15.05.2023 Aufrufe

VISION.salzburg 2021_2

Das StadtSalzburgMagazin Ausgabe 2021_2

Das StadtSalzburgMagazin
Ausgabe 2021_2

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

es scheint. Aber jede Rolle wirkt bei<br />

Ihnen sehr intensiv, im besten Sinne.<br />

Wie gelingt Ihnen das?<br />

Das ist ein total schönes Kompliment.<br />

Danke. Ich glaube, das sind mehrere<br />

Faktoren. Das Erste ist, dass ich immer<br />

nur Sachen zugesagt habe, mit denen<br />

ich mich auch beschäftige, die mich<br />

wirklich interessieren. Und wenn man<br />

etwas tut, das man liebt, dann fällt es<br />

ja auch viel leichter. Der Hauptgrund,<br />

warum ich diesen Beruf so sehr liebe<br />

ist, dass er mir die Möglichkeit gibt, so<br />

viel von der Welt kennenzulernen, und<br />

das meine ich nicht in Distanzen sondern<br />

eher in Höhen und Tiefen. Es geht<br />

mir nicht darum, durch die Welt zu jetten,<br />

sondern darum, dass ich so viele<br />

Lebensentwürfe kennenlernen kann,<br />

so viele Tiefen, die es überhaupt im<br />

Menschsein gibt. Mein Beruf gibt mir die<br />

Möglichkeit, genau das zu erforschen,<br />

und das tue ich eben so wahnsinnig<br />

gerne. Ich wäre auch blöd, wenn ich es<br />

nicht täte. Denn genau das ist es, was<br />

mich so anmacht an meinem Beruf.<br />

≈ Thema Buhlschaft. Es hat ja schon<br />

viele Modernisierungen gegeben<br />

beim Jedermann und bei der Figur<br />

der Buhlschaft. Ist diese Rolle trotzdem<br />

nicht immer noch eine Reduzierung<br />

auf das Klischee eines Frauenbilds,<br />

ist sie noch zeitgemäß? Gerade<br />

in Zeiten von #metoo?<br />

Es kommt immer auf die Interpretation<br />

der Inszenierung an. Wenn man jetzt nur<br />

nach dem Text geht, ist da nichts Diskriminierendes<br />

drin. Da sind Momente, und<br />

ich formuliere das jetzt sehr salopp, wo<br />

die Buhlschaft sagt: »Bis hier und nicht<br />

weiter.« Sie zieht Grenzen, und Grenzen<br />

zu ziehen ist ein ganz großes Thema<br />

in der #metoo-Debatte beispielsweise.<br />

Dann gibt es einen Moment, wo<br />

der Jedermann zu ihr sagt, auch wieder<br />

sehr salopp ausgedrückt: »Du bist doch<br />

käuflich. Mir kommt vor du bist käuflich«.<br />

Und sie steht auf und sagt: »Im<br />

Ernst jetzt? Willst du noch einmal darüber<br />

nachdenken, was du gerade gesagt<br />

hast?« Ich weiß nicht, wo da die Diskriminierung<br />

im Text stehen sollte. Man<br />

sollte das dann auch weniger einer speziellen<br />

Inszenierung vorwerfen, sondern<br />

eher der Gesellschaft. Gerade an hundert<br />

Jahren Jedermann kann man sehr<br />

schön den Wandel der Zeit, auch den<br />

Wandel der Frauen- und Männerwelt in<br />

unserer Gesellschaft ablesen. Falls es<br />

so rüberkommt, wie Sie sagen, glaube<br />

ich, dass das dann nicht ein Regie- oder<br />

Schauspielerversagen ist, sondern dass<br />

es sehr klar zeigt, dass wir vielleicht noch<br />

nicht da sind, wo wir sein sollten oder wo<br />

wir alle denken zu sein.<br />

≈ Jetzt hat die Buhlschaft ja nicht<br />

sehr viel Text. Warum, denken Sie,<br />

wurde das so geschrieben?<br />

Wenn ich es jetzt heutig beantworten<br />

müsste, und was anderes kann ich nicht<br />

tun: Männer schreiben sehr oft gut über<br />

Männer, und Frauen schreiben sehr oft<br />

sehr gut über Frauen. Also gut im Sinne<br />

von einfühlend, interessant, durchschauend,<br />

durchleuchtend. Ich möchte<br />

das auch nicht total pauschalisieren,<br />

aber rein meine Erfahrungswerte zeigen<br />

