Die Kraft des Evangeliums 2/2023
Eine Ausgabe der Reformierten Baptistengemeinde Reichshof
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DIE KRAFT DES<br />
EVANGELIUMS<br />
Eine Ausgabe der Reformierten Baptistengemeinde Reichshof • 2/<strong>2023</strong><br />
Brauchen wir<br />
noch das Gesetz?<br />
• Wozu gab Gott das Gesetz?<br />
• Vom heiligen Gesetz Gottes<br />
• Bist du von oben geboren?<br />
• Das Evangelium kennen<br />
und verkünden<br />
• Wenn der <strong>Die</strong>nst gute Früchte trägt<br />
• Musik in der Gemeinde<br />
• Ist es für Gott eine Frage,<br />
was ich trage?
INHALT<br />
4<br />
12<br />
19<br />
24<br />
30<br />
34<br />
40<br />
Wozu gab Gott das Gesetz?<br />
D. Martyn Lloyd-Jones<br />
Vom heiligen Gesetz Gottes<br />
Carl Olof Rosenius<br />
Bist du von oben geboren?<br />
C.H. Spurgeon<br />
Das Evangelium kennen<br />
und verkünden<br />
Paul Washer<br />
Wenn der <strong>Die</strong>nst<br />
gute Früchte trägt<br />
Musik in der Gemeinde<br />
John MacArthur<br />
Ist es für Gott eine Frage,<br />
was ich trage?<br />
Nancy DeMoss Wolgemuth
WEDER GESETZLICH<br />
NOCH GESETZLOS<br />
Wir alle sind anfällig für Übertreibungen<br />
und Extreme in die eine<br />
oder andere Richtung. Als Gott<br />
das Volk Israel aus der ägyptischen Gefangenschaft<br />
befreite, um Ihm allein zu dienen, verfielen<br />
sie in Unglauben, Rebellion gegen Ihn<br />
und in den Götzendienst. Nach vierzigjähriger<br />
Wüstenwanderung führte der Herr die Israeliten<br />
in das verheißene Land Kanaan. Ihre<br />
größten Feinde waren besiegt, aber überall<br />
um sie herum gab es Widerstand. Anstatt die<br />
Eroberung voranzutreiben, wie Gott es befohlen<br />
hatte, ließen sie sich nieder und machten<br />
es sich bequem. Es dauerte nicht lange, bis sie<br />
mit den Heiden Kontakt aufnahmen und sich<br />
mit ihnen vermischten. <strong>Die</strong>se Vermischung<br />
führte zu schrecklichem Götzendienst und<br />
schließlich zum siebzigjährigen Exil in Babylon.<br />
Das war das eine Extrem, in das die Israeliten<br />
verfielen – in die Gesetzlosigkeit.<br />
Paulus musste die Gemeinde in Korinth an<br />
das Versagen der Israeliten erinnern und sagen:<br />
»Werdet auch nicht Götzendiener … Lasst uns<br />
auch nicht Unzucht treiben … Lasst uns auch nicht<br />
Christus versuchen … Murrt auch nicht, so wie auch<br />
etliche von ihnen murrten und durch den Verderber<br />
umgebracht wurden … Darum, wer meint, er stehe,<br />
der sehe zu, dass er nicht falle!« (1.Kor. 10,7-12).<br />
Nach der babylonischen Gefangenschaft<br />
hatten die Israeliten nie wieder das große Problem<br />
<strong>des</strong> Götzendienstes oder der Vermischung<br />
mit den ungläubigen Heiden; statt<strong>des</strong>sen verfielen<br />
sie in die Gesetzlichkeit. Jesus warnte<br />
darum das Volk vor den Schriftgelehrten und<br />
Pharisäern, in dem Er sagte: »Sie binden nämlich<br />
schwere und kaum erträgliche Bürden und legen sie<br />
den Menschen auf die Schultern; sie aber wollen sie<br />
nicht mit einem Finger anrühren … Wehe euch, ihr<br />
Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr<br />
getünchten Gräbern gleicht, die äußerlich zwar schön<br />
scheinen, inwendig aber voller Totengebeine und aller<br />
Unreinheit sind! So erscheint auch ihr äußerlich vor<br />
den Menschen als gerecht, inwendig aber seid ihr voller<br />
Heuchelei und Gesetzlosigkeit« (Mt. 23,4.27-28).<br />
Zu allen Zeiten hatten die Christen die Tendenz,<br />
entweder gesetzlos oder gesetzlich zu<br />
werden; aber das Evangelium ist weder gesetzlich<br />
noch gesetzlos. <strong>Die</strong> Christen in Galatien<br />
wurden von jüdischen Irrlehrern verführt<br />
und verfielen in die Gesetzlichkeit. An die Kolosser<br />
musste Paulus schreiben: »Wenn ihr nun<br />
mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben<br />
seid, weshalb lasst ihr euch Satzungen auferlegen, als<br />
ob ihr noch in der Welt lebtet? … [Gebote] nach den<br />
Weisungen und Lehren der Menschen« (Kol. 2,20-<br />
22). Und die Korinther musste er ermahnen:<br />
»Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen!<br />
Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit<br />
miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für<br />
Gemeinschaft mit der Finsternis?« (2.Kor. 6,14).<br />
Es fällt uns leicht, die Israeliten, die Korinthergemeinde<br />
oder andere Christen wegen<br />
ihrer Gesetzlosigkeit zu verurteilen oder auch<br />
die Galater, die Kolosser und andere Gemeinden<br />
als gesetzlich zu bezeichnen. Aber können<br />
wir uns selbst richtig einschätzen? Sollte<br />
sich nicht besser jeder selbst fragen: Wie bewertet<br />
Gott dich? Bist du wirklich ein gottesfürchtiger<br />
Christ, oder willst du etwa durch<br />
deine Worte, Taten und Äußerlichkeiten nur<br />
deine Frömmigkeit zur Schau stellen?<br />
Weil wir von Gott aus der Finsternis zum<br />
Licht berufen worden sind, so lasst uns der<br />
Heiligung nachjagen, damit wir Christus immer<br />
ähnlicher werden, und lasst uns fliehen<br />
vor aller Gesetzlosigkeit und vor jeder Form<br />
von Gesetzlichkeit!<br />
In der Liebe zu Christus und zur Wahrheit,<br />
Prediger und Lehrer der<br />
Reformierten Baptistengemeinde Reichshof
WOZU<br />
GAB GOTT<br />
DAS<br />
GESETZ?<br />
RÖMER 7,7-25
D. MARTYN LLOYD-JONES<br />
Wenn Menschen zur Zeit <strong>des</strong> Alten Testaments<br />
über das Wort Gottes sprachen<br />
– was meinten sie dann damit?<br />
Was galt für sie als Wort Gottes? Es ist klar, dass<br />
für die Menschen im Alten Testament das Gesetz,<br />
also die fünf Bücher Mose, das Wort Gottes<br />
an die Menschen war.<br />
In der Botschaft <strong>des</strong> Gesetzes, das Mose von<br />
Gott empfangen hatte, geht es vorerst um Gott.<br />
Sie beginnt mit Ihm. Dann wendet sie sich an<br />
die Menschen und sagt ihnen die Wahrheit über<br />
sie selbst, über ihren Ursprung im Paradies,<br />
wie Gott sie geschaffen hatte, nämlich im Bilde<br />
Gottes. Gott teilt den Menschen in Seinem Wort<br />
auch mit, wie sie leben sollten.<br />
Nun, wir können dies wie folgt zusammenfassen:<br />
Gott gab den Menschen Sein Gesetz.<br />
Was offenbart uns dieses Gesetz Gottes?<br />
Was sagt es uns tatsächlich über uns selbst?<br />
Wir wissen, dass niemand von uns das Gesetz<br />
halten kann; doch das ist noch nicht die ganze<br />
Wahrheit über uns. Seid ihr bereit, wirklich<br />
die Wahrheit über euch selbst zu hören? Seid<br />
ihr bereit, euch jetzt unter das lebendige Wort<br />
Gottes zu stellen? »Denn das Wort Gottes ist lebendig<br />
und wirksam und schärfer als je<strong>des</strong> zweischneidige<br />
Schwert, und es dringt durch, bis es scheidet sowohl<br />
Seele als auch Geist, sowohl Mark als auch Bein, und<br />
es ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen <strong>des</strong><br />
Herzens« (Hebr. 4,12).<br />
<strong>Die</strong>ses lebendige Wort schneidet in uns direkt<br />
durch alles hindurch; vor ihm bleibt nichts<br />
verborgen. Es wird alles aus den verborgensten<br />
Winkeln hervorgeholt und bloßgestellt. Und<br />
während ich jetzt etwas aus diesem Wort erkläre,<br />
werdet ihr an gewisse Dinge erinnert, und<br />
ihr werdet feststellen, dass dies genau auf euch<br />
zutrifft.<br />
1. DAS WORT GOTTES ZEIGT<br />
DAS AUSMAẞ DER SÜNDE AUF<br />
<strong>Die</strong>ses Wort Gottes teilt uns etwas über das Ausmaß<br />
der Sünde mit.<br />
Unsere Welt kennt leider die Ursache ihrer<br />
ganzen Probleme nicht. Unsere Politiker und<br />
alle Gelehrten versuchen zwar, den Menschen<br />
die Ursachen für alle Probleme in der Welt zu<br />
erklären. Doch das, was oft als Ursache der Probleme<br />
angesehen wird, ist es in Wahrheit nicht.<br />
<strong>Die</strong> Politik beschäftigt sich ausschließlich mit<br />
den Symptomen und äußeren Erscheinungsformen<br />
der Sünde. <strong>Die</strong> eigentliche Ursache wird<br />
nur in der Heiligen Schrift behandelt, buchstäblich<br />
nirgendwo anders.<br />
<strong>Die</strong> Bibel offenbart uns das, was wirklich das<br />
Ausmaß der Sünde ist. Das Wort Gottes, bzw.<br />
das Gesetz Mose, wurde uns gegeben, um uns<br />
dadurch etwas Wichtiges zu lehren. Warum<br />
rief Gott Mose auf jenen Berg hinauf und gab<br />
ihm die zehn Gebote? Es geschah, damit das<br />
eigentliche Problem <strong>des</strong> Menschen in Wahrheit<br />
offenbart werden könne – und das ist der erste<br />
Punkt, den wir als Grund dafür beachten müssen,<br />
warum Gott uns das Gesetz gab.<br />
2. DAS GEWISSEN ALS<br />
WARNSYSTEM<br />
Was bringt Reue hervor? Darauf gibt es eine<br />
einfache Antwort. In einem jeden von uns gibt<br />
es etwas, was als das Gewissen bezeichnet wird:<br />
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ein Empfinden für Recht und Unrecht. Mit anderen<br />
Worten: Bevor wir gewisse Dinge tun, meldet<br />
sich in uns gleichsam eine Stimme, die sagt: »Tue<br />
das nicht, es ist falsch!« Doch wir ignorieren<br />
dieses Drängen und tun es trotzdem, und dann<br />
leiden wir innerlich Gewissensqualen, wir sind<br />
betrübt und geplagt, nicht wahr?<br />
Unser Gewissen spricht zu uns, und es hämmert<br />
immer weiter auf uns ein. Wir versuchen,<br />
dagegen anzukämpfen, wir versuchen, es abzutöten,<br />
aber das hilft nichts, denn es ist da und<br />
spricht immer weiter zu uns. <strong>Die</strong>se Stimme <strong>des</strong><br />
Gewissens ist jedem Menschen angeboren; jeder<br />
hat ein Empfinden für Recht und Unrecht.<br />
Das ist es, was uns alle verantwortlich macht.<br />
Der Apostel Paulus drückt dies im Brief an<br />
die Römer sehr deutlich aus, indem er sagt:<br />
»Alle nämlich, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden<br />
auch ohne Gesetz verlorengehen; und alle, die unter<br />
dem Gesetz gesündigt haben, werden durch das Gesetz<br />
verurteilt werden ... Wenn nämlich Heiden, die das Gesetz<br />
nicht haben, doch von Natur aus tun, was das Gesetz<br />
verlangt, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst<br />
ein Gesetz, da sie ja beweisen, dass das Werk <strong>des</strong> Gesetzes<br />
in ihre Herzen geschrieben ist, was auch ihr Gewissen<br />
bezeugt, dazu ihre Überlegungen, die sich untereinander<br />
verklagen oder auch entschuldigen« (Röm. 2,12.14-15).<br />
Das gilt also, wie Paulus sagt, für jeden. Den<br />
Juden ist das Gesetz durch Mose gegeben worden;<br />
aber alle anderen – auch solche, die das<br />
Gesetz nicht hatten – zeigen in gewissem Sinne,<br />
dass das, was im Gesetz festgelegt ist, »in<br />
ihre Herzen geschrieben ist«, wie es ihr Gewissen<br />
beweist. Und dann sagt Paulus: Eure Gedanken<br />
verklagen euch oder entschuldigen euch – »dazu<br />
ihre Überlegungen, die sich untereinander verklagen<br />
oder auch entschuldigen«.<br />
Auf welcher Grundlage geschieht das? Es<br />
geschieht, weil wir ein Gewissen haben, dieses<br />
Empfinden für Recht und Unrecht; wenn nun<br />
unser Gewissen uns sagt: »Du hast etwas Verkehrtes<br />
getan, das hättest du nicht tun sollen!«,<br />
dann suchen wir eine Ausrede; aber wir wissen,<br />
dass wir Unrecht haben. Unser Gewissen sagt<br />
uns, dass wir Heuchler sind.<br />
3. DAS GESETZ OFFENBART<br />
UNSERE SÜNDHAFTIGKEIT<br />
Warum wurde uns das Gesetz überhaupt gegeben?<br />
Das Gesetz wurde uns gegeben, damit uns<br />
die Wahrheit <strong>des</strong>sen, was unser Herz uns sagt,<br />
deutlich gemacht wird, so dass wir nicht mehr<br />
vor ihr fliehen können. Das war der ganze Zweck<br />
und die Funktion der Gesetzgebung.<br />
Paulus erklärt es uns. Er sagt: »Der Übertretungen<br />
wegen wurde [das Gesetz] hinzugefügt« (Gal.<br />
3,19); »Das Gesetz aber ist daneben hereingekommen,<br />
damit das Maß der Übertretung voll würde« (Röm.<br />
5,20) – damit die Wahrheit immer deutlicher<br />
erkannt würde. Und dann drückt Paulus in Römer<br />
7,13 den Zweck <strong>des</strong> Gesetzes wie folgt aus:<br />
»Damit die Sünde überaus sündig würde durch das<br />
Gebot.«<br />
Das Gesetz wurde dazu gesandt, dass die<br />
Sünde wirklich als Sünde erscheinen möge.<br />
Wir alle sind so schlau darin, unser Gewissen<br />
zu manipulieren, sodass wir Dinge wegerklären<br />
können. Doch dann kommt das Wort Gottes<br />
und sagt uns: »Einen Augenblick mal! Hör<br />
dir dies an …«; es hält uns fest, und wir können<br />
uns nicht mehr herauswinden, nicht wahr?<br />
Es ist da, und es spricht, es erklärt die geschehene<br />
Missetat. Und wir haben nichts mehr zu<br />
entgegnen; wir müssen das Unrecht zugeben.<br />
»Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde«<br />
(Röm 3,20).<br />
Was meint aber Paulus mit Römer 7,7? »Was wollen<br />
wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne!<br />
Aber ich hätte die Sünde nicht erkannt, außer durch das<br />
Gesetz; denn von der Begierde hätte ich nichts gewusst,<br />
wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: Du sollst nicht begehren!«<br />
Wir alle neigen dazu, uns selbst ausschließlich<br />
nach unseren Handlungen zu beurteilen;<br />
wir tendieren zu der Ausrede: »Ich habe mich<br />
nie betrunken! Ich habe nie Ehebruch begangen!<br />
Ich habe nie dieses oder jenes getan!« Und<br />
aufgrund <strong>des</strong>sen denken wir, dass mit uns alles<br />
völlig in Ordnung sei.<br />
6 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
»Aber einen Augenblick mal«, sagt das Gesetz.<br />
»Ganz so einfach ist es nämlich nicht. Hast<br />
du noch nie eine Begierde gehabt?«<br />
»Wisst ihr«, so erklärt es Paulus im Grunde<br />
genommen, »es gab bei mir eine Zeit, wo ich<br />
auch so dachte; ich meinte, ich sei fast vollkommen.<br />
Doch das Gesetz sagte plötzlich zu mir:<br />
›Du sollst nicht begehren, z. B. das Haus deines<br />
Nächsten! Du sollst nicht begehren … also gar<br />
nichts, was deinem Nächsten gehört.‹ Und wisst<br />
ihr«, fährt Paulus fort, »in dem Augenblick, als<br />
ich das erkannte, starb ich; da war es mit mir<br />
zu Ende. Ich war zuvor so überzeugt von mir,<br />
dass ich ein guter Mensch sei; aber das Gesetz<br />
hat mich dann verurteilt. Das Gesetz sagt, dass<br />
eine Begierde genauso schlimm ist wie die Tat;<br />
dass es genauso sündig ist, etwas zu begehren,<br />
was mir nicht gehört, wie eine böse Handlung<br />
zu begehen.«<br />
Das ist die Botschaft, die das Gesetz uns<br />
bringt. Wir können mit unserem Gewissen<br />
schon irgendwie fertig werden, indem wir uns<br />
einreden: Ich habe nie dieses oder jenes getan,<br />
also ist alles in Ordnung mit mir! Doch plötzlich<br />
tritt das Gesetz an uns heran und sagt uns: »Lass<br />
mich aber mal dein Herz, dein Denken, deine<br />
Vorstellungswelt untersuchen!«<br />
Der König und Prophet David war ein Mann<br />
nach dem Herzen Gottes, und dennoch war er<br />
ein Mensch wie wir. Er begehrte eine bestimmte<br />
Frau so sehr, dass er sogar einen Mord anordnete,<br />
damit er sie haben konnte. Und er war damit<br />
vorerst ziemlich glücklich; alles schien in Ordnung<br />
zu sein – so dachte er wenigstens. Doch<br />
Gott sandte durch den Propheten Nathan Sein<br />
Wort zu ihm und überführte ihn. Hernach betete<br />
David: »Erschaffe mir, o Gott, ein reines Herz, …!« (Ps.<br />
51,12). Da liegt das Problem! Im Herzen.<br />
Das Hauptproblem ist nicht so sehr die Versuchung<br />
von außen her, sondern vielmehr,<br />
dass etwas in mir ist, was auf sie anspricht. Das<br />
bringt uns zu der Erkenntnis und Bitte: »Ich<br />
bin so schmutzig, o Herr; wasche mich rein!«<br />
Doch David sah das erst ein, als das Wort Gottes<br />
ihm entgegentrat. Das ist es, was das Wort<br />
Gottes tut. Das ist es, was das Gesetz Moses tut.<br />
»Du sollst nicht begehren!« Und David gelangte zu<br />
dieser Einsicht. Und dieses Gesetz lässt uns alle,<br />
wenn es uns wirklich trifft, zur Selbsterkenntnis<br />
gelangen, dass wir in unseren Herzen verdorben<br />
sind, und dass wir tatsächlich von Neuem<br />
geboren werden müssen.<br />
4. DAS GESETZ OFFENBART UNS<br />
DIE MACHT DER SÜNDE<br />
Unsere Gesellschaft mag den Begriff Sünde nicht.<br />
»Unsinn!«, sagen die Leute. »Sünde? So etwas<br />
gibt es nicht.« Und <strong>des</strong>halb denken die Menschen:<br />
»Ich bin zwar nicht so gut, wie ich sein sollte, ich<br />
bin nicht zu hundert Prozent perfekt, aber <strong>des</strong>wegen<br />
bin ich doch nicht schlecht! Ich bin nicht<br />
böse. Ich bin nicht wirklich sündhaft. Wenn ich<br />
damit aufhören möchte, eine bestimmte Sache<br />
zu tun, dann kann ich das schon.« <strong>Die</strong> Leute sagen<br />
das immer wieder und versprechen, dass sie<br />
ihre schlechten Gewohnheiten aufgeben wollen;<br />
doch es ist viel leichter, darüber zu sprechen, als<br />
es auch in die Tat umzusetzen, nicht wahr?<br />
Freunde, das ist die Macht der Sünde! Und allein<br />
hier in der Bibel lesen wir von dieser Macht.<br />
Hören wir auf Paulus: »Denn wir wissen, dass das<br />
Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die<br />
Sünde verkauft. Denn was ich vollbringe, billige ich<br />
nicht« – mit anderen Worten: Ich weiß zwar, dass<br />
das, was ich tue, verkehrt ist, und ich befürworte<br />
es nicht; aber ich tue es trotzdem –; »denn ich tue<br />
nicht, was ich will, sondern was ich hasse, das übe ich<br />
aus« (Röm. 7,14-15)<br />
Sind dies etwa die Worte eines Ungläubigen,<br />
wie manche behaupten? Wenn der Apostel Paulus<br />
sagt, dass das für ihn galt, als er noch ein<br />
Ungläubiger war, dann diagnostiziere ich auch,<br />
dass wir alle noch ungläubig sind, weil er hier<br />
die einfache Wahrheit über uns aufzeigt; er beschreibt<br />
sich genau so, wie es auch auf mich von<br />
Natur aus zutrifft.<br />
Wer sagt uns heute noch die Wahrheit über<br />
uns selbst? <strong>Die</strong> Psychologie sagt uns das nicht,<br />
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unsere Politik ganz sicher ebenfalls nicht! Nein,<br />
niemand sagt uns die Wahrheit, als nur dieses<br />
Wort Gottes, und es beschreibt uns mit folgenden<br />
Worten: »Was ich hasse, das übe ich aus« (Röm.<br />
7,15). Und hier liegt unser Problem. »Denn ich<br />
weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts<br />
Gutes wohnt« – woher weiß ich das? –; »das Wollen<br />
ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen <strong>des</strong><br />
Guten gelingt mir nicht« (Röm 7,18).<br />
Warum nicht? Woran liegt das? Warum können<br />
wir nicht all das tun, was wir als richtig erkennen?<br />
Darauf gibt es nur eine Antwort, nämlich:<br />
die Macht der Sünde hindert uns daran.<br />
»Wenn ich aber das tue, was ich nicht will«, fährt<br />
Paulus fort, »so vollbringe nicht mehr ich es« – was ist<br />
es denn dann? Er sagt: »… sondern die Sünde, die in<br />
mir wohnt. Ich finde also das Gesetz vor, wonach mir, der<br />
ich das Gute tun will, das Böse anhängt. Denn ich habe<br />
Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen;<br />
ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das<br />
gegen das Gesetz meiner Gesinnung streitet und mich gefangen<br />
nimmt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen<br />
Gliedern ist. Ich elender Mensch!« (Röm 7,20-24a).<br />
Ist das nicht die Wahrheit über uns alle? Natürlich<br />
ist es wahr! Aber wo haben wir das erfahren?<br />
Woher wissen wir das? <strong>Die</strong> Welt mit ihrer<br />
Ideologie wird es uns niemals sagen. Darum wurde<br />
uns das Gesetz Gottes durch Mose gegeben,<br />
um uns zu zeigen, dass es »ein anderes Gesetz in meinen<br />
Gliedern« gibt; dass es in uns eine Macht gibt,<br />
die stärker ist als wir selbst; dass wir, obwohl wir<br />
wissen, was richtig ist, es nicht vollbringen können,<br />
weil wir Gefangene sind, Sklaven der Sünde<br />
und der Lust und Leidenschaft. Freunde, nur das<br />
Gesetz Gottes gibt uns diese Information!<br />
5. DIE SÜNDE VERDREHT SOGAR<br />
DAS HEILIGE GESETZ GOTTES<br />
Wir sind von unserer Natur her nicht nur Sklaven<br />
der Sünde; Paulus zeigt auch die verderbliche<br />
Macht der Sünde auf. <strong>Die</strong>s ist das Schrecklichste<br />
an der Sünde in uns; sie versucht alles zu verdrehen.<br />
<strong>Die</strong> Sünde ist so mächtig, dass sie sogar das<br />
Gesetz Gottes verdrehen will. Das ist der ganze<br />
Argumentationsgang von Paulus in Römer 7. In<br />
Vers 7 stellt er diese Frage: »Was wollen wir nun sagen?<br />
