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Die Württembergische Uhrenfabrik in Schwenningen ... - Kontrolluhren

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<strong>Die</strong> <strong>Württembergische</strong><br />

<strong>Uhrenfabrik</strong><br />

<strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen und<br />

ihre Erzeugnisse 1<br />

Der nachstehende Beitrag soll die<br />

Entwicklung vom Commissionsbüro<br />

Bürk zum Industriebetrieb <strong>Württembergische</strong><br />

<strong>Uhrenfabrik</strong> e<strong>in</strong>schließlich ihrer Erzeugnisse<br />

aufzeigen. E<strong>in</strong>zelne Themenbereiche,<br />

die bereits anderweitig behandelt<br />

wurden werden nur kurz gestreift, um<br />

Wiederholungen zu vermeiden.<br />

Das Commissionsbüro Bürk<br />

Lange vor Gründung der <strong>Württembergische</strong>n<br />

<strong>Uhrenfabrik</strong> hat sich Johannes Bürk<br />

bereits mit Uhren beschäftigt. In e<strong>in</strong>er Annonce<br />

vom 20.10. 1841 bietet das Commissions-Büro<br />

von J. Bürk <strong>in</strong> der Zeitschrift<br />

„<strong>Die</strong> Biene" Räder, Zeiger und sonstige<br />

Bestandteile für Schwarzwälder Uhren an.<br />

<strong>Die</strong> „Biene" hatte Bürk im selben Jahr gegründet.<br />

Bürk betätigte sich außerdem<br />

gleichzeitig als Grundstücksmakler, Rechtsvertreter<br />

und Geldvermittler. Das Allerweltsbüro<br />

Bürk soll sich mit nicht weniger<br />

als 17 Geschäftsbereichen befasst haben, so<br />

wird berichtet.<br />

Da <strong>in</strong> Bürks Geburtsjahr gerade e<strong>in</strong>mal<br />

sieben Uhrmacher <strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen tätig<br />

waren, diese Zahl um 1840 aber bereits auf<br />

70 angewachsen war, war der Handel mit<br />

Uhren für das Commissionsbüro Bürk e<strong>in</strong>e<br />

Briefkopf des Commissionsbureau Bürk<br />

Werner Schmid<br />

39<br />

naheliegende und erfolgversprechende<br />

E<strong>in</strong>kunftsquelle.<br />

<strong>Die</strong> ersten Nachtwächter-<br />

<strong>Kontrolluhren</strong><br />

Da Bürks Commissionsbüro ke<strong>in</strong>e eigene<br />

Fertigung besaß, suchte sich Bürk zur Herstellung<br />

se<strong>in</strong>er diversen Erf<strong>in</strong>dungen stets<br />

Partner, die er für geeignet hielt, se<strong>in</strong>e<br />

Ideen nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

erfolgreiches Produkt umzusetzen. Es wird<br />

berichtet, dass Bürk für die Herstellung der<br />

von ihm 1855 erfundenen tragbaren Nachtwächter-Kontrolluhr<br />

se<strong>in</strong>en Freund Michael<br />

Vosseler gew<strong>in</strong>nen konnte, zu dem übrigens<br />

auch verwandtschaftliche Beziehungen<br />

bestanden. 2 <strong>Die</strong>s heißt nun allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht, dass Vosseler die komplette Uhr fertigte.<br />

Zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den ersten Jahren beschränkte<br />

sich Vosseler auf das Zusammenbauen,<br />

Justieren und Anpassen der von verschiedenen<br />

Zulieferern stammenden E<strong>in</strong>zelteile.<br />

So kamen die Uhrwerke jahrelang<br />

aus Frankreich und aus der Schweiz, da<br />

Bürk <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong> Unternehmen<br />

