Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - BRAK-Mitteilungen
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198 Pflichten <strong>und</strong> Haftung des Anwalts <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2007<br />
lungen, die imZusammenhang mit der Berufstätigkeit stehen.<br />
Über §8Abs. 2PartGG hätte man hier also zu einer Haftungsbeschränkung<br />
auf den Scheinsozius <strong>und</strong> das Gesellschaftsvermögen<br />
kommen müssen.<br />
Schließlich war noch zu klären, ob all diese Erwägungen auch<br />
für die Rechtsscheinhaftung gelten sollen. Der IX. ZS bejaht<br />
dies: Was die Zurechnungsnorm des §31 BGB angeht, so<br />
knüpfe dieser ja ohnehin nicht andie formelle Organstellung<br />
an, sondern stelle aufdie Fähigkeit ab, für diejuristischePerson<br />
zu handeln. Wenn die Sozietät dies dulde, so müsse sie sich<br />
die Handlungen auch zurechnen lassen. Ebenso müssten die<br />
Sozien, die eine Scheinsozietät dulden –<strong>und</strong> dann ja auch die<br />
werblichen Vorteile inKauf nähmen –esakzeptieren, dass die<br />
Folgen mit ihnen heimgehen (ebenso wie der Scheinsozius es<br />
hinnehmen muss, dass er wie ein echter Sozius haftet).<br />
Für Sozietäten bleibt die Erkenntnis mitzunehmen, dass mit<br />
dem Zusammenschluss nun eine weitergehende persönliche<br />
Haftung als früher verb<strong>und</strong>en ist. Diese betrifft bzw. trifft dann<br />
auch den Scheinsozius –dieser sollte sich überlegen, bei wem<br />
er sich auf den Briefkopf setzen lässt. Der vorliegende Fall<br />
zeigt, dass aber auch die echten Sozien abwägen sollten, wen<br />
sie auf ihren Briefkopf nehmen.<br />
Haftung<br />
Rechtsprechungsleitsätze<br />
Arglisteinwand gegen Verjährungseinrede<br />
Rechtsanwältin Antje Jungk<br />
Ein Rechtsanwalt oder ein Steuerberater handelt nicht ohne weiteres<br />
arglistig <strong>und</strong> damit treuwidrig, wenn er gegenüber dem<br />
Regressanspruch eines Mandanten den Verjährungseinwand<br />
erhebt, obwohl er den Mandanten fortlaufend über die Korrespondenz<br />
mit dem eigenen Haftpflichtversicherer unterrichtet <strong>und</strong><br />
dabei bei dem Mandanten den Eindruck erweckt hat, er nehme<br />
dessen Interessen gegenüber dem Haftpflichtversicherer wahr.<br />
Maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. (eigener<br />
Leitsatz)<br />
BGH, Beschl. v. 28.6.2007 –IX ZR 169/04<br />
Anmerkung:<br />
Es entspricht der üblichen Praxis bei den Schadenabteilungen<br />
der Berufshaftpflichtversicherer, dass die Korrespondenz in<br />
Haftpflichtfällen von dort aus im Innenverhältnis mit den Versicherungsnehmern<br />
geführt wird. Sofern der möglicherweise<br />
geschädigte Mandant nicht ohnehin schon einen anderen<br />
Anwalt mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen<br />
beauftragt hat, sitzt der Versicherungsnehmer bisweilen<br />
durchaus „zwischen den Stühlen“. Nachdem der Haftpflichtversicherer<br />
die notwendigen Informationen eingeholt hat, trifft<br />
er die prinzipiellen Entscheidungen zum weiteren Vorgehen.<br />
So sehen es jedenfalls die Allgemeinen Versicherungsbedingungen<br />
vor. Der Anwalt fühlt sich nicht selten noch dem Mandanten<br />
gegenüber in gewisser Weise verpflichtet <strong>und</strong> möchte<br />
die Versicherung zu einer großzügigen Handhabe bewegen.<br />
Das ist durchaus verständlich <strong>und</strong> für die jeweilige Versicherung<br />
auch sicher akzeptabel, soweit sich der Anwalt nicht dem<br />
begründeten Vorwurf von Obliegenheitsverletzungen aussetzt.<br />
In dieser Gemengelage verschiedener Interessen kommt eshin<br />
<strong>und</strong> wieder zu Missverständnissen. Der Mandant geht nämlich<br />
davon aus, dass „sein“ Anwalt seine Interessen gegenüber der<br />
Haftpflichtversicherung durchsetzt, <strong>und</strong> verkennt dabei häufig<br />
das Verhältnis zwischen Anwalt <strong>und</strong> Haftpflichtversicherung.<br />
Dass allein die Schadenmeldung anden Versicherer <strong>und</strong> die<br />
Rechtsprechungsleitsätze<br />
