchKG 168<br />
• Dass der Antragsteller von Gesetzes wegen für die Kosten bis zum Schuldenruf oder bis<br />
zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven haftet [Vorschuss möglich]<br />
• Dass das Gericht zur Wahrung der Gläubigerinteressen vorsorgliche Massnahmen treffen<br />
kann, SchKG 170, wie Güterverzeichnis, Verfügungsbeschränkung im GB,<br />
Zahlungsverbot, Beschlagnahme, Siegelung, Schliessungen.<br />
Konkurseröffnungsverfahren<br />
Über das Konkursbegehren wird im summarischen Verfahren entschieden, SchKG<br />
25 Ziff. 2a; ER im sV, Rekurs an OGer, staBe an BGer. Am angezeigten Termin wird<br />
ohne Aufschub entschieden; der Richter hat konkurshindernde Tatsachen von Amtes<br />
wegen zu beachten [Untersuchungsmaxime].<br />
Entscheid des Gerichtes<br />
1. Aussetzen des Entscheides<br />
Verschiedentlich muss erst noch der Ausgang eines anderen Verfahrens<br />
abgewartet werden, bevor über das Konkursbegehren entschieden werden<br />
kann, SchKG 173 <strong>und</strong> 173a.<br />
Entweder sind noch Fragen offen, deren Beurteilung in die Zuständigkeit der<br />
Aufsichtsbehörde fällt [Beschwerde mit aufschiebender Wirkung]; die Betreibung<br />
im Rahmen von SchKG 85 oder 85 a II vom Richter eingestellt wurde<br />
[Einstellung nach 85 a III bewirkt Abweisung, SchKG 172 Ziff. 3 p.a.] Ebenso<br />
kann ein Gesuch um Nachlass- oder Notst<strong>und</strong>ung das Aussetzen eines<br />
Entscheides rechtfertigen oder wenn ein Gesuch um Bewilligung einer<br />
besonderen Zahlungsfrist nach ZGB 203, 218, 235, 250 erfolgt.<br />
2. Abweisung des Konkursbegehrens [zwingend]<br />
• SchKG 172 Ziff. 1, ebenso wenn Aufsichtsbehörde Nichtigkeit der<br />
Konkursbetreibung festgestellt hat.<br />
• SchKG 172 Ziff. 2, nachträglicher RV oder Wiederherstellung einer Frist<br />
• SchKG 172 Ziff. 3 als beso Anwendungsfall von SchKG 85.<br />
• Einstellung der Betreibung nach SchKG 85 a III bzw. 85.<br />
• Bewilligung einer besonderen Zahlungsfrist nach ZGB 203, 218, 235, 250<br />
• Gewährung einer Nachlass- oder Notst<strong>und</strong>ung.<br />
3. Gutheissung des Konkursbegehrens<br />
= Konkurserkenntnis [Konkursdekret]. Das Gericht spricht den Konkurs aus,<br />
sofern weder ein Nichteintretens- noch ein Aussetzungs- noch ein<br />
Abweisungsgr<strong>und</strong> vorliegt, SchKG 171 Ziff. 2. Die Konkurseröffnung ist sofort<br />
wirksam, das Konkurserkenntnis mithin sofort vollstreckbar, die Weiterziehung<br />
des Entscheides hat nur auf bewilligtes Gesuch hin aufschiebende Wirkung,<br />
SchKG 174 III.<br />
Der Zeitpunkt des Entscheides muss nach Tag <strong>und</strong> St<strong>und</strong>e bestimmt sein, weil<br />
der Konkurs damit augenblicklich seine materiell- <strong>und</strong> formellrechtlichen<br />
Wirkungen entfaltet, SchKG 175.<br />
Zivilrechtliche Folgen:<br />
Eintritt der Gütertrennung, ZGB 188<br />
Erlöschen einer Vollmacht, OR 35 I<br />
Recht des Vertragspartners, Gegenleistung zurückzubehalten, OR 83<br />
Hinfall eines Schenkungsversprechens, OR 250 II.<br />
Belangbarkeit des einfachen Bürgen, OR 495 I.<br />
Für den Weiterzug gelten b<strong>und</strong>esrechtliche Minimalgr<strong>und</strong>sätze, SchKG 174. Die<br />
Frist von 10 Tagen ist wiederherstellbar <strong>und</strong> verlängerbar. Legitimiert ist der<br />
Schuldner <strong>und</strong> der Gläubiger, der das Konkursbegehren gestellt hat; nicht am<br />
Verfahren beteiligte Gläubiger gr<strong>und</strong>sätzlich nicht. [Rekurs, NB, SB]<br />
Anfechtungsobjekt ist der Entscheid des Konkursgerichtes; bloss Aussetzung<br />
kann nur mit einem kt. Rechtsmittel weitergezogen werden, BGE 78 III 27.
§ 37 Konkursgründe - Die Wechselbetreibung<br />
37.2. Voraussetzungen<br />
37.3. Einleitungsverfahren<br />
Die Wechselbetreibung ist eine besondere Art Konkursbetreibung für Forderungen,<br />
die sich auf einen Wechsel oder einen Check gründen. Sie ist ganz der Eigenart<br />
dieser Wertpapier angepasst <strong>und</strong> somit auch auf die Bedürfnisse des<br />
Handelsverkehrs angepasst: Raschheit.<br />
Die Beschleunigung wird erzielt durch:<br />
• Verkürzung der Fristen<br />
• Ausschluss der Betreibungsferien<br />
• Erschwerung des Rechtsvorschlages<br />
• Verzicht auf die Konkursandrohung <strong>und</strong> somit auch auf die Gnadenfrist von SchKG 160 I<br />
Ziffer 3.<br />
• Verzicht auf eine zweitinstanzliche Beurteilung des Konkursbegehrens.<br />
Materiellrechtliche Voraussetzungen<br />
• Forderungen, die auf einem Wechsel oder Check beruhen, SchKG 177 I. [Postcheck]<br />
• Die Anforderungen an denselben nach OR 991, 1096 <strong>und</strong> 1100 müssen erfüllt sein.<br />
• Die Wechselbetreibung kann gegen jeden konkursfähigen Schuldner erhoben werden, der<br />
aus einem Wechsel oder Check haftet, sei es als Aussteller, Akzeptant, Indossant,<br />
Wechselbürge oder als deren Rechtsnachfolger.<br />
Betreibungsrechtliche Voraussetzungen<br />
• Konkursfähigkeit des Schuldners, SchKG 177 I; entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem die<br />
Betreibung eingeleitet wird.<br />
• Ausdrückliches Begehren um Durchführung der Wechselbetreibung, SchKG 177 I,<br />
ansonsten kommt es zur ordentlichen Konkursbetreibung.<br />
Betreibungsbegehren<br />
Übliche Angaben gemäss SchKG 67; ausdrückliches Verlange nach der Wechselbetreibung,<br />
zusätzlich ist der Check oder der Wechsel dem BA zu übergeben. Der<br />
BA überprüft auch hier nicht materiell; die materiellrechtliche Gültigkeit des Checks<br />
oder Wechsels erfolgt nur summarisch. Wenn die materiellen Voraussetzungen<br />
offensichtlich fehlen, darf die Wechselbetreibung verweigert werden; die<br />
einlässlichere Prüfung bleibt jedoch dem Richter vorbehalten.<br />
Zuständig ist das BA am Konkursort.; Unverückbarkeit erfolgt bereits mit der<br />
Zustellung des ZB, SchKG 53.<br />
Zahlungsbefehl<br />
Zusätzlich erfolgt die Aufforderung an den Schuldner, binnen 5 Tagen den Gläubiger<br />
zu befriedigen bzw. begründeten Rechtsvorschlag zu erheben bzw. Beschwerde<br />
zu erheben, SchKG 178. Der Zahlungsbefehl enthält zusätzlich bereits die<br />
Konkursandrohung, die somit – rein formal – in der Wechselbetreibung wegfällt.<br />
Unverzügliche Zustellung – Es gelten jedoch bloss die Betreibungsferien nicht !!<br />
Rechtsvorschlag<br />
Der Rechtsvorschlag muss begründet werden, dafür kann er auch nicht durch<br />
gewöhnliche Rechtsöffnung beseitigt werden:<br />
Der Rechtsvorschlag muss schriftlich eingegeben werden <strong>und</strong> mit einem der im<br />
Gesetz abschliessend genannten Gründe begründet werden. Selbst ein zunächst<br />
unbegründeter Rechtsvorschlag ist anhand zu nehmen, das Begründungserfordernis<br />
ist reine Ordnungsvorschrift. Nachträgliche Ergänzung oder Abänderung der<br />
Begründung ist zulässig, SchKG 179 II.<br />
Eine Wiederherstellung der Frist ist ausgeschlossen, SchKG 179 III; ein<br />
nachträglicher RV bei Gläubigerwechsel i.S.v. SchKG 77 ist zugelassen.<br />
Der Rechtsvorschlag wird beim Betreibungsamt erhoben, SchKG 179 I. Das<br />
Betreibungsamt – oder die Aufsichtsbehörde auf Beschwerde hin – entscheidet, ob<br />
der Rechtsvorschlag zeit- <strong>und</strong> formgerecht erhoben wurde. Anschliessend wird er<br />
dem Gericht überwiesen, SchKG 181 I.<br />
Über die Bewilligung des Rechtsvorschlages entscheidet das Gericht im<br />
summarischen Verfahren, SchKG 26 Ziff. 2b, ZPO 213 Ziff 6, GVG 23. Zuständig ist<br />
das Gericht am Konkursort. Rechtsmittel innert 5 Tagen an oberes kt. Gericht. Das<br />
Gericht darf den Rechtsvorschlag nur bei Vorliegen eines der im Gesetz<br />
abschliessend genannten Gründe bewilligen. [Für die Fälschungseinrede ist OR 997<br />
zu beachten; nur Fälschung der eigenen Unterschrift kann eingewendet werden].<br />
SchKG 184 Ziff. 4 beinhaltet allgemein-materiellrechtliche Einreden, bspw. Irrtum,<br />
Zwang, Täuschung, Arglist, unsittlicher Inhalt der Verpflichtung, Unklagbarkeit der<br />
Forderung, fehlende Vollmacht usw. Im Falle von SchKG 184 Ziff. 4 erfolgt aber nur<br />
eine bedingte Bewilligung des Rechtsvorschlages.
37.4. Fortsetzung der Wechselbetreibung<br />
Gerichtlicher Entscheid über den Rechtsvorschlag<br />
1. Unbedingte Bewilligung<br />
Die Bewilligung des Rechtsvorschlages aufgr<strong>und</strong> von SchKG 182 Ziff. 1 – 3<br />
erfolgt unbedingt.<br />
Die Betreibung wird eingestellt <strong>und</strong> der Gläubiger muss seinen Anspruch<br />
auf dem ordentlichen Prozessweg mit der Wechselklage geltend machen,<br />
SchKG 186. [Leistungsklage], nun geht es um eine materiellrechtliche<br />
Streitigkeit. Es gibt in der Wechselbetreibung wegen dieser gerichtlichen<br />
Beurteilung des Rechtsvorschlages kein eigentliches Rechtsöffnungsverfahren.<br />
Obsiegt der Gläubiger in diesem Prozess, kann er die Betreibung fortsetzen <strong>und</strong> das Konkursbegehren<br />
stellen, SchKG 188 I; unterliegt er, fällt die Betreibung dahin.<br />
2. Bedingte Bewilligung<br />
Auch die Bewilligung des Rechtsvorschlages aufgr<strong>und</strong> von SchKG 182 Ziff. 4<br />
bewirkt die Einstellung der Betreibung. Weil aber in diesem Fall nicht die<br />
wechselrechtliche Verbindlichkeit in Frage steht, wird die Bewilligung nur unter<br />
der Bedingung erteilt, dass der Schuldner die Forderungssumme in Geld oder<br />
Wertschriften hinterlegt oder anderweitig Sicherheit bietet. Diese Bedingung<br />
muss schon vor dem Bewilligungsentscheid erfüllt sein.<br />
Es handelt sich hier nicht um eine Sicherheit, die im Konkursfall der<br />
Konkursmasse <strong>und</strong> somit allen Gläubigern zugute käme, sondern um eine<br />
bedingte Zahlung; die somit im Konkursfall allein dem Wechselgläubiger zugute<br />
käme.<br />
Die Hinterlage oder Sicherheitsleistung des Schuldners muss stets prosequiert<br />
werden, SchKG 184 II, der Gläubiger hat Wechselklage zu erheben.<br />
3. Abweisung des Rechtsvorschlages <strong>und</strong> Rückforderung<br />
Bewilligt das Gericht den Rechtsvorschlag nicht, kann der Gläubiger die<br />
Betreibung ohne weiteres fortsetzen. Der Entscheid ist sofort vollstreckbar,<br />
selbst wenn er weitergezogen würde, SchKG 36. Mit dem Entscheid können<br />
vorsorgliche Massnahmen nach SchKG 170 angeordnet werden. Nötigenfalls<br />
wird das Gericht jetzt aber auch dem Gläubiger eine Sicherheitsleistung<br />
auferlegen, diese soll einen allfälligen Rückforderungsanspruch des Schuldners<br />
decken, SchKG 183 III.<br />
Gefahr, dass Schuldner ungerechtfertige Forderung in Wechselbetreibung zahlt, ist sehr gross: Ihm<br />
steht keine Aberkennungsklage sowie keine Feststellungsklage nach SchKG 85 a zur Verfügung.<br />
Da die Konkursandrohung im Zahlungsbefehl bereits vorweggenommen ist, SchKG<br />
178 II Ziff. 4 <strong>und</strong> 188 I, wird die Wechselbetreibung nach erfolgreich durchgeführtem<br />
Einleitungsverfahren unmittelbar mit dem Konkursbegehren fortgesetzt.<br />
Konkursbegehren<br />
Nach Ablauf der Zahlungsfrist <strong>und</strong> bei Rechtskraft des ZB kann der Gläubiger die<br />
Konkurseröffnung beantragen. Rechtskräftig ist der Zahlungsbefehl, wenn der<br />
Schuldner keinen RV eingegeben hat, dieser nicht bewilligt wurde oder wenn seine<br />
Wirkungen nach erfolgreicher Wechselklage dahingefallen sind.<br />
Das Konkursbegehren muss während der einmonatigen Gültigkeitsdauer des<br />
Zahlungsbefehls gestellt werden; bei Rechtsvorschlag zählt die Frist des<br />
Bewilligungsverfahrens bzw. des Wechselprozesses nicht, SchKG 188 II.<br />
Konkurseröffnungsverfahren<br />
Lediglich in zwei Punkten weicht das Eröffnungsverfahren infolge der<br />
Beschleunigung vom Eröffnungsverfahren der ordentlichen Konkursbetreibung ab,<br />
SchKG 189: Die Frist in SchKG 189 ist ein Versehen, soll doch der Richter in der<br />
ordentlichen Betreibung bereits „ohne Aufschub“, SchKG 171, entscheiden.<br />
Die Weiterziehung des Entscheides mit einem ordentlichen Rechtsmittel an eine<br />
obere Instanz ist ausgeschlossen, SchKG 189 II erwähnt SchKG 174 mit Absicht<br />
nicht: NB an Obergericht, SB an B<strong>und</strong>esgericht.
§ 38 Konkurseröffnung ohne Betreibung<br />
38.1. Konkurseröffnung auf Antrag des Gläubigers<br />
Ohne vorgängige Betreibung kann nur ausnahmsweise über einen Schuldner der<br />
Konkurs eröffnet werden, nämlich wenn ein materieller Konkursgr<strong>und</strong> vorliegt. Es<br />
sind Tatbestände, welche eine Zwangsvollstreckung ohne Zeitverlust erheischen<br />
oder welche die vorgängige Durchführung einer Betreibung sachlich nicht mehr<br />
rechtfertigen. Dann kann u.U. auch ein an sich nicht konkursfähiger Schuldner von<br />
einer Konkurseröffnung betroffen sein.<br />
Anstoss ist ein direktes Konkursbegehren an das Konkursgericht ohne vorgängige<br />
Konkursandrohung, ausgehend vom Gläubiger, vom Schuldner oder einer Behörde.<br />
Auch diese Konkurseröffnung ist aber immer nur am Konkursort zulässig, mit der<br />
Vorladung des Schuldners tritt die perpetuatio fori ein, SchKG 53 p.a.<br />
Wenn der Gläubiger ermächtigt wird, sofort die Konkurseröffnung über den<br />
Schuldner zu verlangen, besteht eine Gefährdung der Eintreibbarkeit seiner<br />
Forderung als Voraussetzung.<br />
Entweder sind es Tatbestände, die sich gegen jeden beliebigen Schuldner richten,<br />
SchKG 190 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 3; oder ein Tatbestand, der sich nur gegen einen<br />
konkursfähigen Schuldner richten kann, SchKG 190 I Ziff. 2.<br />
1. Sofortige Konkurseröffnung über jeden beliebigen Schuldner<br />
• Unbekannter Aufenthaltsort des Schuldners, SchKG 190 I Ziff. 1. Nicht das<br />
Fehlen eines festen Wohnsitzes ist entscheidend, sondern allein die<br />
Unkenntnis des tatsächlichen Aufenthaltsortes trotz zweckmässiger <strong>und</strong><br />
zumutbarer Nachforschungen.<br />
• Unredliches Verhalten des Schuldners gegenüber einem oder mehreren<br />
Gläubigern, das deren Interessen gefährdet oder sogar schädigt; aber nur<br />
die vom Gesetz abschliessend genannten Gründe, SchKG 190 I Ziff. 1:<br />
• Flucht des Schuldners; jeder ernsthafte Fluchtversuch ins Ausland gilt<br />
• Betrügerische Handlungen zum Nachteil seiner Gläubiger; jedes<br />
Handeln in der Absicht genügt, kein Tatbestand i.S. StGB muss erfüllt<br />
sein<br />
• Verheimlichung von Vermögenswertung in der Betreibung auf<br />
Pfändung, d.h. nicht pflichtgemässe 6 Angabe, Schädigungsabsicht ist<br />
nicht erforderlich.<br />
Liegt solches fraudulöses Verhalten des Schuldners vor, darf jeder<br />
Gläubiger die sofortige Konkurseröffnung verlangen.<br />
• Widerruf einer Nachlasst<strong>und</strong>ung, Verwerfen oder Widerruf eines<br />
Nachlassvertrages gegenüber dem Schuldner. Allerdings muss das<br />
Konkursbegehren innert 20 Tagen erfolgen.<br />
2. Sofortige Konkurseröffnung über den konkursfähigen Schuldner<br />
• Legitimiert, sie zu verlangen, ist der Gläubiger, dessen Schuldner seine<br />
Zahlungen eingestellt hat. Mit der Zahlungseinstellung manifestiert der<br />
Schuldner nach aussen seine Zahlungsunfähigkeit.<br />
[Nicht mit Überschuldung zu verwechseln; Überschuldung ist ein<br />
selbständiger Konkursgr<strong>und</strong>. Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit ist aber<br />
auch nicht einfach mangelndem Zahlungswillen gleichzusetzen; es muss objektiv<br />
Illiquidität vorliegen, die den Schuldner ausserstande setzt, den Gläubiger bei<br />
Fälligkeit seiner Forderungen zu befriedigen. Nicht nur vorübergehende<br />
Zahlungsschwierigkeiten, sondern der Schuldner muss sich auf unabsehbare Zeit in<br />
dieser Lage befinden. Bereits das Einstellen wesentlicher Teile der Zahlungen<br />
genügt]<br />
3. Verfahren<br />
Der Gläubiger braucht nur beim Konkursgericht das Konkursbegehren zu stellen.<br />
Legitimiert ist jeder Gläubiger, gleichgültig, ob seine Forderung fällig ist oder<br />
nicht, gleichgültig auch, ob seine Forderung erst nach Eintritt des<br />
Konkursgr<strong>und</strong>es entstanden ist oder nicht.<br />
Der Antragsteller muss sich nur als Gläubiger ausweisen <strong>und</strong> den angerufenen<br />
Konkursgr<strong>und</strong> glaubhaft machen.<br />
Der Schuldner hat die Möglichkeit einer Replik, SchKG 190 II.<br />
Die Bestimmungen über die Eröffnung des ordentlichen Konkurses sind<br />
anwendbar, SchKG 194. [Kostenvorschuss, Sicherung, Aussetzen des<br />
Entscheides, Weiterziehung usw.].<br />
6 Pflichtgemäss: Der Schuldner ist nur verpflichtet, soviel Vermögen anzugeben, als dass für die Tilgung der Forderungen notwendig ist, Gr<strong>und</strong>satz<br />
der Verhältnismässigkeit.
38.2. Konkurseröffnung auf Antrag des Schuldners<br />
Der Schuldner kann selbst ein Interesse daran haben, dass über ihn der Konkurs<br />
eröffnet wird. Namentlich der sonst nicht konkursfähige Schuldner vermag dadurch<br />
einer Häufung von Spezialexekutionen zu entrinnen. Ebenso kann das Interesse<br />
aber auch darin bestehen, eine günstige Ausgangslage zum Abschluss eines<br />
Nachlassvertrages zu schaffen. Ggf. kann der Schuldner zur sofortigen<br />
Konkurseröffnung sogar verpflichtet sein, bspw. Kapitalgesellschaften.<br />
1. Insolvenzerklärung des Schuldners, SchKG 191<br />
• Ist der Schuldner zahlungsunfähig, hat er das Recht, selber die<br />
Konkurseröffnung zu beantragen. Es steht jedem Schuldner zu.<br />
Mit ihr fallen bereits vollzogene Pfändungen – auch Lohnpfändungen – dahin. Schon<br />
während des Konkurses darf er über seinen laufenden Lohn [Betreffnisse, die nach<br />
Konkurseröffnung anfallen] wieder völlig frei verfügen. Nach Abschluss des<br />
Konkurses kann er für die Konkursforderungen erst wieder betrieben werden, wenn er<br />
zu neuem Vermögen gelangt ist.<br />
Um Missbrauch vorzubeugen, kann der Schuldner den Konkurs nur<br />
beantragen, d.h. er muss dem Richter seine finanziellen Verhältnisse<br />
darlegen, der ein offensichtlich missbräuchliches Konkursbegehren<br />
abweisen muss, ZGB 2.<br />
Kein schutzwürdiges Interesse an der Konkurseröffnung; es ginge nur darum, seine<br />
Gläubiger zu prellen <strong>und</strong> wieder in den Genuss seines vollen Lohnes zu gelangen.<br />
Überdies muss geprüft werden, ob für eine natürliche Person nicht Aussicht<br />
auf eine private Schuldenbereinigung nach SchKG 333 ff. besteht, SchKG<br />
191 II; ebenso ob ein Tatbestand nach SchKG 206 III vorliegt.<br />
Antragsberechtigt ist der Schuldner; für ein zahlungsunfähiges Mündel muss<br />
der Vorm<strong>und</strong> die Zustimmung der Vorm<strong>und</strong>schaftsbehörde einholen, ZGB<br />
421 Ziff. 10. Eine Stiftung bedarf der Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde,<br />
für eine AG müsste – gestützt auf einen Auflösungsbeschluss der GV – der<br />
VR die Insolvenzerklärung abgeben, OR 716 <strong>und</strong> 736.<br />
Parteistellung kommt den Gläubigern nicht zu; sie sind aber zwecks<br />
Abklärung einer privaten Schuldenbereinigung anzuhören.<br />
SchKG 194 => Ordentlicher Konkurs.<br />
Der unentgeltliche Rechtsbeistand wird nach Peter / Spühler abgelehnt.<br />
2. Überschuldungsanzeige bei Kapitalgesellschaften / Genossenschaften<br />
• Der Tatbestand einer Überschuldung bildet einen besonderen<br />
Konkursgr<strong>und</strong> gegenüber einer Kapitalgesellschaft [AG, KommAG, GmbH]<br />
oder einer Genossenschaft, SchKG 192.<br />
• Überschuldung bedeutet, dass das Fremdkapital, d.h. die Forderungen von<br />
Gesellschaftsgläubigern, nicht mehr durch die Aktiven voll gedeckt ist.<br />
Solange mindestens die Hälfte des Eigenkapitals vorhanden ist, bleibt eine blosse<br />
Unterbilanz unbeachtlich. Trifft dies aber nach der letzten Jahresbilanz nicht mehr zu,<br />
muss unbedingt eine GV einberufen werden. Der Gang zum Konkursrichter wird erst<br />
unvermeidlich, wenn der Bilanzverlust das gesamte Eigenkapital aufgezehrt hat <strong>und</strong><br />
sogar das Fremdkapital erfasst hat.<br />
Bei begründeter Besorgnis einer solchen Überschuldung ist unverzüglich<br />
eine Zwischenbilanz zu erstellen <strong>und</strong> der Revisionsstelle vorzulegen.<br />
Bestätigt sich der Verdacht, sind die zuständigen Organe wie ggf. die<br />
Revisionsstelle verpflichtet, im Interesse der Gläubiger den Richter zu<br />
benachrichtigen, OR 725 II.<br />
Anlass zu Verdacht besteht, wenn bei bescheidenem Eigenkapital hohe Debitoren-<br />
oder Spekulationsverluste eintreten oder ein hoher Preiszerfall.<br />
• Die Überschuldungsanzeige darf nur unterbleiben, wenn die Bilanz binnen<br />
kurzer Zeit saniert werden kann, insbesondere durch Rangrücktrittserklärungen<br />
von Gläubigern im Umfange der Unterdeckung.<br />
Rangrücktritt hindert aber niemanden, bei Fälligkeit seine Forderung geltend zu<br />
machen; es müsste schon ein „St<strong>und</strong>ungsrücktritt“ sein.<br />
• Nach summarischer Überprüfung der Überschuldung anhand der<br />
Zwischenbilanz soll der Richter, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, von<br />
Amtes wegen den Konkurs eröffnen, damit der Betrieb nicht mit neuen<br />
Verlusten zum Schaden der Gläubiger weitergeführt wird. SchKG 194 I ist<br />
anwendbar, nur darf von der überschuldeten Gesellschaft kein<br />
Kostenvorschuss gefordert werden.<br />
• Von der Konkurseröffnung darf nur abgesehen werden, wenn entweder ein<br />
Antrag auf Konkursaufschub gestellt wird <strong>und</strong> ernsthafte Aussichten auf<br />
Sanierung bestehen; oder wenn Anhaltspunkte für das Zustandekommen<br />
eines Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173a II.
§ 39 Widerruf des Konkurses<br />
3. Konkurseröffnung auf behördliche Anordnung<br />
= Konkursamtliche Liquidation einer Erbschaft. Diese kann durchgeführt werden,<br />
ungeachtet ob der Erblasser z.Z. seines Todes konkursfähig war.<br />
• Der Erbschaftskonkurs erfolgt, wenn eine Erbschaft erwiesenermassen oder<br />
vermutungsweise überschuldet ist. Ob dem so ist, beurteilt sich nach dem<br />
Erbrecht, insbesondere der Regelung der Ausschlagung, SchKG 193.<br />
• Anschliessend wird die konkursamtliche Liquidation angeordnet,<br />
o Sofern die gesetzlichen wie auch die eingesetzten Erben die Erbschaft<br />
ausgeschlagen haben oder wenn die Ausschlagung vermutet wird, ZGB<br />
566 ff.<br />
o Aber auch schon wenn die nächsten gesetzlichen Erben die Erbschaft<br />
vorbehaltlos ausschlagen, ZGB 573 <strong>und</strong> 575<br />
o Oder wenn sich im Verlauf der Durchführung einer amtlichen<br />
Liquidation nach ZGB 593 ff. die Erbschaft als überschuldet erweist,<br />
ZGB 597.<br />
• Auch der Erbschaftskonkurs wird durch einen Entscheid des<br />
Konkursrichters eröffnet, nachdem die Erbschaftsbehörde ihm die Akten von<br />
Amtes wegen überwiesen hat, SchKG 193 I. Die Kosten sind aus dem<br />
Liquidationserlös vorweg zu bezahlen, sie dürfen nicht den Erben auferlegt<br />
werden. Die konkursamtliche Liquidation der Erbschaft kann jedoch auch<br />
von einem Gläubiger oder einem Erben beantragt werden, SchKG 193 III,<br />
von einem Gläubiger namentlich im Falle von ZGB 594. Von ihm kann ein<br />
Kostenvorschuss verlangt werden.<br />
• Ein allfälliger Liquidationsüberschuss fällt den berechtigten Erben zu,<br />
insbesondere auch bei einer ausgeschlagenen Erbschaft, ZGB 573 II.<br />
• Verlustscheine werden bloss auf Verlangen <strong>und</strong> auf Kosten des Gläubigers<br />
ausgegeben, denn nach Abschluss des Konkurses für die Erbschaftsschulden<br />
besteht normalerweise keine Haftung mehr. Die ausschlagenden<br />
Erben haften den Erbschaftsgläubigern nur mit ihren ausgleichspflichtigen<br />
Vorempfängen, die sie in den letzten 5 Jahren vor dem Tod des Erblassers<br />
bezogen haben, ZGB 579.<br />
Charakteristisch für den Widerruf des Konkurses ist, dass der Richter, der den<br />
Konkurs eröffnet hat, ihn noch vor seinem Abschluss durch einen neuen Entscheid<br />
wieder aufhebt. Das ist geboten, wenn infolge nachträglich eingetretener Tatsachen<br />
– echter nova – Voraussetzungen hinfallen, die zur Konkurseröffnung führten. Dann<br />
wird der Konkurs zwecklos.<br />
Allgemeiner Konkurswiderruf nach SchKG 195<br />
• Nachweis des Schuldners, dass sämtliche Forderungen getilgt sind, oder<br />
• Schriftliche Erklärung sämtlicher Gläubiger, dass sie ihre Konkurseingaben<br />
vorbehaltlos zurückziehen (womit sie auf den Konkurs, nicht aber auf ihre<br />
Forderungen verzichten), oder<br />
• Es ist ein gerichtlicher Nachlassvertrag zustandegekommen.<br />
Der Konkurs kann erst nach Ablauf der Eingabefrist, SchKG 232 II Ziff. 2, widerrufen<br />
werden, muss aber spätestens vor seinem Abschluss widerrufen werden.<br />
Der Widerruf bewirkt den Hinfall sämtlicher Wirkungen des Konkurses, sowohl der<br />
materiell- als auch der formellrechtlichen. Aufgehoben wird damit aber nicht etwa das<br />
Konkurserkenntnis – wie in einem Rechtsmittelverfahren – sondern der Konkurs<br />
selbst <strong>und</strong> mit ihm die Zwangsvollstreckung als Ganzes.<br />
Alle bereits erfolgten Vorkehren wie bspw. das Konkursinventar, sichernde<br />
Massnahmen, Kollokationsverfügungen <strong>und</strong> – entscheide <strong>und</strong> dergleichen fallen<br />
dahin. Bereits durchgeführte Verwertungen betrifft der Widerruf dagegen nicht. V. a.<br />
werden zivilrechtliche Verhältnisse wiederhergestellt, die Verzinslichkeit lebt bspw.<br />
wieder auf [ex tunc !] <strong>und</strong> es gelten wieder die ursprünglichen Fälligkeiten. Mit dem<br />
Widerruf des Konkurses erlangt der Schuldner wieder das volle Verfügungsrecht<br />
über sein Vermögen, SchKG 195 I.<br />
Andererseits können die Gläubiger den Schuldner auch wieder von neuem betreiben.<br />
Frühere Betreibungen, die mit dem Konkurs dahingefallen sind, leben jedoch mit dem<br />
Widerruf nicht einfach wieder auf <strong>und</strong> können daher nicht einfach fortgesetzt werden.<br />
Ausnahme: Einstellung Konkurs mangels Aktiven, SchKG 230 IV.<br />
Einstellung der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft, SchKG 196<br />
Ein gesetzlicher / gewillkürter Erbe tritt nachträglich, aber noch vor Schluss des<br />
Verfahrens die Erbschaft an <strong>und</strong> leistet ausserdem für die Bezahlung der Schulden<br />
genügend Sicherheit. Zudem kann die Liquidation einer Erbschaft auch nach<br />
Gründen von SchKG 195 widerrufen werden, SchKG 196 „überdies“. Wird der<br />
Konkurs widerrufen, fällt der Nachlass dem antragstellenden Erben zu, dafür wird er<br />
den Konkursgläubigern persönliche haftbar.