fand, das die Werke <strong>in</strong> der von ihm gewünschten<br />

Größe und Qualität liefern<br />

konnte.<br />

Der große Erfolg se<strong>in</strong>er Wächteruhr<br />

ermunterte Bürk zum Bau se<strong>in</strong>es 1858 fertiggestellten<br />

ersten Firmengebäudes. Damit<br />

hatte er Platz zur Aufnahme e<strong>in</strong>er eigenen<br />

Fertigung und zur Erweiterung der Produktpalette<br />

um elektromagnetische Uhren<br />

und um Haustelegraphen. Zur Abrundung


des Programms betrieb Bürk nach wie vor<br />

den „Versand aufgekaufter Waren nach<br />

dem Auslande". Weitere An- und Neubauten<br />

folgten.<br />

Der Generationenwechsel<br />

Für die aufstrebende Firma wurden die<br />

Räumlichkeiten bald zu eng und am 17. Mai<br />

1866 legte Johannes Bürk den Grundste<strong>in</strong><br />

für e<strong>in</strong> neues Fabrikgebäude. Bereits 6 Jahre<br />

später wurde er im Alter von nur 54 Jahren<br />

von dieser Welt abberufen. Se<strong>in</strong> Sohn<br />

Richard übernahm 1872 im Alter von 21<br />

Jahren die Firma und leitete sie über 60<br />

Jahre lang. Richard Bürk stellte die Weichen<br />

für die weitere positive Firmenentwicklung.<br />

Er erkannte die Notwendigkeit, immer<br />

wieder neue Produkte vorzustellen und<br />

diese ständig zu verbessern. So entwickelte<br />

er bereits 1879 e<strong>in</strong>en „Arbeiter-Controlapparat",<br />

zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt, als <strong>in</strong> den damaligen<br />

Fabriken die Erfassung der Arbeitszeiten<br />

allenfalls durch Handaufschrieb oder<br />

mittels Blechmarken erfolgte. Von diesem<br />

Gerät, dem Bürk den Namen „Tourniquet"<br />

gab, ist me<strong>in</strong>es Wissens ke<strong>in</strong> Exemplar<br />

mehr vorhanden, genauso wenig wie von<br />

Bürks Kontrollapparaten mit Fallklappen<br />

und Trommelregistrierung, für die er im<br />

40 Jahre Bürk-Arbeitszeit-Registrierapparate<br />

WERNER SCHMID<br />

40<br />

Jahren 1881 e<strong>in</strong> Patent erhielt. Weitere<br />

Patente kamen 1885 und 1889 h<strong>in</strong>zu. Sehr<br />

erfolgreich war se<strong>in</strong>e Kontrolluhr „Billeteur",<br />

die 1897 patentiert wurde. Bei dieser<br />

Erf<strong>in</strong>dung benutzte Bürk erstmals e<strong>in</strong>e bestempelte<br />

Karte als Datenträger. <strong>Die</strong> Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />

sollten später Hauptumsatzträger<br />

werden.<br />

Tatkräftige Unterstützung erhielt<br />

Richard Bürk durch se<strong>in</strong>en Bruder Hugo,<br />

der den kaufmännischen Bereich von 1885<br />

bis zu se<strong>in</strong>em Tod 1938 leitete. <strong>Die</strong> technische<br />

Leitung g<strong>in</strong>g 1931 an Richards bereits<br />

1904 <strong>in</strong> die Firma e<strong>in</strong>getretenen Sohn<br />

Hermann über. Nach Hermann Bürks Tod<br />

wurde 1972 se<strong>in</strong> Neffe Manfred Bürk alle<strong>in</strong>iger<br />

Geschäftsführer. Auch andere Familienmitglieder<br />

waren langjährig <strong>in</strong> der Firma<br />

tätig.<br />

Produktvielfalt<br />

Im Lauf der Jahre hat sich nicht nur die<br />

Firma rasant vergrößert, sondern es wurde<br />

auch die Produktpalette erheblich erweitert.<br />

E<strong>in</strong>drucksvolle Zeugen für diese Entwicklung<br />

s<strong>in</strong>d Firmenprospekte, Ausstellungskataloge<br />

sowie Berichte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Fachzeitschriften.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse se<strong>in</strong>er ständigen Neuentwicklungen<br />