Ist das Gesetz Sünde?« Warum erhebt er diese<br />
Frage? Warum sagt er dann weiter: »So ist nun das<br />
Gesetz heilig, und das Gebot ist heilig, gerecht und gut.<br />
Hat nun das Gute mir den Tod gebracht?« (V. 12-13)?<br />
Worum geht es bei alledem?<br />
Paulus will damit eigentlich Folgen<strong>des</strong> sagen:<br />
»Als ich den wahren Charakter <strong>des</strong> Gesetzes erkannte«<br />
– er hatte vorher gemeint, er wüsste,<br />
was Gott zu Mose gesagt hatte; doch als er vom<br />
Geist Gottes überführt wurde, verstand er es<br />
erstmals richtig –, »entdeckte ich, dass das Gesetz,<br />
das Gott mir durch Mose gab, mich sogar<br />
schlechter anstatt besser machte.« Lesen wir<br />
den fünften Vers: »Denn als wir im Fleisch waren, da<br />
wirkten in unseren Gliedern die Leidenschaften der Sünden,<br />
die durch das Gesetz sind« – die sich durch das<br />
Gesetz verstärken, durch das Gesetz angespornt<br />
werden –, »um dem Tod Frucht zu bringen.«<br />
<strong>Die</strong> Sünde verdreht das Gesetz, sogar das Gesetz<br />
Gottes, welches doch so gut ist. »Ich merkte,<br />
dass das Gesetz gegen mich war«, sagt Paulus im<br />
Grunde. »Es fügte mir Schaden zu, anstatt mich<br />
zu erlösen.« Warum? Nicht, weil mit dem Gesetz<br />
irgendetwas nicht stimmen würde, sondern aufgrund<br />
<strong>des</strong> Charakters der Sünde, die in mir ist.<br />
»Sondern die Sünde hat, damit sie als Sünde offenbar<br />
werde, durch das Gute meinen Tod bewirkt, damit die<br />
Sünde überaus sündig würde durch das Gebot« (V. 13).<br />
Wie furchtbar ist doch das alles!<br />
Können wir erkennen, dass es allein die Botschaft<br />
Gottes ist, die uns diese Wahrheit aufzeigt?<br />
Ist das nicht gerade die Wahrheit, welche<br />
die Welt vor allem anderen wissen muss – und<br />
leider müssen wir sagen: auch die Christenheit?<br />
6. DAS GESETZ OFFENBART UNS<br />
UNSERE VÖLLIGE HILFLOSIGKEIT<br />
Wozu wurde uns das Gesetz gegeben? Das Gesetz<br />
fordert von uns, dass wir es halten sollen.<br />
8 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Hört, wie Paulus dies in Römer 2 ausdrückt:<br />
»Denn vor Gott sind nicht die gerecht, welche das Gesetz<br />
hören, sondern die, welche das Gesetz befolgen, sollen<br />
gerechtfertigt werden« (V. 13).<br />
Törichte Juden sagen: »Mit uns ist alles in<br />
Ordnung; wir sind das Volk Israel.« »Aber«, so<br />
fragen wir, »woher wollt ihr denn wissen, dass<br />
mit euch alles in Ordnung sei?« »Nun ja«, antworten<br />
sie, »wir haben das Gesetz; Gott hat es<br />
uns gegeben und nicht den Heiden. Es wird an<br />
jedem Sabbat in unseren Synagogen gelehrt;<br />
wir sind die Hörer <strong>des</strong> Gesetzes.« Und sie meinen,<br />
dass darum, weil sie auf das Gesetz hören,<br />
mit ihnen alles in Ordnung sei. Doch Paulus<br />
zeigt, dass dies nicht den geringsten Wert hat;<br />
die Frage, die wir vor dem Richterstuhl Gottes<br />
zu beantworten haben werden, lautet nicht:<br />
»Was hast du gehört?«, sondern: »Was hast du<br />
getan?« Alles andere ist eine Täuschung.<br />
Es hat keinen Sinn, zu sagen: »Mit mir ist alles<br />
in bester Ordnung, weil ich neunundneunzig<br />
Prozent <strong>des</strong> Gesetzes gehalten habe.« Das wird<br />
uns überhaupt nicht helfen. Das Gesetz Gottes<br />
muss in seiner Gesamtheit befolgt werden. Wir<br />
werden für das eine Prozent, das wir nicht gehalten<br />
haben, als schuldig verurteilt werden.<br />
7. DEN SINN DES GESETZES<br />
VERSTEHEN<br />
<strong>Die</strong> Pharisäer meinten, dass mit ihnen alles in<br />
Ordnung sei, solange sie den Buchstaben <strong>des</strong> Gesetzes<br />
einhielten, so wie sie ihn verstanden. Doch<br />
warum gab Gott uns überhaupt die Zehn Gebote?<br />
Warum sagte Er überhaupt: »Du sollst nicht töten!<br />
Du sollst nicht ehebrechen!«, und so weiter? Welcher<br />
Sinn steckt dahinter? Unser Herr gab uns in<br />
der Bergpredigt die Antwort: Der Geist <strong>des</strong> Gesetzes<br />
ist viel wichtiger als der Buchstabe; und was<br />
Gott in erster Linie möchte, ist: dass wir Ihn lieben<br />
und unseren Nächsten lieben wie uns selbst.<br />
Warum sollen wir nicht töten? Warum dürfen<br />
wir nicht stehlen oder Ehebruch begehen oder<br />
begehren? Weil wir unseren Nächsten lieben<br />
sollen wie uns selbst. Wir können allen Menschen<br />
entgegenhalten: »Ich habe meinen Nächsten<br />
nie geschlagen! Ich habe meinem Nächsten<br />
nie dieses oder jenes angetan!« Und wir denken<br />
dann, dass wir gute Leute seien. Doch das Gesetz<br />
Gottes kommt zu uns und sagt: »Sieh her, mein<br />
Freund, die Frage ist: Liebst du deinen Nächsten<br />
wie dich selbst? Was hast du gestern über deinen<br />
Nächsten gedacht? – Und dasselbe gilt für deine<br />
Haltung Gott gegenüber!« Viele sind lediglich<br />
an dem Buchstaben interessiert und behaupten:<br />
»Wir haben dieses nie getan, wir haben jenes nie<br />
getan, usw.«<br />
»Hör zu«, sagt uns Jesus. »Du behauptest,<br />
dass du niemals Ehebruch begangen habest. In<br />
Ordnung, aber lass mich dir eine Frage stellen:<br />
Hast du schon einmal eine Frau begehrlich angeschaut?<br />
Hast du je einen Mann begehrlich<br />
angeschaut? Wenn ja, dann hast du bereits in<br />
deinem Herzen Ehebruch begangen! – Dasselbe<br />
gilt auch für das Töten. Du sagst: ›Ich habe noch<br />
nie einen Mord begangen.‹ Hast du schon einmal<br />
zu deinem Bruder gesagt: ›Du Narr!‹? Wenn ja,<br />
dann hast du ihn in deinem Herzen bereits ermordet!«<br />
(s. Mt. 5,21-28).<br />
Das ist es, was das Gesetz Gottes uns zeigt;<br />
dies ist der Sinn <strong>des</strong> Gesetzes. Es stellt unsere<br />
wahre Sündennatur bloß; und wenn du meinst,<br />
dass du gut seist, und dass du Gott mit deinem<br />
Leben zufriedenstellen könntest, dann spricht<br />
das Gesetz zu dir, und du bist verurteilt; du bist<br />
schuldig und ohnmächtig; du bist verdorben<br />
und schmutzig.<br />
Nichts anderes als das Gesetz Gottes kann<br />
uns zu dieser Erkenntnis bringen. Deshalb<br />
wurde Mose auf dem Berg Sinai das Gesetz von<br />
Gott gegeben; dies geschah, damit uns das, was<br />
bereits in unser aller Herz geschrieben wurde,<br />
deutlich gemacht würde, und damit wir alle<br />
erkennen mögen, dass wir von der Schuld der<br />
Sünde, von der Macht der Sünde und von dem<br />
Schmutz der Sünde erlöst werden müssen – vor<br />
allem aber: von Gottes Zorn und Gericht.<br />
Das ist die Botschaft Gottes an unsere Welt,<br />
an die Menschen, die sagen, dass sie alles im<br />
voiceofhope.de | 9
Griff haben, während doch die ganze Welt im<br />
Chaos liegt und ihre Herzen verdorben und<br />
böse sind. Keine menschlichen Anstrengungen<br />
können sie erlösen. Das Gesetz zeigt uns unsere<br />
völlige Hilflosigkeit.<br />
8. DAS GESETZ ZEIGT,<br />
DASS NIEMAND VOR GOTT<br />
BESTEHEN KANN<br />
Das Gesetz zeigt uns nicht nur, dass wir nichts<br />
bezüglich unserer Schuld tun können und uns<br />
nie selbst von der Macht der Sünde befreien<br />
können; es zeigt uns auch, dass wir in diesem<br />
Zustand niemals vor Gott bestehen können. Viele<br />
sagen: »Aber Gott ist doch sicherlich ein Gott<br />
der Liebe, und wenn ich sage, dass es mir leid<br />
tue, wird Gott mir vergeben.« Doch das Gesetz,<br />
das Gott Mose auf dem Berg Sinai gab, widerlegt<br />
dieses Argument als Lüge.<br />
Was teilte Gott auf jenem Berg Mose mit? Er<br />
gab ihm die Zehn Gebote; aber Er ließ es nicht<br />
dabei bewenden, sondern Er gab ihm auch sehr<br />
detaillierte Hinweise über den Bau der Stiftshütte,<br />
und Er befahl ihm, den Bau nach ganz bestimmten<br />
Anweisungen durchzuführen. Gott gab<br />
Mose ganz bestimmte Maßgaben; Er sagte ihm,<br />
welches Material und wie viel davon er verwenden<br />
sollte. Er befahl Mose, einen Altar zu bauen,<br />
und dann gab Er ihm noch eine lange Liste von<br />
Regeln und Vorschriften mit. In ihnen ging es um<br />
das Opfern verschiedener Tiere – einschließlich<br />
eines Lammes an jedem Morgen und an jedem<br />
Abend –, um die Verwendung <strong>des</strong> Blutes und um<br />
seine Darbringung als Opfer. Es gab Regeln zu all<br />
den Opfergaben: zu den Brandopfern, Sünd- und<br />
Schuldopfern, Speisopfern und Friedensopfern.<br />
Gott befahl Mose dann, vom Berg hinabzusteigen,<br />
und Er sprach: »Achte darauf, ... dass du<br />
alles nach dem Vorbild machst, das dir auf dem Berg<br />
gezeigt worden ist!« (Hebr. 8,5).<br />
Viele sagen heute: »Ich bin nicht am Alten Testament<br />
interessiert. Was hat das ganze Blutvergießen<br />
und die Schlachtopfer mit mir zu tun?!« Aber<br />
es hat alles sehr viel mit uns zu tun. Was wird nämlich<br />
damit ausgesagt? Es wird gezeigt, dass Gott<br />
vollkommene Gerechtigkeit bzw. Genugtuung<br />
fordert, und dass Er dies alles so haben will. Er ist<br />
der Richter. Er entscheidet, nicht wir. Doch gewisse<br />
Leute beteuern: »Sage einfach, dass dir deine<br />
Sünde leid tue, und dann wird schon wieder alles<br />
in Ordnung sein. Wir kommen alle in den Himmel.«<br />
Das werden wir aber nicht! Das behaupten<br />
viele zwar, aber sie können dafür überhaupt keine<br />
autoritativen Schriftbelege aufweisen.<br />
Möchtest du wissen, was Gott sagt? Nun, hier<br />
ist Sein Gesetz. Er gab es Mose, und Mose gab<br />
es dem Volk weiter. Doch das Volk hat weder den<br />
Sinn <strong>des</strong> Gesetzes noch den Sinn <strong>des</strong> Tempels<br />
verstanden. <strong>Die</strong> Israeliten meinten, der Tempel<br />
sei lediglich ein Ort, an dem man ein bestimmtes<br />
Ritual und Zeremoniell mitzumachen habe und<br />
den man anschließend als guter Mensch wieder<br />
verlasse. So lehrt es heute die Katholische Kirche<br />
immer noch: »Bekenne deine Sünden dem<br />
Priester, tue dieses und jenes, und es wird schon<br />
wieder alles in Ordnung sein.« Man erkauft sich<br />
damit quasi sein Heil.<br />
Welch eine Verdrehung <strong>des</strong> Wortes Gottes!<br />
Nein, der ganze Zweck <strong>des</strong> Tempels und der<br />
Stiftshütte und aller Brandopfer und Schlachtopfer<br />
und alles <strong>des</strong>sen, wovon wir im Alten Testament<br />
lesen, bestand darin, den Menschen nur<br />
eine einzige Lektion beizubringen: dass Gottes<br />
Zorn besänftigt werden muss; dass Gott Genugtuung<br />
fordert: »Ohne Blutvergießen geschieht keine<br />
Vergebung [der Sünden]« (Hebr. 9,22). Gott möchte<br />
eine vollkommene Opfergabe von uns. Aber wir<br />
können sie Ihm nicht bringen.<br />
Nicht nur die Juden in der Zeit <strong>des</strong> Alten Testaments,<br />
sondern sogar ein so gebildeter Mann wie<br />
der Apostel Paulus verfiel vor seiner Bekehrung<br />
dem Irrtum, dass er annahm, man könne durch<br />
das Befolgen <strong>des</strong> Gesetzes errettet werden. Er<br />
war ein hochintelligenter Mann; aber er hatte<br />
das Gesetz Gottes so sehr missverstanden, dass<br />
er meinte, er sei buchstäblich untadelig: Weil er<br />
10 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
nie wirklich einen Menschen ermordet habe, sei<br />
er nicht <strong>des</strong> Mor<strong>des</strong> schuldig; weil er nie wirklich<br />
Ehebruch begangen habe, sei er kein Ehebrecher,<br />
und so weiter – er täuschte sich bezüglich aller<br />
Zehn Gebote. Doch plötzlich erkannte er den<br />
Sinn <strong>des</strong> Gesetzes, und es wurde ihm bewusst,<br />
dass er ein schrecklicher Sünder war.<br />
Genau das ist im Grunde die Aufgabe <strong>des</strong> Gesetzes,<br />
das Gott Mose gab. Es ist das Wort Gottes, das<br />
uns sagt, dass im tiefsten Grunde nichts, was wir<br />
Gott jemals opfern können, auch nur von geringstem<br />
Wert ist. Wir können Ihm von all den guten<br />
Werken erzählen, die wir angeblich getan haben,<br />
und Er wird nichts davon gelten lassen, weil Er<br />
unsere verdorbene Gesinnung kennt; weil Er unser<br />
Herz kennt; weil Er unsere Denkweise kennt;<br />
weil Er die Unreinheit und den Schmutz, die dort<br />
anzutreffen sind, kennt; unsere »guten Werke«<br />
sind alle Dreck, sind Schaden und Verlust.<br />
Und wir können Ihm all unser Geld bringen,<br />
und doch ist es wertlos; überhaupt nichts von<br />
dem, was wir bringen können, ist von irgendwelchem<br />
Wert. Gott fordert ein vollkommenes<br />
Opfer; Er fordert ein absolut heiliges Leben.<br />
Und das war die Lehre, die Er den Kindern Israels<br />
mittels der Brandopfer und Schlachtopfer zu<br />
übermitteln suchte. Er gab jedem Missetäter die<br />
Anweisung: »Nimm ein Lamm, lege deine Hände<br />
auf seinen Kopf und übertrage somit im bildlichen<br />
Sinn deine Sünden auf das Tier; töte das<br />
Tier, nimm das Blut – denn darin ist das Leben –,<br />
und bringe es Mir dar!«<br />
9. DAS GESETZ WEIST UNS<br />
AUF CHRISTUS HIN<br />
Im Grunde genommen sagte Gott: »Es gibt nur<br />
eine Möglichkeit, wie eure Sünden vorläufig bedeckt<br />
werden können; dies wird euch zwar nicht<br />
erretten, aber es weist im Voraus auf etwas hin,<br />
das Ich einst tun werde und das euch erretten<br />
wird.« Indem Er dem Volk Israel gebot, am Morgen<br />
und am Abend ein Lamm zu opfern, sagte<br />
Gott gleichsam: »Es kommt ein Tag, an dem Ich<br />
Selbst das vollkommene Opfer darbringen werde,<br />
und es wird groß genug und rein genug sein,<br />
um eure Sünden wegzunehmen. Das Blut der<br />
Tiere kann niemals die Seele reinigen. Es reicht<br />
nicht hin; es kündigt nur vorbildhaft an, dass<br />
einst das Lamm kommen wird, welches Ich für<br />
eure Sünden dahingeben werde.«<br />
Paulus drückt es so aus: »So ist also das Gesetz<br />
unser Lehrmeister geworden auf Christus hin« (Gal.<br />
3,24). Gott gab den Kindern Israels das Gesetz<br />
nie mit der Absicht, dass sie sich durch <strong>des</strong>sen<br />
Befolgung selbst erretten mögen. Er wusste<br />
genau, dass sie es nicht einhalten konnten; ihr<br />
Gewissen verurteilte sie bereits, und das Gesetz<br />
sollte alles für sie noch schwieriger machen,<br />
»damit die Sünde überaus sündig würde durch das Gebot«<br />
(Röm. 7,13).<br />
Hat dieses Wort Gottes als dein<br />
»Lehrmeister« an deinem Herzen gewirkt?<br />
Hat es dich gelehrt, einfach Folgen<strong>des</strong> zu erkennen:<br />
Dem, was Dein Gesetze spricht,<br />
kann mein Werk genügen nicht.<br />
Mag ich ringen, wie ich will,<br />
fließen Tränen auch sehr viel,<br />
tilgt das nicht die Sünden mein;<br />
Du kannst retten, Du allein!<br />
Wenn ja, dann bist du von Gott gesegnet, dann<br />
bist du mit Gott versöhnt, dann hast du dem<br />
Gesetz gegenüber nichts zu befürchten, und<br />
die Pforten <strong>des</strong> Himmels stehen für dich weit<br />
offen.<br />
Aus dem Buch »Apostelgeschichte – Band 5«, 3L Verlag, entnommen und gekürzt.<br />
voiceofhope.de | 11
Vom<br />
heiligen<br />
GESETZ<br />
GOTTES
Carl Olof Rosenius<br />
»Wir wissen aber, dass das Gesetz gut ist,<br />
wenn man es gesetzmäßig anwendet.«<br />
1. Timotheus 1,8<br />
Doktor Svebilius sagt, dass »das Gesetz von Natur einigermaßen erkannt<br />
werden kann, während das Evangelium hingegen aller Vernunft ein tief<br />
verborgenes Geheimnis ist.« <strong>Die</strong>s ist wahr und zutreffend, und doch sieht<br />
man merkwürdigerweise oft, dass die entsetzlichsten Missverständnisse und Missbräuche<br />
<strong>des</strong> Gesetzes in der Christenheit herrschen – Missverständnisse und Missbräuche,<br />
durch die das ganze Gesetz und das ganze Wort Gottes ohne <strong>Kraft</strong> und<br />
Nutzen bleiben und Seelen in unerrettetem Zustand verloren gehen. Wir wollen<br />
nun mit Gottes Hilfe die besorgniserregenden Aspekte dieser Missverständnisse<br />
und Missbräuche hervorheben.<br />
Wir sprechen hier also nicht mit denen, die das Gesetz verachten, deren Urteil<br />
kurz, bestimmt und leicht verständlich ist. Denn jeder kann wohl begreifen, dass<br />
Gott den nicht in Sein Reich aufnimmt, der nicht nur unrein und sündig ist, sondern<br />
auch frech den heiligen Willen Gottes verachtet (Denn was beinhaltet das Gesetz,<br />
wenn nicht den Willen Gottes?); und wer den Willen Gottes verachtet, der verachtet<br />
Gott, und es gibt doch keine einzige Verheißung, dass Gott Seinen Verächtern<br />
gnädig sein werde.<br />
Bist du verdorben und sündig, ja wirklich schuldig gegenüber dem heiligen Gesetz<br />
Gottes, so ist Seine Gnade dennoch groß genug, dir um Christi willen zu vergeben.<br />
Aber wenn du Gott und Seinen Willen verachtest, wenn du nicht einmal den<br />
Versuch machen willst, Ihn wirklich zu lieben und Ihm zu gehorchen, wie kannst<br />
du dann erwarten, dass dir das vergeben werde? Oder, um es besser auszudrücken:<br />
Kannst du dann immer noch glauben, dass du auf dem Weg in den Himmel seist?<br />
Halte einen Augenblick inne und denke darüber nach! – Wir haben also ein Thema<br />
vor uns, das nicht verachtet werden darf, sondern von jedem so wichtig gehalten<br />
werden muss wie das Seelenheil selbst. Wir werden aber bald herausfinden, dass es<br />
nicht genügt, das Gesetz zu beachten und zu befolgen, sondern dass es auch nötig<br />
ist, es recht anzuwenden.<br />
Der Apostel Paulus sah, dass seine Brüder aus Israel »um Gott eiferten«, »nach<br />
dem Gesetz der Gerechtigkeit strebten«, »das Gesetz lasen« etc., und doch musste<br />
er klagen, dass er um ihretwillen »große Traurigkeit und unablässigen Schmerz in [seinem]<br />
Herzen« hatte, dass er sogar wünschte, um ihretwillen »von Christus verbannt zu sein«<br />
voiceofhope.de | 13
(Röm. 9,2-3.31). Was war denn bei ihnen der Fehler?<br />
Er erklärte es wie folgt: »… bis zum heutigen<br />
Tag liegt die Decke auf ihrem Herzen, sooft Mose gelesen<br />
wird« (2.Kor. 3,15); er sagte, dass sie »ihre eigene<br />
Gerechtigkeit aufzurichten trachten« (Röm. 10,3), d.<br />
h. sie haben sich nicht durch das Gesetz strafen<br />
und richten lassen; sie haben sich nicht durch<br />
das Gesetz zu Christus hinführen lassen, sondern<br />
haben das Gesetz zu ihrem vermeintlichen<br />
Heilsweg gemacht.<br />
Nun ist es aber der eigentliche Zweck und das<br />
eigentliche Werk <strong>des</strong> Gesetzes, die Sünder zu erwecken<br />
und sie zu Christus zu treiben, der »das<br />
Ende <strong>des</strong> Gesetzes [ist], zur Gerechtigkeit für jeden, der<br />
glaubt« (Röm. 10,4). »Denn was dem Gesetz unmöglich<br />
war – weil es durch das Fleisch kraftlos war –, das<br />
tat Gott, indem Er Seinen Sohn sandte in der gleichen<br />
Gestalt wie das Fleisch der Sünde …« (Röm 8,3). »… und<br />
dieses Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn hat, der<br />
hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat<br />
das Leben nicht.« (1.Joh. 5,11-12). In Ihm und »in keinem<br />
anderen [ist] das Heil« (Apg. 4,12).<br />
Darum ist, wie Paulus sagt, »das Gesetz unser<br />
Lehrmeister geworden auf Christus hin« (Gal. 3,24); und<br />
das ist sein eigentliches Amt. Es entspricht jenem<br />
Johannes dem Täufer, der zwar nicht mit Geist<br />
und Feuer, aber doch mit der Taufe der Buße taufte,<br />
»um dem Herrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten« (Lk.<br />
1,16-17). Das Gesetz ist gleichsam das Gefängnis,<br />
in dem wir »verwahrt und verschlossen [wurden] auf<br />
den Glauben hin, der geoffenbart werden sollte, … damit<br />
wir aus Glauben gerechtfertigt würden« (Gal. 3,23-24).<br />
DER ZWECK DES GESETZES:<br />
DASS ALLE WELT VOR GOTT SCHULDIG SEI<br />
Der erste, größte und allerfurchtbarste Missbrauch<br />
<strong>des</strong> Gesetzes ist also der, der darauf abzielt,<br />
das ganze Gesetz nutzlos zu machen; der<br />
darauf hinwirkt, dass sein Zweck ganz verfehlt<br />
wird. Und wenn das Gesetz nutzlos gemacht<br />
worden ist, wenn das Salz seine <strong>Kraft</strong> verloren<br />
hat, womit soll man dann salzen, erwecken und<br />
das harte Herz zerschlagen? Und wenn es nicht<br />
die <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> Gesetzes erfährt, zu zerschlagen,<br />
dann werden auch das Evangelium und Christus<br />
mit Seinem ganzen Verdienst nutzlos; denn<br />
»nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die<br />
Kranken« (Lk. 5,31) – nämlich diejenigen, die unter<br />
der harten Regierung <strong>des</strong> Gesetzes ihre Krankheit<br />
erkennen. Wenn aber sowohl Gesetz als<br />
auch Evangelium, wenn das ganze Wort Gottes<br />
keine <strong>Kraft</strong> mehr auf das Herz ausübt, dann ist<br />
der Mensch völlig verloren und kann nicht gerettet<br />
