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Nr. 87 - Sommer 2023

Bretagne, Normandie, Okzitanien, Auvergne, Loire-Tal, Chanteurs d'oiseaux, Sète, Beaujolais, Armada, Rouen, Rezept, und viel mehr!

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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>87</strong> · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong><br />

BRETAGNE · NORMANDIE · OKZITANIEN · AUVERGNE · LOIRE-TAL<br />

Bretagne<br />

Kuriose Felsskulpturen in Saint-Malo<br />

Armada de Rouen <strong>2023</strong><br />

Treffpunkt der größten Segelschiffe der Welt<br />

Sète<br />

Ritterspiele auf dem Wasser<br />

Beaujolais<br />

Die fantastische Geschichte<br />

von Clochemerle<br />

Les Chanteurs<br />

d’Oiseaux<br />

Zwei Freunde, die mit<br />

Vögeln sprechen<br />

Interview Stéphane Bern, der Monsieur Patrimoine Frankreichs<br />

Rezept Filet mignon de porc cuit au foin<br />

Wein Der Mythos von den « Drei Bruchpiloten in Paris »<br />

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EDITORIAL<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

Kennen Sie die erstaunlichen Felsskulpturen<br />

des Abbé Fouré (1839-1910)<br />

in Saint-Malo (Ille-et-Vilaine)? Ganz<br />

alleine und mit einer unendlichen Geduld meißelte<br />

dieser in den letzten 16 Jahren seines Lebens von Hand<br />

unzählige Gesichter, Monster, Tiere und Personen in<br />

das Felsgestein am Meer. Die ursprünglichen<br />

Farben der Figuren konnten zwar im Laufe der<br />

Zeit Wind, Regen und Meeresgischt nicht<br />

standhalten, dennoch ist es nach wie vor ein<br />

bewegender Ort, genauso ausgefallen wie<br />

der berühmte Palais idéal des Facteur Cheval<br />

in der Drôme. Dabei ist die Stätte selbst bei<br />

Franzosen relativ unbekannt. Ein<br />

Grund mehr, sie Ihnen vorzustellen!<br />

In dieser Ausgabe von Frankreich erleben<br />

entdecken Sie noch einen anderen<br />

Ort mit einer sehr kuriosen Geschichte:<br />

das Dorf Vaux-en-Beaujolais<br />

im Departement Rhône,<br />

etwa 50 km nordwestlich von<br />

Lyon. Wenn Sie den Artikel gelesen<br />

haben, nennen Sie es vielleicht,<br />

wie viele Franzosen, liebevoll<br />

Clochemerle … Warum das so ist, will<br />

ich aber an dieser Stelle nicht verraten,<br />

das erfahren Sie auf den folgenden Seiten.<br />

In der Normandie findet in diesem Jahr<br />

vom 7. bis 18. Juni ein Fest statt – ein sehr<br />

großes sogar –, auf das viele seit vier Jahren<br />

ungeduldig warten: die Armada de Rouen.<br />

Dann geben sich an den Quais der<br />

Hauptstadt<br />

des Departements<br />

Seine-Maritime<br />

die größten Segelschiffe aus<br />

aller Welt ein Stelldichein, eines<br />

schöner als das andere. 10 Tage lang verwandeln<br />

etwas mehr als 40 Schiffe und rund 7000<br />

Matrosen aus allen Ländern der Erde die Stadt in ein riesiges<br />

– und kostenloses – Volksfest, bei dem Einwohner und<br />

Millionen von Touristen gemeinsam feiern. Das sollten<br />

Sie nicht versäumen, wenn Sie die Gelegenheit haben!<br />

Weiter im Süden, in Okzitanien, genauer gesagt in Sète<br />

(Hérault), sorgt im <strong>Sommer</strong> ein ganz anderes Fest<br />

für Leben in der Stadt: Von Mitte Juni bis Mitte<br />

September finden auf den Kanälen die bekannten<br />

Joutes de Sète statt. Ganz in Weiß gekleidete<br />

Männer auf farbigen Kähnen, die von<br />

Ruderern bewegt werden, haben dann nur<br />

ein Ziel: sich beim Klang traditioneller<br />

Instrumente gegenseitig ins Wasser<br />

zu stoßen. Da ist Lachen garantiert!<br />

Sie sehen also, in dieser Ausgabe<br />

geht es besonders fröhlich zu, genauso wie<br />

der <strong>Sommer</strong> in Frankreich mit seinen vielen<br />

Festen eben ist. Und weil Frankreich ein sehr<br />

vielfältiges Land ist, in dem man oft gerade<br />

auf kleinen Wegen nicht alltägliche Geschichten<br />

entdecken und schöne Überraschungen<br />

erleben kann, nehmen wir Sie darüber hinaus<br />

mit auf eine Entdeckungsreise von Geschichte,<br />

Kultur und Einwohnern, die Sie so nicht unbedingt<br />

erwartet hätten. Aber lesen Sie selbst …<br />

Viel Spaß bei der Lektüre und einen schönen <strong>Sommer</strong>!<br />

Titelbild: Blick von der Stätte Les Rochers Sculptés des Abbé Fouré<br />

auf das Meer (Quartier de Rothéneuf in Saint-Malo, Ille-et-Vilaine).<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 3


Stéphane<br />

Bern · 66<br />

Sète · 42<br />

Amboise · 58<br />

Festival · 76<br />

Saint-Malo · 22<br />

Rouen · 32<br />

Rezept · 94<br />

Jean und<br />

Johnny · 88<br />

Vaux-en-Beaujolais · 50


Rennes<br />

22 · Saint-Malo<br />

Tours<br />

Nantes<br />

76 · Bordeaux<br />

Toulouse<br />

32 · Rouen<br />

PARIS<br />

Lille<br />

58 · Amboise<br />

50 · Vaux-en-Beaujolais<br />

Montpellier<br />

42 · Sète<br />

Straßburg<br />

Dijon<br />

Lyon<br />

Marseille<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

22 Saint-Malo von einer kuriosen Seite<br />

Die Felsskulpturen des Abbé Fouré<br />

In der Bretagne, östlich von Saint-Malo (Ille-et-Vilaine), versteckt sich ein<br />

relativ unbekannter, aber ausgefallener und bewegender Ort: Les Rochers<br />

Sculptés. Hier meißelte Abbé Fouré (1839-1910) in den letzten 16 Jahren<br />

seines Lebens geduldig und mit großer Hartnäckigkeit Hunderte Gesichter,<br />

Monster, Tiere und ungewöhnliche Gestalten direkt in das Felsgestein.<br />

32 Armada de Rouen <strong>2023</strong><br />

Treffpunkt der größten Segelschiffe der Welt<br />

Im Juni findet in Rouen (Normandie) das weltweit bedeutendste<br />

Treffen großer Segelschiffe statt. Zu dem zehntägigen Rendezvous<br />

werden 43 Schiffe und knapp 7000 Seeleute aus mehr als 30 Nationen<br />

erwartet. Das Ereignis ist jedes Mal ein riesiges Volksfest, das<br />

fest in der Kultur der Menschen und der Region verankert ist.<br />

42 Fischerstechen in Sète<br />

Ritterspiele auf dem Wasser<br />

Das Ziel ist schnell erklärt und erinnert an die Zeit der Ritter: Es geht<br />

darum, den Gegner mit einer langen Lanze ins Wasser zu stoßen! Das<br />

Ganze ist viel mehr als ein Wettbewerb: Es ist ein riesiges, kostenloses<br />

Spektakel mit leicht verständlichen Regeln, ein populärer Sport, bei<br />

dem es nicht um Geld geht, eine ausgesprochen lebendige Tradition.<br />

50 Vaux-en-Beaujolais<br />

Die fantastische Geschichte des Dorfes Clochemerle<br />

Der Name Vaux-en-Beaujolais ist vielen unbekannt. Paradoxerweise<br />

kennt in Frankreich fast jedes Kind das Dorf, allerdings unter dem Namen<br />

Clochemerle. Eine Geschichte, die aus einem Roman stammen könnte.<br />

58 Château Gaillard<br />

Das « etwas andere » Schloss an der Loire<br />

Entdeckungsreise zu einem zauberhaften Schloss in Amboise<br />

mit einer eleganten Architektur, die an einen italienischen Palast<br />

erinnert, und einem Park mit jahrhundertealtem Baumbestand,<br />

Statuen, Brunnen und Gartenpavillons. Nicht zu vergessen, dass<br />

es hier einst die erste Zitrusfrucht-Plantage Frankreichs gab.<br />

Frankreich heute<br />

66 Interview<br />

Stéphane Bern: « Mir ist wichtig, dazu<br />

beizutragen, dass Frankreich schöner wird! »<br />

Der bekannte und vielseitige Radio- und TV-Moderator<br />

Stéphane Bern macht im Hexagon gefährdete Kulturgüter<br />

ausfindig und sucht neue Finanzierungsquellen<br />

für deren Restaurierung. 2018 initiierte er das Loto<br />

du Patrimoine, dessen Einnahmen teilweise für die<br />

Finanzierung solcher Projekte verwendet werden. Ein<br />

Gespräch mit dem Monsieur Patrimoine Frankreichs.<br />

72 Der französische Wein<br />

während des Zweiten Weltkriegs<br />

Schluss mit dem Mythos um die<br />

« Drei Bruchpiloten in Paris »<br />

Obwohl der Wein in den 1930er-Jahren die bedeutendste<br />

Devisenquelle Frankreichs darstellte, wurden<br />

Funktionsweise und Entwicklung des französischen<br />

Weinmarktes während des Krieges bislang niemals untersucht.<br />

Vor Kurzem wurde nun eine fundierte Studie<br />

veröffentlicht, die Licht in diese dunkle Zeit bringt.<br />

Art de vivre<br />

76 Vibre!<br />

Ein Festival macht das Quartett populär<br />

Vom 26. Mai bis 11. Juni <strong>2023</strong> findet in Bordeaux ein<br />

etwas anderes Festival für klassische Musik statt, das<br />

zeigt, dass klassische Musik durchaus in der Lage ist,<br />

die Herzen der Menschen zum Vibrieren zu bringen.<br />

86 Produkt<br />

Der Guide du Routard<br />

Ein Glückwunsch zum Geburtstag eines Reiseführers,<br />

der seit 50 Jahren seinen Prinzipien und seiner<br />

humanen Vorstellung vom Reisen treu geblieben ist.<br />

88 Jean und Johnny<br />

Zwei Freunde, die mit Vögeln sprechen<br />

Die Geschichte zweier Kinder mit einer herausragenden<br />

Begabung: Vogelstimmen täuschend echt<br />

imitieren. Inzwischen treten die beiden als Chanteurs<br />

d’oiseaux, als « Vogelsänger », auf der ganzen Welt<br />

gemeinsam mit herausragenden Musikern auf.<br />

94 Chantals Rezept<br />

Filet mignon de porc cuit au foin<br />

3 Editorial<br />

6 On en parle<br />

12 On lit<br />

14 On lit en France<br />

16 On regarde<br />

18 On surfe<br />

20 On écoute<br />

82 Nachbestellungen<br />

93 Leserbriefe<br />

96 Guéwen a testé<br />

98 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Frankreich erleben im Internet: www.frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 5


ON EN PARLE<br />

CAMPING<br />

Der beliebteste Campingplatz<br />

der Franzosen <strong>2023</strong><br />

Die Website fr.camping-and-co.com ist eine der<br />

Referenzen, was Campingurlaub in Europa angeht.<br />

Sie verleiht jährlich den Titel des Camping préféré des<br />

Français. Es ist die einzige Auszeichnung dieser Art,<br />

die auf einem sehr umfangreichen Panel beruht: Der<br />

Fragebogen wurde an 19 829 französische Cam pingurlauber<br />

verschickt. Nach Meinung von Branchenspezialisten<br />

ist dies eine durchaus seriöse Bewertung.<br />

Allerdings hat sie einen Nachteil: Das Panel besteht<br />

nur aus Urlaubern, die 2022 « in einem der Partner-<br />

Campingplätze » Urlaub machten, demzufolge werden<br />

nicht alle französischen Campingplätze berücksichtigt.<br />

Dennoch, bei immerhin 3500 Campings partenaires im<br />

Jahr 2022 (von 7525 Plätzen insgesamt) ist der Titel<br />

durc haus ernst zu nehmen, zumal der Fragebogen<br />

ob jek tive Kriterien abdeckt: Zahl und Qualität der ange<br />

bot enen Dienstleistungen, Unterkunftsangebote,<br />

Viel falt und Qualität der Animationen, Sauberkeit und<br />

Sicher heit, Qualität und Besonderheiten der Pool an lagen.<br />

In diesem Jahr liegt der Sieger in der Region Okzi<br />

tanien: Ausgezeichnet wurde der knapp 13 ha große<br />

Campingplatz Domaine de la Paille Basse***** in Souillac<br />

(Lot). Informationen: www.lapaillebasse.com<br />

STRASSBURG<br />

Urteil: Kein « grüner Strahl » mehr im Straßburger Münster<br />

Vor einem Jahr haben wir in der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 83 darüber berichtet, dass der berühmte<br />

« grüne Strahl », der jeweils bei Tagundnachtgleiche im Frühjahr und im Herbst bei klarem<br />

Wetter in die Straßburger Kathedrale fiel und den Kopf des Christus an der Kanzel<br />

beleuchtete, nach Restaurierungsarbeiten an einem Kirchenfenster nicht mehr<br />

zu sehen war. Die Anhänger dieses optischen Phänomens, das zahlreiche Be sucher<br />

anzog, wollten vor Gericht eine nochmalige Überarbeitung des Fensters er zwin gen.<br />

Ihre Argumentation: Der ursprüngliche Glasmacher habe bewusst ein be son de res<br />

Glas eingesetzt, um diesen Effekt zu erzeugen. Nach der Restauration sei dieser<br />

nun verschwunden. Dieser These folgte das Gericht allerdings nicht. « Das Lichtphänomen<br />

des ‹ grünen Strahls › war nicht von den Erbauern der Kathedrale be absichtigt<br />

[…], sondern beruhte auf einer unsachgemäßen Restaurierung, die nicht mit<br />

dem ursprünglichen Kunstwerk konform war » und fünfzig Jahre zuvor durchgeführt<br />

worden war, so die Begründung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass « der Staat<br />

verpflichtet ist, das Kirchenfenster so originalgetreu wie möglich zu restaurieren und<br />

seinem Auftrag zur Erhaltung eines historischen Denkmals nachgekommen ist […],<br />

daher ist er nicht verpflichtet, diesen ‹ grünen Strahl › wieder herzustellen, ungeachtet<br />

der Neugier, die dieser in den vergangenen Jahren ausgelöst hat ». Die Anhänger des<br />

Rayon vert ließen bereits verlauten, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen<br />

und starteten eine Onlinepetition für die Wiederherstellung des Phänomens (www.<br />

change.org/p/restauration-du-rayon-vert-a-la-cathedrale-de-strasbourg).<br />

6 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


WEIN<br />

In Bordeaux werden 9500 ha Reben ausgerissen<br />

Das Weinbaugebiet Bordelais erzeugt seit mehreren Jahren zu viel Wein:<br />

Von den durchschnittlich 5 Millionen produzierten Litern können nicht<br />

mehr als 4 Millionen abgesetzt werden. Um diese Krise in den Griff zu<br />

bekommen, ist nun eine umfangreiche Rodungskampagne geplant.<br />

Ab Herbst <strong>2023</strong>, also nach der Traubenlese, soll eine Rebfläche von<br />

insgesamt 9500 ha gerodet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt muss eine<br />

präzise Bestandsaufnahme der betroffenen Regionen und Rebflächen<br />

erstellt werden. In der Zwischenzeit diskutieren Staat, Region (Nouvelle-<br />

Aquitaine) und Departement (Gironde) über die Entschädigung, die die<br />

betroffenen Winzer erhalten sollen. Gleichzeitig muss sich der Conseil<br />

Interprofessionnel du Vin de Bordeaux (CIVB), der offen dafür kritisiert wird,<br />

diese Überproduktion lange Zeit gefördert zu haben, Gedanken über eine<br />

neue Strategie für die kommenden Jahrzehnte machen.<br />

STRICKEN<br />

Immer schneller!<br />

Zum neunten Mal in Folge wurde die Bretonin Catherine Bouënard auf der<br />

Pariser Messe Aiguille en fête zur französischen Meisterin im Schnellstricken<br />

gekürt. Mit der ihr eigenen Technik, sich eine Nadel zwischen die Oberschenkel<br />

zu klemmen und die andere in der linken Hand zu halten, strickte sie in<br />

drei Minuten 242 Maschen. Der Weltrekord (298 Maschen) wird von einer<br />

Holländerin gehalten.<br />

LUFTFAHRT<br />

Luftverkehr von Tours wird ab 2024 von Toulouse aus kontrolliert<br />

Das RTC-System (Remote Tower Center, Flug ver kehrskontrolle<br />

aus der Ferne) wird seit 2015 in Schweden<br />

praktiziert (wo bereits sechs Flughäfen damit<br />

ausgerüstet sind) und seit 2021 auf dem London<br />

City Airport (der aus einer Entfernung von 115 km<br />

überwacht wird). In Deutschland ist das System seit 2022<br />

am Flughafen Erfurt-Weimar im Einsatz, im Hexagon wurde<br />

diese Art der Über wachung bislang nicht praktiziert. Das soll sich<br />

ändern, denn zu künftig werden alle Flugzeuge, die in Tours (Indreet-Loire)<br />

star ten und landen, von Fluglotsen überwacht,<br />

die in Toulouse (Haute-Garonne) sitzen, also 500 km<br />

ent fernt. Dafür wird in Tours ein Mast mit 18 Kameras instal<br />

liert, die ein hochaufgelöstes 360-Grad-Bild des Flughafens<br />

in Tours liefern, auf dem sich Details des Flug felds<br />

oder der Flugzeuge heranzoomen lassen. Die In be triebnahme<br />

dieser Technik ist für Ende 2024 vor gesehen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 7


ON EN PARLE<br />

FLÜGE<br />

Direktverbindung zwischen<br />

Hannover und Toulouse<br />

Seit Ende April bietet die spanische Low-Cost-<br />

Fluggesellschaft Volotea einen Direktflug von<br />

Hannover (Niedersachsen) nach Toulouse<br />

(Haute-Garonne) an. Dafür wird ein Airbus<br />

A319 mit 138 Plätzen eingesetzt, Tickets<br />

gibt es ab 29 €. Die Verbindung soll bis Ende<br />

Oktober angeboten werden, allerdings nur an<br />

bestimmten Tagen …<br />

WEGEN UMBAU GESCHLOSSEN<br />

Musée Matisse und Mont-Blanc-Tunnel erhalten eine<br />

Schönheitskur<br />

Das berühmte Musée Matisse in Cateau-Cambrésis (Nord), der<br />

Geburtsstadt von Henri Matisse (1869-1954), ist das einzige Museum, das<br />

der Künstler selbst einrichtete. Am 22. Mai <strong>2023</strong> wird es vorübergehend<br />

geschlossen. Die Wiedereröffnung ist für das Frühjahr 2024 geplant. Für<br />

die umfangreichen Erweiterungs- und Umstrukturierungsarbeiten sind<br />

Kosten in Höhe von 12 Millionen Euro veranschlagt. Weiter im Süden, an<br />

der Grenze zwischen Frankreich und Italien, wird der 1965 eingeweihte<br />

Mont-Blanc-Tunnel vom 4. September bis 18. Dezember <strong>2023</strong> ebenfalls für<br />

ausgedehnte Arbeiten schließen. Dabei sollen die 11,6 km lange Fahrbahn<br />

erneuert und die Tunneldecke von Asbest befreit werden. In dieser Zeit<br />

müssen Autofahrer dann entweder den Großen-Sankt-Bernhard-Tunnel<br />

oder den Fréjus-Tunnel im Maurienne-Tal nutzen.<br />

IMPRESSIONISMUS<br />

Ein weiteres Haus von Claude Monet eröffnet<br />

Das Haus und der Garten von Claude Monet (1840-1926) in Giverny (Vald‘Oise)<br />

sind bereits gut bekannt. Weniger bekannt ist dagegen, dass<br />

sich der große Meister des Impressionismus mit seiner Familie 1<strong>87</strong>4 im<br />

Norden von Paris, in Argenteuil (Val-d‘Oise), niederließ. Am Boulevard Karl<br />

Marx 21 lebte die Familie vier Jahre in einem kleinen rosa Haus mit grünen<br />

Fensterläden und einem reizvollen Garten. In jener Zeit entstanden dort<br />

mehrere von Monets Meisterwerken. 2003 kaufte die Stadt Argenteuil das<br />

Haus und renovierte es aufwendig. Die Arbeiten sind nun abgeschlossen,<br />

das Ergebnis ist ein sehr persönliches Museum mit einer innovativen<br />

Szenografie: In der Atmosphäre des 19. Jahrhunderts gehen die Besucher<br />

in einer Art « Schnitzeljagd » auf Informationssuche, indem sie im ganzen<br />

Haus Schubladen, Schränke, Läden usw. öffnen. Parallel dazu werden<br />

die Werke von Claude Monet durch Digitaltechnik mit Leben erfüllt. Eine<br />

unerwartete Art, sich mit dem Maler vertraut zu machen und eine sinnvolle<br />

Ergänzung zu vielen anderen, dem Impressionismus gewidmeten Stätten<br />

im Departement (Haus und Garten von Claude Monet in Giverny, Auberge<br />

Ravoux – bekannt als Haus von van Gogh – in Auvers-sur-Oise, Musée<br />

Camille Pissaro in Pontoise …). www.maisonimpressionniste.fr<br />

BRETAGNE<br />

Pastis aus Algen<br />

made in Bretagne<br />

Am Anfang stand ein scherzhafter<br />

Wortwechsel während eines Aperitifs<br />

– natürlich in der Bretagne – zwischen<br />

einem Vater und seiner Tochter, die im<br />

Bereich Biotechnologie arbeitet: « Sag<br />

mal, du als Forscherin, du könntest doch<br />

das Rezept für einen echten bretonischen<br />

Pastis kreieren! » Ohne lange zu fackeln<br />

stürzte sich Sylvaine Le Meur in das<br />

Abenteuer. Nach einem Jahr war es ihr<br />

gelungen, ein Getränk herzustellen, das<br />

den einzigartigen Geschmack eines<br />

provenzalischen Pastis mit einer kleinen<br />

« bretonischen Note » aufweist. Der<br />

Name? Ty Jaune, der erste « bretonische<br />

Pastis »! In der Region (und darüber<br />

hinaus im ganzen Westen Frankreichs) ist<br />

das Getränk (45 Vol.-%) bereits ein voller<br />

Erfolg. Die (geheime) Rezeptur enthält 45<br />

Zutaten, wobei der enthaltene Zucker aus<br />

Algen hergestellt wird. Die Provenzalen<br />

müssen sich also auf Konkurrenz gefasst<br />

machen! Informationen: www.tyjaune.<br />

bzh.<br />

8 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


EINWEIHUNG<br />

Pariser Wohnsitz von Serge Gainsbourg wird eröffnet<br />

Auf dieses Ereignis warten die Fans des legendären Texters,<br />

Komponisten und Interpreten Serge Gainsbourg (1928-1991) bereits<br />

ungeduldig: Am 20. September <strong>2023</strong> öffnet endlich das Maison<br />

Gainsbourg in der Pariser Rue de Verneuil 5 bis (VII. Arrondissement).<br />

« Der Parcours beginnt mit der Besichtigung des Hauses », bei der<br />

man « in die Privatsphäre » des Künstlers eintaucht, so dessen<br />

Tochter, Charlotte Gainsbourg. « Nur wenige Schritte entfernt, in<br />

der Rue de Verneuil 14, zeichnet das Museum mit seinen Werken<br />

und einer Sammlung symbolträchtiger Stücke das Leben meines<br />

Vaters nach. » Charlotte Gainsbourg hofft, « der Öffentlichkeit eine<br />

besondere Erfahrung zu bieten, durch die man vielleicht sein<br />

Werk anders wahrnimmt. Eine Erfahrung, die möglichst seinem<br />

Vermächtnis gerecht werden soll. » Die Tochter erinnert daran,<br />

dass Serge Gainsbourg 22 Jahre in der Nummer 5 bis lebte, und<br />

dass in den Räumen « seit seinem Tod 1991 nichts verändert<br />

wurde ». In der Nummer 14 befinden sich abgesehen vom Museum<br />

« ein Museumsshop und die Gainsbarre, ein Café mit Pianobar ».<br />

Informationen: www.maisongainsbourg.fr.<br />

KREUZFAHRT<br />

Der größte Kreuzfahrtsegler kommt aus Frankreich<br />

Derzeit wird in Saint-Nazaire (Loire-Atlantique) ein außergewöhnlicher Kreuzfahrtsegler gebaut, der 2026 vom Stapel<br />

laufen soll. Die Orient Express Silenseas ist ein luxuriös ausgestattetes Hightech-Schiff und wird nicht mehr und nicht<br />

weniger als das größte Segelschiff der Welt sein. Mit insgesamt 4500 m² Segelfläche, einer Länge von 220 m und einer<br />