ließ sich Richard Bürk durch<br />

Patente und Gebrauchsmuster schützen. So<br />

entstanden immer wieder neue Erzeugnisse.<br />

Schon Johannes Bürk lieferte außer<br />

den Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong> verschiedene<br />

Stand- und Wanduhren, Haustelegraphen,<br />

Induktionsapparate, Wassermesser,<br />

Hub- und Rotationszähler, Siegel- und<br />

Stempelpressen sowie diverse Uhrenteile.<br />

Unter der Leitung von Richard Bürk kamen<br />

noch Schrittzähler, Brennstundenzähler,<br />

Additionsapparate, Induktionsapparate,<br />

Fahrten-Kontroll-Apparate, Taubenuhren,<br />

Turmuhren und so manches andere dazu.<br />

<strong>Die</strong>se Produkte trugen jedoch nie entscheidend<br />

zum Firmenergebnis bei und ihre<br />

Fertigung wurde oft nach e<strong>in</strong>igen Jahren<br />

wieder e<strong>in</strong>gestellt. So fand zwischen 1918


DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />

und 1935 e<strong>in</strong>e starke Produktbere<strong>in</strong>igung<br />

statt.<br />

Zunächst wurden Wasserzähler und<br />

Tachografen, später alle Zähler sowie technische<br />

Uhr- und Laufwerke aus dem Fertigungsprogramm<br />

genommen. <strong>Die</strong> drei umsatzstärksten<br />

Bereiche blieben die Nachtwächter-<br />

<strong>Kontrolluhren</strong> (Wäku), die Anwesenheits-<br />

<strong>Kontrolluhren</strong> e<strong>in</strong>schließlich der Zeitstempler<br />

und Zeitrechner für den Fertigungsbereich<br />

(Aka) sowie die etwas später h<strong>in</strong>zugekommenen<br />

elektrischen Uhrenanlagen (Eltu).<br />

Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong><br />

Über die Anfänge der Bürk'schen Wächteruhr<br />

wird an anderer Stelle berichtet. Das<br />

erste Modell des Jahres 1855, das ab etwa<br />

1873 unter dem Namen „Bürk Orig<strong>in</strong>al"<br />

bekannt geworden ist, hat die Firma Bürk<br />

etwa 100 Jahre lang fast unverändert hergestellt.<br />

<strong>Die</strong> Aufzeichnung der Markierungen<br />

auf e<strong>in</strong>en um e<strong>in</strong>e Trommel gewickelten<br />

Papierstreifen hat Johannes Bürk favorisiert<br />

so lange er lebte. Erst auf Druck se<strong>in</strong>es<br />

nach Amerika ausgewanderten Bruders<br />

Jacob E. Buerk, der diese Uhr als <strong>in</strong> Amerika<br />

nur schwer verkäuflich bezeichnete,<br />

stellte Bürk auch e<strong>in</strong>e Variante her, bei der<br />

statt des Papierstreifens e<strong>in</strong>e flache Papierscheibe<br />

verwendet wurde. <strong>Die</strong>se Uhr erhielt<br />

s<strong>in</strong>nigerweise den Namen „Bürk<br />

Amerikaner". Später stellte Richard Bürk<br />

e<strong>in</strong>e Wächteruhr vor, bei der die Markierungen<br />

auf e<strong>in</strong>er Papierrolle erfolgten.<br />

<strong>Die</strong>se Uhr mit dem Namen „Universal Nr.<br />

50", die mit nur unwesentlichen Änderungen<br />

von 1908 bis 1996 hergestellt wurde,<br />

hatte bis etwa 1930 e<strong>in</strong>e für damalige Zeiten<br />

außergewöhnliche Zeitanzeige. Anstelle<br />

des Stundenzeigers wies das Zifferblatt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Sichtfenster e<strong>in</strong> Feld mit digitaler<br />