werden.<br />
Lasst uns aber sehen, wie es kommt, dass das<br />
Gesetz und alle Worte Gottes durch die falsche<br />
Anwendung der Gebote unwirksam gemacht<br />
werden. Das geschieht, wie gesagt, dadurch, dass<br />
das Gesetz zum Heilsweg gemacht wird, obwohl<br />
es doch verdammen, zu Christus treiben und ein<br />
Lehrmeister auf Ihn hin sein sollte. Es geschieht<br />
dadurch, dass man vieles vom Gesetz und von<br />
den Gerichtsurteilen <strong>des</strong> Herrn so verflacht, die<br />
hohen Anforderungen <strong>des</strong> Gesetzes so sehr herunterschraubt<br />
und so sehr abschwächt, dass sie<br />
den Wünschen, dem Geschmack oder zumin<strong>des</strong>t<br />
dem Vermögen <strong>des</strong> Sünders entsprechen. Man<br />
sagt: »<strong>Die</strong>s und jenes kann kein Sterblicher erfüllen;<br />
darum kann es nicht Gottes Willen entsprechen,<br />
dies zu fordern; denn Gott kann nicht<br />
mehr fordern, als wir zu tun imstande sind.«<br />
Das ist der grundlegende Irrtum vieler; auf diese<br />
Weise würde aber nicht »jeder Mund verstopft<br />
… und alle Welt vor Gott schuldig« sein (Röm. 3,19).<br />
Denn wenn auch nur ein Mensch die ernsten Forderungen<br />
<strong>des</strong> Gesetzes erfüllen könnte, so wäre<br />
diesem der Mund nicht verstopft, sondern er<br />
könnte sich unverschämt vor Gott rühmen.<br />
Wer verstehen will, warum das Gesetz mehr<br />
fordert, als wir je zu leisten in der Lage sein werden,<br />
und welch einen hohen Standard das Gesetz<br />
in seinen Forderungen hat, der bedenke nur, was<br />
das Gesetz ist. Das Gesetz ist nichts anderes als<br />
14 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
der heilige Wille Gottes, in menschlichen Worten<br />
ausgedrückt; also erstrecken sich die Forderungen<br />
Gottes genau so weit wie Seine Heiligkeit.<br />
Denn das Gesetz sagt dir: Gott will dies und jenes;<br />
Gott will nicht … Und nun ist es selbstverständlich,<br />
dass dieser Wille Gottes es nicht unterlässt,<br />
von dir immer mehr Heiligkeit zu fordern und<br />
zu wünschen, bis du so heilig geworden bist wie<br />
Er Selbst. Denn was Er nicht Selbst tun will, will<br />
Er auch von dir nicht getan haben. Er würde auch<br />
nie sagen: »Ich will zwar nicht, dass du dies oder<br />
jenes tust; aber um deines starken Begehrens<br />
willen erlaube Ich dir, es doch zu tun.« Oh nein,<br />
Er gebietet: »Ihr sollt heilig sein; denn Ich bin heilig, der<br />
HERR, euer Gott!« (3.Mo. 19,2).<br />
Wenn wir bedenken, dass das Gesetz nichts<br />
anderes darstellt als Gottes Heiligkeit, als Gottes<br />
Wille, dann verstehen wir, warum es auf ewig<br />
nicht um einen Buchstaben oder ein Strichlein<br />
verändert werden darf, noch den Schwachheiten<br />
eines gefallenen Menschengeschlechts angepasst<br />
werden kann; denn dann müsste Gottes<br />
Heiligkeit korrumpiert werden. Und wer die<br />
Gnade empfängt, die Heiligkeit <strong>des</strong> Gesetzes<br />
recht zu erkennen, der kann nicht mehr die Hoffnung<br />
hegen, vor dem Gesetz vollkommen, das<br />
heißt so heilig wie Gott zu werden, sondern er<br />
wird mit Sicherheit Demut und Reue empfinden<br />
müssen. Wer immer noch hofft, auf obige Weise<br />
vor dem Gesetz gerecht werden zu können, hat<br />
die »Decke« auf dem Herzen (s. 2.Kor. 3,13-16),<br />
ist blind und hat keine wirkliche Vorstellung davon,<br />
was das Gesetz eigentlich verlangt.<br />
»Aber«, sagst du, »man kann doch nicht so<br />
heilig werden wie Gott; man kann doch nicht<br />
ganz vollkommen werden; man soll doch einfach<br />
nur so viel tun, wie man kann.« Durchaus<br />
nicht, das lässt Gott nicht gelten; du sollst alle<br />
Anforderungen <strong>des</strong> Gesetzes halten, sonst bist<br />
du verdammt. Denn so lautet das Gesetz: »Verflucht<br />
sei, wer die Worte dieses Gesetzes nicht aufrechterhält,<br />
indem er sie tut!« (5.Mo. 27,26; vgl. Gal 3,10).<br />
Und Jakobus sagt: »Denn wer das ganze Gesetz hält,<br />
sich aber in einem verfehlt, der ist in allem schuldig geworden«<br />
(Jak. 2,10).<br />
»Aber«, sagst du, »Gott ist doch um Christi<br />
willen barmherzig, so dass Er auch dann vergibt,<br />
wenn man nicht alle Teile <strong>des</strong> Gesetzes erfüllt.«<br />
Nein. Er ist durchaus keinem gnädig, der dem<br />
Gesetz gegenüber schuldig ist. Ganz anders verhält<br />
es sich mit denen, die aufgrund <strong>des</strong> Glaubens<br />
die Gerechtigkeit Christi besitzen. <strong>Die</strong>se haben<br />
vor dem Gesetz keine einzige Schuld, denn sie<br />
haben durch Christus – beachte! – gerade diese<br />
Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert: »Denn was<br />
dem Gesetz unmöglich war – weil es durch das Fleisch<br />
kraftlos war –, das tat Gott, indem Er Seinen Sohn sandte«<br />
(Röm. 8,3); kurz gesagt: Sie sind »nicht unter dem<br />
Gesetz, sondern unter der Gnade« (Röm. 6,14-15). Wer<br />
aber unter dem Gesetz ist, dem wird nichts vergeben,<br />
denn es verhält sich so, wie Jesus Selbst<br />
bezeugt hat: »[Es] wird nicht ein Buchstabe noch ein<br />
einziges Strichlein vom Gesetz vergehen« (Mt. 5,18).<br />
Ach, wie groß ist der Schaden für die Seele,<br />
wenn man nicht bedenkt, dass die einen unter<br />
dem Gesetz stehen und die anderen nicht unter<br />
dem Gesetz, sondern unter der Gnade (Röm.<br />
3,19; 6,14; 7,4.6), und dass die Art und Weise,<br />
in der die einen und die anderen regiert werden,<br />
sehr verschieden ist. Gewiss ist die Gnade<br />
in Christus sehr groß und reich; aber nicht das<br />
Geringste davon kommt denen zugute, die unter<br />
dem Gesetz sind, die »Moses Jünger« (Joh. 9,28)<br />
sein wollen; sondern der Apostel Paulus sagt:<br />
»Denn alle, die aus Werken <strong>des</strong> Gesetzes sind, die sind<br />
unter dem Fluch« (Gal. 3,10).<br />
Es ist der schrecklichste Missbrauch <strong>des</strong><br />
Gesetzes, wenn man dies übersieht und verschweigt<br />
und statt<strong>des</strong>sen ein anderes »Evangelium«<br />
predigt, das gemäß dem Fleisch ist. Mit<br />
anderen Worten: Wenn man aus dem Gesetz das<br />
herausnimmt, was dem Sünder zu streng klingt<br />
– wenn man das Ziel absoluter Heiligkeit herunterschraubt,<br />
damit der Sünder diese Messlatte<br />
erreichen kann –, dann führt das zwangsläufig<br />
zur Selbstgefälligkeit, zur Selbstgerechtigkeit<br />
und zur Selbstsicherheit. Auf diese Weise wird<br />
das Ziel und der Nutzen <strong>des</strong> ganzen Gesetzes<br />
zunichte gemacht; denn es war dazu bestimmt,<br />
voiceofhope.de | 15
den Sünder zu zerbrechen, zu züchtigen und zu<br />
strafen, und nicht, irgendwelche Selbstgerechtigkeit<br />
hervorzubringen, nicht, in das Joch der<br />
Knechtschaft, in den Abgrund der Verzweiflung<br />
zu treiben, sondern zu Christus hin. »Denn Christus<br />
ist das Ende <strong>des</strong> Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden,<br />
der glaubt« (Röm. 10,4).<br />
<strong>Die</strong>ses Einschränken <strong>des</strong> Gesetzes, womit man<br />
ihm den Stachel herausbricht, geschieht auch<br />
dadurch, dass man sich selbst oder anderen<br />
Hoffnung für die Zukunft macht, nämlich die<br />
Hoffnung, dass das, was zur endgültigen Erfüllung<br />
<strong>des</strong> Gesetzes noch fehlt, in unserem Leben<br />
durch den Beistand <strong>des</strong> Geistes noch geschehen<br />
werde, und dass dann, wenn dieser Sieg errungen<br />
sei, die Zeit gekommen sei, dass man sich<br />
das Verdienst Christi aneignen könne.<br />
Was ist das für ein böser Streich Satans! Bedenke:<br />
Wenn der Tod dich in der nächsten Nacht<br />
überrascht, dann bist du ja verdammt, weil du<br />
nicht heilig bist, wie Gott heilig ist! Du tröstest<br />
dich damit, dass du sprichst: »Ich hoffe auf die<br />
Treue Gottes, dass Er mich nicht von hier abberufen<br />
wird, bis ich genug für den Himmel zubereitet<br />
bin.« Das ist ja recht schön, dass du so<br />
hoffnungsvolle Gedanken von Gott hast; aber<br />
wo steht das geschrieben, dass Gott deinen Tod<br />
so lange hinauszögert, bis du so heilig geworden<br />
bist, wie es das Gesetz fordert? Mit dieser Einstellung<br />
wirst du mit Sicherheit weder glückselig<br />
leben noch sterben können.<br />
Kommst du nun zu dem Schluss, dass du auf<br />
diese Weise verloren seiest, so antworten wir:<br />
Genau das wollte das Gesetz dir zeigen, damit<br />
du lernst, als ein völlig Verdorbener und Verlorener,<br />
der nichts vorzuweisen hat, zu Christus<br />
zu kommen. Dann brauchst du nämlich nicht<br />
mehr auf die Zukunft zu warten, sondern du<br />
bist ganz nah am Reich Gottes. Gerade die Gerechtigkeit,<br />
die das Gesetz fordert, aber nicht<br />
hervorbringen kann, kannst du jeden beliebigen<br />
Augenblick auf einem anderen Weg erlangen,<br />
nämlich durch den Glauben an Christi Blut<br />
und Gerechtigkeit.<br />
Hüten wir uns also davor, das Gesetz so oberflächlich<br />
auszulegen, als ob der Mensch es erfüllen<br />
könne, und gleichzeitig zu meinen, man<br />
könne nicht selig sterben, ehe man nicht in sich<br />
selbst rein und vollkommen geworden sei. Denn<br />
unter diesem Gedanken verbirgt sich sowohl ein<br />
Antichrist als auch ein Mörder – ein Antichrist,<br />
der mit List das Blut Christi überflüssig machen<br />
will, der sagt, das Blut Christi tauge zu nichts<br />
oder höchstens zu einer teilweisen Heiligung,<br />
nicht aber zur Versöhnung für unsere Sünden,<br />
und ein Mörder, der entweder mit dem falschen<br />
Trost der eigenen Gerechtigkeit oder aber mit einem<br />
zwanghaften und zermürbenden Knechtsgeist<br />
die Seele letztendlich ins Verderben stürzt.<br />
Nein, sondern je heißer es auf dem Sinai ist, je<br />
strenger und klarer die ernsten und geistlichen<br />
Forderungen <strong>des</strong> Gesetzes den Seelen vor Augen<br />
stehen, um so besser ist es für sie, um so eher<br />
werden sie den Trost empfangen, nämlich den<br />
Trost, der ihnen in solcher Selbsterkenntnis gilt.<br />
Denn um so eher wird ihnen der falsche Trost,<br />
die Hoffnung auf die Gerechtigkeit <strong>des</strong> Gesetzes,<br />
entrissen; dann werden sie genötigt sein, einen<br />
anderen Trost zu suchen, nämlich zu Jesus zu<br />
fliehen; und bei Ihm finden sie die wahre Glückseligkeit.<br />
Beachte noch einmal: Es gibt kein besseres<br />
Mittel, den Seelen schnell zum rechten Trost zu<br />
verhelfen, als das Gesetz so streng und so heiß,<br />
wie es ist, hervorzuheben. Denn je eher uns aller<br />
Trost in der eigenen Gesetzesgerechtigkeit<br />
entrissen wird, <strong>des</strong>to eher nehmen wir die Gerechtigkeit<br />
Christi an, die im Evangelium offenbart<br />
ist.<br />
DAS RECHTE<br />
SÜNDENBEWUSSTSEIN<br />
Nachdem wir nun festgestellt haben, dass das<br />
erste und eigentliche Werk <strong>des</strong> Gesetzes ist, den<br />
Sünder zur Demütigung und zum Sündenbewusstsein<br />
zu führen, fragen wir: Wie muss dieses<br />
Sündenbewusstsein aussehen, um gerechtge-<br />
16 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
sprochen werden zu können? <strong>Die</strong> Antwort lautet:<br />
Es genügt nicht, dass man nur seine Tatsünden<br />
und äußerlichen Übertretungen erkennt, denn<br />
dabei könnte man sich noch damit trösten, dass<br />
man sich ja bessern will und sich in Zukunft bessern<br />
wird. Nein, das Gefühl der Sündhaftigkeit<br />
muss in die Tiefe gehen, es muss tief und gründlich<br />
sein. Du musst die Wurzel und Tiefe deines<br />
Sündenverderbens fühlen, welches sich in der<br />
fleischlichen Sicherheit <strong>des</strong> Herzens, in seiner<br />
Heuchelei, Gefühllosigkeit, Härte und Gottesverachtung<br />
zeigt; du musst fühlen, dass du <strong>des</strong>halb<br />
ein unglücklicher und verlorener Sünder bist.<br />
Solange du diesen Sauerteig alles Bösen im<br />
Grunde deines Herzens nicht fühlst, so lange<br />
lebt immer noch dein sich wichtig machen<strong>des</strong><br />
»Ich«, indem du sagst: »Ich soll«, »Ich will«; so<br />
lange bleibst du immer noch in deiner Selbstgerechtigkeit<br />
und Selbstsicherheit, und so lange<br />
kannst du Christus nie wirklich annehmen<br />
und ganz allein auf Seinem Verdienst zur Ruhe<br />
kommen.<br />
So beginnt man unter dem Gesetz zu arbeiten,<br />
indem man sich zu bessern sucht und die<br />
Sünden ablegt, und solange man nur auf das Äußere<br />
schaut und die Umkehr scheinbar gelingt,<br />
ist man voller Hoffnung und bleibt in der Aufrichtung<br />
der eigenen Gerechtigkeit. Fängst du<br />
aber an, innere Heiligung zu suchen, zu erkennen,<br />
dass Gott ja das Herz fordert, und willst du<br />
das reinigen, dann kommst du bald in Verlegenheit.<br />
Denn während du dich bemühst, Gott über<br />
alles zu lieben, fühlst du dich kalt und gottlos;<br />
während du ernstlich gegen die Sünde zu beten<br />
und zu kämpfen suchst, erliegst du ihr leichtfertig<br />
und kampflos, kannst nicht einmal richtig<br />
bereuen und beweinen, sondern bist hart und<br />
selbstsicher. Dann wirst du verwirrt sein und sagen:<br />
»Ich bin ganz verloren, ich bin verstockt, ich<br />
bin ein Heuchler, denn ich kämpfe nicht wirklich<br />
ernsthaft gegen die Sünde, noch bereue ich<br />
sie recht.« – Siehe nun, gerade dies ist es, was das<br />
Gesetz bewirken sollte.<br />
Und was fühlst du jetzt? Fühlst du nicht die<br />
fleischliche Sicherheit, die Heuchelei, die Härte<br />
und die Verachtung <strong>des</strong> Herzens gegenüber<br />
Gott? Das aber ist eben das rechte Werk <strong>des</strong> Gesetzes.<br />
Und dieses Böse musst du erkennen. Aber<br />
nun kannst du keinen Trost finden; denn es ist<br />
ja schrecklich, so hart, sicher und heuchlerisch<br />
zu sein! Aber suchtest du nicht diese Selbsterkenntnis?<br />
Sicher, aber du wolltest nur etwas von<br />
dem Verderben empfinden, nicht das Verderben<br />
selbst in dir sehen. Doch jetzt scheint es dir sogar,<br />
dass du nicht einmal das Empfinden deiner<br />
Sünden hast, sondern nur die Sünden selbst in<br />
dir beherbergst; du siehst sie nur, aber du fühlst<br />
nicht ihre Verderbnis. Aber solltest du nicht gerade<br />
diese deine Gefühlskälte erfahren? Und solltest<br />
du nicht gerade allen Trost in dir selbst verlieren,<br />
um auf diese Weise zu Christus getrieben zu<br />
werden, auf dass Er allein all dein Trost werde?<br />
Aber in diesem Zustand ist es nicht leicht, zu<br />
Christus zu fliehen; nun ist es nicht leicht zu glauben.<br />
Ja, jetzt kommt es darauf an, dass du gerade<br />
in diesem Zustand Seine Gnade empfängst; sonst<br />
bist du trotz allem, was du erfahren hast, doch<br />
verloren. Und nun steht Christus da und ruft voller<br />
Sanftmut: »Kommt her zu Mir alle, die ihr mühselig<br />
und beladen seid, so will Ich euch erquicken!« (Mt. 11,28).<br />
Wenn du jetzt nur einfach die Augen der Vernunft<br />
schließt und dich so, wie du bist, in Seine Arme<br />
wirfst, so wirst du errettet werden wie aus dem<br />
Feuer, reingewaschen in Seinem Blut, gerecht,<br />
glückselig und voller Freude. Nun verstehst du<br />
den Vers: »Denn Christus ist das Ende <strong>des</strong> Gesetzes zur<br />
Gerechtigkeit für jeden, der glaubt« (Röm. 10,4).<br />
Das ist nun also der Stand der Dinge, der uns<br />
zeigt, »dass das Gesetz gut ist, wenn man es gesetzmäßig<br />
anwendet« (1.Tim. 1,8), und wir haben sowohl<br />
den rechten als auch den falschen Gebrauch <strong>des</strong><br />
Gesetzes bei der Bekehrung <strong>des</strong> Menschen hervorgehoben.<br />
Aber auch in der täglichen Buße<br />
hat das Gesetz immer noch sein Werk, teils um<br />
dem wiedergeborenen, gerechtfertigten und begnadigten<br />
Menschen zu zeigen, wie er sich in<br />
allen Lebenslagen zu verhalten hat, teils um das<br />
leichtsinnige Fleisch zu strafen und zu züchtigen<br />
und uns täglich neu zu Christus zu treiben.<br />
voiceofhope.de | 17
Es bleibt noch ein gefährlicher Irrtum zu erwähnen,<br />
der zu verschiedenen Zeiten und an<br />
verschiedenen Orten auftaucht, nämlich den der<br />
Antinomisten (Gesetzesleugner), die das Gesetz<br />
sowohl bezüglich der ersten als auch der täglichen<br />
Buße für überflüssig und unnütz halten.<br />
Wir wollen hier nicht dieselbe Befürchtung zum<br />
Ausdruck bringen wie »Moses Jünger«, die heute<br />
wie zur Zeit <strong>des</strong> Paulus ihm vorwarfen, dass er<br />
das Gesetz durch den Glauben aufhebe, wenn er<br />
die Werke <strong>des</strong> Gesetzes als untauglich verwarf<br />
bezüglich der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.<br />
Darauf antwortete er: »Das sei ferne! Vielmehr bestätigen<br />
wir das Gesetz« (Röm. 3,31). Nur solche, die<br />
zwischen Rechtfertigung und Heiligung, zwischen<br />
Gesetz und Evangelium, zwischen Gewissen<br />
und Fleisch nie zu unterscheiden gelernt<br />
haben, machen jenen Vorwurf; ihnen scheint<br />
derselbe Paulus einerseits zu radikal zu sein und<br />
die Tür zum Gnadenthron zu weit aufzumachen,<br />
andererseits zu streng zu sein und es mit dem<br />
Fleisch zu genau zu nehmen und zu bestrafen,<br />
was sie ungestraft lassen wollten.<br />
<strong>Die</strong>se Befürchtung teilen wir gewiss nicht;<br />
Paulus war kein Antinomist. Wir sprechen jetzt<br />
von den wirklichen Antinomisten, die glauben<br />
und behaupten, das Gesetz sei für die Bekehrung<br />
nutzlos, wofür sie als Beweis anführen, dass<br />
niemals das Gesetz, sondern allein das Evangelium<br />
auf ihre Herzen gewirkt habe. O welch<br />
großer Irrtum! Wie könnte die Gnade wirken,<br />
wenn man von der Sünde nichts wüsste?! Das<br />
aber, was die Sünde aufdeckt und bestraft, ist das<br />
Gesetz, selbst wenn es dadurch redet, dass man<br />
Christus als Gekreuzigten predigt und auf Seine<br />
Wunden hinweist, die aufgrund unserer Sünden<br />
geschlagen wurden. Oftmals wirkt das Gesetz<br />
auf eine indirekte und geheime Weise. »Aber ich<br />
hätte die Sünde nicht erkannt, außer durch das Gesetz«,<br />
sagt Paulus (Röm. 7,7). Obgleich das Gesetz nicht<br />
Leben gibt, so bewirkt es doch, dass man zum lebendigmachenden<br />
Evangelium getrieben wird.<br />
Das Gesetz stellt quasi das Pflügen dar, das<br />
Evangelium ist die Saat. Es ist wahr, dass durch<br />
das Pflügen allein weder das Wachstum noch<br />
die Ernte hervorgebracht wird, sondern dass<br />
es dazu auch <strong>des</strong> Säens bedarf. Aber wenn der<br />
Boden nicht vorher durchgepflügt wird, bleibt<br />
die Aussaat fruchtlos; die Saat vertrocknet auf<br />
der harten Oberfläche und wird von den Vögeln<br />
weggefressen.<br />
<strong>Die</strong>jenigen aber, die glauben, das Gesetz sei<br />
für die Christen nicht mehr notwendig, berufen<br />
sich auf falsch interpretierte Bibelstellen<br />
wie: »Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir<br />
nicht mehr unter dem Lehrmeister« (Gal. 3,25); und<br />
»dass einem Gerechten kein Gesetz auferlegt ist« (1.Tim.<br />
1,9); und dann sagen sie: »Du sollst das Gewissen<br />
der Leute nicht mit Gesetzen binden.« <strong>Die</strong> Antwort<br />
darauf ist: Nicht das Gewissen soll gebunden<br />
werden, sondern dein Fleisch, auch wenn du<br />
schon unter der Gnade stehst.<br />
Wenn aber dein Herz nicht rechtschaffen ist<br />
vor Gott, so dass du »Lust [hast] an dem Gesetz Gottes<br />
nach dem inneren Menschen« (Röm. 7,22), sondern<br />
dass du (wohlgemerkt!) diese oder jene Sünde<br />
ungestraft lassen willst, so soll auch dein Gewissen<br />
gebunden sein; und was so gebunden ist auf<br />
Erden, »das wird [auch] im Himmel gebunden sein«<br />
(Mt. 18,18). »Denn wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt, so<br />
müsst ihr sterben« (Röm. 8,13).<br />
Bist du aber ein wahrer Christ, dann ist der<br />
Geist gewiss willig, dem Herrn in allem nachzufolgen,<br />
und er braucht nicht durch das Gesetz<br />
gezwungen zu werden. Doch das Fleisch ist<br />
schwach, träge und böse; das muss bestraft und<br />
gezüchtigt werden, wie Luther an einer Stelle<br />
sinngemäß sagt: Peitsche und Zaumzeug gehören<br />
nicht in die Brautkammer, sondern in den<br />
Stall für den Esel (dem das Fleisch entspricht).<br />
»So steht nun fest in der Freiheit, zu der uns Christus<br />
befreit hat … nur macht die Freiheit nicht zu einem Vorwand<br />
für das Fleisch, sondern dient einander durch die<br />
Liebe« (Gal. 5,1.13).<br />
Aus dem Buch »Geheimnisse im Gesetz und Evangelium – Band 3«<br />
entnommen und sprachlich überarbeitet.