Materielles <strong>Konkursrecht</strong> [materielle Rechtsverhältnisse im Konkurs]<br />
§ 40 Konkursmasse<br />
Verfahren<br />
Zuständig zum Widerruf ist das Konkursgericht, das den Konkurs eröffnet hat,<br />
entschieden wird im summarischen Verfahren.<br />
[ER im sV, ZPO 213 Ziff. 8, GVG 23, RM: einseitige Verfügung, R (NB), (NB), SB].<br />
Das Gericht greift aber nur auf entsprechenden Antrag ein; in den Fällen von SchKG<br />
195 Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 geht der Antrag vom Schuldner aus, bei SchKG 195 Ziff. 3 teilt das<br />
Nachlassgericht die Bestätigung des Nachlassvertrages der Konkursverwaltung mit.<br />
Im Falle von SchKG 196 muss sein Erbe den Widerruf beantragen.<br />
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten vorzuschiessen, GebV 49 II. Der Widerruf<br />
des Konkurses wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 176.<br />
Im Konkurs bildet das gesamte verwertbare Vermögen des Schuldners das<br />
Vollstreckungssubstrat. Dieses unterliegt von der Konkurseröffnung an als Ganzes<br />
dem Vollstreckungsbeschlag: dem Konkursbeschlag.<br />
Das Konkurssubtrat besteht somit in einer einzigen, einheitlichen Masse, einem<br />
Sondervermögen mit eigenem rechtlichen Schicksal: der Konkursmasse i.e.S.,<br />
SchKG 197 I.<br />
40.1. Örtliche <strong>und</strong> zeitliche Begrenzung der Konkursmasse<br />
Örtliche Begrenzung<br />
Der Konkurs kann in der Schweiz gleichzeitig nur an einem Ort eröffnet sein, dort, wo<br />
er zuerst erkannt wurde, SchKG 55. [zwingend]. Der Konkurs erstreckt sich auf<br />
sämtliches Vermögen des Schuldners, gleichviel, wo es sich befindet, SchKG 197 I.<br />
Dieser Gedanke findet indessen seine Grenze an der staatlichen Souveränität. Der<br />
Rechtsschutz eines Staates kann nicht ohne weiteres auf das Hoheitsgebiet eines<br />
anderen Staates übergreifen. Darum gilt das dem Gesetz zugr<strong>und</strong>e liegende<br />
Universalitätsprinzip nur für die Schweiz. Zwischenstaatlich ist es eingeschränkt<br />
durch den Gr<strong>und</strong>satz der Territorialität.<br />
Über die Landesgrenze hinweg kann deshalb die Universalität eines CH Konkurses<br />
nur durch nachgiebiges Landesrecht des ausländischen Staates oder durch<br />
zwischenstaatliche Vereinbarung verwirklicht werden.<br />
Unabhängig von der faktischen Verwertungsmöglichkeit von im Ausland liegendem Vermögen<br />
ist dieses dennoch ins Konkursinventar aufzunehmen.<br />
Umgekehrt, d.h. im Falle eines im Auslands eröffneten Konkurses, wird dieser –<br />
selbst bei Fehlen eines Staatsvertrages – in der Schweiz anerkannt, wenn die<br />
Voraussetzungen nach IPRG 166 erfüllt sind.<br />
Jedoch nur insoweit, als die in der Schweiz wohnhaften Pfandgläubiger <strong>und</strong> privilegierten<br />
Gläubiger befriedigt sind; diese haben Anspruch auf einen „Mini-Konkurs.“<br />
Zeitliche Begrenzung<br />
Zeitlich gesehen umfasst die Konkursmasse alles Vermögen, das dem Schuldner<br />
zwischen Beginn <strong>und</strong> Ende des Konkurses rechtlich zusteht. Nicht nur sein<br />
Vermögensstand im Zeitpunkt der Konkurseröffnung, sondern auch das Vermögen,<br />
das ihm seither bis zum Schluss des Konkursverfahrens noch anfällt, SchKG 197.<br />
[Erbe, Zins]. Dabei wird jedoch nur zugefallenes Reinvermögen [Lottogewinn –<br />
Einsatz] zugerechnet.<br />
Keinen Vermögenszufall bildet demnach das Erwerbseinkommen, das der Schuldner<br />
nach der Konkurseröffnung erzielt; nur was vorher erworben wurde, fällt in die<br />
Konkursmasse; allein der Zeitpunkt der Entstehung der rechtsbegründenden<br />
Tatsachen ist massgebend. Über seinen Arbeitserwerb kann der Schuldner somit<br />
von der Konkurseröffnung an frei verfügen, selbst wenn es zuvor gepfändet wurde<br />
<strong>und</strong> das Ende der Jahresfrist, SchKG 93 II, auf einen Zeitpunkt nach der Konkurseröffnung<br />
fiel.<br />
Selbst Ersparnisse, die der Schuldner aus seinem Erwerbseinkommen macht, stellen<br />
nicht anfallendes Vermögen dar; daraus kann höchstens einmal „neues Vermögen“<br />
gebildet werden, auf welches die Gläubiger aber erst nach Schluss des Konkurses<br />
gestützt auf ihre Verlustscheine, greifen können.<br />
Sicherungsmittel der Gläubiger ?<br />
Sachliche Begrenzung<br />
Es kann nur verwertbares Vermögen des Schuldners herangezogen werden. Zur<br />
Konkursmasse gehört somit alles, was auch pfändbar wäre, SchKG 197 I. Es gehört<br />
alles zur Konkursmasse, was dem Schuldner zu Eigentum oder auf Gr<strong>und</strong> eines<br />
anderen absoluten oder obligatorischen Rechts zusteht. Auch erbrechtliche<br />
Ansprüche gehören dazu, wobei die den Gläubigern eines konkursiten Erben nach<br />
zivilrechtlicher Ordnung zustehenden Rechte nunmehr von der Konkursverwaltung<br />
geltend gemacht werden, ZGB 578 <strong>und</strong> 524.
40.2. Aussonderungsrechte Dritter<br />
40.3. Verrechnungsansprüche von Konkursgläubigern<br />
Pfandgegenstände, die dem Schuldner gehören, fallen ebenfalls in die<br />
Konkursmasse, doch bleibt dem Pfandgläubiger das Recht auf Vorausbefriedigung<br />
aus dem Erlös vorbehalten, SchKG 198, 219. Der Pfandgläubiger ist aber zur<br />
Herausgabe des Pfandes verpflichtet, SchKG 232 II Ziff. 4.<br />
Vermögensgegenstande des Schuldners, die vor der Konkurseröffnung gepfändet<br />
oder arrestiert wurden, gehören ebenfalls in die Konkursmasse, denn frühere<br />
Spezialexekutionen sind mit der Konkurseröffnung aufgehoben, SchKG 199 I. Das<br />
trifft aber nur zu, als sie nicht schon vorher im Rahmen der Spezialexekution<br />
verwertet worden sind. In diesem Falle wird der Erlös an die Pfändungsgläubiger<br />
verteilt <strong>und</strong> nur ein allfälliger Überschuss fällt in die Konkursmasse.<br />
Betreibungsrechtliche Anfechtungsansprüche gehören ebenfalls zur Konkursmasse,<br />
SchKG 200 <strong>und</strong> KOV 27 II. Die Anfechtungsansprüche gründen sich durchwegs auf<br />
Rechtshandlungen, durch welche das Vermögen des Schuldners verringert wurde;<br />
der entgangene Vermögenswert soll wieder dem Vollstreckungssubstrat zugeführt<br />
werden, bspw. durch Anfechtung einer fraudulösen Verrechnung nach SchKG 214<br />
oder durch paulianische Anfechtung nach SchKG 285 ff.<br />
Nur das, was dem Schuldner gehört, ist Bestandteil der Konkursmasse. Auch im<br />
Konkurs kann die Rechszugehörigkeit eines Vermögenswertes strittig sein. Dieser<br />
Streit wird durch das Aussonderungs- oder Admassierungsverfahren geklärt.<br />
Materielle Aussonderungsgründe sind: [zum eigtl. Verfahren vgl. § 45]<br />
Zivilrechtliche Aussonderungsgründe<br />
• Eigentum eines Dritten, ZGB 641 II; was ebenfalls für den aus einem Wertpapier<br />
Berechtigten gilt, nicht aber für den Gläubiger einer Forderung, die nicht in<br />
einem Wertpapier verkörpert ist, dort muss sein Prätendentenstreit zwischen<br />
Drittem <strong>und</strong> Konkursmasse erfolgen, OR 168.<br />
• Auftragsrecht, OR 401<br />
• Sonderfälle:<br />
AFG 4 II, AFG 16<br />
BankG 37b, Depotk<strong>und</strong>en: Eigentum<br />
<strong>Konkursrecht</strong>liche Aussonderungsgründe<br />
• Inkassomandant <strong>und</strong> Sicherungsübereignung, SchKG 201<br />
V.a. zugeschnitten auf fiduziarisch übertragene Inhaberpapiere, aber auch anwendbar auf voll<br />
indossierte Ordrepapiere, falls intern eine beschränkte fiduziarische Abrede besteht. Bei offenem<br />
Vollmachtsindossament greift hingegen bereits das zivilrechtliche Aussonderungsrecht Platz.<br />
Auftragsgemäss einkassiertes Geld kann wiederum nach OR 401 III ausgesondert werden, sofern es<br />
genügend individualisiert <strong>und</strong> segregiert ist.<br />
• Der Schuldner hat eine fremde Sache / Forderung – ohne dazu beauftragt zu<br />
sein – verkauft, jedoch den Kaupreis im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch<br />
nicht erhalten. Vergütet der Gläubiger den Aufwand des Schuldners, darf er sich<br />
die Kaufpreisforderung abtreten lassen, SchKG 202. Was schon vor der<br />
Konkurseröffnung bezahlt wurde, fällt in die Konkursmasse.<br />
War der Schuldner mit dem Verkauf beauftragt, greift OR 401 III.<br />
• Distanzkauf, d.h. vom Schuldner gekaufte, aber noch nicht bezahlte Ware wurde<br />
zur Zeit der Konkurseröffnung bereits an ihn abgesandt, ist aber noch nicht bei<br />
ihm eingetroffen, SchKG 203 I. [Siehe auch SchKG 213]<br />
Während durch die Aussonderung bloss Vermögenswerte ausgeschieden werden,<br />
die nach Zivil- oder <strong>Konkursrecht</strong> gar nicht dazugehören, greift eine Verrechnung die<br />
Substanz selbst an: Die Konkursmasse wird vermindert, indem eine Forderung des<br />
Konkursiten (Bestandteil der Aktivmasse) durch Verrechnung mit der<br />
Gegenforderung eines Konkursgläubigers (Bestandteil der Passivmasse) untergeht.<br />
Konkursforderungen werden dadurch u.U. vollständig getilgt; der verrechnende<br />
Konkursgläubiger braucht sich nicht bloss mit einer Konkursdividende zu begnügen.<br />
Deshalb ist aber auch die Missbrauchsgefahr gegeben.<br />
Voraussetzungen<br />
Mangels lex specialis gelten die Verrechnungsregeln des OR auch im Konkurs, OR<br />
123, SchKG 213 I.<br />
• Gegenseitigkeit der Forderungen (Ausnahme: OR 169 II)<br />
• Gleichartigkeit (im Konkurs stets gegeben, wenn Geldforderung: SchKG 211 I)<br />
• Fälligkeit (entfällt, SchKG 208 I, 213 I)<br />
• Erfüllbarkeit beider Forderungen<br />
• Klagbarkeit der Verrechnungsforderung (Ausnahme: OR 120 III)<br />
• Nicht ausgeschlossen<br />
• Kein Verrechnungsverbot nach SchKG (nachfolgend)<br />
Die Verrechnungsverbote nach SchKG 213 II gelten allgemein <strong>und</strong> absolut. Sie<br />
gelten ihrem Zweck aber nur für die Konkursgläubiger, nicht für die
Schuldner<br />
Gläubiger<br />
G-Schuldner<br />
Konkurs<br />
G-Schuldner<br />
Konkurs<br />
Verrechnungsforderung<br />
des eigtl.<br />
Schuldners<br />
Forderung des G-<br />
Schuldners vs.<br />
Gläubiger<br />
t<br />
t<br />
Konkursmasse, die Konkursverwaltung darf ohne weiteres eine<br />
Konkursforderung durch Verrechnung mit einer Gegenforderung des<br />
Konkursiten tilgen.<br />
Verboten ist:<br />
1. SchKG 213 II Ziff. 1; Erwerb nach Konkurseröffnung<br />
Erwirbt der Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung die<br />
Forderung, ist eine Verrechnung ausgeschlossen.<br />
Ausnahme: Der Schuldner – zufolge Erfüllung einer schon vorher bestehenden<br />
Eventualverpflichtung – subrogiert in die Gläubigerstellung <strong>und</strong> übt sein<br />
Rückgriffsrecht aus; bspw. wenn er als Drittpfandbesteller das Pfand erst nach<br />
Konkurseröffnung einlöst, OR 110; oder wenn er als Bürge oder Garant erst nach der<br />
Konkurseröffnung für den Konkursiten einspringen muss.<br />
2. SchKG 213 II Ziff. 2; Schuldnerstellung erst nach Konkurseröffnung<br />
Ein Gläubiger des Konkursiten wird erst nach Konkurseröffnung dessen Schuldner<br />
oder Schuldner der Konkursmasse, bspw. durch Warenlieferung des<br />
Gemeinschuldners<br />
3. SchKG 213 III, Forderung beruht auf Inhaberpapier <strong>und</strong> guter Glaube kann<br />
nicht nachgewiesen werden<br />
Gläubiger muss Zeitpunkt vor der Konkurseröffnung nachweisen <strong>und</strong> ebenfalls guten<br />
Glauben.<br />
4. SchKG 213 VI, Forderungen der KommAG, einer Handelsgesellschaft oder<br />
einer Genossenschaft auf nicht voll bezahlte Beträge der Kommanditsumme<br />
oder des Gesellschaftskapitals sowie rückständige statutarische Beiträge an<br />
die Genossenschaft können nicht mit Konkursforderungen verrechnet<br />
werden.<br />
Die Konkursverwaltung darf aber dem Schuldner zustehende Dividendenzahlungen<br />
mit seinen Konkursforderungen verrechnen.<br />
Entscheidend ist somit, wann die rechtserheblichen Tatsachen, die zur<br />
Verrechnungslage geführt haben, eingetreten sind. Entscheidend für den Ausschluss<br />
ist einzig, ob die Gegenforderung erst nach Konkurseröffnung entstanden ist oder der<br />
Erwerb einer Forderung oder die Übernahme einer Schuld erst nach diesem<br />
Zeitpunkt erfolgte.<br />
<strong>Konkursrecht</strong>liche Anfechtbarkeit der Verrechnung<br />
Ausser den absoluten Verrechnungsverboten, SchKG 213, kennt das <strong>Konkursrecht</strong><br />
noch einen Tatbestand bloss anfechtbarer Verrechnung:<br />
Hat ein Schuldner des Konkursiten noch vor der Konkurseröffnung eine Forderung<br />
gegen ihn erworben, so ist die Verrechnung zivil- <strong>und</strong> konkursrechtlich zwar zulässig,<br />
sie kann jedoch angefochten werden, wenn der Erwerb mala fide erfolgt, nämlich in<br />
Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des späteren Konkursiten <strong>und</strong> mit der Absicht, sich<br />
oder einem andern einen Vorteil zu verschaffen.<br />
Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, bzw. das „Erkennenmüssen“ <strong>und</strong> die daraus<br />
resultierende Begünstigung sind dem verrechnenden Schuldner nachzuweisen.<br />
Der Anfechtungsanspruch gehört zur Konkursmasse, SchKG 200, <strong>und</strong> ist wie eine<br />
paulianische Anfechtung geltend zu machen, SchKG 285 ff.<br />
Geltendmachen der Verrechnung<br />
Forderungen des Konkursiten gegen einen Konkursgläubiger werden mit dessen<br />
Konkursforderung verrechnet, was i.d.R. im Kollokationsverfahren erfolgt. Entweder<br />
erklärt der Konkursgläubiger die Verrechnung, indem er bspw. nur noch den<br />
Restbetrag seiner Konkursforderung eingibt; oder dann verrechnet die Konkursverwaltung<br />
ihrerseits, indem sie nur einen Restbetrag der angemeldeten<br />
Konkursforderung kolloziert.<br />
Lehnt die Konkursverwaltung die vom Konkursgläubiger erklärte Verrechnung ab,<br />
bleibt sie zunächst dennoch daran geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> darf demzufolge einstweilen nur<br />
die eingegebene Restforderung kollozieren. Die verrechnete Gegenforderung des<br />
Konkursiten muss gerichtlich eingeklagt werden. Unterliegt der verrechnende<br />
Gläubiger, kann er mit nachträglicher, korrigierter Konkurseingabe seine<br />
wiedererstandene ganze Kokursforderung eingeben – allerdings unter Kostenfolge,<br />
SchKG 251.<br />
Masseforderungen können nur mit Masseschulden, insbes. der Konkursdividende,<br />
verrechnet werden, diesfalls also erst bei der Verteilung. 7<br />
§ 41 Die Rechtsstellung des Schuldners<br />
7 Hat bspw. ein Konkursgläubiger (Lieferant) eine Lagerhalle gemietet, die zu einem Gr<strong>und</strong>stück des Konkursiten gehört, kann er die Miete, die nach Konkurseröffnung<br />
anfällt (Masseforderung), nicht mit der ganzen Konkursforderung (Lieferantenguthaben), sondern nur mit der darauf entfallenden Dividende (Masseschuld) verrechnen.
41.1. Stellung des Schuldners zur Konkursmasse<br />
Die Rechtsstellung des Schuldners wird im Hinblick zur Konkursmasse wie auch im<br />
Hinblick zu seinen Gläubigern geändert. Vollkommen unberührt bleibt seine Rechts-<br />
<strong>und</strong> Handlungsfreiheit, so wenigstens, wenn er eine natürliche Person ist.<br />
Handelt es sich um eine juristische Person oder um eine betreibungsfähige<br />
Personengesellschaft, führt die Konkurseröffnung zwangsläufig zu ihrer Auflösung.<br />
Die Gesellschaft tritt in Liquidation <strong>und</strong> wird als solche im HR eingetragen.<br />
Der Konkursit bleibt auch nach der Konkurseröffnung Rechsträger seines<br />
Vermögens, insbesondere Eigentümer. Erst mit der Verwertung verliert er die<br />
Rechtsträgerschaft, weil die Vermögenswerte dann auf die einzelnen Erwerber<br />
übergehen. Der Konkurs bewirkt somit keine Sukzession der Gläubiger oder der<br />
Masse in die Rechte des Schuldners.<br />
Dagegen verliert der Schuldner mit der Konkurseröffnung gr<strong>und</strong>sätzlich das Recht,<br />
über sein Vermögen zu verfügen; es steht unter Konkursbeschlag. Als Konkursit<br />
kann <strong>und</strong> darf er seine Herrschaftsrechte nicht mehr im vollen Umfang ausüben. Frei<br />
verfügen darf er nur über das, was nicht zur Konkursmasse gehört, über die nach<br />
SchKG 92 unpfändbaren Vermögenswerte sowie über das Erwerbseinkommen <strong>und</strong><br />
dessen Surrogate, SchKG 224.<br />
Die Verwaltungs- <strong>und</strong> Verfügungsbefugnisse gehen auf die Konkursmasse über, die<br />
sie durch die Konkursverwaltung ausübt. Die Konkurseröffnung bewirkt somit – wie<br />
Pfändung <strong>und</strong> Arrest – eine Beschränkung des Verfügungsrechts des Schuldners.<br />
Wohl kann gültig ein Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen werden; nur das darauf folgende<br />
Verfügungsgeschäft wäre ungültig. Die neu eingegangene Verpflichtung könnte weder als<br />
Konkursforderung noch als Masseverbindlichkeit geltend gemacht werden, es haften für sie nur<br />
vom Konkurs nicht betroffene Aktiven.<br />
• Verfügungen, die der Schuldner nach der Konkurseröffnung über Bestandteile<br />
der Konkursmasse vornimmt, sind gegenüber den Konkursgläubigern ungültig,<br />
SchKG 204 I.<br />
Entäusserte Werte können bedingungslos wieder beigebracht werden, die Konkursverwaltung<br />
kann über diese Rechtshandlungen hinweggehen, wie wenn sie nicht<br />
geschehen wären.<br />
• Auf diese Ungültigkeit kann sich aber nur der Konkursgläubiger oder die<br />
Konkursverwaltung berufen, nicht etwa auch der Konkursit selber oder gar der<br />
Dritte, mit dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist. Die Verfügung<br />
kann aber auch nachträglich genehmigt werden.<br />
Anders als in der Spezialexekution ist der Gutglaubensschutz im Konkurs<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeschlossen. Dem Konkursbeschlag kommt somit unmittelbare<br />
gesetzliche Publizität zu, d.h. das richterliche Konkurserkenntnis entfaltet<br />
unmittelbar seine Wirkungen.<br />
Das Gesetz schützt aber einen gutgläubigen (von der Konkurseröffnung nicht unterrichteten<br />
Wechselinhaber, dem der Konkursit noch vor der Konkurspublikation einen Wechsel<br />
bezahlt hat, sofern der Inhaber im Falle der Nichtzahlung erfolgreich hätte Regress<br />
nehmen können.<br />
• Zweitens kann der Konkursit nach der Konkurseröffnung von seinen Schuldnern<br />
nicht mehr rechtsgültig Zahlungen entgegennehmen; Zahlungen an ihn haben<br />
nur insofern befreiende Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern, als das<br />
Geleistete in die Konkursmasse gelangt, SchKG 205 I. Dem Schuldner<br />
gegenüber gilt die Forderung aber stets als getilgt.<br />
Der gutgläubige Drittschuldner wird ausnahmsweise geschützt, d.h. von seiner Schuldpflicht<br />
befreit, wenn er vor der Konkurspublikation ohne Kenntnis von der<br />
Konkurseröffnung an den Konkursiten gezahlt hat, SchKG 205 II.<br />
• Drittens wirkt sich die Beschränkung der Verfügungsmacht des Konkursiten<br />
auch auf Prozesse <strong>und</strong> Verwaltungsverfahren des Schuldners aus, die im<br />
Zeitpunkt der Konkurseröffnung hängig sind. Der Konkursit darf über die<br />
betreffenden Streitgegenstände, sofern sie den Bestand der Konkursmasse aktiv<br />
oder passiv berühren, nicht mehr verfügen. Hängige Verfahren werden nach der<br />
Konkurseröffnung daher zunächst einmal eingestellt, bis das zuständige<br />
Konkursorgan einen Entscheid über die Fortführung getroffen hat, SchKG 207 I.<br />
Für Zivilprozesse ist die Einstellung zwingend, für Verwaltungsverfahren liegt sie im<br />
Ermessen der zuständigen Behörde.<br />
Zuständigkeit:<br />
Im ordentlichen Konkursverfahren die zweite Gläubigerversammlung; in dringenden Fällen<br />
die erste Gläubigerversammlung.<br />
Im summarischen Konkursverfahren die Konkursverwaltung.<br />
Nach Ablauf der gesetzlichen Einstellungsfrist, SchKG 207 I, kann der Prozessgegner des<br />
Konkursiten das Verfahren auf jeden Fall wieder aufnehmen, <strong>und</strong> zwar – je nach dem<br />
Entscheid des zuständigen Konkursorganes – gegen die Konkursmasse selber oder gegen<br />
den oder die Abtretungsgläubiger, oder – wenn die Gläubiger auf die Prozessführung<br />
verzichten – gegen den Schuldner persönlich, weil dann das Verfügungsrecht über den<br />
Prozessgegenstand an ihn zurückfällt.<br />
Der Einstellungsentscheid ist ein blosser Zwischenentscheid; OG 87 !<br />
41.2. Stellung des Schuldners zu seinen Gläubigern
§ 42 Die Rechte der Gläubiger<br />
• Die Konkurseröffnung ändert nichts an der persönlichen Haftung des<br />
Schuldners, doch können ihn seine Gläubiger nicht mehr beliebig belangen. Für<br />
individuelle Rechtsverfolgung ist neben der unter Vorbehalt zivil- <strong>und</strong><br />
konkursrechtlichen Privilegien erfolgenden gleichmässigen Befriedigung kein<br />
Platz. Alle bereits hängigen Betreibungen werden durch die Konkurseröffnung<br />
aufgehoben <strong>und</strong> neuen Betreibungen für Forderungen, die schon vor der<br />
Konkurseröffnung entstanden sind, dürfen während der Dauer des Konkurses<br />
nicht angehoben werden, SchKG 206 I.<br />
• Das Betreibungsverbot wird mit Beschwerde geltend gemacht.<br />
• Nicht unter das Betreibungsverbot fallen:<br />
o Forderungen, die erst nach Konkurseröffnung entstanden sind<br />
Bspw. Verbindlichkeiten, die der Konkursit nach Konkurseröffnung<br />
begründet hat [Wohnungsmiete, Unterhaltsbeiträge]; in dieser Betreibung<br />
darf allerdings nur auf Vermögen zurückgegriffen werden, das nicht zur<br />
Konkursmasse gehört, insbes. das seit der Konkurseröffnung erarbeitete<br />
Einkommen i.S.v. SchKG 93. [beschränkt pfändbar].<br />
o Pfänder von Dritten, die zur Sicherung einer Schuld des Gemeinschuldners<br />
bestellt worden sind<br />
Durch ihre Verwertung wird die Konkursmasse nicht beeinträchtigt, da es<br />
sich um Vermögen eines Dritten handelt, SchKG 206 I Satz 2; Betreibung<br />
auf Pfandverwertung ist daher möglich.<br />
o Die Konkursmasse kann selber betrieben werden für Forderungen, die zu<br />
ihren Lasten begründet wurden, Masseschulden.<br />
o Selbst für Konkursforderungen erfolgt eine Ausnahme, wenn schon vor der<br />
Konkurseröffnung verwertet worden ist oder bei der sich eine Verwertung<br />
überhaupt erübrigt, wird eine hängige Betreibung nicht aufgehoben, SchKG<br />
199 II. Der Erlös oder die dem BA abgelieferten Beträge werden unter den<br />
Pfandgläubigern verteilt, nur ein Überschuss fällt in die Konkursmasse.<br />
o Eine Betreibung auf Pfandverwertung darf auch erfolgen, wenn es um die<br />
Verwertung einer Sache geht, an der der Konkursit ein Miteigentums- oder<br />
Gesamteigentumsrecht besitzt; dann fällt nur sein Gesamt- bzw.<br />
Miteigentumsanteil in die Konkursmasse, nicht die Sache selbst.<br />
Die Konkurseröffnung kann sich zunächst auf die vom Schuldner abgeschlossenen<br />
Verträge im Ganzen auswirken. Gr<strong>und</strong>sätzlich werden diese nicht einfach<br />
aufgehoben, SchKG 211 III. Ein Vertragsrücktritt oder eine Kündigung steht immer<br />
unter dem Vorbehalt, dass die Konkursverwaltung nicht selber in den Vertrag eintritt.<br />
Die Ansprüche, für die aus dem Erlös des Konkurssubstrats Befriedigung verlangt<br />
wird, sind gr<strong>und</strong>verschiedener Art:<br />
• Zum einen Konkursforderungen; d.h. alle Gläubigeransprüche, die bereits im<br />
Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegen den Konkursiten bestehen.<br />
• Masseverbindlichkeiten, d.h. die erst im Laufe des Konkursverfahrens<br />
entstehenden Forderungen, für welche aber nicht der Konkursit, sondern die<br />
Masse als Sondervermögen gegenüber ihren eigenen Gläubiger, den<br />
Massegläubigern, haftet.<br />
• Als dritte Klasse noch die erst nach Konkurseröffnung entstehenden Forderungen<br />
gegenüber dem Konkursiten, sie haben aber – weil sie nur das konkursfreie Vermögen<br />
betreffen können – mit dem Konkurs nichts zu tun.<br />
Welcher Kategorie eine Forderung zuzuordnen ist, ist eine materiellrechtliche<br />
Frage, die vom Zivilrichter oder von den zuständigen Verwaltungs- <strong>und</strong><br />
Verwaltungsjustizbehörden entschieden wird.