Stundenanzeige auf. <strong>Die</strong> Universal hatte im<br />

Vergleich zu den übrigen Modellen den<br />

Vorzug, dass die Papierrolle sehr viele Markierungen<br />

aufnehmen konnte und dass die<br />

Anzahl der Kontrollstellen nahezu unbegrenzt<br />

war. <strong>Die</strong> Chiffremarkierung mittels<br />

41<br />

Bürk Brennstundenzähler für elektrische Lampen<br />

strapazierfähiger Markierschlüssel und mit<br />

Farbband ergab e<strong>in</strong>en deutlichen Abdruck<br />

von Uhrzeit und Schlüsselnummer.<br />

Außer den Standardmodellen stellte<br />

Bürk etliche Sondermodelle her, teils speziell<br />

für den umsatzträchtigen Export. So<br />

weist e<strong>in</strong>e Wäku-Preisliste von 1908 nicht<br />

weniger als 46 verschiedene Ausführungen<br />

ortsfester und tragbarer Wächteruhren auf.<br />

Stolz wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass das<br />

Modell „Bürk's Orig<strong>in</strong>al" bereits <strong>in</strong> etwa<br />

70.000 Exemplaren verbreitet ist.<br />

<strong>Die</strong> Modellvielfalt ergibt sich hauptsächlich<br />

aus der unterschiedlichen Anzahl der<br />

Kontrollstellen, der Dauer der Kontrollgänge<br />

und der Art der Aufzeichnung.<br />

Besonders <strong>in</strong>teressant ist das 1893 vorgestellte<br />

Modell „Bürk's Permanent". <strong>Die</strong>se<br />

Uhr legt automatisch alle 24 Stunden e<strong>in</strong>e<br />

neue Papierscheibe auf und kann so e<strong>in</strong>en<br />

ganzen Monat ohne Öffnen des Gehäuses<br />

betrieben werden. Sie muss lediglich alle<br />

4–5 Tage aufgezogen werden.<br />

Erwähnenswert ist auch die ortsfeste


E<strong>in</strong>schreib-Wächteruhr „Bürk Nom<strong>in</strong>a". Der<br />

Wächter muss durch e<strong>in</strong>e Öffnung se<strong>in</strong>en<br />

Namen auf e<strong>in</strong>e sich drehende Papierscheibe<br />

„e<strong>in</strong>schreiben".<br />

<strong>Die</strong> Wächteruhr „Universal Nr. 50" wurde<br />

sogar <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ortsfestes größeres Gehäuse<br />

e<strong>in</strong>gebaut und als Modell „stationäre Universal"<br />

zur Kontrolle der Anwesenheit für<br />

kle<strong>in</strong>e Belegschaften e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Natürlich erlaubte die enorme Vielfalt<br />

ke<strong>in</strong>e attraktiven Losgrößen und mit zunehmendem<br />

Konkurrenzdruck mussten die<br />

Sonderausführungen Schritt für Schritt aus<br />

dem Lieferprogramm gestrichen werden.<br />

Dennoch wurde die „Bürk Orig<strong>in</strong>al" bis<br />

1961 und die „Bürk Amerikaner" sogar<br />

noch bis 1973 hergestellt. <strong>Die</strong> „Bürk Universal<br />

Nr. 50" wurde erst ab 1965 mit e<strong>in</strong>em<br />

8-Tage-Werk ausgestattet, vorher betrug die<br />

Gangdauer nur 3 Tage. Seit 1971 wurde das<br />

Alum<strong>in</strong>iumgehäuse aus Gewichts- und Kostengründen<br />

durch e<strong>in</strong> Delr<strong>in</strong>- Kunststoffgehäuse<br />

ersetzt. <strong>Die</strong> letzte Konstruktionsänderung<br />

war 1984 der Umbau auf Quarzantrieb.<br />

Echappement und Federhaus wurden<br />

ersetzt durch e<strong>in</strong> Quarzsteuermodul<br />

mit Schrittmotor samt Monozelle. Im Jahr<br />

1996 wurde auch die Fertigung der „Bürk<br />

Universal" e<strong>in</strong>gestellt. <strong>Die</strong> Geschichte der<br />

erfolgreichen Bürk-Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong><br />

war zu Ende.<br />

Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />

Richard Bürk erkannte rasch, dass er mit<br />

se<strong>in</strong>em Kartenapparat „Billeteur" auf Dauer<br />

dem amerikanischen Konkurrenzprodukt<br />

„Bundy", das auf den europäischen Markt<br />

drängte, nicht gewachsen war. So kam es<br />

im Jahr 1900 zu e<strong>in</strong>er Kooperation zwischen<br />

beiden Firmen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Lizenzabkommens.<br />

Zur Fertigung der neuen<br />

Geräte mit dem Namen Bürk-Bundy wurde<br />

bereits 1902 e<strong>in</strong>e weitere räumliche Erweiterung<br />

notwendig. Stetig nahm auch die<br />

Anzahl der Beschäftigten zu. So erhöhte<br />

sich die Belegschaft zwischen 1889 und<br />

1902 deutlich von 76 auf 320 Beschäftigte.<br />

WERNER SCHMID<br />

42<br />

Als die amerikanischen Patente abgelaufen<br />

waren, endete das Lizenzabkommen und<br />

der Name Bundy verschwand vom Zifferblatt<br />

der Bürk-<strong>Kontrolluhren</strong>.<br />

Der Aka-Bereich umfaßte zu diesem<br />

Zeitpunkt im wesentlichen 4 verschiedene<br />

Gerätetypen, nämlich den Radialapparat<br />

(auch Hebelapparat genannt), den Schlüsselapparat,<br />

den E<strong>in</strong>schreibapparat und den<br />

Kartenapparat. Alle diese Geräte haben sich<br />

erstaunlich lang verkaufen lassen. Auf<br />

Dauer durchgesetzt hat sich aber nur der<br />

Kartenapparat, da er entscheidende Vorteile<br />

hatte. So konnte z.B. der Arbeiter<br />

sofort mit e<strong>in</strong>em Blick die gestempelte<br />

Uhrzeit überprüfen, was bei den anderen<br />

Gerätetypen meist nicht möglich war.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde<br />

