Die Württembergische Uhrenfabrik in Schwenningen ... - Kontrolluhren
Die Württembergische Uhrenfabrik in Schwenningen ... - Kontrolluhren
Die Württembergische Uhrenfabrik in Schwenningen ... - Kontrolluhren
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Die</strong> <strong>Württembergische</strong><br />
<strong>Uhrenfabrik</strong><br />
<strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen und<br />
ihre Erzeugnisse 1<br />
Der nachstehende Beitrag soll die<br />
Entwicklung vom Commissionsbüro<br />
Bürk zum Industriebetrieb <strong>Württembergische</strong><br />
<strong>Uhrenfabrik</strong> e<strong>in</strong>schließlich ihrer Erzeugnisse<br />
aufzeigen. E<strong>in</strong>zelne Themenbereiche,<br />
die bereits anderweitig behandelt<br />
wurden werden nur kurz gestreift, um<br />
Wiederholungen zu vermeiden.<br />
Das Commissionsbüro Bürk<br />
Lange vor Gründung der <strong>Württembergische</strong>n<br />
<strong>Uhrenfabrik</strong> hat sich Johannes Bürk<br />
bereits mit Uhren beschäftigt. In e<strong>in</strong>er Annonce<br />
vom 20.10. 1841 bietet das Commissions-Büro<br />
von J. Bürk <strong>in</strong> der Zeitschrift<br />
„<strong>Die</strong> Biene" Räder, Zeiger und sonstige<br />
Bestandteile für Schwarzwälder Uhren an.<br />
<strong>Die</strong> „Biene" hatte Bürk im selben Jahr gegründet.<br />
Bürk betätigte sich außerdem<br />
gleichzeitig als Grundstücksmakler, Rechtsvertreter<br />
und Geldvermittler. Das Allerweltsbüro<br />
Bürk soll sich mit nicht weniger<br />
als 17 Geschäftsbereichen befasst haben, so<br />
wird berichtet.<br />
Da <strong>in</strong> Bürks Geburtsjahr gerade e<strong>in</strong>mal<br />
sieben Uhrmacher <strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen tätig<br />
waren, diese Zahl um 1840 aber bereits auf<br />
70 angewachsen war, war der Handel mit<br />
Uhren für das Commissionsbüro Bürk e<strong>in</strong>e<br />
Briefkopf des Commissionsbureau Bürk<br />
Werner Schmid<br />
39<br />
naheliegende und erfolgversprechende<br />
E<strong>in</strong>kunftsquelle.<br />
<strong>Die</strong> ersten Nachtwächter-<br />
<strong>Kontrolluhren</strong><br />
Da Bürks Commissionsbüro ke<strong>in</strong>e eigene<br />
Fertigung besaß, suchte sich Bürk zur Herstellung<br />
se<strong>in</strong>er diversen Erf<strong>in</strong>dungen stets<br />
Partner, die er für geeignet hielt, se<strong>in</strong>e<br />
Ideen nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
erfolgreiches Produkt umzusetzen. Es wird<br />
berichtet, dass Bürk für die Herstellung der<br />
von ihm 1855 erfundenen tragbaren Nachtwächter-Kontrolluhr<br />
se<strong>in</strong>en Freund Michael<br />
Vosseler gew<strong>in</strong>nen konnte, zu dem übrigens<br />
auch verwandtschaftliche Beziehungen<br />
bestanden. 2 <strong>Die</strong>s heißt nun allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht, dass Vosseler die komplette Uhr fertigte.<br />
Zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den ersten Jahren beschränkte<br />
sich Vosseler auf das Zusammenbauen,<br />
Justieren und Anpassen der von verschiedenen<br />
Zulieferern stammenden E<strong>in</strong>zelteile.<br />
So kamen die Uhrwerke jahrelang<br />
aus Frankreich und aus der Schweiz, da<br />
Bürk <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong> Unternehmen<br />