42.1. Konkursforderungen<br />
Wie der Umfang des Konkurssubstrates wird auch der Bestand der<br />
Konkursforderungen durch zeitliche <strong>und</strong> sachliche Begrenzung bestimmt. Es gibt<br />
jedoch keine territoriale Schranke; auch die Forderungen ausländischer Gläubiger<br />
sind in einem schweizerischen Konkurs zu berücksichtigen.<br />
Exequatur: vgl. § 46.<br />
Zeitliche Begrenzung<br />
Konkursforderung kann nur eine Forderung sein, die zur Zeit der Konkurseröffnung<br />
bereits besteht, mithin schon vorher entstanden ist. Der Entstehungsgr<strong>und</strong> der<br />
Forderung muss also vor der Konkurseröffnung eingetreten sein. Das allein genügt in<br />
zeitlicher Hinsicht.<br />
Mit der Konkurseröffnung werden gr<strong>und</strong>sätzlich sämtliche in diesem Zeitpunkt bestehenden<br />
Schuldverpflichtungen des Konkursiten von Gesetzes wegen fällig, SchKG 208 I.<br />
Nur die gr<strong>und</strong>pfandgesicherten Forderungen sind davon ausgenommen, für sie besteht kein<br />
praktisches Bedürfnis, die Fälligkeit vorzuverlegen. Nicht fällige Gr<strong>und</strong>pfandforderungen werden<br />
dem Erwerber des Gr<strong>und</strong>stücks nämlich als persönliche Schuldpflicht überb<strong>und</strong>en, analog der<br />
Spezialexekution, SchKG 259 i.V.m. 135 I, ebenso wie Dienstbarkeiten.<br />
Soweit das Gr<strong>und</strong>pfand aber nicht genügend Deckung bietet, wir die Forderung im Konkurs<br />
als ungesicherte [3. Kl.] berücksichtigt <strong>und</strong> folglich nach der allgemeinen Regel fällig.<br />
Massgebend für die Beurteilung der Deckung ist die amtliche Schätzung. Ist die Forderung<br />
durch ein Drittpfand gesichert, wird sie im Konkurs des Hauptschuldners ebenfalls wie eine<br />
ungesicherte behandelt. Denn das Gr<strong>und</strong>stück selber kann im Rahmen dieses Konkurses<br />
nicht verwertet werden, weil es nicht Bestandteil der Konkursmasse ist. Zulässig ist aber<br />
eine parallele Betreibung auf Pfandverwertung, SchKG 206 I.<br />
Die sofortige Fälligkeit wirkt nur gegenüber der Konkursmasse. Gegenüber dem<br />
Schuldner persönlich können sich die Gläubiger nicht darauf berufen. Wird der<br />
Konkurs widerrufen, gelten nämlich wieder die ordentlichen zivilrechtlichen<br />
Fälligkeiten.<br />
SchKG 208 II soll den infolge der sofortigen Fälligkeit gewonnenen Vorteil<br />
ausgleichen.<br />
Forderungen unter aufschiebender Bedingung, OR 151, können – wenn sie vor der<br />
Konkurseröffnung entstanden sind – im vollen Betrag eingegeben werden, selbst<br />
wenn die Bedingung bei Konkurseröffnung noch nicht eingetreten ist. Bis zum Eintritt<br />
der Bedingung wird jedoch die Dividende des Gläubigers hinterlegt, SchKG 210 I.<br />
Forderungen unter auflösender Bedingung sind wie unbedingte zu behandeln, die auf<br />
sie entfallende Klage ist unter Vorbehalt einer allfälligen Bereicherungsklage<br />
auszuzahlen.<br />
Periodische künftige Forderungen, die für die Zukunft unabänderlich feststehen,<br />
können kapitalisiert <strong>und</strong> im Konkurs liquidiert werden, bspw. Leibrentenforderungen,<br />
Forderungen des Pfründer usw. Soweit jedoch künftige Leistungen Änderungen<br />
unterworfen sein können (familienrechtliche Unterhaltszahlungen) ist eine<br />
Kapitalisierung ausgeschlossen; die bis zur Konkurseröffnung anfallenden<br />
periodischen Leistungen werden als Konkursforderung behandelt; die während 8 <strong>und</strong><br />
nach dem Konkurs fällig werdenden Beträge sind gegen den Konkursiten persönlich<br />
zu vollstrecken, SchKG 206 II.<br />
Eine Bürgschaft des Konkursiten 9 kann im Konkurs geltend gemacht werden,<br />
gleichgültig ob sie fällig ist oder nicht, SchKG 215 I.<br />
Sachliche Begrenzung<br />
Sachlich kommen als Konkursforderungen alle vermögensrechtlichen Ansprüche, die<br />
im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegen den Schuldner bestehen, in Betracht,<br />
gleichgültig aus welchem Rechtsgr<strong>und</strong> sie entstanden sind [Vertrag, Delikt, Gesetz].<br />
Ist der Konkurs einmal eröffnet, fallen auch die Forderungen darunter, die an sich<br />
nicht auf dem Weg der Konkursbetreibung vollstreckt werden dürften, SchKG 43. 10<br />
• Geldforderungen<br />
Konkursforderungen sind in erster Linie die auf Geldzahlung in CHF gerichteten<br />
Ansprüche. Ansprüche, die auf fremde Währung lauten, werden per Konkurseröffnung<br />
umgerechnet oder per Tag des BB, SchKG 88 IV p.a.<br />
Betragsmässig besteht die Konkursforderung aus dem Forderungskapital, den Zinsen bis<br />
zur Konkurseröffnung <strong>und</strong> den Betreibungskosten, SchKG 208 I Satz 2.<br />
Der Zinsenstop besteht nur gegenüber dem Schuldner persönlich, nicht gegenüber<br />
Mitverpflichteten oder Bürgen. Für pfandgesicherte Forderungen läuft der Zins bis zur<br />
Verwertung des Pfandes weiter, SchKG 209 II.<br />
8<br />
Da diese keine Konkursforderungen noch Masseverbindlichkeiten darstellen, ist dem Schuldner die Einrede des mangelnden neuen Vermögens<br />
verwehrt, ebenso eine neue Insolvenzerklärung.<br />
9<br />
Konkursit war Bürge, Drittgläubiger gibt nun seine Forderung ein, vgl. nachfolgende Grafik<br />
10<br />
Wird somit durch eine andere Forderung der Konkurs eröffnet; kann eine Forderung i.S.v. SchKG 43 dennoch eingegeben werden, SchKG 43<br />
spricht nur von „Konkursbetreibung.“
42.2. Konkursforderungen bei Solidarhaftung<br />
• Realforderungen<br />
Gegen den Konkursiten geltend gemachte Realforderungen können zwar nicht betrieben<br />
werden; ist aber einmal über den Leistungsschuldner der Konkurs eröffnet, unterliegen sie<br />
dennoch der Generalexekution. Sie werden mit der Konkurseröffnung ex lege in eine<br />
Geldforderung von entsprechendem Wert umgewandelt, SchKG 211 I.<br />
Der Gläubiger rechnet seine Realforderung selber um <strong>und</strong> gibt den Betrag als<br />
Konkursforderung ein; entscheidend ist das positive Vertragsinteresse.<br />
Nicht umwandelbar sind:<br />
Forderung des Mieters gg. Konkursit; der Mietvertrag wird dem Erwerber der Mietsache<br />
überb<strong>und</strong>en, OR 261<br />
Forderung des Arbeitgebers gegenüber dem konkursiten Arbeitnehmer auf Arbeitsleistung,<br />
Arbeitsvertrag bleibt trotz Konkurs bestehen.<br />
Die Umwandlung in eine Geldforderung ist zwingend für alle einseitigen Realschulden des<br />
Konkursiten. Bei zweiseitigen Verträgen findet sie nur statt, wenn der Konkursgläubiger<br />
seine eigene Leistung bereits erbracht hat. Sind zweiseitige Verträge dagegen beiderseits<br />
noch nicht oder nur teilweise erfüllt, hat die Konkursverwaltung das Recht, den Vertrag<br />
anstelle des Konkursiten realiter zu erfüllen [Eintrittsrecht, SchKG 211 II].<br />
Mit der Wahl der Realerfüllung wird die Forderung des Konkursgläubigers wie auch sein<br />
Sicherungsanspruch <strong>und</strong> eine allfällige Schadenersatzforderung wegen Nicht- oder<br />
Schlechterfüllung zur Masseverbindlichkeit, als solche ist sie vor allen Konkursforderungen<br />
zu erfüllen.<br />
Haften einem Gläubiger mehrere Schuldner solidarisch, ist zu unterscheiden, ob der<br />
Konkurs über mehrere oder nur einen einzelnen von ihnen eröffnet worden ist.<br />
Konkurs mehrerer Solidarschuldner<br />
Zivilrechtlich kann der Gläubiger jeden Solidarschuldner nach freier Wahl für einen Teil<br />
oder auch für die ganze Forderung belangen, unbeschadet des Rückgriffsrechtes des<br />
Zahlenden gegenüber seinen Mitschuldner, OR 144 <strong>und</strong> 148 II.<br />
Befinden sich mehrere Solidarschuldner im Konkurs, gestattet das <strong>Konkursrecht</strong> dem<br />
Gläubiger, seine Forderung in jedem Konkurs im vollen Betrage geltend zu machen,<br />
SchKG 216 I. Ein allfälliger Überschuss der Zuteilungen aus den verschiedenen<br />
Konkursen ist nach Massgabe der unter den Mitverpflichteten bestehenden<br />
Rückgriffsrechte an die Massen zurückzuerstatten, SchKG 216 III. Die Rückgriffsrechte<br />
unter den Solidarschuldnern, d.h. ihren Konkursmassen, bestimmt sich nach OR 148,<br />
149 <strong>und</strong> 507. Die Regressforderung einer Masse gegen die andere ist für die letztere<br />
eine Masseverbindlichkeit.<br />
Teilzahlung eines Solidarschuldners<br />
Trifft es zu, dass der Gläubiger von einem der Solidarschuldner bereits eine<br />
Teilzahlung erhalten hat, kann er seine Forderung immer noch im vollen ursprünglichen<br />
Betrag im Konkurs des Mitverpflichteten eingeben; gleichgültig ob der zahlende<br />
gegenüber dem Konkursiten rückgriffsberechtigt ist oder nicht, SchKG 217 I. Aber nicht<br />
nur der Gläubiger, auch der Solidarschuldner, der die Teilzahlung erbracht hat, ist<br />
berechtigt, diese ganze Forderung [Teilzahlung] im Konkurs seines Mitverpflichteten –<br />
zur Wahrung seines allfälligen Regressanspruches, anzumelden, SchKG 217 II.<br />
Auch die Konkursmasse selbst kann ein Rückgriffsrecht haben, wenn aus ihr mehr an<br />
den Gläubiger bezahlt wurde, als der Konkursit nach internem Verhältnis unter den<br />
Mitverpflichteten zu tragen hätte.<br />
Hat ein Drittpfandbesteller aufgr<strong>und</strong> einer Pfandverwertungsbetreibung eine Teilzahlung geleistet,<br />
ist er einem teilzahlenden Solidarschuldner gleichgestellt, BGE 110 III 112.<br />
Gesellschafts- <strong>und</strong> Gesellschafterkonkurs bei der Kollektiv- oder der<br />
Kommanditgesellschaft<br />
• Gleichzeitiger Konkurs von Gesellschaft <strong>und</strong> Gesellschafter<br />
Die Subsidiarität der Haftung der Gesellschafter verlangt, dass zuerst der<br />
Gesellschaftskonkurs abgewickelt wird, SchKG 218 I. In diesem Konkurs können<br />
die Gesellschaftsgläubiger – nicht aber die Privatgläubiger der Gesellschafter –<br />
ihre Forderungen voll eingeben. Im darauf folgenden Gesellschafterkonkurs<br />
dürfen die Gesellschaftsgläubiger nur noch die im Gesellschaftskonkurs<br />
erlittenen Verluste geltend machen, SchKG 218 I. Für diese Restschuld haften<br />
die Gesellschafter solidarisch, SchKG 216 <strong>und</strong> 217 sind anwendbar. Im Übrigen<br />
konkurrieren die Gesellschaftsgläubiger in diesem Konkurs mit den<br />
Privatgläubigern des Gesellschafters.<br />
• Gesellschafterkonkurs ohne gleichzeitigen Konkurs der Gesellschaft<br />
Der Gr<strong>und</strong>satz der subsidiären Haftung der Gesellschafter wird durchbrochen;<br />
der Gesellschaftsgläubiger kann nämlich neben den Privatgläubigern seine<br />
Forderung an die Gesellschaft in vollem Betrage geltend machen, SchKG 218 II.<br />
Der Konkursmasse des Gesellschafters stehen jedoch für die von ihr bezahlten<br />
Gesellschaftsschulden die Rückgriffsrechte nach SchKG 215 II zu, SchKG 218 II<br />
Satz 2.
42.3. Reihenfolge der Gläubigerbefriedigung<br />
Konkursgläubiger sollen für ihre Forderungen aus dem Erlös der Konkursmasse<br />
gleichzeitig <strong>und</strong> gleichmässig befriedigt werden. Gläubiger bestimmter Forderungen<br />
sind aber privilegiert.<br />
Auf Zivilrecht beruht das Privileg der Pfandgläubiger, auf <strong>Konkursrecht</strong> dasjenige der<br />
verschiedenen Forderungsklassen nach SchKG 219 IV.<br />
Befriedigung der Pfandgläubiger<br />
Auch die vom Konkursiten verpfändeten Vermögensobjekte werden zur Konkursmasse<br />
gezogen <strong>und</strong> zusammen mit dem übrigen Vermögen verwertet, SchKG 198. Dem<br />
Pfandgläubiger bleibt jedoch das Recht auf vorrangige Befriedigung aus dem<br />
Pfanderlös, SchKG 219 I. Das gilt uneingeschränkt für sämtliche Faustpfand- <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>pfandforderungen. Die nicht fälligen Gr<strong>und</strong>pfandforderungen werden hingegen<br />
nicht ausbezahlt <strong>und</strong> liquidiert, sondern dem Erwerber überb<strong>und</strong>en.<br />
Wo für dieselbe Forderung mehrere Pfänder haften, werden die gelösten Beträge im<br />
Verhältnis ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet, das Pfand eines Dritten<br />
wird hievon nicht berührt, SchKG 219 II. Dies ist v.a. da relevant, wo noch<br />
nachgehende Pfandrechte bestehen.<br />
Umgekehrt kann eine Pfandsache für mehrere Forderungen haften. Dann bestimmt<br />
sich der Rang der einzelnen Pfandgläubiger <strong>und</strong> somit die Reihenfolge ihrer<br />
Befriedigung untereinander nach dem Zivilrecht.<br />
Ein Überschuss des Pfanderlöses, der nach Befriedigung der Pfandgläubiger verbleibt,<br />
wird zur Deckung der nicht pfandgesicherten Forderungen herangezogen.<br />
Soweit umgekehrt die Pfanddeckung nicht ausreicht, kann der Pfandgläubiger nur noch<br />
eine ungesicherte Forderung geltend machen. 11 Auch für die Pfandgläubiger gilt dann<br />
ausschliesslich die konkursrechtliche Rangordnung. Voraussetzung für die weitere<br />
Teilnahme am Konkurs ist aber, dass der Schuldner dem Gläubiger persönlich<br />
haftet, was bei einer Gült oder Gr<strong>und</strong>last nicht der Fall ist.<br />
Befriedigung der Gläubiger ohne Pfanddeckung<br />
Nicht oder nicht mehr pfandgesicherte Forderungen sind in drei Klassen eingereiht.<br />
Innerhalb derselben Klasse sind die Gläubiger gleichberechtigt, SchKG 220 I; die<br />
Gläubiger einer nachfolgenden Klasse haben dagegen erst dann <strong>und</strong> nur soweit<br />
Anspruch auf den Erlös, als jene der vorgehenden Klasse voll befriedigt sind, SchKG<br />
220 II.<br />
Privilegiert ist nicht der Gläubiger persönlich, sondern die Forderung, d.h. bei einer<br />
Zession geht das Privileg auf den Zessionar über.<br />
• 1. Klassforderungen<br />
o Forderungen der Arbeitnehmer (auch Heimarbeiter) aus dem Arbeitsverhältnis [6 Mt.<br />
vor Konkurseröffnung, wird Arbeitsverhältnis fortgesetzt, bilden die nach der<br />
Konkurseröffnung geschuldeten Löhne sogar Masseschulden], Entschädigungen wg.<br />
vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses infolge Konkurs; Rückforderungen von<br />
Kautionen.<br />
Voraussetzung ist jedoch immer rechtliches <strong>und</strong> tatsächliches Unterordnungsverhältnis<br />
des Gläubigers zum Konkursiten.<br />
o Ansprüche der Versicherten aus UVG<br />
o Ansprüche der Versicherten aus der nicht obligatorischen beruflichen Vorsorge<br />
o Forderungen einer Personalvorsorgeeinrichtung gemäss BVG<br />
o Familienrechtliche Unterhalts- <strong>und</strong> Unterstützungsansprüche für 6 Monate vor der<br />
Konkurseröffnung<br />
• 2. Klassforderungen<br />
o Kinderprivileg im Konkurs des Inhabers der elterlichen Gewalt, das die Ersatzforderungen<br />
des indes aus der Verwaltung seines Vermögens umfasst, ZGB 326 f. Noch<br />
vorhandenes Kindesvermögen kann ausgesondert werden.<br />
Ist ein Privileg befristet (Kindesverhältnis, 6 Monate usw.) werden für die<br />
Fristenberechnung gemäss SchKG 219 V gewisse Zeiträume nicht mitgezählt.<br />
• 3. Klassforderungen<br />
o Alle übrigen Forderungen, also die ungedeckten Pfandforderungen sowie die auch<br />
konkursrechtlich nicht privilegierten Forderungen. Durch Rangrücktrittserklärungen<br />
von Darlehens- <strong>und</strong> Anleihensgläubigern wird durch privatrechtliche Vereinbarung<br />
eine allerletzte Klasse geschaffen. Erst bei der Verteilung wird allerdings einem<br />
unbestrittenen Rangrücktritt Rechnung getragen.<br />
11 Für die Zinsforderung ist dies aber ausgeschlossen, SchKG 209 II: „soweit gedeckt.“ Ein durch den Pfanderlös nicht gedeckter Zins kann somit<br />
nicht als ungesicherte 3. Klassforderung geltend gemacht werden.
Formelles <strong>Konkursrecht</strong> [Konkursverfahren]<br />
§ 43 Gliederung <strong>und</strong> Organe des Konkursverfahrens<br />
§ 44 Feststellung der Masse<br />
44.1. Konkursinventar<br />
• Sonderklassen<br />
o Bankeninsolvenz: Gegenüber einer insolventen Bank ist das Einlageprivileg nach<br />
BankG 37 a II zu berücksichtigen.<br />
o Im Konkurs des Ehemannes kann in seltenen Fällen noch das Frauengutsprivileg des<br />
alten Eherechts eine Rolle spielen, SchKG Schlussbestimmungen 2 IV.<br />
Diese Sonderklassen treten jeweils zwischen die zweite <strong>und</strong> die dritte Klasse.<br />
Gerichtliche Entscheidungen des Konkursgerichts eröffnen <strong>und</strong> schliessen das<br />
Konkursverfahren (Konkurserkenntnis <strong>und</strong> Schlusserkenntnis); dazwischen wickelt sich<br />
die Generalexekution in verschiedenen Stadien ab:<br />
• Feststellung <strong>und</strong> Sicherung der Konkursmasse<br />
• Verwaltung der Aktivmasse sowie Abklärung von Drittansprüchen<br />
• Erwahrung der Konkursforderungen (Passivmasse) <strong>und</strong> Kollokation der<br />
Gläubiger<br />
• Verwertung des Konkurssubstrates <strong>und</strong> Verteilung des Erlöses unter die<br />
Gläubiger<br />
• Abschluss mit dem Schlusserkenntnis<br />
Das ganze Verfahren sollte vorschriftsgemäss innert 12 Monaten seit seiner Eröffnung<br />
durchgeführt werden, die Aufsichtsbehörde ist jedoch befugt, diese Ordnungsfrist zu<br />
verlängern, SchKG 279.<br />
Die Abwicklung des Konkurses obliegt verschiedenen Organen:<br />
• Konkursamt<br />
• Gläubigerversammlungen<br />
• Fakultativer Gläubigerausschuss<br />
• Konkursverwaltung<br />
• Aufsichtsbehörde<br />
• Konkursgericht<br />
• Ordentliche Zivilgericht<br />
Hat das Konkursamt die Mitteilung des Konkurserkenntnisses erhalten, SchKG 176,<br />
muss es das Vermögen des Konkursiten ermitteln. Zu diesem Zweck nimmt es sofort<br />
ein Inventar der vorhandenen Aktiven auf, trifft die notwendigen Sicherungsmassnahmen,<br />
macht den Konkurs öffentlich bekannt <strong>und</strong> verbindet damit einen<br />
Schuldenruf, SchKG 221, 223, 232.<br />
U.U. muss für die Inventarisierung <strong>und</strong> Sicherung des Aktivvermögens wie bei der<br />
Pfändung der Requisitionsweg beschritten werden, wenn sich Vermögensgegenstände<br />
in einem anderen Konkurskreis befinden, SchKG 4. Wurde bereits ein Güterverzeichnis<br />
aufgenommen, dient es als Gr<strong>und</strong>lage.<br />
Dem Konkursiten obliegt während des ganzen Konkursverfahrens eine Präsenzpflicht,<br />
SchKG 229 I. Nur mit besonderer Erlaubnis des Konkursamtes darf er sich entfernen.<br />
Insbesondere hat einer eine Auskunfts- <strong>und</strong> Herausgabepflicht, SchKG 222 I; er muss<br />
dem Konkursamt alle Vermögenswerte angeben <strong>und</strong> zur Verfügung stellen. Bei Flucht<br />
oder Tod treffen diese Obliegenheiten seine erwachsenen Hausgenosse, SchKG 222<br />
II. Dieselben Herausgabe- <strong>und</strong> Auskunftspflichten treffen die Drittpersonen, bei denen<br />
Vermögen des Schuldners liegt, sofern sie nicht eigene Rechte daran geltend machen,<br />
SchKG 222 IV.<br />
Der Anspruch des Konkursiten auf billigen Unterhalt gilt als Masseschuld, SchKG 229<br />
II. Die Höhe der Alimente wird nach freiem Ermessen der Konkursverwaltung<br />
festgesetzt.<br />
In das Inventar werden sämtliche Vermögensstücke des Schuldners mit ihrem<br />
Schätzwert aufgenommen, SchKG 227. Selbst Kompetenzgut ist vorzumerken, auch<br />
Sachen, die Dritte als ihr Eigentum bezeichnen bzw. beanspruchen, ausser es wäre<br />
offensichtlich Dritteigentum. Für die Inventarisierung spielt es keine Rolle, wo sich die<br />
Vermögenswerte befinden, ob im Ausland oder in der Schweiz.<br />
Vermögensstücke in Drittgewahrsam dürfen – wenn der Dritte Eigentum daran geltend macht –<br />
nicht einfach beschlagnahmt werden; sie müssen durch Vindikation admassiert werden, SchKG<br />
242 III.
Das abgeschlossene Inventar wird dem Konkursiten vorgelegt, er muss sich zu dessen<br />
Vollständigkeit <strong>und</strong> Richtigkeit äussert <strong>und</strong> seine Erklärung im Inventar unterzeichnen,<br />
SchKG 228.<br />
Wegen Nichtaufnahme eines Vermögenswertes kann sich auch ein Gläubiger<br />
beschweren, KOV 32. Dritte wahren ihr Beschwerderecht im Aussonderungs- oder<br />
Admassierungsverfahren (wenn Eigentum strittig ist) oder im Kollokationsprozess<br />
(wenn ein beschränktes dingliches Recht strittig ist), weshalb sie hier kein<br />
Beschwerderecht haben.<br />
Gleichzeitig mit der Inventaraufnahme hat das Konkursamt die gebotenen Sicherungsmassnahmen<br />
zu treffen.<br />
Nicht erst die Aufnahme der Vermögenswerte in das Inventar bewirkt den<br />
Konkursbeschlag über sie, sondern unmittelbar bereits die Konkurseröffnung. Die<br />
Inventarisierung ist bloss eine darauf folgende Verwaltungshandlung des<br />
Konkursamtes.<br />
Vom Ergebnis der Inventarisierung hängt jedoch der weitere Verlauf des Verfahrens ab:<br />
• Recht der Erlös des inventarisierten Vermögens voraussichtlich zur Deckung der<br />
Kosten aus oder leistet ein Gläubiger für den mutmasslichen Fehlbetrag Sicherheit,<br />
wir das ordentliche Konkursverfahren durchgeführt, SchKG 231 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2.<br />
• Anderenfalls kann nur das summarische Konkursverfahren in Betracht kommen,<br />
SchKG 231.<br />
• Werden aber nicht einmal zur Deckung der Kosten eines summarischen<br />
Konkursverfahrens genügend Vermögenswerte vorgef<strong>und</strong>en, stellt sich die Frage<br />
der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven, SchKG 230.<br />
• Abschluss mit dem Schlusserkenntnis<br />
44.2. Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven<br />
Ergibt das Inventar, dass nicht genügend Aktiven vorhanden sind, um auch nur das<br />
summarische Konkursverfahren durchzuführen, beantragt das Konkursamt beim<br />
Konkursgericht die Einstellung des Verfahrens, SchKG 230 I. Verfügt dieses die<br />
Einstellung, macht das Konkursamt dies öffentlich bekannt, SchKG 230 II Satz 1,<br />
SchKG 35.<br />
Einseitige Verfügung, ER im SV: Rekurs / NB an OGer, SB/NB, SB.<br />
Es wird angedroht, dass das Konkursverfahren endgültig geschlossen bleibe, wenn<br />
nicht binnen 10 Tagen ein Gläubiger die Durchführung verlange <strong>und</strong> für den nicht<br />
gedeckten Teil der mutmasslichen Kosten Sicherheit leiste, SchKG 230 II Satz 2.<br />
Die Gläubiger haben folgende Möglichkeiten:<br />
• Die Einstellung des Konkurses lässt die Betreibungen, welche durch die<br />
Konkurseröffnung dahingefallen sind, wieder aufleben, SchKG 230 IV – dies im<br />
Gegensatz zum Widerruf des Konkurses, wo die eingestellten Betreibungen nicht<br />
wieder aufleben. Eine bspw. durch Insolvenzerklärung hinfällig gewordene<br />
Lohnpfändung kann wieder verlangt werden.<br />
• Nicht auf dieses Wiederaufleben der Spezialexekution angewiesen sind die Pfandgläubiger<br />
einer juristischen Person, sie können die Verwertung ihres Pfandes<br />
unmittelbar durch das Konkursamt verlangen, ohne erst eine separate Betreibung<br />
auf Pfandverwertung anheben oder eine wieder auflebende weiterführen zu<br />
müssen, SchKG 230 a II.<br />
• Den Pfandgläubigern einer natürlichen Person steht dieses direkte Verwertungsrecht<br />
nicht zu; sie müssen eine Betreibung auf Pfändung einleiten oder eine<br />
wiederauflebende weiterführen, SchKG 230 IV.<br />
• Gläubiger ohne Pfandsicherung können nach Einstellung des Konkurses jeden<br />
Schuldner – ob konkursfähig oder nicht – während 2 Jahren auf Pfändung<br />
betreiben, SchKG 230 III.
44.3. Konkurspublikation<br />
§ 45 Verwaltung der Masse<br />
Steht fest, dass das ordentliche oder das summarische Verfahren durchgeführt werden<br />
kann, macht das Konkursamt die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, SchKG<br />
232 I. Die Publikation bezweckt die Ergänzung <strong>und</strong> Bereinigung des inventarisierten<br />
Konkurssubstrates, die Feststellung der Konkursforderungen sowie die Vorbereitung<br />
des weiteren Verfahrens.<br />
• Bekanntgabe von Daten des Konkursiten, Zeitpunkt der Konkurseröffnung<br />
• Schuldenruf, SchKG 232 II Ziff. 2<br />
Konkursgläubiger <strong>und</strong> Aussonderungsberechtigte werden aufgefordert, ihre<br />
Ansprüche samt Beweismitteln binnen Monatfrist beim Konkursamt einzugeben.<br />
Spätere Eingaben sind bis zum Schluss zu berücksichtigen, jedoch unter<br />
Kostenauflage, SchKG 251 I <strong>und</strong> II. [ 10 Tage im Falle von SchKG 234]<br />
• Aufforderung an die Schuldner des Konkursiten, SchKG 232 II Ziff. 3<br />
Schuldner des Konkursiten werden aufgefordert, sich binnen Eingabefrist als<br />
solche anzumelden. Jeder Drittschuldner – selbst eine Bank – ist<br />
auskunftspflichtig.<br />
• Aufforderung an die Besitzer von Sachen des Konkursiten, SchKG 232 II Ziff.4<br />
Besitzer von Sachen des Konkursiten werden aufgefordert, diese binnen der<br />
gleichen Frist dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen; insbesondere die<br />
Faustpfandgläubiger, denen aber ihr Vorzugsrecht zugesichert wird, SchKG 219 I.<br />
• Einladung zur ersten Gläubigerversammlung, SchKG 232 II Ziff. 5<br />
Angesichts der Dringlichkeit der dort zu treffenden Beschlüsse muss diese<br />
Versammlung spätestens 20 Tage nach der Konkurspublikation abgehalten<br />
werden. Auch Mitschuldner <strong>und</strong> Bürgen des Konkursiten <strong>und</strong> Gewährspflichtige<br />
dürfen ihr beiwohnen. Jeder bekannte Gläubiger erhält zudem eine Spezialanzeige<br />
der Konkurspublikation, sofern der Konkurs im ordentlichen Verfahren durchgeführt<br />
wird, SchKG 233.<br />
• Hinweis für ausländische Beteiligte, dass das Konkursamt als Zustellungsdomizil<br />
gilt, sofern kein anderes in der Schweiz bezeichnet wird, SchKG 232 II Ziff. 6<br />
Die Verwaltung der Aktivmasse obliegt der Gläubigerversammlung, einem allfällig<br />
eingesetzten Gläubigerausschuss <strong>und</strong> der Konkursverwaltung.<br />
Erste Gläubigerversammlung<br />
Die spätestens 20 Tage nach der Konkurspublikation abzuhaltende erste Versammlung<br />
der Gläubiger wird vom Konkursbeamten geleitet, er bildet mit 2 von ihm bezeichneten<br />
Gläubigern das „Büro“, SchKG 235 I. Die Entscheide des Büros unterliegen der<br />
Beschwerde.<br />
Teilnahmeberechtigt ist, wer aus den Unterlagen des Konkursiten als dessen Gläubiger<br />
hervorgeht oder sich sonst wie als Gläubiger, Mitschuldner, Bürge oder<br />
Gewährspflichtiger ausweist. Vertretungen sind zulässig.<br />
Ist die Versammlung nicht beschlussfähig, SchKG 237, unterrichtet das Konkursamt die<br />
Anwesenden über den Bestand der Masse <strong>und</strong> stellt die Beschlussunfähigkeit fest. Das<br />
Konkursamt muss nun bis zur allfälligen zweiten Gläubigerversammlung die<br />
Aktivmasse alleine verwalten <strong>und</strong> es steht nun für spätere Gläubigerbeschlüsse der<br />
Zirkularweg offen, SchKG 255 a.<br />
Aufgaben der ersten Gläubigerversammlung:<br />
• Entgegennahme des Berichtes des Konkursamtes über die Aufnahme des<br />
Inventars <strong>und</strong> den Bestand der Aktivmasse.<br />
• Treffen von ersten organisatorischen Entscheidungen:<br />
• Einsetzen des Konkursamtes oder eine oder mehrere von ihr gewählten<br />
Personen als Konkursverwaltung, SchKG 237 II<br />
• Ggf. Wahl eines Gläubigerausschusses als Hilfsorgan, SchKG 237 III<br />
• Treffen von dringlichen Verwaltungsmassnahmen:<br />
• Fortführung des Betriebes des Konkursiten<br />
• Fortsetzung schwebender Prozesse<br />
• Vorzeitiger Verkauf auch von Gr<strong>und</strong>stücken aus freier Hand<br />
• Ggf. Einstellung der Verwertung, wenn der Konkursit einen Nachlassvertrag<br />
vorschlägt, SchKG 238 II.<br />
Diese geringen Kompetenzen rechtfertigen sich aus der Tatsache, dass die<br />
eingegebenen Forderungen – <strong>und</strong> somit auch die Teilnahme an der Versammlung –<br />
noch nicht erwahrt sind.<br />
Beschlüsse der ersten Gläubigerversammlung können sowohl wegen Rechtsverletzung<br />
als auch wegen Unangemessenheit mit Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde<br />
angefochten werden, SchKG 239. Legitimiert ist dazu jeder Gläubiger, sofern er dem<br />
angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat, der<br />
Schuldner sowie ein betroffener Dritter.
