Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - BRAK-Mitteilungen
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220 Berufsrechtliche Rechtsprechung <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2007<br />
der Öffentlichkeit <strong>und</strong> des Mandaten könne nicht auf<br />
bestimmte Tätigkeiten beschränkt werden.<br />
Dieser Argumentation ist der EuGH nicht gefolgt. Er hält die<br />
für Rechtsanwälte geltenden Begrenzungen der <strong>Informations</strong>pflichten<br />
durch Art. 2a Nr. 5a <strong>und</strong> Art. 6 Abs. 3 der<br />
Geldwäscherichtlinie im Hinblick auf die Anforderungen,<br />
die aus Art. 6EMRK <strong>und</strong> Art. 6Abs. 2EUfolgen, für ausreichend:<br />
Zum einen gewährleiste Art. 2a Nr. 5ader Geldwäscherichtlinie<br />
die Begrenzung der Pflicht zur Information<br />
<strong>und</strong> Zusammenarbeit für Rechtsanwälte auf bestimmte<br />
Finanz- oder Immobilientransaktionen, bei denen sie Mandanten<br />
unterstützen oder die sie in seinem Namen <strong>und</strong> auf<br />
seine Rechnung erledigen. Zum anderen sei die –nach dem<br />
Wortlaut nicht eindeutige – Vorschrift des Art. 6 Abs. 3<br />
Unterabs. 2der Geldwäscherichtlinie gemeinschaftsrechtskonform<br />
sozulesen, dass Anwälte von der Meldepflicht<br />
über Informationen ausgenommen seien, die sie von einem<br />
oder über einen Mandanten im Rahmen der Beurteilung der<br />
Zulassung –Kein Widerruf trotz Vermögensverfalls<br />
BRAO §14Abs. 2Nr. 7<br />
*Ein angestellter RAkann ausnahmsweise trotz Vermögensverfalls<br />
seine Zulassung behalten, wenn aufgr<strong>und</strong> konkreter, imArbeitsvertrag<br />
geregelter Sicherungsvorkehrungen <strong>und</strong> Vertretungsregelungen<br />
im Einzelfall eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden<br />
durch den Vermögensverfall nicht mehr fortbesteht.<br />
BGH, Beschl. v. 25.6.2007 –AnwZ (B) 101/05<br />
Aus den Gründen:<br />
[1] I.Der am 5.10.1992 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene<br />
Ast. ist als RA beim LG X. zugelassen. Mit Verfügung v.<br />
14.9.2004 widerrief die Agin. die Zulassung des Ast. zur<br />
Rechtsanwaltschaft nach§14Abs. 2Nr. 7BRAO wegenVemögensverfalls.<br />
[2] Der AGH hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />
zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Ast. mit seiner<br />
sofortigen Beschwerde.<br />
[3] II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1Nr. 3, Abs. 4<br />
BRAO) <strong>und</strong> hat auch inder Sache Erfolg.<br />
[4] Nach §14 Abs. 2Nr. 7BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
zuwiderrufen, wenn der RA in Vermögensverfall<br />
geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden<br />
nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren<br />
zwar im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung erfüllt, liegen aber<br />
nicht mehr vor.<br />
[5] 1. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der RAinungeordnete,<br />
schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in<br />
absehbarer Zeit nicht ordnen kann, <strong>und</strong> außerstande ist, seinen<br />
Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür<br />
sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln <strong>und</strong> Vollstreckungsmaßnahmen<br />
gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschl. v.<br />
25.3.1991 AnwZ [B] 73/90, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 1991, 102; Senatsbeschl.<br />
v. 21.11.1994 AnwZ [B] 40/94, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 1995, 126).<br />
[6] Der Ast. hat am 10.5.2004 die eidesstattliche Versicherung<br />
abgegeben; er wurde am 14.5.2004 in das Schuldnerverzeich-<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