fand, das die Werke <strong>in</strong> der von ihm gewünschten<br />
Größe und Qualität liefern<br />
konnte.<br />
Der große Erfolg se<strong>in</strong>er Wächteruhr<br />
ermunterte Bürk zum Bau se<strong>in</strong>es 1858 fertiggestellten<br />
ersten Firmengebäudes. Damit<br />
hatte er Platz zur Aufnahme e<strong>in</strong>er eigenen<br />
Fertigung und zur Erweiterung der Produktpalette<br />
um elektromagnetische Uhren<br />
und um Haustelegraphen. Zur Abrundung
des Programms betrieb Bürk nach wie vor<br />
den „Versand aufgekaufter Waren nach<br />
dem Auslande". Weitere An- und Neubauten<br />
folgten.<br />
Der Generationenwechsel<br />
Für die aufstrebende Firma wurden die<br />
Räumlichkeiten bald zu eng und am 17. Mai<br />
1866 legte Johannes Bürk den Grundste<strong>in</strong><br />
für e<strong>in</strong> neues Fabrikgebäude. Bereits 6 Jahre<br />
später wurde er im Alter von nur 54 Jahren<br />
von dieser Welt abberufen. Se<strong>in</strong> Sohn<br />
Richard übernahm 1872 im Alter von 21<br />
Jahren die Firma und leitete sie über 60<br />
Jahre lang. Richard Bürk stellte die Weichen<br />
für die weitere positive Firmenentwicklung.<br />
Er erkannte die Notwendigkeit, immer<br />
wieder neue Produkte vorzustellen und<br />
diese ständig zu verbessern. So entwickelte<br />
er bereits 1879 e<strong>in</strong>en „Arbeiter-Controlapparat",<br />
zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt, als <strong>in</strong> den damaligen<br />
Fabriken die Erfassung der Arbeitszeiten<br />
allenfalls durch Handaufschrieb oder<br />
mittels Blechmarken erfolgte. Von diesem<br />
Gerät, dem Bürk den Namen „Tourniquet"<br />
gab, ist me<strong>in</strong>es Wissens ke<strong>in</strong> Exemplar<br />
mehr vorhanden, genauso wenig wie von<br />
Bürks Kontrollapparaten mit Fallklappen<br />
und Trommelregistrierung, für die er im<br />
40 Jahre Bürk-Arbeitszeit-Registrierapparate<br />
WERNER SCHMID<br />
40<br />
Jahren 1881 e<strong>in</strong> Patent erhielt. Weitere<br />
Patente kamen 1885 und 1889 h<strong>in</strong>zu. Sehr<br />
erfolgreich war se<strong>in</strong>e Kontrolluhr „Billeteur",<br />
die 1897 patentiert wurde. Bei dieser<br />
Erf<strong>in</strong>dung benutzte Bürk erstmals e<strong>in</strong>e bestempelte<br />
Karte als Datenträger. <strong>Die</strong> Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />
sollten später Hauptumsatzträger<br />
werden.<br />
Tatkräftige Unterstützung erhielt<br />
Richard Bürk durch se<strong>in</strong>en Bruder Hugo,<br />
der den kaufmännischen Bereich von 1885<br />
bis zu se<strong>in</strong>em Tod 1938 leitete. <strong>Die</strong> technische<br />
Leitung g<strong>in</strong>g 1931 an Richards bereits<br />
1904 <strong>in</strong> die Firma e<strong>in</strong>getretenen Sohn<br />
Hermann über. Nach Hermann Bürks Tod<br />
wurde 1972 se<strong>in</strong> Neffe Manfred Bürk alle<strong>in</strong>iger<br />
Geschäftsführer. Auch andere Familienmitglieder<br />
waren langjährig <strong>in</strong> der Firma<br />
tätig.<br />
Produktvielfalt<br />
Im Lauf der Jahre hat sich nicht nur die<br />
Firma rasant vergrößert, sondern es wurde<br />
auch die Produktpalette erheblich erweitert.<br />
E<strong>in</strong>drucksvolle Zeugen für diese Entwicklung<br />