Breite von 25 m wird es sogar Brücken passieren können, da die drei 100 m hohen Masten gekippt werden können. Der<br />

Eigentümer, der französische Hotelkonzern Accor, will daraus eine Art riesige Privatjacht mit rund 50 Suiten machen,<br />

die eine Fläche von 70 bis 1415 m² haben. Es wird aber nicht nur der größte, sondern auch der umweltverträglichste<br />

Passagiersegler der Welt sein. Ein<br />

Hybridantrieb kombiniert Windkraft<br />

– bei optimalen Wetterbedingungen<br />

die einzige Antriebsquelle – mit<br />

Flüssiggas (LNG), dem derzeit<br />

« saubersten » Treibstoff. An Bord ist<br />

jedoch bereits alles für die Nutzung<br />

von grünem Wasserstoff vorbereitet,<br />

sobald diese Technologie für diese<br />

Art von Transportmitteln zugelassen<br />

ist. Insgesamt zwei solcher Schiffe<br />

wurden bei der Werft Chantiers<br />

de l‘Atlantique in Saint-Nazaire in<br />

Auftrag gegeben: Die Orient Express<br />

Silenseas soll ab März 2026 das<br />

Ägäische Meer, das Mittelmeer und<br />

die Karibik besegeln, während das<br />

zweite Schiff ab 2027 in Indonesien<br />

eingesetzt werden wird.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 9


ON EN PARLE<br />

Wann und wo blüht im <strong>Sommer</strong> der Lavendel?<br />

Die Lavendelfelder in der Provence sind für viele Touristen im <strong>Sommer</strong> eine der wich tigsten<br />

Attraktionen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Route de la lavande, die vom Plateau<br />

de Valensole über Diois, den Luberon, die Verdonschlucht und die Drôme pro vençale<br />

zum Mont Ventoux führt. In diesem Zusammenhang tauchen Jahr für Jahr dieselben<br />

Fragen auf: Ab wann blüht der Lavendel? Wann wird er geerntet? Die offi zielle Karte<br />

der Lavendelstraße gibt einen Überblick über Blüte und Ernte in den verschiedenen<br />

Regionen. Ein Tipp: Sie sollten trotzdem etwa eine Woche vor den angegebenen Daten<br />

überprüfen, ob sich der Zeitpunkt nicht aufgrund der ak tu el len meteorologischen<br />

Bedingungen verändert hat. Sie können dies ntweder auf Face book https://www.<br />

facebook.com/RoutesdelaLavande, auf der Website https://routes-lavande.com/lafloraison-de-la-lavande/<br />

oder bei einem der örtlichen Fremdenverkehrsämter tun.<br />

CANNES<br />

Die erste Frau an der<br />

Spitze des Filmfestivals ist<br />

Deutsche<br />

In diesem Jahr steht erstmals eine<br />

Frau an der Spitze des Filmfestivals<br />

von Cannes. Und darüber hinaus<br />

ist es erstmals eine Deutsche, die<br />

diese prestigeträchtige Funktion<br />

wahrnimmt. Iris Knobloch machte<br />

ihre Ausbildung in Hollywood und<br />

war anschließend 25 Jahre bei den<br />

US-Filmstudios Warner tätig, davon<br />

über 15 Jahre als Vorsitzende von<br />

Warner Bros. France. Festival de<br />

Cannes, 76. Auflage, 16. – 27. Mai<br />

<strong>2023</strong><br />

Legende*:<br />

Blüte ab 10. Juni / Ernte ab 1. Juli<br />

Blüte ab 20. Juni / Ernte ab 15. Juli<br />

Blüte ab 1. Juli / Ernte ab 25. Juli<br />

GEBURTSANZEIGE (FORTSETZUNG)<br />

Im Bioparc gibt es ein kleines Okapi<br />

Offensichtlich häufen sich die guten Nachrichten im Bioparc in Doué-la-Fontaine (Maine-et-<br />

Loire), über den wir in unserer Ausgabe 68 berichteten (Eine faszinierende Reise ins Land der<br />

Troglodyten). Nachdem wir Sie im letzten Heft über die Geburt von zwei Löwenbabys zu Beginn<br />

des Jahres informieren konnten, gab es nun erneut ein seltenes freudiges Ereignis: Am 5. April<br />

um 6.55 Uhr erblickte Sabu, ein kleines Okapi (Okapia Johnstoni), das Licht der Welt. Das 19 kg<br />

schwere Tier ist nach einem Dorf in der Demokratischen Republik Kongo benannt, woher diese<br />

Rasse stammt. Seit 25 Jahren ist das in Frankreich erst die vierte Geburt eines Exemplars dieser<br />

Spezies, die als « gefährdet » gilt und auf der Roten Liste der IUCN, der Internationalen Union<br />

zur Bewahrung der Natur, steht.


TOUR DE FRANCE<br />

110. Auflage – 1. bis 23. Juli <strong>2023</strong><br />

LEGENDE<br />

Streckenlänge: 3404 km<br />

21 Etappen, die alle fünf Bergmassive des Hexagons einschließen<br />

(Pyrenäen, Zentralmassiv, Jura, Alpen und Vogesen), acht Bergetappen,<br />

davon vier Bergankünfte: Cauterets-Cambasque, Puy de Dôme (war 1988<br />

das letzte Mal im Streckenverlauf der Tour enthalten), Grand Colombier<br />

und Saint-Gervais Mont-Blanc. Höchster Punkt der Tour <strong>2023</strong>: Col de la<br />

Loze (2304 m).<br />

1<br />

1<br />

TOURSTART<br />

STARTORT<br />

ZIELORT<br />

RUHETAG<br />

TOURZIEL<br />

STRECKENVERLAUF<br />

EINZELZEITFAHREN<br />

SAINT-QUENTIN-EN-YVELINES<br />

21<br />

21<br />

Paris Champs-Èlysèes<br />

Sonntag, 23. Juli<br />

Samstag, 22. Juli<br />

20<br />

20<br />

LE MARKSTEIN<br />

BELFORT<br />

BORDEAUX<br />

SAINT-LÉONARD-DE-NOBLAT<br />

LIMOGES<br />

Samstag, 8. Juli<br />

LIBOURNE<br />

7 8<br />

9<br />

8<br />

9<br />

Mittwoch, 12. Juli<br />

Sonntag, 9. Juli<br />

VULCANIA<br />

PUY DE DÔME<br />

Dienstag, 11. Juli<br />

MOULINS<br />

10<br />

11<br />

11<br />

10<br />

ISSOIRE<br />

POLIGNY<br />

BOURG-EN-BRESSE<br />

BELLEVILLE<br />

EN-BEAUJOLAIS<br />

Donnerstag, 13. Juli<br />

ROANNE<br />

12<br />

12<br />

CLERMONT-FERRAND<br />

Montag, 10. Juli<br />

13<br />

18<br />

19<br />

19<br />

Freitag,<br />

14. Juli<br />

CHÂTILLON<br />

SUR-CHALARONNE<br />

GRAND COLUMBIER<br />

Freitag, 21. Juli<br />

13<br />

14<br />

Donnerstag,<br />

20. Juli<br />

MOIRANS-EN-MONTAGNE<br />

ANNEMASSE Samstag, 15. Juli<br />

LES GETS Sonntag, 16. Juli<br />

MORZINE<br />

15<br />

16<br />

16<br />

1517<br />

18<br />

14<br />

17<br />

PASSY Dienstag, 18. Juli<br />

COMBLOUX<br />

SAINT-GERVAIS MONT-BLANC<br />

Montag, 17.Juli<br />

Mittwoch, 19. Juli<br />

COURCHEVEL<br />

MOÛTIERS<br />

Freitag, 7. Juli<br />

PAYS BASQUES<br />

TOUR START<br />

Samstag, 1. Juli<br />

1 1<br />

BILBAO<br />

AMOREBIETA-ETXANO<br />

SAINT-SÉBASTIEN<br />

2<br />

3<br />

VITORIA-GASTEIZ<br />

Sonntag,<br />

2. Juli<br />

ESPAGNE<br />

2<br />

MONT-DE-MARSAN<br />

DAX<br />

3<br />

4<br />

Montag, 3. Juli<br />

BAYONNE<br />

Mittwoch,<br />

5. Juli<br />

PAU<br />

7<br />

5<br />

LARUNS<br />

5<br />

6<br />

4<br />

6<br />

Dienstag,<br />

4. Juli<br />

NOGARO<br />

TARBES<br />

CAUTERETS<br />

CAMBASQUE<br />

Donnerstag, 6. Juli<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 11


ON LIT<br />

ROMAN<br />

Eines Tages wird es leer sein<br />

Hugo Lindenberg, Originaltitel: Un jour ce sera vide (2021),<br />

übersetzt aus dem Französischen von Lena Müller, Nautilus, 168<br />

Seiten, 22 €, ISBN 978-3960543114.<br />

Es ist <strong>Sommer</strong>. Der Erzähler, ein zehnjähriger Junge, verbringt<br />

die Ferien mit seiner Großmutter in der Normandie am Meer.<br />

Eines Tages trifft er am Strand den gleichaltrigen Baptiste. Die<br />

beiden freunden sich an. Die Freundschaft ist genauso eng,<br />

wie der familiäre Hintergrund der beiden unterschiedlich ist:<br />

Baptiste hat Traumeltern, er lebt in einem Traumhaus. Die<br />

Familie strahlt genau das Glück aus, das der Erzähler heiß und<br />

innig sucht, aber nicht findet.<br />

Wenn man erfährt, wie eng<br />

die Bindung zwischen Enkel<br />

und Großmutter ist, ahnt man<br />

schnell, dass sich dahinter<br />

ein Drama verbirgt. Das<br />

herzzerreißende Porträt einer<br />

Kindheit, die von der Last der<br />

Familiengeschichte und den<br />

Traumata der Vergangenheit<br />

erdrückt wird. Ein unglaublich<br />

dichter Roman über ein<br />

verletztes Kind, dem es dennoch<br />

gelingt, zu überleben und sich<br />

weiterzuentwickeln. Prix du Livre<br />

Inter 2021. Ein Meisterwerk!<br />

ROMAN<br />

Lieblingstochter<br />

Sarah Jollien-Fardel,<br />

Originaltitel: Sa<br />

préférée (2022),<br />

übersetzt aus dem<br />

Französischen von<br />

Theresa Benkert,<br />

Aufbau, 222 Seiten,<br />

24 €, ISBN 978-<br />

3351041977.<br />

Jeanne wächst<br />

in einem Walliser<br />

Bergdorf auf und lernt<br />

schon früh, die Gewaltausbrüche ihres Vaters<br />

vorherzusehen. Ihre Mutter und ihre Schwester<br />

scheinen resigniert zu haben, im Umfeld<br />

wissen alle Bescheid, schweigen aber. Nach<br />

dem Selbstmord ihrer Schwester zieht Jeanne,<br />

inzwischen Lehrerin, nach Lausanne. Allmählich<br />

findet sie ihren Platz, öffnet sich anderen<br />

gegenüber, verliebt sich. Der Debütroman machte<br />

bei Erscheinen in Frankreich viel von sich reden.<br />

Nachdrücklich, treffend und sensibel behandelt<br />

er das schwierige Thema Gewalt in der Familie,<br />

die eine Kindheit zerstört. Eine bemerkenswerte<br />

Erzählung, die verstört und erstarren lässt,<br />

gleichzeitig aber Hoffnung vermittelt. Der<br />

Roman wurde 2022 mit dem Prix du roman FNAC<br />

ausgezeichnet und war im selben Jahr für den Prix<br />

Goncourt nominiert.<br />

ROMAN<br />

Der Tanzende<br />

Victor Jestin, Originaltitel: L’homme qui danse (2022), übersetzt aus dem<br />

Französischen von Sina de Malafosse, Kein & Aber, 208 Seiten, 23 €, ISBN 978-<br />

3036958989.<br />

La Plage ist der Name eines Tanzclubs in einer kleinen Stadt an der Loire.<br />

Dorthin geht Arthur seit seiner Jugend zwanzig Jahre lang mit an Besessenheit<br />

grenzender Regelmäßigkeit. Für ihn ist das ein Ort fern unserer Zeit, fern unserer<br />

normalen sozialen Beziehungen. Dort fühlt er sich merkwürdigerweise den<br />

anderen nah, während er sich ansonsten in seiner Haut unwohl fühlt. Auf der<br />

Tanzfläche lebt er auf. Doch wohin wird ihn diese Flucht in das Nachtleben führen?<br />

Der 28-jährige Autor präsentiert uns ein schönes Buch, in dem er mit ausgefeiltem,<br />

treffendem Stil die Schwierigkeiten seines Protagonisten beschreibt, sich im<br />

Leben zurechtzufinden und in unserer Gesellschaft zu bestehen, seinen Versuch,<br />

um jeden Preis « wie die anderen » sein zu wollen, und die Einsamkeit, die daraus resultiert.<br />

Ein Meisterwerk an Sensibilität und Beobachtungsgabe.<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


NOVELLEN<br />

Kanus<br />

Maylis de Kerangal, Originaltitel: Canoës (2021), übersetzt aus dem Französischen von Andrea<br />

Spingler, Suhrkamp, 168 Seiten, 22 €, ISBN 978-3518431191.<br />

In Form von acht Novellen behandelt die Autorin auf nicht alltägliche Art ein einziges Thema:<br />

die Stimme, vor allem die Stimme von Frauen. Dabei wirft sie nicht nur Fragen über den<br />

« physischen » Aspekt der Stimme auf, sondern vor allem auch über die Emotionen, die die<br />

Stimme auslösen kann. Wie immer bei Maylis de Kerangal ist es ein ausgesprochen gut<br />

geschriebenes Werk, das den Leser oft träumen lässt. Manchmal verstört es ihn auch, wenn<br />

ihm bewusst wird, auf welche Art eine Stimme letzten Endes ganz unbemerkt unseren Alltag<br />

durcheinanderbringen kann. Interessant!<br />

KRIMI<br />

HISTORISCHER ROMAN<br />

Die Postkarte<br />

Anne Berest, Originaltitel: La carte postale (2021), übersetzt<br />

aus dem Französischen von Amelie Thoma und Michaela<br />

Messner, Berlin Verlag, 544 Seiten, 28 €, ISBN 978-<br />

3827014641.<br />

« Die Postkarte lag zusammen mit den üblichen<br />

Wünschen zum neuen Jahr in unserem Briefkasten. Sie<br />

trug keine Unterschrift, der Absender wollte anonym<br />

bleiben. Vorne war die Opéra Garnier abgebildet,<br />

hinten die Vornamen der Großeltern meiner Mutter<br />

sowie die ihrer Tante und ihres Onkels – alle sind 1942<br />

in Auschwitz gestorben. 20 Jahre später wollte ich<br />

endlich wissen, wer uns diese Postkarte geschickt<br />

hatte, und ich habe alle Spuren verfolgt, die es gab. » So<br />

fasst Anne Berest ihr Buch zusammen, in dem sie die<br />

rätselhaften Nachforschungen im Zusammenhang mit<br />

einer 2003 erhaltenen,<br />

geheimnisvollen Postkarte<br />

beschreibt und auf diese<br />

Weise eine berührende<br />

Familiengeschichte<br />

nachzeichnet, die bis dato<br />

totgeschwiegen wurde.<br />

Eine sehr persönliche<br />

und schmerzliche Suche,<br />

aus der letzten Endes ein<br />

großer historischer Roman<br />

entstanden ist, der uns<br />

allen etwas zu sagen hat.<br />

Prix Renaudot des Lycéens<br />

2021.<br />

Verlockungen<br />

Elsässer Art<br />

Suzanne Crayon, Emons,<br />

<strong>2023</strong>, 240 Seiten, 13 €,<br />

ISBN 978-3740816698.<br />

Die Krimireihe « auf<br />

Elsässer Art » ist<br />

offensichtlich ein<br />

Erfolgsrezept: Nach<br />

dem Mord Elsässer Art<br />

(2019), den Geheimnissen<br />

Elsässer Art (2021) und<br />

den Verwicklungen<br />

Elsässer Art (2022) kommen hier also nun die<br />

Verlockungen Elsässer Art, das aktuelle Werk von<br />

« Suzanne Crayon ». Hinter diesem so humorvoll<br />

und augenzwinkernd französisch klingenden<br />

Namen steht allerdings nicht, wie man vermuten<br />

könnte, eine Autorin, sondern « ein deutsches<br />

Autorenduo », so der Verlag. Es ist naheliegend,<br />

dass es sich dabei um Elsass-Liebhaber handelt,<br />

die es verstehen, die Region als Schauplatz<br />

für die seltsamsten Verbrechen und die<br />

daraus entstehenden kriminaltechnischen<br />

Untersuchungen zu nutzen. Im aktuellen Fall ist<br />

es der Inhaber eines scheinbar so friedlichen<br />

Souvenirladens, der tot auf der Anhöhe der<br />

Gemeinde Thann (Haut-Rhin) aufgefunden<br />

wird. Ist das Opfer, das eine zweite Tätigkeit<br />

als « Heiler » ausübte, aber vielleicht doch nicht<br />

so unschuldig? Wie es weitergeht, erfahren<br />

Liebhaber dieser Art spannenden Lektüre<br />

selbstverständlich im Buch …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 13


ON LIT EN FRANCE<br />

Unsere Auswahl an Büchern, über die man<br />

zurzeit in Frankreich spricht<br />

ROMAN<br />

Ceci n’est pas<br />

un fait divers<br />

Philippe Besson, Julliard, 2022, 208<br />

Seiten, 20 €, ISBN 978-2260055372.<br />

Philippe Besson stellt einmal mehr sein Talent als<br />

ausgezeichneter Beobachter der französischen<br />

Gesellschaft von heute unter Beweis. Mit diesem<br />

erschütternden Buch, das knapp gefasst<br />

(208 Seiten) sowie ausgesprochen präzise<br />

und scharfsichtig geschrieben ist, hat er die<br />

literarischen Neuerscheinungen im Hexagon<br />

geprägt. Wie der Titel sagt, handelt es sich<br />

nicht um eine « normale » Meldung in der Rubrik<br />

« Vermischtes », sondern um eine Tat, wie sie sich<br />

mittlerweile in Frankreich leider jeden dritten<br />

Tag ereignet: tödliche Gewalt gegen Frauen. Die<br />

schrecklichen Tatsachen sind schnell erzählt:<br />

Ein 19-Jähiger erhält den Anruf seiner 13 Jahre<br />

alten Schwester. Mit zitternder Stimme sagt<br />

diese: « Papa hat gerade Mama umgebracht. »<br />

In einem dem ernsten Thema angemessenen,<br />

nüchternen Tonfall gelingt es Philippe Besson zu<br />

rekonstruieren, wie sich die Gewalt heimtückisch<br />

in die Ehe einschleicht, welche Verkettung von<br />

Umständen schließlich zu dem schrecklichen<br />

Mord führt und vor allem welche Auswirkungen<br />

das Ganze auf die Familie hat. Das alles mit viel<br />

Sensibilität, ohne eine Spur von Voyeurismus. Die<br />

Handlung ist schrecklich, von durchschlagender<br />

Wirkung, wie Literatur manchmal eben auch sein<br />

muss. Angesichts des immer größeren Raums,<br />

den Gewalt in der Ehe und Femizide heute in<br />

den täglichen Schlagzeilen einnehmen, ist es ein<br />

sinnvolles Buch. Es kann nicht schlecht sein, das<br />

auf so kluge Art in Erinnerung zu rufen.<br />

Themen: wahre Begebenheit, Meldungen<br />

aus dem Polizeibericht, Kindheit, Drama,<br />

Gewalt in der Ehe, Mord, Femizid<br />

ROMAN<br />

La langue de l’ennemi<br />

Garance Meillon, L’arpenteur, <strong>2023</strong>, 190 Seiten, 19 €, ISBN 978-<br />

2073016591.<br />

In diesem bissigen, sehr aktuellen Roman – ihrem vierten –<br />

beschreibt die Autorin auf lebendige Art, wie eine berufliche<br />

Veränderung eine Veränderung der Ausdrucksweise nach sich<br />

ziehen und für viel Zündstoff in einer Beziehung sorgen kann.<br />

Emma ist Schriftstellerin, Romain ist Kommunikationsmanager<br />

in einem Konzern. Die beiden sind seit rund zehn Jahren ein Paar.<br />

Alles beginnt eines Abends, als Romain die Nachttischlampe<br />

ausschaltet und sich im Bett zu Emma dreht, um ihr eine belle<br />

nuit, eine schöne Nacht, zu wünschen, und nicht eine<br />

bonne nuit, eine gute Nacht, wie bisher. Nach und<br />

nach sprechen die beiden nicht mehr dieselbe<br />

Sprache. Hinter der Erzählung über das Leben<br />

in unserer heutigen Zeit verbirgt sich eine<br />

fesselnde Betrachtung des Sprachwandels!<br />

Themen: Sprache, Worte, Paar, Vertrautheit,<br />

Distanz, Familie, Gesellschaft<br />

HISTORISCHER ROMAN<br />

Il n’y aura pas de sang versé<br />

Maryline Desbiolles, Éditions Sabine<br />

Wespieser, <strong>2023</strong>, 154 Seiten, 18 €, ISBN 978-<br />

2848054780.<br />

Dieses Buch zeichnet ein einfühlsames, lebendiges<br />

Porträt in Romanform von vier Arbeiterinnen, die in Lyon in einer<br />

Seidenfabrik arbeiten. Gleichzeitig ist es eine Hommage an alle<br />

von der Geschichte vergessenen Frauen, die Ende der 1860er-<br />

Jahre den ersten Frauenstreik in Frankreich « erfunden » haben.<br />

Ein sehr nützliches Buch, das es wert ist, im Kontext der sozialen<br />

Konflikte in der heutigen Zeit betrachtet zu werden.<br />

Themen: Geschichte, Lyon, Seidenfabriken in Lyon, Gewerkschaft,<br />

Streik, soziale Konflikte, Frauen, Emanzipation<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


WEINFÜHRER<br />

ROMAN<br />

Les Sources<br />

Marie-Hélène Lafon, Buchet Chastel,<br />

<strong>2023</strong>, 124 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-<br />

2283036600.<br />

Die erschütternde, sehr persönliche Geschichte<br />

einer Familie, die auf einem Bauernhof in einer der<br />

abgelegensten Gegenden Frankreichs lebt – im<br />

Cantal, gleichzeitig die Heimat der Autorin – und von<br />

einem gewalttätigen Ehemann und Vater beherrscht<br />

wird. Abgesehen von der präzisen und realistischen<br />

Familienchronik, die zwar knapp gefasst, dafür aber sehr<br />

dicht erzählt ist, hat Marie-Hélène Lafon ein Zeitzeugnis<br />

für das Leben in ländlichen Regionen im Frankreich der<br />

1960er-Jahre erstellt, ein Zeitabschnitt, über den nur allzu<br />

gern geschwiegen wird.<br />

Themen: Erzählung, bäuerliche Welt, Cantal, ländlicher<br />

Raum, Frauen, Gewalt in der Ehe, Familie, Paar<br />

Le guide des vins bios <strong>2023</strong><br />

Pierre Guigui, BBD Éditions, 2022, 224<br />

Seiten, 24,90 €, ISBN 979-1095856160.<br />

Dass wir Ihnen von den unzähligen<br />

französischen Bio wein führern, die jedes<br />

Jahr erscheinen, gerade diesen emp fehlen, liegt zum einen<br />

daran, dass der Autor ein anerkannter Journalist und Kenner<br />

dieser Weine ist und sich schon immer leidenschaftlich für<br />

biologischen und biodynamischen Weinbau engagierte. Ein<br />

weiterer Grund besteht darin, dass dieser Weinführer noch<br />

vor den Vor gaben im Hinblick auf Transparenz, die 2024 im<br />

Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik umgesetzt wer den<br />

sollen, für die 400 vorgestellten Weine nicht nur die Wein beschreib<br />

ungen präsentiert, sondern darüber hinaus An ga ben<br />

zu Inhaltsstoffen und Nährwerten (Alkoholgehalt, Men ge<br />

an Sulfiten und Zucker, Kalorien) sowie zum Vini fi zierungsprozess<br />

(Zugabe von Hefe oder Zusätzen,<br />

Schönung, Filtrierung …) macht.<br />

Der Weinführer wird völlig<br />

unabhängig erstellt und will<br />

Konsumenten absolute<br />

Transparenz vermitteln.<br />

Für jeden Wein gibt<br />

es einen QR-Code,<br />

der auf die Applikation<br />

dansmabouteille.com<br />

führt. Sehr nützlich und<br />

mutig!<br />

Sie möchten Ihren französischen Freunden ein deutsches Buch<br />

empfehlen, das kürzlich auch in Frankreich erschienen ist? Hier<br />

kommen unsere aktuellen Coups de coeur:<br />

ROMAN<br />

Les perfections<br />

Vincenzo Latronico, übersetzt aus dem<br />

Italienischen von Romane von Lafore,<br />

Originaltitel: Le Perfezioni, Gallimard/Scribes,<br />

<strong>2023</strong>, 178 Seiten, 20 €, ISBN 978-2073017444.<br />

Vincenzo Latronico, Jahrgang 1984, ist Italiener. Er arbeitet als<br />

Übersetzer und Schriftsteller und lebt in Berlin. Das Buch, das<br />

in Deutschland unter dem Titel Die Perfektionen (Übersetzung<br />

von Verena Koskull, Claassen-Verlag, <strong>2023</strong>, 128 Seiten, 22 €,<br />