45.1. Aussonderung <strong>und</strong> Admassierung<br />
Der Gläubigerausschuss<br />
Der Gläubigerausschuss ist ein von der Gläubigerversammlung aus ihrer Mitte<br />
fakultativ eingesetztes Hilfs- <strong>und</strong> Kontrollorgan, SchKG 237 III. Bestimmt der<br />
Einsetzungsbeschluss nichts anderes, stehen ihm einfach die im Gesetz aufgezählten<br />
Obliegenheiten zu.<br />
In den Gläubigerausschuss kann jeder Gläubiger gewählt werden, der vom Schuldner<br />
nicht irgendwie abhängig ist; innerhalb des Gläubigerausschusses herrscht das<br />
Kollegialitätsprinzip; individuelles Handeln eines Mitgliedes ist ausgeschlossen.<br />
Auch Entscheide des Gläubigerausschusses sind mit Beschwerde anfechtbar, soweit<br />
sie betreibungsrechtliche Verfügungen darstellen <strong>und</strong> nicht nur rechtsgeschäftliche<br />
Handlungen wie bspw. der Abschluss eines Prozessvergleiches.<br />
Der Gläubigerausschuss kann durch die zweite Gläubigerversammlung wieder<br />
abberufen werden, SchKG 253 II.<br />
Konkursverwaltung<br />
Sie ist das ausführende Organ im Konkursverfahren. Ihr obliegt die Durchführung des<br />
Konkurses im Einzelnen, namentlich der Vollzug der Gläubigerbeschlüsse. Sie übt<br />
öffentlichrechtliche Funktionen aus.<br />
Ob diese von Gesetz wegen oder durch Beschluss der Gläubigerversammlung dem<br />
Konkursamt übertragen sind oder ob die Gläubiger an dessen Stelle eine besondere,<br />
ausseramtliche Konkursverwaltung, bestehend aus einer oder mehreren natürlichen<br />
oder iuristischen Personen, gewählt haben, spielt keinen Unterschied.<br />
Für eine ausseramtliche Konkursverwaltung kommen RA, Notare <strong>und</strong> Treuhänder in Frage, nicht<br />
aber Gläubiger oder Drittschuldner.<br />
Die amtliche wie auch die ausseramtliche Konkursverwaltung unterstehen denselben<br />
positiven wie negativen Amtspflichten, SchKG 8 – 11; der Kanton ist für sie<br />
verantwortlich, SchKG 5, sie unterstehen der disziplinarischen Verantwortlichkeit,<br />
SchKG 14, ihre Verfügungen unterliegen der Beschwerde <strong>und</strong> Entschädigungen dürfen<br />
ausschliesslich im Rahmen der GebV berechnet werden.<br />
Aufgabe:<br />
• Besorgt alle zur Erhaltung der Masse gehörenden Geschäfte <strong>und</strong> vertritt die Masse<br />
vor Gericht, SchKG 240.<br />
• Schulden, die sie im Rahmen dieser Tätigkeit eingeht, sind Masseverbindlichkeiten<br />
• Die Konkursverwaltung ist gehalten, unbestrittene fällige Forderungen einzuziehen.<br />
Anders als in einer Betreibung auf Pfändung 12 ist im Konkurs die Eintreibung auf<br />
dem Wege der Betreibung möglich, SchKG 243 I, solange die Forderung nicht<br />
ernsthaft bestritten ist.<br />
• Behandlung der Aussonderungsansprüche; es ist Sache der Konkursverwaltung,<br />
das Aussonderungsverfahren in Gange zu bringen, SchKG 242.<br />
• Ggf. sogar bereits Verwertungshandlungen, insbesondere Notverkauf, SchKG 243<br />
II. Sonst wird aber immer erst nach der zweiten Gläubigerversammlung verwertet.<br />
Im Aussonderungs- wie im Admassierungsverfahren soll der Bestand des für die<br />
Verwertung bestimmten Konkurssubstrates definitiv abgeklärt, d.h. es soll über<br />
allenfalls umstrittene Zugehörigkeit von Vermögenswerten zur Konkursmasse<br />
entschieden werden.<br />
Nach dem Gewahrsam am streitigen Gegenstand entscheidet sich, welches der beiden<br />
Verfahren zur Anwendung kommt; entscheidend ist der Gewahrsam im Zeitpunkt der<br />
Konkurseröffnung.<br />
Unmittelbare faktische Sachherrschaft, verb<strong>und</strong>en mit der Möglichkeit, sie zu gebrauchen.<br />
Befand sich die umstrittene Sache bei Konkurseröffnung im ausschliesslichen oder im<br />
Mitgewahrsam des Drittansprechers, ist sie vom Konkursbeschlag gar noch nicht<br />
betroffen; die Konkursmasse muss sie an sich ziehen: Admassierungsverfahren.<br />
Dies ganz im Gegensatz zur Spezialexekution, wo der Pfändungsbeschlag auch<br />
Gegenstände im Drittgewahrsam erfasst.<br />
Im ordentlichen Konkursverfahren entscheiden die Gläubiger darüber, ob sie mit einer<br />
solchen Admassierungsklage gegen den Dritten vorgehen wollen, im summarischen<br />
entscheidet die Konkursverwaltung, SchKG 236, 237 III Ziff. 3 13 , 253 II. Auch die<br />
Abtretung des Prozessführungsrechts nach SchKG 260 kann in Frage kommen.<br />
Hatte jedoch bei der Konkurseröffnung ausschliesslich der Schuldner den Gewahrsam,<br />
fiel die Sache vorerst einmal in die Konkursmasse, es sei denn, der Drittanspruch habe<br />
offensichtlich zu Recht bestanden.<br />
12 In der Betreibung auf Pfändung werden nur unbestrittene Forderungen eingezogen, bestrittene Forderungen werden entweder auf dem Wege der<br />
Forderungsüberweisung an Zahlungs Statt oder Zahlungshalber verwertet.<br />
13 Wenn es der von den Gläubigern gewählte Ausschuss kann, können es wohl auch die Gläubiger selbst !
§ 46 Erwahrung <strong>und</strong> Kollokation der Konkursforderungen<br />
46.1. Erwahrung der Konkursforderung<br />
Das Aussonderungsverfahren findet seine Gr<strong>und</strong>lage in SchKG 242 <strong>und</strong> in KOV 45<br />
ff; es kann analog dem Widerspruchsverfahren zwei Stadien durchlaufen, ein<br />
Vorverfahren <strong>und</strong> ggf. ein eigentlicher Aussonderungsprozess.<br />
Die Aussonderung muss ausdrücklich verlangt werden. Die Anmeldung ist trotz der<br />
Konkurspublikation bis zur Verteilung des Erlöses möglich, SchKG 251; nach der<br />
Verwertung richtet sich der Anspruch auf die Herausgabe des Erlöses.<br />
Die Konkursverwaltung führt das Vorverfahren durch; sie verfügt über die Herausgabe<br />
der von Dritten beanspruchten Sachen, SchKG 242 I.<br />
Die Konkursverwaltung, die bereit wäre, den Herausgabeanspruch eines Dritten<br />
anzuerkennen, muss vorher noch die Zweite Gläubigerversammlung begrüssen. Als<br />
oberstes Organ des Konkurses, SchKG 253, kann diese nämlich anders beschliessen<br />
oder das Bestreitungsrecht der Masse nach SchKG 260 einem oder einzelnen<br />
Gläubigern abtreten lassen, KOV 47. Nur wenn die Zweite Gläubigerversammlung der<br />
Konkursverwaltung beipflichtet <strong>und</strong> kein Gläubiger die Abtretung verlangt, darf die<br />
Sache oder der Erlös dem Dritten herausgegeben werden.<br />
Im summarischen Verfahren entscheidet die Konkursverwaltung allein.<br />
Wird hingegen der Drittanspruch abgelehnt (sei es von der Gläubigerversammlung,<br />
einem Abtretungsgläubiger oder der Konkursverwaltung), setzt die Konkursverwaltung<br />
dem Dritten eine 20-tägige Frist zur Klage, SchKG 242 II, KOV 46.<br />
Die Aussonderungsklage wird mit dem Begehren auf Herausgabe der Sache beim<br />
Gericht des Konkursortes angehoben. Kläger ist immer der Drittansprecher, Beklagter<br />
die Masse oder der Abtretungsgläubiger. Der Streitwert ist der Schätzungswert der<br />
umstrittenen Sache. Es handelt sich um einen ordentlichen Zivilprozess. Wird die<br />
Klage gutgeheissen, muss die Streitsache dem Kläger herausgegeben werden, wird sie<br />
abgewiesen, bleibt sie endgültig in der Konkursmasse.<br />
Das Urteil hat jedoch wie die Verwirkung des Klagerechts nur für das hängige<br />
Konkursverfahren Bedeutung; das Aussonderungsverfahren verfolgt nur einen<br />
betreibungsrechtlichen Zweck. Die Aussonderungsklage ist somit wie die<br />
Widerspruchsklage eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das<br />
materielle Recht. Gleiches gilt für die Admassierungsklage.<br />
Im Falle eines Konkurswiderrufes würde dies bedeuten:<br />
• Im Falle eines Obsiegens im Aussonderungsverfahren durch den Dritten könnte der<br />
ehemalige Konkursit immer noch mit der Vindikationsklage vorgehen<br />
• Hat die Masse im Admassierungsprozess gewonnen, wurde die Sache bei Konkurswiderruf<br />
noch nicht verwertet, so hat der Dritte eine Vindikation gegen den ehemaligen Konkursiten<br />
• War die Sache jedoch bereits verwertet; bleibt der Erwerber geschützt. Der Dritte kann nur<br />
noch gegen den ehemaligen Konkursiten wegen ungerechtfertigter Bereicherung vorgehen.<br />
Wie der Bestand der Aktivmasse muss auch derjenige der Passivmasse nach Ablauf<br />
der öffentlich bekannt gegebenen Eingabefrist endgültig <strong>und</strong> genau festgestellt werden.<br />
Ermittlung des verwertbaren Konkurssubstrates <strong>und</strong> der bei seiner Liquidation zu<br />
berücksichtigenden Konkursforderung laufen nebeneinander her.<br />
Beides ist zunächst Aufgabe der Konkursverwaltung; der Entscheid über eine streitige<br />
materielle Rechtslage obliegt jedoch allein den zuständigen Gerichten.<br />
Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die Konkursverwaltung die angemeldeten<br />
Forderungen <strong>und</strong> macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen, SchKG 244.<br />
Dazu hat sie 60 Tage Zeit, SchKG 247 I <strong>und</strong> IV, was allerdings verlängerbar ist.<br />
Gegenstand der Prüfung<br />
Zu prüfen sind sämtliche mündlich oder schriftlich, rechtzeitig oder verspätet<br />
angemeldeten Konkursforderungen, SchKG 244 <strong>und</strong> 251. Selbst nicht angemeldete<br />
Konkursforderungen sind von Amtes wegen zu berücksichtigen, sofern sie sich aus<br />
dem Gr<strong>und</strong>buch ergeben, SchKG 246, ebenso durch verpfändete Gr<strong>und</strong>pfandtitel<br />
gesicherte Forderungen sowie unmittelbare gesetzliche Rechte oder unmittelbare<br />
gesetzliche Verfügungsbeschränkungen [bspw. gesetzliche Vorkaufsrechte].<br />
Prüfungsverfahren<br />
Die Konkursverwaltung muss untersuchen, ob die Forderungen überhaupt bestehen,<br />
wie hoch sie sich belaufen, ob Sicherheiten dafür bestehen <strong>und</strong> welcher Rang ihnen<br />
zukommt.<br />
Primär wird dafür auf die eingelegten Beweismittel (Schuldscheine, Auszüge usw.)<br />
abgestellt, zudem sind von Amtes wegen alle zweckdienlichen Erhebungen zu machen<br />
<strong>und</strong> vom Gläubiger können weitere Belege eingefordert werden, SchKG 244. Der<br />
Gemeinschuldner selbst muss zu jeder einzelnen Konkursforderung befragt werden;<br />
die Konkursverwaltung ist aber nicht an seine Äusserung geb<strong>und</strong>en, SchKG 244 Satz<br />
2.
• Forderungshöhe<br />
• Forderungsgr<strong>und</strong><br />
• Beanspruchter Rang<br />
• Sicherheit<br />
46.2. Kollokationsplan<br />
Wird er nicht befragt, hat dies nicht die Nichtigkeit zur Folge. Seine unterschriftliche<br />
Anerkennung hat für den Konkursverlustschein Wirkung: Er gibt als<br />
Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82, SchKG 265.<br />
Entscheid der Konkursverwaltung<br />
Gelangt die Konkursverwaltung zum Ergebnis, dass eine Konkursforderung an sich <strong>und</strong><br />
ihrer Höhe nach besteht, dass sie dem betreffenden Gläubiger zusteht, dass gegen die<br />
angegebenen Sicherheiten <strong>und</strong> den beanspruchten Rang nichts einzuwenden ist,<br />
anerkennt sie den Anspruch.<br />
Anderenfalls weist sie ihn ganz oder teilweise ab oder verweist ihn in den ihr<br />
zuerkannten Rang. Der Entscheid erfolgt in der sog. Kollokationsverfügung.<br />
Abweisung setzt gründliche Prüfung voraus, Anerkennung ebenfalls. Ansonsten könnte<br />
sich der Gläubiger bzw. im zweiten Fall der Schuldner anstelle der Kollokationsklage<br />
die Beschwerde ergreifen, wenn nur eine oberflächliche Prüfung erfolgte.<br />
Der Entscheid der Konkursverwaltung muss eindeutig <strong>und</strong> unbedingt sein, nur unter<br />
dieser Voraussetzung taugt er als Gr<strong>und</strong>lage für die Verteilung des<br />
Konkursergebnisses <strong>und</strong> lässt auch keine Unsicherheit darüber aufkommen, wer ggf.<br />
eine Kollokationsklage einzuleiten hat.<br />
Zur Zeit der Konkurseröffnung hängige Prozesse über Forderungen müssen von der<br />
Konkursverwaltung nicht entschieden werden, sie sind bis zur Zweiten<br />
Gläubigerversammlung pro memoria im Kollokationsplan vorzumerken.<br />
Wird der Prozess von der Masse oder einem Abtretungsgläubiger fortgesetzt, SchKG 260, so<br />
übernimmt er die Funktion des Kollokationsprozesses, anderenfalls gilt die Forderung als<br />
anerkannt, was einen späteren Kollokationsprozess ausschliesst, KOV 63 III.<br />
Die Kollokationsverfügung der Konkursverwaltung kommt formell im Kollokationsplan<br />
zum Ausdruck. Jede Abweisung eines Anspruches ist kurz zu begründen; SchKG 248;<br />
nur die unveränderte Gutheissung einer Angabe durch Aufnahme in den Kollokationsplan<br />
bedarf keiner Begründung.<br />
Die Konkursverwaltung darf aber dabei nicht über den vom Gläubiger angemeldeten Betrag<br />
hinausgehen; ein höherer Betrag ist unzulässig, selbst wenn es darum ginge, sich einer vom<br />
Gläubiger vorgenommenen Verrechnung zu widersetzen.<br />
Auch wenn die Konkursverwaltung die Verrechnung ablehnt, darf sie einstweilen nur die<br />
eingegeben Restforderung kollozieren. Die verrechnete Gegenforderung des Konkursiten muss<br />
gerichtlich eingeklagt werden. [materiellrechtliche Forderungsklage]<br />
Inhalt<br />
Der Kollokationsplan gibt gesamthaft darüber Auskunft, wie die einzelnen Konkursforderungen<br />
bestandes-, betrags- <strong>und</strong> rangmässig im Verfahren behandelt werden<br />
sollen. Er bringt deren Anerkennung oder Abweisung formell zum Ausdruck.<br />
Im Einzelnen sind in den Kollokationsplan aufzunehmen:<br />
• Gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen an einem Gr<strong>und</strong>stück (incl. DBK, Gr<strong>und</strong>lasten,<br />
vorgemerkte persönliche Rechte) sowie gesetzliche Vorkaufsrechte. Es muss aus dem Plan<br />
hervorgehen, welche Lasten dem Erwerber eines Gr<strong>und</strong>stücks bei der Verwertung<br />
überb<strong>und</strong>en werden sollen.<br />
Für jedes einzelne Gr<strong>und</strong>stück erfolgt ein besonderes Lastenverzeichnis, VZG 125. Diese<br />
Verzeichnisse bilden Bestandteil des Kollokationsplanes, SchKG 247 II. Die Bereinigung der<br />
Lasten erfolgt jedoch im Kollokationsverfahren.<br />
• Faustpfandgesicherte Forderungen. Forderungen, für die ein Eigentümer- oder<br />
Inhaberschuldbrief als Faustpfand haftet, werden zwar faustpfandgesichert kolloziert, jedoch<br />
wird der Schuldtitel bis höchstens zum Betrag der zugelassenen Faustpfandforderung unter<br />
die Gr<strong>und</strong>pfandforderungen aufgenommen.<br />
• Ungesicherte Forderungen, rangmässig gegliedert nach den Konkursklassen, SchKG 219 IV.<br />
Als ungesichert gilt auch eine Forderung, für die ein Drittpfand bestellt ist.<br />
Nicht aufzunehmen sind dagegen Aussonderungsansprüche <strong>und</strong> Masseverbindlichkeiten,<br />
jene werden im Aussonderungsverfahren abgeklärt, diese werden<br />
vorweg voll aus dem Bruttoerlös der Masse bezahlt.<br />
Genehmigung<br />
Besteht ein Gläubigerausschuss, muss ihm der Kollokationsplan samt den Lastenverzeichnisses<br />
zur Genehmigung unterbreitet werden, SchKG 247 III <strong>und</strong> IV.<br />
Ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Gläubigerversammlung darf der<br />
Gläubigerausschuss allerdings keine Rechte anerkennen, welche die<br />
Konkursverwaltung abgewiesen hat. Er hat nur eine selbständige<br />
Abweisungskompetenz. [d.h. von der Konkursverwaltung zugelassene Forderungen<br />
selbständig abweisen].<br />
Besteht kein Gläubigerausschuss, kann der Kollokationsplan sofort nach seiner<br />
Erstellung aufgelegt <strong>und</strong> die Auflage öffentlich bekannt gemacht werden.
46.3. Anfechtung des Kollokationsplanes<br />
Auflegung<br />
Der abgeschlossene Kollokationsplan, seine Belege, sowie das Inventar werden beim<br />
Konkursamt aufgelegt. Das Inventar soll den Entscheid, ob sich ein Streit lohnt,<br />
erleichtern. Daher muss immer der vollständige Kollokationsplan aufgelegt werden.<br />
Ab dem Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung läuft auch die Frist zur Anhebung<br />
der Kollokationsklage, SchKG 249 II, 250 I.<br />
Eine individuelle Anzeige erhält nur der Gläubiger i.S.v. SchKG 249 III.<br />
Berichtigung des Kollokationsplanes<br />
Der aufgelegte Kollokationsplan ist nicht ohne weiteres verbindlich. Es kann noch zu<br />
Änderungen kommen:<br />
• Anfechtung des Planes mit Beschwerde oder Klage<br />
• Während der Anfechtungsfrist durch die Konkursverwaltung selbst unter gewissen<br />
Voraussetzungen [Selbstberichtigung]. Liegt ein Beschwerdegr<strong>und</strong> vor, gelten die<br />
Regeln des Beschwerderechts; liegt ein Klagegr<strong>und</strong> vor, besteht das Selbstberichtigungsrecht<br />
nur solange, als noch keine Klage erhoben worden ist.<br />
• Bis zum Schluss des Konkursverfahrens kann eine verspätete Konkurseingabe die<br />
Abänderung des u.U. bereits rechtskräftigen Kollokationsplanes nötig machen.<br />
Der Kollokationsplan stellt einen Komplex verfahrensrechtlicher Verfügungen der<br />
Konkursverwaltung, tlw. auch des Gläubigerausschusses dar, die zugleich die<br />
materiellen Rechte der Gläubiger <strong>und</strong> Inhaber beschränkter dinglicher Rechte<br />
berühren.<br />
Deshalb unterliegt er der Anfechtung sowohl durch Beschwerde als auch durch Klage,<br />
je nachdem ob die Verletzung einer Verfahrensvorschrift oder der materiellrechtliche<br />
Inhalt einer Verfügung beansprucht wird.<br />
Rechtskräftig wird der Kollokationsplan immer erst nach unbenütztem Ablauf der<br />
Anfechtungsfristen oder wenn über eine mittels Anfechtung beantragte Abänderung<br />
endgültig entschieden worden ist.<br />
Die Anfechtungsfrist beträgt für die Beschwerde 10, für die Klage 20 Tage. Beide<br />
Fristen laufen ab der Veröffentlichung der Planauflage, SchKG 250 I.<br />
Anfechtung mit Beschwerde<br />
Massgebend ist § 6. Gr<strong>und</strong> zur Beschwerde bilden ausschliesslich Verfahrensfehler bei<br />
der Erstellung des Planes.<br />
• Entwurf wurde dem Gläubigerausschuss nicht zur Genehmigung unterbreitet<br />
• Mangelhafte oder gar fehlende Auflage, Publikation oder Mitteilung<br />
• Keine Angabe der Abweisungsgründe<br />
• Fehlende Anhörung des Schuldners, wenn seine Anhörung zu einer anderen Entscheidung<br />
geführt hätte<br />
• Oberflächliche Entscheidungen der Konkursverwaltung<br />
• Nichtbehandlung einer eingegebenen oder aus dem Gr<strong>und</strong>buch ersichtlichen Forderung<br />
Zur Beschwerde legitimiert sind alle Beteiligten, ausser dem Gläubiger <strong>und</strong> dem Konkursiten ggf.<br />
auch Dritte, bspw. der Aussonderungsberechtigte.<br />
Wird der Kollokationsplan im Beschwerdeverfahren abgeändert, muss er neu aufgelegt <strong>und</strong> die<br />
Neuauflage öffentlich gemacht werden.<br />
Anfechtung mit Beschwerde<br />
Klageweise Anfechtung des Kollokationsplanes bezweckt immer die materiellrechtliche<br />
Überprüfung des Inhalts einer darin getroffenen Verfügung. Man beklagt sich über die<br />
Verletzung des materiellen Rechts <strong>und</strong> verlangt, dass ihm bei der Kollokation<br />
Rechnung getragen werde.<br />
Die Kollokationsklage richtet sich somit stets gegen die materielle Entscheidung der<br />
Konkursverwaltung im Rahmen der Erwahrung <strong>und</strong> Kollokation mit der Behauptung, sie<br />
sei inhaltlich falsch.<br />
Mit der Klage wird die Frage zur Beurteilung gestellt, wie ein geltend gemachter<br />
Anspruch materiell richtig zu kollozieren <strong>und</strong> damit der Berechtigte im Verfahren einzustufen<br />
sei. Mang verlangt die dem materiellen Recht entsprechende Teilnahme oder<br />
Nichtteilnahme am Konkursergebnis.<br />
Falscher Entscheid über Anerkennung oder Abweisung, Höhe, Zins, Rang, beschränktes<br />
dingliches Recht sei oder vorgemerktes persönliches Recht sei zu Unrecht bzw. in einem falschen<br />
Rang anerkannt worden.<br />
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kollokation der eigenen oder einer anderen fremden<br />
Forderung angefochten wird, denn im Konkurs sind in beiden Fällen materiellrechtliche<br />
Fragen zu überprüfen, SchKG 250 I <strong>und</strong> II.<br />
Legitimiert ist jeder Inhaber eines Anspruches, der im Kollokationsplan zu behandeln<br />
ist, also jeder Konkursgläubiger <strong>und</strong> jeder Inhaber eines beschränkten dinglichen<br />
Rechts bzw. eines vorgemerkten persönlichen Rechts, das nicht im beanspruchten<br />
Masse anerkannt worden ist.<br />
Dem Konkursiten ist allerdings der Klageweg verschlossen, er ist ausschliesslich auf<br />
die Beschwerde verwiesen.
§ 47 Verwertung<br />
47.1. Zweite Gläubigerversammlung<br />
Eigentum: Aussonderung<br />
Beschr. dingl. Rechte /<br />
vorgemerkte pers. Rechte: Kollokation<br />
Passivlegitimiert ist entweder die Konkursmasse (Kollokationsklage gegen eigene<br />
Kollokation) oder ein anderer Ansprecher (Kollokationsklage gegen andere<br />
Kollokation), SchKG 250 I <strong>und</strong> II.<br />
Der Streitwert bemisst sich nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag entfiele,<br />
also nach dem möglichen Prozessgewinn.<br />
Kollokationsprozess<br />
Der Streit wird vor Gericht im bV durchgeführt, SchKG 250 III. Die Klage muss binnen<br />
20 Tagen beim Gericht am Konkursort eingereicht werden, es ist aber eine<br />
verlängerbare Frist. Die Beweislast trifft immer die Partei, um deren Ansprüche es geht:<br />
SchKG 250 I (Kläger), SchKG 250 II (Beklagter).<br />
Das Urteil wirkt nur im hängigen Konkursverfahren. Das Urteil hat also keine über das<br />
konkrete Verfahren hinausgehende materiellrechtliche Bedeutung. Einem Prozess<br />
ausserhalb des Konkurses stünde die res iudicata nicht entgegen.<br />
Es ist deshalb eine konkursrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht.<br />
Rechtsmittel: R (NB) an OGer, Ber BGer (NB) KassG, SB BGer.<br />
Gutheissung der Klage hat folgende Auswirkungen:<br />
• Hat der Gläubiger nach SchKG 250 I gegen seine eigene Kollokation geklagt, ändert das<br />
gutheissende Urteil den Kollokationsplan mit Wirkung für alle Gläubiger ab. Die Mitgläubiger<br />
erleiden im Umfang des Prozessgewinnes des Klägers verhältnismässige Kürzungen auf<br />
ihren Dividenden. Der Plan muss nicht neu aufgelegt werden.<br />
• Hat der Gläubiger nach SchKG 250 II wegen einer fremden Kollokation geklagt, wirkt sich<br />
das gutheissende Urteil vorerst nur zwischen den Parteien aus. Der obsiegende Kläger kann<br />
den Prozessgewinn – den Betrag, um den die Dividende des Beklagten herabgesetzt wird –<br />
bis zur vollen Deckung seiner Forderung <strong>und</strong> der Prozesskosten für sich beanspruchen. Erst<br />
ein allfälliger Überschuss wird entsprechend dem berichtigten Kollokationsplan unter die<br />
Gläubiger verteilt. Der Plan muss nicht neu aufgelegt werden.<br />
Der rechtskräftige Kollokationsplan ist massgebend für die Verteilung des<br />
Verwertungserlöses der Konkursmasse.<br />
• Gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen an einem Gr<strong>und</strong>stück (incl. DBK, Gr<strong>und</strong>lasten,<br />
vorgemerkte persönliche Rechte) sowie gesetzliche Vorkaufsrechte. Es muss aus dem Plan<br />
hervorgehen, welche Lasten dem Erwerber eines Gr<strong>und</strong>stücks bei der Verwertung<br />
überb<strong>und</strong>en werden sollen.<br />
Die Verwertung der Aktivmasse ist Aufgabe der Konkursverwaltung; wie sie dabei<br />
vorzugehen hat, bestimmt aber im ordentlichen Konkursverfahren i.a.R. die zweite<br />
Gläubigerversammlung.<br />
Abgesehen vom Notverkauf sowie von der Verwertung von Wertpapieren <strong>und</strong> Waren<br />
zum Börsen- oder Marktpreis, SchKG 238 <strong>und</strong> 243 II, dürfen die Bestandteile der<br />
Aktivmasse erst verwertet werden, nachdem die Zweite Gläubigerversammlung<br />
stattgef<strong>und</strong>en hat, SchKG 243 III <strong>und</strong> 256.<br />
Die Verwertung von Gr<strong>und</strong>stücken setzt jedoch voraus, dass die Lastenbereinigung im<br />
Rahmen des Kollokationsverfahrens durchgeführt ist. Fahrnis darf auch dann verwertet<br />
werden, wenn daran bestehende Pfandrechte noch nicht bereinigt sein sollten, weil hier<br />
keine Lasten überb<strong>und</strong>en werden, die Einfluss auf die Bestimmung des<br />
Veräusserungswertes haben könnten.<br />
Die Zweite Gläubigerversammlung wird von der Konkursverwaltung durch individuelle<br />
Einladung einberufen, sobald die Konkurseingaben geprüft <strong>und</strong> der Kollokationsplan<br />
erstellt <strong>und</strong> auferlegt ist. Die Einladung muss 20 Tage vor der Versammlung verschickt<br />
sein, SchKG 252 I.<br />
Teilnahmeberechtigt sind nun alle Konkursgläubiger; deren Forderungen nicht bereits<br />
rechtskräftig abgewiesen sind, SchKG252 I; somit Gläubiger mit rechtskräftig<br />
anerkannten Forderungen sowie Gläubiger, deren Kollokationsverfahren noch hängig<br />
ist. Massegläubiger <strong>und</strong> Aussonderungsberechtigte werden nicht eingeladen.<br />
Eine weitere Versammlung nach der Zweiten Gläubigerversammlung stellt diese selbst<br />
dar; die erneut zu einer Verhandlung zusammengetreten ist, SchKG 255.<br />
Ein Mitglied der Konkursverwaltung führt in der Versammlung den Vorsitz, über<br />
Beschlussfähigkeit <strong>und</strong> Abstimmung gilt dasselbe wie in der 1. GV, SchKG 252 III.<br />
Kommt keine beschlussfähige Versammlung zustande, hat auch hier die Konkursverwaltung<br />
dies festzustellen <strong>und</strong> die Anwesenden über den Stand des Verfahrens zu<br />
informieren; die bisherige Konkursverwaltung sowie der Gläubigerausschuss bleiben<br />
dann bis zum Schluss des Verfahrens im Amt, SchKG 254. Beschlüsse müssen dann<br />
auf dem Zirkularweg getroffen werden, SchKG 255a.