s<strong>in</strong>d Firmenprospekte, Ausstellungskataloge<br />
sowie Berichte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>schlägigen<br />
Fachzeitschriften.<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse se<strong>in</strong>er ständigen Neuentwicklungen<br />
ließ sich Richard Bürk durch<br />
Patente und Gebrauchsmuster schützen. So<br />
entstanden immer wieder neue Erzeugnisse.<br />
Schon Johannes Bürk lieferte außer<br />
den Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong> verschiedene<br />
Stand- und Wanduhren, Haustelegraphen,<br />
Induktionsapparate, Wassermesser,<br />
Hub- und Rotationszähler, Siegel- und<br />
Stempelpressen sowie diverse Uhrenteile.<br />
Unter der Leitung von Richard Bürk kamen<br />
noch Schrittzähler, Brennstundenzähler,<br />
Additionsapparate, Induktionsapparate,<br />
Fahrten-Kontroll-Apparate, Taubenuhren,<br />
Turmuhren und so manches andere dazu.<br />
<strong>Die</strong>se Produkte trugen jedoch nie entscheidend<br />
zum Firmenergebnis bei und ihre<br />
Fertigung wurde oft nach e<strong>in</strong>igen Jahren<br />
wieder e<strong>in</strong>gestellt. So fand zwischen 1918
DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />
und 1935 e<strong>in</strong>e starke Produktbere<strong>in</strong>igung<br />
statt.<br />
Zunächst wurden Wasserzähler und<br />
Tachografen, später alle Zähler sowie technische<br />
Uhr- und Laufwerke aus dem Fertigungsprogramm<br />
genommen. <strong>Die</strong> drei umsatzstärksten<br />
Bereiche blieben die Nachtwächter-<br />
<strong>Kontrolluhren</strong> (Wäku), die Anwesenheits-<br />
<strong>Kontrolluhren</strong> e<strong>in</strong>schließlich der Zeitstempler<br />
und Zeitrechner für den Fertigungsbereich<br />
(Aka) sowie die etwas später h<strong>in</strong>zugekommenen<br />
elektrischen Uhrenanlagen (Eltu).<br />
Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong><br />
Über die Anfänge der Bürk'schen Wächteruhr<br />
wird an anderer Stelle berichtet. Das<br />
erste Modell des Jahres 1855, das ab etwa<br />
1873 unter dem Namen „Bürk Orig<strong>in</strong>al"<br />
bekannt geworden ist, hat die Firma Bürk<br />
etwa 100 Jahre lang fast unverändert hergestellt.<br />
<strong>Die</strong> Aufzeichnung der Markierungen<br />
auf e<strong>in</strong>en um e<strong>in</strong>e Trommel gewickelten<br />
Papierstreifen hat Johannes Bürk favorisiert<br />
so lange er lebte. Erst auf Druck se<strong>in</strong>es<br />
nach Amerika ausgewanderten Bruders<br />
Jacob E. Buerk, der diese Uhr als <strong>in</strong> Amerika<br />
nur schwer verkäuflich bezeichnete,<br />
stellte Bürk auch e<strong>in</strong>e Variante her, bei der<br />
statt des Papierstreifens e<strong>in</strong>e flache Papierscheibe<br />
verwendet wurde. <strong>Die</strong>se Uhr erhielt<br />
s<strong>in</strong>nigerweise den Namen „Bürk<br />
Amerikaner". Später stellte Richard Bürk<br />
e<strong>in</strong>e Wächteruhr vor, bei der die Markierungen<br />
auf e<strong>in</strong>er Papierrolle erfolgten.<br />
<strong>Die</strong>se Uhr mit dem Namen „Universal Nr.<br />
50", die mit nur unwesentlichen Änderungen<br />
von 1908 bis 1996 hergestellt wurde,<br />
hatte bis etwa 1930 e<strong>in</strong>e für damalige Zeiten<br />
außergewöhnliche Zeitanzeige. Anstelle<br />