*Leitsatz der Redaktion (Orientierungssatz)<br />
Rechtslage sowie vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren<br />
erlangt haben.<br />
Hinzuweisen ist darauf, dass der EuGH inFolge seiner Bindung<br />
an die Vorlagefrage die Prüfung ausschließlich auf den<br />
Verstoß der Richtlinienbestimmungen gegen das Recht auf<br />
ein faires Verfahren, Art. 6 EMRK <strong>und</strong> Art. 6 Abs. 2 EU,<br />
beschränkt hat. Die Entscheidung äußert sich nicht zur Gültigkeit<br />
der Bestimmungen im Hinblick auf andere Gr<strong>und</strong>rechte,<br />
wie das inArt. 8EMRK niedergelegte Recht auf Achtung<br />
des Privatlebens.<br />
Obwohl das Urteil im Hinblick auf die oftmals schwierige<br />
Abgrenzung der Rechtsberatung <strong>und</strong> Zusammenarbeit bei<br />
Finanz- oder Immobilientransaktionen Anlass zuBedauern<br />
gibt, ist doch hervorzuheben, dass der Gerichtshof die Einhaltung<br />
der Kernwerte des anwaltlichen Berufsrechts Unabhängigkeit<br />
<strong>und</strong> Verschwiegenheit sowohl bei der forensischen<br />
als auch der anwaltlich beratenden Tätigkeit für<br />
unabdingbar hält.<br />
Rechtsanwältin Mila Otto, LL.M.<br />
nis des AG Y. eingetragen. Die dadurch begründete gesetzliche<br />
Vermutung für den Vermögensverfall des Ast. (§ 14 Abs. 2Nr. 7<br />
BRAO) hat dieser nicht widerlegt. Die Agin. <strong>und</strong> der AGH sind<br />
deshalb mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Ast. im<br />
Zeitpunkt der Widerrufsverfügung inVermögensverfall befand.<br />
[7] Dagegen bringt der Ast. imBeschwerdeverfahren nichts vor.<br />
Er beruft sich auch nicht auf eine im laufenden Verfahren noch<br />
zu berücksichtigende Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse<br />
nach Erlass der Widerrufsverfügung. Anhaltspunkte dafür<br />
sind auch nicht ersichtlich. Der Ast. ist nach wie vor imSchuldnerverzeichnis<br />
eingetragen. Er hat am30.5.2007 beantragt, das<br />
Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen; daraufhin<br />
hat das AG X. mit Beschl. v. 17.4.2007 (11 IN116/07) einen<br />
vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.<br />
[8] 2. Wie der Bestimmung des §14Abs. 2Nr. 7BRAO zu entnehmen<br />
ist, geht der Gesetzgeber gr<strong>und</strong>sätzlich von einer<br />
Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich<br />
der RA in Vermögensverfall befindet; dies ist auch i.d.R. der<br />
Fall, insbesondere imHinblick auf den Umgang des RA mit<br />
Fremdgeldern <strong>und</strong> den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern<br />
(Senatsbeschl. v. 18.10.2004 – AnwZ [B] 43/03, NJW<br />
2005, 511, unter II 2a). Die Voraussetzungen für die Annahme<br />
eines Ausnahmefalls, indem eine Gefährdung der Interessen<br />
der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des RA verneint<br />
werden kann (dazu Senatsbeschl. v.18.10.2004, a.a.O.,<br />
unter II 2c;Senatsbeschl. v.5.12.2005 –AnwZ [B] 13/05,<br />
NJW-RR 2006, 559, unter II 2; Senatsbeschl. v. 5.12.2005<br />
AnwZ [B] 14/05, AnwBl 2006, 281, unter II 3), lagen zwar im<br />
Zeitpunkt der Widerrufsverfügung nicht vor.<br />
Gesamtwürdigung<br />
aller Umstände<br />
Bei einer Gesamtwürdigung aller<br />
Umstände, insbesondere der im<br />
Beschwerdeverfahren vorgelegten<br />
Nachweise, ist aber davon<br />
auszugehen, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden<br />
durch den Vermögensverfall des Ast. nicht mehr fortbesteht.<br />
Damit ist der Widerrufsgr<strong>und</strong> nachträglich entfallen;<br />
dies ist im Beschwerdeverfahren zuberücksichtigen (vgl. BGHZ<br />
75, 356) <strong>und</strong> führt zur Aufhebung der Widerrufsverfügung.