47.2. Verwertungsarten<br />
47.2.1. Öffentliche Versteigerung<br />
47.2.2. Freihandverkauf<br />
In der Zweiten Gläubigerversammlung sind nur noch die voraussichtlich am<br />
Verwertungserlös teilhabenden Gläubiger vereinigt, weshalb qualitativ weitergehende<br />
Kompetenzen bestehen:<br />
• Entgegennahme eines umfassenden Berichtes der Konkursverwaltung, SchKG 253 I<br />
• Bestätigung oder Neuwahl der Konkursverwaltung <strong>und</strong> des Gläubigerausschusses oder<br />
überhaupt erst Einsetzung eines solchen Organs, SchKG 253 II<br />
• Unbeschränkt (souverainement) alles Weitere für die Durchführung des Konkurses<br />
anzuordnen, SchKG 253 II [Freihandverkauf, Verzicht auf Geltendmachung von<br />
Rechtsansprüchen der Masse, Beschluss über die Weiterführung eines Prozesses usw.],<br />
SchKG 207, 256 I, 260<br />
• Verhandlungen über einen vorgeschlagenen Nachlassvertrag, SchKG 252 II <strong>und</strong> 332.<br />
Diese Allmacht der Zweiten Gläubigerversammlung wird einzig durch das Beschwerderecht<br />
unter Kontrolle gehalten. Als Beschwerdegr<strong>und</strong> kann jedoch nur<br />
Rechtsverletzung, nicht auch Unangemessenheit angerufen werden.<br />
Auch im Konkurs steht die Versilberung im Vordergr<strong>und</strong>; es herrscht jedoch die<br />
grössere Freiheit, weil alle Gläubiger gemeinsam über die ihnen guterscheinende Art<br />
der Verwertung befinden können.<br />
Beschliesst die 2. GV nichts anderes, erfolgt die öffentliche Versteigerung, SchKG 256<br />
I. Es hat zuvor die Festsetzung der Steigerungsbedingungen zu erfolgen <strong>und</strong> die<br />
Steigerungspublikation, SchKG 257 I.<br />
Ist ein Gr<strong>und</strong>stück zu versteigern, muss die Publikation einen Monat vorher öffentlich<br />
bekannt gemacht werden; die Steigerungsbedingungen samt Lastenverzeichnis auf<br />
dem Konkursamt zur Einsicht aufgelegt werden, selbst wenn eine ausseramtliche<br />
Konkursverwaltung besteht, SchKG 257 II, 259 i.V.m. 134 <strong>und</strong> 135.<br />
Eine individuelle Mitteilung erhalten im Konkurs nur die Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger <strong>und</strong><br />
diejenigen Gläubiger, denen die Gr<strong>und</strong>pfandtitel verpfändet sind, SchKG 257 III.<br />
Die Steigerung wird weitgehend nach den in der Spezialexekution geltenden Regeln<br />
durchgeführt, SchKG 258 II <strong>und</strong> 259. Doch ist sie im Konkurs insofern einfacher, als<br />
das Deckungsprinzip nicht beachtet zu werden braucht. Hier wird also immer nach<br />
dreimaligem Aufruf dem meistbietenden zugeschlagen, SchKG 258 I.<br />
Es kann wohl in den Steigerungsbedingungen ein Mindestpreis festgelegt werden, kommt aber<br />
nach gescheiterter Steigerung auch kein Freihandverkauf zustande; muss in einer folgenden<br />
zweiten Steigerung ohne diese Beschränkung zugeschlagen werden, VZG 130 II, III.<br />
Hingegen gilt im Interesse der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger auch im Konkurs das Prinzip des<br />
doppelten Aufrufs, SchKG 268 II i.V.m. 142.<br />
Weitere Analogien:<br />
• Lastenüberbindung bei Gr<strong>und</strong>stücken, SchKG 135<br />
• Mindestzuschlagspreis von Edelmetallen, SchKG 128<br />
• Zahlungsmodalitäten, SchKG 129, 136, 137, 143<br />
• Bewilligung nach BewG oder BGBB<br />
• Eigentumsübergang<br />
Der Freihandverkauf wird zugelassen als<br />
• Notverkauf, SchKG 243 II Satz 1<br />
• Wenn Wertpapiere oder andere Sachen mit einem Börsen- oder Marktwert sofort günstig<br />
verwertet werden können, SchKG 243 II Satz 2<br />
• Überdies wenn immer die Zweite Gläubigerversammlung beschliesst <strong>und</strong> die Pfandgläubiger<br />
hinsichtlich der Pfandgegenstände damit einverstanden sind, SchKG 256 I <strong>und</strong> II. Es bedarf<br />
also im Konkurs nicht wie in der Spezialexekution der Zustimmung aller Beteiligten zum<br />
Freihandverkauf, SchKG 130, 143b. Im summarischen Konkurs entscheidet überhaupt die<br />
Konkursverwaltung alleine, SchKG 231.<br />
Selbst auf Beschluss der Gläubigerversammlung hin dürfen Gegenstände von<br />
bedeutendem Wert oder Gr<strong>und</strong>stücke aber erst dann freihändig verkauft werden, wenn<br />
allen Gläubigern Gelegenheit geboten wurde, den in Aussicht genommenen Preis zu<br />
überbieten, SchKG 256 III.<br />
Der Eigentumserwerb erfolgt nicht originär, sondern es bedarf noch des öffentlich<br />
beurk<strong>und</strong>eten Kaufvertrages <strong>und</strong> der Eintragung im Gr<strong>und</strong>buch bei Gr<strong>und</strong>stücken.
47.2.3. Abtretung von Rechtsansprüchen<br />
Diese Verwertungsart ist verwandt mit der Übernahme eines Anspruches durch einen<br />
Gläubiger zur Eintreibung nach SchKG 131 II in der Pfändungsbetreibung. (anschl.)<br />
47.2.4. Verwertung eines Anteils an einem Gemeinschaftsvermögen sowie anderer Rechte<br />
47.3. Abtretung von Rechtsansprüchen<br />
Es gilt das zur Pfändungsbetreibung Gesagte. Einigungsverhandlungen sind wohl<br />
zweckmässig, im Konkurs jedoch fakultativ. Es bestimmt nach wie vor die Zweite<br />
Gläubigerversammlung oder die Konkursverwaltung die Art der Verwertung.<br />
Es kommt die Versteigerung oder der freihändige Verkauf des Liquidationsanteils; in<br />
zweiter Linie die Auflösung der Gemeinschaft <strong>und</strong> die Liquidation des Gemeinschaftsvermögens.<br />
Wertpapiere sind zum Börsen- oder Marktpreis zu versilbern, SchKG 243 II.<br />
Unbestrittene fällige Guthaben, die sich in der Konkursmasse befinden, hat die<br />
Konkursmasse beim Drittschuldner einzuziehen, SchKG 243 I.<br />
Nicht fällige, streitige oder sonst (Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners) sowie nur<br />
schwer einbringliche Forderungen können dagegen nicht ohne weiteres einbezogen<br />
werden. Solche illiquiden Ansprüche des Schuldners wären nur sehr schwer<br />
versteigerbar; für sie ist in der Generalexekution die Abtretung an einen<br />
Konkursgläubiger vorgesehen, SchKG 260 I.<br />
Es werden jedoch keine materiellen Rechte aus der Konkursmasse ausgeschieden <strong>und</strong><br />
durch Zession an die Gläubiger abgetreten; übertragen wird vielmehr nur die<br />
Kompetenz, sie geltend zu machen.<br />
SchKG 260 bedeutet somit nichts anderes, als dass die Konkursmasse dem<br />
Abtretungsgläubiger das Prozessführungsrecht für den abgetretenen Anspruch<br />
überträgt; der Abtretungsgläubiger wird ermächtigt, anstelle der Masse einen allfälligen<br />
Prozess zu führen.<br />
Der abgetretene Anspruch kann gr<strong>und</strong>sätzlich jeder Vermögensanspruch sein, der<br />
Bestandteil der Konkursmasse bildet; aber auch Ansprüche, die der Masse originär<br />
zustehen (Anfechtungsansprüche <strong>und</strong> Masseforderungen).<br />
Unter dem Begriff Rechtsanspruch sind aber nicht nur zweifelhafte Aktiven zu<br />
verstehen (unsichere Forderungen), sondern auch blosse Bestreitungsrechte (zur<br />
Abwehr unberechtigter Ansprüche gegen die Konkursmasse), in diesem Falle dient die<br />
Abtretung nicht eigentlich nicht der Verwertung, sondern ausnahmsweise der Aktiven-<br />
oder sogar der Passivenbereinigung.<br />
• Zweifelhafte Aktiven<br />
Es kommen v.a. bestrittene Forderungen <strong>und</strong> andere zivilrechtliche Ansprüche, die zur<br />
Konkursmasse gehören, in Betracht.<br />
Unsichere Debitorenguthaben oder Masseforderungen, Anspruch auf Einzahlung<br />
ausstehender Aktienbeträge, Verantwortlichkeitsansprüche einer AG gegen ihre Organe,<br />
Anfechtung einer nicht gerechtfertigen Enterbung des Konkursiten, Geltendmachung eines<br />
Pflichtteilsrechts.<br />
• Bestrittene Admassierungsansprüche<br />
• Alle zur Masse gehörenden Anfechtungsansprüche<br />
Ansprüche aus paulianischer Anfechtung, Ansprüche aus Verrechnungsanfechtung,<br />
Anfechtung einer dolosen Ausschlagung einer Erbschaft durch den konkursiten Erben, ZGB<br />
578.<br />
• Im öffentlichen Recht begründete Ansprüche, bspw. aus Enteignung<br />
• Forderungen des Konkursiten, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits Gegenstand<br />
eines Verfahrens bildeten, SchKG 207, wenn die Gläubiger auf Weiterführung des<br />
Verfahrens verzichten.<br />
• Bestreitungsrechte<br />
Sie umfassen alle auf Abwehr eines gegen die Konkursmasse erhobenen Anspruchs<br />
gerichteten Rechte, namentlich die Ablehnung<br />
• Eines Aussonderungsanspruches<br />
• Einer bereits bei Konkurseröffnung im Prozess liegenden Konkursforderung, SchKG 207, der<br />
Abtretungsgläubiger tritt dann in das hängige Verfahren ein [die Bestreitung aller anderen<br />
Konkursforderungen wäre dagegen nie abtretbar, sie werden im Kollokationsverfahren<br />
bereinigt]<br />
• Eine Masseverbindlichkeit [Anwaltshonorar, gegen die Masse selbst erhobene<br />
Steuerforderung]<br />
• Eine Begünstigungsklausel in einer Lebensversicherung
BGE 118 III 59, Erwägung 3<br />
47.4. Voraussetzung der Abtretung<br />
3.- Dans une jurisprudence constante, le<br />
Tribunal fédéral a considéré qu'une cession<br />
n'était valable que si elle faisait suite à une<br />
décision de la masse, c'est-à-dire de la<br />
majorité des créanciers, de renoncer à agir<br />
elle-même (ATF 113 III 137 consid. 3b, 79<br />
III 11, 75 III 17 consid. 2, 71 III 137 consid.<br />
2). Il en va de même pour une offre de<br />
cession. Comme il n'y a, dans la règle, pas<br />
d'assemblée des créanciers en cours de<br />
liquidation sommaire (art. 96 let. a OOF), la<br />
décision de renonciation est, en principe,<br />
provoquée par voie de circulaire aux<br />
créanciers (ATF 79 III 11, 71 III 137 consid.<br />
2; BRIDEL, Contribution à l'étude de l'art.<br />
260 LP, in JdT 1939 II 98 ss, n. 12). La voie<br />
de la publication n'est pas exclue (ATF 58<br />
III 97 consid. 3), mais il faut accorder aux<br />
créanciers l'occasion de se déterminer<br />
quant à une éventuelle renonciation avant<br />
d'offrir la cession de droits litigieux (ATF<br />
102 III 82 consid. 3b). En l'espèce, les<br />
créanciers n'ont jamais été interpellés, ni<br />
par circulaire, ni par publication, sur le<br />
principe de la renonciation de la masse à<br />
faire valoir elle-même des créances<br />
inventoriées. Alors que l'offre de cession<br />
des droits de la masse supposait la<br />
renonciation à une action de la masse ellemême,<br />
il n'y a pas eu, ni expressément ni<br />
tacitement, une décision de renonciation<br />
prise par l'ensemble des créanciers.<br />
47.5. Dauer <strong>und</strong> Widerruf der Abtretung<br />
Ausser dass materiell überhaupt ein abtretbarer Anspruch besteht, setzt die Abtretung<br />
formell voraus:<br />
• Den Verzicht der Gläubiger auf die Geltendmachung des Anspruchs<br />
Die Gesamtheit der Gläubiger muss auf die Geltendmachung des fraglichen Rechts durch die<br />
Masse verzichten; es genügt bereits ein Mehrheitsbeschluss der Zweiten Gläubigerversammlung<br />
oder durch Zirkular. Es müssen alle Gläubiger Gelegenheit erhalten, zur Frage<br />
des Verzichts Stellung zu nehmen, BGE 118 III 59.<br />
• Das Abtretungsbegehren eines legitimierten Gläubigers<br />
Die Geltendmachung eines streitigen Anspruches kann man keine Gläubiger einfach<br />
aufzwingen; einer wenigstens muss bereit sein, das Risiko zu übernehmen. Das Abtretungsbegehren<br />
kann an der Zweiten Gläubigerversammlung oder binnen 10 Tage danach gestellt<br />
werden. Wird ein streitiger Anspruch erst später entdeckt, kann das Abtretungsverfahren<br />
auch dann noch, sogar erst nach Abschluss des Konkursverfahrens eingeleitet werden,<br />
SchKG 269.<br />
Legitimiert ist jeder Konkursgläubiger, der im Kollokationsplan berücksichtigt worden ist.<br />
Selbst einem abgewiesenen Gläubiger darf wenigstens eine bedingte Abtretung nicht<br />
verwehrt werden, sofern er rechtzeitig Beschwerde oder Kollokationsklage eingereicht hat.<br />
Nicht legitimiert ist der Konkursgläubiger, gegen den sich der abzutretende Anspruch richtet.<br />
• Die Abtretungsverfügung der Konkursverwaltung.<br />
Die Abtretung beruht nicht auf dem Verzichtsbeschluss der Gläubigerversammlung, sondern<br />
wird durch die Konkursverwaltung förmlich verfügt. Im Falle von SchKG 269 verfügt das<br />
Konkursamt. Gegen die Abtretungsverfügung kann bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde<br />
geführt werden. (SchKG 18 I, GVG 110 => Rekurs, StaBe)<br />
Wirkungen der Abtretung<br />
Die konkursrechtliche Abtretung bewirkt zunächst bloss, dass das Recht auf<br />
Geltendmachung eines der Masse zustehenden Anspruchs auf Eintreibung oder<br />
Abwehr auf den Abtretungsgläubiger übergeht. Die Konkursverwaltung ist nicht mehr<br />
befugt, ohne Zustimmung des Abtretungsgläubigers dürfte sie den Anspruch auch nicht<br />
mehr – bspw. durch Freihandverkauf – verwerten.<br />
Es ist nun ausschliesslich Sache des Abtretungsgläubigers, den streitigen Anspruch<br />
anstelle der Masse mit allen Mitteln geltend zu machen; wofür ihm die<br />
Konkursverwaltung alle dienlichen Unterlagen auszuhändigen hat.<br />
Der „debitor cessus“ kann jedoch mangels Rechtsänderung weiterhin befreiend an die<br />
Masse leisten; die Abtretung würde dahinfallen. Einreden kann der „debitor cessus“<br />
gegenüber dem Abtretungsgläubiger jedoch nur insofern erheben, als sie ihm der<br />
Masse gegenüber zustehen. Persönliche Einreden gegenüber dem<br />
Abtretungsgläubiger [Verrechnung] gelten nicht.<br />
Auch für den Abtretungsgläubiger ändert sich materiellrechtlich nichts; er nimmt<br />
weiterhin am Konkurs teil; bleiben seine Bemühungen erfolglos, hat er weiterhin<br />
Anspruch auf seine Konkursdividende.<br />
Das abgetretene Verfolgungs- oder Verteidigungsrecht ist an die Konkursforderung des<br />
Abtretungsgläubigers geb<strong>und</strong>en; es kann nicht selbständig übertragen werden, wohl<br />
aber durch Singular- oder Universalsukzession.<br />
Zufolge der Abtretung kann <strong>und</strong> muss der Abtretungsgläubiger oder sein<br />
Rechtsnachfolger handeln; d.h. den ihm abgetretenen Rechtsanspruch geltend<br />
machen. Er ist ermächtigt, aber nicht verpflichtet, den Prozessweg zu beschreiten.<br />
Mehrere Abtretungsgläubiger bilden im Falle eines gerichtlichen Vorgehens eine<br />
notwendige Streitgenossenschaft; sie müssen den ihnen von der Masse abgetretenen<br />
Anspruch in einem einheitlichen Verfahren geltend machen, das ein einheitliches Urteil<br />
erlaubt.<br />
Der Abtretungsgläubiger handelt auf eigene Gefahr <strong>und</strong> in erster Linie auch zu eigenem<br />
Nutzen; darum auch in eigenem Namen. Die Kosten gehen zu seinen Lasten; er haftet<br />
der Masse für allen Schaden, den er verschulden [Verjährung, Säumnis]. Der<br />
Abtretungsgläubiger hat aber Anspruch auf den Prozessgewinn, er wird im Gegensatz<br />
zu einem Beauftragten nicht zur Ablieferung verpflichtet. Nur ein allfälliger Überschuss<br />
verbleibt der Masse, SchKG 260 II. Bei mehreren Abtretungsgläubigern werden nur<br />
jene berücksichtigt, die wirklich gehandelt haben; ihre Deckung erfolgt nach SchKG<br />
219. [<strong>Konkursrecht</strong>l. Rangordnung].<br />
Die Abtretung stellt eine konkursrechtliche Liquidationsmassnahme dar; sie kann nicht<br />
unbeschränkt lange dauern. Sie wird indirekt befristet, indem die Konkursverwaltung<br />
dem Abtretungsgläubiger eine angemessene Frist zur Anhebung der Klage ansetzt.<br />
Lässt er die Frist unbenützt verstreichen, ist die Konkursverwaltung befugt, die<br />
Abtretung zu widerrufen. Solange sie dies nicht ausdrücklich tut, gilt die Frist als<br />
stillschweigend verlängert.<br />
Will kein Gläubiger die Abtretung, darf die Konkursverwaltung den Anspruch nicht<br />
selbst geltend machen – die Gläubiger wollen dies ja eben nicht. Der Anspruch kann<br />
nur versteigert oder freihändig verkauft werden, SchKG 260 III. Paulianische<br />
Anfechtungsansprüche dürfen nicht weiterveräussert werden, SchKG 256 IV.
§ 48 Verteilung<br />
48.1. Ermittlung des Reinerlöses<br />
48.2. Durchführung der Verteilung<br />
Die Schlussverteilung darf erst erfolgen, wenn sowohl Aktiv- wie auch Passivmasse<br />
bereinigt <strong>und</strong> rechtskräftig festgestellt sind; also nach rechtskräftiger Erledigung<br />
allfälliger Aussonderungs-, Admassierungs- oder Kollokationsstreitigkeiten; zudem<br />
muss der Erlös der gesamten Aktivmasse eingegangen sein.<br />
Zuvor dürfen nur provisorische Abschlagszahlungen erfolgen, SchKG 266.<br />
Aus dem eingegangenen Bruttoergebnis müssen vorweg die Masseverbindlichkeiten<br />
bezahlt werden, SchKG 262 I. Gemeinsames Merkmal ist, dass sie ihren<br />
Entstehungsgr<strong>und</strong> nach der Konkurseröffnung haben <strong>und</strong> dass sie nicht den<br />
Konkursiten selbst, sondern die Konkursmasse verpflichten.<br />
• Massekosten, d.h. die aus der Eröffnung <strong>und</strong> Durchführung des Konkurses erwachsenen<br />
Verfahrenskosten, v.a. Auslagen <strong>und</strong> Gebühren des Konkursamtes sowie Entschädigung der<br />
ausseramtlichen Konkursverwaltung, SchKG 262 I<br />
• Masseschulden, d.h. die während des Konkurses zu Lasten der Masse eingegangenen<br />
Verbindlichkeiten; v.a. Anwalts- <strong>und</strong> Expertenkosten, Schulden aus der Fortführung des<br />
Geschäftsbetriebes, Steuern, Verpflichtungen des Konkursiten, welche die Masse realiter<br />
erfüllen will usw.<br />
Masseverbindlichkeiten gehören nicht in den Kollokationsplan, weil sie vorweg zu<br />
begleichen sind. Kann mangels genügender Aktiven nicht mit einem kostendeckenden<br />
Bruttoerlös gerechnet werden, ist der Konkurs rechtzeitig einzustellen, SchKG 230.<br />
Ergibt sich erst nach der Verwertung, dass der Bruttoerlös nicht zur Deckung aller<br />
Masseverbindlichkeiten ausreicht, sind zunächst die Auslagen der Konkursverwaltung,<br />
dann die Masseschulden <strong>und</strong> erst zuletzt die Gebühren <strong>und</strong> die Entschädigung der<br />
Konkursverwaltung auszuzahlen.<br />
Für den Erlös von Pfandgegenständen darf infolge des materiellen Deckungsanspruchs<br />
nur die Kosten der Inventur, Verwaltung <strong>und</strong> Verwertung in Rechnung gestellt werden,<br />
SchKG 262 II.<br />
Ob man es mit einer Masseverbindlichkeit oder mit einer Konkursforderung zu tun hat,<br />
entscheidet im Streitfall der Zivilrichter oder für öffentlichrechtliche Forderungen die<br />
zuständige Verwaltungsjustizbehörde.<br />
Was nach Tilgung der Masseverbindlichkeiten übrig bleibt, bildet nach Abzug der<br />
allgemeinen Kosten den zur Verteilung bestimmten Reinerlös. Nach dessen Ermittlung<br />
stellt die Konkursverwaltung Verteilungsliste <strong>und</strong> Schlussrechnung auf, SchKG 261.<br />
Beide liegen 10 Tage beim Konkursamt auf; jeder Gläubiger <strong>und</strong> Konkursit erhält eine<br />
individuelle Anzeige, SchKG 263. Beides kann mit Beschwerde angefochten werden.<br />
Die Verteilungsliste basiert auf dem rechtskräftigen Kollokationsplan; die<br />
Schlussrechnung enthält die Gesamtabrechnung über den Konkurs.<br />
Nach unbenützem Ablauf der Anfechtungsfrist oder nach rechtskräftiger Erledigung von<br />
Streitigkeiten gegen die Verteilungsliste oder die Schlussabrechnung kann die Konkursverwaltung<br />
die Pfandbetreffnisse <strong>und</strong> Dividenden auszahlen, SchKG 264 I.<br />
Anteile, die auf Forderungen unter aufschiebender Bedingung oder mit ungewisser<br />
Verfallzeit sowie auf Sicherheitsleistung entfallen, werden nicht ausbezahlt sondern bei<br />
der kantonalen Depositenanstalt hinterlegt, SchKG 264 III.<br />
Auch im Konkurs kann ein Bedürfnis nach einer vorzeitigen, wenn auch nur<br />
provisorischen Verteilung bestehen; sog. Abschlagszahlungen. Zur Anordnung<br />
zuständig ist der Gläubigerausschuss, anderenfalls entscheidet die Konkursverwaltung<br />
darüber. Abschlagszahlungen sind im summarischen Konkurs ausgeschlossen.<br />
Voraussetzungen für Abschlagszahlungen:<br />
• Gewähr, dass keine Beeinträchtigung des Endergebnisses zu befürchten ist. Man muss dem<br />
Deckungserfordernis für die Masseverbindlichkeiten <strong>und</strong> für die Konkursforderungen<br />
vorrangiger Gläubiger Rechnung tragen.<br />
• Die Frist zur Anfechtung des Kollokationsplanes muss abgelaufen sein, SchKG 266 I. Für<br />
bestrittene Forderungen bzw. für aufschiebend bedingte Forderungen wird die<br />
Abschlagszahlung nicht ausbezahlt, sondern zinstragend angelegt.<br />
• Die Konkursverwaltung hat noch eine provisorische Verteilungsliste beim Konkursamt<br />
aufzulegen; wer etwas zu beanstanden hat (Höhe der Abschlagszahlungen, Rechnung i.A.)<br />
muss sich schon über diese provisorische Liste beschweren, nicht erst über die definitive.<br />
Bevor die provisorische Verteilungsliste in Rechtskraft erwachsen ist, darf nichts verteilt<br />
werden.<br />
• Auf verspätet angemeldete Forderungen werden zuvor vorgenommene Abschlagszahlungen<br />
nicht nachgezahlt, SchKG 251 III.
Gleiche Wirkungen wie<br />
Pfändungsverlustschein<br />
Andere Wirkungen wie<br />
Pfändungsverlustschein<br />
48.3. Quittierung, Urk<strong>und</strong>entilgung <strong>und</strong> Verlustschein<br />
48.4. Konkursverlustschein<br />
48.5. Neues Vermögen<br />
Für die Quittierung <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>entilgung gelten dieselben Regeln wie in der Betreibung<br />
auf Pfändung, SchKG 264 II.<br />
Jeder Gläubiger erhält nach der Verteilung für den ungedeckt gebliebenen Betrag<br />
seiner Forderung einen Verlustschein; die amtliche Bescheinigung über den von ihm<br />
erlittenen Verlust, SchKG 265 I i.V.m. 149 I bis .<br />
Weil im Konkurs das Deckungsprinzip für Pfänder nicht gilt, können selbst<br />
Pfandgläubiger zu Verlust kommen.<br />
Wirkungen des Verlustscheins:<br />
• Unverzinslichkeit der Verlustscheinforderung, SchKG 149 IV<br />
• Verjährbarkeit erst 20 Jahre nach Ausstellung des Verlustscheins, SchKG 149 a I<br />
• Arrestgr<strong>und</strong> in der betreibungsrechtlichen Wirkung, SchKG 271 I Ziff. 5<br />
• Der Konkursverlustschein gilt nur dann als Schuldanerkennung i.S.v. SchKG 82, wenn der<br />
Konkursit die betreffende Forderung anerkannt hat, SchKG 244.<br />
• Der Konkursverlustschein berechtigt den Gläubiger nicht ohne weiteres zur<br />
Anfechtungsklage, denn die Anfechtungsansprüche gehören zur Konkursmasse, SchKG 200;<br />
<strong>und</strong> können auch nach Abschluss eines Konkursverfahrens nur gestützt auf SchKG 260 von<br />
einem einzelnen Gläubiger geltend gemacht werden.<br />
• Eine Fortsetzung der Betreibung ohne neues Einleitungsverfahren kommt nicht in Frage, da<br />
mit der Konkurseröffnung die früheren Betreibungen dahingefallen sind <strong>und</strong> demzufolge auch<br />
nicht mehr fortgesetzt werden können, SchKG 206.<br />
• Aber auch eine neue Betreibung kann gegen den Konkursiten erst angehoben werden, wenn<br />
er seit seinem Konkurs wieder zu „neuem Vermögen“ gekommen ist, SchKG 265 II Satz 2.<br />
• Die Einschränkung der Verzinslichkeit <strong>und</strong> die Betreibbarkeit nur bei neuem Vermögen gelten<br />
auch für die Gläubiger, die ihre Forderungen im Konkurs nicht eingegeben haben. Sie<br />
profitieren aber nicht von der Dividende, der längeren Verjährungsfrist oder dem Arrestgr<strong>und</strong>.<br />
„Neues Vermögen“ ist nur erforderlich für eine neue Betreibung gegen eine natürliche<br />
Person. Juristische Personen <strong>und</strong> Kollektiv- wie Kommanditgesellschaften gehen nach<br />
einem Konkurs unter.<br />
Unter „neuem Vermögen“ ist daher nur neues Nettovermögen zu verstehen; der<br />
Überschuss der nach Beendigung des Konkurses erworbenen Aktiven über die neuen<br />
Schulden. Der ehemalige Konkursit hat aber Anspruch auf eine standesgemässe<br />
Lebensführung, die es ihm erlaubt, eine neue Existenz aufzubauen; also nicht bloss<br />
das betreibungsrechtliche Existenzminimum.<br />
Schulden, die der Konkursit während des Konkurses persönlich eingegangen ist, unterliegen<br />
dieser Beschränkung nicht; für sie darf voll betrieben werden.<br />
Andererseits wird neues Vermögen nicht erst angenommen, wenn es tatsächlich<br />
beiseitegelegt <strong>und</strong> kapitalisiert wurde, sondern bereits dann, wenn der Schuldner –<br />
allein oder bspw. mit seinem Ehegatten – ein Einkommen erzielt, das ihm erlauben<br />
würde, Vermögen zu bilden; oder wenn er über neu erworbene Vermögenswerte<br />
mindestens wirtschaftlich verfügen könnte, SchKG 265 II Satz 3.<br />
Pfändbar erklärt wird i.a.R. der über dem Betreibungsrechtlichen Existenzminimum mit einem<br />
Zuschlag von 20 – 30 % liegende Teil des Erwerbseinkommens.<br />
Will der Schuldner in einer neuen Betreibung für die Verlustscheinsforderung die<br />
Einrede mangelnden neuen Vermögens erheben, muss er das mit Rechtsvorschlag<br />
gegen den Zahlungsbefehl tun, SchKG 75 II; es genügt die Erklärung „kein neues<br />
Vermögen.“<br />
Mit dieser Einrede wird nicht die Forderung an sich bestritten, sondern bloss die<br />
derzeitige Eintreibbarkeit auf dem Betreibungswege. Erklärt der Schuldner hingegen<br />
einfach Rechtsvorschlag, wird angenommen, er bestreite bloss die Schuld <strong>und</strong><br />
verzichte auf die Einrede.<br />
Die Einrede steht aber nur dem Schuldner zu, nicht etwa seinen Erben, diese können<br />
die Erbschaft ausschlagen. Die Einrede bewirkt aber nicht unmittelbar die Einstellung<br />
der Betreibung; der Rechtsvorschlag wird vom Betreibungsamt dem Richter am<br />
Betreibungsort zur Prüfung seiner Begründetheit überwiesen, SchKG 265 a I Satz 1.<br />
Der Richter prüft summarisch, SchKG 25 Ziff. 2d, ob die Einrede begründet ist, ob also<br />
der Rechtsvorschlag bewilligt werden kann. Der Schuldner wird daher aufgefordert,<br />
seine Einkommens- <strong>und</strong> Vermögensverhältnisse darzulegen <strong>und</strong> glaubhaft zu machen,<br />
dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen sei, SchKG 265 a II. Wird dies glaubhaft<br />
gemacht, wird dem Schuldner Rechtsvorschlag gewährt. Im umgekehrten Fall ist der<br />
Rechtsvorschlag abzuweisen. Dann muss der Richter [numerisch, wie in einer<br />
Arresturk<strong>und</strong>e] zugleich den „rechnerischen“ Umfang des neuen Vermögens<br />
feststellen; dieses bildet die Höchstgrenze für die Fortsetzung der Betreibung, SchKG<br />
265a III Satz 2. Ein Dritter könnte sich im Widerspruchsverfahren wehren.<br />
Rechtsmittel gegen Entscheid: NB an Obergericht, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht.