BIST DU VON<br />
OBEN GEBOREN?<br />
Ein Auszug aus dem gleichnamigen Buch von C.H. Spurgeon<br />
C.H. SPURGEON<br />
wurde »Fürst der Prediger« genannt. Sogar mehr als 100 Jahre<br />
nach seinem Tod werden seine Predigten und Bücher immer noch<br />
häufig gelesen. 38 Jahre diente er als Baptistenprediger am<br />
Metropolitan Tabernacle. In dieser Zeit gründete er zudem ein<br />
College und ein Waisenhaus.<br />
EINLEITUNG<br />
»Prüfe mich, HERR, und erprobe mich; läutere meine Nieren und mein Herz!«<br />
Psalm 26,2<br />
Zwischen ähnlichen Dingen den Unterschied<br />
zu erkennen, ist von größter Bedeutung,<br />
denn der äußere Schein kann<br />
trügen. Dinge, die dem Anschein nach gleich<br />
sind, können doch dabei das genaue Gegenteil<br />
voneinander sein. Ein Skorpion kann wie ein Ei<br />
aussehen und ein Stein wie ein Stück Brot, aber<br />
sie sind weit davon entfernt, dasselbe zu sein.<br />
Was auf den ersten Blick gleich aussieht, kann<br />
sehr unähnlich sein. Das ist besonders in geistlichen<br />
Dingen der Fall, und <strong>des</strong>halb sollten wir<br />
hier besonders auf der Hut sein.<br />
Es ist sehr schwer zu sagen, wie weit ein Mensch<br />
religiös sein und doch in seinen Sünden sterben<br />
kann, wie sehr er einem Erben <strong>des</strong> Reiches Gottes<br />
ähneln und dennoch ein Kind <strong>des</strong> Zorns sein<br />
kann. Viele Unbekehrte haben einen »Glauben«,<br />
der dem wahren biblischen Glauben ähnlich sieht<br />
und doch kein wahrer Glaube ist. Manche Menschen<br />
zeigen fromme Neigungen, die die Wärme<br />
geistlicher Liebe aufweisen, aber sie besitzen<br />
nicht das Gnadenleben. Jede Gnadengabe kann<br />
nachgeahmt werden, ebenso wie Juwelen nachgemacht<br />
werden können. Wie künstliche Edelsteine<br />
den echten erstaunlich ähnlich sehen, so ähneln<br />
scheinbare Gnadenwirkungen erstaunlich dem<br />
Wirken <strong>des</strong> Geistes Gottes.<br />
In Angelegenheiten der Seele ist es nötig, genau<br />
achtzugeben, sonst betrügt man sein eigenes<br />
Herz. Es ist zu befürchten, dass schon viele<br />
im Irrtum befangen sind und ihre Täuschung<br />
nicht einsehen werden, bis sie ihre Augen in jener<br />
Welt <strong>des</strong> Verderbens öffnen, wo ihre Enttäuschung<br />
in der Tat schrecklich sein wird.<br />
voiceofhope.de | 19
Der natürliche Mensch – das heißt der geistlich<br />
Tote – kann sich äußerlich den Christen anpassen,<br />
aber er wird von sich aus nicht zu einem echten,<br />
lebendigen Kind der Gnade werden. Das göttliche<br />
Leben in der Seele schafft einen unendlichen Unterschied<br />
zwischen dem Menschen, der es hat, und<br />
dem, der es nicht hat. Worauf es ankommt, ist, gewiss<br />
zu werden, dass wir dieses Leben haben.<br />
Bist du gewiss, dass du Leben aus Gott hast?<br />
Bist du gewiss, dass du Ihn hast?<br />
Wie furchtbar ist es, »Friede, Friede« zu rufen,<br />
wo es doch keinen Frieden gibt (Jer. 6,14), und<br />
sich selbst angenehme Dinge einzureden, sein<br />
Herz leicht zu machen und sein Gewissen in<br />
Schlummer zu wiegen – und niemals aus dem<br />
Schlaf zu erwachen, bis ein Donnerschlag <strong>des</strong><br />
Gerichts dich aus deiner Vermessenheit aufschrecken<br />
und in endloses Grauen stürzen wird.<br />
Ich möchte dir, lieber Leser, gern bei der<br />
Selbstprüfung helfen, und ich wünschte, dass du<br />
weiter kommst als nur bis zur Prüfung: dass du<br />
zu solch einer Gnadenfülle gelangst, dass dein<br />
heiliger und glückseliger Zustand dir selbst zu<br />
einem Zeugnis wird.<br />
<strong>Die</strong>ses kleine Buch soll ein Sieb sein, das die<br />
Spreu vom Weizen trennt. Mögest du es auf<br />
dich selbst anwenden; es dürfte das beste Tagewerk<br />
sein, das du je getan hast. Wer seine Kassenbücher<br />
durchsieht und feststellt, dass sein<br />
Geschäft nur Verlust gemacht hat, wird vor dem<br />
Bankrott bewahrt. So dürfte es auch manchem<br />
meiner Leser ergehen. Solltest du jedoch entdecken,<br />
dass dein geistliches Geschäft gedeiht, so<br />
wird dir dies ein großer Trost sein. Kein Mensch<br />
verliert dadurch etwas, dass er sein eigenes Herz<br />
aufrichtig erforscht. Lieber Freund, versuche es<br />
doch jetzt!<br />
KAPITEL 1<br />
UNTERSCHIEDLICHE URSPRÜNGE<br />
»Es steht doch geschrieben, dass Abraham zwei Söhne hatte,<br />
einen von der [leibeigenen] Magd, den anderen von der Freien.<br />
Der von der Magd war gemäß dem Fleisch geboren,<br />
der von der Freien aber kraft der Verheißung.«<br />
Galater 4,22-23<br />
Abraham hatte zwei Söhne. Ismael und<br />
Isaak waren unbestreitbar wahre Söhne<br />
Abrahams. Dennoch erbte der eine<br />
von ihnen den Segen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, und der andere<br />
wurde einfach nur ein wohlhabender Weltmensch.<br />
Seht, wie nahe sie sich doch standen! Sie<br />
wurden in dieselbe Umgebung hineingeboren,<br />
nannten denselben großen Patriarchen »Vater«<br />
und wohnten im selben Zeltlager wie er. Und<br />
doch stand Ismael außerhalb <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, während<br />
Isaak der Erbe der Verheißung war. Wie<br />
wenig kommt es da doch auf die Blutsverwandtschaft<br />
an!<br />
Ein noch merkwürdigeres Beispiel als dieses<br />
trug sich ein wenig später zu: Esau und Jakob<br />
wurden von derselben Mutter als Zwillingsbrüder<br />
geboren, und doch steht geschrieben: »Jakob<br />
habe Ich geliebt, Esau aber habe Ich gehasst« (Röm. 9,13).<br />
20 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Der eine wurde Gott wohlgefällig, der andere<br />
war gottlos. So nahe können zwei einander<br />
stehen und doch so weit voneinander getrennt<br />
sein! In der Tat, es ist nicht nur so, dass »zwei<br />
in einem Bett [sind]; der eine wird genommen und<br />
der andere zurückgelassen werden« (Lk. 17,34), sondern<br />
zwei kommen zum selben Zeitpunkt zur<br />
Welt, und dennoch wird der eine sein Erbteil<br />
bei Gott in Empfang nehmen, und der andere<br />
wird sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht<br />
verkaufen. Wir mögen derselben Gemeinde<br />
angehören, im selben Wasser getauft sein, gemeinsam<br />
das Mahl <strong>des</strong> Herrn feiern, dieselben<br />
Lieder singen und gemeinsam beten; und doch<br />
können wir zwei so gegensätzlichen Völkern angehören<br />
wie der Same der Frau und der Same der<br />
Schlange.<br />
Paulus erklärt die beiden Söhne Abrahams<br />
zu Prototypen zweier Menschengruppen, die<br />
sich einerseits sehr ähnlich sind und sich andererseits<br />
doch völlig voneinander unterscheiden.<br />
Sie sind verschieden in ihrem Ursprung. Zwar waren<br />
beide Söhne Abrahams, aber Ismael, der Sohn<br />
Hagars, war der Nachkomme Abrahams unter<br />
gewöhnlichen Bedingungen: Er wurde gemäß<br />
dem Fleisch geboren. Isaak, der Sohn Sarahs, dagegen<br />
wurde nicht auf natürliche Weise geboren;<br />
denn sein Vater war hundert Jahre alt, und seine<br />
Mutter war weit über das geeignete Alter hinaus.<br />
Er wurde seinen Eltern vom Herrn geschenkt<br />
und kraft der Verheißung durch den Glauben geboren.<br />
<strong>Die</strong>s ist ein bedeutungsvoller Unterschied,<br />
der das wahre Kind Gottes von demjenigen unterscheidet,<br />
der es nur von seinem Bekenntnis<br />
her ist. <strong>Die</strong> Verheißung liegt der Unterscheidung<br />
zugrunde, und die <strong>Kraft</strong>, die zur Erfüllung der<br />
Verheißung dient, schafft und erhält den Unterschied.<br />
Deshalb ist die Verheißung, die unser Erbteil<br />
betrifft, auch unser Test und Prüfstein.<br />
Wir wollen diesen Test sogleich anwenden, indem<br />
wir feststellen, ob die <strong>Kraft</strong>, die die Verheißung<br />
erfüllt, auf uns eingewirkt hat. Lass mich<br />
dir dazu ein paar Fragen stellen. Wie wur<strong>des</strong>t<br />
du bekehrt? Geschah es durch dich selbst, durch<br />
die Überredungskunst anderer Menschen, durch<br />
fleischliche Gefühle, oder geschah es durch das<br />
Wort Gottes und das Wirken Seines Geistes? Du<br />
behauptest, wiedergeboren zu sein. Woher willst<br />
du das wissen? Kannst du dich absolut auf Gottes<br />
Verheißung stützen, oder vertraust du einfach<br />
deiner persönlichen Entscheidung? War es<br />
deine Natur, die versuchte, sich zu verbessern<br />
und in ihren besten Zustand hinaufzuarbeiten?<br />
Wenn ja, dann bist du wie Ismael. Oder wur<strong>des</strong>t<br />
du, als du geistlich tot warst und keinerlei <strong>Kraft</strong><br />
hattest, dich aus deinem verlorenen Zustand zu<br />
erheben, vom Geist Gottes erweckt, der Seine<br />
göttliche Macht in dir entfaltete und bewirkte,<br />
dass geistliches Leben von oben in dich eindrang?<br />
Dann bist du wie Isaak. Alles hängt vom<br />
Beginn deines geistlichen Lebens ab und von<br />
der Quelle, aus der dieses Leben zuerst hervorging.<br />
Wenn du im Fleisch begonnen hast, dann<br />
hast du im Fleisch weitergemacht und wirst im<br />
Fleisch sterben.<br />
Hast du nie gelesen: »Was aus dem Fleisch geboren<br />
ist, das ist Fleisch«? Das Fleisch wird nach<br />
kurzer Zeit zugrunde gehen, und du wirst von<br />
ihm das Verderben ernten. Nur das, »was aus<br />
dem Geist geboren ist, das ist Geist« (Joh. 3,6). Darin<br />
besteht die Freude, dass der Geist leben<br />
wird, und von Ihm wirst du das ewige Leben<br />
ernten. Ob du nun ein religiöser Bekenner bist<br />
oder nicht – ich möchte dich inständig bitten,<br />
dich zu fragen: Habe ich die <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> Geistes<br />
Gottes erfahren? Hat der Herr mein Wesen verändert?<br />
Ist das Leben, das in dir ist, das Ergebnis deiner<br />
eigenen natürlichen Wünsche? Oder ist es<br />
eine neue Natur, die dir von oben eingepflanzt<br />
wurde? Ist dein geistliches Leben eine Schöpfung<br />
<strong>des</strong> Heiligen Geistes? Bist du in Jesus<br />
Christus neu geschaffen worden? Bist du durch<br />
die göttliche <strong>Kraft</strong> wiedergeboren worden?<br />
Gewöhnliche Frömmigkeit ist nichts weiter<br />
als eine natürliche Wesensart, die mit einer dünnen<br />
Schicht von vermeintlicher »Gnade« vergoldet<br />
wurde. Sünder haben sich selbst aufpoliert<br />
und den gröbsten Rost und Schmutz wegge-<br />
voiceofhope.de | 21
putzt, und sie meinen nun, ihre alte Natur sei so<br />
gut wie neu. <strong>Die</strong>ses Ausbessern und Instandsetzen<br />
<strong>des</strong> alten Menschen ist zwar schön und gut,<br />
aber es reicht nicht an das heran, was nötig ist,<br />
um in das ewige Reich Gottes einzugehen. Du<br />
kannst das Gesicht und die Hände Ismaels so oft<br />
waschen, wie du willst, aber du kannst ihn nicht<br />
in einen Isaak verwandeln. Man kann die Natur<br />
zwar verbessern, und je mehr man das tut, <strong>des</strong>to<br />
besser ist es für gewisse zeitweilige Zwecke; aber<br />
man kann die Natur nicht zur Gnade erheben.<br />
An der Quelle selbst liegt ein Unterschied zwischen<br />
dem Fluss, der dem Sumpf der gefallenen<br />
Menschheit entspringt, und dem Strom, der von<br />
dem Thron Gottes ausgeht.<br />
Vergesst nicht, dass unser Herr Selbst gesagt<br />
hat: »Ihr müsst von Neuem geboren werden!« (Joh.<br />
3,7). Wenn ihr nicht von oben her wiedergeboren<br />
seid, dann nützen euch all eure Gottesdienstbesuche<br />
gar nichts. Eure Gebete und eure Tränen,<br />
euer Bibellesen und alles, was nur aus euch selbst<br />
gekommen ist, kann nur zu euch selbst zurückführen.<br />
Das Wasser steigt natürlicherweise nur<br />
so hoch wie seine Quelle, aber nicht höher; das,<br />
was mit der menschlichen Natur beginnt, steigt<br />
bis zur menschlichen Natur auf, aber zur göttlichen<br />
Natur kann es nicht gelangen. War deine<br />
neue Geburt natürlich oder geistlich? Kam sie<br />
aus dem Willen <strong>des</strong> Menschen oder aus dem Willen<br />
Gottes? Es hängt viel von deiner Antwort auf<br />
diese Frage ab.<br />
Zwischen dem wahren Kind Gottes und dem<br />
bloßen Bekenner besteht ein schwerwiegender<br />
Unterschied hinsichtlich <strong>des</strong> Ursprungs. Isaak<br />
wurde kraft der Verheißung geboren. Ismael wurde<br />
nicht aufgrund der Verheißung geboren, sondern<br />
durch den Lauf der Natur. Wo das Natürliche<br />
genügt, gibt es keine Verheißung. Wo aber<br />
die menschliche <strong>Kraft</strong> versagt, da greift das Wort<br />
<strong>des</strong> Herrn ein. Gott hatte gesagt, dass Abraham<br />
einen Sohn von Sarah haben sollte, und aufgrund<br />
dieser göttlichen Verheißung wurde Isaak<br />
geboren, durch die <strong>Kraft</strong> Gottes. Es hätte keinen<br />
Isaak geben können, wenn es keine Verheißung<br />
gegeben hätte, und es kann keinen wahren Gläubigen<br />
geben ohne die Verheißung der Gnade und<br />
ohne die Gnade der Verheißung.<br />
Lieber Leser, lass mich hier nach deiner Errettung<br />
fragen. Bist du errettet durch das, was du<br />
getan hast? Ist dein Christsein das Erzeugnis<br />
deiner eigenen natürlichen <strong>Kraft</strong>? Glaubst du,<br />
dass du all dem entsprichst, was zu deiner Errettung<br />
erforderlich ist? Meinst du, dass du<br />
dich aufgrund deiner natürlichen Vorzüge und<br />
moralischen Fähigkeiten in einem sicheren und<br />
glücklichen Zustand befin<strong>des</strong>t? Dann bist du<br />
wie Ismael, und das Erbe wirst du nicht erhalten;<br />
denn das göttliche Erbteil erhält man nur kraft<br />
der Verheißung.<br />
Wenn du dagegen sagst: »Meine Hoffnung<br />
beruht allein auf der Verheißung Gottes. Er hat<br />
diese Verheißung in der Person Seines Sohnes<br />
Jesus jedem Sünder geschenkt, der an Ihn glaubt<br />
und Seinem Wort vertraut; und da ich an Ihn<br />
glaube, vertraue ich darauf, dass der Herr Seine<br />
Verheißung erfüllen und mich segnen wird. Ich<br />
erwarte die Glückseligkeit <strong>des</strong> Reiches der Himmel<br />
nicht als Ergebnis meiner eigenen Anstrengungen,<br />
sondern als Geschenk der freien Gnade<br />
Gottes. Meine Hoffnung ruht allein auf der freien<br />
und unentgeltlichen Liebe Gottes zu schuldigen<br />
Menschen, aufgrund der Er Seinen Sohn Jesus<br />
Christus dahingegeben hat, um die Sünde zu<br />
tilgen und denen, die es nicht verdienen, ewige<br />
Gerechtigkeit zu verschaffen!«, – so ist das eine<br />
andere Art von Sprache als die der Ismaeliten,<br />
die sagen: »Wir haben Abraham zum Vater!«<br />
Du hast es nun gelernt, so zu sprechen, wie<br />
Isaak spricht. Der Unterschied mag den Sorglosen<br />
klein erscheinen, aber in Wirklichkeit ist<br />
er groß. Hagar, die Magd, ist eine ganz andere<br />
Person als Sarah, die Fürstin. Für die eine gibt<br />
es keine Bun<strong>des</strong>verheißung, für die andere<br />
gilt der Segen für immer und ewig. <strong>Die</strong> Errettung<br />
aus Werken ist eine Sache, die Errettung<br />
aus Gnade eine ganz andere. <strong>Die</strong> Errettung aus<br />
menschlicher Stärke ist weit entfernt von der<br />
Errettung aus göttlicher <strong>Kraft</strong>; und die Erret-<br />
22 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
tung aufgrund unserer eigenen Entscheidung<br />
ist das Gegenteil der Errettung aufgrund der<br />
Verheißung Gottes.<br />
Prüfe dich selbst, zu welcher Familie du gehörst.<br />
Bist du einer von lsmaels oder von Isaaks<br />
Familie?<br />
Wenn du erkennst, dass du wie Isaak bist, geboren<br />
gemäß der Verheißung, so freue dich mit<br />
unaussprechlicher und herrlicher Freude. Deine<br />
neue Geburt ist etwas Wundervolles. Es gibt<br />
Stunden, in denen ich, wenn ich allein dasitze<br />
und an die Gnade Gottes für mich denke – für<br />
mich, das unwürdigste aller Seiner Geschöpfe<br />
–, gleichzeitig lachen und weinen könnte vor<br />
Freude darüber, dass der Herr mich jemals in<br />
Liebe und Wohlwollen angesehen hat. Ja, und<br />
je<strong>des</strong> Kind Gottes muss die Auswirkung dieser<br />
»Isaaknatur« in seiner Seele erkannt haben, die<br />
sein Herz mit Freude erfüllt, weil der Herr große<br />
Dinge an ihm getan hat.<br />
Man beachte den Unterschied zwischen den<br />
beiden Nachkommen, der sich schon von Anfang<br />
an zeigte: Ismael wurde infolge von Abrahams<br />
eigenmächtigem Handeln geboren, Isaak<br />
hingegen aufgrund der Verheißung Gottes. Ismael<br />
ist das Kind aus Abrahams Fleisch. Isaak ist auch<br />
ein Kind Abrahams; nun aber kommt die <strong>Kraft</strong><br />
Gottes zum Tragen, und aus der Schwachheit<br />
seiner Eltern wird deutlich, dass er vom Herrn<br />
ist, ein Geschenk gemäß der Verheißung.<br />
Wahrer Glaube ist sicherlich eine Aktivität <strong>des</strong><br />
Menschen, der glaubt; wahre Buße ist eine Aktivität<br />
<strong>des</strong> Menschen, der bereut; doch sowohl der<br />
Glaube als auch die Buße können mit unzweifelhafter<br />
Richtigkeit als das Werk Gottes bezeichnet<br />
werden, ebenso wie Isaak der Sohn Abrahams<br />
und Sarahs ist, und doch ist er vielmehr ein Geschenk<br />
Gottes. Der Herr, unser Gott, der uns zu<br />
glauben befiehlt, befähigt uns auch zu glauben.<br />
Alles, was wir in gottgefälliger Weise tun, bewirkt<br />
der Herr in uns; ja selbst der Wille, es zu tun, ist<br />
Sein Werk. Keine Frömmigkeit ist auch nur einen<br />
Cent wert, wenn sie nicht im Wesentlichen dem<br />
Herzen <strong>des</strong> Menschen entspringt; und dennoch<br />
muss sie ohne jeden Zweifel das Werk <strong>des</strong> Heiligen<br />
Geistes sein, der in ihm wohnt.<br />
Lieber Freund, wenn das, was du in dir trägst,<br />
deiner Natur und nur deiner eigenen Entscheidung<br />
entstammt, so wird es dich nicht erretten!<br />
Das innere Werk muss geistlich sein; es muss<br />
von Gott kommen, sonst wird es den Segen <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong> verfehlen. Ein Leben der Gnade wird<br />
dein eigenes Leben sein, ebenso wie Isaak Abrahams<br />
eigenes Kind war; aber vielmehr wird<br />
dieses Leben von Gott sein; denn »die Rettung<br />
kommt von dem HERRN!« (Jon. 2,10). Wir müssen<br />
von oben geboren sein. In Bezug auf alle unsere<br />
religiösen Gefühle und Handlungen müssen wir<br />
sagen können: »HERR, … alle unsere Werke hast Du<br />
für uns vollbracht« (Jes. 26,12).<br />
BIST DU VON OBEN GEBOREN?<br />
Es ist sehr schwer zu sagen, inwieweit ein Mensch<br />
religiös sein und doch in seinen Sünden sterben<br />
kann, wie sehr er einem Erben <strong>des</strong> Reiches Gottes<br />
ähneln und dennoch ein Kind <strong>des</strong> Zorns sein kann. Jede Gnadengabe<br />
kann nachgeahmt werden, ebenso wie Juwelen nachgemacht<br />
werden können.<br />
Kleine VOH-Reihe<br />
Bestell-Nr.: 875.296<br />
Preis: 8,90 €<br />
Anhand der Geschichte von Isaak und Ismael zeigt Spurgeon<br />
den Unterschied auf zwischen dem natürlichen Menschen und<br />
demjenigen, der aus Gott geboren ist. Was ist ihr jeweiliger Ursprung?<br />
Wie unterscheiden sich ihre Lebensweisen und ihre Zukunftsperspektiven<br />
voneinander?
