Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - BRAK-Mitteilungen
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188 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2007<br />
len, europarechtlichsogar vorgeschrieben. 24 Die praktische Relevanz<br />
solcher Kooperationen ist derzeit allerdings eher gering.<br />
25<br />
Das Berufsrecht der Steuerberater kannte lange Zeit ebenfalls<br />
ein Verbot der Beteiligung von Kapitalgesellschaften ananderen<br />
Berufsausübungsgesellschaften. In der Reform des Jahres<br />
2000 hat man sich für eine Teilöffnung entschieden. Seither ist<br />
die Beteiligung von anerkannten Steuerberatungsgesellschaften<br />
an anderen Gesellschaften, die ebenfalls als Steuerberatungsgesellschaft<br />
anerkannt sind, zulässig (§ 50a Abs. 1 Nr. 1<br />
StBerG). An einfachen Steuerberatungssozietäten dürfen sich<br />
Kapitalgesellschaften dagegen weiterhin nicht beteiligen.<br />
c) Das Verbot der Sternsozietät<br />
Das deutsche anwaltliche Berufsrecht geht sogar noch einen<br />
Schritt weiter. Nach dem in §31BORA verankerten Verbot der<br />
sog. Sternsozietät darf sich ein Anwalt auch als aktiver Gesellschafter<br />
nur an einer einzigen Berufsausübungsgesellschaft<br />
oder Bürogemeinschaft beteiligen. Der verwandte Beruf des<br />
Wirtschaftsprüfers kennt ein vergleichbares Verbot nicht. Die<br />
gleichzeitige Beteiligung eines Wirtschaftsprüfers an einer<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie an einer interprofessionellen<br />
Sozietät, der auch Rechtsanwälte angehören, ist zulässig.<br />
26<br />
Die rechtspolitisch verfehlte Regelung ist auch in ihrer eingeschränkten<br />
Fassung einer Vielzahl von Einwänden ausgesetzt. 27<br />
Durch den ohnehin vagen Normzweck, der auf den Schutz des<br />
Mandanten vor der Ungewissheit über den Vertragspartner gerichtet<br />
sein soll, wird der weite Anwendungsbereich der Verbotsvorschrift<br />
nicht gestützt. Die sachgerechte Gestaltung der<br />
Briefköpfe <strong>und</strong> <strong>Kanzlei</strong>schilder vermeidet die ohnehin nur in<br />
seltenen Fällen denkbaren Unsicherheiten. Kommt es im Einzelfall<br />
wegen einer Vermischung der Sphären beider Gesellschaften<br />
zu Fehlvorstellungen des Mandanten, so sind dessen<br />
Interessen hinreichend durch die Rechtsscheinsgr<strong>und</strong>sätze geschützt.<br />
Der Eingriff indie Freiheit der Berufsausübung ist nicht<br />
durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt <strong>und</strong><br />
damit verfassungswidrig. Der AGH Hamburg 28 <strong>und</strong> im Anschluss<br />
hieran auch der BGH 29 haben allerdings erst jüngst entgegen<br />
der hier vertretenen Auffassung die Vereinbarkeit des<br />
Verbots der Sternsozietät mit dem Gr<strong>und</strong>gesetz bejaht. Das Gericht<br />
sieht inder möglichen Interessenkollision einen beachtlichen<br />
Gemeinwohlgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> in der besonderen rechtlichen<br />
Konfliktsituation der Rechtsanwälte einen zulässigen Differenzierungsgr<strong>und</strong><br />
gegenüber den anderen freien Berufen i.S.d.<br />
Art. 3 Abs. 1 GG. In einer weiteren Entscheidung hat der<br />
BGH 30 selbst die Bürogemeinschaft eines als Einzelanwalt tätigen<br />
Rechtsanwalts mit einer Steuerberatungsgesellschaft, an<br />
der er als Partner beteiligt war, untersagt. Zur Begründung berief<br />
sich der Anwaltssenat auf §59a Abs. 4BRAO, der das für<br />
Sozietäten geltende Verbot auf die Bürogemeinschaft erstreckt.<br />
Es ist somit nicht zulässig, den Beruf des Rechtsanwalts gleichzeitig<br />
in einer Bürogemeinschaft <strong>und</strong> einer Sozietät oder Partnerschaft<br />
auszuüben. Der AGH Celle 31 hat es einem in einer<br />
Sozietät tätigen Rechtsanwalt sogar untersagt, sich mit einer<br />
reinen Kapitalbeteiligung unter Ausschluss einer aktiven Mitarbeit<br />
aneiner Steuerberatungs-GmbH zu beteiligen, obwohl die<br />
24 Zurückhaltend noch die Stellungnahme des IDW v.5.4.2004, Wpg<br />
2004, 650, 652.<br />
25 Naumann, (Fn. 22) ARdnr. 214.<br />
26 Naumann, (Fn. 22) ARdnr. 205.<br />
27 Zu Einzelheiten s. Henssler, ZIP 1998, 2121.<br />
28 AGH Hamburg, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2004, 271 (273).<br />
29 BGH, NJW 2006, 1132 <strong>und</strong> Anmerkung von Kilian, BGH-Report<br />
2006, 339 f.<br />
30 BGH, NJW 2003, 3548.<br />
31 AnwGH Celle, NJW 2004, 3270.<br />