§ 49 Summarisches Konkursverfahren<br />
Einseitige Verfügung des Konkursrichters<br />
ist Erledigungsverfügung i.S.v. ZPO 271.<br />
Für das ordentliche Konkursverfahren ist<br />
der Streitwert irrelevant; ZPO 271 I, Satz 2<br />
§ 50 Schluss des Konkursverfahrens <strong>und</strong> Nachkonkurs<br />
Die im Bewilligungsverfahren unterlegene Partei kann innert 20 Tagen seit Eröffnung<br />
des Entscheides den Richter des Betreibungsortes zur Beurteilung der Frage des<br />
neuen Vermögens – nunmehr im ordentlichen, aber bV – anrufen, SchKG 265 a IV.<br />
Wurde der Rechtsvorschlag bewilligt, muss der Gläubiger ggf. auf positive Feststellung<br />
klagen; wurde der Rechtsvorschlag abgelehnt, muss der Schuldner ggf. auf negative<br />
Feststellung klagen. Beide Klagen sind rein betreibungsrechtliche Streitigkeiten.<br />
Rechtsmittel gegen Entscheid: B, R, NB an Obergericht, B, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht;<br />
NB an KassGer, SB an BGer.<br />
Gegenstand des Feststellungsverfahren nach SchKG 265a ist immer nur die Frage des<br />
Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins neuen Vermögens. Bestreitet der<br />
Schuldner mit seinem Rechtsvorschlag auch den Bestand <strong>und</strong> den Umfang der<br />
Verlustscheinsforderung, [keine res iudicata], müsste der ehemalige Konkursgläubiger<br />
zugleich auch noch die Rechtsöffnung durch den dafür zuständigen Richter verlangen.<br />
Ein Konkurs wird immer dann summarisch durchgeführt, wenn die Kosten des<br />
ordentlichen Verfahrens voraussichtlich nicht gedeckt wären oder wenn die<br />
Verhältnisse einfach sind, SchKG 231 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2.<br />
Die Frage der Kostendeckung entscheidet sich nach dem Ergebnis des Inventars. Auch<br />
der Hilfskonkurs nach IPRG 166 ff. wird summarisch abgewickelt.<br />
Der Anstoss zum Summarkonkurs erfolgt durch einen Antrag des Konkursamtes an das<br />
Konkursgericht. Jeder Gläubiger kann jedoch bis zur Verteilung die Durchführung des<br />
ordentlichen Verfahrens verlangen, wenn er die mutmasslich ungedeckten Kosten dafür<br />
vorschiesst oder sicherstellt, SchKG 231 II.<br />
Rechtsmittel gegen Entscheid des Summarkonkurses: R, NB an Obergericht, NB an<br />
OGer / StaBe an BGer, StaBe an BGer.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird der Summarkonkurs nach den Regeln für das ordentliche Verfahren<br />
durchgeführt. Abweichungen finden sich in SchKG 231 III.<br />
Somit beginnt auch das summarische Verfahren mit der Konkurspublikation; SchKG<br />
232, ohne Ziff. 5.<br />
Die Verwaltung der Liquidationsmasse obliegt dem Konkursamt; die Einsetzung einer<br />
ausseramtlichen Konkursverwaltung wäre gr<strong>und</strong>sätzlich nichtig; nur aufgr<strong>und</strong> eines<br />
einhelligen Gläubigerbeschlusses käme sie in Frage.<br />
Gläubigerversammlungen gibt es i.a.R. nicht, weshalb es auch keinen<br />
Gläubigerausschuss gibt. Bei Aussonderungsansprüche, die das Konkursamt<br />
anerkennen möchte, muss es die Stellungnahme der Gläubiger hingegen nur in<br />
wichtigeren Fällen einholen, KOV 49.<br />
Der Erlös wird aufgr<strong>und</strong> einer Verteilerliste die nicht aufgelegt werden muss, gleich wie<br />
im ordentlichen Verfahren verteilt, SchKG 231 III Ziff. 4. Abschlagszahlungen gibt es<br />
hingegen nicht. Die Konkursgläubiger erhalten auch im summarischen Verfahren<br />
gewöhnliche Verlustscheine.<br />
Jedes Konkursverfahren muss durch einen Entscheid des Konkursgerichtes formell als<br />
geschlossen erklärt werden. Diese Schlusserkenntnis ergeht gestützt auf einen<br />
Schlussbericht über den Verlauf der Liquidation, den die Konkursverwaltung nach der<br />
Verteilung dem Konkursgericht erstattet, SchKG 268 I <strong>und</strong> II.<br />
Dieses teilt das Schlusserkenntnis dem Konkursamt, dem BA, dem GB <strong>und</strong> dem HR<br />
mit; ggf. auch die Aufsichtsbehörde, falls es an der Geschäftsführung irgendetwas zu<br />
bemängeln gibt; das Konkursamt macht hierauf den Schluss öffentlich bekannt, SchKG<br />
268 IV.<br />
Der Schuldner wird dadurch wieder voll verfügungsfähig.<br />
Ein formell abgeschlossener Konkurs kann insofern gewisse Nachwirkungen zeigen,<br />
als er in beschränktem Masse wiederaufgenommen werden kann, wenn nachträglich<br />
Vermögenswerte des Konkursiten entdeckt werden, die eigentlich zur Masse gehören,<br />
aber nicht eingezogen worden sind.<br />
Der Nachkonkurs erstreckt sich somit nur auf Aktiven des Konkursiten, die der<br />
Zwangsvollstreckung entgangen sind; somit neu entdeckte Aktiven. Der betreffende<br />
Vermögenswert muss also erst später für die Konkursverwaltung <strong>und</strong> die Konkursgläubiger<br />
feststellbar geworden sein.<br />
Trifft nicht zu bei Nachlässigkeit der Konkursorgane.<br />
Der Nachkonkurs kann von Amtes wegen durch das Konkursamt oder auf Antrag eines<br />
Konkursgläubigers ausgelöst werden. Das Konkursamt soll die nachträglich zum<br />
Vorschein gekommenen Vermögenswerte ohne weitere Förmlichkeit verwerten <strong>und</strong>
Arrest <strong>und</strong> paulianische Anfechtung<br />
§ 51 Der Arrest<br />
51.1. Voraussetzungen<br />
den Erlös an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach ihrer Rangordnung verteilen,<br />
SchKG 269 I.<br />
Der Nachkonkurs ist somit kein neues, selbständiges Konkursverfahren, sondern beschränkt sich<br />
auf eine nachgeholte Verwertung des neuentdeckten Vermögenswertes sowie die Verteilung des<br />
daraus erzielten Erlöses. Er wird am ursprünglichen Konkursort abgewickelt.<br />
Handelt es sich dabei um einen zweifelhaften Rechtsanspruch [bestrittene Forderung,<br />
Anfechtungsanspruch], darf nicht einfach eine Verwertung erfolgen; die Konkursgläubiger sind zu<br />
benachrichtigen, damit sie entscheiden können, ob der Anspruch für die Masse geltend gemacht<br />
werden soll oder ob er nach SchKG 260 abgetreten werden soll.<br />
Pfändungs- <strong>und</strong> Konkursbeschlag reichen oft nicht aus, es besteht i.a.R. bereits ein<br />
Sicherungsbedürfnis vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung: Ihm entsprechen<br />
die provisorische Pfändung <strong>und</strong> das Güterverzeichnis, beide Massnahmen setzen aber<br />
eine bereits ziemlich fortgeschrittene Betreibung voraus.<br />
Um auch der Gefahr der Vermögensvernichtung zu Beginn der Vollstreckung<br />
entgegenzutreten, beabsichtigt das Gesetz entweder die Sicherung vor Beseitigung<br />
von Vollstreckungssubstrat oder die Rückschaffung bereits beseitigter<br />
Vermögenswerte:<br />
• Retentionsverzeichnis; Rückschaffung von Retentionsgegenständen [Beschränkung auf Miet-<br />
<strong>und</strong> Pachtzinsforderungen für Geschäftsräume <strong>und</strong> Forderungen StwE]<br />
• Arrest <strong>und</strong> paulianische Anfechtung [Allgemein]<br />
Arrest ist die amtliche Beschlagnahmung von Vermögen des Schuldners. Er bezweckt<br />
den Erfolg einer schon eingeleiteten oder erst noch bevorstehenden Vollstreckung, in<br />
der die Voraussetzungen einer provisorischen oder definitiven Pfändung oder der<br />
Aufnahme eines Güterverzeichnisses noch nicht gegeben sind, durch<br />
Verfügungsbeschränkung des Schuldners zu sichern.<br />
Der Arrest hat reine Sicherungsfunktion <strong>und</strong> deshalb auch bloss provisorischen<br />
Charakter.<br />
Der Arrest charakterisiert sich als eine superprovisorische Verfügung; doch hat er mit<br />
dieser Massnahme des Zivilprozessrechts nichts zu zun. Die Vollstreckung von<br />
Geldforderungen kann ausschliesslich durch einen Arrest gesichert werden.<br />
1. Arrestforderung<br />
Es wird eine auf dem Betreibungswege vollstreckbare Forderung vorausgesetzt; somit<br />
eine Forderung auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung. Die Forderung darf aber<br />
nicht schon pfandgedeckt [i.S.v. SchKG 37] sein. Die Forderung muss i.a.R. fällig sein;<br />
Ausnahme: SchKG 271 I Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 sowie 271 II.<br />
2. Arrestgegenstand<br />
Weil der Arrest die spätere Vollstreckung absichern soll, kann er nur realisierbare<br />
Vermögenswerte des Schuldners erfassen, SchKG 272 I Ziff. 3. Arrestierbar ist somit<br />
alles, was auch pfändbar wäre <strong>und</strong> rechtlich dem Schuldner gehören. Ob sich die mit<br />
Arrest zu belegenden Gegenstände im Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten<br />
befinden, ist wie beim Pfändungsvollzug gleichgültig. 14<br />
3. Arrestgr<strong>und</strong><br />
Das Gesetz zählt die Gefährdungstatbestände, die den Arrest erst rechtfertigen,<br />
abschliessend auf.<br />
• Schuldner ohne festen Wohnsitz, SchKG 271 I Ziff. 1<br />
Nirgends, weder in der Schweiz noch im Ausland einen festen Wohnsitz, bspw.<br />
Zirkusartisten, Zigeuner usw.<br />
• Unredliches Verhalten des Schuldners<br />
Fluchtvorbereitungen ins Ausland sowie Beiseiteschaffen von Vermögenswerten in der<br />
Absicht, sich der Zahlungspflicht zu entziehen<br />
• Zwar besteht ein fester Wohnsitz, der Schuldner befindet sich aber auf Durchreise oder<br />
gehört einem Personenkreis an, die Messen <strong>und</strong> Märkte besuchen [Touristen, Marktfahrer,<br />
Schiess- <strong>und</strong> Schaubudenbesitzer]. Nur Arrest für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort<br />
zu erfüllen sind: Zechschulden, Unterkunft, Fz Reparaturen, Treibstoff – <strong>und</strong> andere<br />
Barkäufe, Platzgebühren.<br />
• Schuldner im Ausland; immerhin aber ein Vermögen in der Schweiz. Dieser Arrestgr<strong>und</strong> ist<br />
subsidiär zu den anderen Gründen <strong>und</strong> der Schuldner darf in der Schweiz keinen<br />
Betreibungsort haben, wo er betrieben werden könnte, also weder eine Geschäftsniederlassung<br />
noch ein Wahldomizil, SchKG 50 I <strong>und</strong> II. Zudem muss eine Schuldanerkennung<br />
vorliegen oder ein genügender Binnenbezug [Vertragsschluss in CH, Erfüllung in CH,<br />
Gerichtsstandsvereinbarung in CH, Schiedsgericht in CH usw.] Der Schuldner muss<br />
Vermögen in der CH auf eine gewisse Dauer besitzen, „Taschenarrest“ unzulässig.<br />
14 Konkursbeschlag: Nur was zur Konkursmasse gehört ist mit Konkursbeschlag behaftet. Selbst wenn ein Gegenstand des Schuldners sich im<br />
Gewahrsam des Dritten befindet, muss mittels der Admassierungsklage vorgegangen werden, eine amtliche Beschlagung ist unzulässig,
51.2. Arrestverfahren<br />
51.3. Arrestbewilligung<br />
51.4. Arrestvollzug<br />
• Insolventer Schuldner<br />
Ausstellung eines provisorischen oder definitiven Verlustscheins rechtfertigt, Vollstreckungssubstrat<br />
durch einen Arrest sofort sicherzustellen. [Nicht nur CH-Verlustscheine, sondern<br />
auch gleichwertige ausländische Bescheinigungen].<br />
• Ausserordentlicher Arrest: Steuerarrest, der durch die Steuerbehörde verfügt wird.<br />
Arrestbegehren des Gläubiger an den Richter, SchKG 272 I. Er hat glaubhaft zu<br />
machen, dass die Voraussetzungen des Arrestes erfüllt sind.<br />
Im Begehren müssen die mit Arrest zu belegenden Vermögensgegenstände einzeln<br />
bezeichnet [Gattungsmässige Umschreibung genügt subsidiär: seine „Möbel“,<br />
„Teppiche“] <strong>und</strong> deren Standort angegeben sein, ein Sucharrest 15 ist nichtig.<br />
Handelt es sich um Vermögensgegenstände, die dem Anschein nach einem Dritten<br />
gehören können, muss der Gläubiger überdies die Gründe für die von ihm behauptete<br />
Berechtigung des Schuldners glaubhaft darlegen.<br />
Wohnt der Gläubiger im Ausland, hat er zugleich mit seinem Arrestbegehren einen<br />
Zustellungsort in der CH zu bezeichnen, SchKG 272 II, 67 I.<br />
Örtlich zuständig ist der Richter am Ort, wo sich der mit Arrest zu belegende<br />
Vermögenswert befindet, SchKG 272 I. Sind mehrere, in verschiedenen Amtskreisen<br />
liegende Gegenstände mit Arrest zu belegen, muss der für jeden einzelnen örtlich<br />
zuständige Richter den Arrest bewilligen.<br />
Der Arrestort stimmt immer mit dem Pfändungsort überein. Ein anderswo verfügter oder<br />
vollzogener Arrest ist nichtig.<br />
Der Arrestrichter entscheidet über das Gesuch im summarischen Verfahrne, SchKG 25<br />
Ziff. 2a, infolge bloss einseitiger Prüfung. Erscheint die Darstellung des Gläubigers im<br />
Arrestbegehren glaubhaft, so entspricht der Richter dem Gesuch, bewilligt den Arrest<br />
<strong>und</strong> erlässt den Arrestbefehl an das BA zum Vollzug.<br />
Glaubhaftigkeit darf nicht leichthin angenommen werden, vielmehr muss der Richter auf Gr<strong>und</strong><br />
sorgfältiger Prüfung dafür überzeugt sein, dass die Voraussetzungen mit grösserer<br />
Wahrscheinlichkeit erfüllt sind.<br />
Der Arrestbefehl muss alle Angaben enthalten, die es braucht, um ihn zu vollziehen,<br />
SchKG 274 II; nämlich<br />
Name <strong>und</strong> Adresse des Gläubigers <strong>und</strong> des Schuldners<br />
Forderung, für die Arrest verlangt wird<br />
Arrestgr<strong>und</strong><br />
Einzelnen mit Arrest zu belegenden Gegenstände <strong>und</strong> ihr Standort<br />
Hinweis auf Schadenersatzpflicht.<br />
Der Richter stellt den Arrestbefehl dem am Ort der gelegenen Sache zuständigen<br />
Betreibungsamt zum Vollzug zu, SchKG 274 I. Vollzug durch ein örtlich unzuständiges<br />
Amt hat Nichtigkeit zur Folge.<br />
• Der Arrestbefehl ist sofort zu vollziehen, auch während eines Betreibungsstillstandes<br />
• Nur die im Arrestbefehl aufgeführten, im Betreibungskreis befindlichen Gegenstände dürfen<br />
sichergestellt werden. Requisition kommt nicht in Frage. Ein über den Befehl hinausgehender<br />
Arrest ist nichtig.<br />
• Anwendung von behördlichem Zwang ist ausgeschlossen.<br />
• Der Arrestschuldner kann sich das freie Verfügungsrecht über die Arrestgegenstände<br />
bewahren, indem er dem Betreibungsamt Sicherheit dafür leistet, dass im Falle der Pfändung<br />
oder der Konkurseröffnung die Arrestgegenstände oder gleichwertiger Ersatz bis zur Höhe<br />
der Arrestforderung samt Zinsen <strong>und</strong> Kosten vorhanden sein wird, SchKG 277.<br />
Das Betreibungsamt darf den Arrestbefehl nicht überprüfen; nur wenn er sich<br />
unzweifelhaft als nichtig erwiese, müsste der Vollzug verweigert werden:<br />
• Rechtsmissbrauch; bspw. bedeutend mehr Vermögen wird arrestiert als zur Sicherung der<br />
Arrestforderung notwendig; offensichtlicher Sucharrest, treuwidrige Begründung eines<br />
Arrestes, d.h. ausländischer Schuldner wird in Schweiz gelockt usw.<br />
• Arrestbefehl bezieht sich auf einen offensichtlich nicht existenten oder nicht dem Schuldner<br />
gehörenden oder unpfändbaren Gegenstand.<br />
• Unzureichend spezifizierter Vermögensgegenstand<br />
• Arrestierung eines Vermögensgegenstandes, der schon nach den Angaben des Gläubigers<br />
nicht dem Schuldner gehört<br />
Der Vollzug des Arrestes wird vom Vollzugsbeamten in der Arresturk<strong>und</strong>e, auf der<br />
Rückseite des Arrestbefehles bescheinigt <strong>und</strong> dem BA übermittelt, SchKG 276 I; darin<br />
sind alle unter Beschlag genommenen Gegenstände mit ihrer Schätzung einzeln<br />
vermerkt. Das BA stellt je eine Abschrift Schuldner <strong>und</strong> Gläubiger zu <strong>und</strong> informiert<br />
Dritte. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Beschwerdefrist bzw. die Einsprachefrist sowie die<br />
Frist für die Prosekution.<br />
15 „Sämtliche ihm gehörenden, bei der Bank X liegenden Vermögenswerte – selbst wenn alle erdenklichen einzeln aufgezählt wären.
Anfechtungsobjekt:<br />
Arrestbewilligung<br />
Anfechtungsobjekt:<br />
Arrestvollzug<br />
51.5. Wirkungen des Arrests<br />
51.6. Rechtsschutz gegen den Arrest<br />
Den Schuldner trifft der Arrest gleich wie eine Pfändung; sofern er sich nicht durch<br />
Sicherheitsleistung sein Verfügungsrecht bewahrt hat. Die Bestimmungen des<br />
Pfändungsrechts über die beschlagnahmten Vermögenswerte sind analog anwendbar.<br />
Verwertung kommt einzig in Frage, soweit sich nach SchKG 124 II ein Notverkauf<br />
aufdrängt.<br />
Der Gläubiger erlangt durch den Arrest vorläufig nur die von ihm angestrebte<br />
Sicherung von Vollstreckungssubstrat für seine bereits hängige oder erst noch<br />
bevorstehende Betreibung. Der Arrest gewährt dem Gläubiger im anschliessenden<br />
Zwangsvollstreckungsverfahren kein Vorrecht auf Befriedigung aus dem Erlös der<br />
Arrestgegenstände. Alle anderen Gläubiger haben gleiches Recht darauf, SchKG 281<br />
III.<br />
Vorteil bildet einzig die provisorische Teilnahme an der Pfändung von Gesetzes wegen,<br />
SchKG 281 I; diese provisorische Anschlusspfändung fällt aber dahin, wenn der<br />
Arrestgläubiger seinen Anspruch gegen den Schuldner nicht auf dem Betreibungsweg<br />
bis zum eigenen Fortsetzungsbegehren verfolgt. Zudem darf der Gläubiger die vom<br />
Arrest herrührenden Kosten aus dem Erlös der Arrestgegenstände vorweg decken,<br />
SchKG 281 II.<br />
Drittschuldner <strong>und</strong> Drittgewahrsamsinhaber müssen die mit dem Arrestbeschlag<br />
verb<strong>und</strong>ene Zahlungs- <strong>und</strong> Verfügungssperre beachten. Dritte, welche an<br />
Arrestgegenständen eigene, den Deckungsanspruch des Arrestgläubigers vorgehende<br />
Rechte geltend machen, müssen diese rechtzeitig anmelden.<br />
Der Arrestbefehl ergeht ohne Ankündigung. Es stehen folgende Möglichkeiten dagegen<br />
zur Verfügung:<br />
• Einsprache gegen den Arrestbefehl sowie die Weiterziehung des Einspracheentscheides,<br />
SchKG 278<br />
• Die betreibungsrechtliche Beschwerde gegen den Arrestvollzug<br />
• Dem Dritten das Widerspruchsverfahren nach SchKG 106 ff, SchKG 275<br />
• Die Arrest-Schadenersatzklage, SchKG 273<br />
Einsprache gegen den Arrestbefehl<br />
Die Einsprache soll den vom Arrest Betroffenen nachträglich rechtliches Gehör bieten.<br />
Legitimiert ist somit, wer durch den Arrest in seinen Rechten betroffen ist, SchKG 278 I.<br />
Arrestschuldner, Drittansprecher, Drittverwahrer, Drittschuldner<br />
Es dürfen sämtliche Einwände vorgebracht werden, die gegen die Arrestbewilligung<br />
sprechen:<br />
Fehlende Prozessvoraussetzungen, Nichtigkeit des Arrests<br />
Unglaubhaftigkeit der vorgebrachten Arrestvoraussetzungen<br />
Einrede der Pfandsicherheit<br />
Bestreiten neuen Vermögens, sofern die Arrestforderung auf einem Konkursverlustschein<br />
beruht<br />
Der Richter habe keine oder ungenügende Kaution verlangt, SchKG 273<br />
Die Einsprache ist beim Arrestrichter innert der verlängerbaren bzw.<br />
wiederherstellbaren Frist von 10 Tagen nach Kenntnis seiner Anordnung zu erheben,<br />
SchKG 278 I. Die Einsprache hat keine aufschiebende Wirkung, SchKG 278 IV.<br />
Während der Einsprache läuft jedoch die Prosekutionsfrist nicht, SchKG 278 V.<br />
Der Arrestrichter entscheidet in einem summarischen Verfahren ohne Verzug, SchKG<br />
278 II. Ein allfälliger Weiterzug hat keinen Suspensiveffekt, hindert aber den Lauf der<br />
Prosekutionsfrist. [ZH: Verfahren nach GVG 109, GVG 111].<br />
Beschwerde gegen den Arrestvollzug<br />
Mit der Beschwerde, SchKG 17 ff., werden Fehler des Betreibungsbeamten beim<br />
Arrestvollzug geltend gemacht.<br />
Bspw. ein nichtiger Arrestvollzug durch ein unzuständiges Amt oder gestützt auf einen nichtigen<br />
Arrestbefehl; ein anfechtbarer Arrestvollzug wie die Arrestierung eines unpfändbaren Vermögenswertes<br />
usw.<br />
Widerspruchsverfahren<br />
Sobald ein Dritter am Arrestgegenstand Rechte geltend macht, vor denen der<br />
Vollstreckungsanspruch des Gläubigers zurücktreten müsste, muss das Widerspruchsverfahren<br />
eingeleitet werden.<br />
Schon vorher hat der Dritte allerdings die Möglichkeit, sich mit Einsprache oder der<br />
Beschwerde gegen den Arrestvollzug für sein Recht einzusetzen. Er ist somit nur auf<br />
das Widerspruchsverfahren angewiesen, wenn er sich gegen Arrestbefehl <strong>und</strong> Vollzug<br />
nicht oder nicht erfolgreich gewehrt hat, diese also rechtskräftig geworden sind.
51.7. Arrestprosekution<br />
§ 52 Die paulianische Anfechtung<br />
52.1. Anfechtungstatbestände<br />
Arrest-Schadenersatzklage<br />
Mit der Schadenersatzklage macht der Schuldner oder ein Dritter die gesetzliche<br />
Haftung des Gläubigers nach SchKG 273 I für den Schaden geltend, den dieser durch<br />
einen ungerechtfertigten Arrest verursacht hat.<br />
Berechnung des Schadens sowie Bemessung der Ersatzpflicht richtet sich nach OR.<br />
Erfolgreiche Abwehr eines Arrestes belegt dessen Widerrechtlichkeit.<br />
Der Arrestgläubiger haftet kausal. Im Hinblick auf seine Schadenersatzpflicht darf der<br />
Gläubiger zu Sicherheitsleistung verhalten werden, SchKG 273 I Satz 2; was schon im<br />
Arrestbefehl geschehen kann, SchKG 274 II Ziff. 5; dann ist der Vollzug von deren<br />
Leistung abhängig.<br />
Die Verjährung richtet sich nach OR 60; solange der Arrest noch hängig ist, laufen<br />
diese Fristen nicht. Die Klage ist eine materiellrechtliche Streitigkeit im ordentlichen<br />
Verfahren.<br />
Den vorsorglichen Charakter des Arrestes entsprechend muss der Gläubiger seine<br />
Forderung binnen bestimmter Frist auf dem Vollstreckungsweg verfolgen; der<br />
Schuldner soll die Möglichkeit haben, sich voll zu verteidigen.<br />
Der Arrestgläubiger kann <strong>und</strong> muss entweder mit Klage <strong>und</strong> anschliessender<br />
Betreibung oder direkt mit Betreibung gegen den Schuldner vorgehen. Dies innert 10<br />
Tagen, wann immer der Fortgang des Verfahrens von der Initiative des Gläubigers<br />
abhängt. Eine verpasste Prosekutionsfrist ist aber – obwohl Verwirkungsfrist – wieder<br />
herstellbar.<br />
Die Frist zum ersten Schritt beginnt mit der Zustellung der Arresturk<strong>und</strong>en; während<br />
eines Einsprache- <strong>und</strong> Weiterziehungsverfahrens laufen die Fristen jedoch nicht,<br />
SchKG 278 V <strong>und</strong> 279 I.<br />
Bei gerichtlicher Klage muss binnen 10 Tage nach Eröffnung des rechtskräftigen Urteils<br />
die Prosekutionsbetreibung angehoben <strong>und</strong> rechtzeitig weitergeführt werden.<br />
Die Arrestprosekution kann entweder am Wohnort, dem ordentlichen Betreibungsort,<br />
oder am Arrestort, SchKG 52, erfolgen. Dort ist jedoch die Vollstreckung auf die<br />
Arrestgegenstände beschränkt, die Pfändung weiteren Vermögens – Ergänzungs- <strong>und</strong><br />
Nachpfändung – sind ausgeschlossen, ausser der Arrestort stimme mit dem<br />
ordentlichen Betreibungsort überein.<br />
Während der rasche Zugriff des Arrestes die Sicherstellung noch vorhandenen<br />
Schuldnervermögens ermöglicht, dient die Anfechtung dazu, der Vollstreckung<br />
entzogene Vermögenswerte dieser wieder zuzuführen, SchKG285 I. Die Anfechtung<br />
stellt die Exekutionsrechte der Gläubiger wieder her; sie beseitigt aber nicht etwa die<br />
zivilrechtlichen Wirkungen der angefochtenen Handlungen, sondern macht sie nur<br />
insoweit betreibungsrechtlich unbeachtlich, als die Gläubiger einen Verlust erlitten<br />
haben oder sehr wahrscheinlich noch erleiden werden.<br />
Gegenstand einer Anfechtung können nur vermögensmindernde Rechtshandlungen<br />
sein, die der Schuldner oder ein von ihm bestellter Vertreter – vor der Pfändung oder<br />
der Konkurseröffnung vorgenommen hat – als er also noch über sein Vermögen frei<br />
verfügen konnte.<br />
Nach dem Pfändungs- oder Konkursbeschlag ist eine Schmälerung der Exekutionsrechte von<br />
vornherein ausgeschlossen. [Vorbehältlich guten Glaubens bei der Betreibung auf Pfändung].<br />
Die Rechtshandlung muss in einer Zeitspanne erfolgt sein, in der Verdacht besteht, der<br />
Schuldner habe den finanziellen Zusammenbruch voraussehend oder zumindest<br />
ahnend seine Gläubiger schädigen oder einzelne von ihnen begünstigen wollen.<br />
Für die Fristberechnung nach SchKG 286, 287, 331 II, 288 werden die Fristen um die<br />
Dauer eines Nachlassverfahrens, eines Konkursaufschubes, einer Notst<strong>und</strong>ung <strong>und</strong><br />
eines Rechtsstillstandes verlängert, SchKG 288a.
Schenkungspauliana, SchKG 286<br />
Anfechtungsobjekt sind bereits vollzogene Schenkungen i.S. des Zivilrechts <strong>und</strong> andere<br />
unentgeltliche Verfügungen des Schuldners. Noch nicht vollzogene Schenkungen<br />
bedürfen keiner Anfechtung; das Ausstellen eines Verlustscheins oder die Konkurseröffnung<br />
hebt jedes Schenkungsversprechen von Gesetzes wegen auf, OR 250 II.<br />
Auch gemischte Schenkungen werden erfasst; dort ist der Wertunterschied<br />
Anfechtungsgegenstand.<br />
Ausgenommen sind lediglich die üblichen Geschenke im üblichen Mass zu den<br />
üblichen Gelegenheiten, was nach den Vermögensverhältnissen des Schuldners zu<br />
beurteilen ist.<br />
Diese Rechtsgeschäfte sind immer nur dann anfechtbar, wenn der Schuldner sie<br />
während der einjährigen Verdachtsfrist vorgenommen hat. Allein diesen objektiven<br />
Tatbestand hat der Anfechtungskläger zu beweisen; die subjektiven Beweggründe sind<br />
irrelevant.<br />
Überschuldungspauliana, SchKG 287<br />
Die Begünstigung besteht i.a.R. darin, dass ein Gläubiger vom Schuldner eine<br />
Sicherheit oder gar Befriedigung erhält, auf die er überhaupt nicht oder nicht in der<br />
gewählten Art oder doch nicht in der zu betreffenden Zeit Anspruch hatte.<br />
• Nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine bestehende Verpflichtung, die<br />
sicherzustellen er nicht schon früher rechtlich verpflichtet war, Ziffer 1. Nachträgliche<br />
Bestellung eines Pfandrechts, aber auch jedes andere Rechtsgeschäft, dem wirtschaftlich<br />
betrachtet Sicherungsfunktion zukommt (Sicherungszession, Sicherungsübereignung).<br />
Besteht eine rechtliche Verpflichtung ist die Überschuldungspauliana ausgeschlossen,<br />
ebenso wenn eine fremde Schuld sichergestellt wird; u.U. dann SchKG 286.<br />
• Tilgung einer Geldschuld auf ungewohnte Weise, nämlich nicht mit Bargeld oder mit anderen<br />
üblichen Zahlungsmitteln; sondern bspw. durch Hingabe einer Sache, Abtretung einer<br />
Forderung an Zahlungs Statt oder durch Übernahme einer Forderung gegen den Gläubiger,<br />
Ziffer 2.<br />
Was orts- oder branchenüblich ist, muss als übliches Zahlungsmittel anerkannt werden.<br />
• Zahlung einer noch nicht fälligen Schuld, Ziffer 3.<br />
Die anfechtbare Handlung muss innerhalb eines Jahres vorgenommen worden sein.<br />
Ausserdem muss er in dieser Zeit effektiv überschuldet gewesen sein; d.h. seine<br />
Passiven müssen also seine Aktiven schon damals überstiegen haben.<br />
Der Begünstigte kann die Einrede erheben, dass er die kritische Vermögenslage des<br />
Schuldners weder gekannt noch nach der im Geschäftsverkehr üblichen Sorgfalt hätte<br />
kennen können.<br />
Deliktspauliana, SchKG 288<br />
52.2. Die Geltendmachung der Anfechtung<br />
Es sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner innerhalb der letzten 5<br />
Jahre vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung in der dem anderen Teil<br />
erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder<br />
einzelne von ihnen zum Nachteil anderer zu begünstigen, SchKG 288.<br />
Für die Benachteiligungs- bzw. Begünstigungsabsicht des Schuldners genügt bereits,<br />
dass sich dieser über die schädigende Folge seines Handelns hat Rechenschaft geben<br />
müssen oder können; auch dolus eventualis kann in Frage kommen.<br />
Doch selbst doloses Handeln ist nur anfechtbar, wenn die böse Absicht für den<br />
Begünstigten erkennbar war bzw. erkennbar hätte sein müssen. Der Vertragspartner<br />
hat daher eine gewisse Erk<strong>und</strong>igungspflicht.<br />
Der Anfechtende hat die vermögensschädigende Rechtshandlung, ihre Vornahme in<br />
der Verdachtsperiode, die Schädigungsabsicht des Schuldners <strong>und</strong> ihre Erkennbarkeit<br />
für den Vertragspartner nachzuweisen.<br />
Anfechtungsansprüche werden regelmässig durch selbständige Klage geltend<br />
gemacht. Man kann sie aber auch in einem anderen betreibungsrechtlichen Prozess<br />
einem Kläger einredeweise entgegenhalten, so bspw. in einer vom Begünstigten<br />
erhobenen Widerspruchs-, Aussonderungs- oder Kollokationsklage oder gegenüber der<br />
Klage eines Gläubigers auf Anerkennung seines privilegierten Pfändungsanschlusses.<br />
Erhebt bspw. der Begünstigte Widerspruchs- oder Aussonderungsklage weil das betreffende<br />
Objekt gepfändet wurde oder infolge Gewahrsams des Schuldners in die Konkursmasse gefallen<br />
war, kann die Freigabe wegen anfechtbaren Erwerbes verweigert werden.<br />
Erhebt er Kollokationsklage, weil er unter die pfandgesicherten Forderungen aufgenommen sein<br />
will, ist ihm diese Kollokation wegen anfechtbarer Sicherstellung zu verweigern, sofern die<br />
betreffende Einrede erhoben wird.<br />
Befand sich das gepfändete Objekt im Gewahrsam des begünstigen Dritten, kann die<br />
Widerspruchsklage des Gläubigers mit der Anfechtbarkeit des Erwerbes begründet werden,<br />
analog für Admassierungsklage der Konkursverwaltung, SchKG 242 III.