zunächst die Fertigung des im Jahr 1929<br />

entwickelten Kartenapparats mit der Modellbezeichnung<br />

K29 wieder aufgenommen.<br />

Er war zwar technisch längst überholt,<br />

konnte aber durch se<strong>in</strong>e Robustheit und<br />

Zuverlässigkeit überzeugen und blieb daher<br />

bis 1974 im Fertigungsprogramm.<br />

Zwischen den Jahren 1949 und 1955<br />

erfolgten die wesentlichen konstruktiven<br />

Änderungen des Kartenapparats, die letztlich<br />

zum erfolgreichen Modell K55 führten,<br />

das von 1955 bis 1990 hergestellt wurde.<br />

Spätere Gerätetypen waren im wesentlichen<br />

Sondermodelle für den Gleitzeitmarkt,<br />

welcher der Branche <strong>in</strong> den 1970er<br />

Jahren e<strong>in</strong>en letzten Aufschwung bescherte.<br />

E<strong>in</strong>e der letzten Neuentwicklungen auf<br />

dem Aka-Sektor war das erfolgreiche Kle<strong>in</strong>gerät<br />

K60, das zwischen 1961 und 1996 <strong>in</strong><br />

Großserien hergestellt wurde. Als elektronische<br />

Geräte nachgefragt wurden, konnte<br />

der Bedarf nur noch durch Zukäufe befriedigt<br />

werden. Eigene Entwicklungen fehlten,<br />

da die Entwicklungsabteilung fe<strong>in</strong>mechanisch<br />

orientiert blieb.<br />

Zum Bereich Aka gehören auch Zeitstempler<br />

und Zeitrechner für den Werkstattbereich.<br />

<strong>Die</strong>se wurden seit den 1920er<br />

Jahren bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre hergestellt.


DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />

Der erfolgreiche neue Zeitstempler ZS67<br />

war von 1967 bis 1996 im Programm. E<strong>in</strong><br />

neuer Zeitrechner wurde nicht mehr entwickelt.<br />

Ab 1964 wurde e<strong>in</strong> Zeitrechner aus<br />

der Fertigung e<strong>in</strong>es örtlichen Mitbewerbers<br />

vertrieben. <strong>Die</strong>ser Zeitrechner wurde aber<br />

<strong>in</strong> den Folgejahren durch Betriebsdatenerfassungs-Systeme<br />

vom Markt verdrängt.<br />

Elektrische Uhrenanlagen<br />

Eltu war zunächst e<strong>in</strong>e Bürk-Fabrikmarke.<br />

Später wurde mit Eltu der gesamte Bereich<br />

der elektrischen Uhren bezeichnet. Obwohl<br />

sich Johannes Bürk schon sehr früh mit<br />

elektrischen Uhren beschäftigt hat, wurden<br />

eigene Hauptuhren erst ab ca. 1927 hergestellt.<br />

<strong>Die</strong> Nachteile der ersten Hauptuhren<br />

waren offene Kontakte und wartungs<strong>in</strong>tensive<br />

Batterien. <strong>Die</strong>se Nachteile wurden mit<br />

der Neuentwicklung des Bürk-Konstrukteurs<br />

Walter Schlenker beseitigt. <strong>Die</strong> erfolgreiche,<br />

da genau gehend, wartungsarm und<br />

zuverlässig arbeitende Hauptuhr Typ 110<br />

war 1953 fertigungsreif und wurde bis 1983<br />

<strong>in</strong> großen Stückzahlen verkauft.<br />

In den 1970er Jahren wurde der Wunsch<br />

der Kunden nach kle<strong>in</strong>eren Hauptuhren<br />

immer stärker, auch wurde der Ruf nach<br />

Quarzhauptuhren laut. So wurde 1974 bei<br />

Bürk zunächst e<strong>in</strong>e pendellose mechanische<br />

Hauptuhr mit der Typbezeichnung<br />

HU/GS konstruiert. <strong>Die</strong>s konnte jedoch nur<br />

e<strong>in</strong>e Übergangslösung se<strong>in</strong>. Zwei Jahre später<br />

