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Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - BRAK-Mitteilungen

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200 Pflichten <strong>und</strong> Haftung des Anwalts <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2007<br />

ten wenig Zeit; die Berufungsfrist lässt sich aber nicht wie die<br />

Berufungsbegründungsfrist verlängern. Damit kommt der zügigen<br />

<strong>und</strong> reibungslosen Information von rechtsmittelfähigen<br />

Entscheidungen gegenüber dem Mandanten eine hohe Bedeutung<br />

zu, die stets erste Priorität haben sollte. Bisweilen sind<br />

aber auch die Mandanten recht nachlässig <strong>und</strong> in der fraglichen<br />

Zeit plötzlich nicht oder nur schwer erreichbar. Der<br />

Anwalt ist keinesfalls verpflichtet, auf eigenes Kostenrisiko die<br />

Berufung fristwahrend einzulegen, wenn er dafür keinen Auftrag<br />

hat. Reibungspunkte indiesem Zusammenhang lassen sich<br />

am ehesten vermeiden, wenn der Kontakt zum Mandanten<br />

auch dann gehalten wird, wenn ein Verfahren sich über einen<br />

längeren Zeitraum hinzieht, ohne dass sich Entscheidendes tut.<br />

Auch der Mandant fühlt sich sicher besser aufgehoben, wenn<br />

er von Zeit zuZeit etwas von seinem Anwalt hört. Dabei kann<br />

er darauf hingewiesen werden, dass er bei Abwesenheit eine<br />

Kontaktmöglichkeit sicherstellen möge. Im Zeitalter mobiler<br />

Telefone <strong>und</strong> E-Mail sollte das eigentlich keine großen Probleme<br />

mehr bereiten.<br />

Risiken bei doppelter Berufungseinlegung<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab<br />

1. Legen namens der unterlegenen Partei zwei Prozessbevollmächtigte<br />

unabhängig voneinander Berufung ein<strong>und</strong> nimmt einer<br />

von ihnen später „die Berufung“ ohne einschränkenden Zusatz<br />

zurück, sobewirkt dies den Verlust des Rechtsmittels.<br />

2. In der Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten kann<br />

der Widerruf der Bestellung eines früheren Bevollmächtigten nur<br />

dann gesehen werden, wenn darin zum Ausdruck kommt, dass<br />

der neue Bevollmächtigte anstelle des früheren bestellt werden<br />

soll (Festhalten anBGH, NJW 1980, 2309). Das ist nicht schon<br />

dann der Fall, wenn ein Prozessbevollmächtigter Berufung einlegt<br />

<strong>und</strong> imRubrum der Berufungsschrift ausschließlich sich selbst als<br />

Prozessbevollmächtigten bezeichnet, der erstinstanzlich tätige<br />

Prozessbevollmächtigte zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht seinerseits<br />

Berufung eingelegt hatte (Abgrenzung zu BSG, NJW<br />

1990, 600).<br />

3. …<br />

4. Auch wenn ein Prozessbevollmächtigter die Berufung ohne<br />

oder entgegen einer Weisung des Mandanten zurückgenommen<br />

hat, kann für eine erneut, aber verspätet eingelegte Berufung<br />

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden<br />

(Anschluss an BGH, NJW-RR 1998, 1446).<br />

BGH, Beschl. v. 30.5.2007 –XII ZB 82/06<br />

Anmerkung:<br />

Gegen ein Urteil wurde für die Partei von zwei verschiedenen<br />

<strong>Kanzlei</strong>en jeweils rechtzeitig Berufung eingelegt, zunächst<br />

durch einen neuen Anwalt, kurz darauf auch noch durch die<br />

erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten. Letztere nahmen<br />

später „namens <strong>und</strong> imAuftrag des Berufungsklägers …die …<br />

Berufung zurück“, nachdem der neue Anwalt Verlängerung der<br />

Berufungsbegründungsfrist beantragt hatte. Das Berufungsgericht<br />

wies darauf hin, dass der Berufungskläger infolge der<br />

Rücknahmeerklärung des Rechtsmittels verlustig sei. Der neue<br />

Anwalt erklärte daraufhin den Widerruf der Berufungsrücknahme,<br />

legte vorsorglich erneut Berufung ein <strong>und</strong> beantragte<br />

vorsorglich Wiedereinsetzung inden vorigen Stand. Das OLG<br />

Bremen erklärte den Kläger der Berufung für verlustig, wies den<br />

Wiedereinsetzungsantrag zurück <strong>und</strong> verwarf die neu eingelegte<br />