des Stundenzeigers wies das Zifferblatt <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Sichtfenster e<strong>in</strong> Feld mit digitaler<br />
Stundenanzeige auf. <strong>Die</strong> Universal hatte im<br />
Vergleich zu den übrigen Modellen den<br />
Vorzug, dass die Papierrolle sehr viele Markierungen<br />
aufnehmen konnte und dass die<br />
Anzahl der Kontrollstellen nahezu unbegrenzt<br />
war. <strong>Die</strong> Chiffremarkierung mittels<br />
41<br />
Bürk Brennstundenzähler für elektrische Lampen<br />
strapazierfähiger Markierschlüssel und mit<br />
Farbband ergab e<strong>in</strong>en deutlichen Abdruck<br />
von Uhrzeit und Schlüsselnummer.<br />
Außer den Standardmodellen stellte<br />
Bürk etliche Sondermodelle her, teils speziell<br />
für den umsatzträchtigen Export. So<br />
weist e<strong>in</strong>e Wäku-Preisliste von 1908 nicht<br />
weniger als 46 verschiedene Ausführungen<br />
ortsfester und tragbarer Wächteruhren auf.<br />
Stolz wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass das<br />
Modell „Bürk's Orig<strong>in</strong>al" bereits <strong>in</strong> etwa<br />
70.000 Exemplaren verbreitet ist.<br />
<strong>Die</strong> Modellvielfalt ergibt sich hauptsächlich<br />
aus der unterschiedlichen Anzahl der<br />
Kontrollstellen, der Dauer der Kontrollgänge<br />
und der Art der Aufzeichnung.<br />
Besonders <strong>in</strong>teressant ist das 1893 vorgestellte<br />
Modell „Bürk's Permanent". <strong>Die</strong>se<br />
Uhr legt automatisch alle 24 Stunden e<strong>in</strong>e<br />
neue Papierscheibe auf und kann so e<strong>in</strong>en<br />
ganzen Monat ohne Öffnen des Gehäuses<br />
betrieben werden. Sie muss lediglich alle<br />
4–5 Tage aufgezogen werden.<br />
Erwähnenswert ist auch die ortsfeste
E<strong>in</strong>schreib-Wächteruhr „Bürk Nom<strong>in</strong>a". Der<br />
Wächter muss durch e<strong>in</strong>e Öffnung se<strong>in</strong>en<br />
Namen auf e<strong>in</strong>e sich drehende Papierscheibe<br />
„e<strong>in</strong>schreiben".<br />
<strong>Die</strong> Wächteruhr „Universal Nr. 50" wurde<br />
sogar <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ortsfestes größeres Gehäuse<br />
e<strong>in</strong>gebaut und als Modell „stationäre Universal"<br />
zur Kontrolle der Anwesenheit für<br />
kle<strong>in</strong>e Belegschaften e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Natürlich erlaubte die enorme Vielfalt<br />
ke<strong>in</strong>e attraktiven Losgrößen und mit zunehmendem<br />
Konkurrenzdruck mussten die<br />
Sonderausführungen Schritt für Schritt aus<br />
dem Lieferprogramm gestrichen werden.<br />
Dennoch wurde die „Bürk Orig<strong>in</strong>al" bis<br />
1961 und die „Bürk Amerikaner" sogar<br />
noch bis 1973 hergestellt. <strong>Die</strong> „Bürk Universal<br />
Nr. 50" wurde erst ab 1965 mit e<strong>in</strong>em<br />
8-Tage-Werk ausgestattet, vorher betrug die<br />
Gangdauer nur 3 Tage. Seit 1971 wurde das<br />
Alum<strong>in</strong>iumgehäuse aus Gewichts- und Kostengründen<br />
durch e<strong>in</strong> Delr<strong>in</strong>- Kunststoffgehäuse<br />
ersetzt. <strong>Die</strong> letzte Konstruktionsänderung<br />
war 1984 der Umbau auf Quarzantrieb.<br />
Echappement und Federhaus wurden<br />
ersetzt durch e<strong>in</strong> Quarzsteuermodul<br />
mit Schrittmotor samt Monozelle. Im Jahr<br />