DAS EVANGELIUM<br />
KENNEN &<br />
VERKÜNDEN<br />
»Ich erinnere euch<br />
aber, ihr Brüder,<br />
an das Evangelium,<br />
das ich euch<br />
verkündigt habe.«<br />
1. Korinther 15,1<br />
24 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
PAUL WASHER<br />
Ein Schriftsteller oder Prediger würde in<br />
Verlegenheit geraten, wenn er eine bessere<br />
Einführung in das Evangelium Jesu<br />
Christi anfertigen müsste als die, welche der<br />
Apostel Paulus der Gemeinde in Korinth gab<br />
(1.Kor. 15,1-4). In diesen wenigen Zeilen gibt er<br />
uns genug Wahrheit, durch die wir ein Leben<br />
lang genährt und nach Hause in die Herrlichkeit<br />
gebracht werden können. Allein der Heilige<br />
Geist kann einen Menschen dazu befähigen, so<br />
viel in nur wenigen Worten so klar mitzuteilen.<br />
DAS EVANGELIUM KENNEN<br />
In diesem kleinen Abschnitt der Heiligen Schrift<br />
finden wir eine Menge Wahrheit, die jeder von<br />
uns wiederentdecken muss. Das Evangelium ist<br />
nicht bloß eine einführende Botschaft ins Christentum<br />
– es ist die Botschaft <strong>des</strong> Christentums.<br />
Und der Gläubige würde gut daran tun, sein Leben<br />
dazu hinzugeben, sich mit der Aufgabe zu<br />
beschäftigen, die Herrlichkeit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
zu erkennen und zu verkündigen.<br />
Es gibt viele Dinge in dieser Welt, die man<br />
erkennen kann, und unzählige Wahrheiten im<br />
christlichen Glauben, die es zu erforschen gilt;<br />
und trotzdem stellt das »Evangelium der Herrlichkeit<br />
<strong>des</strong> glückseligen Gottes« und Seines Sohnes, <strong>des</strong><br />
Herrn Jesus Christus, diese alle in den Schatten<br />
(1.Tim. 1,11). Denn das Evangelium ist die Botschaft<br />
von unserer Erlösung, das Mittel für unser<br />
Wachstum in der Heiligung und die reine Quelle,<br />
aus der jeglicher reine und rechte Antrieb für<br />
das Leben als Christ hervorströmt. Einem Gläubigen,<br />
der bereits ein wenig von seinem Inhalt<br />
und Charakter verstanden hat, wird es niemals<br />
an Leidenschaft dafür mangeln, noch wird er<br />
danach trachten, <strong>Kraft</strong> aus löchrigen Zisternen<br />
ohne Wasser zu schöpfen, die von Menschenhänden<br />
gemacht sind (Jer. 2,13; 14,3).<br />
1. Korinther 15,1 macht deutlich, dass der Apostel<br />
das Evangelium der Gemeinde in Korinth<br />
bereits gepredigt hatte. Genau genommen war<br />
er ihr Glaubensvater (1.Kor. 4,15). Dennoch hielt<br />
er es für äußerst notwendig, damit fortzufahren,<br />
sie im Evangelium zu unterweisen – nicht allein,<br />
um sie an seine grundlegenden Bestandteile zu<br />
erinnern, sondern um ihre Erkenntnis darüber<br />
zu erweitern. Mit ihrer Bekehrung hatten sie lediglich<br />
eine Entdeckungsreise begonnen, die ihr<br />
ganzes Leben umfassen, sie durch die endlosen<br />
Zeitalter der Ewigkeit hindurchführen und sie<br />
die Herrlichkeiten Gottes im Evangelium Jesu<br />
Christi entdecken lassen würde.<br />
Es wäre weise, wenn sowohl wir als Prediger<br />
und auch alle Christen das Evangelium durch die<br />
Augen dieses alten Apostels neu betrachten und<br />
für würdig erachten würden, es ein Leben lang<br />
sorgfältig zu erforschen. Auch wenn wir bereits<br />
viele Jahre im Glauben gelebt haben, wenn wir<br />
den geistlichen Verstand eines Edwards besitzen<br />
und die Einsicht eines Spurgeon haben, wenn<br />
wir jeden das Evangelium betreffenden Bibeltext<br />
auswendig gelernt und alle Veröffentlichungen<br />
der alten Kirchenväter, der Reformatoren,<br />
der Puritaner bis hin zu den Gelehrten unserer<br />
Zeit verdaut haben – auch dann können wir uns<br />
sicher sein, dass wir noch nicht einmal den Fuß<br />
dieses Berges erreicht haben, den wir das Evangelium<br />
nennen. Selbst nach einer Ewigkeit der<br />
Ewigkeiten wird das Gleiche für uns gelten!<br />
Wir leben in einer Welt, die uns eine fast unbegrenzte<br />
Anzahl an Möglichkeiten anbietet und<br />
in der unzählige Optionen um unsere Aufmerksamkeit<br />
buhlen. Das Gleiche kann auch über das<br />
Christentum gesagt werden und über die große<br />
Auswahl an theologischen Themen, mit denen<br />
sich ein Student befassen könnte. Es gibt eine<br />
fast unbegrenzte Zahl an biblischen Wahrheiten,<br />
die ein Mensch ein Leben lang erforschen voiceofhope.de könnte. | 25
Allerdings stellt ein Thema alle anderen Themen<br />
in den Schatten und ist für das rechte Verständnis<br />
aller anderen biblischen Wahrheiten grundlegend:<br />
das Evangelium Jesu Christi. <strong>Die</strong>se eine<br />
Botschaft ist die größte Offenbarung der <strong>Kraft</strong><br />
Gottes in der Gemeinde und im Leben je<strong>des</strong> einzelnen<br />
Gläubigen.<br />
Wenn wir Berichte aus der Kirchengeschichte<br />
durchlesen, sehen wir Männer und Frauen mit<br />
ungewöhnlicher Leidenschaft für Gott und Sein<br />
Reich. Wir sehnen uns danach, ihnen zu gleichen,<br />
und wundern uns, wie sie dazu gekommen<br />
sind, mit solch anhaltendem Feuer zu wirken.<br />
Wir stellen nach der sorgfältigen Betrachtung<br />
ihres Lebens, ihrer Lehre und ihres <strong>Die</strong>nstes fest,<br />
dass sie sich zwar in vielen Dingen unterscheiden,<br />
aber dass es unter ihnen einen gemeinsamen<br />
Nenner gab: Sie erhaschten alle einen Blick<br />
von der Herrlichkeit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>, <strong>des</strong>sen<br />
Schönheit ihre Leidenschaft entfachte und sie<br />
antrieb. Ihr Leben und ihr Erbe beweisen: Echte<br />
und anhaltende Leidenschaft hat ihren Ursprung<br />
in einer ständig zunehmenden, ständig<br />
sich vertiefenden Erkenntnis von dem, was Gott<br />
für Sein Volk in der Person und dem Werk Jesu<br />
Christi getan hat. Für diese Erkenntnis gibt es<br />
keinen Ersatz!<br />
Der Begriff Evangelium stammt von dem griechischen<br />
Wort eu angélion ab, das »Gute Botschaft«<br />
bedeutet. Aus diesem Grund werden die Bibelgläubigen<br />
oft »Evangelikale« genannt. Wir sind<br />
Christen, weil wir unsere Identität, unser Leben<br />
und unsere Bestimmung in Christus finden. Wir<br />
sind evangelikal, weil wir an das Evangelium<br />
glauben und es als die große zentrale Wahrheit<br />
der Offenbarung Gottes an die Menschen betrachten.<br />
Es ist kein Vorwort oder Nachsatz. Es<br />
ist nicht nur der einleitende Unterricht über den<br />
christlichen Glauben. Es ist das gesamte Studium.<br />
Es ist die Geschichte unseres Christenlebens, der<br />
unerforschliche Reichtum, den wir zu erforschen<br />
suchen, und die Botschaft, die wir ausleben, um<br />
sie damit zu verkünden. Aus diesem Grund sind<br />
wir nur dann christlich und evangelikal, wenn<br />
das Evangelium Jesu Christi unsere einzige Hoffnung,<br />
unser einziges Rühmen und unsere einzige<br />
großartige Leidenschaft ist.<br />
<strong>Die</strong> heutigen Evangelikalen planen so viele<br />
Konferenzen – besonders für unsere Jugend<br />
– mit der Absicht, die Leidenschaft <strong>des</strong> Gläubigen<br />
durch Gemeinschaft, Musik, redegewandte<br />
Sprecher, emotionale Geschichten und leidenschaftliche<br />
Appelle zu wecken. Welche Art Leidenschaft<br />
sie dadurch jedoch auch immer erschaffen,<br />
sie flaut häufig sehr schnell wieder ab.<br />
Schlussendlich bilden diese Erfahrungen nur<br />
kleine Feuer in glaubensschwachen Herzen, die<br />
schon in wenigen Tagen ausgebrannt sind.<br />
Wir haben vergessen, dass echte und anhaltende<br />
Leidenschaft aus tiefgründiger Erkenntnis<br />
der Wahrheit geboren wird, besonders der<br />
Wahrheit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>. Je mehr wir seine<br />
Schönheit erkennen oder begreifen, <strong>des</strong>to mehr<br />
wird uns seine <strong>Kraft</strong> erfassen. Schon ein flüchtiger<br />
Blick auf das Evangelium wird einen wirklich<br />
Wiedergeborenen zur Nachfolge Jesu bewegen.<br />
Jeder tiefere Blick wird seine Glaubensschritte<br />
beschleunigen, bis er unbeirrt dem Kampfpreis<br />
nachjagt (Phil. 3,13-14). Das Herz eines echten<br />
Christen kann einer solchen Schönheit nicht<br />
widerstehen. Darin liegt die große Not heute –<br />
das ist es, was wir verloren haben und zurückgewinnen<br />
müssen: eine Leidenschaft dafür, das<br />
Evangelium zu erkennen, und die gleiche Leidenschaft<br />
dafür, das Evangelium zu verkünden!<br />
DAS EVANGELIUM<br />
VERKÜNDIGEN<br />
Der Apostel Paulus war eines der großartigsten<br />
menschlichen Werkzeuge <strong>des</strong> Reiches Gottes<br />
in der Geschichte der Menschheit und in<br />
der Geschichte der Erlösung. Er war im ganzen<br />
römischen Imperium in einer Zeit fast unvergleichlicher<br />
Verfolgung für die Ausbreitung <strong>des</strong><br />
<strong>Evangeliums</strong> verantwortlich, und er ist ein herausragen<strong>des</strong><br />
Beispiel dafür, was es bedeutet, ein<br />
christlicher Leiter zu sein. Dennoch erreichte er<br />
26 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
all dies lediglich durch die einfache Verkündigung<br />
der anstößigsten Botschaft, die jemals die<br />
Ohren der Menschen erreicht hat.<br />
Paulus war ein außergewöhnlich begabter<br />
Mensch, besonders im Hinblick auf seinen Intellekt<br />
und Eifer. Trotzdem lehrte er selbst, dass<br />
die <strong>Kraft</strong> seines <strong>Die</strong>nstes nicht in seiner Begabung<br />
lag, sondern in der treuen Verkündigung<br />
<strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>. In seinem ersten Brief an die<br />
Korinther schreibt Paulus sein großes Dementi:<br />
»Denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen,<br />
sondern das Evangelium zu verkündigen, [und zwar]<br />
nicht in Redeweisheit, damit nicht das Kreuz <strong>des</strong> Christus<br />
entkräftet wird ... Während nämlich die Juden ein<br />
Zeichen fordern und die Griechen Weisheit verlangen,<br />
verkündigen wir Christus den Gekreuzigten, den Juden<br />
ein Ärgernis, den Griechen eine Torheit; denen aber, die<br />
berufen sind, sowohl Juden als auch Griechen, [verkündigen<br />
wir] Christus, Gottes <strong>Kraft</strong> und Gottes Weisheit«<br />
(1.Kor. 1,17.22-24).<br />
Der Apostel Paulus war vor allem anderen ein<br />
Prediger. Wie zuvor Jeremia, sah er sich innerlich<br />
dazu gedrungen, zu predigen. Das Evangelium<br />
war wie ein brennen<strong>des</strong> Feuer, das in seinen<br />
Gebeinen eingeschlossen war, das er nicht aushalten<br />
konnte, ohne es zu bezeugen (Jer. 20,9).<br />
Den Korinthern verkündete er: »Ich habe geglaubt,<br />
darum habe ich geredet« (2.Kor. 4,13). Und: »Wehe mir,<br />
wenn ich das Evangelium nicht verkündigen würde!«<br />
(1.Kor. 9,16). Solch eine hohe Wertschätzung der<br />
Verkündigung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> kann man nicht<br />
vortäuschen, wenn sie nicht im Herzen <strong>des</strong> Predigers<br />
existiert, noch kann sie verborgen bleiben,<br />
wenn sie existiert.<br />
Allen Menschen gilt der Ruf Gottes, die Bürde<br />
der Botschaft <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> auf sich zu nehmen.<br />
Einige Träger <strong>des</strong>selben sind ernsthafter,<br />
während andere fröhlicher sind. Aber wenn sich<br />
das Gespräch dem Evangelium zuwendet, verändert<br />
sich das Angesicht eines Predigers, und<br />
es scheint uns, als würde plötzlich eine völlig<br />
andere Person vor uns stehen. <strong>Die</strong> Ewigkeit hat<br />
sein Gesicht angestrahlt, der Schleier ist weggenommen<br />
und die Herrlichkeit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
leuchtet mit reiner Leidenschaft hervor.<br />
Ein solcher Mensch hat wenig Zeit für kuriose<br />
Geschichten, moralische Ratschläge oder für das<br />
bloße Mitteilen der Gedanken seines eigenen<br />
Herzens. Er ist gekommen, um zu predigen, und<br />
er muss predigen! Er kann nicht ruhen, bis die<br />
Menschen von Gott gehört haben. Wenn Abrahams<br />
Knecht nicht essen konnte, bis er die Sache<br />
seines Herrn verkündet hatte (1.Mo. 24,33), wie<br />
viel weniger kann der Prediger <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
ruhig dasitzen, solange er nicht den Schatz <strong>des</strong><br />
<strong>Evangeliums</strong>, der ihm anvertraut wurde, verkündet<br />
hat (Gal. 2,7; 1.Thess. 2,4; 1.Tim. 1,11; 6,20;<br />
2.Tim. 1,14; Tit. 1,3).<br />
Auch wenn wenige dem widersprechen würden,<br />
was wir bisher gesagt haben, hat es größtenteils<br />
den Anschein, dass solch ein leidenschaftliches<br />
Predigen aus der Mode gekommen ist. Viele<br />
würden es damit erklären, dass es eben heute<br />
an Feinheit und Eleganz mangelt, die notwendig<br />
sind, um in diesem modernen Zeitalter erfolgreich<br />
zu sein. Der postmoderne Mensch, der ein<br />
bisschen mehr »Demut« und Toleranz für andere<br />
Sichtweisen bevorzugt, betrachtet einen leidenschaftlichen<br />
Prediger, der offen und unverfroren<br />
die Wahrheit verkündet, geradezu als ein<br />
Hindernis. <strong>Die</strong> Meinung der Mehrheit ist, dass<br />
wir einfach die Art, wie wir predigen, ändern<br />
müssten, gerade <strong>des</strong>halb, weil das Evangelium<br />
der Welt als töricht erscheint.<br />
Solch eine Einstellung gegenüber dem Predigen<br />
<strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> ist ein Beweis dafür, dass<br />
wir in der Christenheit unsere Orientierung verloren<br />
haben. Es ist Gott Selbst, der die »Torheit<br />
der Verkündigung« als Mittel verordnet hat, um<br />
der Welt die rettende Botschaft <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
zu bringen (1.Kor. 1,21). Das heißt nicht, dass das<br />
Predigen töricht, unlogisch oder absonderlich<br />
sein soll. <strong>Die</strong> Schrift ist jedoch der Maßstab für<br />
alles Predigen – und nicht die gegenwärtigen<br />
Ansichten einer gefallenen und verdorbenen<br />
Kultur, die weise in ihren eigenen Augen ist und<br />
empfindliche Ohren hat und lieber ihr Herz der<br />
Unterhaltung widmet, als dass sie das Wort <strong>des</strong><br />
Herrn hört (Röm. 1,22; 2.Tim. 4,3).<br />
voiceofhope.de | 27
Wohin der Apostel Paulus auch reiste, predigte<br />
er das Evangelium, und wir würden gut daran<br />
tun, seinem Beispiel zu folgen. Auch wenn das<br />
Evangelium durch viele Mittel verbreitet werden<br />
kann, gibt es doch kein Mittel, das so gottgewollt<br />
ist wie das Predigen. Daher würden jene, die<br />
ständig nach innovativen Mitteln suchen, um<br />
das Evangelium einer neuen Generation von Suchenden<br />
zu vermitteln, gut daran tun, wenn sie<br />
ihre Suche in der Heiligen Schrift beginnen und<br />
beenden würden. Jene, die Tausende von Umfragen<br />
verschicken und Unbekehrte danach fragen,<br />
was sie sich am meisten in einem Gottesdienst<br />
wünschen, sollten begreifen, dass zehntausend<br />
übereinstimmende Ansichten von fleischlichen<br />
Menschen nicht die Autorität über einen Buchstaben<br />
noch ein einziges Strichlein von Gottes<br />
Wort haben (Mt. 5,18). Wir müssen verstehen,<br />
dass es eine große Kluft von unüberbrückbaren<br />
Differenzen gibt zwischen dem, was Gott in der<br />
Heiligen Schrift angeordnet hat, und was sich<br />
unsere gegenwärtige Kultur wünscht.<br />
Es sollte uns nicht verwundern, dass fleischliche<br />
Christen Unterhaltung, Musik und Medien<br />
anstelle der Verkündigung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> und<br />
biblischer Auslegung wünschen. Solange Gott<br />
nicht das Herz eines Menschen erneuert hat,<br />
wird dieser Mensch auf das Evangelium in gleicher<br />
Weise reagieren wie die Dämonen in dem<br />
Gergesener auf den Herrn Jesus Christus: »Was<br />
haben wir mit Dir zu tun, …?« (Mt. 8,29). Der natürliche<br />
Mensch kann, getrennt von dem erneuernden<br />
Werk <strong>des</strong> Heiligen Geistes, kein wahres Interesse<br />
am Evangelium und keine Wertschätzung<br />
<strong>des</strong>selben haben; und dennoch geschieht dieses<br />
Wunder im Herzen eines Menschen durch die<br />
Verkündigung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>, welches er anfangs<br />
so verachtete.<br />
Deswegen müssen wir den Menschen genau<br />
diese Botschaft verkündigen, die sie nicht hören<br />
wollen, und der Geist muss Sein Werk tun!<br />
Ohne dieses kann ein Sünder genauso wenig<br />
Schönheit im Evangelium finden wie Säue an<br />
Perlen, oder wie ein Hund Ehrfurcht empfindet<br />
vor geheiligtem Fleisch oder wie ein Blinder<br />
einen Künstler wie Rembrandt schätzen kann<br />
(Mt. 7,6). Prediger dienen den Menschen nicht<br />
dadurch, dass sie ihnen genau das bieten, was<br />
ihre gefallenen Herzen wünschen, sondern indem<br />
sie ihnen wahre Speise vorlegen, bis sie<br />
es durch das übernatürliche Werk <strong>des</strong> Heiligen<br />
Geistes als solches anerkennen und schmecken<br />
und sehen, »wie freundlich der HERR ist« (Ps. 34,9;<br />
Jes. 55,1-2; Ps. 34,9).<br />
Bevor wir diese kurze Erörterung über die Verkündigung<br />
<strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> abschließen, müssen<br />