Berufung als unzulässig (MDR 2006, 418).<br />

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde des Klägers als unzulässig<br />

verworfen, da sämtliche Rechtsfragen bereits höchstrichterlich<br />

im Sinne der OLG-Entscheidung geklärt seien.<br />

Rechtsprechungsleitsätze<br />

Auch durch mehrfache Einlegung eines Rechtsmittels könne<br />

nur ein einziges Rechtsmittelverfahren anhängig werden<br />

(BGHZ 45, 380). Die Rücknahmeerklärung erfasse daher die<br />

doppelt eingelegte Berufung insgesamt (BSG, NJW 1998,<br />

2078). Eine Beschränkung der Rücknahme nur auf die von den<br />

erstinstanzlichen Bevollmächtigten eingelegte Berufung sei<br />

weder aus der Rücknahmeerklärung selbst noch aus begleitenden<br />

Umständen erkennbar.<br />

Der Kläger könne auch nicht damit gehört werden, die erstinstanzlichen<br />

Bevollmächtigten hätten bei Rücknahme der Berufung<br />

keine wirksame Vollmacht mehr gehabt. Die Einlegung<br />

der ersten Berufung durch die neuen Bevollmächtigten sei<br />

nicht als Widerruf der Vollmacht der erstinstanzlichen Bevollmächtigten<br />

zuwerten, obwohl die neuen Anwälte dort nur sich<br />

selbst als Bevollmächtigte genannt hätten, weil die Berufungsschrift<br />

der erstinstanzlichen Anwälte erst danach bei Gericht<br />

eingegangen sei. Allenfalls könne daher in der später eingegangenen<br />

Berufungsschrift ein Widerruf der Vollmacht der neuen<br />

Anwälte gesehen werden (BGH, NJW 1980, 209; BSG, NJW<br />

1990, 600).<br />

Die Berufungsrücknahme könne auch weder widerrufen noch<br />

wegen Irrtums angefochten werden (BGH, FamRZ 2006, 375<br />

<strong>und</strong> 1988, 496).<br />

Wiedereinsetzung für eine nach Fristablauf erneut eingelegte<br />

Berufung könne nach st. Rspr. nicht gewährt werden, nur weil<br />

eine fristgerecht eingelegte Berufung –wenn auch irrtümlich<br />

oder sogar weisungswidrig – zurückgenommen worden sei<br />

(BGH, NJW-RR 1998, 1446; NJW 1991, 2839; BVerfG, NVwZ<br />

1997, 1211).<br />

Rechtsanwalt Holger Grams<br />

Verfahren nach Unterzeichnung eines fehlerhaften Schriftsatzes<br />

Wenn der Prozessbevollmächtigte nach Unterzeichnung eines<br />

Schriftsatzes bemerkt, dass er an das unzuständige Gericht adressiert<br />

ist, darf er mit der Vernichtung des unrichtig adressierten<br />

Schriftsatzes auch seine Mitarbeiterin betrauen <strong>und</strong> sich darauf<br />

verlassen, dass sie auch diesen Teil seiner Weisung ausführen<br />

wird, nachdem sie ihm den neu erstellten, nunmehr zutreffend<br />

adressierten Schriftsatz zur Unterschrift vorgelegt hat. Er muss<br />

den Schriftsatz nicht persönlich vernichten oder imAdressfeld<br />

das unzuständige Gericht durchstreichen <strong>und</strong> das zuständige<br />

Gericht kennzeichnen. (eigener Leitsatz)<br />

BGH, Beschl. v. 17.7.2007 –VIII ZB 107/06<br />

Anmerkung:<br />

Es dürfte gar nicht soselten vorkommen, dass der Anwalt den<br />

ihm vorgelegten Schriftsatz unterzeichnet <strong>und</strong> erst dann<br />

bemerkt, dass sich ein Fehler eingeschlichen hat. Nicht immer<br />

ist der Fehler vielleicht so gravierend wie hier: Der Schriftsatz<br />

war andas unzuständige Gericht adressiert. Ein Glück, dass<br />

der Anwalt dies noch bemerkt hatte, denn die Überprüfung<br />

des zuständigen Gerichts ist seine ureigene Aufgabe. Persönlich<br />

ausbessern musste er den Schriftsatz nicht –dies durfte er<br />

seiner Mitarbeiterin übertragen. Zusätzlich bat er sie, den falschen<br />

Schriftsatz zu schreddern. Nachdem erden ausgebesserten<br />

Schriftsatz vorgelegt bekommen <strong>und</strong> unterschrieben<br />

hatte, war die Angelegenheit folgerichtig für ihn erledigt. Tatsächlich<br />

geschah aber nach dem Wiedereinsetzungsvortrag<br />

das, was nicht geschehen durfte: die Mitarbeiterin vernichtete<br />

nämlich den ausgebesserten Schriftsatz <strong>und</strong> verschickte den<br />

fehlerhaften.

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