1996 wurde auch die Fertigung der „Bürk<br />
Universal" e<strong>in</strong>gestellt. <strong>Die</strong> Geschichte der<br />
erfolgreichen Bürk-Nachtwächter-<strong>Kontrolluhren</strong><br />
war zu Ende.<br />
Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />
Richard Bürk erkannte rasch, dass er mit<br />
se<strong>in</strong>em Kartenapparat „Billeteur" auf Dauer<br />
dem amerikanischen Konkurrenzprodukt<br />
„Bundy", das auf den europäischen Markt<br />
drängte, nicht gewachsen war. So kam es<br />
im Jahr 1900 zu e<strong>in</strong>er Kooperation zwischen<br />
beiden Firmen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Lizenzabkommens.<br />
Zur Fertigung der neuen<br />
Geräte mit dem Namen Bürk-Bundy wurde<br />
bereits 1902 e<strong>in</strong>e weitere räumliche Erweiterung<br />
notwendig. Stetig nahm auch die<br />
Anzahl der Beschäftigten zu. So erhöhte<br />
sich die Belegschaft zwischen 1889 und<br />
1902 deutlich von 76 auf 320 Beschäftigte.<br />
WERNER SCHMID<br />
42<br />
Als die amerikanischen Patente abgelaufen<br />
waren, endete das Lizenzabkommen und<br />
der Name Bundy verschwand vom Zifferblatt<br />
der Bürk-<strong>Kontrolluhren</strong>.<br />
Der Aka-Bereich umfaßte zu diesem<br />
Zeitpunkt im wesentlichen 4 verschiedene<br />
Gerätetypen, nämlich den Radialapparat<br />
(auch Hebelapparat genannt), den Schlüsselapparat,<br />
den E<strong>in</strong>schreibapparat und den<br />
Kartenapparat. Alle diese Geräte haben sich<br />
erstaunlich lang verkaufen lassen. Auf<br />
Dauer durchgesetzt hat sich aber nur der<br />
Kartenapparat, da er entscheidende Vorteile<br />
hatte. So konnte z.B. der Arbeiter<br />
sofort mit e<strong>in</strong>em Blick die gestempelte<br />
Uhrzeit überprüfen, was bei den anderen<br />
Gerätetypen meist nicht möglich war.<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde<br />
zunächst die Fertigung des im Jahr 1929<br />
entwickelten Kartenapparats mit der Modellbezeichnung<br />
K29 wieder aufgenommen.<br />
Er war zwar technisch längst überholt,<br />
konnte aber durch se<strong>in</strong>e Robustheit und<br />
Zuverlässigkeit überzeugen und blieb daher<br />
bis 1974 im Fertigungsprogramm.<br />
Zwischen den Jahren 1949 und 1955<br />
erfolgten die wesentlichen konstruktiven<br />
Änderungen des Kartenapparats, die letztlich<br />
zum erfolgreichen Modell K55 führten,<br />
das von 1955 bis 1990 hergestellt wurde.<br />
Spätere Gerätetypen waren im wesentlichen<br />
Sondermodelle für den Gleitzeitmarkt,<br />
welcher der Branche <strong>in</strong> den 1970er<br />
Jahren e<strong>in</strong>en letzten Aufschwung bescherte.<br />
E<strong>in</strong>e der letzten Neuentwicklungen auf<br />
dem Aka-Sektor war das erfolgreiche Kle<strong>in</strong>gerät<br />
K60, das zwischen 1961 und 1996 <strong>in</strong><br />
Großserien hergestellt wurde. Als elektronische<br />
Geräte nachgefragt wurden, konnte<br />
der Bedarf nur noch durch Zukäufe befriedigt<br />
werden. Eigene Entwicklungen fehlten,<br />
da die Entwicklungsabteilung fe<strong>in</strong>mechanisch<br />
orientiert blieb.<br />
Zum Bereich Aka gehören auch Zeitstempler<br />
und Zeitrechner für den Werkstattbereich.<br />
<strong>Die</strong>se wurden seit den 1920er<br />
Jahren bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre hergestellt.
DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />
Der erfolgreiche neue Zeitstempler ZS67<br />
war von 1967 bis 1996 im Programm. E<strong>in</strong><br />
neuer Zeitrechner wurde nicht mehr entwickelt.<br />
Ab 1964 wurde e<strong>in</strong> Zeitrechner aus<br />
der Fertigung e<strong>in</strong>es örtlichen Mitbewerbers<br />
vertrieben. <strong>Die</strong>ser Zeitrechner wurde aber<br />
<strong>in</strong> den Folgejahren durch Betriebsdatenerfassungs-Systeme<br />
vom Markt verdrängt.<br />
Elektrische Uhrenanlagen<br />
Eltu war zunächst e<strong>in</strong>e Bürk-Fabrikmarke.<br />
Später wurde mit Eltu der gesamte Bereich<br />
der elektrischen Uhren bezeichnet. Obwohl<br />
sich Johannes Bürk schon sehr früh mit<br />
elektrischen Uhren beschäftigt hat, wurden<br />
eigene Hauptuhren erst ab ca. 1927 hergestellt.<br />
<strong>Die</strong> Nachteile der ersten Hauptuhren<br />
waren offene Kontakte und wartungs<strong>in</strong>tensive<br />
Batterien. <strong>Die</strong>se Nachteile wurden mit<br />
der Neuentwicklung des Bürk-Konstrukteurs<br />
Walter Schlenker beseitigt. <strong>Die</strong> erfolgreiche,<br />
da genau gehend, wartungsarm und<br />
zuverlässig arbeitende Hauptuhr Typ 110<br />
war 1953 fertigungsreif und wurde bis 1983<br />
<strong>in</strong> großen Stückzahlen verkauft.<br />
In den 1970er Jahren wurde der Wunsch<br />
der Kunden nach kle<strong>in</strong>eren Hauptuhren<br />
immer stärker, auch wurde der Ruf nach<br />
Quarzhauptuhren laut. So wurde 1974 bei<br />
Bürk zunächst e<strong>in</strong>e pendellose mechanische<br />
Hauptuhr mit der Typbezeichnung<br />
HU/GS konstruiert. <strong>Die</strong>s konnte jedoch nur<br />
e<strong>in</strong>e Übergangslösung se<strong>in</strong>. Zwei Jahre später<br />
kam die Quarzhauptuhr Typ Q2 auf den<br />
Markt, die 1981 durch die erfolgreichere Q3<br />
ersetzt wurde, letztere e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsentwicklung<br />
mit e<strong>in</strong>em örtlichen Mitbewerber.<br />
Wünschte e<strong>in</strong> Kunde e<strong>in</strong>e funkgesteuerte<br />
Hauptuhr, so wurde diese <strong>in</strong> der<br />
Schweiz zugekauft.<br />
<strong>Die</strong> Mikroprozessortechnik und der<br />
Wunsch nach e<strong>in</strong>er tastenprogrammierbaren<br />
Hauptuhr führte schließlich zur letzten<br />
Eltu-Entwicklung, zum Typ Q6, der von<br />
1985 bis 1992 hergestellt wurde. Alle späteren<br />
vertriebenen Hauptuhren entstammten<br />
nicht der eigenen Fertigung.<br />
43<br />
Bürk-Lieferprogramm ca. 1930<br />
Zum Bereich Eltu gehörten noch Signaluhren,<br />
Impulsgeber, Polwenderelais sowie<br />
Nebenuhren, welche <strong>in</strong> großer Stückzahl<br />
hergestellt wurden.<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>Die</strong> ersten 50 Jahre der <strong>Württembergische</strong>n<br />
<strong>Uhrenfabrik</strong> s<strong>in</strong>d geprägt von Johannes<br />
Bürks Nachtwächter-Kontrolluhr und ihrer<br />
Weiterentwicklung. Der Tüftler Richard<br />
Bürk erweiterte das Programm. Er konnte<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Problemlösung regelrecht verbeißen.<br />
Hatte er das Problem gelöst, war<br />
das Thema für ihn erledigt und er wandte<br />
sich e<strong>in</strong>em anderen Thema zu. <strong>Die</strong>s führte<br />
allerd<strong>in</strong>gs auch dazu, dass sich die WUF mit<br />
ihren Produkten oft verzettelte und zum<br />
Teil unrentabel fertigte. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d<br />
u. a. Brieftaubenuhren und Turmuhren.