wir noch eine letzte Sache ansprechen.<br />
Manche vertreten die Theorie, dass unsere gegenwärtige<br />
Kultur die Art von Predigt, die in<br />
den großen Erweckungen der Vergangenheit so<br />
wirksam war, nicht tolerieren könne. <strong>Die</strong> Predigt<br />
von Jonathan Edwards, George Whitefield,<br />
Charles Spurgeon und anderen gleichgesinnten<br />
Predigern würde heute verlacht, verhöhnt und<br />
verspottet werden. <strong>Die</strong>se Theorie scheint jedoch<br />
nicht zu berücksichtigen, dass die Menschen<br />
diese Prediger zu ihrer Zeit ebenfalls verlachten<br />
und verhöhnten! <strong>Die</strong> wahre Verkündigung <strong>des</strong><br />
<strong>Evangeliums</strong> wird immer für alle Kulturen eine<br />
Torheit sein. Jeder Versuch, diesen Anstoß zu beseitigen<br />
und das Predigen »zeitgemäß« zu machen,<br />
verringert die <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>. Er<br />
vereitelt auch die Absicht, für die Gott das Predigen<br />
auswählte, nämlich als Mittel zur Erlösung<br />
von Menschen – damit die Hoffnung <strong>des</strong> Menschen<br />
nicht auf Raffinesse, Redegewandtheit<br />
und menschlicher Weisheit beruhe, sondern auf<br />
der <strong>Kraft</strong> Gottes (1.Kor. 1,27-30; 2,4-5).<br />
Wir leben in einer Kultur, die von der Sünde<br />
gebunden ist wie mit Ketten aus Eisen. Moralgeschichten,<br />
originelle Lebensweisheiten und<br />
Erfahrungen, die aus dem eigenen Herzen eines<br />
beliebten Predigers oder geistlichen Life-Coaches<br />
(Lebensberaters) mitgeteilt werden, haben<br />
keine wirkliche <strong>Kraft</strong> gegen solche Finsternis.<br />
Wir brauchen Prediger <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> Jesu<br />
Christi, welche die Heilige Schrift kennen und<br />
durch Gottes Gnade jeder Kultur mit dem Ruf<br />
entgegentreten können: »So spricht der Herr!«<br />
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Persönliche Evangelisation<br />
Als Paulus von seiner zweiten Missionsreise<br />
nach Korinth zurückkehrte, war<br />
er hocherfreut zu erfahren, dass seine<br />
Arbeit unter den Thessalonichern gute Früchte<br />
getragen hatte. Das drückt er in 1. Thessalonicher<br />
3,8 wie folgt aus: »Denn nun leben wir, wenn ihr<br />
fest steht im Herrn!« Einer der Gründe für seinen<br />
Brief an sie war der Wunsch, ihnen seine Freude<br />
und sein Lob über ihre Standhaftigkeit im Herrn<br />
mitzuteilen.<br />
EINE VORBILDLICHE GEMEINDE<br />
Das Lob von Paulus für die Thessalonicher ist<br />
auch für heutige Christen, die seinen Brief lesen,<br />
ermutigend. Viele Christen stellen heute fest,<br />
dass sie <strong>des</strong> Zeugnisses der ersten Gläubigen<br />
leider entbehren. <strong>Die</strong> Heilige Schrift ermöglicht<br />
uns aber den Zugang zu ihren Erfahrungen, die<br />
für uns ein Vorbild sind, das uns auch heute noch<br />
lehren und ermutigen kann. Paulus’ Lob für die<br />
Christen in Thessalonich ist besonders wichtig,<br />
weil er diese Gemeinde als Vorbild für alle anderen<br />
ansieht. Paulus schätzte ihren Ruf so sehr,<br />
dass er gleichsam antworten konnte: Wir brauchen<br />
nichts darüber zu sagen, denn eure Taten<br />
sprechen für sich.<br />
Sie waren hingebungsvoll und treu<br />
Paulus hatte von dem Vorbild der Thessalonicher<br />
zuerst gehört, da sie das Evangelium<br />
verbreiteten: »Denn von euch aus ist das Wort<br />
<strong>des</strong> Herrn erklungen; nicht nur in Mazedonien und<br />
Achaja« (1.Thess. 1,8). Offenbar hatte Paulus diese<br />
wunderbare Nachricht erhalten, noch bevor<br />
Timotheus mit seinem Bericht aus Thessalonich<br />
zurückgekehrt war. Er schreibt: »Überall<br />
ist euer Glaube an Gott bekannt geworden.« Mit anderen<br />
Worten: Von überall her hörte man von<br />
dem Ruf dieser Gemeinde, da sie das Evangelium<br />
verbreitet und weitergegeben haben. Das<br />
bedeutet, dass ihr Zeugnis von der Person und<br />
dem Werk Christi in der ganzen damaligen<br />
Welt verkündet wurde. Der Apostel vergleicht<br />
ihre Verkündigung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> mit dem<br />
Schall einer Trompete, der die Aufmerksamkeit<br />
der Menschen erregt. Nachdem die Christen in<br />
Thessalonich das Evangelium empfangen hatten,<br />
dachten sie nicht daran, es für sich zu behalten,<br />
sondern machten es durch Wort und Leben<br />
anderen Menschen bekannt.<br />
30 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Sie glaubten dem Wort<br />
und lebten danach<br />
Gottes Absicht ist es, dass sich das Evangelium<br />
auf diese Weise durch jede Gemeinde und jeden<br />
Christen ausbreitet. Wir können eine Gemeinde,<br />
die das Evangelium verbreitet, mit einem Telekommunikationssatelliten<br />
vergleichen, der zuerst<br />
die Botschaft empfängt und dann aussendet. Das<br />
ist Gottes einfachster Plan für Evangelisation, und<br />
jede Gemeinde muss ihren Teil dazu beitragen.<br />
Wir sollten beachten, dass die Thessalonicher<br />
nicht irgendein Zeugnis gaben. Es war »das Wort<br />
<strong>des</strong> Herrn«, das sie empfingen und weitergaben.<br />
Es war der Glaube an das Wort Gottes, der sie<br />
zu ihrem Zeugnis befähigte. Auch wir müssen<br />
vom göttlichen Wesen der Heiligen Schrift völlig<br />
überzeugt sein, wenn wir eine ähnliche Wirkung<br />
erzielen wollen.<br />
Als sich die Kunde von den Christen in Thessalonich<br />
in Griechenland und darüber hinaus verbreitete,<br />
sprach man nicht nur von der Botschaft,<br />
die Gott ihnen offenbart hatte, sondern auch von<br />
ihrem Glauben an diese Botschaft. Paulus sagt,<br />
dass das Evangelium von ihnen ausgegangen sei:<br />
Ȇberall ist euer Glaube an Gott bekannt geworden, sodass<br />
wir es nicht nötig haben, davon zu reden«.<br />
<strong>Die</strong>ser Ruf zum Glauben an Jesus Christus<br />
begann wahrscheinlich zu Hause. Manche Ehemänner<br />
wunderten sich über das neue Verhalten<br />
ihrer Frauen, die sich zu Christus bekehrt hatten.<br />
Freunde und Nachbarn berichteten von den<br />
neuen Prioritäten derer, die an das Evangelium<br />
glaubten. <strong>Die</strong> Veränderung war bei vielen so tiefgreifend,<br />
dass sich die Nachricht von einem großen<br />
Ereignis in Thessalonich verbreitete.<br />
Besonders als die ersten Christen inmitten<br />
der Verfolgung ihren Glauben nicht aufgaben,<br />
sondern mit unerschütterlicher Hoffnung und<br />
der Freude <strong>des</strong> Heiligen Geistes auf die Bedrängnisse<br />
reagierten, wurden immer mehr Menschen<br />
auf diese Gläubigen aufmerksam.<br />
Mit solch einem Glaubenszeugnis und der<br />
<strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>, das sie verkündigten,<br />
können alle Christen das Wort <strong>des</strong> Herrn glaubwürdig<br />
und überzeugend bekunden.<br />
Verkündige treu die Wahrheit<br />
<strong>Die</strong>ser wichtige Punkt, der den Ruf der Thessalonicher<br />
kennzeichnet, führt uns zu der Frage, ob<br />
man Ähnliches auch von uns sagen könnte. Jede<br />
Gemeinde und jeder Prediger sollten nach einem<br />
Ruf streben: nicht nach einem Ruf, dass sie in der<br />
Gemeinde Unterhaltung darbieten, rhetorisch gewandt<br />
predigen oder einen großen Bekanntheitsgrad<br />
durch soziale Medien haben, sondern nach<br />
einem Ruf, von der Welt abgesondert zu leben und<br />
die göttliche Wahrheit treu zu verkündigen.<br />
Wahre Christen sind der Welt so unähnlich,<br />
aber dem Herrn Jesus Christus so ähnlich, dass<br />
diese Veränderung schon ein großes Zeugnis in<br />
der Welt ist. Auf diese Weise hat die Verkündigung<br />
<strong>des</strong> Wortes eine umso gewaltigere Wirkung!<br />
Als Paulus in Thessalonich aus der Heiligen<br />
Schrift predigte, bekehrten sich viele von denen,<br />
die seine Botschaft hörten, zu dem Herrn Jesus<br />
Christus. In Vers 9 wird klar und deutlich gesagt,<br />
was diese Bekehrung mit sich brachte: »… wie ihr<br />
euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen<br />
und wahren Gott zu dienen«. Seit dem Zeitalter<br />
der Apostel bezeugt die Missionsgeschichte,<br />
dass völlige Abkehr vom Götzendienst und<br />
klare Hinwendung zum lebendigen und wahren<br />
Gott notwendig sind, wenn man Ihm dienen will.<br />
Sei ein hingebungsvoller Zeuge<br />
Mögen unsere Gemeinden einen solchen Ruf<br />
bekommen, wie die Thessalonicher ihn hatten!<br />
Es wäre eine besonders große Ehre, die Art von<br />
Lob zu erhalten, die diese Gemeinde von keinem<br />
Geringeren als dem Apostel Paulus erhalten hat.<br />
Aber wir warten auf das Kommen Dessen, der<br />
unendlich höher steht als die besten menschlichen<br />
<strong>Die</strong>ner, und der uns auffordern wird, Ihm<br />
gegenüber Rechenschaft über unseren <strong>Die</strong>nst<br />
abzulegen.<br />
Wenn wir an Missionsarbeit denken, stellen wir<br />
uns manchmal Missionare mit großen Erfolgen<br />
bezüglich vieler Bekehrungen vor. In Wirklichkeit<br />
handelt es sich aber meist um eine<br />
Eins-zu-eins-Evangelisation.<br />
voiceofhope.de | 31
Unser Herr Jesus hat Menschenmengen gelehrt,<br />
aber Er hat sich 12 Jünger erwählt, in die Er<br />
investiert hat und denen Er in besonderer Weise<br />
gedient hat. Er tat dies, damit auch sie das Evangelium<br />
verkündigen und anderen Menschen in<br />
besonderer Weise dienen konnten. Dazu waren<br />
sie berufen, und auf diese Weise stellten sie die<br />
ganze damals bekannte Welt auf den Kopf.<br />
Nur ein kleiner Teil der Gemeinde Christi ist<br />
zum Predigen berufen; aber es sind ausnahmslos<br />
alle dazu berufen, Zeugen für Christus zu<br />
sein. <strong>Die</strong> persönliche Evangelisation – das Pflegen<br />
einer Beziehung, wie beispielsweise Paulus<br />
und Timotheus sie hatten, wobei der Schüler<br />
den Lehrer beobachten kann, wie er lebt, arbeitet<br />
und dient, seine Zeit gestaltet und Umgang<br />
mit Menschen hat – ist wahrscheinlich die Art<br />
von Evangelisation, die sowohl damals bei den<br />
Thessalonichern als auch in unserer Zeit die<br />
größten Auswirkungen hat. Denken wir da an<br />
die Beziehung zwischen Vater und Sohn, Mutter<br />
und Tochter, Sonntagsschullehrer und einem bestimmten<br />
Schüler (wenn der Schüler sich an die<br />
Fersen <strong>des</strong> Lehrers heftet oder der Lehrer sich<br />
eines Schülers in besonderer Weise annimmt),<br />
zwischen Brüdern, Freunden, etc. – bei all diesen<br />
Beziehungen finden wir eine Gemeinsamkeit:<br />
Es wird viel Zeit miteinander verbracht, man<br />
hat Teil an Wort und Leben seines Lehrers, hört<br />
seine Lehre und beobachtet, wie dieser seinen<br />
Glauben auslebt.<br />
AUS AFGHANISTAN UND<br />
KASACHSTAN<br />
So ist es auch bei unseren Geschwistern Omar *<br />
und Sarah * aus Kasachstan, die im vollzeitigen<br />
Missionsdienst stehen.<br />
Gemeinsam mit ihren Kindern lebten sie 7<br />
Jahre lang als Missionare in Afghanistan, bauten<br />
Kontakte zu den Einwohnern dort auf und<br />
verkündigten ihnen das Evangelium. Der Herr<br />
gebrauchte ihre Verkündigung, um Menschen zu<br />
erretten, sodass kleine Gemeinden entstanden.<br />
Das alles klingt sehr einfach, doch es vergingen<br />
bei den meisten, die zum Glauben kamen, Jahre,<br />
bis Frucht zu sehen war und man erkennen<br />
konnte: Hier hat Gott Sein Werk gehabt. Hier hat<br />
Er neues Leben geschenkt.<br />
Als eine andere Missionarsfamilie (bis auf die<br />
Mutter) gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde,<br />
geriet auch Omars Familie mehr und mehr in<br />
Gefahr. Da bereits einheimische Brüder in der<br />
Missionsarbeit mitwirkten und mit Omars Begleitung<br />
Hausgemeinden leiteten, entschieden<br />
er und Sarah, mit ihren Kindern Afghanistan zu<br />
verlassen und die Geschwister und Gemeinden<br />
vom Ausland her weiter zu betreuen. Sie stehen<br />
seitdem telefonisch und per E-Mail mit den Geschwistern<br />
dort in Kontakt; bis zum Sommer 2021<br />
ist Omar noch regelmäßig dorthin gereist, um die<br />
Geschwister zuzurüsten und zu ermutigen.<br />
Es ist überwältigend, dort zu beobachten, dass<br />
Gottes Macht keine Grenzen kennt. Trotz der seit<br />
August 2021 verschärften Lage im Land sind in<br />
den vergangenen zwei Jahren 32 Menschen zum<br />
rettenden Glauben an den Herrn Jesus Christus<br />
gekommen, von denen unsere Geschwister vor<br />
Ort wissen.<br />
Menschen für Christus gewinnen<br />
Omar und Sarah sind zwar nicht mehr im Land,<br />
aber ihr Herz brennt für Afghanistan und das afghanische<br />
Volk. So hat Sarah begonnen, Afghaninnen,<br />
die in Kasachstan leben, evangelistisch<br />
zu dienen.<br />
Einige dieser Afghaninnen sind zum Studium<br />
in Kasachstan. Sarah lud diese jungen Frauen zu<br />
sich nach Hause ein und bewirtete sie freundlich.<br />
Während<strong>des</strong>sen erzählte sie ihnen die Geschichte<br />
von Ruth. Ihre Gäste waren überrascht,<br />
dass es sich dabei um die Urgroßmutter von König<br />
David handelte, den sie als einen Propheten<br />
anerkennen. Das war nur der Beginn. Es gab<br />
bisher nur ein paar solcher Zusammenkünfte.<br />
Es bedarf eines allmählichen Kontaktaufbaus,<br />
um ihnen nach und nach von Jesus Christus,<br />
dem Sohn Gottes und Retter der Sünder zu erzählen.<br />
32 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
<strong>Die</strong> Freundschaft zu einer weiteren Frau begann<br />
für Sarah mit einer schweren Zeit. Sie war im<br />
letzten halben Jahr sehr krank und musste aufgrund<br />
ihres schlechten Zustands zur Behandlung<br />
in eine Klinik. Dort lernte sie Ellaha kennen.<br />
Sarah bezeugte offen vor den anderen ihren<br />
*1<br />
Glauben, was Ellahas Interesse erregte. Damit<br />
sie von niemandem beobachtet oder gehört werden<br />
konnten, lud sie Sarah in ihr Zimmer ein,<br />
um mehr zu erfahren. Sarah bezeugte Ellaha<br />
noch einmal persönlich den Herrn Jesus Christus<br />
und machte ihr deutlich, dass Er Gottes Sohn<br />
ist. Sie erzählte ihr, dass Gott heilig ist und alle<br />
Menschen wegen ihrer Sünde unter Seinem Zorn<br />
stehen. Ellaha war eine sehr konsequente Muslimin,<br />
die sich streng an die Gebetszeiten hielt.<br />
So machte Sarah ihr deutlich, dass der Glaube<br />
an Christus keine Religion ist, wie der Islam, der<br />
Buddhismus und andere Religionen, die letztlich<br />
doch nicht retten können, sondern, dass es hierbei<br />
um ein reales Leben mit Gott geht, das ewig<br />
währt und von Ihm geschenkt werden muss. Keine<br />
guten Taten noch irgendetwas anderes, was<br />
vom Menschen vollzogen wird, kann ihn vom<br />
Zorn Gottes befreien und ihm Annahme bei Ihm<br />
verschaffen. Doch Sein Sohn wurde Mensch und<br />
konnte <strong>des</strong>halb den Platz der Sünder einnehmen,<br />
* Name geändert<br />
die die ewige Strafe verdient hatten. Er wurde<br />
anstelle Seines Volkes bestraft. Um errettet werden<br />
zu können, müsse sie erkennen, dass sie eine<br />
Sünderin ist, Buße tun und an Jesus Christus als<br />
ihren Gott und Erlöser glauben.<br />
Ellaha bat Sarah, ihr mehr über den Gott der<br />
Bibel und über das Evangelium zu erzählen und<br />
ihr zu erklären, wie man beten sollte. Sie verbrachten<br />
viel Zeit miteinander, die Sarah nutzte,<br />
um Ellaha biblische Lehren mitzugeben und<br />
einige Fakten, die sie ihr bereits mitgeteilt hatte,<br />
zu vertiefen.<br />
<strong>Die</strong> Behandlung ist sowohl bei Sarah als auch<br />
bei Ellaha abgeschlossen. Ellaha ist wieder in ihr<br />
Heimatland zu ihrer Familie gereist, ist aber mit<br />
Sarah in Kontakt geblieben.<br />
Sarah schreibt: »Wenn meine Krankheit notwendig<br />
war, damit ich Ellaha treffen konnte, und<br />
Gott diese Zeit nutzte, um eine Seele zu retten,<br />
dann ist das eine große Freude.«<br />
Zu dieser Art von Evangelisation und Jüngerschaft<br />
sind alle Christen berufen – ohne Ausnahme. Es<br />
ist unsere Aufgabe, Gastfreundschaft im biblischen<br />
Sinne auszuüben, d. h. Menschen einzuladen,<br />
um ihnen zu dienen, vorrangig um ihnen das<br />
Evangelium mitzuteilen. Wir sollen Menschen für<br />
Christus gewinnen und – wie die Jünger damals<br />
– unsere ganze Umgebung mithilfe <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
auf den Kopf stellen.<br />
GEBETSANLIEGEN<br />
DANKE DEM HERRN, …<br />
… dass Seine Macht keine Grenzen<br />
kennt und Seine Gnade sich in<br />
Afghanistan durch die Errettung von<br />
Sündern und durch die Bewahrung<br />
der Gläubigen zeigt.<br />
… dass Er Sarah Frauen in den Weg<br />
gestellt hat, denen sie dienen und<br />
das Evangelium verkündigen darf.<br />
… dass Er mächtig wirkt.<br />
BITTE IHN …<br />
… um Trost und Mut für die verfolgten Christen<br />
in Afghanistan.<br />
… um Erweckung in Kasachstan.<br />
… dass der Herr den afghanischen Studentinnen und<br />
allen weiteren Menschen, denen Omar und Sarah zurzeit<br />
das Evangelium mitteilen, das Herz öffnet.<br />
… um vollständige Genesung für Sarah und Ellaha.<br />
voiceofhope.de | 33<br />
… dass Er Ellaha völlig zubereitet, festigt, stärkt und gründet.