ISBN 978-3546100694) erschien, ist besonders interessant<br />

für Franzosen, die mehr darüber erfahren wollen, wie sich<br />

das Leben in der deutschen Hauptstadt verändert. Auf sehr<br />

einprägsame Weise erzählt es die Geschichte eines jungen<br />

italienischen Paares, beide Webdesigner, das nach Berlin zieht.<br />

Hinter dem Glanz und dem scheinbar « perfekten » neuen<br />

Leben, bringen die zunehmende Gentrifizierung der Stadt und<br />

andere Dinge kleine Sandkörnchen ins Getriebe ihres Alltags.<br />

Das Werk ist eine brillante Betrachtung der Veränderungen und<br />

Widersprüche, denen die Stadt Berlin unterworfen ist.<br />

Themen: Berlin, Auswanderer, Stadtleben, Eingliederung, Gentrifizierung,<br />

Millennials, Traumleben, Ambition, Konfrontation mit der Realität<br />

ROMAN<br />

La petite-fille<br />

Bernhard Schlink, übersetzt aus dem<br />

Deutschen von Bernard Lortholary,<br />

Originaltitel: Die Enkelin, Gallimard, <strong>2023</strong>, 342<br />

Seiten, 23 €, ISBN 978-2072995316. Die deutsche<br />

Version erschien 2021 im Diogenes Verlag, 368<br />

Seiten, 25 €, ISBN 978-3257071818.<br />

Der deutsche Autor Bernhard Schlink war bereits mit mehreren<br />

Übersetzungen seiner Bücher in Frankreich erfolgreich, unter<br />

anderem mit dem 1996 erschienenen Werk Le liseur (Der<br />

Vorleser). In diesem Roman lässt er uns in Form eines sehr<br />

packenden Ost-West-Beziehungsdramas eine spannende Reise<br />

durch die deutsche Geschichte und die deutschen Gebiete<br />

unternehmen. Er gibt Franzosen, die sich für Deutschland<br />

interessieren, viele Antworten auf offene Fragen. Mitreißend!<br />

Themen: Deutschland, Geschichte, Wiedervereinigung,<br />

Berliner Mauer, DDR, Politik, Familie<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 15


ON REGARDE<br />

KOMÖDIE<br />

Mein fabelhaftes Verbrechen<br />

Dieser Film von François Ozon im Stil von 8 Frauen (2002)<br />

und Das Schmuckstück (2010) basiert auf einem Theaterstück<br />

der 1930er-Jahre. Es handelt sich dabei um eine originelle,<br />

kühne, unmoralische und unglaublich heitere Komödie, die<br />

sich – wie immer bei diesem französischen Regisseur – durch<br />

eine erstrangige Besetzung auszeichnet. Nachdem man<br />

gesehen hat, wie sich Madeleine (brillant gespielt von Nadia<br />

Tereszkiewicz) und Pauline (Rebecca Marder) im Film nicht<br />

nur erbittert für die Rechte von Frauen einsetzen, sondern<br />

wie unglaublich gut die beiden auch lügen und manipulieren<br />

können, verlässt man das Kino unweigerlich beschwingt,<br />

mit einem Lächeln auf den Lippen … Eine sehr zeitgemäße<br />

Karikatur, die unbarmherzig und grotesk mit dem Patriarchat<br />

umgeht, gleichzeitig aber eine sehr schöne Hommage an die<br />

Frauen und das Kino darstellt.<br />

DRAMA<br />

Zoé und Sturm<br />

Zoé, die ihre ganze Kindheit im Gestüt ihrer Eltern inmitten<br />

von Pferden verbracht hat, träumt davon, Jockey zu werden.<br />

Eines Abends wird sie von ihrer durch ein Gewitter verstörten<br />

Lieblingsstute so schwer verletzt, dass dieser Traum für immer<br />

zerplatzt. Doch Zoé lässt sich nicht unterkriegen und versucht,<br />

das Unmögliche möglich zu machen, ihr Schicksal wieder<br />

zu bestimmen. Ein sensibler und berührender Film über<br />

Leidenschaft, den Mut, trotz einer Behinderung seinen Weg zu<br />

gehen, und die Verbissenheit, seine Träume zu verwirklichen.<br />

Auch wenn die Inszenierung teilweise konventionell ist, gleitet<br />

der Film nicht ins Rührselige ab, was man bei einer derartigen<br />

Handlung durchaus erwarten könnte. Er zeichnet sich<br />

durch schöne Szenen im Pferdemilieu und einen treffenden<br />

Umgang mit dem Über-sich-selbst-Hinauswachsen aus. Ein<br />

Familienfilm par excellence.<br />

Zoé und Sturm •<br />

Frankreich, 2022, 149 min •<br />

Originaltitel: Tempête •<br />

Ein Film von Christian<br />

Duguay mit Mélanie<br />

Laurent, Carole Bouquet,<br />

Pio Marmaï, Danny Huston,<br />

Carmen Kassovitz u. a. • Ab<br />

10. August <strong>2023</strong> im Kino.<br />

Mein fabelhaftes Verbrechen •<br />

Frankreich, <strong>2023</strong>, 102 min •<br />

Originaltitel: Mon crime • Ein<br />

Film von François Ozon,<br />

mit Nadia Tereszkiewicz,<br />

Rebecca Marder, Isabelle<br />

Huppert, Dany Boon, Fabrice<br />

Luchini, André Dussolier u.<br />

a. • Ab 6. Juli <strong>2023</strong> im Kino.<br />

WIRTSCHAFTSPOLITISCHER THRILLER<br />

Die Gewerkschafterin<br />

Wenn diese Ausgabe von Frankreich<br />

erleben erscheint, läuft dieser Film bereits<br />

seit etwas mehr als zwei Wochen in den<br />

deutschen Kinos. Dennoch liegt es uns am Herzen, Ihnen<br />

den Film vorzustellen, denn er ist wirklich sehenswert. Die<br />

deutsch-französische Koproduktion basiert auf den als Buch*<br />

pub li zierten Recherchen einer Journalistin des französischen<br />

Magazins Le nouvel Observateur. Es ist ein gut gemachter wirtschafts<br />

po lit ischer Thriller, der couragiert einen politischen<br />

Skan dal anprangert, in dem die Hauptperson eine Art<br />

fran zö si sche Erin Brockovich ist. Es geht dabei um die unglaub<br />

liche, aber wahre Geschichte von Maureen Kearney<br />

(be merk ens wert verkörpert von Isabelle Huppert), die als<br />

Ge werk schaft erin beim Unternehmen Areva (früher Cogema,<br />

heute Orano) arbeitet, einem Unternehmen, das lange Zeit<br />

als welt weit führendes Unternehmen der Atomindustrie<br />

galt. Die junge, aus Irland stammende Frau ist in mehrere<br />

heikle Pro jek te der französischen Atomindustrie involviert<br />

(vor allem im Zusam menhang mit geheimen Verträgen mit<br />

China) und wird sowohl von politischer als auch von Unternehm<br />

ens seite stark unter Druck gesetzt. Eines Morgens wird<br />

sie zu Hause überfallen und vergewaltigt. Gefesselt und mit<br />

einem eingeritzten « A » am Bauch findet man sie im Keller<br />

ihres Hauses. Erstaunlicherweise kommen die ersten Ermitt<br />

lungen zu dem Schluss, die Gewerkschafterin habe den<br />

Überfall nur vorgetäuscht. Vor Gericht wird Maureen Kear ney<br />

zwar zunächst freigesprochen, 2013 dann aber zu einer fünfmon<br />

atigen Gefängnisstrafe auf Bewährung und 5000 Euro<br />

Geld strafe verurteilt. Sie legt Berufung gegen das Urteil ein<br />

und wird 2018 schließlich für unschuldig erklärt, ohne dass<br />

je doch die wahren Verantwortlichen ausgemacht werden<br />

kön nen. Nachdem der Film in die französischen Kinos kam,<br />

brach eine andere Frau ihr Schweigen und berichtete von<br />

ähn lich en Misshandlungen im Jahr 2006. Auch in ihrem Fall<br />

ging es offenbar darum, sie im Zusammenhang mit wichti gen<br />

internationalen Vereinbarungen einzuschüchtern. An ge sichts<br />

dieser potenziellen Politskandale wurde vor Kurz em die Eröffnung<br />

einer parlamentarischen Untersuchungskommission<br />

zur Klärung dieser Fälle beantragt. Der Film beleuchtet die<br />

Vorkommnisse auf äußerst interessante und nützliche Weise.<br />

*La syndicaliste, Caroline Michel-Aguirre, Éditions Stock, 250<br />

Seiten, 2019, 19,50 €; anlässlich des Filmstarts in Frankreich<br />

ebenfalls als Taschenbuch erschienen (Livre de Poche, 254<br />

Seiten, 8,40 €).<br />

Die Gewerkschafterin • Frankreich <strong>2023</strong>, 122 min • Originaltitel:<br />

La syndicaliste • Ein Film von Jean-Paul Salomé, mit Isabelle<br />

Huppert, Grégory Gadebois, Yvan Attal, François-Xavier<br />

Demaison, Marina Foïs u. a. • Im Kino seit 27. April <strong>2023</strong>.<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


DOKUMENTATION<br />

Dalida und Orlando<br />

Dalida (1933-19<strong>87</strong>) zählte<br />

zu den bekanntesten<br />

Sängerinnen Frankreichs.<br />

Sie schrieb ein langes<br />

Kapitel Musikgeschichte, wurde mehrfach für ihre Hits<br />

ausgezeichnet und verkaufte über 120 Millionen Platten.<br />

Dass sie ein Star wurde, verdankte Dalida nicht zuletzt<br />

ihrem Bruder Orlando. Die Dokumentation beleuchtet<br />

die berufliche und persönliche Beziehung zwischen der<br />

Musikikone und ihrem Produzenten, zwischen einer Frau<br />

im Rampenlicht und einem Mann im Schatten, zwischen<br />

Schwester und Bruder.<br />

Dokumentation von François Chaumont, <strong>2023</strong>, 52 Min. Freitag, 4.<br />

August <strong>2023</strong> ab 21. 45 Uhr. (Online-Termine noch nicht verfügbar)<br />

DOKUMENTATION<br />

Alain Delon, persönlich<br />

Kino-Ikone und Frauenheld: Alain Delon war einer<br />

der ganz großen Stars des französischen und<br />

internationalen Kinos in den 60er und 70er Jahren. Als<br />

cooler Verführer und eiskalter<br />

Engel hat er Filmgeschichte<br />

geschrieben. Privat bildete er<br />

mit Romy Schneider eines der<br />

glamourösesten Paare der 60er<br />

Jahre. Arte widmet ihm ein<br />

neues Porträt.<br />

Dokumentation von Philippe Kohly,<br />

2015, 52 Min. Sonntag, 13. August<br />

<strong>2023</strong> ab 11. 30 Uhr. (Online-<br />

Termine noch nicht verfügbar)<br />

Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />

Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />

HOMMAGE AN GODARD<br />

Ob gefürchtet oder<br />

verehrt, Jean-Luc<br />

Godard war der letzte<br />

Gigant der Nouvelle<br />

Vague, bevor er im<br />

vergangenen Jahr im<br />

Alter von 91 Jahren<br />

in seiner Schweizer Heimat verstarb. Arte ehrt das Enfant<br />

terrible des französischen Films, das diesen revolutionierte,<br />

mit einem Spiel- und Dokumentarfilm: « Zwei oder drei<br />

Dinge, die ich von ihr weiß » aus dem Jahr 1967 ist ein<br />

sowohl gesellschaftlich als auch stilistisch radikaler Film<br />

aus Godards « soziologischer Periode ». Das Porträt « Jean-<br />

Luc Godard - Kino ohne Kompromisse » aus dem Jahr vor<br />

Godards Tod zeichnet seinen Werdegang nach, der voller<br />

Brüche ist - ästhetischer, philosophischer, freundschaftlicher<br />

und amouröser Art - und offenbart uns einen paradoxen<br />

Menschen… Eine Fernsehpremiere. Das Programm wird<br />

ergänzt durch 4 WebOnly Filme.<br />

DOKUMENTARFILM<br />

SPIELFILM<br />

Zwei oder drei Dinge,<br />

die ich von ihr weiß<br />

Spielfilm von Jean-Luc Godard, mit<br />

Marina Vlady, Anny Duperey, Christophe<br />

Bourseiller, Raoul Lévy u. a., 1967, 84 Min.<br />

Montag, 5. Juni <strong>2023</strong> ab 22. 55 Uhr.<br />

Jean-Luc Godard - Kino ohne Kompromisse<br />

Dokumentarfilm von Cyril Leuthy, 2021, 101 Min. Dienstag,<br />

6. Juni <strong>2023</strong> um 00. 20 Uhr. Online verfügbar vom<br />

29. Mai bis 1.Dezember <strong>2023</strong> auf arte.tv<br />

WebOnly Filme, VOM 12. APRIL BIS 30. SEPTEMBER <strong>2023</strong> AUF ARTE.TV<br />

Rette sich, wer kann (das Leben)<br />

Die Chinesin<br />

Das Buch der Maria + Maria und Joseph<br />

Masculin – Feminin: 15 präzise Ereignisse<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 17


ON SURFE<br />

MUSIKSTREAMING<br />

Qobuz, die Crème de la<br />

Crème made in France<br />

Jeder Musikbegeisterte wird<br />

be stätigen, dass der Zugang<br />

zu Musik in den vergangenen<br />

Jahr zehnt en viel einfacher und<br />

das An ge bot deutlich größer geworden ist. Mit unseren Telefonen<br />

und anderen Mobilgeräten können wir nahezu immer und überall<br />

auf unsere Lieblingsstücke zugreifen. Paradoxerweise haben wir<br />

Mu sik aber auch noch nie so « standardisiert » gehört, wie heute.<br />

Der Trend ist eine uniforme Klangqualität, die im Wesentlichen auf<br />

dem ultra komprimierten MP3-Format basiert, das weit von dem<br />

entfernt ist, was heute technisch möglich wäre. Um dieser Ent wicklung<br />

entgegenzuwirken, wurde 2007 Qobuz gegründet. Mit dem<br />

Begriff Qobuz bezeichnet man in Zentralasien ein heiliges tra di tionel<br />

les Instrument, von dem es heißt, es würde « böse Geister und<br />

Krankheiten abwenden ». Seit der Gründung ist die französische<br />

Streaming- und Downloadplattform niemals von einem Prinzip<br />

abgewichen, durch das sie sich von anderen Anbietern abhebt: Ihr<br />

einzigartiges Markenzeichen ist die Tonqualität (FLAC 24-Bit, bis zu<br />

192 kHz) des sehr umfangreichen Katalogs (der größte Hi-Res-Katalog<br />

der Welt, mehr als 100 Millionen Titel). Darüber hinaus versteht<br />

Qobuz sich als echtes « Kulturmedium », das dazu beitragen will, die<br />

musikalische Vielfalt zu entdecken. Dafür bietet der Dienst seinen<br />

Abonnenten ein Magazin mit abwechslungsreichen redaktionellen<br />

Inhalten an – Interviews, Beiträge, über 500 000 Albenrezensionen<br />

und Künstlerbiografien –, die von 15 professionellen Redakteuren<br />

verfasst werden, von denen jeder auf einen bestimmten Musikstil<br />

spezialisiert ist (Klassik, französisches Chanson, Jazz, Rock, Blues,<br />

Country, Filmmusik, Heavy Metal …). Qobuz ist mehr als « nur » ein<br />

Anbieter von Online-Musik. Das Unternehmen wertet diese Art des<br />

Musikkonsums qualitativ auf, und dabei ist der Preis nicht höher als<br />

der anderer Anbieter (ab 12,50 €/Monat). Da gibt es keinen Grund<br />

mehr, zu zögern! Das Angebot ist inzwischen in 26 Ländern der Erde<br />

zugänglich, selbstverständlich auch in Deutschland …<br />

www.qobuz.com/de · APP (kostenlos): Qobuz<br />

AUTOVERMIETUNG<br />

Ein Auto für 1 € mieten<br />

Das Start-up DriiveMe wurde 2012 von zwei Brüdern,<br />

den Franzosen Alexandre und Geof froy<br />

Lam bert gegründet. Ganz nach dem « Anti- Verschwendungs-Prinzip<br />

» hat DriiveMe Partnerschaften<br />

mit Autovermietern ab ge schlos sen. Da von<br />

profitieren und auf diese Weise Geld sparen sol len<br />

sowohl Autovermietungen als auch private Autofahrer.<br />

Die Agenturen bieten auf der Platt form<br />

Fahr zeuge an, die von einem Standort zum an deren<br />

überführt werden müssen. Dabei han delt es<br />

sich sowohl um Personenkraftwagen als auch um<br />

Nutz fahr zeuge (praktisch zum Beispiel für einen<br />

Um zug!). Der Autofahrer kann auf der Platt form<br />

die verfügbaren Fahrzeuge und Strecken ab fragen<br />

und bei Interesse für nur 1 € Mietpreis den<br />

Ve r trag abschließen. Er hat in der Regel 24 bis 48<br />

Std. Zeit für seine eigene Fahrt und die Rückgabe<br />

des Fahrzeuges am von der Agentur gewünschten<br />

Ziel ort. Das ist einfach und ökonomisch! Der<br />

Er folg gibt dem Konzept recht: Über 5000 Autovermietungsagenturen<br />

in Eu ropa sind bereits<br />

Partner von DriiveMe und<br />

pro Monat werden über<br />

35 000 Strecken an geboten.<br />

Machen Sie den<br />

Test, indem Sie lediglich<br />

einen Ausgangsort (ohne<br />

Ziel) eingeben – oder<br />

umgekehrt. Sie werden<br />

erstaunt sein, wie viele<br />

Angebote es gibt!<br />

de.driiveme.com · APP<br />

(kostenlos): DriiveMe<br />

PARKEN<br />

Behindertenparkplätze kartografisch erfassen<br />

Diese Applikation liegt uns ganz besonders am Herzen: Ihr Ziel ist es, alle Behindertenparkplätze in<br />

Frank reich kartografisch zu erfassen. Erstaunlicherweise existiert eine derartige Übersicht nämlich<br />

bis her nicht! Das soll Menschen mit eingeschränkter Mobilität und denjenigen, die sie befördern, das<br />

Leben erleichtern. Der Anstoß für diese Initiative kam von Vermessungsingenieuren. Besonders sympathisch<br />

daran ist, dass jeder von uns mitmachen kann, indem er die App herunterlädt und die Behin<br />

derten parkplätze, auf die er trifft, meldet. Die eingegebenen Informationen werden kartografisch<br />

e rfasst und in der Applikation angezeigt. Die Initiative ist noch relativ jung, wir setzen aber darauf, dass<br />

alle vorhandenen Behindertenparkplätze in Frankreich so schnell wie möglich ersichtlich sind!<br />

APP (kostenlos) Blue Parking<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Der Schauspieler und<br />

seine legendären Autos<br />

in MÜLHAUSEN,<br />

FRANKREICH<br />

Sonderausstellung !<br />

5. April bis<br />

5. November <strong>2023</strong><br />

musee-automobile.fr/de


ON ÉCOUTE<br />

KLASSISCHE GITARRE<br />

Thibault Cauvin: Bach<br />

Thibault Cauvin, 10 Titel, 52 Minuten, Sony Classical, <strong>2023</strong>, 16,99 € (CD)<br />

Thibault Cauvin ist ein weltweit bekannter und mit<br />

vielen Auszeichnungen bedachter Gitarrist, der in den<br />

renommiertesten Konzertsälen auftritt. Trotz allem ist er<br />

bescheiden geblieben. Sein neuestes Album ist ausschließlich<br />

der Musik von Bach gewidmet. Obwohl sich der Musiker<br />

während seines Musikstudiums bereits mit diesem großen<br />

Meister beschäftigte, wagte er es bisher nicht, dessen Musik<br />

auf der Gitarre zu interpretieren. Er sah sich persönlich « nicht<br />

dazu berechtigt », da sie für ihn « besonders erhaben und<br />

grandios » ist. Im Laufe seiner zwanzigjährigen Karriere erwarb<br />

sich der immer neugierige und sehr dynamische Gitarrist aus<br />

Bordeaux jedoch eine gewisse Gelassenheit und nahm sich<br />

nun diese Freiheit.<br />

Aufgenommen<br />

wurde die CD<br />

in einer kleinen<br />

Kapelle im<br />

grünen Périgord.<br />

Das Ergebnis verblüfft nicht nur durch die ungeheuer präzise<br />

Umsetzung, sondern auch durch die Emotion, die man beim<br />

Anhören verspürt. Es ist mehr als eine Adaptation, es stellt<br />

das Werk Bachs geradezu in den Kontext unserer heutigen<br />

Zeit. Und doch bleibt Thibault Cauvin dabei Bachs Musik treu.<br />

Wirklich ein großes Musikerlebnis!<br />

FRANZÖSISCHES CHANSON<br />

Christophe Maé: C’est drôle la vie<br />

Christophe Maé, 10 Titel, 33 Minuten, Warner/Parlophone,<br />

<strong>2023</strong>, 14,99 € (CD)<br />

Diese frische und mitreißende CD ist eine regelrechte<br />

Aufforderung zum Reisen und macht unweigerlich gute<br />

Laune. Die Musik ist eine gelungene Verbindung von<br />

Rhythmen, Klängen und Stimmen aus Mali, Benin und<br />

von den Kapverdischen Inseln. Der Titelsong C’est drôle la<br />

vie ist ein wunderschönes Duo mit Angélique Kidjo. Und<br />

weil das Leben in der Tat manchmal « merkwürdig » ist,<br />

fordert Christophe Maé uns mit diesem Album dazu auf,<br />

häufiger innezuhalten, « damit es anhält » (Les bougies).<br />

Mit zarter Stimme flüstert er uns ins Ohr: « Ich sehe mich<br />

durchs Fenster / Auf den Knien von Oma / Ich sehe mich<br />

am Hafen von Sète / Mit meiner Freundin … » Hört man<br />

dieser Mischung aus Lebensfreude und nostalgischen<br />

Erinnerungen zu, sagt<br />

man sich, dass das<br />

Leben nicht nur<br />

merk würdig,<br />

sondern<br />

auch<br />

ungeheuer<br />

schön ist!<br />

Ein musikalischer<br />

Glücksmoment!<br />

FRANZÖSISCHES CHANSON<br />

La Grande<br />

Sophie: La vie<br />

moderne<br />

La Grande Sophie, 12 Titel,<br />

35 Minuten, Universal Music/<br />

Barclay, <strong>2023</strong>, 16,99 € (CD)<br />

La Grande Sophie heißt eigentlich Sophie Huriaux.<br />

Mit ihrem neunten Album unterstreicht sie ihren<br />

Status als Grande Dame des französischen Chansons:<br />

vier Goldene Schallplatten, « Bühnenentdeckung »<br />

bei den Victoires de la Musique 2005, Bestes Album<br />

2013 für La Place du Fantôme. Die Künstlerin, der<br />

Themen rund um die französische Gesellschaft<br />

sehr am Herzen liegen, blickt mit dieser CD sensibel<br />

und treffend zurück auf die Zeit der Lockdowns<br />

und auf das dringende Bedürfnis, sich wieder mit<br />

anderen zu treffen, das die Menschen in der Folge<br />

des « Eingesperrtseins » verspürten (Ensemble).<br />

Weitere Themen sind die Einsamkeit, die sich hinter<br />

der Oberfläche der sozialen Netzwerke und unserem<br />

von Smartphones dominierten Leben verbirgt (La<br />

vie moderne), und die Schönheit, die in der Vielfalt<br />

liegt: « Ich ziehe Leute vor, die mit bloßen Händen die<br />

Felsen emporklettern / Die sich die notwendige Zeit<br />

nehmen, um die Gipfel zu erreichen » (Vulgaire). Das<br />

Album ist persönlich und allgemeingültig zugleich,<br />

sehr aktuell, kurz: ein Zeugnis unserer Zeit.<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Wir machen Lust auf ARTE<br />

Mit uns finden Sie Ihre persönlichen ARTE-Highlights<br />

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040 – 3007 4000


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Ille-et-Vilaine<br />

Saint-Malo<br />

von einer kuriosen Seite<br />

–<br />

Die Felsskulpturen des<br />

Abbé Fouré<br />

Es gibt einige kuriose Orte in Frankreich, die ihren Ruf der blühenden Fantasie eines kreativen<br />

Schöpfers – oftmals ein Autodidakt – verdanken. Zwei der bekanntesten Beispiele dafür sind der<br />

Palais idéal des Facteur Cheval in Hauterives (Drôme) und das Maison Picassiette in Chartres (Eure-et-Loire).<br />