Bürk Messestand Hannover 1965<br />
<strong>Die</strong>se Vielfalt brachte es mit sich, dass immer<br />
wieder Produktbere<strong>in</strong>igungen notwendig<br />
wurden.<br />
<strong>Die</strong> zweiten 50 Jahre begannen mit der<br />
Fertigungsaufnahme der Arbeitszeit-Kontrollapparate<br />
(Aka). Vom Billeteur über<br />
Bundy-Apparate bis zum Bürk-Kartenapparat<br />
spannt sich e<strong>in</strong> beachtliches Band des<br />
Erfolgs. Bald hatte der Aka-Umsatz den der<br />
Wächteruhren überflügelt. Schon 20 Jahre<br />
später kam das dritte Standbe<strong>in</strong> h<strong>in</strong>zu, elektrische<br />
Haupt-und Signaluhren. Bereits e<strong>in</strong>ige<br />
Jahre vorher wurden elektrische Nebenuhren<br />
hergestellt. Auch die Hauptuhren<br />
wurden stets verbessert, der große Wurf<br />
mit der neuen Hauptuhr Typ 110 gelang<br />
gerade rechtzeitig zum 100-jährigen Firmenjubiläum.<br />
<strong>Die</strong> beiden Weltkriege hat<br />
die Firma verhältnismäßig gut überstanden.<br />
Wie überall <strong>in</strong> der Uhren<strong>in</strong>dustrie wurden<br />
auch bei Bürk Rüstungsgüter hergestellt. So<br />
WERNER SCHMID<br />
44<br />
stieg die Belegschaft im ersten Weltkrieg<br />
auf 600 Personen an.<br />
<strong>Die</strong> dritten 50 Jahre hat das Unternehmen<br />
leider nicht mehr vollständig erlebt.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Württembergische</strong> <strong>Uhrenfabrik</strong> lag<br />
zunächst nach dem 2. Weltkrieg mit ihren<br />
neu entwickelten Erzeugnissen gut im<br />
Rennen. Leider war aber die Entwicklungsabteilung<br />
nicht genügend auf die Elektronik<br />
vorbereitet. So geriet die Firma immer<br />
mehr <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>tertreffen. <strong>Die</strong> erste Rezession<br />
1967 konnte durch die anschließende<br />
Gleitzeitwelle noch aufgefangen werden.<br />
<strong>Die</strong> Rezession 1973/74 machte der Firma<br />
schon stärker zu schaffen und ab 1980 g<strong>in</strong>g<br />
der Umsatz kont<strong>in</strong>uierlich zurück. Der<br />
Versuch, den Mangel an eigenen Neuigkeiten<br />
durch Zukäufe zu kaschieren, konnte<br />
auf Dauer nicht gutgehen und so kam leider<br />
am 30. 11. 1984 mit der Eröffnung des<br />
Konkursverfahrens das Ende für Bürk. Unter<br />
den Fittichen der Dufa-Kienzle bestand<br />
die Firma unter dem Namen Bürk Zeitsysteme<br />
mit stark reduzierter Belegschaft zwar<br />
weiter, allerd<strong>in</strong>gs kam 1996 auch das Ende<br />
für Kienzle und somit das Aus für die Fertigung<br />
bei Bürk. <strong>Die</strong>se negative Entwicklung<br />
machte aber auch vor den Toren der<br />
anderen Uhrenhersteller nicht Halt. In der<br />
Stadt, die sich e<strong>in</strong>mal als größte Uhrenstadt<br />
der Welt bezeichnen durfte, spielt die<br />
Uhren<strong>in</strong>dustrie heute bei weitem nicht<br />
mehr die Rolle wie früher. Grund genug, im<br />
Uhren<strong>in</strong>dustriemuseum der 150-jährigen<br />
Geschichte der Schwenn<strong>in</strong>ger<br />
Uhren<strong>in</strong>dustrie nachzuspüren.