mir schon, dass Frauen durchaus auch<br />

interessantere Drehbücher für Frauen<br />

schreiben und das generell immer noch<br />

viel zu wenig. Und warum hat er das so<br />

geschrieben? Weil er ein Mann war?<br />

≈ Ist die Buhlschaft so etwas wie<br />

eine Antithese zum Altern und Sterben?<br />

Jedermann nähert sich ja immer<br />

mehr dem Tod an, die Buhlschaft<br />

geht aber vom Jedermann eher weg<br />

und will leben.<br />

Das ist eine interessante These. Ich<br />

habe aber nicht das Gefühl, wie ich den<br />

Jedermann bisher gelesen habe, dass<br />

der Jedermann gerne alt wird und stirbt.<br />

Weder Buhlschaft noch Jedermann altern<br />

und sterben gerne. Der eine muss<br />

es nur früher tun als die andere.<br />

≈ Es ist ja eine spannende Kombination<br />

mit Ihnen und Lars Eidinger.<br />

Worauf dürfen wir uns denn beim<br />

diesjährigen Jedermann freuen?<br />

Viel kann ich Ihnen noch nicht sagen,<br />

aber sowohl Lars als auch ich sind Allin-SchauspielerInnen,<br />

und sind sehr offen<br />

für alles, was da kommen wird. Wir<br />

sind aber beide auch überzeugt genug<br />

vom Stück. Wir beide denken, das Stück<br />

ist gut und interessant, und trotzdem<br />

sind wir offen dafür, was wir dann damit<br />

machen können.<br />

≈ Wieviel können Sie generell in Ihre<br />

Rollen einbringen?<br />

Ich bin eine Schauspielerin, die gerne<br />

mitredet und mitgestaltet, auch über<br />

meine Kernarbeit hinaus. Und das darf<br />

ich mittlerweile auch sehr viel, es ist mir<br />

wichtig und ich genieße das. Wobei ich<br />

denke, dass die Kernarbeit der Schauspielerin<br />

generell neu definiert werden<br />

könnte, weil man wird nun einmal durch<br />

die Beschäftigung mit einer Rolle zur<br />

Expertin einer Rolle. Und ich finde Experten<br />

sollten gehört werden. Bei den<br />

Festspielen stelle ich mich auf einen<br />

eher klassischeren Weg ein, weil wir<br />

auch nicht die Zeit haben, dass wir jetzt<br />

basisdemokratisch das Stück noch einmal<br />

auseinanderpflücken. Es ist ja auch<br />

noch ein bisschen ein Hybrid aus einer<br />

Neuinszenierung und einer Wiederaufnahme.<br />

Ich werde natürlich alles mitbringen,<br />

was ich bin und was ich habe.<br />

Es hat die Besetzung an sich ja auch<br />

eine Aussagekraft. Und es ist für mich<br />

eine große Ehre, nicht nur die Rolle spielen<br />

zu dürfen, sondern auch mit dieser<br />

Rolle zur Aussagekraft beizutragen.<br />

≈ Haben Sie schon Reaktionen aus der<br />

Salzburger Bevölkerung als zukünftige<br />

»neue Buhlschaft« bekommen?<br />

Ich habe ganz ehrlich das Gefühl, dass<br />

ich sehr herzlich aufgenommen werde.<br />

Ich war ja noch gar nicht oft vor Ort und<br />

es ist noch Pandemie, also ist es ja nicht<br />

so, dass man im Wirtshaus sitzt und<br />

mitkriegt, was geredet wird. Aber in den<br />

sozialen Medien oder generell in den<br />

Medien habe ich das Gefühl, dass sich<br />

ganz offen für mich und mit mir gefreut<br />

wird. Ich finde das total schön.<br />

≈ Wenn ich Ihnen eine Traumrolle anbieten<br />

könnte, welche wäre das?<br />

Vor einem halben Jahr hätte ich gesagt:<br />

Die Buhlschaft. Und das geht jetzt in<br />

Erfüllung. Das heißt, jetzt lebe ich erst<br />

einmal ganz intensiv die Erfüllung des<br />

Traums und dann denke ich über die<br />

neuen Träume nach.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

interview_verena_altenberger<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!