Aber es sind nicht die Einzigen. In der Bretagne, östlich von Saint-Malo (Ille-et-Vilaine),<br />

Richtung Cancale, versteckt sich im Viertel Rothéneuf ein solcher Ort, der zwar weniger<br />

bekannt, aber ebenso ausgefallen und bewegend ist: Les Rochers Sculptés. Hier meißelte Abbé<br />

Fouré (1839-1910) ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in seinen 16 letzten Lebensjahren geduldig<br />

und mit großer Hartnäckigkeit Hunderte Gesichter, Monster, Tiere und ungewöhnliche Gestalten<br />

direkt in das Felsgestein. Das überraschende Werk des Künstlers zeugt von einem nicht zu verleugnenden<br />

Talent, das niemanden unberührt lässt.<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 23


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Ille-et-Vilaine<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Der Küstenvorsprung bei Rothéneuf in Saint-Malo<br />

ist eines dieser kleinen « Enden der Welt », von denen<br />

es an den bretonischen Gestaden einige gibt.<br />

Als wir uns mit dem Auto der Stätte Les Rochers Sculptés nähern,<br />

sagen wir uns, dass in den letzten Jahrzehnten wohl<br />

einige Gebäude hinzugekommen sind. Dennoch fügen sich<br />

die solide aus Granit gebauten Häuser im typischen Stil der<br />

hiesigen Architektur harmonisch in die Landschaft ein. Kein<br />

Vergleich mit der oft exzessiven Urbanisierung an der Côte<br />

d’Azur. Davon ist man hier weit entfernt. Die Küstenlandschaft<br />

hat zu weiten Teilen immer noch ihr wildes und ursprüngliches<br />

Aussehen, was neben Crêpes und Galettes zu<br />

den Dingen gehört, auf das die Bretonen so stolz sind. Und<br />

das nicht zu Unrecht. Je mehr wir uns unserem Ziel nähern,<br />

desto mehr bestätigt sich der Eindruck. Dort angekommen,<br />

passieren wir das bescheidene Holzhaus, in dem die Eintritts<br />

tickets verkauft werden und befinden uns an einem ursprünglichen<br />

Ort, an dem man spezifische Einrichtungen,<br />

Schilder oder Absperrungen vergebens sucht. Lediglich ein<br />

kleiner Pfad schlängelt sich durch hübsch gestutzte Büsche.<br />

Wir folgen ihm, bis sich uns plötzlich ein atemberaubender<br />

Ausblick auf die unendliche Weite des Meeres bietet. Dabei<br />

vergessen wir beinahe, dass wir uns gerade über besondere<br />

Felsen bewegen, die heute ein Freilichtmuseum darstellen,<br />

das in seiner Art ungewöhnlich und ergreifend ist. Wir befinden<br />

uns in einem Skulpturengarten, der von einem zurückgezogen<br />

lebenden Künstler, einem Autodidakten und<br />

außergewöhnlichem Menschen kreiert wurde: Abbé Fouré.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 25


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Ille-et-Vilaine<br />

« lch muss etwas bewegen »<br />

Adofe Fouéré, später Abbé Fouré, erblickt am 4. September<br />

1839 « um sechs Uhr morgens » im kleinen bretonischen<br />

Dorf Saint-Thual, zwischen Rennes (Ille-et-Vilaine)<br />

und Saint-Malo, das Licht der Welt. Er durchläuft<br />

einen alles in allem klassischen Werdegang in der Kirche,<br />

tritt in Rennes ins Priesterseminar ein und wird schon in<br />

relativ jungen Jahren, mit vierundzwanzig, zum Priester<br />

geweiht. Seine Laufbahn als Vikar in mehreren Pfarreien<br />

der Gegend beginnt in der Gemeinde Paimpont, wo er<br />

sein Amt in einem eher ungewöhnlichen Umfeld ausübt,<br />

nämlich in der Kapelle Saint-Éloi des Forges. Diese befindet<br />

sich mitten auf dem Gelände eines großen Unternehmens<br />

namens Forges de Paimpont, dessen Aktivität knapp<br />

300 Familien ernährt. Die Tätigkeit hier ist vermutlich<br />

der Auslöser dafür, dass der Priester eine soziale Ader<br />

entwickelt und sich für die Bedingungen der Arbeiter<br />

interessiert. Mehrere historische Quellen, die sich mit seinem<br />

Leben beschäftigen, berichten, Abbé Fouré habe sich<br />

1865, als ein Streik die Produktion lahmlegte – ein für<br />

die damalige Zeit absolut seltenes Ereignis – gegenüber<br />

dem Eigentümer der Anlage, dem Haus Orléans, für die<br />

Interessen der Arbeiter eingesetzt. In der Folge wird der<br />

Priester mehrmals versetzt und lernt auf diese Weise die<br />

Pfarreien der Gegend kennen. Es ist bekannt, dass er sich<br />

in Langoüet stark für die Gründung einer Pfarrschule engagiert<br />

und damit auch ein Bekenntnis zum Schulwesen<br />

abgibt. In Langouët machen sich bei ihm jedoch die ersten<br />

Anzeichen einer Schwerhörigkeit bemerkbar, die sich zu<br />

einem immer größeren Handicap entwickeln wird. Als<br />

er im Jahr 1894 an einer Gemeinderatssitzung teilnimmt,<br />

hält man das Problem sogar im Protokoll fest. Vermutlich<br />

ist Abbé Fouré von dieser körperlichen Schwäche peinlich<br />

berührt, sodass er trotz des Wunsches seiner Schäflein,<br />

er möge doch bleiben, sein Amt in Langoüet aufgibt. Im<br />

Alter von 55 Jahren landet er also nochmals in einer neuen<br />

Pfarrei: in Rothéneuf. Wie es seiner Persönlichkeit entspricht,<br />

zieht er in ein einfaches, unscheinbares Haus in<br />

der Rue des Roches. Rothéneuf ist jedoch klein, dem Ort<br />

fehlt jede Dynamik. Als der Geistliche ankommt, leben<br />

dort gerade einmal 460 Einwohner. Die Schwerhörigkeit<br />

hat allerdings nichts daran geändert, dass der Kirchenmann<br />

immer noch das Leben und den Gedankenaustausch<br />

mit anderen liebt. Er ist nach wie vor ein fröhlicher<br />

Pfeifenraucher und Genießer, seinen Mitmenschen und<br />

Welt gegenüber offen. Im Übrigen interessiert er sich<br />

ausgesprochen stark für das aktuelle Geschehen und verschlingt<br />

geradezu die Zeitungen. In gewisser Weise ist er<br />

von Rothéneuf etwas enttäuscht. In einem am 28. August<br />

1905 veröffentlichten Interview in der Zeitung L’ éclair 1<br />

spricht er darüber, dass er sich langweilt: « Der Sonntag<br />

im Dienst der Pfarrei […] ist nicht wirklich eine ausreichende<br />

Beschäftigung […] Ich muss etwas bewegen. » Das<br />

Holz und die Granitfelsen von Rothéneuf werden ihm die<br />

Gelegenheit dazu geben …<br />

Der Priester als Holzschnitzer<br />

Es ist schwierig, genau zu sagen, wann und warum<br />

Abbé Fouré mit der Bildhauerei beginnt; vermutlich ist<br />

das bereits der Fall, als er noch im Priesterseminar ist.<br />

Die Bewohner von Rothéneuf müssen auf jeden Fall<br />

nicht lange warten, bis sie seltsame, aus Holz geschnitzte<br />

Köpfe sehen, welche über die Gartenmauern seines Hauses<br />

ragen. Es sind offensichtlich Tiere mit verzerrten Gesichtern<br />

oder Monster, die geradewegs der Fantasie ihres<br />

Schöpfers entsprungen zu sein scheinen. Insofern dauert<br />

es nicht lange, bis man den eigenartigen und « stillen »<br />

Menschen – Letzteres war sicherlich zum Großteil seiner<br />

Hörbehinderung geschuldet – im Dorf als Einsiedler<br />

betrachtet. Dabei steht die Tür seines Hauses Besuchern<br />

immer offen. Das Gespräch mit seinen Mitmenschen,<br />

das er nach wie vor so liebt, gestaltet sich durch die<br />

Schwerhörigkeit aber immer schwieriger. Doch egal:<br />

Abbé Fouré findet immer ein Mittel, sich verständlich zu<br />

machen und verstanden zu werden. Das beginnt mit einem<br />

ganz einfachen Mittel: laut sprechen! Das erzielt vor<br />

allem bei Kindern eine nachhaltige Wirkung und drückt<br />

ihm letztendlich noch mehr den Stempel des « Sonderlings<br />

» auf, ein Image, das ihm im Grunde gar nicht entspricht.<br />

In seiner « Eremitage » widmet sich Abbé Fouré<br />

auf jeden Fall unablässig dem Holzschnitzen. Innerhalb<br />

weniger Jahre kreiert er mehr als 200 Werke mit teilweise<br />

riesigen Abmessungen, ein wahres Sammelsurium.<br />

Überall in Haus und Garten zeugen Treibholz, Baumstümpfe<br />

und Stücke von Holz zum Heizen von der überbordenden<br />

Kreativität des Hausherrn. Die meisten Teile<br />

sind bemalt, oft in leuchtenden Farben, und rufen bei<br />

den Besuchern unweigerlich Bewunderung hervor. Obwohl<br />

der Kirchenmann diese Tätigkeit niemals gelernt<br />

hat, verwandelt er das kleinste Stückchen Holz, das er<br />

zwischen die Finger bekommt, in eine kleine Skulptur.<br />

Keiner weiß, was ihn zu all seinen Werken inspiriert.<br />

Offensichtlich sind es einerseits populäre Darstellungen<br />

von Monstern oder bretonischen Heiligen, andererseits<br />

aktuelle Nachrichten aus den Zeitungen, vor allem<br />

Nachrichten aus den französischen Kolonien.<br />

1<br />

Siehe: L’Abbé Fouré et les rochers sculptés de Rothéneuf, Yannick Pelletier, Éditions Les Rochers Sculptés, 2014, 40 Seiten, 9 €, auch vor Ort erhältlich.<br />

Vorhergehende Doppelseiten und rechts: Man schätzt, dass Abbé Fouré an diesem Ort circa 300 Skulpturen ins Felsgestein meißelte.<br />

Alle entsprangen seiner Fantasie, und jedem ist freigestellt, sie zu interpretieren. Unter den Skulpturen ist eine, die wie ein großes Bild<br />

in einem Rahmen aussieht. Die einen meinen, rechts « einen französischen Matrosen, der einen Chinesen an den Zöpfen zieht » zu<br />

erkennen, andere wiederum « einen Mann, der seine Ehefrau ungeniert verprügelt ». Die wahre Bedeutung, kannte nur Abbé Fouré …<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 27


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Ille-et-Vilaine<br />

Der Priester als Felsenbildhauer<br />

Nach der « Holzphase » wendet Abbé Fouré sich dem<br />

Material Stein, genauer gesagt dem Granit, zu. Auch in<br />

dieser Beziehung weiß man weder, was ihn auf die Idee<br />

bringt, an der nahe gelegenen Küste Felsen zu behauen,<br />

noch wann er genau damit beginnt. Auf jeden Fall scheint<br />

es so, dass er seine verrückte Idee zunächst an der Pointe<br />

du Christ umsetzt, wo die ersten Felsenskulpturen entstehen.<br />

Am Küstenvorsprung zwischen dem hübschen Plage<br />

du Val und der offiziellen Stätte Les Rochers Sculptés, dort<br />

wo heute ein Kreuz steht, kann man noch immer Zeugnisse<br />

dieser Kreationen entdecken. Obwohl sie im Laufe<br />

der Zeit leider von der Gischt beziehungsweise von unvorsichtigen<br />

Wanderern beschädigt wurden, sind nach wie<br />

vor Gesichter, Tiere und anderen Formen zu erkennen.<br />

Inzwischen werden diese teilweise rätselhaften Gestalten<br />

glücklicherweise vom Verein Les amis de l’œuvre de l’Abbé<br />

Fouré (siehe Infobox) restauriert und geschützt. Der<br />

weitaus größere Teil der Skulpturen befindet sich jedoch<br />

im eingangs erwähnten Skulpturengarten, genannt Les<br />

Rochers Sculptés, der nur wenige Hundert Meter entfernt,<br />

am nächsten Küstenvorsprung La Haye liegt. Hier nutzt<br />

Abbé Fouré das sanft zum Meer hin abfallende Gelände<br />

und vermutlich auch die Gunst der Eigentümer des Ortes,<br />

die in gewisser Weise Pioniere der Art brut sind und das<br />

künstlerische Talent des Geistlichen erkennen. Nach Herzenslust<br />

kann er sich hier seiner Kunst hingeben und mit<br />

Hammer und Meißel unzählige Steinfiguren schaffen, die<br />

uns noch heute in Staunen versetzen.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Oben links eine Postkarte aus dem Jahr 1909 mit einem Foto des Priesters, der seinen Gesprächspartnern immer wieder erklärte, dass er zunächst<br />

die Felsen lange betrachtete, um ein Motiv für eine Skulptur zu erkennen. Anschließend begann er geduldig und mit großer Vorsicht seine<br />

bildhauerische Arbeit, die angesichts der Lage der Felsen, die Wind und Wetter des bretonischen Klimas ausgesetzt sind, nicht immer einfach war.<br />

Werke eins mit der Natur<br />

Am Eingang der Rochers Sculptés wird man von einem<br />

riesigen Gesicht begrüßt, das man unmöglich übersehen<br />

kann. Es trägt den Namen Gargantua und zieht sofort die<br />

Aufmerksamkeit auf sich, man könnte beinahe Angst bekommen!<br />

Und es ist bei Weitem nicht das Einzige: Nur wenige<br />

Meter unterhalb, machen drei weitere Gesichter, diesmal<br />

im Profil, den Besucher ebenso perplex. Ihr Ausdruck<br />

ist eigenartig. Man weiß nicht, ob sie ein wohlwollendes Lächeln<br />

oder gar Lachen ausdrücken oder im Gegenteil Furcht<br />

einflößen sollen. Dennoch überwiegt die Ausstrahlung dieser<br />

Kunstwerke, die den Betrachter sofort in ihren Bann ziehen.<br />

Die Gesichter sind keine Statuen, die der Künstler dort<br />

platziert hat, wie man zunächst vielleicht vermuten könnte,<br />

Abbé Fouré meißelte sie direkt vor Ort in das Gestein, wobei<br />

er sich von den natürlichen Formen leiten ließ. Die Art, wie<br />

hier aus dem natürlichen Element ein Werk kreiert wurde,<br />

ist verblüffend. Und noch verblüffter ist man, wenn man sich<br />

weiter in Richtung Meer bewegt und entdeckt, wie quasi aus<br />

jeder Felsspalte Personen, Gesichter, Monster, Tiere hervorzuspringen<br />

scheinen. Angesichts dieser Überfülle weiß das<br />

Auge gar nicht, wohin es zuerst blicken soll. Ist man dann<br />

an den Felsen direkt am Meer angelangt, ist man nahezu<br />

erstaunt, keine Figuren mehr zu entdecken, und sucht weiter<br />

… als sei man ein Kind, das an Ostern Eier sucht …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 29


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Ille-et-Vilaine<br />

Ein gar nicht so realitätsfremder Eremit<br />

Eines ist sicher: Hält man sich die Konfiguration des<br />

Ortes direkt am Meer vor Augen, wird klar, dass die kreative<br />

Arbeit des Abbé Fouré über ihre Genauigkeit hinaus,<br />

eine schwierige Arbeit war, denn die bretonischen Winter<br />

sind nicht gerade als besonders mild bekannt. Daher<br />

macht sich der Künstler seinerzeit auch zurecht Sorgen um<br />

den Zustand seiner Werke, denen die äußeren Bedingungen<br />

zu schaffen machen: Jedes Jahr im Frühjahr inspiziert<br />

er den Zustand der bestehenden Skulpturen, entfernt hier<br />

Flechten, erneuert da eine Farbschicht. Die meisten der<br />

Steinfiguren sind nämlich bemalt, wobei die Gischt dafür<br />

sorgen wird, dass irgendwann davon nicht die geringste<br />

Spur mehr zu sehen ist. Zu dieser besonderen – und notwendigen<br />

– Achtsamkeit, die der Künstler seinen Werken<br />

schenkt, an denen er sehr hängt, gesellt sich im Übrigen<br />

etwas, das man heute als einen bereits früh entwickelten<br />

Sinn für Tourismusmarketing bezeichnen würde. Zahlreiche<br />

Zeitungsartikel und Fotos zeugen davon, dass die<br />

Zahl seiner Bewunderer bald in die Tausende geht (angeblich<br />

allein 30 000 Besucher im Jahr 1906), die oft von sehr<br />

weit herkommen, um die geheimnisvollen « behauenen<br />

Felsen des Eremiten von Rothéneuf » zu bewundern …<br />

Ein Eremit, der offensichtlich seinen Realitätssinn bewahrt<br />

hat, denn er akzeptiert gerne die Angebote diverser<br />

Verlage, Postkarten seiner Werke zu drucken. Die Zahl<br />

geht in die Tausende. Wie realitätsnah er ist, zeigt sich<br />

auch daran, dass er auf einigen Karten eigenhändig den<br />

Vermerk « Die einzige vom Einsiedler genehmigte Kollektion<br />

» anbringt, den er mit seiner Unterschrift « A. Fouré »<br />

ergänzt. Auf diese Weise will er Fälschungen vorbeugen!<br />

Solche Karten, die seinerzeit in die ganze Welt versandt<br />

wurden, haben heute Sammlerwert! Abgesehen vom absolut<br />

ungewöhnlichen Aspekt dieser Stätte behalten wir vor<br />

allem die berührende Geradlinigkeit der Figuren in Erinnerung.<br />

Es ist offensichtlich, dass sich Abbé Fouré hier<br />

übertroffen hat. Er, der keinerlei künstlerische Ausbildung<br />

genossen hatte, ließ hier seiner Fantasie freien Lauf. Allein<br />

vom Willen angetrieben, schuf er ein Universum, das die<br />

Menschen heute noch beeindruckt. Jeder ist frei darin,<br />

das zu sehen, was er möchte: einen Bezug zur religiösen<br />

Kunst oder zu Ereignissen der damaligen Zeit, vielleicht<br />

auch ganz einfach eine sehr persönliche Erinnerung an<br />

Märchen aus der Kindheit … Durch diese Fähigkeit, in<br />

jedem von uns eine Vorstellung hervorzurufen, offenbart<br />

sich Abbé Fouré unbestritten als großer Künstler. Eines ist<br />

auf jeden Fall sicher: Sein Werk wird auch weiterhin die<br />

Menschen überraschen! Sie glauben es nicht? Fahren Sie<br />

nach Saint-Malo, dann werden Sie es sehen!<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Themenweg Au temps de l’Ermite de<br />

Rothéneuf dans les années 1900<br />

Der Verein Les amis de l’œuvre de l’Abbé Fouré wurde 2010<br />

gegründet und ist unabhängig von der Stätte Les Rochers<br />

Sculptés. Der Verein kümmert sich aktiv um den Schutz dieses<br />

bretonischen Kulturguts und hat es sich zum Ziel gesetzt,<br />

die Felsenskulpturen zu erhalten. Er hat einen 4,3 km langen<br />

Rundweg angelegt, der auf sympathische Weise den Spuren<br />

des Abbé Fouré in Rothéneuf folgt. Die Strecke führt aber<br />

nicht nur durch die Straßen des Viertels, sondern umfasst<br />

auch reizvolle Abschnitte entlang der Felsenküste mit sehr<br />

schönen Panoramablicken. Es gibt 12 Etappen, die jeweils<br />

durch einen Steinpfosten markiert sind, auf dem sich ein QR-<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

Code befindet, über den man weitere Informationen über den<br />

Ort und die Geschichte abrufen kann. Die Route passiert die<br />

beiden Orte, an denen Abbé Fouré die Felsen behauen hat<br />

und die nur einige hundert Meter voneinander entfernt sind:<br />

La Pointe du Christ (frei zugänglich, mit einigen Skulpturen,<br />

die von freiwilligen Helfern des Vereins instand gehalten<br />

werden) und Les Rochers Sculptés (eine private Stätte, die<br />

besichtigt werden kann, wo sich der Großteil der Skulpturen<br />

befindet). Am Informationszentrum des Vereins (26 avenue<br />

de la Varde) steht der erste Infopfosten. Dort gibt es auch<br />

Parkmöglichkeiten. Informationen über den Weg und die<br />

lobenswerte Arbeit, die der Verein für das Andenken an die<br />

Arbeit des Abbé Fouré sowie für die Art brut in der Bretagne<br />

leistet: www.rochersrotheneufartbrut.com.<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

Saint-Malo …<br />

… Berlin 1381 km … Hamburg 1223 km<br />

… Köln 818 km … Frankfurt 982 km<br />

… München 1238 km … Wien 1647 km<br />

… Zürich 970 km … Paris 403 km<br />

… Saint-Brieuc 74 km … Rennes 70 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Rennes-Bretagne<br />

(76 km).<br />

Der Bahnhof von Saint-Malo ist an das<br />

TGV-Netz angeschlossen.<br />

Les Rocher Sculptés<br />

16, chemin des Rocher Sculptés<br />

Quartier de Rothéneuf<br />

35400 Saint-Malo<br />

Telefon: +33 (0)2 99 56 23 95<br />

www.st-malo.com/tourisme/rocherssculptes<br />

Die Stätte ist täglich von 9.00 bis<br />

12.30 Uhr und von 14.00 bis 17.30 Uhr<br />

geöffnet. Außerhalb der Schulferien<br />

mittwochs geschlossen.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 33<br />

Palais Idéal du Facteur Cheval,<br />

die Kraft eines Traumes (847 km<br />

entfernt)<br />

Zwischen Lyon und Valence im<br />

Departement Drôme steht<br />

eines der kuriosesten<br />

Bauwerke Frankreichs: der<br />

ideale Palast des Briefträgers<br />

Cheval. Es ist das Werk eines<br />

einzigen Mannes, eines<br />

einfachen Postboten, der<br />

damit zeigt, was Kreativität<br />

und Entschlossenheit<br />

bewirken können. Ein Fantasiepalast, dessen<br />

Architektur keinem bestimmten Stil folgt, der<br />

heute aber als Kunstwerk anerkannt ist und<br />

seinem Erbauer posthum Ruhm beschert.<br />

Eintritt: 2,50 €, Kinder unter 10 Jahren<br />

haben freien Eintritt.<br />

Wenn Sie sich für das Werk von Abbé<br />

Fouré interessieren, legen wir Ihnen<br />

den Besuch beider Orte ans Herz, da<br />

diese keine Konkurrenz darstellen,<br />

sondern sich optimal ergänzen.<br />

Bei der größeren Stätte Les Rochers<br />

Sculptés gibt es am Eingang Brest einen<br />

kostenlosen Parkplatz.<br />

Man kann sich hier völlig frei<br />

bewegen, es gibt Ile keine de Sein besonderen<br />

Wege. Insofern ist festes Schuhwerk Quimper<br />

dringend empfohlen. Pointe Aufgrund der<br />

natürlichen Gegebenheiten du Raz ist der<br />

Skulpturengarten für Menschen mit<br />

eingeschränkter Mobilität und für<br />

Kinderwagen nicht geeignet. Planen<br />

Sie 30 bis 60 Minuten für den Besuch<br />

ein, um die Skulpturen in Ruhe<br />

betrachten zu können oder eine kleine<br />

Pause einzulegen und die Landschaft<br />

zu genießen. Da die behauenen Felsen<br />

in keiner Weise geschützt sind, sollte<br />

man besonders aufpassen, wohin man<br />

tritt.<br />

N165/E60<br />

Lannion<br />

N12/E50<br />

Saint-Brieuc<br />

N164<br />

Lorient<br />

Quiberon<br />

D768<br />

Vannes<br />

N12/E50<br />

N165/E60<br />

Saint-Malo<br />

N24<br />

La Baule<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

St. Nazaire<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 83<br />

Mont Saint-Michel, die Geheimnisse des Gefängnisberg<br />

(56 km entfernt)<br />

Das Betreten des felsigen Eilands ist nach wie vor ein be -<br />

son deres Erlebnis. Kein Zweifel, das « Wunder des Wes -<br />

tens » hat nichts von seiner magischen An ziehungs<br />

kraft auf Touristen und Pilger verloren. Die<br />

Kehrseite des Erfolges ist jedoch, dass die Be sichtigung<br />

eines solchen Anziehungspunktes oft mals<br />

einem « touristischen Pflichtprogramm » gleicht,<br />

das keine Gelegenheit für wirkliche Ent deck un gen<br />

bietet. Dabei ist es durchaus mög lich, sich für eine<br />

ganz andere, vielfach un be kann te Seite des Mont<br />

Saint-Michel zu interessieren: die Zeit, in der der Mont ein Gefängnis war, als<br />

das ehemalige Benediktinerkloster in eine der bedeutendsten Haftanstalten<br />

Frankreichs verwandelt worden war. Ein Thema, um ausgetretene<br />

Touristenpfade zu verlassen und diesen be son deren Ort unter einem ganz<br />

neuen und packenden Blickwinkel zu entdecken<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 82.<br />

A84<br />

A83<br />

Montalivet<br />

A11<br />

Nantes<br />

L<br />

Le Porge<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 31<br />

B<br />

Cap-Ferret


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Seine-Maritime<br />

Armada de<br />

Rouen <strong>2023</strong><br />

Treffpunkt der größten Segelschiffe der Welt<br />

Vom 7. bis 18. Juni <strong>2023</strong> findet in Rouen (Normandie)<br />

die 8. Ausgabe der Armada statt, des bedeutendsten<br />

Treffens großer Segelschiffe auf der Welt.<br />

Mit rund sechs Millionen Besuchern ist es eines der<br />

größten Ereignisse in Frankreich! Zu dem zehntägigen<br />

Rendezvous werden 43 Schiffe und knapp<br />

7000 Seeleute aus mehr als 30 Nationen erwartet.<br />

Das Ereignis, das im Übrigen nur alle vier bis fünf<br />

Jahre stattfindet, ist jedes Mal ein riesiges Volksfest,<br />

das fest in der Kultur der Menschen und der<br />

Region verankert ist. Wenn Sie die Gelegenheit<br />

haben, es zu besuchen, sollten Sie es nicht versäumen!


Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 33


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Seine-Maritime<br />

Am 7. Juni <strong>2023</strong> werden sich die Menschen auf den<br />

Quais am Seine-Ufer in Rouen drängen, denn<br />

dann beginnt die diesjährige Ausgabe der Armada.<br />

Zu diesem großen Ereignis kommen jedes Mal Millionen<br />

Besucher, um zu feiern und die prächtigen Schiffe zu bestaunen.<br />

Das kommt nicht von ungefähr! Zehn Tage lang<br />

verwandelt sich die « Stadt der 100 Kirchtürme », die einer<br />

ihrer berühmtesten Söhne, Gustave Flaubert (1821-1880),<br />

in seinen Romanen als so ruhig und unspektakulär beschrieb,<br />

anlässlich einer fantastischen Zusammenkunft von<br />

Segel- und Kriegsschiffen in eines der größten Volksfeste<br />

des Landes. Zehn Tage lang erfahren die Hafenquais und<br />

die ehrwürdigen Pflasterstraßen mit ihren Fachwerkhäusern<br />

im berühmten mittelalterlichen Stadtviertel von 10<br />

Uhr morgens bis 2 Uhr nachts eine regelrechte Verjüngungskur.<br />

Dann kann man beeindruckende und majestätische<br />

Riesenschiffe bewundern und besichtigen – und<br />

zwar kostenlos! –, während an Bord und an Land unzählige<br />

Konzerte, Apéros und Feste stattfinden. Diese Gelegenheit<br />

wird sich kaum einer der Bewohner der Stadt entgehen<br />

lassen, denn darauf musste man vier Jahre warten! Während<br />

der Armada gilt der Wahlspruch « Feiern regiert die<br />

Stadt », dann wird Rouen schon rein optisch nicht mehr<br />

von ihrem Symbol, der Kirchturmspitze, dominiert, sondern<br />

von den Masten der « Giganten der Meere » aus aller<br />

Welt.<br />

Unbekannte Schwimmobjekte<br />

Die Geschichte der Armada de Rouen, dieses beispiellosen<br />

Ereignisses, begann in den 1980er-Jahren. Jean<br />

Lecanuet (1920-1993), der damalige Bürgermeister der<br />

Stadt, war wie viele seiner Amtskollegen in anderen Hafenstädten<br />

des Hexagons auf der Suche nach einer zündenden<br />

Idee, um die lange Jahre vernachlässigten Quais<br />

am Hafen von Rouen wieder mit Leben zu erfüllen. Pa-<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


trick Herr, einer seiner Stellvertreter, machte damals den<br />

überraschenden Vorschlag, ein Bootsrennen zwischen<br />

Rouen und New York zu veranstalten, da es 1986 genau<br />

100 Jahre her war, dass die Freiheitsstatue – ein Geschenk<br />

Frankreichs an die Vereinigte Staaten – verschifft wurde.<br />

Eine Gelegenheit also, daran zu erinnern, dass die Fregatte<br />

L‘Isère mit der die Statue den Atlantik überquerte,<br />

im Hafen von Rouen gestartet war. Dem Bürgermeister<br />

gefiel diese unerwartete Idee. Nachdem man einige Partner<br />

« ins Boot geholt » hatte, starteten 1989 acht Schiffe zu<br />

einer Regatta, die den Namen Les Voiles de la Liberté (die<br />

Segel der Freiheit) trug, was insofern passend war, da sich<br />

in diesem Jahr die Französische Revolution zum 200. Mal<br />

jährte. Zur allgemeinen Überraschung ließen sich die Besucher<br />

nicht bitten, sondern kamen in großer Zahl – und<br />

das, obwohl die von der Stadt lange Zeit vernachlässigte<br />

Zone am Hafen weder in bestem Zustand noch verkehrsberuhigt<br />

war. Die Organisatoren warteten aber auch mit<br />

einigen Einfällen auf, um die Menschen anzuziehen: Um<br />

aus der Veranstaltung ein Fest zu machen, planten sie abgesehen<br />

von einem großen Umzug nach amerikanischem<br />

Vorbild – mit Cabriolets, Majoretten und Konfetti – ein<br />

humorvolles Wettrennen « unbekannter Schwimmobjekte<br />

». Letzteres gefiel so gut, dass dies seitdem eines der<br />

meisterwarteten Ereignisse jeder Armada ist: Das Rennen<br />

heißt nun Grande Pagaille und ist die traditionelle Eröffnungsveranstaltung,<br />

bevor die großen Schiffe ankommen.<br />

Fantasie und Humor sind keine Grenzen gesetzt, und so<br />

überqueren « schwimmende Objekte », eines verrückter<br />

als das andere, die Seine. Für Lachsalven ist gesorgt!<br />

Nachdem die ersten Voiles de la Liberté 1989 ein echter<br />

Publikumserfolg waren, beauftragte Jean Lecanuet seinen<br />

Stellvertreter, eine weitere Ausgabe der Veranstaltung zu<br />

planen. Diese fand 1994 statt und hieß damals Armada de<br />

la Liberté, um den 50. Jahrestages der Landung der Alliierten<br />

in der Normandie zu feiern. Ab diesem Zeitpunkt war<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 35


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Seine-Maritime<br />

es kein Wettrennen mehr, sondern ein Treffen: 28 große<br />

Segelschiffe, 17 Militärschiffe und rund 20 Windjammer<br />

legten an den in der Zwischenzeit frisch renovierten<br />

Quais der Stadt an. Am 14. Juli fand ein großer Umzug<br />

mit 1500 Matrosen statt und – eine weitere Neuheit – es<br />

gab erstmals kostenlose Konzerte, die sich in der Folge<br />

zu einem der Markenzeichen der Armada entwickelten.<br />

Wiederum war die Veranstaltung ein Volltreffer, sodass<br />

eine weitere Ausgabe ins Auge gefasst wurde. 1999 war<br />

es so weit: Mit der Armada du Siècle wurde das Ende des<br />

zweiten Jahrtausends gefeiert. Die folgenden Ausgaben<br />

(2003, 2008, 2013 und 2019) – eine erfolgreicher als die<br />

andere – trugen schließlich den offiziellen Namen Armada<br />

de Rouen.<br />

« Hoffentlich ist es bald so weit,<br />

damit wir wieder feiern können! »<br />

Liegt es daran, dass die Bewohner der Normandie –<br />

vor allem natürlich die von Rouen – von einer Armada<br />

bis zur nächsten immer vier oder mehr Jahre warten<br />

müssen? Stellen Sie den Menschen in der Stadt eine<br />

Frage zu « ihrer » Armada – denn man muss wissen,<br />

dass man hier nicht ohne einen gewissen Stolz von einem<br />

lokalen Ereignis spricht – dann werden Sie sofort<br />

bemerken, wie zunächst die Augen aufleuchten, bevor<br />

die Antwort in der Regel auf sympathische Art in zwei<br />

Teilen gegeben wird: Zunächst scheint jeder von einer<br />

gewissen Nostalgie übermannt zu werden: « Ah, die Armada!<br />

Seit ich Kind bin, besuche ich sie, meine Eltern<br />

nahmen meine Geschwister und mich immer dorthin<br />

mit. Das sind tolle Erinnerungen! » Oder auch: « Die<br />

letzte Ausgabe war richtiggehend genial! Wir haben<br />

tolle Sachen gesehen! Noch niemals zuvor habe ich so<br />

schöne Segelschiffe und ein solches Feuerwerk gesehen! »<br />

Um dann die Erinnerung an die Vergangenheit mit einem<br />

Schlag wegzuwischen und – mit einer offensichtlichen<br />

Vorfreude – den Blick in die Zukunft zu richten:<br />

« Hoffentlich ist es bald so weit, damit wir wieder feiern<br />

können! » Feiern, Fest! Diese Worte kommen über<br />

alle Lippen! Das scheint zweifellos einer der Antriebe<br />

der Armada zu sein! Wie muss man sich dieses « Fest »<br />

vorstellen, wenn man es nicht kennt? Klar ist, dass die<br />

Armada ein riesiges Treffen großer Schiffe ist: 43 an der<br />

Zahl im Jahr <strong>2023</strong>, das ist fraglos spektakulär, vor allem<br />

mitten in der Stadt. Die Schiffe sind auf einer Länge von<br />

3,5 Kilometern an beiden Seiten des Seine-Ufers vertäut.<br />

Aber reicht das für ein Fest aus? Der Leiter der Armada<br />

ist in dieser Beziehung kaum zu bremsen: « Man muss<br />

die Armada einmal miterleben, um zu verstehen, warum<br />

es vor allem das riesige Volksfest ist, das ihren Erfolg<br />

ausmacht », erklärt uns Jean-Paul Rivière, einer der bedeutendsten<br />

Unternehmer der Region und im Übrigen<br />

selbst ein begeisterter Segler. « Erst kürzlich sagte mir<br />

der Bürgermeister von Dünkirchen, dass sie den Karneval<br />

und wir die Armada hätten. Und damit hat er genau<br />

den Kern der Sache getroffen: Bei beiden Veranstaltungen<br />

sind die Feste in der Familie oder mit Freunden ein<br />

zentrales Element. Man amüsiert sich, lacht, singt, tanzt<br />

oder kommt, wie in Rouen, ganz einfach ins Träumen,<br />

wenn man die fantastischen Segelboote besichtigt. Das<br />

tut unglaublich gut! » Und alle, die man trifft, können<br />

diese Aussage nur bestätigen. Eines ist klar: Die Armada<br />

ist DAS Fest, auf das alle warten!<br />

Vielfalt ist Programm!<br />

Folglich erstaunt es auch nicht, dass man in der Stadt<br />

bereits Monate vor der offiziellen Eröffnung der Armada<br />

nur ein Thema kennt: das Programm! Zugegeben, man<br />

spricht nicht nur davon, man arbeitet selbstverständlich<br />

auch daran. Und das schon sehr früh, wie generell<br />

an der ganzen Organisation. Hinter dem Event steht<br />

eine « Flotte » – um in der Seemannssprache zu bleiben<br />

– von freiwilligen Helfern. 50 arbeiten kontinuierlich<br />

an der kommenden Auflage, 400 weitere sind während<br />

des Festes im Einsatz. Im Allgemeinen sind die meisten<br />

von einer Armada zur nächsten immer wieder dabei.<br />

« Wir haben die Armada im Blut! », erklären viele. Dabei<br />

steht die Organisation der eines großen Unternehmens<br />

in nichts nach, denn es gibt insgesamt zehn Kommissionen<br />

(Vertrieb, Sicherheit, Empfang, juristische Fragen,<br />

Technik, Animationen, Umwelt …), die effizient und optimal<br />

zusammenarbeiten. « Alles ist seit Langem perfekt<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


eingespielt, effizienter zu arbeiten<br />

ist kaum möglich. Im Übrigen beneiden<br />

uns viele für unser Modell,<br />

umso mehr jetzt, wo man in Frankreich<br />

die Olympischen Spiele 2024<br />

vorbereitet … », vertraut uns Jean-<br />

Paul Rivière an. Dabei erklärt er<br />

sich durchaus bereit, das vorhandene<br />

Know-how zu teilen, ohne deswegen<br />

« in diesem Jahr eine Anzahl von<br />

Beobachtern aus Paris » dabeihaben<br />

zu wollen, sodass die Armada <strong>2023</strong><br />

zu einer Art « Beta-Test für die Organisation<br />

der Olympischen Spiele »<br />

würde. Doch diese Vorstellung<br />

macht umgehend einem Lächeln<br />

Platz. Was derzeit zählt, ist das Programm.<br />

Und was für ein Programm!<br />

« Auf dieses Programm richten wir<br />

unser ganzes Augenmerk », erzählt<br />

der Leiter der Armada und setzt<br />

fort: « Und ich glaube, wir haben ein<br />

Rezept, das sich bewährt hat. Eine<br />

Mischung aus Staunen – beeindruckende<br />

Schiffe, eine große Schlussparade,<br />

jeden Abend ein grandioses<br />

Feuerwerk –, Originalität – Veranstaltungen<br />

wie das Kajak-Defilee<br />

oder das Jogging der Seeleute –,<br />

Spontaneität – jeder ist frei, das zu<br />

tun, was ihm zusagt, sei es, einfach<br />

am Quai entlang zu spazieren und<br />

die Segelschiffe zu bewundern, sei<br />

es, mit einem der Schiffe die Seine<br />

hinauf oder hinunter zu fahren und<br />

dabei zu dinieren – und auch einer<br />

guten Portion Humor, beispielsweise<br />

bei der Grande Pagaille. » Das Angebot<br />

ist also groß genug, um zehn<br />

Tage damit zu füllen, sodass man<br />

unter Umständen gar nicht merkt,<br />

wie die Zeit vergeht!<br />

Überall wird während des zehntägigen Treffens gefeiert: ob auf den Quais am Hafen von<br />

Rouen oder bei der Grande Parade an den Seine-Ufern flussauf- und flussabwärts der Stadt.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 37


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Seine-Maritime<br />

Einer der Höhepunkte jeder Armada, auf den alle warten, ist die Grande Pagaille, bei der die Teilnehmer auf « schwimmenden<br />

Objekten », von denen eines verrückter als das andere ist, die Seine überqueren. Das sorgt für Stimmung!<br />

Vom Windjammer zum<br />

futuristischen Frachtschiff<br />

Abgesehen von dieser unterhaltsamen Seite bietet die<br />

Armada natürlich die Gelegenheit, Schiffe zu sehen, die<br />

man in seinem Leben nicht<br />

oft zu sehen bekommt. Auch<br />

was das angeht, können die<br />

sich Besucher in diesem Jahr<br />

nicht beschweren: 43 Großsegler,<br />

Militärschiffe und andere<br />

Wasserfahrzeuge haben<br />

bereits verbindlich zugesagt.<br />

Selbstverständlich treffen die<br />

Besucher bei dieser achten<br />

Auflage wieder die berühmtesten<br />

und prestigeträchtigsten<br />

Exemplare, die quasi zu<br />

den « Stammgästen » gehören<br />

und deren Namen allein bereits<br />

die Kenner der Szene<br />

zum Träumen bringen: Belem,<br />

Cuauhtémoc, El Galéon,<br />

Marité, Santa Maria Manuela,<br />

Sthandart, Étoile du Roy,<br />

Die Highlights der Armada <strong>2023</strong><br />

• Grande Pagaille, mit 30 « unbekannten<br />

Schwimmobjekten », Mittwoch, 7. Juni ab 17 Uhr<br />

• Zugang zu den Quais (täglich 10 – 2 Uhr) und<br />

Besichtigung der Schiffe (täglich 10 – 17 Uhr)<br />

• Feuerwerk immer abends um 23.30 Uhr<br />

• Täglich kostenlose Konzerte<br />

• Welttag der Ozeane: großes Kolloquium zum<br />

Schutz der Meere, Donnerstag, 8. Juni<br />

• Kajak-Parade, Samstag, 10. Juni, 15 Uhr<br />

• Messe der Matrosen, Sonntag, 11. Juni, 11 Uhr<br />

• Umzug der Matrosen im Stadtzentrum,<br />

Mittwoch 14. Juni; Beginn des Umzugs um 14<br />

Uhr an der Pont Flaubert Richtung Rathaus;<br />

Dauer 2-3 Stunden<br />

• Jogging der Matrosen, Samstag 17. Juni, 8 Uhr<br />

• Große Schlussparade, Sonntag, 18. Juni (der<br />

Beginn der Parade war bei Drucklegung noch<br />

nicht bekannt)<br />

Statsraad Lehmkuhl. Aber nicht nur. Über ein Drittel der<br />

Schiffe, die in diesem Jahr an der Armada teilnehmen,<br />

sind zum ersten Mal dabei. Beispielsweise die Canopée,<br />

ein französischer Frachter mit einem futuristischen Design<br />

und einer Länge von 121 Metern – ein Konzentrat<br />

an Innovationen –, der für<br />

den Transport von Teilen der<br />

Trägerrakete Ariane 6 aus<br />

europäischen Häfen ins guyanische<br />

Kourou entwickelt<br />

wurde und zudem das Streben<br />

nach einem möglichst<br />

geringen ökologischen Fußabdruck<br />

symbolisiert. Ebenso<br />

die Bima Suci, ein prächtiges<br />

Segelschulschiff der indonesischen<br />

Marine, das zum<br />

ersten Mal nach Europa<br />

kommt. Oder der belgische<br />

Minensucher Crocus, mit dessen<br />

Hilfe während des Ersten<br />

und Zweiten Welt kriegs<br />

zahl reiche Spreng stoffe in der<br />

Ostsee unschädlich gemacht<br />

werden konnten. Doch abge-<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


sehen von den « großen » gibt es auch « kleine Neulinge »:<br />

die Jeanne Barret, ein 40 Meter langes französisches Patrouillenboot,<br />

das mehrere Kontrollmissionen (auch im<br />

Umweltbereich) an der Küste von Ärmelkanal und Nordsee<br />

durchführte; die Nao Victoria, ein beeindruckender<br />

Nachbau des spanischen Schiffes, das von 1519 bis 1522<br />

erstmals die Welt umrundete; die Pascual Flores, ein eleganter<br />

spanischer Schoner, der lange Zeit für den Transport<br />

von Obst, Salz und anderen Frachtgütern eingesetzt<br />

war und heute ein schwimmendes Schiffsmuseum ist; die<br />

Joanna Saturna, ein finnischer Schoner, der restauriert<br />

und als Charter-Segelschiff ausgebaut wurde, inzwischen<br />

als Monument historique klassifiziert ist und in der Ostsee<br />

segelt; die Morgenster, ein holländischer Zweimaster<br />

mit einem Schiffsrumpf und einer Brücke aus Stahl, eine<br />

Mischung aus historischen Details und modernem Luxus;<br />

die Ring Anderson, eine 2020 vollständig renovierte<br />

Segeljacht, die trotz ihres skandinavischen Namens unter<br />

französischer Flagge fährt; die Vera Cruz, eine wunderschöne<br />

portugiesische Karavelle, die heute für die praktische<br />

Ausbildung junger Matrosen eingesetzt wird; die<br />

Bel Espoir II, ein französischer Dreimaster, auf dem junge<br />

Erwachsene eine Reise unternehmen können, um während<br />

einer gewissen Zeit zur Ruhe zu kommen und ihre<br />

Probleme eine Zeit lang zu vergessen; die La<br />

Licorne, ein Dreimastschoner, der 1907<br />

in Dänemark gebaut wurde und<br />

heute unter französischer<br />

Flagge<br />

segelt; und<br />

nicht zuletzt<br />

die Tante Fine,<br />

ein französisches<br />

Fischerboot, das<br />

lange Zeit auf<br />

den Fang von<br />

Langusten spezialisiert<br />

war<br />

und eines der<br />

letzten Boote<br />

ist, die an die<br />

Zeit der Langustenfischerei<br />

erinnern … Das Angebot müsste selbst die<br />

wissbegierigsten Segelfreunde und Liebhaber von Takelage<br />

begeistern!<br />

Ein ganz<br />

besonderer Pate<br />

Als ob das alles noch nicht genug wäre, wollten die<br />

Organisatoren der Armada <strong>2023</strong> der Veranstaltung auch<br />

eine kulturelle Dynamik verleihen. Dafür haben Sie einen<br />

Paten gewählt, der heute nach Flaubert der Einwohner<br />

von Rouen ist, dessen Bücher am zweithäufigsten gelesen<br />

werden: Michel Bussi. Der Autor und Professor für<br />

Geografie an der Universität von Caen gehört seit mehr<br />

als zehn Jahren zu den beliebtesten Schriftstellern Frankreichs.<br />

Seine spannungsgeladenen, « herzhaften » Romane<br />

werden millionenfach in rund vierzig Ländern verkauft,<br />

selbstverständlich auch in deutschsprachigen Ländern.<br />

Bei Rütten & Loening sowie bei Aufbau Taschenbuch liegen<br />

die Romane « Das Mädchen mit den blauen Augen »,<br />

« Die Frau mit dem roten Schal », « Beim Leben meiner<br />

Tochter », « Das verlorene Kind », « Fremde Tochter »,<br />

« Nächte des Schweigens » und « Tage des Zorns »<br />

vor. Mit seinem Freund Jean-Paul Rivière entwickelte<br />

Michel Bussi die Idee, in diesem Jahr<br />

einen Novellen-Wettbewerb zu lancieren, bei<br />

dem die Teilnehmer die ersten vom Erfolgsautor<br />

verfassten Zeilen zu einer<br />

Geschichte weiterspinnen müssen.<br />

Die eingereichten Werke<br />

werden von einer Jury unter<br />

dem Vorsitz Michel Bussis<br />

beurteilt und die besten<br />

Novellen werden ausgezeichnet.<br />

« Dahinter<br />

steht der Gedanke,<br />

etwas Kultur ins Spiel<br />

zu bringen, gleichzeitig<br />

aber volksnah<br />

zu bleiben », erläutert<br />

Jean-Paul Rivière. In<br />

den Gesprächen mit<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 39


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Seine-Maritime<br />

Zur Grande Parade kommen die Menschen in Scharen ans Ufer der Seine.<br />

Jean-Paul Rivière und Michel Bussi kam uns ebenfalls eine<br />

Idee: In der nächsten Ausgabe von Frankreich erleben (<strong>Nr</strong>.<br />

88) werden wir mit Michel Bussi gemeinsam ein Fazit der<br />

Armada de Rouen <strong>2023</strong> ziehen und Ihnen die Novelle, die<br />

von ihm prämiert wurde, in ihrer deutschen Übersetzung<br />

vorstellen. Eine sympathische Art, zumindest aus der Ferne<br />

etwas vom « Geist der Armada » zu spüren. In der Zwischenzeit<br />

möchten wir Ihnen die ersten Zeilen, die Michel<br />

Bussi für diesen Wettbewerb verfasste, nicht vorenthalten:<br />

« Ich beschloss, früh zu kommen, so früh wie möglich. In<br />

Rouen war noch alles ruhig. Nach dem Fest gestern Abend<br />

war es in der Stadt stiller als gewöhnlich: Es war der erste<br />

Tag der Armada gewesen! Als ich die Quais erreichte, waren<br />

gerade die ersten Sonnenstrahlen zu sehen. Der morgendliche<br />

Wind ließ die Segelschiffe sanft auf dem Wasser wiegen,<br />

die Seine glitzerte, die wie Soldaten aufgereihten beflaggten<br />

Masten schüchterten mich ein. Aber ich musste weiter.<br />

Schließlich hatte ich eine Verabredung. Eine Verabredung,<br />

die vielleicht mein Leben verändern würde. Ich war etwa 50<br />

Meter weit auf dem verlassenen Quai in Richtung der Pont<br />

Flaubert gelaufen, als ich hinter mir eine menschliche Präsenz<br />

spürte.<br />

– Guten Tag … »<br />

Wie es weitergeht, erfahren Sie in drei Monaten! Und<br />

falls Sie in der Zwischenzeit die Möglichkeit haben, die<br />

Armada von Rouen zu besuchen und die Atmosphäre auf<br />

den Quais zu erleben, dann sollten Sie dies unbedingt tun!<br />

Das Ereignis ist wirklich eine Reise wert!<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


l<br />

le de Sein<br />

Pointe<br />

du Raz<br />

Brest<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

Quimper<br />

Rouen …<br />

… Berlin 1090 km … Hamburg 940 km<br />

… Köln 530 km … Frankfurt 709 km<br />

… München 990 km … Wien 1407 km<br />

… Zürich 795 km … Paris 132 km<br />

… Le Havre 91 km … Evreux 55 km<br />

Die nächstgelegenen Flughäfen, die aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen werden, sind Beauvais-Tillé<br />