John MacArthur<br />
Musik<br />
IN DER<br />
GEMEINDE<br />
Vor Kurzem arbeitete ich an einer<br />
Buchreihe über die schönsten Choräle<br />
<strong>des</strong> christlichen Glaubens mit. Meine<br />
Aufgabe bei dem Projekt bestand darin, von jedem<br />
ausgewählten Lied eine Zusammenfassung<br />
<strong>des</strong> Lehrinhalts zu schreiben. Es war eine faszinierende<br />
und aufschlussreiche Aufgabe, die<br />
mich veranlasste, mich tiefer als je zuvor in das<br />
reiche Erbe christlicher Choräle zu versenken.<br />
Während ich die Geschichte dieser Lieder<br />
recherchierte, wurde mir erneut bewusst, dass<br />
sich gegen Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts ein tiefer<br />
Wandel in der Gemeindemusik vollzogen hat.<br />
Es wurden praktisch überhaupt keine Loblieder<br />
mehr geschrieben. Sie wurden durch »<strong>Evangeliums</strong>lieder«<br />
ersetzt – Lieder mit generell leichterem<br />
Lehrinhalt, mit kurzen Strophen, denen<br />
ein Refrain, ein Kehrreim oder ein gemeinsamer<br />
Schlussvers folgte, der nach jeder Strophe<br />
wiederholt wurde. <strong>Evangeliums</strong>lieder waren in<br />
der Regel evangelistischer als Loblieder. Der wesentliche<br />
Unterschied lag darin, dass die meisten<br />
<strong>Evangeliums</strong>lieder Ausdruck persönlicher<br />
Erfahrungen waren und sich an eine Zuhörerschaft<br />
von Menschen richteten; die meisten der<br />
klassischen Choräle hingegen waren Loblieder,<br />
die sich direkt an Gott richteten. […]<br />
Im späten 20. Jahrhundert machten <strong>Evangeliums</strong>lieder<br />
einer neuen Form Platz – dem Lobpreislied.<br />
Lobpreislieder sind eingängige Verse,<br />
begleitet von griffiger Musik, im Allgemeinen<br />
kürzer als die <strong>Evangeliums</strong>lieder und mit weniger<br />
Strophen versehen.<br />
Lobpreislieder sind – wie Choräle – Loblieder,<br />
die sich direkt an Gott richten. Mit dieser<br />
erneuten, erst kurz zurückliegenden Veränderung<br />
kehrte man zu reiner Anbetung als Hauptschwerpunkt<br />
und eigentlichem Grund <strong>des</strong> Gemeindegesangs<br />
zurück; es ging dabei also nicht<br />
mehr so sehr um Zeugnis und Evangelisation.<br />
Im Gegensatz zu Chorälen haben Lobpreislieder<br />
aber normalerweise keinen Lehrzweck.<br />
Sie sollen als schlichter, persönlicher Ausdruck<br />
der Anbetung gesungen werden, während Choräle<br />
meist gemeinsamer Ausdruck der Anbetung<br />
34 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
sind und Betonung auf eine Lehrwahrheit legen.<br />
1 […]<br />
(Natürlich sind das keine absoluten Definitionen.<br />
Manche Lobpreislieder enthalten in der<br />
Tat Lehranweisungen, und manche Choräle sind<br />
als wunderbarer persönlicher Ausdruck eines<br />
schlichten Lobes gedacht. 2 )<br />
PSALMEN, LOBLIEDER UND<br />
GEISTLICHE LIEDER<br />
Das biblische Rezept für christliche Musik finden<br />
wir in Kolosser 3,16: »Das Wort <strong>des</strong> Christus wohne<br />
reichlich in euch; in aller Weisheit lehrt und ermahnt euch<br />
gegenseitig! Mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen<br />
Liedern singt Gott in euren Herzen in Gnade!« (ELB).<br />
Das verlangt eindeutig eine gewisse Bandbreite<br />
an musikalischen Formen – »Psalmen,<br />
Loblieder und geistliche Lieder«. Bezüglich<br />
der Bedeutung dieser Begriffe schreibt Charles<br />
Hodge: »<strong>Die</strong> damalige Verwendung der Worte<br />
psalmos, hymnos, ode scheint genauso gewesen zu<br />
sein, wie die von uns benutzten entsprechenden<br />
Begriffe Psalm, Choral, Loblied. Ein Psalm war<br />
ein Choral und ein Choral ein Loblied. Trotzdem<br />
gab es dabei Unterschiede.« 3<br />
Ein Psalm bezeichnete ein heiliges Lied mit<br />
Begleitung durch Musikinstrumente. (Psalmos<br />
leitet sich von einem Wort ab, welches das Zupfen<br />
von Saiten mit den Fingern bezeichnet.) Das<br />
Wort bezeichnete sowohl die Psalmen <strong>des</strong> Alten<br />
Testaments als auch die christlichen Lieder <strong>des</strong><br />
Neuen Testaments (1.Kor. 14,26). »Hymnos« bezeichnete<br />
ein Lied <strong>des</strong> Gotteslobes, ein geistliches<br />
Loblied. »Ode« dagegen konnte sowohl sakrale<br />
als auch säkulare Musik beinhalten. Deshalb<br />
stellt der Apostel hier klar: Es geht um »geistliche«<br />
Lieder – Lieder über geistliche Dinge.<br />
1 In dem bekannten Choral »Holy, Holy, Holy« (Heilig, heilig, heilig)<br />
werden zum Beispiel die Eigenschaften Gottes aufgezählt,<br />
wobei insbesondere die Lehre der Dreieinigkeit betont wird.<br />
2 »Du großer Gott« wäre ein gutes Beispiel hierfür.<br />
3 Charles Hodge »Ephesians«, Banner of Truth<br />
Genaue Unterscheidungen zwischen diesen<br />
Begriffen sind etwas unklar, und wie Hodge sagt,<br />
spiegelt sich diese Unklarheit sogar in unserem<br />
heutigen Gebrauch dieser Worte wider. Doch es<br />
ist nicht von essenzieller Wichtigkeit, die tatsächlichen<br />
Formen der »Psalmen, Loblieder und<br />
geistlichen Lieder« der ersten Gemeinde zu definieren<br />
oder zwischen diesen Worten exakt zu<br />
unterscheiden.<br />
<strong>Die</strong> übergeordnete Bedeutung <strong>des</strong> Ausdrucks<br />
»Psalmen, Loblieder und geistliche Lieder«<br />
scheint folgende zu sein: Paulus forderte<br />
eine Vielfalt an musikalischen Formen und eine<br />
Bandbreite von geistlichen Ausdrucksweisen,<br />
die nicht in einer einzigen, alleinigen musikalischen<br />
Form verkörpert werden kann. <strong>Die</strong> strenge<br />
Sicht, man dürfe nur Psalmen singen (die in einigen<br />
reformierten Kreisen heute beliebt ist), lässt<br />
diese Bandbreite absolut nicht zu. <strong>Die</strong> Ansichten<br />
fundamentalistischer Traditionalisten, die die<br />
Bandbreite der Gemeindemusik offenbar auf<br />
die Form der <strong>Evangeliums</strong>lieder <strong>des</strong> frühen 20.<br />
Jahrhunderts beschränken wollen, würde die von<br />
Paulus geforderte Vielfalt ebenfalls ersticken.<br />
Noch wichtiger: <strong>Die</strong> vorherrschende Stimmung<br />
in modernen Freikirchen, deren Glieder nach einem<br />
monotonen Speisezettel mit nichts als einfachen<br />
Lobpreisliedern leben wollen, zerstört<br />
ebenfalls die von Paulus dargelegte Bandbreite.<br />
Ich glaube, die Gemeinschaft der evangelikalen<br />
Freikirchen irrte vor hundert Jahren, als<br />
man es zugunsten von <strong>Evangeliums</strong>liedern fast<br />
vollständig aufgab, Choräle zu verfassen. Der<br />
Irrtum lag nicht im freudigen Akzeptieren einer<br />
neuen Form. Noch einmal: <strong>Die</strong> Form <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>lie<strong>des</strong><br />
hatte einen rechtmäßigen Platz in<br />
der Gemeindemusik. Doch der Irrtum lag darin,<br />
das reichhaltige Erbe der Choräle wegzuwerfen<br />
– und damit auch den Lehrreichtum der geistlichen<br />
Musik, die so vielen Generationen zur Erbauung<br />
und Nahrung gedient hatte.<br />
Und ich bin davon überzeugt, dass christliche<br />
Liederdichter heute einen ähnlichen Fehler<br />
begehen, indem sie es nicht schaffen, Loblieder<br />
mit Substanz zu schreiben, während sie die alten<br />
voiceofhope.de | 35
Choräle aus dem Repertoire der Gemeindemusik<br />
auslöschen und durch eingängige Chorusse<br />
und Lieder, die wie Popsongs klingen, ersetzen.<br />
EINANDER LEHREN<br />
UND ERMAHNEN<br />
<strong>Die</strong> Schreiber von zeitgenössischer Musik vergessen<br />
nur allzu oft die von der Bibel angeordnete<br />
belehrende Rolle, die Musik in der Gemeinde<br />
haben sollte. Uns wird befohlen, »mit Psalmen,<br />
Lobliedern und geistlichen Liedern« einander zu lehren<br />
und zu ermahnen. Nur wenige moderne Lobpreislieder<br />
lehren oder ermahnen. Statt<strong>des</strong>sen<br />
sind die meisten allein dazu geschaffen worden,<br />
um die Gefühle zu erregen. <strong>Die</strong>se Lieder werden<br />
allzu oft wie ein mystisches Mantra gesungen –<br />
mit der bewussten Absicht, den Verstand in die<br />
Passivität zu drängen, während der Anbetende<br />
so viel Emotion wie irgend möglich aufbringt. Zu<br />
genau diesem Zweck sind in viele Lobpreislieder<br />
willentlich Wiederholungen eingebaut worden.<br />
Das Vineyard-Muster der Anbetung wurde<br />
praktisch auf diesem Prinzip aufgebaut. Und<br />
weltweit haben Gemeinden dieses Modell übernommen.<br />
Man beachte diese Beschreibung eines<br />
typischen modernen Anbetungsgottesdienstes:<br />
<strong>Die</strong> Musik ... ist allein auf Lobpreislieder beschränkt<br />
– mit Texten, die eher per Beamer gezeigt als aus Büchern<br />
gesungen werden, damit der Gottesdienstbesucher<br />
absolute Freiheit hat, körperlich zu reagieren ...<br />
<strong>Die</strong> Musik beginnt langsam und leise und steigert<br />
sich nach und nach – langsam, aber stetig – in einem<br />
45-minütigen Crescendo. Während dieser 45 Minuten<br />
steigert sich die emotionale Macht der Musik in<br />
fast nicht wahrnehmbaren Stufen von einer weichen,<br />
sanften zu einer mächtigen, treibenden Intensität.<br />
Am Anfang sitzen alle. Wenn dann das Gefühl der<br />
Leidenschaft wächst, reagieren die Menschen fast<br />
wie auf Kommando, indem sie zunächst die Hände<br />
heben, dann aufstehen, usw.<br />
<strong>Die</strong> Musik ist vorsichtig und mit voller Absicht<br />
zu diesem intensiven emotionalen Gipfel geführt<br />
worden. Man spürt, dass dies der einzige Sinn <strong>des</strong><br />
gemeinsamen Singens ist: die Emotionen zu einer<br />
weißglühenden Leidenschaft zu steigern. Je intensiver<br />
das Gefühl ist, <strong>des</strong>to mehr Menschen sind davon<br />
überzeugt, dass sie wahrhaft »angebetet« hätten.<br />
Und doch liegt in alledem keine besondere Betonung<br />
auf dem Inhalt der Lieder. Wir singen davon, Gottes<br />
Gegenwart unter uns zu »spüren«, gera<strong>des</strong>o, als seien<br />
gesteigerte Emotionen der Gradmesser für Gottes<br />
Gegenwart und <strong>Kraft</strong>. Manche Lieder sagen dem<br />
Herrn, Er sei groß und lobenswert, aber kein Lied<br />
gibt wirklich jemals einen Grund dafür an. Egal:<br />
Das Ziel ist eindeutig, unsere Emotionen zu erregen,<br />
und nicht, unseren Verstand auf einen bestimmten<br />
Aspekt der Größe Gottes auszurichten. Tatsächlich<br />
warnt uns der Prediger später in seiner Botschaft<br />
auch noch davor, uns bei unserer Beschäftigung mit<br />
Gott mehr auf unseren Kopf als auf unser Gefühl zu<br />
verlassen.<br />
Mit anderen Worten: <strong>Die</strong> »Anbetung« ist hier willentlich<br />
und mit voller Absicht anti-intellektuell.<br />
Während in keinem der gesungenen Lobpreislieder<br />
ein offener, eindeutiger Irrtum vorliegt, hat auch<br />
keines einen substanziellen Inhalt. Sie sind geschrieben<br />
worden, um als Transportmittel der Emotionen<br />
zu dienen, weil Emotionen – absichtlich abgetrennt<br />
vom Verstand – das ist, was »Anbetung« nach dieser<br />
Vorstellung definiert. 4<br />
Natürlich geht nicht jede zeitgenössische Anbetungsmusik<br />
in der Gemeinde so weit, aber die beliebtesten<br />
Trends weisen deutlich in diese Richtung.<br />
Alles, was zu verstan<strong>des</strong>mäßig aussieht,<br />
wirkt automatisch verdächtig, wird für »nicht<br />
anbetungsvoll genug« gehalten, weil die vorherrschende<br />
Vorstellung von Anbetung dem Verstand<br />
einfach nur wenig oder gar keinen Platz ein-<br />
4 Den unveröffentlichten Notizen eines Freun<strong>des</strong> entnommen,<br />
der Gemeindewachstum und Anbetungsstile in einigen Gemeinden<br />
untersucht hat.<br />
36 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
äumt. Aus diesem Grund werden im typischen<br />
Gemeindegottesdienst Predigten gekürzt und<br />
vereinfacht, und so bleibt mehr Raum für Musik.<br />
<strong>Die</strong> Predigt, die einst das Zentrum <strong>des</strong> Gottesdienstes<br />
war, wird nun als etwas von der Anbetung<br />
Abgetrenntes betrachtet, als etwas, was in<br />
die »Lobpreis-und-Anbetungs-Zeit« eindringen<br />
könnte, in der der Schwerpunkt auf Musik, Zeugnis<br />
und Gebet liegt – aber doch hauptsächlich<br />
auf der Musik, und zwar auf einer Musik, deren<br />
Hauptabsicht es ist, die Emotionen zu erregen.<br />
Aber wenn die richtige Funktion von nach der<br />
Bibel ausgerichteter Musik »Lehre und Ermahnung«<br />
beinhaltet, dann sollte Musik in der Gemeinde<br />
viel mehr sein als ein emotionales Aufputschmittel.<br />
Tatsächlich heißt das, dass Musik<br />
und Predigt dasselbe Ziel haben sollten. Beide<br />
tragen zu Recht zur Verkündigung <strong>des</strong> Wortes<br />
Gottes bei. <strong>Die</strong> Predigt gilt zu Recht als Aspekt<br />
unserer Anbetung. Und umgekehrt wird Musik<br />
zu Recht als Aspekt <strong>des</strong> <strong>Die</strong>nstes am Wort betrachtet,<br />
genauso wie die Predigt. Daher sollte<br />
der Liederdichter die Schrift genauso gut kennen<br />
und genauso um theologische Genauigkeit<br />
besorgt sein wie der Prediger. <strong>Die</strong>s gilt vor allem<br />
<strong>des</strong>halb, weil man die von ihm geschriebenen<br />
Lieder mit hoher Wahrscheinlichkeit immer<br />
wieder singen wird (im Gegensatz zu einer Predigt,<br />
die man in der Regel nur einmal hört).<br />
Ich fürchte, diese Perspektive ist beim durchschnittlichen<br />
Gemeindemusiker unserer Tage<br />
komplett verlorengegangen. Leonard Payton hat<br />
beobachtet:<br />
<strong>Die</strong> Sache ist inzwischen so extrem, dass jeder, der<br />
ein halbes Dutzend Akkorde auf der Gitarre spielen<br />
und nach einem Null-acht-fünfzehn-Muster Reime<br />
schmieden kann, für qualifiziert genug gehalten<br />
wird, diesen Teil <strong>des</strong> <strong>Die</strong>nstes am Wort auszuüben,<br />
ohne dass man sich weiter mit seiner Bibelkenntnis<br />
und -ausrichtung befasst. 5<br />
Payton weist darauf hin, dass die führenden Musiker<br />
<strong>des</strong> Alten Testaments (Heman, Asaph und<br />
Etan, 1.Chr. 15,19) alle levitische Priester waren,<br />
Männer, die ihr Leben dem <strong>Die</strong>nst <strong>des</strong> Herrn geweiht<br />
hatten (V. 17); sie waren in der Schrift ausgebildet<br />
und fähig, sich mit dem Wort Gottes zu<br />
befassen. Ihre Namen tauchen als Autoren einiger<br />
der inspirierten Psalmen auf (Ps. 73-83; 88;<br />
89). Payton schreibt:<br />
Es war Asaph, der donnernd bezeugte, dass das<br />
Vieh auf tausend Bergen Gott gehört (Ps. 50,10).<br />
Wenn ein moderner Gemeindemusiker einen Text<br />
wie Psalm 50 schriebe, könnte er ihn wahrscheinlich<br />
nicht in der zeitgenössischen christlichen Musikindustrie<br />
veröffentlichen lassen und wäre möglicherweise<br />
auf dem besten Weg, aus seiner Gemeinde<br />
hinausgeworfen zu werden. Der Psalm Hemans<br />
(Ps. 88) ist unbestreitbar der düsterste aller Psalmen.<br />
All dies läuft auf Folgen<strong>des</strong> hinaus: Levitische<br />
Musiker schrieben Psalmen, und diese Psalmen<br />
waren nicht den gnostischen, emotionalen Ansprüchen<br />
der evangelikalen Gemeindemusik unserer<br />
Zeit verpflichtet. 6<br />
In 1. Könige 5,11 lesen wir über Salomo: »Ja, er<br />
war weiser als alle Menschen, auch weiser als Etan, der<br />
Esrachiter, und Heman.« Payton beleuchtet die Bedeutung<br />
dieser Aussage:<br />
Hätte Salomo nicht auch noch im Lande gelebt, wären<br />
zwei Musiker die weisesten Männer gewesen.<br />
Kurz: Musiker waren Lehrer höchsten Ranges. Das<br />
führt mich zu der Vermutung, dass levitische Musiker,<br />
die über das ganze Land verteilt waren, als Israels<br />
Lehrer dienten. Außerdem waren die Psalmen<br />
ihr Lehrbuch. Und weil dieses Lehrbuch ein Liederbuch<br />
war, kann es durchaus sein, dass die levitischen<br />
Musiker das Volk Israel durch das Singen der Psalmen<br />
in Glaubensdingen unterrichteten. 7<br />
5 Leonard R. Payton, »Congregational Singing and the Ministry<br />
of the Word«<br />
6 Ebd.<br />
7 Ebd.<br />
voiceofhope.de | 37
Ob uns das nun gefällt oder nicht: <strong>Die</strong> heutigen<br />
Liedermacher sind ebenfalls Lehrer. Viele<br />
der von ihnen geschriebenen Texte werden bald<br />
viel tiefer und dauerhafter im Gedächtnis vieler<br />
Christen eingegraben sein als alles, was sie ihre<br />
Pastoren von der Kanzel lehren hören. Doch<br />
wie viele christliche Liedermacher wissen in der<br />
Theologie und der Schrift gut genug Bescheid,<br />
um sich für eine so lebensnotwendige Rolle wie<br />
das Unterrichten unserer Gemeinden zu qualifizieren?<br />
<strong>Die</strong> Antwort auf diese Frage finden wir, wenn<br />
wir die geradezu bettelarme Ausdrucksweise betrachten,<br />
die in vielen der heutigen Lobpreislieder<br />
zu finden ist – vor allem, wenn man sie mit<br />
der Ausdrucksweise in einigen der klassischen<br />
Choräle vergleicht. Obwohl dies nicht in jedem<br />
Fall zutrifft, sind die für moderne Lobpreislieder<br />
charakteristischen theologischen Aussagen<br />
nicht so tiefgehend und nicht so präzise. Tatsächlich<br />
könnte bei einigen Liedern die Frage<br />
angemessen sein, ob sich die heutige Gemeinde<br />
nicht kollektiv schuldig gemacht hat, Gott mit<br />
ihrem halbherzigen Lob zu entehren.<br />
Mir geht es mehr um den Inhalt als um den<br />
Stil der Musik. Aber der Stil und der künstlerische<br />
Aspekt sind auch wichtig. Warum ist es für<br />
uns kein größerer Skandal, wenn jemand in der<br />
Gemeinde eine schlechte Art von Musik macht,<br />
als wenn jemand in einer Galerie eine schlechte<br />
Art von Kunst ausstellt? Gott schäbige Lieder<br />
anzubieten, ist sicherlich ein größerer Hohn,<br />
als ein mieses Gemälde in einer Kunstgalerie<br />
zu präsentieren. In unserer Anbetung <strong>des</strong> allerhöchsten<br />
Gottes gibt es keinen Raum für ein<br />
Mittelmaß. Das heißt: Nicht jeder, der in der Gemeinde<br />
Musik schreiben oder aufführen möchte,<br />
sollte auch die Möglichkeit dazu erhalten. <strong>Die</strong><br />
Kunst mancher Menschen verdient es einfach<br />
nicht, ausgestellt zu werden.<br />
Gemeinden sollten alles in ihrer Macht Stehende<br />
tun, um ausgezeichnete Musiker heranzubilden,<br />
die im Umgang mit der Schrift hoch<br />
gebildet sind und die richtige Lehre erkennen<br />
können. Vor allem aber müssen Pastoren und Älteste<br />
beginnen, den <strong>Die</strong>nst der Musik in der Gemeinde<br />
stärker und sorgfältiger zu überwachen,<br />
indem sie bewusst einen hohen Standard für den<br />
biblischen und lehrmäßigen Inhalt <strong>des</strong>sen setzen,<br />
was wir singen. Wenn das geschieht, glaube<br />
ich, dass wir eine dramatische Veränderung<br />
in der Musik, die für die Gemeinde geschrieben<br />
wird, erleben werden.<br />
Und in der Zwischenzeit sollten wir altbewährte<br />
Lieder nicht wegwerfen. Noch besser: Wir<br />
sollten einige von jenen, die nicht mehr gesungen<br />
werden, neu beleben und unserem Repertoire<br />
wieder hinzufügen.<br />
Entnommen aus der Broschüre<br />
»ZEITGEMÄẞE ANBETUNGSMUSIK«<br />
Gibt es Musik, die Gott missfällt? Oder ist das alles nur eine Frage <strong>des</strong> Geschmacks,<br />
während Gott nur auf meine Herzenshaltung beim Gesang achtet?<br />
– Ein heikles Thema. Doch das ewig gültige, allgenugsame Wort Gottes<br />
lässt uns auch diesbezüglich nicht im Dunkeln. So wie alle anderen Bereiche<br />
unseres Lebens muss auch die Musik, die wir hören und singen oder spielen,<br />
dem Wort und Willen Gottes entsprechen. So wie alle anderen Teile <strong>des</strong> Gottesdienstes,<br />
muss auch die Musik von der Heiligen Schrift geregelt werden.<br />
Der bekannte Prediger, Bibellehrer und Autor John F. MacArthur<br />
macht in dieser Broschüre über das oft kontrovers diskutierte<br />
Thema der zeitgenössischen Anbetungsmusik deutlich, welche<br />
Prinzipien uns die Bibel für Gemeindemusik darlegt.<br />
38 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong><br />
Art.-Nr.: 875.423 | Preis: ab 0,75 € | www.voh-shop.de
15 Jahre <strong>des</strong> Segens<br />
