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230 Berufsrechtliche Rechtsprechung <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2007<br />
Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, zurück. Der<br />
Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte daraufhin,<br />
die Kosten gem. §104 ZPO mit einer 1,6-Verfahrensgebühr<br />
nach Nr. 3200 VV RVG festzusetzen. Das Landgericht<br />
erkannte nur eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV<br />
RVG an, weil der Antrag auf Zurückweisung der Berufung<br />
vor Begründung der Berufung nicht notwendig im Sinne des<br />
§91ZPO gewesen sei. Die sofortige Beschwerde wies das<br />
OLG zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten<br />
bestätigte der BGH die Entscheidung des Landgerichts.<br />
II. Zur Entscheidung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />
Nach dem amtlichen Leitsatzsollgr<strong>und</strong>sätzlich nur eine 1,1-<br />
Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Nr. 1 VV RVG anfallen,<br />
wenn der Zurückweisungsantrag vor Zustellung der Berufungsbegründung<br />
gestellt wird. Dieser Leitsatz widerspricht<br />
dem Wortlaut des Gesetzes. Die ermäßigte Verfahrensgebühr<br />
in Höhe von 1,1 fällt nach Nr. 3201 Nr. 1VV RVG nur<br />
dann an, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt<br />
das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge,<br />
Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die<br />
Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht hat. Im<br />
vom BGH entschiedenen Fall hatte der Prozessbevollmächtigte<br />
der Klägerin allerdings unstreitig einen Antrag gestellt.<br />
Die Voraussetzungen der Ermäßigung der Verfahrensgebühr<br />
nach Nr. 3201 Nr. 1VV RVG liegen also nicht vor.<br />
Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich aber, dass der<br />
BGH –anders als der Leitsatz vermuten lässt –nicht etwa<br />
auf die Entstehung der Gebühr abgestellt hat, sondern auf<br />
deren Erstattungsfähigkeit. Für die Frage, ob eine Gebühr<br />
anfällt, kommt esnämlich anders als bei §91ZPO nicht<br />
darauf an, obein Sachantrag sachdienlich oder notwendig<br />
gewesen ist. Die Gebühr entsteht, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen<br />
vorliegen. Die zweite Frage ist die Frage der<br />
Erstattungsfähigkeit. In diesem Zusammenhang ist sehr wohl<br />
zu prüfen, ob die Maßnahmen zur zweckentsprechenden<br />
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Der<br />
BGH stellt auf die Pflicht der Prozessparteien aus dem Prozessrechtsverhältnis<br />
ab, die Kosten möglichst niedrig zu halten.<br />
Er stellte fest, dass die volle Verfahrensgebühr, die aufgr<strong>und</strong><br />
der Stellung eines Sachantrages nach Nr. 3200 VV<br />
RVG entstanden ist, nicht involler Höhe erstattungsfähig ist,<br />
weil der Antrag gestellt wurde, bevor feststand, dass das<br />
Rechtsmittel tatsächlich durchgeführt wird.<br />
III. Praxishinweis<br />
Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass zwar die volle Verfahrensgebühr<br />
entsteht <strong>und</strong> auch vom Mandanten geschuldet<br />
wird, allerdings nur in Höhe einer 1,1-Verfahrensgebühr<br />
nach Nr. 3201 Nr. 1VV RVG erstattet wird, wenn der Sachantrag<br />
vor Eingang der Berufungsbegründung angekündigt<br />
wird. Inder Praxis bedeutet dies, dass inBerufungssachen<br />
genau geprüft werden sollte, obder Antrag, die Berufung<br />
zurückzuweisen, bereits im Meldeschriftsatz angekündigt<br />
wird. Jedenfalls dürfte aber ein Hinweis anden Mandanten<br />
erforderlich sein, dass die Verfahrensgebühr nicht automatisch<br />
in voller Höhe erstattet wird.<br />
Rechtsanwältin Julia von Seltmann ,Berlin<br />
Aufrechnung mit anwaltlichem Vergütungsanspruch inder<br />