52.3. Aktivlegitimation<br />
52.4. Wirkungen der erfolgreichen Anfechtung<br />
In der Spezialexekution ist jeder Gläubiger legitimiert, der einen provisorischen oder<br />
definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat, SchKG 285 II Ziff. 1. Auf Gr<strong>und</strong> eines<br />
provisorischen Verlustscheins kann eine Klage des Gläubigers allerdings nur in dem<br />
Sinne gutgeheissen werden, dass das Anfechtungsobjekt erst verwertet wird, wenn in<br />
der hängigen Betreibung ein definitiver Verlustschein ausgestellt wird.<br />
Die Anfechtung ist somit erst erlaubt, wenn feststeht, dass das Schuldnervermögen zur<br />
Befriedigung der Pfändungsgläubiger nicht ausreicht.<br />
Im <strong>und</strong> nach einem Konkurs stehen die Anfechtungsansprüche der Masse zu, SchKG<br />
200 <strong>und</strong> 269. Es ist somit ausschliesslich die Konkursverwaltung namens der Masse<br />
zur Anfechtung befugt; ein Konkursgläubiger kann es nur dann sein, wenn ihm dieses<br />
Recht nach SchKG 260 abgetreten worden ist.<br />
Die Anfechtung ist hier bereits vor der Konkurseröffnung zulässig, weil bei jedem Konkurs die<br />
Vermutung besteht, dass die Gläubiger zu Verlust kommen, BGE 53 III 215.<br />
Passivlegitimiert ist in erster Linie derjenige, der das anfechtbare Rechtsgeschäft mit<br />
dem Schuldner geschlossen hat oder von diesem in anfechtbarer Weise befriedigt<br />
worden ist; jedoch auch die Rechtsnachfolger, d.h. Gesamtnachfolger i.A. <strong>und</strong><br />
bösgläubige Singularsukzessoren [gutgläubige werden geschützt[.<br />
Das Anfechtungsrecht ist befristet, SchKG 292 <strong>und</strong> 332; es handelt sich um eine<br />
Verwirkungsfrist. Wird das Anfechtungsrecht erst über einen im Nachkonkurs<br />
entdeckten Vermögenswert geltend gemacht, kann es erst im Zeitpunkt der<br />
Wiederaufnahme des Verfahrens zu laufen beginnen.<br />
Es handelt sich um eine vollstreckungsrechtliche Streitsache; daher gilt die Anwendung<br />
von SchKG 289 auch im Bereich des LugÜ. Der Streitwert ist der Betrag, den die<br />
erfolgreiche Anfechtung dem Kläger einbringen könnte. Im Konkurs ergibt die<br />
erfolgreiche Anfechtung meist den vollen Wert des durch die anfechtbare Handlung<br />
entzogenen Vermögensteils; denn der Konkurs erfasst stets das gesamte Vermögen<br />
des Schuldners; in der Pfändungsbetreibung gilt als Streitwert entweder der Wert des<br />
entzogenen Vermögensteils oder der noch zu deckende kleinere Forderungsbetrag des<br />
Anfechtungsgläubigers.<br />
Das Urteil im Anfechtungsprozess hat ausschliesslich vollstreckungsrechtliche Wirkung.<br />
Der Richter entscheidet einzig, ob <strong>und</strong> inwieweit ein Vermögenswert zur Vollstreckung<br />
herangezogen werden kann.<br />
Nur die Gutheissung der Anfechtungsklage kann überhaupt irgendwelche Wirkungen<br />
zeigen. Sie ermöglicht das vollstreckungsrechtliche Beschlagsrecht <strong>und</strong> verschafft so<br />
den Anspruch auf amtliche Verwertung sowie auf Befriedigung aus dem Erlös.<br />
Die Wiederherstellung geht jedoch immer nur so weit, als die Befriedigung der<br />
beteiligten Gläubiger es erfordert, d.h. im Konkurs sämtliche Gläubiger, in der<br />
Spezialexekution der anfechtende Pfändungsgläubiger.<br />
Es hat keine materiellrechtliche Wirkung, d.h. der beklagte Dritte bleibt Eigentümer<br />
bzw. Gläubiger einer anfechtbar erworbenen Sache, Forderung oder eines anderen<br />
Rechts. Doch hat das vollstreckungsrechtliche Urteil insofern Reflexwirkung auf das<br />
materielle Recht des beklagten Dritten, als dieser die Beschlagnahme <strong>und</strong> Verwertung<br />
dulden muss.<br />
Betrifft die erfolgreiche Anfechtung ein Gr<strong>und</strong>stück, bleibt der beklagte Dritte als Eigentümer im<br />
Gr<strong>und</strong>buch eingetragen; muss aber die Pfändung bzw. Admassierung <strong>und</strong> die anschliessende<br />
Verwertung dulden. Der Anfechtungsanspruch hat somit nur obligatorischen, nicht dinglichen<br />
Charakter.<br />
Primärwirkung: Rückgabepflicht<br />
Der im Anfechtungsprozess unterlegene Beklagte ist zur Rückgabe verpflichtet, SchKG<br />
291 I. Er muss die Pfändung oder Admassierung <strong>und</strong> die darauffolgende Verwertung<br />
dulden. Noch vorhandene Vermögensgegenstände sind in natura ohne Rückzession<br />
oder Rückübertragung des Eigentums sofort zu pfänden; für verschuldete<br />
Wertminderungen bzw. Untergang der Sache haftet der Begünstigte; notwendiger<br />
Aufwand kann er als Masseverbindlichkeit in Rechnung stellen; für entäusserte Werte<br />
ist nach OR 97 Wertersatz zu leisten.<br />
Für den gutgläubigen Empfänger einer Schenkung gilt SchKG 291 III.<br />
Sek<strong>und</strong>ärwirkung: Gegenansprüche des Beklagten<br />
Die Erfüllung der Rückgabepflicht gibt dem Dritten den Anspruch, eine allfällig<br />
geleistete Gegenleistung zurückzuerhalten, SchKG 291 I. Im Konkurs des Schuldners<br />
hat der Beklagte Anspruch auf Rückerstattung der in der Konkursmasse noch<br />
vorhandenen Gegenleistung, er kann deren Aussonderung verlangen. Ist seine<br />
Leistung nicht mehr effektiv vorhanden, steht im der Recht auf Herausgabe der<br />
vorhandenen Bereicherung zu. Ist aber in der Konkursmasse überhaupt nichts mehr
von der Gegenleistung vorhanden, steht ihm nur noch eine Ersatzforderung gegen den<br />
Schuldner persönlich zu.<br />
Der Herausgabeanspruch auf die Sache oder auf die Bereicherung richtet sich gegen<br />
die Masse, es ist eine Masseverbindlichkeit.<br />
Sie könnte mit der Pflicht auf Leistung des Wertersatzes verrechnet werden.<br />
Die gegen den Schuldner persönlich gerichtete Ersatzforderung muss der Beklagte als<br />
Konkursforderung eingeben.<br />
In diesem Falle kann die Pflicht zur Leistung des Wertersatzes nur mit der Konkursdividende<br />
verrechnet werden.<br />
Die Gegenansprüche in der Spezialexekution richten sich durchwegs gegen den<br />
Schuldner. Die Sache oder ihr Erlös kann im Widerspruchsverfahren geltend gemacht<br />
werden; haben die Pfändungsgläubiger bereits Befriedigung erhalten, kann der<br />
Beklagte die eigene Leistung [aus der Anfechtungsklage] entsprechend kürzen.<br />
Denn der klagende Gläubiger soll <strong>und</strong> darf nicht aus beidem, d.h. aus dem mit der Anfechtungsklage<br />
zurückgewonnenen Vermögenswert als auch aus der Gegenleistung, nichts Befriedigung<br />
beanspruchen.<br />
Fällt nach erfolgreicher Anfechtung die Tilgung einer Forderung des Beklagten dahin,<br />
lebt diese mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder auf, SchKG 291 II. Im<br />
Konkurs nimmt die wiedererstandene Forderung als Konkursforderung teil. Mit der<br />
darauf entfallenden Konkursdividende kann der Anfechtungsbeklagte die ihm nach<br />
SchKG 291I obliegende Rückleistung der Zahlung verrechnen. Die Verrechnung mit<br />
der wiedererstandenen Forderung selbst ist ausgeschlossen.<br />
In der Pfändungsbetreibung ist die wiederauflebende Forderung durch Pfändungsanschluss<br />
geltend zu machen.
§ 53 Wesen, Rechtsnatur <strong>und</strong> Arten des Nachlassvertrages<br />
§ 54 Nachlassverfahren<br />
53.1. Aussergerichtlicher Nachlassvertrag<br />
53.2. Gerichtlicher Nachlassvertrag<br />
Jeder Gläubiger kann mit seinem Schuldner übereinkommen, dass er auf seine<br />
Forderung ganz oder zum Teil verzichte, OR 115. Wirklich notlindernd ist aber nur ein<br />
Entgegenkommen aller Gläubiger, diesem Ziel dient der Nachlassvertrag.<br />
Kommt er unter Mitwirkung des Gerichtes zustande, ist es ein gerichtlicher,<br />
anderenfalls ein aussergerichtlicher Nachlassvertrag.<br />
Ziel eines Nachlassvertrages ist somit mehr die Sanierung als die Liquidation der<br />
wirtschaftlichen Existenz des Schuldners. Nur der Liquidationsvergleich macht hier eine<br />
Ausnahme.<br />
Er beruht auf rein privaten Rechtsgeschäften; die der Schuldner mit jedem Gläubiger<br />
einzeln abschliesst; somit eine Summe von individuellen Schulderlassverträgen, deren<br />
Inhalt nach dem Gr<strong>und</strong>satz der Vertragsfreiheit bestimmt werden kann <strong>und</strong> somit keine<br />
Gewähr für die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger bietet.<br />
Es sind nur jene Personen geb<strong>und</strong>en, die ihm zugestimmt haben. Es ist oft<br />
entscheidend, dass die Vergleichsverhandlungen ohne Betreibungsdruck geführt<br />
werden können, weshalb der kleine, nicht konkursfähige Schuldner um St<strong>und</strong>ung<br />
zwecks einvernehmlicher Schuldenbereinigung, SchKG 333; eine überschuldete<br />
Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft um Konkursaufschub, OR 725a, nachsuchen<br />
kann.<br />
Scheitert dieses aussergerichtliche Vorhaben, steht dem Schuldner immer noch das<br />
gerichtliche Nachlassverfahren offen.<br />
Er ist das Ergebnis eines gesetzlich geregelten Verfahrens, in welchem der Schuldner<br />
mit Zustimmung einer bestimmten Mehrheit seiner Gläubiger sowie unter gerichtlicher<br />
Mitwirkung <strong>und</strong> Aufsicht seine Schulden auf eine für alle Gläubiger verbindliche Weise<br />
tilgen kann.<br />
Er ist trotz seines Namens weder ein Privatrechtsgeschäft noch ein Vertrag; er kommt<br />
durch ein Zusammenwirken des Schuldners, der Gläubigermehrheit <strong>und</strong> staatlich<br />
bestellter Organe (Sachwalter, Nachlassgericht) zustande.<br />
Er ist ein Surrogat der Zwangsvollstreckung; er tritt als besonderes öffentlichrechtliches<br />
Institut an deren Stelle <strong>und</strong> schliesst sie für die von ihm betroffenen<br />
Forderungen schlechthin aus.<br />
Arten:<br />
• St<strong>und</strong>ungsvergleich; womit der Schuldner seinen Gläubiger die vollständige Tilgung ihrer<br />
Forderungen nach einem bestimmten Zeitplan anbietet.<br />
• Der Prozent- oder Dividendenvergleich zielt demgegenüber auf die Bezahlung nur noch eines<br />
Teils der Forderungen in gleichen Verhältnissen für alle Gläubiger <strong>und</strong> auf Erlass des Restes<br />
ab<br />
• Der Liquidationsvergleich (Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung) führt das Angebot des<br />
Schuldners, den Gläubigern sein gesamtes Vermögen oder wenigstens einen Teil davon zur<br />
Verfügung zu stellen, auf dass sie sich selber aus dessen Erlös Befriedigung verschaffen.<br />
[Was sich schon stark dem Konkurs annähert].<br />
Dem Wesen des Nachlassvertrages als Zwangsvollstreckungsersatz entsprechend<br />
gliedert sich das Verfahren in drei Stadien:<br />
• Bewilligung der Nachlasst<strong>und</strong>ung [Bewilligungsverfahren]<br />
• Zustimmung der Gläubiger zum Vergleichangebot des Schuldners<br />
• Gerichtliche Bestätigung des Nachlassvertrages<br />
• Vollzug bzw. Durchführung des Nachlassvertrages
54.1. Bewilligungsverfahren<br />
Das Nachlassverfahren kann von Amtes wegen oder auf Gesuch des Schuldners oder<br />
eines Gläubigers eingeleitet werden.<br />
Einleitung von Amtes wegen erfolgt, wenn der Konkursrichter anlässlich der Prüfung<br />
des Konkursbegehrens seinen Entscheid aussetzt <strong>und</strong> die Akten für sich aus dem<br />
Nachlassgericht überweist, weil Anhaltspunkte für das Zustandekommen eines<br />
Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173 a II.<br />
Vermögens- <strong>und</strong> Ertragslage des Schuldners darf also anhand konkreter Indizien nicht<br />
hoffnungslos erscheinen.<br />
Jeder Schuldner kann ein Gesuch um Bewilligung stellen, SchKG 293 I. Das Gesuch<br />
muss eine Begründung <strong>und</strong> den Entwurf eines Nachlassvertrages enthalten, es genügt<br />
zunächst in allgemeiner Absicht.<br />
Jeder Gläubiger kann mit einem begründeten Gesuch die Einleitung eines Nachlassverfahrens<br />
verlangen, wenn er vor der Alternative steht, das Konkursbegehren zu<br />
stellen, SchKG 293 II; also i.a.R. nach Ablauf der dem Schuldner in der<br />
Konkursandrohung gesetzten Frist, SchKG 166 I oder wenn ein materieller<br />
Konkursgr<strong>und</strong> vorliegt, SchKG 190 Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 [nicht aber Ziffer 3.]<br />
Das Nachlassgesuch wird von dem am ordentlichen Betreibungsort zuständigen<br />
Nachlassgericht geprüft, SchKG 293. [ZH: ER sV, ZPO 213 Ziff. 15, GVG 23]<br />
Der Nachlassrichter prüft die Voraussetzungen der Nachlasst<strong>und</strong>ung von Amtes wegen<br />
<strong>und</strong> trifft seinen Entscheid im Summarverfahren, SchKG 25 Ziff. 2.a.<br />
Nach Eingang des Gesuchs oder der vom Konkursrichter überwiesenen Akten trifft der<br />
Nachlassrichter die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, SchKG 293 III.<br />
Er kann für max. 2 Monate eine Nachlasst<strong>und</strong>ung provisorisch bewilligen, um den<br />
drohenden Betreibungsdruck abzuwenden sowie einen provisorischen Sachwalter<br />
ernennen, der die wirtschaftliche Lage des Schuldners prüft. Die provisorische<br />
St<strong>und</strong>ung wird publiziert, SchKG 293 IV i.V.m 296.<br />
Rechtsmittel gegen provisorische Massnahmen / provisorische St<strong>und</strong>ung 16 :<br />
Kt. NB an Obergericht, StaBe an B<strong>und</strong>esgericht<br />
Der Sachwalter soll die für den definitiven St<strong>und</strong>ungsentscheid erforderlichen<br />
Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen beschaffen.<br />
Schuldner <strong>und</strong> beantragender Gläubiger sind unverzüglich zur Verhandlung<br />
vorzuladen; SchKG 294 I.<br />
Ist der Nachlassrichter im Besitz der erforderlichen Unterlagen, entscheidet er so rasch<br />
als möglich. Er bewilligte die Nachlasst<strong>und</strong>ung oder weist das Gesuch ab oder tritt aus<br />
formellen Gründen nicht darauf ein.<br />
Materiell setzt die St<strong>und</strong>ung voraus, das Aussicht auf das Zustandekommen eines<br />
Nachlassvertrages besteht, SchKG 294 II, 295 I. Das ist der Fall, wenn nach den<br />
gegebenen Verhältnissen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden darf, dass die<br />
Gläubiger dem Angebot zustimmen würden.<br />
Rechtsmittel gegen definitive Gewährung der Nachlasst<strong>und</strong>ung 17 :<br />
Rekurs an Obergericht, kt. NiBe an Kassationsgericht, staBe an B<strong>und</strong>esgericht.<br />
Die anderen Gläubiger können den Entscheid des Nachlassrichters nur in Bezug auf<br />
die Ernennung des Sachwalters anfechten, SchKG 294 III, IV.<br />
Selbst wenn der Konkurs bereits über den Schuldner eröffnet ist, kann der Schuldner<br />
noch einen Nachlassvertrag vorschlagen. Nur erübrigt sich dann ein Bewilligungsverfahren,<br />
da der Konkurs dem Schuldner bereits eine umfassende St<strong>und</strong>ung<br />
verschafft, SchKG 206.<br />
Der Schuldner gelangt mit seinem Vorschlag an die Konkursverwaltung, welche ihn<br />
zuhanden der Zweiten Gläubigerversammlung begutachtet.<br />
16 Prozessleitender Entscheid i.S.v. ZPO 282, da provisorische Massnahme.<br />
17 Erledigungsverfügung, da damit das Konkursverfahren beendet wird; der Betreibungsdruck genommen wird. Entgegen dem Wortlaut ist der<br />
Rekurs auch bei einem Streitwert < CHF 8000 gegeben, siehe Spühler/Vock, Rechtsmittel, S. 44.
54.1.2.. Nachlasst<strong>und</strong>ung<br />
Entspricht der Nachlassrichter dem Gesuch, so gewährt er dem Schuldner die<br />
Nachlasst<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> ernennt einen oder mehrere Sachwalter.<br />
Sachwalter<br />
Der Sachwalter nimmt als Vollstreckungsorgan eine öffentlichrechtliche Stellung ein,<br />
SchKG 295 III; er untersteht der Protokoll- <strong>und</strong> Ausstandspflicht, dem Selbstkontrahierungsverbot,<br />
der Disziplinaraufsicht <strong>und</strong> der Beschwerdemöglichkeit wie auch der<br />
Staatshaftung.<br />
Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages durch das Nachlassgericht hören die<br />
amtlichen Funktionen des Sachverwalters i.a.R. auf, ausser er wird mit dem Vollzug<br />
eines ordentlichen Nachlassvertrages beauftragt, SchKG 314 II oder als Liquidator<br />
eingesetzt bei einem Liquidationsvergleich, SchKG 317 II.<br />
Der Sachwalter führt das Nachlassverfahren während der St<strong>und</strong>ungsphase durch <strong>und</strong><br />
wahrt die Schuldner- <strong>und</strong> Gläubigerinteressen unparteiisch, SchKG 295 II:<br />
• Überwachung der Handlungen des Schuldners, wobei er Sachwalter ein<br />
Weisungsrecht hat, SchKG 298 I Satz 1.<br />
• Vorbereitung <strong>und</strong> Leitung des Zustimmungsverfahrens, insbesondere durch<br />
Feststellung der Aktiven <strong>und</strong> Passiven [Inventarisierung, Schätzung, Schuldenruf,<br />
Zusammenstellung der Eingaben] sowie durch Verhandlungen mit den Gläubigern,<br />
Vorbereiten <strong>und</strong> Durchführen der Gläubigerversammlungen<br />
• Instruktion des Bestätigungsverfahren durch Berichterstattung an das<br />
Nachlassgericht mit der Empfehlung zur Bestätigung oder Verwerfung des<br />
Nachlassvertrages.<br />
• Anzeigepflicht bei unzulässigem oder weisungswidrigem Verhalten des<br />
Schuldners, SchKG 298 III.<br />
• Pflicht zu periodischer Berichterstattung, SchKG 295 II c.<br />
• Zusätzlich kann der Nachlassrichter dem Sachwalter noch besondere Aufgaben<br />
auftragen; sie bestehen v.a. in Geschäftsführungs- <strong>und</strong> Vertretungsbefugnissen.<br />
Der Nachlassrichter setzt die Entschädigung des Sachwalters pauschal fest. Scheitert<br />
die Sanierung <strong>und</strong> kommt es zum Konkurs oder zum Liquidationsvergleich, wir die<br />
Honorarforderung des Sachwalters als Masseverbindlichkeit behandelt, SchKG 310 II.<br />
54.1.3. Wirkungen der St<strong>und</strong>ung<br />
Für die Zeit, die bis zum Zustandekommen des Nachlassvertrages benötigt wird, wird<br />
dem Schuldner St<strong>und</strong>ung gewährt. Ob dabei ein ordentlicher Nachlassvertrag oder ein<br />
Liquidationsvergleich angestrebt wird, ist irrelevant; die Unterschiede werden erst bei<br />
der Durchführung des Nachlasses bedeutsam.<br />
Die Nachlasst<strong>und</strong>ung wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 296. Die St<strong>und</strong>ung wirkt<br />
jedoch nicht erst ab der Publikation, sondern – wie die Konkurseröffnung – unmittelbar<br />
mit dem Bewilligungsentscheid.<br />
Die St<strong>und</strong>ung wird zunächst für 4 bis 6 Monate gewährt; reicht sie nicht aus, kann sie<br />
auf Antrag des Sachwalters auf 12 Monate verlängert werden, SchKG 295 I, IV. Es ist<br />
sogar eine Verlängerung bis auf 24 Monate zulässig; soll sie aber mehr als 12 Monate<br />
dauern, müssen die Gläubiger angehört werden, SchKG 295 IV Satz 2.<br />
Betreibungsverbot<br />
Der Schuldner ist während der St<strong>und</strong>ung vor Vollstreckungshandlungen weitgehend<br />
geschützt; bereits hängige Betreibungen dürfen nicht fortgesetzt <strong>und</strong> neue nicht mehr<br />
eingeleitet werden, SchKG 297 I. Früher vollzogene, bspw. Pfändung, bleiben<br />
bestehen, bis über das Zustandekommen eines Nachlassvertrages entschieden ist.<br />
Davon ausgenommen sind lediglich Betreibungen auf Pfändung für Forderungen der<br />
ersten Klasse [auch für konkursfähige Schuldner], die Betreibung auf<br />
Gr<strong>und</strong>pfandverwertung für gr<strong>und</strong>pfandgesicherte Forderungen [doch bleibt die<br />
Verwertung ausgeschlossen], sowie die Betreibung auf Pfändung für Forderungen, die<br />
im Falle eines nachfolgenden Konkurses oder eines Liquidationsvergleiches<br />
Masseverbindlichkeiten wären.<br />
Möglich sind auch der Arrest <strong>und</strong> andere unaufschiebbare Sicherungsmassnahmen.<br />
Hemmung des Fristenlaufs [SchKG 297 I Satz 2]<br />
Zinsen <strong>und</strong> Fälligkeit<br />
Mit der Bewilligung der St<strong>und</strong>ung werden die vorher entstandenen nicht<br />
pfandgesicherten Forderungen gegenüber dem Schuldner unverzinslich, sofern der<br />
ordentliche Nachlassvertrag nichts anderes bestimmt, SchKG 297 III. Wird die<br />
St<strong>und</strong>ung widerrufen, tritt jedoch die Verzinslichkeit ex tunc ein.<br />
Auf die Fälligkeit hat die Nachlasst<strong>und</strong>ung keinen Einfluss, sie verfallen normal. Nur<br />
wenn ein Liquidationsvergleich zustande kommt, werden sämtliche<br />
Nachlassforderungen wie im Konkurs fällig.
54.1.4. Widerruf der St<strong>und</strong>ung<br />
Verrechnung<br />
Für die Verrechenbarkeit einer Nachlassforderung mit einer Forderung gegen den<br />
Gläubiger gelten während der St<strong>und</strong>ung die konkursrechtlichen Regeln; nur tritt als<br />
Stichtag die Bekanntmachung der St<strong>und</strong>ung, SchKG 297 IV.<br />
Verfügungsrecht <strong>und</strong> Geschäftsführung<br />
Das Verfügungsrecht des Schuldners über sein Vermögen ist während der St<strong>und</strong>ung<br />
eingeschränkt, nicht aber – wie im Konkurs – völlig aufgehoben. Das gilt auch, wenn<br />
von Anfang an der Liquidationsvergleich angestrebt wird. Dem Schuldner werden nur<br />
bestimmte Rechtshandlungen verboten, im Übrigen darf er – allerdings vom Sachwalter<br />
überwacht, der ihm Weisungen erteilen kann – frei verfügen; SchKG 298 <strong>und</strong> 295 II.<br />
Der Schuldner soll sein Geschäft unter Aufsicht des Sachwalters selber weiterführen,<br />
SchKG 298 I. Er darf die dadurch bedingten, insbesondere die geschäftsüblichen<br />
Verträge selber abschliessen <strong>und</strong> erfüllen, SchKG 298 I Satz 1.<br />
Gesetzlich verboten sind dem Schuldner wie auch dem Sachwalter während der<br />
St<strong>und</strong>ung nur gewisse, an sich abschliessend aufgezählte Rechtshandlungen, SchKG<br />
298 II. Das Verbot gilt jedoch insofern nicht absolut, als dass der Nachlassrichter<br />
ausnahmsweise zur Vornahme solcher Handlungen ermächtigen kann.<br />
Ohne Ermächtigung vorgenommene, gesetzlich verbotene Geschäfte sind nicht<br />
rechtswirksam, d.h. den Nachlassgläubigern gegenüber betreibungsrechtlich<br />
unbeachtlich. Veräusserte Objekte können wie im Konkurs bedingungslos wieder<br />
beigebracht werden. 18<br />
Über das gesetzliche Verfügungsverbot hinaus kann der Nachlassrichter anordnen,<br />
dass gewisse Handlungen nur unter Mitwirkung des Sachwalters vorgenommen<br />
werden dürfen oder er kann den Sachwalter sogar ermächtigen, die Geschäftsführung<br />
anstelle des Schuldners ganz zu übernehmen, SchKG 298 I Satz 2. Dann ist dem<br />
Schuldner entweder nur selbständiges oder schliesslich jegliches Handeln verboten.<br />
Hält er sich nicht daran, erfolgt ebenfalls umfassende betreibungsrechtliche<br />
Ungültigkeit.<br />
Der Sachwalter kann im Rahmen seiner Weisungsbefugnisse aber auch von sich aus<br />
Rechtshandlungen verbieten. Widerhandlungen dagegen haben aber weder eine zivil-<br />
noch eine betreibungsrechtliche Ungültigkeit zur Folge; einzige Rechtsfolge wäre, dass<br />
die Verbindlichkeiten daraus keine Masseverbindlichkeiten, sondern nur gewöhnliche<br />
Nachlassforderungen begründen, SchKG 310 II e.c.<br />
Verpflichtungen, die der Schuldner bzw. der Sachwalter während der St<strong>und</strong>ung im<br />
Rahmen der ihnen zustehenden Verfügungs- bzw. Vertretungsbefugnis eingehen,<br />
werden nach Abschluss eines Liquidationsvergleiches oder in einem späteren Konkurs<br />
als Masseverbindlichkeiten anerkannt, SchKG 310 II. Weil Masseforderungen nicht<br />
unter den Nachlassvertrag fallen, dürfen sie vorab <strong>und</strong> voll bezahlt werden.<br />
Der Sachwalter hat Verstösse des Schuldners gegen das gesetzliche Verbot, gegen<br />
Anordnungen des Nachlassrichters oder gegen die eigenen Weisungen dem<br />
Nachlassgericht anzuzeigen. Dieses kann - nach Anhörung der Gläubiger <strong>und</strong> des<br />
Schuldners – dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen ganz<br />
entziehen oder sogar die St<strong>und</strong>ung widerrufen, SchKG 298 III.<br />
Der Widerruf durch das Nachlassgericht kann erfolgen, wenn der Schuldner gegen<br />
Anordnungen des Sachwalters gehandelt hat, SchKG 298 III, sofern es zur Erhaltung<br />
des Vermögens erforderlich ist oder wenn der Nachlassvertrag offensichtlich nicht<br />
zustande kommen wird. Davor müssen aber jeweils die Gläubiger <strong>und</strong> der Schuldner<br />
angehört werden, SchKG 295 V.<br />
18 Verpflichtungsgeschäfte berechtigen den Gläubiger weder zu einer Nachlassdividende noch werden sie im Falle eines nachfolgenden Konkurses<br />
oder Liquidationsvergleichs überhaupt kolloziert. Es ist daher eine umfassende betreibungsrechtliche Ungültigkeit.