Dankbar blicken wir auf 15 Jahre Bestehen <strong>des</strong> Missionswerks Voice of Hope zurück. Es waren<br />
Jahre, in denen wir Gottes Gnade, Macht, Fürsorge und Schutz erfahren durften. Es waren<br />
Jahre der Prüfung und der Freude. Es waren Jahre von Trennungen und Wachstum. Es<br />
waren Jahre <strong>des</strong> Segens!<br />
Der Herr hat uns gnädig und treu durchgetragen – die Reformierte Baptistengemeinde<br />
Reichshof, das Missionswerk, aber auch die Mitarbeiter und ihre Familien.<br />
IN EIGENER SACHE<br />
Wir sind zurzeit 10 Mitarbeiter, die alle Mitglieder der Reformierten Baptistengemeinde<br />
Reichshof sind. Drei Mitarbeiter haben hier im Werk ihre Ausbildung zu Mediengestaltern<br />
und zur Kauffrau für Büromanagement absolvieren dürfen. Zwei Mitarbeiterinnen sind im<br />
vergangenen und eine in diesem Jahr Mütter geworden und befinden sich nun in Elternzeit.<br />
Aktuell absolvieren 3 weitere Jugendliche ihre Ausbildung hier im Werk mit der Möglichkeit,<br />
nach bestandener Prüfung angestellt zu werden. Der Rest der Gemeinde arbeitet ehrenamtlich<br />
mit – manche täglich oder wöchentlich, andere nur gelegentlich, je nach Möglichkeit.<br />
In den vergangenen 15 Jahren durften wir durch Gottes Gnade über 50 Missionare in Russland,<br />
Georgien, Usbekistan, China, Kasachstan, Turkmenistan, Griechenland, Rumänien,<br />
Sierra Leone, Sudan, Kenia, Sizilien, Deutschland, Israel, Ukraine und Afghanistan in ihrem<br />
<strong>Die</strong>nst mit geistlichem Rat und finanziell sowie materiell unterstützen (durch Schriften, Bibeln,<br />
humanitäre Hilfe, christliche Druckereien in drei Ländern, Gemeindehäuser etc).<br />
Wir danken dem Herrn für jeden Mitarbeiter, für alle Gesundheit, <strong>Kraft</strong> und Weisheit, die<br />
Er täglich neu schenkt, für jeden Bruder und jede Schwester, für jede Gemeinde und christliche<br />
Organisation, die Mittel für diese Arbeit zur Verfügung gestellt und dafür gebetet hat!<br />
Ein Teil unserer Missionsarbeit ist der Verlag, in dem wir solide reformierte evangelistische<br />
und erbauliche Literatur herausgeben, die zum Teil kostenfrei verteilt und zum Teil verkauft<br />
wird. Nun dürfen wir zurückblicken und dankbar sehen, dass wir durch Gottes Gnade gewachsen<br />
sind. <strong>Die</strong> Verkündigung und der Inhalt der Literatur sind tiefgehender geworden,<br />
die Aufmachung hochwertiger, das Team ist eingespielter und freudig engagiert.<br />
Nun wird es allmählich enger bei Voice of Hope, und es ist dringend zusätzliche Lagerfläche<br />
nötig. Deshalb haben wir vorerst Lagerfläche in Reichshof angemietet und planen, 2024 mit<br />
dem Bau einer Lagerhalle zu beginnen. Dafür werden voraussichtlich 350.000 € benötigt. Möchtest<br />
du für die Planung und Umsetzung dieses Projektes beten und es finanziell unterstützen?<br />
Es ist unser Ziel, auch weiterhin Missionare zu unterstützen und bibeltreue Literatur herauszugeben,<br />
die insbesondere – aber nicht ausschließlich – Familien und Sonntagsschulen Nutzen<br />
bringt. Täglich aufs Neue ist es uns bewusst, dass wir von unserem treuen Herrn abhängig<br />
sind. Und so beten wir dafür, dass Er dem Werk und allen Mitarbeitern weiterhin Wachstum<br />
und Reife schenkt, damit Sein Reich weiterhin gebaut wird und Er allein die Ehre bekommt!<br />
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40 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Ist es für<br />
Gott eine Frage,<br />
was ich trage?<br />
Nancy DeMoss Wolgemuth<br />
WER HAT SIE ERFUNDEN, DIE MODE?<br />
Wenn du in einem guten Fachgeschäft<br />
ein hochwertiges Kleidungsstück<br />
kaufst, wirfst du bestimmt einen<br />
Blick auf das Etikett, um herauszufinden, welcher<br />
Designer das gute Stück entworfen hat.<br />
Unser eigener großer Designer ist niemand<br />
anders als der Schöpfer <strong>des</strong> Universums – Gott<br />
Selbst! Und von Ihm stammen auch die ersten<br />
Entwürfe für Kleidungsstücke.<br />
Hast du dich schon einmal gefragt, warum<br />
wir überhaupt Kleidung tragen müssen? <strong>Die</strong><br />
Bibel berichtet, dass Gott den ersten Mann und<br />
die erste Frau ohne Kleider geschaffen hat: »Und sie<br />
waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie<br />
schämten sich nicht« (1.Mo. 2,25).<br />
Bevor Adam und Eva sündigten, gab es keine<br />
Kleidung … und es gab weder Schuld- noch<br />
Schamgefühle. Das lag daran, dass Adam und<br />
Eva ohne Sünde waren. In ihrer Beziehung zu<br />
Gott und untereinander gab es keine Barrieren.<br />
Das alles änderte sich, als Adam und Eva sich<br />
entschlossen, »es auf ihre Art zu machen«. Sobald<br />
sie von der verbotenen Frucht aßen, erleb-<br />
voiceofhope.de | 41
ten sie, was Scham und Verlegenheit bedeuten:<br />
»Da wurden ihnen beiden die Augen geöffnet, und sie erkannten,<br />
dass sie nackt waren« (1.Mo. 3,7). Zum ersten<br />
Mal in ihrem Leben empfanden sie ein Schamund<br />
Schuldgefühl als Folge der Sünde. Seitdem<br />
wird Nacktheit außerhalb der Ehe in der Bibel<br />
als Schande bezeichnet.<br />
Adam und Eva versuchten sofort, ihr Problem<br />
mit der Nacktheit und Scham zu lösen. Doch sie<br />
fragten nicht Gott um Rat, wie sie sich kleiden<br />
sollten. Statt<strong>des</strong>sen ließen sie sich selbst etwas<br />
einfallen: Sie hefteten Feigenblätter zusammen,<br />
um die Intimbereiche ihres Körpers zu bedecken.<br />
(Wusstest du, dass Feigenblätter sich anfühlen<br />
wie grobes Schmirgelpapier? <strong>Die</strong>se ersten Kleidungsstücke<br />
waren bestimmt sehr unbequem!)<br />
Sie erkannten schnell, dass die Feigenblätter<br />
keine zufriedenstellende Lösung für ihr Problem<br />
waren. Deshalb versteckten sie sich.<br />
Glücklicherweise ließ Gott sie nicht lange in<br />
ihrem Versteck. Er ergriff die Initiative, um die<br />
unterbrochene Verbindung wiederherzustellen.<br />
»Da rief Gott der HERR den Menschen und sprach: Wo<br />
bist du?« (1.Mo. 3,9).<br />
Bitte beachte, wer das Problem mit der fehlenden<br />
Kleidung zuerst ansprach. Es war nicht<br />
Gott, sondern Adam! Seine ersten Worte nach<br />
dem Sündenfall lauteten: »Ich hörte Deine Stimme<br />
im Garten und fürchtete mich, denn ich bin nackt; darum<br />
habe ich mich verborgen!« (1.Mo. 3,10).<br />
<strong>Die</strong> Art, wie Gott darauf reagierte, beweist,<br />
dass die Nacktheit der Menschen für Ihn nicht<br />
das Hauptproblem war. »Wer hat dir gesagt, dass du<br />
nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von<br />
dem Ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen?«<br />
(1.Mo. 3,11).<br />
Adam und Eva ging es vor allem um ihre<br />
Nacktheit. Für Gott war es jedoch viel wichtiger,<br />
dass die beiden Sein Wort missachtet hatten und<br />
ihre Beziehung zu Ihm zerbrochen war. Ihnen war ihr<br />
Äußeres wichtig, Gott jedoch ging es um ihr Inneres,<br />
ihr Herz.<br />
Zunächst sprach Gott das Problem ihrer<br />
Nacktheit gar nicht an. Zuallererst befasste Er<br />
sich mit dem Grundproblem ihrer Sünde und<br />
den damit verbundenen Folgen, mit der zerbrochenen<br />
Beziehung zu Ihm. Er schenkte ihnen<br />
das Evangelium, die Verheißung, dass es für das<br />
Problem ihrer Sünde eine Lösung geben würde<br />
(1.Mo. 3,15). Erst dann kam Gott auf die Frage der<br />
Kleidung zurück. Voller Liebe, Anteilnahme und<br />
Barmherzigkeit kleidete Gott das erste Menschenpaar<br />
ein:<br />
»Und Gott der HERR machte Adam und seiner Frau<br />
Kleider aus Fell und bekleidete sie« (1.Mo. 3,21).<br />
Gott übersah das Problem ihrer Nacktheit nicht<br />
und verhielt sich auch nicht so, als würde es<br />
keine Rolle spielen. Aber es war auch nicht das<br />
wichtigste Thema für Ihn.<br />
Als Er sich schließlich der Kleiderfrage widmete,<br />
sagte Er sinngemäß zu Adam und Eva:<br />
»Hier ist Meine Lösung für eure Nacktheit. Eure<br />
Art, das Problem zu lösen, funktioniert vorn und<br />
hinten nicht. Ihr müsst es auf Meine Art tun!«<br />
Wichtig ist hier, dass der »Entwurf« von Adam<br />
und Eva (Feigenblätter) ganz anders war als das<br />
von Gott entwickelte Design (Kleidung aus Tierfellen).<br />
In 1. Mose 3,7 lesen wir: »Und sie banden sich Feigenblätter<br />
um und machten sich Schurze«. Das Wort<br />
in der ursprünglichen Sprache könnte man<br />
auch mit »Schürzen« oder »Gürtel für die Hüfte«<br />
übersetzen. Im Gegensatz dazu waren die<br />
»Kleider«, die Gott für Adam und Eva anfertigte<br />
(1.Mo. 3,21), »Tuniken« oder »Mäntel«. Liest man<br />
in verschiedenen Wörterbüchern zur Bibel nach,<br />
stellt man fest, dass sich dieser Begriff auf ein<br />
Kleidungsstück bezieht, das den Körper zumin<strong>des</strong>t<br />
vom Hals bis zu den Knien bedeckt.<br />
Adam und Eva bedeckten lediglich<br />
ihre intimen Körperteile.<br />
Gott dagegen bedeckte ihren ganzen Körper.<br />
<strong>Die</strong>se Feststellung hilft uns zu verstehen, dass<br />
Gott mit der Kleidung das Ziel hatte, den Körper<br />
zu bedecken. Ich bin so dankbar, dass Gott an<br />
jedem Detail in unserem Leben interessiert ist.<br />
42 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Es ist so, wie Jesus sagt: »Aber auch die Haare eures<br />
Hauptes sind alle gezählt« (Lk. 12,7). Das, was wir<br />
tragen, ist für die meisten von uns ein bedeuten<strong>des</strong><br />
»Detail«! Da Gott uns kennt und uns liebt,<br />
können wir Seinen Plänen und Anweisungen für<br />
unser Leben voll und ganz vertrauen.<br />
DREI LEBENSPRINZIPIEN<br />
Ob es uns bewusst ist oder nicht, unsere äußere<br />
Erscheinung vermittelt den Menschen in unserem<br />
Umfeld eine Botschaft. Unsere Entscheidungen<br />
bezüglich Modefragen gründen sich letzten<br />
En<strong>des</strong> auf unsere Wertevorstellungen. Deshalb<br />
ist es wichtig, sich folgende Fragen zu stellen:<br />
Warum bin ich auf der Welt? Was ist Sinn und<br />
Ziel meines Lebens? Habe ich einen bestimmten<br />
Auftrag zu erfüllen?<br />
Wenn wir mit unserem Leben Gott die Ehre geben<br />
wollen, dann wird dieses Ziel auch unsere<br />
Entscheidung für einen bestimmten Kleidungsstil<br />
und unsere Art zu handeln prägen. Sehen wir<br />
uns einmal drei Grundprinzipien an, die auch<br />
einen Einfluss haben auf das, was wir tragen.<br />
1. Mein Körper gehört nicht mir,<br />
sondern Gott<br />
Vielleicht hast du diesen Satz schon einmal gehört<br />
(oder sogar selbst gesagt): »Es ist mein Körper.<br />
Ich kann damit tun und lassen, was ich will.«<br />
Aber ist es wirklich dein Körper?<br />
In 1. Korinther 6,19-20 werden wir eines Besseren<br />
belehrt: »Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein<br />
Tempel <strong>des</strong> in euch wohnenden Heiligen Geistes ist, den<br />
ihr von Gott empfangen habt, und dass ihr nicht euch<br />
selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum verherrlicht<br />
Gott in eurem Leib und in eurem Geist, die Gott<br />
gehören!«<br />
Was wür<strong>des</strong>t du empfinden, wenn dir jemand<br />
etwas Wertvolles wegnehmen und einfach in<br />
den Müll werfen oder verschenken würde? Darf<br />
ich raten? Bestimmt wärst du nicht begeistert.<br />
Denk daran: Du bist in den Augen Gottes wertvoll,<br />
denn du gehörst Ihm!<br />
2. Jesus ist Herr über alles<br />
Heute werden wir förmlich bombardiert mit der<br />
Idee, dass wir die vollen Rechte an unserem Leben<br />
hätten. Wir hören Sätze wie: »Mach es auf<br />
deine Art … Dir sind keine Grenzen gesetzt!«<br />
Was sagt Gott dazu?<br />
<strong>Die</strong> Wahrheit lautet: »... ob wir nun leben oder<br />
sterben, wir gehören dem Herrn« (Röm. 14,8).<br />
Gott hat das Recht, jeden Bereich unseres Lebens<br />
zu prägen – auch das, was wir essen, trinken<br />
und anziehen. Wenn es um unser Aussehen geht,<br />
sollten wir uns fragen: Wer oder was bestimmt<br />
denn, was wir tragen – unser kulturelles Umfeld,<br />
Leute aus unserer Altersgruppe, die Medien – oder<br />
nicht vielmehr Jesus Christus und Sein Wort?<br />
3. Mein Bürgerrecht ist im Himmel<br />
Wenn du in ein frem<strong>des</strong> Land reist, wirst du feststellen,<br />
dass der Kleidungsstil der Frauen dort<br />
ihr kulturelles Umfeld widerspiegelt. Als Christen<br />
gehören wir nicht zu dieser Welt. Wir sind<br />
Bürger eines anderen, <strong>des</strong> göttlichen Reiches.<br />
Das bedeutet, dass wir mit unserem ganzen Wesen<br />
zeigen sollten, wohin wir wirklich gehören.<br />
<strong>Die</strong> Welt sagt uns jedoch etwas anderes. Auf<br />
Pinterest und in Modemagazinen sehen wir, welcher<br />
Look gerade »in« und was »angesagt« ist.<br />
Wie sollten wir als gläubige Menschen auf<br />
diese Botschaften reagieren? Wir sollten uns<br />
die Frage stellen: Wollen wir auch<br />
nach außen hin zeigen, zu welchem<br />
Reich wir gehören? Der Apostel<br />
Paulus formuliert es so: »Und passt<br />
euch nicht diesem Weltlauf an, sondern<br />
lasst euch [in eurem Wesen] verwandeln<br />
durch die Erneuerung eures Sinnes,<br />
damit ihr prüfen könnt, was der<br />
gute und wohlgefällige und<br />
vollkommene Wille Gottes<br />
ist« (Röm. 12,2).
WELCHER<br />
PHILOSOPHIE FOLGEN WIR?<br />
Meistens verbreiten soziale Medien, Kinofilme, Printmedien und der Fernseher<br />
eine Sichtweise von Mode und Stil, die so gänzlich anders ist als der Blickwinkel<br />
Gottes.<br />
<strong>Die</strong> Philosophie der Welt sagt dir zum Beispiel:<br />
- Schönheit ist äußerlich wahrnehmbar und<br />
körperbetont.<br />
- Dein Körper gehört dir, und <strong>des</strong>halb kannst<br />
du mit ihm umgehen, wie du willst.<br />
- Nutze deinen Körper, um andere in Versuchung<br />
zu führen oder zu reizen.<br />
- Das, was du anziehst, ist nur etwas Äußerliches<br />
und <strong>des</strong>halb nebensächlich.<br />
Doch Gottes Sichtweise lautet:<br />
- Schönheit liegt im inneren und geistigen<br />
Bereich.<br />
- Dein Körper ist die Wohnstätte Gottes, und<br />
<strong>des</strong>halb solltest du gut auf ihn achtgeben.<br />
- Nutze deinen Körper, um deine Mitmenschen<br />
zu schützen, aufzubauen und zu stärken.<br />
- Das, was du anziehst, spiegelt das wider,<br />
was in deinem Herzen vorhanden ist.<br />
Und jetzt stell dir ein paar Fragen über deine<br />
aktuellen Entscheidungen in punkto Mode und<br />
Kleidung:<br />
1. Was vermitteln meine Kleidung und mein<br />
Aussehen über meine Person und meinen<br />
Glauben?<br />
2. Welche Punkte der weltlichen Philosophie<br />
habe ich (eventuell) übernommen?<br />
3. Muss ich an meiner Auffassung über meine<br />
Kleidung und mein Aussehen etwas ändern?<br />
Erkennst du jetzt, wie unsere Kleidung und unser<br />
Aussehen das vermitteln, woran wir glauben?<br />
Für Christen geht es beim Thema »ehrbarer<br />
Anstand« (1.Tim. 2,9) vor allem darum, wie<br />
wir über Gott, über unsere Mitmenschen und<br />
über uns selbst denken. Unsere Gesinnung zeigt<br />
sich in unserer Kleidung, unseren Gesprächen<br />
und Handlungen. Dadurch tritt unsere innere<br />
Haltung deutlich zutage.<br />
Was wir tragen + wie wir aussehen<br />
= EIN BILD VON DEM, WAS WIR GLAUBEN<br />
Nicht nur unsere Denkweise steht auf dem Prüfstand.<br />
Ob du es glaubst oder nicht: Das, was wir<br />
tragen, kann eine große Wirkung auf die Gedanken<br />
unserer Mitmenschen haben. Sind wir uns<br />
dieser Verantwortung bewusst?<br />
Eine Geschichte, die mir eine Bekannte erzählt<br />
hat, hat mich wirklich zum Nachdenken<br />
gebracht. »Vor fünf Jahren habe ich erfahren,<br />
dass mein Mann seine Gedanken nicht in den<br />
Griff bekommen konnte. Das Ganze endete in<br />
einer Affäre mit einer Arbeitskollegin, die sich<br />
sehr aufreizend kleidete. Für mich ist damals<br />
eine Welt zusammengebrochen.«<br />
44 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 2/<strong>2023</strong>
Darf ich dir eine Frage stellen? Wer hatte<br />
Schuld an dieser Affäre? Der Ehemann meiner<br />
Bekannten? Unbedingt! War die Frau, die sich<br />
aufreizend kleidete, ebenfalls dafür verantwortlich?<br />
Unbedingt!<br />
Richard Baxter, ein Pastor im 17. Jahrhundert,<br />
erkannte schon damals, dass die Art, wie eine<br />
Frau sich kleidet, für die Gedanken eines Mannes<br />
zum Fallstrick werden kann. Er nutzte eine<br />
bildhafte Ausdrucksweise, um auf drastische<br />
Weise zu veranschaulichen, wie die Entscheidungen,<br />
die wir als Frauen treffen, die Männer<br />
in unserem Umfeld beeinflussen können. Er sagte<br />
zu den Frauen:<br />
»Selbst wenn ihre Sünde und Eitelkeit die Ursache<br />
sein mögen, ist es dennoch eure Sünde,<br />
wenn ihr ihnen einen unnötigen Anlass zur<br />
Sünde bietet ... Ihr dürft ihnen keinen Stein<br />
<strong>des</strong> Anstoßes in den Weg legen und das Feuer<br />
ihrer Lust nicht weiter entfachen ... Ihr müsst<br />
euch unter sündigen Menschen bewegen wie<br />
mit einer Kerze im Stroh oder in der Nähe von<br />
Schießpulver; andernfalls seht ihr die Flamme,<br />
die ihr nicht vorhergesehen habt, erst<br />
dann, wenn es zu spät ist, sie zu löschen.«<br />
Liebe Leserinnen, Gott fordert jede von uns auf,<br />
uns in dieser Welt zu »bewegen wie mit einer<br />
Kerze im Stroh oder in der Nähe von Schießpulver«.<br />
Ein Feuer oder eine Explosion kann verheerend<br />
sein, zu Verletzungen führen und sogar<br />
viele Menschenleben vernichten.<br />
Damit wollen wir nicht andeuten, dass Männer<br />
nicht für ihre Gedanken oder ihr Verhalten<br />
verantwortlich seien. Im Gegenteil: Sie müssen<br />
lernen, ihren Weg mit Gott zu gehen und ihre<br />
Gedanken unter die Herrschaft Christi zu bringen,<br />
auch wenn sie in einem Kulturkreis leben,<br />
in dem sich die Schamlosigkeit unkontrolliert<br />
ausbreitet.<br />
Für uns als Christinnen kann jedoch die Art,<br />
wie wir uns kleiden, Männern entweder zum<br />
moralischen Erfolg verhelfen oder aber zu einer<br />
Versuchung werden, der sie nur schwer widerstehen<br />
können. Das bedeutet aber, dass Männer<br />
und Frauen gleichermaßen verantwortlich sind<br />
für sittlich-moralische Reinheit!<br />
Melody Green schildert die widersprüchlichen<br />
Signale, die viele Christen aussenden, wenn<br />
sie ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen:<br />
»Leider scheinen viele Christen so in ihrer eigenen,<br />
egoistischen Welt versunken zu sein,<br />
dass sie entweder gar nicht merken oder es<br />
ihnen gleichgültig ist, welche Wirkung sie<br />
auf andere haben. Vielleicht erwecken sie<br />
sogar den Eindruck, als hätten sie eine echte<br />
Begeisterung und Liebe zu unserem Herrn;<br />
aber ihr Körper sendet eine vollkommen andere<br />
Botschaft aus. Ich weiß das, weil ... ich<br />
genauso war; zum Teil, weil ich es nicht besser<br />
wusste, aber hauptsächlich aus einer Haltung<br />
der Rebellion heraus. Ich kann mich noch erinnern,<br />
wie ich dachte: ›Es ist doch nicht meine<br />
Schuld, wenn sie mit den Blicken an mir<br />
kleben und die Augen von unserem Herrn abwenden.<br />
Sie sind einfach nicht fromm genug.<br />
Warum sollte ich mich ändern, bloß weil sie<br />
zu schwach sind?‹<br />
Aber der Herr zeigte mir, dass es tatsächlich<br />
meine Schuld war. Ich war meinem Bruder<br />
im Herrn ein Stolperstein geworden, und<br />
das musste sich ändern. Sobald ich erkannte,<br />
welchen Schaden ich mit meiner Selbstsucht<br />
anderen und dadurch auch unserem Herrn<br />
zufügte, schämte ich mich. Ich war zutiefst<br />
beschämt, dass ich eine so schamlose Botschafterin<br />
Jesu war.«<br />
Das sind harte und offene Worte. Wir sollten<br />
alles Menschenmögliche tun, um unseren Brüdern<br />
im Herrn zu helfen, damit sie standhaft im<br />
Glauben bleiben und wir mit unserer Kleidung<br />
und unserem Aussehen Gott die Ehre geben.<br />
Bitte stelle dir diese Fragen: Strahle ich die<br />
Philosophie der Welt über Schönheit und Kleidung<br />
aus oder folge ich den Gedanken Gottes?<br />
Unterstütze oder behindere ich Männer bei ihrem<br />
Wunsch nach ethisch-moralischer Reinheit?<br />
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