DIE WÜRTTEMBERGISCHE UHRENFABRIK IN SCHWENNINGEN<br />
1 Folgende Literatur wurde zugrunde gelegt:<br />
Neher, Franz Ludwig: Johannes Bürk - e<strong>in</strong> schwäbischer Wegbereiter <strong>in</strong>dustrieller Fertigung. Schwenn<strong>in</strong>gen<br />
1956.<br />
NN.: Neue Wächter-Kontrolle-Uhr "Permanent". In: Allgeme<strong>in</strong>es Journal der Uhrmacherkunst 1893, S. 266.<br />
Schlenker, Walter: E<strong>in</strong>e bemerkenswerte Hauptuhr [Bürk 110]. In: <strong>Die</strong> Uhr Heft 4, 1958, S. 24-26.<br />
Schmid, Werner: 100 Jahre Arbeiter-Kontrollapparat "Billeteur" von Richard Bürk. In: Das Heimatblättle Heft 9,<br />
Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen 1997, S. 4-5.<br />
Schmid, Werner: Arbeitszeiterfassung mit Uhren. E<strong>in</strong> historischer Rückblick. In: Jahresschrift der Deutschen<br />
Gesellschaft für Chronometrie, Bd. 39. Stuttgart 2000, S. 97 –111.<br />
Schmid, Werner: Bürk und Bundy - <strong>Die</strong> ersten Arbeiterkontrolluhren aus Schwenn<strong>in</strong>gen. In: Das Heimatblättle<br />
Heft 12, Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen 1998, S. 6-7.<br />
Schmid, Werner: Bürk-Uhren und -Kontrollapparate. <strong>Die</strong> neuen Erzeugnisse der <strong>Württembergische</strong>n<br />
<strong>Uhrenfabrik</strong> <strong>in</strong> Schwenn<strong>in</strong>gen nach 1950. In: Almanach 2002, S. 166-171, Band 26.<br />
Schmid, Werner: <strong>Die</strong> Entwicklungsgeschichte der Wächter-Kontrolluhr. In: Jahresschrift der Deutschen<br />
Gesellschaft für Chronometrie Band 38, 1999, S. 113 ff.<br />
Außerdem wurde der Nachlass der Familie und der Firma Bürk im Heimatmuseum Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen<br />
e<strong>in</strong>gesehen.<br />
2 Erläuterung zur Verwandtschaft Bürk/Vosseler:<br />
Johannes Bürk's Tante Kathar<strong>in</strong>a war mit Michael Vosseler's Bruder Mart<strong>in</strong> verheiratet und se<strong>in</strong>e Tante Agnes<br />
war zunächst mit Christian, dann mit Johannes Vosseler verheiratet, beide auch Brüder von Michael. Nachdem<br />
diese beiden Brüder früh verstorben waren, heiratete Agnes den Jakob Müller.<br />
45