Information hierüber an den Mandanten nicht als Anerkenntnis<br />
gewertet werden kann, sollte eindeutig sein. Abseits dieser<br />
Linie gibt esaber auch einen weiten Graubereich. Der BGH<br />
betont, dass die Entscheidung darüber, obdas Verhalten einer<br />
Partei als Anerkenntnis auszulegen ist oder nicht, tatrichterlicher<br />
Würdigung unterliegt. Zwar hatten sich die Beklagten vorliegend<br />
gegenüber dem Versicherer für den Ersatz des gesamten<br />
geltend gemachten Schadens eingesetzt <strong>und</strong> den Mandanten<br />
über diesen Schriftverkehr informiert. Der Mandant könne<br />
aber seinerseits nicht daran zweifeln, dass inder Beeinflussung<br />
des Regulierungsverhaltens des Versicherers gerade kein Anerkenntnis<br />
imHaftpflichtverhältnis zu sehen ist, da auch er nicht<br />
davon ausgehen dürfe, dass ein Anerkenntnis unabhängig von<br />
der Einstandspflicht des Versicherers abgegeben werden soll.<br />
Ähnlich verhält es sich mit der Frage der Hemmung der<br />
Regressverjährung durch Verhandlung gem. §203 BGB bzw.<br />
vor dem 1.1.2002 mit dem Arglisteinwand gegen die Einrede<br />
der Verjährung. Auch hier sind lt. BGH die Umstände des Einzelfalles<br />
maßgebend. Das gelte auch dann, wenn der Anwalt<br />
oder Steuerberater fortlaufend mit der Versicherung korrespondiert<br />
<strong>und</strong> den Mandanten hiervon unterrichtet. Letztlich konnte<br />
der IX. ZSdie Beantwortung für den konkreten Fall dahinstehen<br />
lassen, weil bereits vor Aufnahme der Korrespondenz, die als<br />
Verhandlung hätte gewertet werden können, Verjährung eingetreten<br />
war.<br />
Es dürfte also von Vorteil sein, wenn imHaftpflichtfall eines<br />
Rechtsberaters alle Seiten ihre Interessen möglichst deutlich<br />
offen legen. Insbesondere ist es nur fair, den Mandanten darauf<br />
hinzuweisen, dass der Auftragnehmer, der sich nun Schadenersatzansprüchen<br />
ausgesetzt sieht, gr<strong>und</strong>sätzlich inder Verteidigungsposition<br />
steht <strong>und</strong> an die Entscheidungen des Versicherers<br />
geb<strong>und</strong>en ist. So kann sich dann der Mandant entsprechend<br />
einrichten <strong>und</strong> wird sich nicht darauf verlassen, dass<br />
seine Interessen allein durch die Schadenmeldung an den Versicherer<br />
durchgesetzt werden.<br />
Schadenkausalität bei Steuerschaden<br />
Rechtsanwalt Bertin Chab<br />
1. Steht möglichen Steuervorteilen, die aufgr<strong>und</strong> eines Beratungsfehlers<br />
nicht erzielt wurden, ein erheblicher Mehraufwand bei<br />
der Gewinnermittlung <strong>und</strong> Fertigung der Steuererklärungen entgegen,<br />
kann sich der Mandant nicht auf die Vermutung beratungsgemäßen<br />
Verhaltens berufen.<br />
2. Ein entgangener Steuervorteil kann gr<strong>und</strong>sätzlich nur als Schaden<br />
imRechtssinne geltend gemacht werden, wenn er rechtmäßig<br />
<strong>und</strong> nicht unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die<br />
guten Sitten hätte erlangt werden können. (eigene Leitsätze)<br />
BGH, Beschl. v. 5.7.2007 –IXZR230/04<br />
Anmerkung:<br />
Die Entscheidung setzt die st. Rspr. des für Anwalts- <strong>und</strong> Steuerberaterhaftung<br />
zuständigen IX. Zivilsenats fort. Die Darlegungs-<br />
<strong>und</strong> Beweislast des Mandanten für einen durch eine<br />
Falschberatung entstandenen kausalen Schaden kann im Wege<br />
des Anscheinsbeweises inder Weise erleichtert werden, dass<br />
dem Mandanten die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens<br />
zugute kommt, wenn nach der Lebenserfahrung lediglich ein<br />
bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH, NJW 2004,<br />
444 m.w.N.).<br />
Da im vorliegenden Fall (Besteuerung von Auslandseinkünften<br />
eines Geschäftsführers <strong>und</strong> Alleingesellschafters) bei einer teilweisen<br />
Besteuerung im Ausland zwar eine niedrigere Steuer<br />
angefallen wäre, diesem Vorteil jedoch ein erheblicher Mehraufwand<br />
für die gesonderte Ermittlung der Gewinne <strong>und</strong> Ein-