(86 km, ausschließlich Low-Cost-Flüge),<br />

Paris-Roissy-Charles-de-Gaulle (132<br />

km) und Paris-Orly (147 km).<br />

Der Bahnhof Rouen-Rive-Droite ist<br />

nicht an das TGV-Netz angeschlossen.<br />

Es gibt von dort aus jedoch<br />

Direktverbindungen in mehrere<br />

französische Städte, zum Beispiel nach<br />

Paris (1 Std. 15 Min.), Lyon (3 Std. 45<br />

Min.) oder Marseille (5 Std. 30 Min.).<br />

Association l’Armada de la Liberté<br />

Boulevard Émile Duchemin<br />

76000 Rouen<br />

Telefon: +33 (0)2 35 89 20 03<br />

www.armada.org<br />

Rouen Tourisme<br />

Esplanade Marcel Duchamps<br />

76008 Rouen<br />

Telefon: +33 (0)2 32 08 32 40<br />

Lannion<br />

https://de.visiterouen.com<br />

Die Armada N12/E50 <strong>2023</strong> findet vom 7. bis 18.<br />

Juni <strong>2023</strong> statt. Das Saint-Brieuc vollständige N12/E50 und<br />

sehr abwechslungsreiche Programm<br />

finden Sie unter<br />

N165/E60<br />

N164<br />

D768<br />

N24<br />

Saint-Malo<br />

https://de.visiterouen.com/<br />

nachrichten/im-rhythmus-derhohepunkte/armada/das-programmder-armada-de-rouen-<strong>2023</strong>/<br />

Das Prinzip der Armada basiert auf<br />

kostenlosen Veranstaltungen. Der<br />

Zugang zu den Quais, auf die Schiffe<br />

und zu den Konzerten ist daher gratis.<br />

Ergänzend werden – auf Reservierung<br />

– spezifische kostenpflichtige<br />

Aktivitäten angeboten, zum Beispiel<br />

Spazierfahrten (ab 16 €) und<br />

Frühstücksfahrten (ab 23 €) auf<br />

einem Schiff, Fahrten mit einem<br />

Segelschiff die Seine hinauf oder<br />

hinunter (ab 180 €). Informationen und<br />

Reservierung: https://de.visiterouen.<br />

com/buchen/buchen-sie-die-armada/<br />

Autofahrer aufgepasst: Der Bereich der<br />

Armada ist Fußgängerzone; generell ist<br />

es schwierig, im Stadtzentrum einen<br />

Parkplatz zu finden. Abgesehen von<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />

Lorient<br />

Rouen, Vannes die normannische<br />

Hauptsdadt<br />

N165/E60<br />

Paris ist nicht die einzige Großstadt<br />

Quiberon<br />

an der Seine, auch Rouen liegt an<br />

diesem weltbekannten La Baule Fluss. Doch<br />

anders als in der französischen<br />

St. Nazaire<br />

Hauptstadt wendet Nantes<br />

sich die normannische<br />

Metropole vom Fluss<br />

ab. Zwar macht die<br />

Seine Rouen bis heute A83<br />

zu einer bedeutenden<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

Hafenstadt, das<br />

wirkliche Leben spielt<br />

sich aber jenseits des<br />

Flusses auf dessen<br />

nördlichem Ufer ab – in einer Innenstadt, die trotz aller<br />

Kriegszerstörungen überraschend idyllisch ist.<br />

den Cherbourg- 12 Parkangeboten im Zentrum gibt<br />

es Octeville jedoch in dieser Zeit zwei Park-and-<br />

Ride-Plätze, auf denen Besucher der<br />

Armada parken können:<br />

• Park-and-Ride-Platz Zenith/Parc<br />

des Expositions (4200 Plätze, an der<br />

Ausfahrt der A13 aus Richtung Caen Paris<br />

oder Caen kommend); Saint-Lôins Zentrum<br />

und damit zur Armada A84/E401 gelangt<br />

man mit dem Bus der Linie TEOR 4<br />

(4-6-Minuten-Takt, Fahrtdauer 15 Min.,<br />

letzte Abfahrt aus dem Stadtzentrum<br />

um 2 Uhr morgens).<br />

• Park-and-Ride-Platz Campus (1000<br />

Plätze, an der Ausfahrt der A28 aus<br />

Amiens oder A84 Boulogne, der A150 aus<br />

Dieppe und der RN31 aus Beauvais Alençon<br />

kommend); ins Zentrum und damit<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

A11/E60<br />

A83<br />

N13<br />

zur Armada gelangt man mit dem<br />

Bus der Linie TEOR 1 (3-5-Minuten-<br />

Takt, Fahrtdauer 8 Min., letzte Abfahrt<br />

aus dem Stadtzentrum um 2 Uhr<br />

morgens).<br />

Während der Armada sind die Hotels in<br />

Rouen und der Umgebung oft zu 95 %<br />

ausgelastet. Insofern sollte man so früh<br />

wie möglich reservieren. Wenn Sie mit<br />

dem Auto anreisen, lohnt sich auch die<br />

Suche etwas außerhalb von Rouen. Calais Dunkerque<br />

In<br />

einem Umkreis von 20-30 km um Rouen<br />

gibt es zahlreiche Unterkünfte mit<br />

einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis,<br />

Boulogne<br />

vor allem Privatunterkünfte.<br />

Le Mans<br />

Orléans<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 74<br />

A11/E501<br />

Biennale La Forêt Monumentale: Wenn Kunst<br />

A28/E502<br />

den Wald verschönert<br />

Das Gebiet der Metropolregion Blois Rouen Chambord<br />

(Normandie) besteht A10/E5-E60<br />

Angers<br />

zu einem Drittel aus<br />

Wäldern. Von September 2019 bis September<br />

Cheverny<br />

A86/E60 2021 findet dort erstmals Tours Chenonceau ein zweijähriges A71/E9<br />

A85<br />

« nachhaltiges und gigantisches »<br />

A<strong>87</strong><br />

Monts Kunstevent A10/E5 statt: « La Forêt<br />

Bourges<br />

Monumentale ». Die Besonderheit<br />

Cholet<br />

des Projektes besteht darin,<br />

dass die Werke mitten<br />

A20/E9<br />

im Wald<br />

entlang eines 4,5 Kilometer<br />

A71/E11<br />

langen Parcours aufgestellt sind,<br />

der frei zugänglich ist. Eine nicht<br />

Poitiers alltägliche Art, die durchaus dem<br />

Geist der Zeit entspricht, denn sie<br />

Saint-Sigismond<br />

würdigt nicht nur das einmalige Kulturgut Wald, sondern sensibilisiert<br />

darüber hinaus Niortdafür, wie wichtig es ist, dieses zu schützen.<br />

Montluçon<br />

N11/E601<br />

La Rochelle<br />

E5/A10<br />

Le Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

A13/E46<br />

A28/E402<br />

A29/E44<br />

Rouen<br />

A13/E5<br />

Evreux<br />

Dreux<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

A10/E5<br />

Amiens<br />

A16<br />

PARIS<br />

Versailles<br />

A1/E15-E19<br />

A6/E15<br />

Arras<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 82.<br />

E602/A837<br />

Angoulême<br />

Frankreich Limoges erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 41<br />

C<br />

F<br />

A89/E7


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Hérault<br />

Fischerstechen<br />

Ritterspiele auf dem Wasser<br />

Jedes Jahr von Mitte Juni bis Mitte September<br />

geht es in Sète (Hérault) ganz besonders turbulent<br />

zu, denn das ist die Zeit, in der man einen<br />

authentischen Sport, nämlich das traditionelle<br />

Fischerstechen praktiziert. Der Höhepunkt der<br />

nicht alltäglichen Wettkämpfe, bei denen ganz<br />

in Weiß gekleidete Männer auf großen farbigen<br />

Kähnen, die von zehn Ruderern bewegt werden,<br />

gegeneinander antreten, ist das Fête de la Saint-<br />

Louis Ende August. Begleitet von der lebhaften<br />

Musik zahlreicher Kapellen genießen dann Tausende<br />

Menschen entlang der Kanäle der Stadt<br />

diese unterhaltsamen Spektakel. Das Ziel ist<br />

schnell erklärt und erinnert an die Zeit der Ritter:<br />

Es geht darum, den Gegner mit einer langen<br />

Lanze ins Wasser zu stoßen! Es ist viel mehr als<br />

ein Wettbewerb: Es ist ein riesiges, kostenloses<br />

Spektakel mit leicht verständlichen Regeln, ein<br />

populärer Sport, bei dem es nicht um Geld geht,<br />

eine ausgesprochen lebendige Tradition. Dies<br />

einmal zu erleben tut unglaublich gut!<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


in Sète<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 43


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Hérault<br />

Mama, warum will der weiß gekleidete Mann auf dem Kahn den anderen ins Wasser<br />

stoßen? Was hat er ihm denn getan? Man muss ihm sagen, dass er aufpassen soll! » Der<br />

« kleine Paul ist vermutlich sieben oder acht Jahre alt. Die meisten der Umstehenden, die<br />

die Worte des kleinen Jungen hören, die immer wieder von den Klängen der traditionellen Instrumente<br />

Trommel und Oboe übertönt werden,<br />

müssen unweigerlich schmunzeln. Wie viele<br />

andere beobachtet Paul an diesem sonnigen<br />

Tag Ende August mit erstaunten Augen eines<br />

der ältesten und beliebtesten Fischerstechen<br />

Frankreichs, das seit 1666 während des Fête de<br />

la Saint-Louis in Sète stattfindet. Wir befinden<br />

uns am sogenannten Cadre Royal, so<br />

nennt man den Abschnitt des Kanals zwischen<br />

den beiden Brücken Pont de la Civette<br />

und Pont de la Savonnerie mitten im Stadtzentrum.<br />

Und wie einige andere der anwesenden<br />

Touristen, die an den Quais entlang<br />

des Kanals stehen oder sitzen, fragt Paul sich,<br />

welchen Sinn es hat, dass diese weiß gekleideten<br />

Männer auf den farbigen, von Ruderern<br />

angetriebenen Kähnen offensichtlich nur ein<br />

einziges Ziel verfolgen, nämlich ihren Gegner<br />

mithilfe einer Lanze in einer beeindruckenden<br />

Länge von 2,80 Metern mehr oder weniger<br />

elegant ins Wasser zu stoßen. Die Eltern erklären<br />

Paul dann, dass diese großen, stämmigen<br />

Burschen, die oftmals über 100 kg auf<br />

die Waage bringen – das Gewicht verbessert<br />

offensichtlich die Stabilität auf der sogenannten<br />

Tintaine, der « Kampfplattform » – dies<br />

nicht nur tun, um die Menschen in dieser heiteren<br />

Atmosphäre zu amüsieren, sondern dass<br />

es sich dabei um einen richtigen Sport handelt,<br />

der von den Ritterspielen im Mittelalter<br />

inspiriert wurde. Das zu sehen, bringt letztendlich<br />

nicht nur kleine Jungs wie Paul zum<br />

Träumen, sondern begeistert auch erwachsene<br />

Menschen wie uns …<br />

Bei den Turnieren<br />

be geg nen sich die<br />

Jouteurs zunächst in<br />

freund schaft lich er<br />

Manier, prä sen tier en<br />

ihre Lanzen und schütteln<br />

dem Geg ner im Vorbei<br />

fahren die Hand. Bei<br />

der zwe iten Begegnung<br />

ver such en die Männer<br />

auf den beiden<br />

Kampf platt formen,<br />

sich ge gen seitig mit<br />

der Holz lanze ins<br />

Was ser zu stoßen und<br />

gleichzeitig den eigenen<br />

Körper mit einem<br />

Schild zu schützen.<br />

Stolz auf eine<br />

jahrhundertealte<br />

Tradition<br />

Auf den Quais ist das Fest in vollem Gange. Vorausschauende Menschen sind bereits mehrere<br />

Stunden vor Beginn des Fischerstechens gekommen, um einen der knapp 3000 (kostenlosen)<br />

Sitzplätze auf einer der zahlreichen Tribünen zu ergattern, welche die Stadt im Juni für die ersten<br />

dieser Wettkämpfe aufstellt. Man unterhält sich – es geht generell sehr lustig zu – und feuert die<br />

Teams an, die auf dem Kanal gegeneinander antreten, während über Lautsprecher die Mannschaften<br />

vorgestellt und die von einer offiziellen Jury festgestellten Resultate bekannt gegeben<br />

werden. Uns wird schnell klar, dass dieses Fest mehr als nur « Folklore » ist, die Leben in die<br />

Stadt bringen soll. Es ist ein Sport, der einen festen Platz im Leben der Einwohner hat und<br />

dessen Teilnehmer, die Jouteurs, stolz darauf sind, die Stadt oder ihr Viertel zu vertreten und<br />

eine jahrhundertealte Tradition fortzusetzen. Meist haben die Sportler im « richtigen » Leben<br />

einen Beruf, der nicht darauf schließen lässt, dass sie im tiefsten Inneren Volkshelden sind, die<br />

von ihren Anhängern bewundert werden. Fischer und Geschäftsleute, Lehrer und Studenten,<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 45


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Hérault<br />

Beamte und Künstler, Chefs und ihre Angestellten: Während des Turniers gibt es keine Unterschiede,<br />

alle Generationen sind vertreten. Gerade der generationenübergreifende Aspekt ist ein<br />

wichtiger Faktor: Bereits im jungen Alter trainieren Kinder dafür, einmal Jouteur zu werden,<br />

und werden dabei von erfahrenen Sportlern in Technik und Strategie angeleitet. Früher stammte<br />

der Großteil der Teilnehmer aus dem Fischereimilieu – schließlich ist Sète einer der wichtigsten<br />

Fischereihäfen am Mittelmeer –, was zwar heute nicht mehr der Fall ist, aber die Verbundenheit<br />

der Teilnehmer mit dem Meer, den Kanälen und dem Stellenwert der Fischerei für Stadt und<br />

Region ist nach wie vor spürbar.<br />

Ein Sieger für die Nachwelt<br />

Wir haben schließlich einen Platz auf einer der Restaurantterrassen entlang des Kanals gefunden<br />

und kommen mit unseren Tischnachbarn ins Gespräch, die eine herrlich aussehende<br />

Meeresfrüchteplatte – ebenfalls eine Spezialität der Stadt – vor sich stehen haben. Dabei erfahren<br />

wir, dass die Jouteurs, wie andere Sportler, regelmäßig trainieren, und zwar auf den Kanälen<br />

der Stadt. Trainiert wird von Anfang Mai bis Ende September. Um das ganze Jahr in Form zu<br />

bleiben, spielen einige von ihnen in den übrigen Monaten des Jahres Rugby. Am Ende des Saint-<br />

Louis-Festes wird beim Grand Tournoi der ultimative Gewinner des jährlichen Fischerstechens<br />

gekürt. Ein Sieg ist gleichzusetzen mit einer « Beförderung » zum Helden der Stadt und macht<br />

den Jouteur in gewisser Weise unsterblich, denn sein Name wird für die Nachwelt in ein Schutzschild<br />

aus Holz, das Pavois, eingraviert, wie es sich die Kämpfer zum Schutz gegen den Stoß der<br />

gegnerischen Lanze vor die Brust halten. Das Schutzschild befindet sich in dem dieser Tradition<br />

gewidmeten Raum im Musée Paul Valéry. Der Schriftsteller, der dem Museum seinen Namen<br />

gab, stammte aus Sète und zitierte in seinen Gedichten und Essays oft das Fischerstechen und<br />

dessen Stellenwert für die Kultur der Stadt.<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Ritter und Lebenskünstler<br />

Während des Festes steigt die Spannung im Laufe der Wettkämpfe unaufhörlich an. Begleitet<br />

von Applaus und Trommelwirbeln kommt es im konstanten Rhythmus zu Begegnungen<br />

zwischen zwei dieser Helden, die hoch konzentriert und nach vorne gebeugt oben auf der<br />

Plattform stehen, bereit für ihr Duell. Ziel ist es, dem Gegner mit der Lanze einen Stoß auf das<br />

Pavois zu versetzen, sodass er das Gleichgewicht verliert und ins Wasser fällt. Die beiden Kähne<br />

bewegen sich aufeinander zu. Gemäß den Regeln fahren sie beim Angriff mit ihren rechten<br />

Seiten nahe aneinander vorbei, um einem der Jouteurs den entscheidenden Stoß zu ermöglichen,<br />

mit dem er seinen Gegner zu Fall bringt … zur großen Freude der Zuschauer. Der Sturz ist oft<br />

spektakulär und lautstark. Man muss wissen, dass sich die Tintaine, auf der die Jouteurs stehen,<br />

drei Meter über dem Wasser befindet. Da geht der Fall logischerweise nicht geräuschlos über<br />

die Bühne. Einige nutzen allerdings die Gelegenheit – sofern möglich – und vollführen eine Art<br />

« Kopfsprung », um auf diese Weise humorvoll zu zeigen, dass sie ihre Niederlage anerkennen.<br />

Die « Ritter auf dem Wasser » sind eindeutig Lebenskünstler und verstehen es, ihre Lebensfreude<br />

mit dem Publikum zu teilen. Kaum sind sie im Kanal gelandet, schwimmen sie auch schon zum<br />

Ufer oder zu einem Boot, das sie aufnimmt, während die Ruderer bereits umdrehen, um ihren<br />

Kahn wieder in die Ausgangsposition für die nächste Begegnung zu bringen, und die nächsten<br />

Jouteurs sich bereits im unteren Bereich der Tintaine vorbereiten. Die Spannung der Menge ist<br />

während des Angriffs deutlich spürbar, alles wartet auf den befreienden und meist unterhaltsamen<br />

« Plumps » ins Wasser.<br />

In jedem Kahn befin<br />

den sich während<br />

des Wett kampfs<br />

zwei Musiker mit den<br />

traditionellen In strumenten<br />

Oboe und<br />

Trom mel. Gleichzeitig<br />

« heizen » Kapellen<br />

auf den Tribünen die<br />

At mos phäre an und<br />

« kommentieren »<br />

spek takuläre Begeg<br />

nungen, einen<br />

Sturz ins Wasser und<br />

natürlich den Sieg<br />

mit ihren Blech blasinstru<br />

ment en und<br />

großen Trommeln.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 47


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Hérault<br />

Spannende und klangvolle Duelle.<br />

Es ist wirklich ein<br />

beliebtes Volks fest:<br />

Der Haupt aus tragungs<br />

ort am Cadre<br />

Royal, zwischen den<br />

Brücken Civette und<br />

Savonnerie, zieht<br />

sowohl eingefleischte<br />

An hänger dieses<br />

Sports als auch neugier<br />

ige Touristen an.<br />

Die Plätze auf den Tribünen<br />

sowie auf den<br />

Terrassen der Cafés<br />

rundum sind heiß<br />

begehrt. Diejenigen,<br />

die keinen Platz<br />

ergattern konnten,<br />

stehen an den Quais.<br />

Musik ist während des Fischerstechens ein unverzichtbarer Bestandteil und unterstreicht<br />

den unterhaltsamen Charakter des Festes. Auf jedem der Kähne befinden sich zwei Musiker,<br />

ausgestattet mit einer Trommel (genannt Tambornet) und einer Oboe, wie sie traditionell im<br />

Languedoc gespielt wird. Sie sitzen jeweils im Bug des Bootes. Hört man genau hin, wird einem<br />

schnell klar, dass es nicht nur ihre Aufgabe ist, für ein heiteres Ambiente zu sorgen, sondern dass<br />

sie darüber hinaus den Ruderern den Takt vorgeben. Das Ganze läuft äußerst präzise ab: Die<br />

Kähne sind lang und schwierig zu manövrieren, die Wendemanöver kompliziert. Jede Bewegung<br />

muss daher optimal sitzen, damit die beiden Jouteurs eine Chance haben, den Gegner herunterzustoßen.<br />

Die spannenden Duelle können wenige Minuten, aber auch mehrere Stunden dauern.<br />

Ein Sieg wird mit einem regelrechten Triumphgeschrei gefeiert, während der Unterlegene von<br />

aufmunternden Worten und Schulterklopfen begleitet wird. Kein Zweifel, bei aller Sportlichkeit<br />

darf die Geselligkeit nicht fehlen! Während der letzten Wettkämpfe des Tages leeren sich die<br />

Tribünen und Terrassen allmählich, und auch wir machen uns auf den Rückweg. Wir sind nicht<br />

nur fasziniert von dieser Entdeckung, sondern haben zudem die Überzeugung gewonnen, dass<br />

die Joutes nicht « nur » ein Sport oder ein Volksfest sind. Sie sind Teil eines Lebensstils, einer<br />

Begeisterung, die die Menschen in der Stadt miteinander verbindet. Man ist stolz auf dieses<br />

kulturelle Erbe. Jeder kann den Spektakeln beiwohnen, die Regeln sind leicht verständlich und<br />

sie bieten ein in ihrer Art einzigartiges Erlebnis, das man sich einmal in seinem Leben gönnen<br />

sollte: Es ist die gelungene Begegnung zwischen Sportbegeisterten und Neugierigen, die eher<br />

zufällig hierhergekommen sind, in einer fröhlichen Atmosphäre und mit viel Kameradschaftsgeist.<br />

Der kleine Paul hat nichts zu befürchten, der « Mann in Weiß » ist nicht böse. Wenn er<br />

seinen Gegner ins Wasser schubst, dann geschieht das in absolut ritterlicher Manier …<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


La Rochelle<br />

E5/A10<br />

A71/E11<br />

Montalivet<br />

Le Porge<br />

Cap-Ferret<br />

Mimizan<br />

segor<br />

rritz<br />

an<br />

na<br />

Sare<br />

Bayonne<br />

E602/A837<br />

Angoulême<br />

Reiseinfos und Lesetipps<br />

Sète …<br />

Die meisten und bekanntesten<br />

… Berlin 1562 km … Hamburg 1476 km dieser Fischerstechen finden auf<br />

… Köln 1039 km … Frankfurt 1026 km dem berühmten TulleCadre Royal, dem<br />

… München 1027 km … Wien Périgueux 1437 km Hauptkanal Brive-la-Gaillarde<br />

von Sète, statt. Daneben<br />

… Zürich 724 km … Paris A89/E70 757 km Le gibt Pescher<br />

aber den ganzen <strong>Sommer</strong><br />

E5/A10<br />

… Narbonne 78 km … Montpellier 35 km Souillac sur über anlässlich Saillac von Gedenkfeiern<br />

Dordogne oder anderen Festen Wettkämpfe Aurillac an<br />

Bordeaux Der nächstgelegene Flughafen, der<br />

anderen Orten. Zwei Empfehlungen:<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

aus dem deutschsprachigen Raum Payrac • Le Grand Rocamadour<br />

Pardon de la Saint-Pierre<br />

direkt angeflogen A52/E72 wird, ist Montpellier- (Ende<br />

A20/E9<br />

Juni/Anfang Juli), das vom<br />

Méditerranée (36 km).<br />

E5-E70/A63<br />

Spanien<br />

Der Bahnhof von Sète ist an das TGV-<br />

Netz angeschlossen.<br />

Office de Tourisme de Sète<br />

60, grand‘rue Mario Roustan<br />

34200 Sète<br />

Telefon: +33 (0)4 99 04 71 71<br />

France<br />

www.tourisme-sete.com<br />

A64/E80<br />

Das detaillierte Programm der<br />

Joutes Pau de Sète finden Sie auf der<br />

Website des Fremdenverkehrsamts.<br />

Bei Drucklegung war es leider noch<br />

nicht verfügbar. Der Höhepunkt des<br />

Fête de la Saint-Louis <strong>2023</strong> findet<br />

voraussichtlich vom 17. bis 22. August<br />

statt (Änderungen vorbehalten). Es ist<br />

die 279. Ausgabe.<br />

Limoges<br />

Freundeskreis der Fischer von Sète<br />

Mole im Quartier de la Marine,<br />

gegenüber der Fischauktionshalle<br />

organisiert wird.<br />

• Fête de la Pointe Courte (am<br />

Wochenende um den 10. Juni), das<br />

in einem der typischen Fischerviertel<br />

stattfindet. In unterhaltsamer<br />

Atmosphäre gibt es ebenfalls Joutes-<br />

Wettkämpfe, die einen Besuch<br />

lohnen.<br />

Toulouse<br />

Informationen über die genauen Daten<br />

dieser Veranstaltungen erhalten Sie auf<br />

der Website des Fremdenverkehrsamts.<br />

Der Eintritt ist jeweils kostenlos.<br />

Narbonne<br />

Ein letzter Tipp: Wenn Sie einen<br />

A81/E80<br />

guten<br />

Limoux<br />

Platz, womöglich einen Sitzplatz,<br />

haben möchten, sollten Sie frühzeitig<br />

vor Ort sein. Das gilt vor allem France für die<br />

Wettkämpfe am Hauptkanal.<br />

Andorra<br />

A89/E70<br />

Perpignan<br />

Céret<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

le Mont-Dore<br />

A9/E15<br />

Puy de Dôme<br />

A75/E11<br />

A75/E11<br />

Bézier<br />

Collioure<br />

Lodève<br />

A72/E70<br />

Montpellier<br />

A9/E15<br />

Sète<br />

Lyon<br />

St.-Etienne<br />

Valence<br />

A7/E15<br />

A9/E15<br />

Nîmes<br />

A54/E805<br />

Arles<br />

A43/E70<br />

A49/E713<br />

Crest<br />

Orange<br />

A7/E15<br />

A55<br />

Die<br />

Saillans<br />

Avignon<br />

Apt<br />

Aix-en-<br />

Provence<br />

Marseille<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 80<br />

Brassens & Sète, les<br />

Copains d'abord<br />

Am 22. Oktober 2021 sind es<br />

genau hundert Jahre, dass<br />

einer der größten zeit ge nössischen<br />

Dicht er und Sänger<br />

Frankreichs<br />

in Sète<br />

(Hérault)<br />

das Licht<br />

der Welt<br />

er blick te. Zu<br />

Lebzeiten<br />

des anarchistischen<br />

Poeten<br />

waren die<br />

Beziehun gen zwisch en ihm und den Menschen<br />

seiner Heimatstadt zwar nicht immer harmonisch, doch<br />

heute ist man voll des Lobes für ihn und wird den runden<br />

Geburtstag würdig feiern. Sète auf den Spuren von<br />

Brassens zu erkunden, ist eine Gelegenheit, die Stadt<br />

unter einem anderen Blickwinkel zu entdecken und<br />

festzustellen, wie intensiv man dort noch immer seine<br />

Seele und die seiner Copains spüren kann.<br />

AP7/E15 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 85<br />

SpanienCanal du Rhône à Sète: Der « kleine Bruder »<br />

des Canal du Midi<br />

In der großen Familie der französischen Kanäle<br />

ist der Kanal von der Rhône bis Sète ganz<br />

gewiss nicht der, der am meisten von sich<br />

reden macht. Sein « großer Bruder », der<br />

Canal du Midi – die Fortsetzung<br />

dieses Kanals über den Étang<br />

de Thau hinaus bis Toulouse –<br />

zieht dagegen weit mehr Blicke<br />

auf sich. Der Canal du Rhône à<br />

Sète ist eher ein Geheimtipp,<br />

denn er führt über rund hundert<br />

Kilometer auf charmante Weise<br />

durch die Camargue mit ihren<br />

Sümpfen und überschwemmten<br />

Reisfeldern bis hin in trockenere<br />

Gefilde mit mediterraner Garrigue-Landschaft. Bei einer Fahrt<br />

mit dem Hausboot auf diesem Kanal kann man sicher sein, von<br />

unerwarteten Landschaften verzaubert zu werden, die Atmosphäre<br />

kleiner Städtchen abseits der ausgetretenen Pfade zu erleben<br />

und eine faszinierende – und glücklicherweise geschützte – Fauna<br />

und Flora zu entdecken. Wir haben es ausprobiert. Dabei ist ein<br />

Bilderportfolio entstanden, das wir unbedingt mit Ihnen teilen<br />

möchten.<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 82.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 49