Insolvenz des Mandanten<br />
InsO §96Abs. 1Nr. 3,§140 Abs. 1, 3; BGB §667, §675<br />
Die Aufrechnungslage zwischen dem Vergütungsanspruch des RA<br />
<strong>und</strong> dem Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogener<br />
Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />
Gelder entsteht frühestens dann, wenn der RAdas Geld in Empfang<br />
genommen hat.<br />
BGH, Urt. v.14.6.2007 –IXZR56/06<br />
Volltext unter www.brak-mitteilungen.de<br />
Vergütung –Kein Anspruch von Sozien auf Abrechnung<br />
von Einzelmandaten im Passivprozess<br />
ZPO §78 Abs. 6, §91<br />
*RAe, die als Streitgenossen verklagt werden, können nach dem<br />
Gr<strong>und</strong>satz von Treu <strong>und</strong> Glauben unter Kostengesichtspunkten<br />
verpflichtet sein, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten<br />
mit ihrer Vertretung zu beauftragen bzw. sich imRahmen der<br />
Kostenerstattung so behandeln zu lassen, als sei dies geschehen.<br />
BGH, Beschl. v. 2.5.2007 –XII ZB 158/06<br />
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Wirksamkeit der Kündigung einer Vollmacht im Anwaltsprozess<br />
ZPO §78, §87Abs. 1,§172 Abs. 1<br />
Im Anwaltsprozess erlangt die Kündigung einer Vollmacht nach<br />
§87Abs. 1 ZPO dem Gegner <strong>und</strong> dem Gericht gegenüber erst<br />
durch die Anzeige der Bestellung eines neuen Anwalts rechtliche<br />
Wirksamkeit. Das setzt voraus, dass der neu benannte RA für das<br />
betreffende Verfahren postulationsfähig ist (§78ZPO). Ist dies<br />
(noch) nicht der Fall, bleibt der früher bevollmächtigte RAweiterhin<br />
zustellungsbevollmächtigt.<br />
BGH, Urt. v.25.4.2007 –XII ZR58/06<br />
Volltext unter www.brak-mitteilungen.de<br />
Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft <strong>und</strong><br />
einer Anwalts-GbR<br />
ZPO §284, §286; AktG §108 Abs. 2, §113, §114<br />
1. Der Ausschluss des Stimmrechts eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern<br />
im Einzelfall entsprechend §34 BGB führt nicht zur<br />
Beschlussunfähigkeit des Organs gem. §108 Abs. 2Satz 3AktG,<br />
sondern nur dazu, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied sich<br />
bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten hat.<br />
2. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft <strong>und</strong><br />
einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, fällt in<br />
den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn dem Aufsichtsratsmitglied<br />
nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für<br />
die Beratungstätigkeit zufließen.<br />
3. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung, welche „die anwaltliche<br />
Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft“<br />
gegen ein St<strong>und</strong>enhonorar umfasst, ist mangels Abgrenzung gegenüber<br />
der –auch den Einsatz individueller Fachkenntnisse einschließenden<br />
–Organtätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds einer Zustimmung<br />
durch denAufsichtsrat gem. §114 Abs. 1AktGnicht zugänglich<br />
(vgl. Sen.Urt. v. 20.11.2006 –IIZR279/05, ZIP 2007, 22).<br />
4. Ein Beweisantritt für eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache<br />
bedarf nicht der Angabe zusätzlicher, erst für die Beweiswürdigung<br />
relevanter Begleitumstände (z.B. „wo, wann, gegenüber<br />
wem“).<br />
BGH, Urt. v.2.4.2007 –IIZR325/05<br />
Volltext unter www.brak-mitteilungen.de<br />
Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung<br />
durch den Arbeitgeber<br />
BRAO §12Abs. 2,§14 Abs. 2Nr. 9,§51; EStG §19Abs. 1<br />
Satz 1Nr. 1<br />
Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung<br />
einer angestellten RAin durch den Arbeitgeber führt zuArbeits-