Henssler, Die Kapitalbeteiligung an Anwaltsgesellschaften<br />
Kapitalbeteiligung an einer Steuerberatungsgesellschaft jedermann<br />
offen steht. Rechtsirrig ist das Gericht davon ausgegangen,<br />
auch die reine Kapitalbeteiligung sei die Eingehung einer<br />
Sozietät nach §59a Abs. 1BRAO, so dass das Verbot der Sternsozietät<br />
einschlägig sei. 32<br />
Mit der geplanten Neufassung des §59a BRAO soll nach dem<br />
Regierungsentwurf im Zuge der Verabschiedung des RDG auch<br />
das Verbot der Sternsozietät entfallen. Rechtsanwälten soll die<br />
Zusammenarbeit in mehreren Sozietäten gestattet sein. 33 Das<br />
BMJ folgt hier einem verbreiteten Wunsch der Praxis. 34 Das<br />
bislang für Steuerberater gleichfalls geltende Verbot der Sternsozietät<br />
35 soll parallel zur Änderung bei den Rechtsanwälten<br />
aufgehoben werden, §56Abs. 1StBerG-E. 36<br />
d) Kommanditbeteiligungen<br />
Steuerberater <strong>und</strong> Wirtschaftsprüfer können sich untereinander,<br />
obwohl sie freie Berufe ausüben, auch ineiner Handelsgesellschaft<br />
in Form der OHG <strong>und</strong> KG zusammenschließen (so ausdrücklich<br />
§49Abs. 1StBerG zur Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft).<br />
Dies beruht auf der zubeiden Berufsbildern<br />
gehörenden Tätigkeit als Treuhänder, 37 die aus handelsrechtlicher<br />
Sicht ein Handelsgewerbe ist. 38 Damit stellt sich auch<br />
die Frage der Zulässigkeit der Kapitalgesellschaft & Co KG.<br />
Dies scheitert bislang an dem Verbot der Beteiligung von Kapitalgesellschaften<br />
als persönlich haftende Gesellschafter, §§ 56<br />
Abs. 1StBerG, 28 Abs. 1WPO. 39 Für Steuerberatungsgesellschaften<br />
<strong>und</strong> WP-Gesellschaften wird die GmbH &Co. KG mit<br />
Aufhebung dieses Verbotes durch §50 Abs. 1Satz 3StBerG-E 40<br />
<strong>und</strong> §28Abs. 1Satz 2WPO-E ausdrücklich zugelassen. 41 Allerdings<br />
fehlt imRegierungsentwurf eine klarstellende Aufnahme<br />
der GmbH &Co. KG in §49Abs. 1StBerG. Beide Berufe<br />
können sichdementsprechend auch in derGmbH&CoKGzusammenschließen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Mehrheitserfordernisse ist es<br />
aber notwendig, dass als persönlich haftender Gesellschafter<br />
entweder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, eine Steuerberatungsgesellschaft<br />
mbH oder eine Wirtschaftsprüfungs<strong>und</strong><br />
Steuerberatungsgesellschaft mbH fungiert. Rechtsanwälte<br />
dürfen dagegen nicht ineiner Handelsgesellschaft zusammenarbeiten,<br />
schon aus diesem Gr<strong>und</strong> steht ihnen die GmbH &Co<br />
KG nicht offen. Gleiches gilt auch für die Anwalts-KG. 42<br />
2. Der Gesellschafterkreis in Anwaltskapitalgesellschaften<br />
Für die Kapitalgesellschaften beschränkt §59e Abs. 1 Satz 2<br />
BRAO den Gesellschafterkreis auf solche natürliche Personen,<br />
die inder Gesellschaft beruflich tätig sind. Diese unmittelbar<br />
nur für die Anwalts-GmbH geltende Regelung ist entsprechend<br />
32 A.A. Grunewald, NJW 2006, 2306, 2307; Posegga, NJW 2004,<br />
3228, 3229.<br />
33 So ausdrücklich BR-Drucks. 623/06, S. 181.<br />
34 Die <strong>BRAK</strong> hingegen lehnt die Aufhebung des Verbotes der Sternsozietät<br />
weiterhin aus den genannten Gründen ab. Stellungnahme der<br />
<strong>BRAK</strong> Nr. 37/2004, S.32 sowie zum ersten Referentenentwurf<br />
<strong>BRAK</strong>-Stellungnahme Nr. 16/2005, S. 53.<br />
35 Vgl. LG Düsseldorf, DStR 1992, 1600 <strong>und</strong> Späth in: Mittelsteiner/<br />
Gilgan/Späth, Berufsordnung der Steuerberater, 1.Aufl. 2002, §51<br />
Rdnr. 15ff.<br />
36 Vgl. auch Begründung zum Referentenentwurf vom 13.07.2006 zur<br />
Neufassung des StBerG, S.36.<br />
37 Vgl. Naumann, (Fn. 22), A Rdnr. 29ff.; Baumbach/ Hopt, HGB,<br />
32. Aufl. 2006, §105 Rdnr. 3.<br />
38 Meurers in: Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez, Steuerberatungsgesetz,<br />
2. Aufl. 2004,§ 49, Rdnr. 4.<br />
39 Meurers, (Fn. 38) §49, Rdnr. 1; Naumann ,(Fn. 22) ARdnr. 130.<br />
40 In §50Abs. 1StBerG soll folgender Satz angefügt werden: „Persönlich<br />
haftender Gesellschafter kann auch eine Steuerberatungsgesellschaft<br />
sein, die die Voraussetzungen des §50a erfüllt.“<br />
41 Begründung zum Referentenentwurf vom 13.07.2006 zur Neufassung<br />
des StBerG, S.34; BT-Drucks. 555/06, S. 42.<br />
42 A.A. Muthers, NZG 2001, 930, 933 f.