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Rhône<br />

Vaux-en-Beaujolais<br />

Die fantastische Geschichte des Dorfes<br />

Clochemerle<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Rund 50 Kilometer nordwestlich von<br />

Lyon liegt auf einem Hügel umgeben<br />

von Weinbergen der Appellation Beaujolais-Villages<br />

ein kleines Dorf mit einem<br />

besonderen Charme: Vaux-en-Beaujolais.<br />

Der Name ist vielen unbekannt. Paradoxerweise<br />

kennt das Dorf in Frankreich<br />

fast jedes Kind. Und nicht nur in<br />

Frankreich, in vielen anderen Ländern<br />

der Welt ist es den Menschen ebenfalls<br />

ein Begriff. Allerdings kennt man das<br />

Dorf unter einem anderen Namen:<br />

Clochemerle. Die Geschichte des Ortes<br />

könnte aus einem Roman stammen.<br />

Oder ist das vielleicht sogar der Fall?<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 51


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Rhône<br />

Die Einwohner von Vaux-en-Beaujolais finden die ironische und oft « anzügliche » Art, wie die Menschen von Clochemerle<br />

im Roman dargestellt werden, absolut nicht schockierend. Im Gegenteil. Sie beschlossen, sich dieses Image humorvoll zu<br />

eigen zu machen, und kreierten im Dorf einen Rundgang, bei dem man Szenen aus dem Roman entdecken kann.<br />

Im Jahr <strong>2023</strong> ist in vielen französischen Gemeinden das<br />

Bulletin municipal nach wie vor eine Institution: ob als<br />

regelmäßig erscheinendes Magazin im Briefkasten der<br />

Einwohner oder – was heute immer verbreiteter ist – als<br />

PDF-Datei in ihrer Mailbox. Viele Gemeinden informieren<br />

mit einer derartigen « lokalen Gemeindezeitung » die<br />

Bürger über aktuelle Ereignisse im Ort, und zwar oft sehr<br />

detailliert. Sie ist ein beliebtes Mittel für Bürgermeister<br />

und Gemeinderat, um in Kontakt mit ihren « Schäflein » zu<br />

bleiben. Die auf diesem Weg kommunizierten Informationen<br />

über das Leben in der Gemeinde sind dabei auf mehr<br />

oder weniger talentierte Weise verfasst und teilweise mit<br />

einer Prise Humor gewürzt. Es geht um die letzten Baustellen,<br />

welche die Gemeinde in Angriff genommen oder<br />

vollendet hat (ein Schelm, wer dahinter Politpropaganda<br />

der Gemeinderatsmehrheit vermutet!), die Öffnungszeiten<br />

kommunaler Einrichtungen, Geburten und Todesfälle, die<br />

Gründung eines neuen Boule- oder Häkelklubs … Nichts<br />

also, was Leser, die nicht im betreffenden Ort wohnen,<br />

auch nur im Geringsten interessiert.<br />

Eine sehr seltsame<br />

« symbolträchtige Einrichtung »<br />

Dennoch kann man in einer derartigen Publikation<br />

manchmal ganz überraschende « Highlights » entdecken,<br />

so wie jüngst im Bulletin municipal des mit etwas mehr als<br />

1000 Einwohnern überschaubaren Dorfes Vaux-en-Beaujolais<br />

im Departement Rhône: In der Rubrik « Gemeindegebäude<br />

» auf Seite 11 stößt der aufmerksame Leser zwischen<br />

so essenziellen Informationen über « die Erneuerung<br />

des Daches der Résidence Ponosse und der angrenzenden<br />

Räume » oder « die Entscheidung des Gemeinderats zugunsten<br />

einer Installation von Videokameras an strategisch<br />

wichtigen Orten » auf eine gelinde gesagt ungewöhnliche<br />

Nachricht: « Mehrere Vereine, die Feste und Veranstaltungen<br />

im Dorfzentrum organisieren, haben darum gebeten,<br />

eine Verlegung des Pissoirs, das mitten auf dem Place du<br />

Petit Tertre steht, zu prüfen. Die Kommission hat daher<br />

einen praktischeren Platz für diese symbolträchtige Einrichtung<br />

unseres Dorfes gesucht, bei dem diese nach wie<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


vor angemessen hervorgehoben wird. Letztendlich wird das Monument<br />

wieder an den Ort versetzt, an dem es vor der Neugestaltung des Platzes<br />

stand: oberhalb der Boîte à livres und des Kinderspielplatzes. Auf<br />

einem Weg rund um das Pissoir profitieren Besucher gleichzeitig von<br />

einem besseren Blick auf das Tal. » Wie bitte? Was ist das für ein Dorf<br />

inmitten von Weinbergen, in dem ein « Pissoir » eine « symbolträchtige<br />

Einrichtung » darstellt, ein « Monument », das es « hervorzuheben » gilt,<br />

insbesondere durch einen « Weg » für Besucher? Glauben Sie nun nicht,<br />

dass die Einwohner von Vaux-en-Beaujolais verrückt geworden seien<br />

und einen sonderbaren Fetischismus um derartige « Bedürfnisanstalten<br />

» an den Tag legten, die heute eher zu Relikten aus der Vergangenheit<br />

zählen … Aufgrund der Tatsache, dass wir Ihnen von dieser Begebenheit<br />

erzählen, vermuten Sie nun sicher, dass dahinter eine besondere<br />

Geschichte steckt. Da haben Sie ganz recht, sogar eine sehr amüsante<br />

Geschichte. Eine Geschichte, die geradezu aus einem Roman stammen<br />

könnte und die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 53


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Rhône<br />

Ein Roman mit einem<br />

unglaublichen Schicksal<br />

Alles begann 1934, als der aus der 50 Kilometer<br />

entfernten Stadt Lyon stammende Schriftsteller Gabriel<br />

Chevallier (1895-1969) einen Roman mit dem Titel<br />

Clochemerle publizierte. Es war nicht sein erstes Werk.<br />

Bereits im Jahr 1930 hatte er in La Peur sehr talentiert<br />

und sensibel über seine schrecklichen Erlebnisse in den<br />

Schützengräben des Ersten Weltkriegs geschrieben. Dieser<br />

neue Roman war dagegen ganz anders: satirisch und<br />

lustig. Vielleicht war es für ihn eine Möglichkeit gewesen,<br />

die Erinnerung an die furchtbare Zeit auszulöschen.<br />

Niemand hatte so ein Buch erwartet, der Erfolg war von<br />

Anfang an phänomenal. In nur wenigen Monaten wurden<br />

Hunderttausende Exemplare verkauft, in der Folge stieg<br />

die Zahl sogar in die Millionen! Ein verlegerischer Erfolg,<br />

wie man ihn in Frankreich bis dato nur selten erlebt hatte.<br />

Doch Clochemerle war genau zum richtigen Zeitpunkt<br />

erschienen. 1934 hatten die Franzosen das Bedürfnis, auf<br />

andere Gedanken zu kommen, wieder fröhlich zu sein.<br />

Und das Werk von Gabriel Chevallier brachte die Menschen<br />

richtiggehend zum Lachen! Der Erfolg beschränkte<br />

sich nicht nur auf Frankreich, das Buch wurde umgehend<br />

in viele Sprachen übersetzt (bis heute in insgesamt 30) und<br />

war auf internationaler Ebene ebenfalls sehr erfolgreich.<br />

Ein Roman also, mit einem unglaublichen Schicksal, eine<br />

Mischung aus Burleske und Satire, die seither viele Generationen<br />

von Lesern vergnüglich gestimmt hat.<br />

Ein friedliches Dorf im Beaujolais, bis …<br />

Die Handlung von Clochemerle ist a priori simpel: Gabriel<br />

Chevallier erzählt darin vom friedlichen Leben in einem<br />

kleinen Dorf im Beaujolais in den 1920er-Jahren. Er<br />

nennt das Dorf Clochemerle und beschreibt es als charmantes<br />

Dorf, das in sonniger Lage über den Weinbergen<br />

der Umgebung thront, mit « gelben, massigen Häusern,<br />

die nahezu alle die Umgebung überragen, mit massiven<br />

Treppen, tiefen Kellern, Balkonterrassen, Weinspalieren<br />

über den Türen ». Eine Art « ideales Dorf » also, ein Dorf<br />

wie aus dem Bilderbuch. Doch natürlich beschränkt sich<br />

Gabriel Chevallier nicht auf dieses Bild: Mit ungezügelter<br />

Fantasie schildert er, wie sich die Mitglieder der kleinen,<br />

friedliche Gemeinschaft in die Haare kriegen, wie der<br />

Ort das Epizentrum einer absonderlichen Geschichte<br />

wird. « Alles hat damit begonnen », schreibt Gabriel Chevallier<br />

im ersten Kapitel, « dass Barthélemy Piéchut, der<br />

Bürgermeister von Clochemerle-en-Beaujolais, dem Lehrer,<br />

Ernest Tafardel, sein Projekt erläutert: Ich will eine<br />

öffentliche Bedürfnisanstalt bauen lassen … » Der Volksvertreter<br />

ist darauf bedacht, seine Wiederwahl zu sichern,<br />

und will eine bedeutende Einrichtung « zum Wohle aller »<br />

schaffen, die « seinen Bürgern Komfort beim Stillen eines<br />

dringenden Bedürfnisses bietet » und gleichzeitig der « öffentlichen<br />

Gesundheit » Sorge tragen soll. Das Vorhaben<br />

wird allerdings sehr schnell<br />

als Mittel missbraucht, um<br />

die typischen Streitigkeiten<br />

in einem Dorf im ländlichen<br />

Frankreich der 1920er-Jahre<br />

anzufachen, Streitigkeiten<br />

zwischen Kirchenanhängern<br />

und Kirchenfeinden,<br />

zwischen « Konservativen »<br />

und « Progressisten ».<br />

In Frankreich wird<br />

alles zur Politik!<br />

Gabriel Chevallier kostet<br />

es bis aufs Letzte aus, zu<br />

zeigen, wie in Frankreich<br />

« alles zur Politik wird ».<br />

Dazu setzt er Dorfbewohner<br />

mit «ausgeprägten »<br />

Charakterzügen in Szene:<br />

Zwischen dem Bürgermeister<br />

Barthélemy Piéchut,<br />

dem Lehrer Ernest Tafardel,<br />

der Baronin Alphonsine<br />

de Courtebiche, dem<br />

Pfarrer Ponosse, der « alten<br />

Jungfer » Justine Putet und<br />

dem Notar Girodot fliegen<br />

im Laufe der Kapitel zum<br />

großen Vergnügen der Leser<br />

die Fetzen. Und Auslöser<br />

ist das erwähnte Pissoir,<br />

das in der Dorfmitte aufgestellt<br />

werden soll. Der<br />

Autor schreckt auch nicht<br />

davor zurück, humorvoll und unverblümt die unersättlichen<br />

sexuellen Bedürfnisse der Menschen im Dorf, ihre<br />

Geldgier, ihre Rachsucht und ihre diversen Ambitionen<br />

zu veranschaulichen. Das Ganze ist lebendig und lustig,<br />

oft auch anzüglich, im reinsten Stil einer Satire à la française,<br />

wie man sie aus der Feder von Rabelais (1483-1553)<br />

oder Molière (1622-1673) kennt, zwei Schriftsteller, die<br />

Gabriel Chevallier am Herzen lagen. Das Buch wurde<br />

mehrfach für Kino und Fernsehen verfilmt, unter anderem<br />

1948, als der Film für unter 16-Jährige verboten<br />

war! Talentierte Zeichner und Karikaturisten wie Albert<br />

Dubout (1905-1976) und Siné (1928-2016), ließen sich<br />

gleichfalls von Clochemerle inspirieren. Den Stellenwert<br />

des Romans in Frankreich kann man auch daran erkennen,<br />

dass der Begriff « Clochemerle » Einzug in die<br />

Umgangssprache hielt. Man bezeichnet damit lokale<br />

Konflikte, die an sich lächerlich sind, jedoch überzogene<br />

Ausmaße annehmen. Genau darin liegt die Stärke des<br />

Romans von Gabriel Chevallier: Abgesehen von der<br />

romanhaften Handlung von Clochemerle, zeichnet er ein<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Neben dem Trompe-l’œil eines Ladens befindet sich das « echte » Fremdenverkehrsamt.<br />

sehr anschauliches Bild eines typischen kleinen Dorfes<br />

im Beaujolais. Und im weiteren Sinne eines Dorfes irgendwo<br />

in Frankreich. Darauf beruht im Grunde der<br />

Erfolg des Romans: Dörfer wie Clochemerle, in denen<br />

eine Entscheidung sehr schnell politische Dimensionen<br />

annimmt und alte Zänkereien wiederaufleben lässt, gibt<br />

es überall im Land. Jeder kann sich also leicht damit<br />

identifizieren.<br />

Zwei Schilder am Ortseingang<br />

Von all den potenziellen Vorbildern für den Roman<br />

beschloss jedoch eine Gemeinde im Beaujolais, sich als<br />

das Dorf Clochemerle auszugeben, und zwar auf sehr<br />

originelle und lustige Art. Am Eingang dieser kleinen<br />

Gemeinde werden Besucher von zwei Schildern begrüßt:<br />

Vaux-en-Beaujolais und Clochemerle. Überall in den<br />

Straßen begegnet man den Romanfiguren auf Abbildungen<br />

an den Häuserwänden, und im Dorfkern, auf dem<br />

hübschen kleinen Place du Petit Tertre gibt es sogar ein<br />

sehr farbenfrohes und humorvolles Wandfresko. Angeregt<br />

von den Zeichnungen von Albert Dubout lässt dieses die<br />

Romanfiguren in Form eines großen « Wandcomics » lebendig<br />

werden: Der Bürgermeister, der Notar, der Lehrer<br />

und die alte Jungfer sind nun ein fester Bestandteil des<br />

Dorflebens. Genauso wie mitten auf dem Platz das famose<br />

Pissoir aufgestellt wurde, um das es im eingangs zitierten<br />

Bulletin municipal der Gemeinde ging. Es wurde als Hommage<br />

an Gabriel Chevallier und seinen Roman errichtet<br />

und zieht heute nicht wenige Besucher an, die begeistert<br />

davon sind, etwas von der Atmosphäre im Roman wiederzufinden.<br />

Etwas weiter gibt es ein kleines Museum, das<br />

dem Romanautor gewidmet ist, während die Winzerkooperative<br />

im Weinkeller Cave de Clochemerle viele der<br />

hier produzierten Weine aus der Appellation Beaujolais-<br />

Villages zur Verkostung anbietet.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 55


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Rhône<br />

Das legendäre « Pissoir » auf dem Dorfplatz. Auf der Titelseite des beim Verlag Le<br />

Livre de Poche erschienenen Romans sieht man eine Illustration dieses Objektes,<br />

die vom bekannten französischen Zeichner Siné (1928-2016) stammt.<br />

Besser darüber lachen<br />

Das Ganze könnte « künstlich » erscheinen, quasi als<br />

« Touristenattraktion », dabei ist das Gegenteil der Fall.<br />

Die Einwohner von Vaux-en-Beaujolais betrachten sich<br />

gleichzeitig als Einwohner von Clochemerle und haben<br />

klugerweise nichts übertrieben. Offensichtlich steht hinter<br />

all dem der Wunsch, das Werk von Gabriel Chevallier zu<br />

respektieren und insbesondere seinen Humor und seine<br />

Lebensfreude zu bewahren. Spaziert man durch das Dorf,<br />

muss man beim Betrachten der Illustrationen oft schmunzeln;<br />

man sagt sich, dass alles gewissenhaft umgesetzt<br />

wurde, aber ohne es zu ernst zu nehmen. Diese « Leichtigkeit<br />

» macht den Besuch des Dorfes zu einem wohltuenden<br />

Erlebnis. Selbst Gabriel Chevallier musste dies anerkennen,<br />

sodass er diese « Aneignung » seines Werkes durch<br />

das Dorf gerne billigte: 1956 kam er persönlich nach<br />

Vaux-en-Beaujolais, um die auf seinen Namen getaufte<br />

Hauptstraße einzuweihen. Im Übrigen machte er nie ein<br />

Geheimnis daraus, dass er sich in der Tat von diesem Dorf<br />

als Schauplatz für seinen Roman inspirieren ließ. Die<br />

Dorfbewohner wiederum nahmen dies mit Humor. Anstatt<br />

sich darüber zu empören, dass sie karikiert wurden,<br />

nutzten sie den Roman, um Besucher ihren Ort auf originelle<br />

Weise entdecken zu lassen. Vielleicht erinnerten sie<br />

sich auch daran, dass der Gemeinderat schon 1847 über<br />

den Antrag eines Wirts auf Einrichtung eines Pissoirs beraten<br />

hatte. 1881 wurde dieses dann letzten Endes aufgestellt<br />

… trotz der Einsprüche des Gemeindepfarrers! Was<br />

zeigt, dass ein Roman manchmal gar nicht so weit von der<br />

Realität entfernt ist. Und in diesem Fall hat er dazu geführt,<br />

dass man ein typisches französisches Dorf auf eine<br />

« willkommen andere » Art entdecken kann!<br />

Clochemerle auf Deutsch<br />

Gabriel Chevallier, Clochemerle, Fischer Taschenbuch<br />

Verlag, 316 Clochemerle, 2018, 12,99 €, ISBN 978-<br />

3596320493.<br />

Und falls Sie Clochemerle in Form einer –<br />

ebenfalls deutschsprachigen – Fernsehserie<br />

aus dem Jahr 1972 entdecken möchten:<br />

Clochemerle, die komplette 9-teilige<br />

Romanverfilmung in ungekürzter<br />

Langfassung, Pidax Serien-Klassiker, 2 DVDs,<br />

Laufzeit 4 Std. 14 Min., 16,68 €<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Rennes<br />

Nazaire<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

A11/E501<br />

Vaux-en-Beaujolais Angers (Clochemerle) …<br />

A11/E60 … Berlin 1204 km … Hamburg 1104 km<br />

… Köln 681 km … Frankfurt A86/E60 668 km<br />

Nantes … München 761 km … Wien 1172 km<br />

… Zürich A<strong>87</strong> 459 km … Monts Paris 436 km<br />

… Lyon 49 km<br />

… Villefranche Cholet 16 km<br />

A83<br />

Montalivet<br />

Le Porge<br />

Cap-Ferret<br />

ossegor<br />

Biarritz<br />

e<br />

lona<br />

Mimizan<br />

Sare<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Lyon-Saint-Exupéry<br />

(69 km).<br />

Poitiers<br />

A83<br />

den Blois Charme des Hauses ausmacht.<br />

Chambord<br />

A10/E5-E60 Blick auf die Weinberge oder den<br />

Garten. Restaurant Cheverny mit gehobener<br />

Tours Chenonceau<br />

Gastronomie, die berechtigterweise A71/E9<br />

mit<br />

A85<br />

einem Michelin-Stern ausgezeichnet<br />

wurde. Menü 54 € (Vorspeise,<br />

Bourges<br />

Hauptgang & Dessert). Achtung: Die<br />

Auberge ist oft ausgebucht, reservieren<br />

Sie daher frühzeitig.<br />

A20/E9<br />

173, rue Gabriel Chevallier A71/E11<br />

69460 Vaux-en-Beaujolais<br />

Telefon: +33 (0)4 74 03 20 16<br />

www.aubergedeclochemerle.fr<br />

Saint-Sigismond<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof ist Cave de Clochemerle<br />

N11/E601 Lyon-Perrache Niort (48 km).<br />

Der Weinkeller, der 1956 Montluçon von Gabriel<br />

La Rochelle<br />

Chevallier persönlich eingeweiht<br />

<br />

Office de E5/A10 Tourisme du Beaujolais<br />

wurde, ist ein Schaufenster für die<br />

Antenne Touristique de Clochemerle Weine der Appellation Beaujolais-<br />

Place E602/A837 du Petit Tertre<br />

Villages, die in Vaux-en-Beaujolais<br />

69460 Vaux-en-Beaujolais<br />

erzeugt werden. Darüber hinaus ist es<br />

Telefon: +33 (0)4 74 07 27 40<br />

auch Limoges ein sehr lebendiger Ort mit alten<br />

Steinmauern, imposanten Balken A89/E70 an<br />

Angoulême<br />

www.destination-beaujolais.com<br />

der Decke, einer wunderschönen Theke<br />

aus Kupfer, die auf Weinfässern le Mont-Dore ruht,<br />

<br />

Musée Gabriel Chevalier<br />

sowie einer Sammlung an Karikaturen.<br />

Place du Petit Tertre<br />

All das illustriert auf perfekte Art die<br />

69460 Vaux-en-Beaujolais<br />

gesellige Atmosphäre Tulle von Clochemerle,<br />

Périgueux<br />

Telefon: +33 (0)4 74 62 82 <strong>87</strong><br />

wie sie im Roman Brive-la-Gaillarde beschrieben wird.<br />

Eintritt frei.<br />

A89/E70<br />

Es Le ist Pescher mehr als ein Weinkeller, es ist<br />

E5/A10<br />

Souillac ein sur Ort mit einer authentischen Saillac und<br />

Tipps zum Übernachten, Dordogne sympathischen Atmosphäre, an Aurillac<br />

Bordeaux Essen & Trinken Sarlat-le-Canéda dem man lokale Produkte verkosten<br />