kam die Quarzhauptuhr Typ Q2 auf den<br />

Markt, die 1981 durch die erfolgreichere Q3<br />

ersetzt wurde, letztere e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsentwicklung<br />

mit e<strong>in</strong>em örtlichen Mitbewerber.<br />

Wünschte e<strong>in</strong> Kunde e<strong>in</strong>e funkgesteuerte<br />

Hauptuhr, so wurde diese <strong>in</strong> der<br />

Schweiz zugekauft.<br />

<strong>Die</strong> Mikroprozessortechnik und der<br />

Wunsch nach e<strong>in</strong>er tastenprogrammierbaren<br />

Hauptuhr führte schließlich zur letzten<br />

Eltu-Entwicklung, zum Typ Q6, der von<br />

1985 bis 1992 hergestellt wurde. Alle späteren<br />

vertriebenen Hauptuhren entstammten<br />

nicht der eigenen Fertigung.<br />

43<br />

Bürk-Lieferprogramm ca. 1930<br />

Zum Bereich Eltu gehörten noch Signaluhren,<br />

Impulsgeber, Polwenderelais sowie<br />

Nebenuhren, welche <strong>in</strong> großer Stückzahl<br />

hergestellt wurden.<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>Die</strong> ersten 50 Jahre der <strong>Württembergische</strong>n<br />

<strong>Uhrenfabrik</strong> s<strong>in</strong>d geprägt von Johannes<br />

Bürks Nachtwächter-Kontrolluhr und ihrer<br />

Weiterentwicklung. Der Tüftler Richard<br />

Bürk erweiterte das Programm. Er konnte<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Problemlösung regelrecht verbeißen.<br />

Hatte er das Problem gelöst, war<br />

das Thema für ihn erledigt und er wandte<br />

sich e<strong>in</strong>em anderen Thema zu. <strong>Die</strong>s führte<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch dazu, dass sich die WUF mit<br />

ihren Produkten oft verzettelte und zum<br />

Teil unrentabel fertigte. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d<br />

u. a. Brieftaubenuhren und Turmuhren.


Bürk Messestand Hannover 1965<br />

<strong>Die</strong>se Vielfalt brachte es mit sich, dass immer<br />

wieder Produktbere<strong>in</strong>igungen notwendig<br />

wurden.<br />

<strong>Die</strong> zweiten 50 Jahre begannen mit der<br />

Fertigungsaufnahme der Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />

(Aka). Vom Billeteur über<br />

Bundy-Apparate bis zum Bürk-Kartenapparat<br />

spannt sich e<strong>in</strong> beachtliches Band des<br />

Erfolgs. Bald hatte der Aka-Umsatz den der<br />

Wächteruhren überflügelt. Schon 20 Jahre<br />

später kam das dritte Standbe<strong>in</strong> h<strong>in</strong>zu, elektrische<br />

Haupt-und Signaluhren. Bereits e<strong>in</strong>ige<br />

Jahre vorher wurden elektrische Nebenuhren<br />

hergestellt. Auch die Hauptuhren<br />

wurden stets verbessert, der große Wurf<br />

mit der neuen Hauptuhr Typ 110 gelang<br />

gerade rechtzeitig zum 100-jährigen Firmenjubiläum.<br />

<strong>Die</strong> beiden Weltkriege hat<br />

die Firma verhältnismäßig gut überstanden.<br />

Wie überall <strong>in</strong> der Uhren<strong>in</strong>dustrie wurden<br />

auch bei Bürk Rüstungsgüter hergestellt. So<br />

WERNER SCHMID<br />

44<br />

stieg die Belegschaft im ersten Weltkrieg<br />

auf 600 Personen an.<br />

<strong>Die</strong> dritten 50 Jahre hat das Unternehmen<br />

leider nicht mehr vollständig erlebt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Württembergische</strong> <strong>Uhrenfabrik</strong> lag<br />

zunächst nach dem 2. Weltkrieg mit ihren<br />

neu entwickelten Erzeugnissen gut im<br />

Rennen. Leider war aber die Entwicklungsabteilung<br />

nicht genügend auf die Elektronik<br />

vorbereitet. So geriet die Firma immer<br />

mehr <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>tertreffen. <strong>Die</strong> erste Rezession<br />