54.2. Das Zustimmungsverfahren<br />
Erst in diesem Stadium des Nachlassverfahrens erhalten die Gläubiger Gelegenheit,<br />
zum Vergleichsangebot des Schuldners förmlich Stellung zu nehmen.<br />
Unmittelbart nach seiner Ernennung trifft der Sachwalter die für die Durchführung des<br />
Zustimmungsverfahrens erforderlichen Vorbereitungen:<br />
Inventar<br />
Es erfolgt ein Inventar des gesamten Schuldnervermögens, er schätzt den Vermögenswert<br />
der einzelnen Bestandteile, SchKG 299, scheidet Kompetenzgut aus <strong>und</strong> merkt<br />
Drittansprüche vor.<br />
Bedeutsam ist v.a. die Schätzung der Pfandgegenstände, SchKG 299 II <strong>und</strong> III.<br />
Pfandgesicherte Forderungen fallen nämlich nicht unter den Nachlassvertrag,<br />
weshalb sie bei der Ermittlung der zustimmenden Summemmehrheit nur in dem nach<br />
der Schätzung ungedeckten Betrag mitzählen, SchKG 305 II, 310 I, Satz 2.<br />
Auch ausländisches Vermögen ist in das Inventar aufzunehmen, obwohl im<br />
Nachlassverfahren zwischenstaatlich das Territorialitätsprinzip gilt.<br />
Schuldenruf<br />
Durch öffentliche Bekanntmachung werden die Gläubiger aufgefordert, ihre<br />
Forderungen binnen 20 Tagen einzugeben, ansonsten sie nicht stimmberechtigt sind,<br />
SchKG 300 I. Aus den Geschäftsbüchern des Schuldners ersichtliche Forderungen<br />
gelten als angemeldet, SchKG 321.<br />
Es wird für jede angemeldete Forderung die Erklärung des Schuldners darüber<br />
eingeholt, ob er sie anerkenne oder nicht, SchKG 300 II.<br />
Bestreitet der Schuldner die Forderung; muss zunächst das Nachlassgericht entscheiden,<br />
inwieweit eine bestrittene Forderung stimmrechtsmässig zu berücksichtigen ist, SchKG 305; <strong>und</strong><br />
setzt bei Bestätigung eines ordentlichen Vertrages dem Gläubiger eine Frist von 20 Tagen zur<br />
gerichtlichen Geltendmachung seiner Forderung, SchKG 315.<br />
Einberufung der Gläubigerversammlung<br />
Sobald ein spruchreifer Entwurf eines Nachlassvertrages vorliegt, lädt der Sachwalter<br />
die Gläubiger durch öffentliche Bekanntmachung zur ersten Gläubigerversammlung<br />
ein; die Bekanntmachung muss mindestens einen Monat zuvor erfolgen, SchKG 301 I.<br />
Gläubigerversammlung<br />
Die Gläubigerversammlung im Nachlassverfahren hat eine andere Bedeutung <strong>und</strong><br />
Rechtsstellung als im Konkurs; die Versammlung bildet kein eigentliches<br />
Vollstreckungsorgan. Sie kann namentlich keinerlei Beschlüsse fassen, weshalb ihre<br />
Tätigkeit auch nicht der Beschwerde ausgesetzt ist.<br />
Sie stellt vielmehr eine blosse Zusammenkunft der Gläubiger dar; sie dient einzig dem<br />
Zweck der Meinungsbildung im Hinblick auf die später zu erfolgende individuelle<br />
Stellungnahme der Gläubiger zum Vorschlag des Schuldners.<br />
Der Sachwalter erstattet zunächst Bericht über die Vermögens-, Ertrags- <strong>und</strong><br />
Einkommenslage des Schuldners, SchKG 302 I. Dieser hat persönlich zu erscheinen,<br />
um ggf. weitere Aufschlüsse zu geben, SchKG 302 II.<br />
Der Nachlassvertrag gilt als angenommen, wenn bis zum Bestätigungsentscheid das<br />
Quorum von SchKG 305 I erfüllt ist.<br />
Wieweit bestrittene Forderungen oder bedingte Forderungen stimmrechtlich zu<br />
behandeln sind, bestimmt das Nachlassgericht beim ordentlichen Nachlassvertrag,<br />
SchKG 305 III; beim Liquidationsvergleich erfolgt die Bereinigung im<br />
Kollokationsverfahren.<br />
Die Genehmigung durch den einzelnen Gläubiger hat ausdrücklich <strong>und</strong> mit Unterschrift<br />
zu erfolgen, konkludente Zustimmung ist ausgeschlossen. Sie kann bis zum<br />
Bestätigungsentscheid erfolgen, SchKG 305 I. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die<br />
Zustimmung aber auch wieder zurückgezogen werden.<br />
Verfahren im Konkurs<br />
In einem hängigen Konkurs (kein Bewilligungsverfahren notwendig, weil der Konkurs<br />
genügend St<strong>und</strong>ungswirkung äussert) beschränkt sich das ganze<br />
Zustimmungsverfahren auf den Bericht der Konkursverwaltung über den vom<br />
Schuldner unterbreiteten Nachlassvertragsentwurf an die Zweite<br />
Gläubigerversammlung <strong>und</strong> auf die Stellungnahme der einzelnen Gläubiger dazu,<br />
SchKG 332 I <strong>und</strong> II.<br />
Inventar, Schuldenruf <strong>und</strong> Erklärungen des Schuldners zu den Forderungseingaben<br />
sind in diesem Stadium des Konkursverfahrens schon vorhanden. Sachwalter ist dann<br />
ja die Konkursverwaltung, SchKG 332 II.
54.3. Das Bestätigungsverfahren<br />
Im Bestätigungsverfahren überprüft das Nachlassgericht den von den Gläubigern<br />
mehrheitlich angenommenen Nachlassvertrag <strong>und</strong> erklärt ihn durch Entscheid für alle<br />
Gläubiger verbindlich oder verwirft ihn. Der Vergleich [St<strong>und</strong>ungsvergleich,<br />
Dividendenvergleich] wird damit zu einem Zwangsvergleich; der Nachlassvertrag zu<br />
einem gerichtlichen Nachlassvertrag.<br />
Eingeleitet wird es dadurch, dass der Sachwalter vor Ablauf der St<strong>und</strong>ung alle Akten<br />
mit seinem Bericht dem Nachlassgericht unterbreitet, SchKG 304 I. Das Nachlassgericht<br />
macht hierauf den Verhandlungstermin öffentlich bekannt, lädt die Gläubiger<br />
<strong>und</strong> den Schuldner ein <strong>und</strong> teilt den Gläubigern mit, dass sie Einwendungen gegen den<br />
Nachlassvertrag in der Verhandlung vorbringen können, SchKG 304 III.<br />
Das Gericht entscheidet am Termin selbst, es gilt die Untersuchungsmaxime, SchKG<br />
304 II.<br />
Der Sachentscheid lautet entweder auf Bestätigung oder Verwerfung des<br />
Nachlassvertrages. Das Nachlassgericht ist nicht an die Genehmigung der Gläubiger<br />
geb<strong>und</strong>en; deren Genehmigung ist jedoch erste Voraussetzung für einen gerichtlichen<br />
Nachlassvertrag.<br />
Überweist der Sachwalter die Akten <strong>und</strong> sein Gutachten erst nach Ablauf der St<strong>und</strong>ungsfrist, ist<br />
das Nachlassverfahren bereits erfolglos ausgelaufen, der Entscheid lautet auf Nichteintreten.<br />
Materiell müssen die Voraussetzungen von SchKG 306 II erfüllt sein.<br />
• SchKG 306 II Ziff. 1; das Angebot des Schuldners soll genügend sein; d.h. vom<br />
Schuldner wird ein zumutbares Optimum erwartet.<br />
• SchKG 306 II Ziff. 1 bis ; Spezialvorschrift für den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung;<br />
Nachlassdividende > Konkursdividende; massgebend ist die Dividende<br />
der Konkursforderungen; die privilegierten müssen ohnehin befriedigt werden.<br />
• SchKG 306 II Ziff. 2, der Vollzug des Nachlassvertrages (Dividende,<br />
Kostenliquidation) <strong>und</strong> die vollständige Befriedigung der angemeldeten<br />
privilegierten Forderungen sowie die Erfüllung der Masseverbindlichkeiten müssen<br />
sichergestellt sein.<br />
Dieses Kriterium muss nur beim ordentlichen Nachlassvertrag erfüllt sein.<br />
Das Nachlassgericht darf einzelne Bestimmungen des Nachlassvertrages abändern<br />
oder aufheben oder den Vertrag sogar ergänzen, SchKG 306 III.<br />
Der Entscheid kann binnen 10 Tagen nach seiner Eröffnung an dieses weitergezogen<br />
werden, SchKG 307.<br />
Legitimiert ist gegen einen Verwerfungsentscheid der Schuldner sowie jeder Gläubiger,<br />
der dem Nachlassvertrag zugestimmt hat;<br />
Gegen einen Bestätigungsentscheid ebenfalls der Schuldner <strong>und</strong> jeder Gläubiger, der<br />
dem Nachlassvertrag nicht zugestimmt hat, ein zustimmender Gläubiger kann nur<br />
anfechten, wenn das Nachlassgericht ihm durch Abänderung i.S.v. SchKG 306 III<br />
nachträglich weitere [negative] Pflichten auferlegt hat.<br />
Entscheid durch SchKG 25 II a, GVG 23 I, ZPO 213 Ziff. 15: ER im sV<br />
Rechtsmittel: Rekurs, kt. Nichtigkeitsbeschwerde, staatsrechtliche Beschwerde<br />
Der rechtskräftige Entscheid wird öffentlich bekannt gemacht, SchKG 308 I.<br />
Der gerichtliche Entscheid – positiv oder negativ - schliesst das Nachlassverfahren ab.<br />
Die St<strong>und</strong>ung verliert mit der Publikation des Entscheides ohne weiteres jede Wirkung,<br />
SchKG 308 II.<br />
Der Verwerfungsentscheid gestattet allen Gläubigern, ihre Forderungen wieder auf dem<br />
Wege der Zwangsvollstreckung geltend zu machen; sei es durch Fortsetzung einer<br />
bereits eingeleiteten oder durch Anhebung einer neuen. Wie ein St<strong>und</strong>ungswiderruf<br />
wirkt der Verwerfungsentscheid zudem als materieller Konkursgr<strong>und</strong>, SchKG 309 i.V.m.<br />
SchKG 190 I Ziff. 3.<br />
Mit einem rechtskräftigen Bestätigungsentscheid erwächst auch der Nachlassvertrag<br />
selbst in Rechtskraft; seiner Durchführung <strong>und</strong> Erfüllung steht nichts mehr im Weg,<br />
sofern das Nachlassgericht ihn nachher nicht wieder teilweise aufhebt oder ganz<br />
widerruft.<br />
Zudem bewirkt die Bestätigung; dass alle hängigen Betreibungen <strong>und</strong> Arreste, die<br />
wegen der St<strong>und</strong>ung nicht weiterverfolgt werden können, dahinfallen [Ausnahme:<br />
Pfandverwertungsbetreibungen, SchKG 311; ein hängiger Konkurs, in dessen Verlauf<br />
der Nachlassvertrag zustandekam, ist auf Antrag der Konkursverwaltung vom<br />
Konkursgericht zu widerrufen, SchKG 332 III <strong>und</strong> 195 I; der Schuldner kann zudem für<br />
alle nicht dem Nachlassvertrag unterworfenen Verbindlichkeiten wieder voll betrieben<br />
werden.
§ 55 Durchführung des Nachlassvertrages<br />
55.1. Allgemein<br />
Der rechtskräftige Nachlassvertrag muss noch vollzogen werden. Art <strong>und</strong> Weise dieser<br />
Durchführung bestimmt sich nach dem materiellen Inhalt des Nachlasses.<br />
Den materiellen Inhalt des Nachlasses bestimmt der „Vertrag“; der bestimmt, ob dem<br />
Nachlasschuldner St<strong>und</strong>ung oder Erlass gewährt wird sowie – beim<br />
Liquidationsvergleich – den Umfang der Vermögensabtretung, SchKG 314 I bzw. 317 f.<br />
Die Auswirkungen dieses materiellen Nachlasses umschreibt hingegen das Gesetz.<br />
Der Schuldner braucht somit die Nachlassgläubiger nur noch in dem Masse<br />
(Dividende), zu der Zeit (St<strong>und</strong>ung) <strong>und</strong> auf die Art (Zahlung oder<br />
Vermögensabtretung) zu befriedigen, wie es der Nachlassvertrag festhält. Hält er sich<br />
daran, sind die Schulden entsprechend getilgt. Im Nachlassverfahren werden daher<br />
auch keine Verlustscheine ausgestellt.<br />
Kommt es aber zur Nicht- oder Schlechterfüllung des Nachlassvertrages, kommt<br />
dessen Aufhebung oder dessen Widerruf in Frage, SchKG 313, 316.<br />
55.2. Auswirkungen des Nachlassvertrages im Allgemeinen<br />
Ein gerichtlicher Nachlassvertrag ist für sämtliche Nachlassgläubiger verbindlich,<br />
ungeachtet dessen, ob der einzelne zugestimmt hat oder am Verfahren überhaupt<br />
teilgenommen hat, auch säumige Gläubiger oder solche, die ihre Forderung gar nicht<br />
angemeldet haben, sind ihm unterworfen , SchKG 310 I.<br />
Nur beim Liquidationsvergleich geht das Teilnahmerecht mit der Liquidation unter.<br />
Die Allgemeinverbindlichkeit wird bekräftigt durch das Verbot von Nebenversprechen,<br />
SchKG 312. Als Nachlassgläubiger gelten:<br />
• Alle Gläubiger, deren Forderungen vor Bekanntmachung der St<strong>und</strong>ung entstanden<br />
sind<br />
• Die Gläubiger, deren Forderung seither ohne Zustimmung des Sachwalters<br />
entstanden sind, d.h. Forderungen, die der Schuldner gegen die Weisungen des<br />
Sachwalters begründet hat [diejenigen gegen das gesetzliche Verbot bzw. das<br />
richterliche Mitwirkungsgebot sind nichtig, SchKG 298 I <strong>und</strong> II]<br />
• Pfandgläubiger für den durch das Pfand nicht gedeckten Forderungsbetrag<br />
• Gläubiger privilegierter Forderungen, sofern sie auf ihr Sicherstellungsrecht<br />
verzichtet haben oder ihre Forderung gar nicht angemeldet haben<br />
Dem Nachlassvertrag von vornherein nicht unterworfen – <strong>und</strong> demzufolge in diesem<br />
Umfange auch keine Nachlassgläubiger - sind<br />
• Pfandgläubiger, soweit ihre Forderungen durch das Pfand gedeckt sind, sie<br />
behalten ihr Einzelverfolgungsrecht <strong>und</strong> können nach Ablauf der Nachlasst<strong>und</strong>ung<br />
ohne weiteres zur Pfandverwertung schreiten.<br />
• Gläubiger konkursrechtlich privilegierter Forderungen, sofern sie ihre Forderungen<br />
angemeldet haben <strong>und</strong> auf ihr Sicherstellungsrecht nicht verzichtet haben<br />
• Gläubiger von Masseforderungen; auch ihre vollständige Erfüllung muss daher<br />
sichergestellt sein, sofern sie nicht ausdrücklich darauf verzichten.<br />
Ein Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger kann vom Nachlassvertrag dennoch betroffen sein, wenn<br />
nämlich der Nachlassrichter dem Schuldner im Bestätigungsentscheid eine sog.<br />
Pfandst<strong>und</strong>ung gewährt. Er kann nämlich die Verwertung eines Gr<strong>und</strong>pfandes unter<br />
bestimmten Voraussetzungen auf höchstens ein Jahr nach Bestätigung des Nachlassvertrages<br />
einstellen, SchKG 306a.<br />
Auch die vom Schuldner bestrittenen Nachlassforderungen unterliegen dem Vertrag.<br />
Beim ordentlichen Nachlassvertrag hat der Schuldner auf Anordnung des<br />
Nachlassrichters die auf bestrittene Forderungen entfallenden Beträge bei der<br />
Depositenanstalt zu hinterlegen. Den betreffenden Gläubigern wird im<br />
Bestätigungsentscheid eine 20-tägige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der<br />
Forderung angesetzt, SchKG 315.<br />
Dies ist eine materiellrechtliche Anerkennungsklage; je nach Forderungsgr<strong>und</strong> BezG,<br />
MietG, ArbeitsG, ER <strong>und</strong> dementsprechend auch die Rechtsmittel.<br />
Beim Liquidationsvergleich hingegen werden bestrittene Nachlassforderungen im<br />
Kollokationsplan behandelt.<br />
Mitverpflichtete des Schuldners [Mitschuldner, Garanten, Bürgen, Gewährspflichtige]<br />
werden gegenüber den zustimmenden Nachlassgläubigern im Ausmasse des<br />
Nachlasses gr<strong>und</strong>sätzlich ebenfalls frei, können also nicht mehr für den vollen<br />
Forderungsbetrag belangt werden.<br />
Nur der nichtzustimmende Gläubiger verliert seine Rechte gegen sie nicht, diese<br />
erlöschen nur insoweit, als er durch den Nachlassvertrag befriedigt wird, SchKG 303 I.<br />
Für ihn besteht aber die Möglichkeit von SchKG 303 III.
55.3. Durchführung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung [Liquidationsvergleich]<br />
Der Liquidationsvergleich bezweckt, das abgetretene Schuldnervermögen (Aktiven <strong>und</strong><br />
Passiven) zwecks Gläubigerbefriedigung zu liquidieren. Dazu stellt der Schuldner sein<br />
Vermögen oder einen Teil dazu zur Verfügung. [Abtretung].<br />
• Entweder räumt der Schuldner den Gläubigern das Verfügungsrecht über seine<br />
Aktiven ein <strong>und</strong> überlässt ihnen die Verwertung derselben. [Klassische Form, eigtl.<br />
eine mildere Form des Konkurses].<br />
Um diese Verselbständigung auch nach aussen zum Ausdruck zu bringen, erhält<br />
die Firma im HR den Zusatz „in Nachlassliquidation“; als solche kann sie vertreten<br />
durch die Liquidatoren klagen <strong>und</strong> betreiben bzw. beklagt <strong>und</strong> betrieben werden.<br />
Mit Eintritt der Rechtskraft des Nachlassvertrages geht das Verfügungsrecht von<br />
Gesetzes wegen auf die Nachlassgläubiger über, SchKG 319 I. Erst die<br />
nachfolgende Verwertung bewirkt dann den materiellen Rechtsübergang auf den<br />
Erwerber.<br />
• Der Nachlassvertrag kann aber auch bestimmen, dass das Aktivvermögen ganz<br />
oder teilweise einem vertraglich bestimmten Dritten abgetreten wird, SchKG 317 I.<br />
Dann wird der vom Dritten bezahlte Preis unter die Gläubiger verteilt.<br />
Der Schuldner befreit sich durch beide Arten der Vermögensabtretung von seiner<br />
Schuldpflicht; es bleibt keine Restschuld zurück – abweichende Vertragsbestimmungen<br />
vorbehalten.<br />
Liquidiert wird durch einen oder mehrere Liquidatoren; die der Aufsicht des<br />
Gläubigerausschusses unterstehen, SchKG 320 I. Gegen Verfügungen der<br />
Liquidatoren über die Verwertung von Aktiven [nicht aber über andere Anordnungen]<br />
steht die Einsprache an den Gläubigerausschuss offen, SchKG 320 I. Als Liquidator<br />
kann auch der frühere Sachwalter eingesetzt werden, SchKG 317 III.<br />
Die Aufgaben des Liquidatoren sind mit derjenigen der Konkursverwaltung<br />
vergleichbar, er hat alle zur Erhaltung, Verwaltung <strong>und</strong> Verwertung der Nachlassmasse<br />
sowie zur allfälligen Übertragung des abgetretenen Vermögens gehörenden Geschäfte<br />
zu besorgen; dabei vertritt er die Masse auch vor Gericht, SchKG 319 III <strong>und</strong> IV.<br />
Bezüglich den Handlungen des Liquidators besteht Staatshaftung, SchKG 5; bezüglich der<br />
Handlungen des Gläubigerausschusses nur persönliche Haftung nach OR 41.<br />
Der Liquidationsvergleich wird im wesentlichen gleich wie ein Konkurs abgewickelt.<br />
Zunächst bestimmt der Nachlassvertrag die Art <strong>und</strong> Weise der Liquidation [Verwertung<br />
<strong>und</strong> Verteilung], für Besonderheiten gilt SchKG 318 I Ziff. 3. Wesentlich ist, dass der<br />
Gr<strong>und</strong>satz der Gleichbehandlung der Gläubiger gewahrt bleibt:<br />
Bereinigung der Aktiven<br />
Ist die Rechtszugehörigkeit eines in der Nachlassmasse befindlichen oder von dieser<br />
beanspruchten Vermögenswertes umstritten, muss zuerst die erforderliche Aussonderungs-<br />
oder Admassierungsklage durchgeführt werden, SchKG 319 IV Satz 2.<br />
Kollokation der Gläubiger<br />
Auf Gr<strong>und</strong> der Geschäftsbücher des Schuldners sowie der Eingaben der Gläubiger im<br />
vorangegangenen Nachlasst<strong>und</strong>ungs- oder Konkursverfahren wird von den Liquidatoren<br />
ohne nochmaligen Schuldenruf ein Kollokationsplan erstellt mit gleicher Rechtswirkung wie<br />
im Konkurs, SchKG 321. Masseverbindlichkeiten gehören nicht hinein, sie sind vorweg zu<br />
bezahlen.<br />
Paulianische Anfechtung<br />
Zu den Aufgaben des Liquidators gehört es auch zu prüfen, ob der Schuldner vor der<br />
Bestätigung des Nachlassvertrages anfechtbare Rechtshandlungen i.S.v. SchKG 285 ff.<br />
vorgenommen hat.<br />
Beim ordentlichen Nachlassvertrag besteht mangels einer verselbständigten Liquidationsmasse<br />
keine Anfechtungsmöglichkeit.<br />
Verwertung<br />
Die Liquidatoren können im Einverständnis mit dem Gläubigerausschuss die Art <strong>und</strong> den<br />
Zeitpunkt der Verwertung weitgehend frei bestimmen, SchKG 322. Obwohl Pfandforderungen<br />
nicht unter den Nachlassvertrag fallen, können die Pfänder u.U. doch auch im Rahmen des<br />
Liquidationsvergleiches verwertet werden.<br />
• Gr<strong>und</strong>pfänder kann der Liquidator verwerten, solange der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger keine<br />
eigene Betreibung auf Pfandverwertung einleitet; SchKG 323. Dabei gilt, dass sich das<br />
Pfandrecht auch ohne weiteres auf die Miet- <strong>und</strong> Pachtzinse erstreckt, die seit der<br />
Bestätigung des Nachlassvertrages angefallen sind, ZGB 806.<br />
• Bei einer bereits laufenden selbständigen Betreibung des Gr<strong>und</strong>pfandgläubigers<br />
verwertet hingegen das zuständige BA, der Gr<strong>und</strong>pfandgläubiger wird bei der<br />
Abwicklung des Liquidationsvergleiches nur noch mit dem geschätzten oder bereits<br />
feststehenden Pfandausfall in der 3. Klasse kolloziert, SchKG 327.<br />
Nicht bezogene Dividendenbeträge werden bei der Depositenanstalt hinterlegt <strong>und</strong><br />
nach 10 Jahren verteilt, SchKG 329 <strong>und</strong> 269.
§ 56 Aufhebung <strong>und</strong> Widerruf des Nachlassvertrages<br />
§ 57 Alternativen zum Nachlassvertrag<br />
Aufhebung <strong>und</strong> Widerruf des Nachlassvertrages, SchKG 313, 316, sind zwei<br />
Massnahmen, um die Wirkungen nachträglich wieder rückgängig zu machen:<br />
• Die Aufhebung betrifft nur das Verhältnis eines einzelnen Gläubigers zum<br />
Nachlasschuldner; es handelt sich bloss um eine individuelle Massnahme, SchKG<br />
316.<br />
• Der Widerruf hingegen bringt den Nachlassvertrag als Ganzes zu Fall; er bedeutet<br />
eine kollektive Massnahme, SchKG 313.<br />
Beide Massnahmen können nur vom Nachlassgericht, welches den Vertrag<br />
ursprünglich bestätigt hatte <strong>und</strong> nur auf Gesuch eines betroffenen Gläubigers hin<br />
verfügt werden. Auf das Verfahren sind die Vorschriften über das<br />
Bestätigungsverfahren analog anwendbar, SchKG 313 II <strong>und</strong> 316 II.<br />
Aufhebung des Nachlassvertrages<br />
Die Aufhebung kommt nur beim ordentlichen Nachlassvertrag in Frage; nicht aber bei<br />
einem Liquidationsvergleich, weil hier das Vermögen des Schuldners mit der<br />
Bestätigung des Nachlassvertrages in die Liquidationsmasse fällt, womit der<br />
Nachlassvertrag seitens des Schuldners erfüllt ist.<br />
Die Aufhebung verlangen kann jeder Gläubiger, dem gegenüber die Bedingungen des<br />
Vertrages nicht erfüllt werden, SchKG 316 I. [Bei Verzug soll aber eine Mahnung <strong>und</strong><br />
eine kurze Nachfrist erfolgen].<br />
Widerruf des Nachlassvertrages<br />
Gr<strong>und</strong> zum Widerruf des ganzen Nachlassvertrages [ordentlicher wie auch Liq-<br />
Vergleich] ist nicht pflichtwidriges Verhalten des Schuldners nach seiner Bestätigung,<br />
sondern der Umstand, dass der schon auf unredliche Weise zustandegekommen ist,<br />
SchKG 313.<br />
Begünstigung der Gläubiger durch den Schuldner, bspw. durch unerlaubte Nebenversprechen,<br />
Verheimlichung von Vermögenswerten, Täuschung der Gläubiger, Stimmenkauf, Erschleichung<br />
eines gerichtlichen Nachlassvertrages.<br />
Jedes Treu <strong>und</strong> Glauben verletzende Verhalten, durch welches der Schuldner auf<br />
das Zustandekommen des Nachlassvertrages hingewirkt hat, bildet einen<br />
Widerrufsgr<strong>und</strong>. Es muss sich aber um einen Sachverhalt handeln, der erst nach der<br />
Bestätigung des Vertrages zutage getreten ist [wahrgenommen wurde]. 19<br />
Der Widerruf wirkt sich auf alle Gläubiger aus, er beseitigt sämtliche durch den<br />
Nachlassvertrag begründeten Rechte <strong>und</strong> Pflichten. Alle Nachlassgläubiger können die<br />
Schuldner wieder betreiben, wie wenn der Nachlassvertrag gar nicht bestätigt worden<br />
wäre. Der Widerruf wird öffentlich bekannt gemacht; ausserdem bildet er wie der<br />
Widerruf der Nachlasst<strong>und</strong>ung oder ein Verwerfungsentscheid, SchKG 295 V, einen<br />
materiellen Konkursgr<strong>und</strong>, SchKG 313 II.<br />
Einvernehmliche private Schuldenbereinigung, SchKG 333<br />
Sie steht nur einem nicht der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner zur<br />
Verfügung. Der Schuldner muss mit einem Gesuch, in dem er seine finanzielle Lage<br />
darzulegen hat, an den Nachlassrichter wenden, der im summarischen Verfahren<br />
darüber entscheidet, SchKG 33 <strong>und</strong> 25 Ziff. 2 a.<br />
Erscheint die Schuldenbereinigung nicht ausgeschlossen <strong>und</strong> sind die Kosten<br />
sichergestellt, gewährt der Richter ihm eine St<strong>und</strong>ung von höchstens 3 Monaten <strong>und</strong><br />
ernennt einen Sachwalter.<br />
Die vorausgesetzte Aussicht auf Schuldenbereinigung darf angenommen werden,<br />
wenn der Schuldner über genügend eigene Mittel verfügt, das er zur Abtragung seiner<br />
Altlasten einsetzen kann. Es ist jedoch nicht erforderlich – ebenso wenig wie beim<br />
Verwertungsaufschub – dass Aussicht auf vollständige Tilgung der Forderungen<br />
besteht.<br />
Der Entscheid des Nachlassrichters wird den Gläubigern mitgeteilt, für die<br />
Weiterziehung gelten die Bestimmungen des ordentlichen Nachlassverfahrens, SchKG<br />
334 IV, 294 III <strong>und</strong> IV.<br />
Die St<strong>und</strong>ung soll Gewähr bieten, dass der Schuldner in Ruhe – ohne Betreibungsdruck<br />
– mit seinen Gläubigern zu einem Einvernehmen kommen kann. Nur die familienrechtlichen<br />
Unterhalts- <strong>und</strong> Unterstützungsbeiträge sind betreibbar, SchKG 334 IIII.<br />
Die Verfügungsbefugnis des Schuldners ist während der St<strong>und</strong>ung in keiner Weise<br />
eingeschränkt; der Sachwalter ist blosser Berater; anders als in der ordentlichen<br />
Nachlasst<strong>und</strong>ung, SchKG 298, kein autoritärer Begleiter des Schuldners.<br />
Als aussergerichtlicher Vergleich wirkt sich die private Schuldenbereinigung nur auf die<br />
Gläubiger aus, die zustimmen.<br />
19 Ansonsten kann von einer stillschweigenden Genehmigung ausgegangen werden, bzw. durch eine ausdrückliche mittels der Bestätigung.
§ 58 Notst<strong>und</strong>ung<br />
Konkursaufschub,<br />
Der Konkursaufschub ist kein allgemeines Institut, sondern als Sanierungshilfe für<br />
Kapitalgesellschaften <strong>und</strong> Genossenschaften vorgesehen.<br />
Ob er zu gewähren sei, bestimmt der Konkursrichter, der aufgr<strong>und</strong> einer<br />
Überschuldungsanzeige eigentlich den Konkurs eröffnen müsste; auf Antrag des VR<br />
oder eines Gläubigers – nie aber von Amtes wegen – den Konkurs aufschieben kann,<br />
wenn Aussicht auf Sanierung besteht.<br />
Der Entscheid ist nach SchKG 174 weiterziehbar. [Rekurs, NB, SB]<br />
Sanierungsaussicht besteht, wenn einerseits der Bilanzverlust durch entsprechende<br />
Massnahmen beseitigt <strong>und</strong> die Rentabilität des Unternehmens wiederhergestellt<br />
werden kann <strong>und</strong> wenn zudem eine aussergerichtliche Verständnislösung mit den<br />
Gläubigern möglich erscheint.<br />
Sonst müsste die Sanierung in einem Nachlassverfahren gesucht werden, nur dort<br />
käme letzten Endes ein Zwangsvergleich in Frage.<br />
Entspricht der Richter dem Gesuch, gewährt er einen befristeten Konkursaufschub <strong>und</strong><br />
trifft die zur Erhaltung des Vermögens erforderlichen Massnahmen. Er kann auch einen<br />
Sachwalter einsetzen <strong>und</strong> dem VR die Verfügungsbefugnis entziehen oder dessen<br />
Beschlüsse von der Zustimmung des Sachwalters abhängig machen.<br />
Hauptzweck des Konkursaufschubes ist es, dass ohne den Druck eines laufenden<br />
Zwangsvollstreckungsverfahrens die Möglichkeit einer Sanierung der an sich<br />
konkursreifen Gesellschaft geprüft werden kann. Es steht daher im Ermessen des<br />
Richters, bereits hängige Betreibungen einzustellen.<br />
Kommt diese privatrechtliche Sanierung nicht fristgerecht zustande, bleibt dem<br />
Konkursrichter nichts anderes übrig, als nach SchKG 192 den Konkurs zu eröffnen,<br />
sofern kein Nachlassvertrag beantragt wird bzw. keine Anhaltspunkte für das<br />
Zustandekommen eines Nachlassvertrages bestehen, SchKG 173a.<br />
Die Notst<strong>und</strong>ung bezweckt wie das Nachlassverfahren <strong>und</strong> der Rechtsstillstand eine<br />
Milderung der betreibungsrechtlichen Ordnung. Sie stellt aber eine ausserordentliche<br />
Entlastungsmassnahme dar, die für Notzeiten bereitgehalten wird.<br />
SchKG 337 bis 350 sind nicht unmittelbar anwendbar; durch Beschluss einer Kantonsregierung<br />
<strong>und</strong> konstitutiver Zustimmung des B<strong>und</strong>esrates müssen die Bestimmungen<br />
für anwendbar erklärt werden. Dies soll nur bei ausserordentlichen Ereignissen wie<br />
Krieg, Wirtschaftskrise <strong>und</strong> Naturkatastrophe geschehen.