1967 konnte durch die anschließende<br />

Gleitzeitwelle noch aufgefangen werden.<br />

<strong>Die</strong> Rezession 1973/74 machte der Firma<br />

schon stärker zu schaffen und ab 1980 g<strong>in</strong>g<br />

der Umsatz kont<strong>in</strong>uierlich zurück. Der<br />

Versuch, den Mangel an eigenen Neuigkeiten<br />

durch Zukäufe zu kaschieren, konnte<br />

auf Dauer nicht gutgehen und so kam leider<br />

am 30. 11. 1984 mit der Eröffnung des<br />

Konkursverfahrens das Ende für Bürk. Unter<br />

den Fittichen der Dufa-Kienzle bestand<br />

die Firma unter dem Namen Bürk Zeitsysteme<br />

mit stark reduzierter Belegschaft zwar<br />

weiter, allerd<strong>in</strong>gs kam 1996 auch das Ende<br />

für Kienzle und somit das Aus für die Fertigung<br />

bei Bürk. <strong>Die</strong>se negative Entwicklung<br />

machte aber auch vor den Toren der<br />

anderen Uhrenhersteller nicht Halt. In der<br />

Stadt, die sich e<strong>in</strong>mal als größte Uhrenstadt<br />

der Welt bezeichnen durfte, spielt die<br />

Uhren<strong>in</strong>dustrie heute bei weitem nicht<br />

mehr die Rolle wie früher. Grund genug, im<br />

Uhren<strong>in</strong>dustriemuseum der 150-jährigen<br />

Geschichte der Schwenn<strong>in</strong>ger<br />

Uhren<strong>in</strong>dustrie nachzuspüren.


DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />

1 Folgende Literatur wurde zugrunde gelegt:<br />

Neher, Franz Ludwig: Johannes Bürk - e<strong>in</strong> schwäbischer Wegbereiter <strong>in</strong>dustrieller Fertigung. Schwenn<strong>in</strong>gen<br />

1956.<br />

NN.: Neue Wächter-Kontrolle-Uhr "Permanent". In: Allgeme<strong>in</strong>es Journal der Uhrmacherkunst 1893, S. 266.<br />

Schlenker, Walter: E<strong>in</strong>e bemerkenswerte Hauptuhr [Bürk 110]. In: <strong>Die</strong> Uhr Heft 4, 1958, S. 24-26.<br />

Schmid, Werner: 100 Jahre Arbeiter-Kontrollapparat "Billeteur" von Richard Bürk. In: Das Heimatblättle Heft 9,<br />

Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen 1997, S. 4-5.<br />

Schmid, Werner: Arbeitszeiterfassung mit Uhren. E<strong>in</strong> historischer Rückblick. In: Jahresschrift der Deutschen<br />

Gesellschaft für Chronometrie, Bd. 39. Stuttgart 2000, S. 97 –111.<br />

Schmid, Werner: Bürk und Bundy - <strong>Die</strong> ersten Arbeiterkontrolluhren aus Schwenn<strong>in</strong>gen. In: Das Heimatblättle<br />

Heft 12, Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen 1998, S. 6-7.<br />

Schmid, Werner: Bürk-Uhren und -Kontrollapparate. <strong>Die</strong> neuen Erzeugnisse der <strong>Württembergische</strong>n<br />

<strong>Uhrenfabrik</strong> <strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen nach 1950. In: Almanach 2002, S. 166-171, Band 26.<br />

Schmid, Werner: <strong>Die</strong> Entwicklungsgeschichte der Wächter-Kontrolluhr. In: Jahresschrift der Deutschen<br />

Gesellschaft für Chronometrie Band 38, 1999, S. 113 ff.<br />

Außerdem wurde der Nachlass der Familie und der Firma Bürk im Heimatmuseum Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen<br />

e<strong>in</strong>gesehen.<br />

2 Erläuterung zur Verwandtschaft Bürk/Vosseler:<br />

Johannes Bürk's Tante Kathar<strong>in</strong>a war mit Michael Vosseler's Bruder Mart<strong>in</strong> verheiratet und se<strong>in</strong>e Tante Agnes<br />

war zunächst mit Christian, dann mit Johannes Vosseler verheiratet, beide auch Brüder von Michael. Nachdem<br />

diese beiden Brüder früh verstorben waren, heiratete Agnes den Jakob Müller.<br />

45

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