Auberge de Clochemerle<br />

Payrac kann. Zudem Rocamadour<br />

ist es der « Tempel »<br />

Zweifellos<br />

A52/E72<br />

A20/E9<br />

eine der sympathischsten der Confrérie du Gosier sec, einem<br />

Adressen in der Region, wenn man<br />

Zusammenschluss von Winzern und<br />

sich wirklich etwas Gutes tun will.<br />

Weinliebhabern, die das ganze Jahr<br />

Ein 3-Sterne-Hotel mit familiärer<br />

über viele unterhaltsame Feste und<br />

Atmosphäre mitten im Dorf, in<br />

Zusammenkünfte organisieren, um<br />

einer – mit nur 10 Zimmern (ab 110<br />

die Weine der Appellation Beaujolais-<br />

€) – überschaubaren Größe, die<br />

Villages zu fördern. Im Übrigen eine<br />

E5-E70/A63<br />

Alençon<br />

Le Mans<br />

A28/E502<br />

A10/E5<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />

France Lyon, Rendezvous in der Rue du<br />

Premier-Film (50 km entfernt)<br />

Bayonne<br />

A64/E80 1895 haben in Lyon zwei<br />

unzertrennliche Brüder – beide waren<br />

Ingenieure, Unternehmer und<br />

Pau<br />

Künstler zugleich – das bis<br />

dato rein wissenschaftliche<br />

Abenteuer der bewegten<br />

Bilder in eine neuartige<br />

Volkssprache, nämlich das<br />

Spanien<br />

Kino, verwandelt. Es handelt<br />

sich dabei um Louis und<br />

Auguste Lumière. Lyon, die Stadt, in der der Kinematograf<br />

erfunden wurde, wurde damit automatisch zur Kulisse für<br />

die ersten Filme. Besucht man heute – mehr als 120 Jahre<br />

später – diese legendären Orte, hat man das Gefühl, dass<br />

immer noch dieses gewisse Etwas in der Luft liegt.<br />

Toulouse<br />

A10/E5<br />

Andorra<br />

Orléans<br />

Spanien<br />

A5/E54<br />

Sens<br />

A71/E11<br />

iastian<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

A6/E15<br />

A72/E70<br />

A5/E17-E54<br />

A38<br />

A31/E17-E2<br />

A31/E21-E23<br />

der wenigen Bruderschaften des<br />

Die<br />

Crest<br />

Beaujolais, zu der auch Frauen Zugang<br />

A7/E15 Saillans<br />

haben!<br />

22, allée Albert Dubout<br />

69460 Vaux-en-Beaujolais<br />

Telefon: +33 (0)4 74 03 26 58<br />

www.cavedeclochemerle.fr<br />

Orange<br />

A75/E11<br />

A75/E11<br />

Auxerre<br />

Troyes<br />

VézelayAvallon<br />

St.-Etienne<br />

Flavigny<br />

Beaune<br />

Cluny<br />

Vaux-en-<br />

Beaujolais<br />

Villefranche-sur-Saône<br />

A6/E15<br />

Lyon<br />

Valence<br />

A9/E15<br />

Dijon<br />

Chalon-sur-Saône<br />

Bourg-en-<br />

Bresse<br />

Nîmes<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61<br />

Lodève<br />

A54/E805<br />

Lyon, Die Metamorphose eines Arbeiterviertels in<br />

Arles<br />

ein Freilichtmuseum Montpellier (51 km entfernt)<br />

Lyon hat lange Zeit ein Schattendasein A9/E15 als «<br />

Durchgangsort » zwischen dem Norden und dem<br />

Bézier<br />

Süden gefristet, den Sète man oft durchquerte,<br />

Narbonne ohne anzuhalten – oder sogar links liegen<br />

A81/E80 ließ –, um schnellstmöglich ans Meer<br />

Limoux oder in die Berge zu gelangen. Zudem hat<br />

Lyon es verstanden, mit den Vorzügen<br />

A9/E15<br />

France<br />

hinter dem Berg zu halten. Als hätten die<br />

Lyoner bewusst die zahlreichen Reize ihrer<br />

zweitausendjährigen Stadt für sich behalten<br />

wollen. Doch inzwischen Perpignan hat die zweitgrößte Stadt Frankreichs ihre<br />

Zurückhaltung fallen lassen und Collioure zeigt wie niemals zuvor, was sie zu<br />

Céret<br />

bieten hat. Dazu gehören auch ihre beiden Flüsse, Rhône und Saône,<br />

an deren Ufern die Metamorphose vielleicht am deutlichsten zu<br />

AP7/E15<br />

erkennen ist.<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 82.<br />

A43/E70<br />

A49/E713<br />

Avignon<br />

Apt<br />

A7/E15<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

Aix-en-<br />

Provence<br />

A55<br />

Marseille<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 57


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Indre-et-Loire<br />

Château Gaillard<br />

Das « etwas andere » Schloss an der Loire<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Besucht man die Schlösser der Loire, wird Château Gaillard oft « übersehen ».<br />

Zugegeben, in Amboise (Indre-et-Loire), der Stadt, in der es sich befindet, ist es<br />

auch nicht einfach, sich angesichts der berühmten Nachbarn ringsum zu behaupten:<br />

Riesige architektonische Meisterwerke wie Chenonceau und Chambord<br />

ganz in der Nähe sind wahre Besuchermagnete, und in Amboise selbst ist<br />

die Konkurrenz mit dem Château Royal, von dem aus man einen der schönsten<br />

Panoramablicke im Loire-Tal hat, und Château du Clos Lucé, dem prächtigen<br />

letzten Wohnsitz Leonardo da Vincis (1452-1519), ausgesprochen hart. Dabei ist<br />

Château Gaillard ebenfalls ein Gebäude, das aus dem Rahmen fällt, das man<br />

unbedingt gesehen haben sollte. Es wird Sie mit Sicherheit in Erstaunen versetzen.<br />

Lesen Sie warum …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 59


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Indre-et-Loire<br />

Falls Sie in diesem <strong>Sommer</strong> (oder zu einem anderen<br />

Zeitpunkt) das Tal der Loire besuchen, sollten Sie sich<br />

einfach einmal in eines der vielen einladenden Cafés<br />

am Flussufer in Amboise setzen, etwas bestellen, und sich<br />

die Zeit nehmen, die Umgebung zu beobachten. Mit Sicherheit<br />

werden Sie schnell feststellen, dass es zwei Arten von<br />

Touristen gibt. Diejenigen der ersten Kategorie sind sehr<br />

in Eile. Kaum haben Sie geparkt, geht es entschlossenen<br />

Schritts zum Château Royal oberhalb<br />

der Stadt. Sprechen Sie den Kellner darauf<br />

an, wird er ihnen vermutlich mit einem<br />

amüsierten Lächeln sagen, dass dieselben<br />

Touristen kaum eine Stunde später<br />

schon wieder zurück sind und ebenso<br />

entschlossen das nächste Schloss ansteuern,<br />

das zum « Pflichtprogramm » in<br />

dieser Gegend gehört. Will man die<br />

« wichtigsten » Schlösser an der Loire innerhalb<br />

nur weniger Tage besuchen, so<br />

artet das eindeutig in einen regelrechten<br />

Marathon aus! Doch abgesehen von der Kategorie<br />

der « Eiligen », gibt es noch eine zweite Art<br />

Touristen in Amboise. Touristen, die sich Zeit nehmen,<br />

die Stadt und ihre teilweise überraschenden Sehenswürdigkeiten<br />

zu erkunden, vor allem, wenn sie – vielleicht wie Sie<br />

– in unserer letzten Ausgabe den Artikel über Château du<br />

Clos Lucé gelesen haben, das ebenfalls in Amboise liegt<br />

(Leonardo da Vinci: Der Geist eines Genies im Loire-Tal, Frankreich<br />

erleben <strong>Nr</strong>. 86). Selbstverständlich werden auch diese<br />

Besucher das Château Royal besichtigen, aber nicht nur,<br />

denn viele von ihnen werden nach dem Verlassen des beeindruckenden<br />

Königspalastes zum nur wenige Hundert Meter<br />

entfernten Clos Lucé gehen, dem letzten Wohnsitz von<br />

Leonardo da Vinci. Und die Neugierigsten dieser Kategorie,<br />

diejenigen, die sich gut auskennen, gehen anschließend erneut<br />

einige Hundert Meter in derselben Straße weiter, biegen<br />

dann in einen kleinen, unscheinbaren Weg nach links<br />

ein, der in einer Sackgasse endet. Am Ende stehen sie vor<br />

einem schönen Portal und werden von einem Schild mit der<br />

Aufschrift Bienvenue au domaine royal du Château Gaillard<br />

begrüßt.<br />

Das Gebäude auf dem 15 Hektar großen Anwesen in<br />

diesem etwas abseits gelegenen kleinen Tal von Amboise<br />

ließ Karl VIII. (1470-1498) 1496 nach seinem ersten Italienfeldzug<br />

bauen. Im Laufe der Zeit geriet es in Vergessenheit,<br />

wurde von Pflanzen überwuchert und 2011 zufällig wiederentdeckt.<br />

Grund genug also, um neugierig das Eingangstor<br />

zu öffnen und sich auf eine Entdeckungsreise in ein « etwas<br />

anderes » Loire-Schloss zu begeben. Das zauberhafte Schloss<br />

liegt zu Füßen eines kleinen Hügels, seine Renaissance-<br />

Fassade ist im Vergleich zu den meisten anderen Schlössern<br />

der Region angenehm bescheiden. Es versucht nicht, durch<br />

Größe und Opulenz zu beeindrucken, hier sind es die elegante<br />

Architektur, die an einen schönen italienischen Palast<br />

erinnert, und der Charme des Parks mit jahrhundertealtem<br />

Baumbestand, Statuen, Brunnen und Gartenpavillons, die<br />

den Besucher in ihren Bann ziehen. Es ist offensichtlich,<br />

dass man sich in einem kleinen Paradies befindet, fernab<br />

vom Lärm der Stadt. Dieser erste Eindruck des Ortes ist<br />

eine angenehme Überraschung, aber nicht seine einzige<br />

Besonderheit, denn man kann hier noch ganz andere<br />

unerwartete Dinge entdecken …<br />

Der Traum eines<br />

jungen Königs<br />

Alles begann im Jahr 1495, als der<br />

junge französische König Karl VIII.<br />

von seinem ersten Italien feld zug zu -<br />

rück kam. Ge rade einmal 25 Jahre alt,<br />

hatte der Monarch jenseits der Alpen<br />

nicht nur Kämpfe geführt, sondern<br />

sich darüber hinaus sprichwörtlich in die<br />

Architektur, die Gärten und die Kultur Italiens<br />

verliebt. Es beherrschte ihn daher ein einziger<br />

Gedanke, nämlich in Amboise den Charme der<br />

neapolitanischen Paläste und Gärten wiederzufinden. Und<br />

Karl VIII. zögerte nicht lange: Das Privileg des Siegers<br />

erlaubte es ihm, bei der Rückkehr nach Frankreich nicht<br />

nur rund 30 Tonnen an Beute (Möbel, Stoffe, Statuen,<br />

Gemälde …) im Gepäck mitzunehmen, sondern auch « 22<br />

Leute vom Fach », italienische Handwerker, Architekten<br />

und Künstler, die seiner Meinung nach dazu in der Lage<br />

waren, in Frankreich das italienische Flair umzusetzen,<br />

das es ihm so angetan hatte. Im Gefolge befand sich auch<br />

Dom Pacello da Mercogliano (1453-1534). Der Geistliche<br />

galt als der größte Gartengestalter seiner Zeit und sollte<br />

in Amboise das « Paradies auf Erden » kreieren, nach dem<br />

Vorbild des Gartens der Villa Poggio Reale, den er in Neapel<br />

geschaffen hatte und dessen Faszination Karl VIII.<br />

unterlegen war. Der Monarch übertrug Dom Pacello also<br />

die Aufgabe, den Park eines Schlosses zu gestalten, das<br />

er in Amboise bauen ließ: Château Gaillard, in unmittelbarer<br />

Nähe des Château Royal. Letzteres gehörte zwar<br />

ebenfalls Karl VIII., allerdings war es von dessen Vater,<br />

Ludwig XI. (1423-1483), erbaut worden. Dort fühlte sich<br />

der junge König nicht wirklich « zu Hause », was auf Château<br />

Gaillard ganz anders war. Hier hatte er das alleinige<br />

Sagen, hier besaß er absolute Gestaltungsfreiheit. Und<br />

diese Freiheit wollte er ausnutzen!<br />

Im Paradies der Zitrusfrüchte<br />

So entwickelte sich Château Gaillard im Laufe seiner<br />

Entstehung zu einem der ersten « Versuchslabore » der<br />

französischen Renaissance. Entgegen aller Erwartungen<br />

« Mein guter Pacello, Ihre Gärten sind so bezaubernd, mit den Blumen in bunten Farben, den grünen Sträuchern, dem köstlichen Obst und Gemüse.<br />

Daran erkennt man die große Sorgfalt eines neapolitanischen Mönches. » Dies schrieb zu Lebzeiten Karl VIII., dessen Porträt sich auf einem der<br />

bemalten Fenster des Schlosses befindet. Angesichts des Glanzes, in dem der Garten heute erstrahlt, würde der Monarch diese Komplimente mit<br />

Sicherheit wiederholen.<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Indre-et-Loire<br />

Porträt von Dom Pacello, der als der<br />

« Papst der Orangenbäume » gilt.<br />

war es weniger die weitgehend vom italienischen Baustil beeinflusste<br />

Architektur des Gebäudes als solche, welche die Franzosen am meisten<br />

verblüffte, sondern die absolut neuartige Gartengestaltung, die bis<br />

heute noch als das herausragende Markenzeichen des Schlosses gilt.<br />

Verantwortlich für diese « kleine Revolution » war der bereits erwähnte<br />

italienische Gärtner Dom Pacello da Mercogliano, mit dem Karl VIII.<br />

im Laufe der Zeit eine echte Freundschaft verband. Zur Verblüffung<br />

der einheimischen Gärtner führte der Italiener die Kunst der Perspektive<br />

ein, die in Italien schon weit verbreitet war. Bereits 1450 hatte der<br />

florentinische Philosoph, Architekt und Kunsttheoretiker Leon Battista<br />

Alberti (1404-1472) geschrieben: « Das Gebäude muss sich durch<br />

eine erhöhte Position immer zu einer großen Stadt, dem Meer, einer<br />

weiten Ebene, zu einem bekannten Hügel oder Berg hin öffnen und<br />

die Landschaft der Umgebung überblicken. » Insofern war es für Dom<br />

Pacello fundamental, eine solche Perspektive auf Château Gaillard zu<br />

kreieren. Durch terrassenförmige Anlagen und andere Gestaltungselemente<br />

gelang ihm das perfekt, und noch heute kann man den prächtigen<br />

Ausblick vom Schloss aus bewundern.<br />

Abgesehen davon war Dom Pacello ein Liebhaber von Zitrusfrüchten<br />

und hatte bei seiner Ankunft in Amboise Dutzende von<br />

Orangenbäumen im Gepäck, fest entschlossen, diese Bäume hier zu<br />

akklimatisieren. Für die damalige Zeit war das ein riskantes Unterfangen,<br />

eine Premiere! Damit dies gelang, nutzte der italienische Gärtner<br />

in Amboise eine Vorgehensweise, mit der er bereits in seiner Heimat<br />

experimentiert hatte: Er ließ innerhalb des Parks hohe Mauern bauen,<br />

hinter denen er die Orangenbäume pflanzte. Die Mauern stellten einen<br />

Windschutz dar und speicherten gleichzeitig die Wärme der Sonne.<br />

Diese Technik war damals ganz neu in Frankreich, wurde aber in der<br />

Folge von vielen anderen Gärtnern übernommen, insbesondere auch im<br />

Potager du Roi in Versailles (siehe unseren Artikel Potager du Roi: Das<br />

andere Versailles - ohne Prunk und Pracht, Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 86).<br />

Das war aber bei Weitem nicht die einzige Neuerung, die Dom Pacello<br />

einführte. Um die Orangenbäume innerhalb des Parks von Château<br />

Gaillard einfacher umstellen zu können, erfand er die Caisse à orangers.<br />

Er kam auf die findige Idee, die Bäume in eine Art von « Holzfass » zu<br />

pflanzen, damit man sie einfach durch die Alleen rollen und auf diese<br />

Weise je nach Saison und Sonnenstand problemlos versetzen konnte.<br />

Nach wie vor werden Zitruspflanzen in Orangerien auf der ganzen<br />

Welt in Behältnisse gepflanzt, die allerdings heute in den meisten Fällen<br />

quadratisch sind. Als weitere Neuerung in Zusammenhang mit den<br />

wertvollen Zitrusfrüchten führte Dom Pacello auf Château Gaillard<br />

erstmals deren Kultur in geheizten Gewächshäusern ein.<br />

Ein Schloss gegen « einen Strauß<br />

Orangenblüten pro Jahr »<br />

Diese Innovationen machten schnell von sich reden, sodass der<br />

französische König nicht nur seine wahre Freude an den Gärten,<br />

sondern auch am Prestige hatte, das diese ihm einbrachten. Nur zu<br />

gut war dem König klar, dass Dom Pacello in Amboise ein in seiner<br />

Art einzigartiges Zitrusfrüchte-Konservatorium geschaffen hatte:<br />

einen für die damalige Zeit unglaublichen exotischen Garten, mit<br />

über 200 Zitronen- und Orangenbäumen. In der ersten königlichen<br />

Orangerie des Landes wuchsen und gediehen 70 verschiedene Arten!<br />

Das steigerte das Renommee Frankreichs auf der ganzen Welt,<br />

und den wesentlichen Anteil daran hatte ein italienischer Gärtner …<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Der « Speisesaal des Kardinals de Guise » und die Küche, die in den Felsen gebaut ist. Dort herrscht das ganze Jahr<br />

über eine Temperatur von 13 Grad. Der Abzug des Kamins ist einen Meter breit und zwanzig Meter hoch.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 63


Dom Pacello war 50 Jahre alt, als er nach Amboise kam, er starb<br />

dort mit <strong>87</strong> Jahren. In all diesen Jahren unterstand er als Chefgärtner<br />

drei französischen Königen in Folge: Karl VIII., Ludwig XII.<br />

(1462-1515) und Franz I. (1494-1547). Alle lobten seine Dienste<br />

und waren ihm freundschaftlich verbunden. Das ging so weit, dass<br />

Franz I. ihm gegen « einen Strauß Orangenblüten pro Jahr » ein lebenslanges<br />

Wohnrecht auf Château Gaillard einräumte. Ein seltenes<br />

königliches Geschenk an einen Bediensteten. Man muss allerdings<br />

wissen, dass der Gärtner aus Neapel herausragende Fähigkeiten<br />

hatte, mit denen er die Könige für sich einnahm. Es war ihm nicht<br />

nur gelungen, aus Château Gaillard ein regelrechtes botanisches<br />

Versuchslabor unter freiem Himmel zu machen, sondern auch eine<br />

Pflaumensorte zu züchten, die als besonders köstlich gilt und heute<br />

noch zu den bekanntesten und beliebtesten Pflaumen der Franzosen<br />

zählt: die Reineclaude. Eine Sorte, die Dom Pacello in diplomatischer<br />

Manier der Ehefrau Franz‘ I., Claude de France (1499-1524)<br />

widmete …<br />

Ein « Prinz », der das Schloss aus dem<br />

Dornröschenschlaf weckte<br />

Die königliche Orangerie unter der Schlossterrasse<br />

ist ideal nach Süden ausgerichtet.<br />

All diese Anekdoten machen die Besichtigung von Schloss und<br />

Garten sehr lebendig und bereichernd. Abgesehen davon ist jedoch<br />

auch die jüngere Geschichte von Château Gaillard sehr berührend.<br />

So unglaublich es auch angesichts seiner Vergangenheit erscheinen<br />

mag, das Schloss wäre beinahe in Vergessenheit geraten. Aus Mangel<br />

an Mitteln und folglich an Instandhaltung – vermutlich auch,<br />

weil es mittlerweile im Schatten der viel bekannteren Nachbarschlösser<br />

stand – fiel das kleine paradiesische Schlösschen, das Juwel<br />

der italienischen Renaissance, in einen Dornröschenschlaf und wurde<br />

zwar nicht von einer Dornenhecke, dennoch aber von Pflanzen<br />

überwuchert. Und wie im Märchen Dornröschen brauchte es einen<br />

« Prinzen », der mit viel Mut – und einem gewissen Maß an « Verrücktheit<br />

», wie der neue Eigentümer selbst zugibt – das Schloss aus<br />

seinem Dornröschenschlaf « wachküsste ». Der Prinz, das war in diesem<br />

Fall Marc Lelandais, ein passionierter Unternehmer, der lange<br />

Jahre in der Luxusgüterindustrie (Pierre Cardin, ST Dupont, Lancel<br />

…) gearbeitet hatte und 2011 dem Charme des Schlosses unterlag.<br />

Er kaufte es und begann kolossale Renovierungsarbeiten, die fünf<br />

Jahre dauern sollten.<br />

Um dem Schloss wieder den ursprünglichen Glanz zu verleihen,<br />

zeigte er sich äußerst ambitioniert: Er ließ nicht weniger als 50 Unternehmen<br />

und Kunsthandwerksbetriebe kommen. Insgesamt waren<br />

300 Handwerker beteiligt und 225 000 Arbeitsstunden notwendig,<br />

um Schloss und Park aus der Asche auferstehen zu lassen und ihnen<br />

wieder den ursprünglichen Glanz zu verleihen. Die Arbeiten waren<br />

kolossal und von zahlreichen Rückschlägen geprägt. So stand nach<br />

einer großen Überschwemmung im Jahr 2016 das Wasser in den Gärten<br />

1,80 m hoch, nur eine Woche nach ihrer Fertigstellung und eine<br />

Woche vor der geplanten Eröffnung. Doch der neue Schlossbesitzer<br />

und die Arbeiter ließen sich davon nicht entmutigen, und sie taten gut<br />

daran: Inzwischen kommen Jahr für Jahr mehr Besucher nach Château<br />

Gaillard, und der gesamte Komplex ist seit diesem Jahr als Monument<br />

historique klassifiziert. Für das Schloss, das vermutlich eines der « verstecktesten<br />

», aber auch eines der interessantesten Loire-Schlösser ist,<br />

kann das Abenteuer also weitergehen.<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


A<br />

Ile de Sein<br />

Pointe<br />

du Raz<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

Amboise …<br />

… Berlin 1273 km … Hamburg 1115 km<br />

… Köln 709 km … Frankfurt 796 km<br />

… München 9<strong>87</strong> km … Wien 1389 km<br />

… Zürich 750 km … Paris 225 km<br />

… Tours 25 km<br />

Die beiden nächstgelegenen Lannion Flughäfen,<br />

die aus dem deutschsprachigen Raum<br />

direkt angeflogen N12/E50 werden, sind Paris-<br />

Brest<br />

Saint-Brieuc<br />

Orly (217 km) und Paris-Charles-de-<br />

Gaulle (251 km).<br />

N164<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof ist<br />

Tours-Saint-Pierre-des-Corps Quimper<br />

(24 km).<br />

D768<br />

Château Gaillard N165/E60<br />

29, allée du Pont Moulin<br />

37400 Amboise Lorient<br />

Telefon: +33 (0)2 47 30 33 29 Vannes<br />

N12/E50<br />

N24<br />

keinen Zutritt zum Schloss.<br />

N165/E60 In einem Salon de thé erhalten<br />

www.chateau-gaillard-amboise.fr<br />

Quiberon<br />

Sie kleine Gerichte aus frischen, Angers<br />

biologischen Zutaten, die Sie auf<br />

A11/E60<br />

Schloss und Gärten sind täglich von La Baule der schönen Terrasse des Schlosses<br />

11 bis 18 Uhr geöffnet. Letzter Einlass: St. verzehren Nazaire können. Dazu gehören auch<br />

17.15 Uhr.<br />

einige köstliche Nantes Spezialitäten, die einen<br />

A<strong>87</strong><br />

Bezug zur Geschichte des Schlosses<br />

Clisson<br />

Eintritt 15 €, ermäßigt 13 €. Kinder<br />

haben, zum Beispiel frisch Cholet gepresster<br />

unter 7 Jahren haben freien Eintritt.<br />

Orangensaft, Zitronengetränke und<br />

A83<br />

Hinweis: Bei Vorzeigen eines<br />

Orangenkuchen. Ideal für den kleinen<br />

Eintrittstickets aus dem Jahr <strong>2023</strong> für Hunger Les zwischendurch.<br />

Sablesd’Olonne<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

das benachbarte Schloss Clos Lucé<br />

erhält man einen Nachlass in Höhe<br />

N13<br />

von 1 €.<br />

Saint-Lô<br />

Parkplatz: In der Nähe des<br />

A84/E401<br />

Haupteingangs gibt es keine Parkplätze,<br />

Dinard man Saint-Malo gelangt nur zu Fuß dorthin. Da<br />

Avranches<br />

es in der Hauptsaison schwierig ist, in<br />

Amboise N176/E401 einen Mont-Saint-Michel<br />

Parkplatz zu finden,<br />

bietet das Schloss vom 1. Mai bis 31.<br />

August einen kostenlosen A84 Parkplatz<br />

in der Avenue Léonard de Vinci <strong>Nr</strong>. 99<br />

(auf der entgegengesetzten Seite der<br />

Anlage) an. Ganz in der Nähe befindet<br />

sich ein Nebeneingang, Rennes durch den man<br />

in den Park gelangt.<br />

Hunde dürfen im Park mitgeführt<br />

werden (Leinenpflicht), haben jedoch<br />

Caen<br />

A11/E501<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

A13/E46<br />

A28/E402<br />

A28/E502<br />

A86/E60<br />

Le Mans<br />

Tours<br />

A10/E5<br />

Rouen<br />

A13/E5<br />

Evreux<br />

Dreux<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

Blois<br />

A10/E5-E60<br />

Amboise<br />

A20/E9<br />

A10/E5<br />

A85<br />

Amiens<br />

A16<br />

PARIS<br />

Versailles<br />

Chambord<br />

Cheverny<br />

Orléans<br />

A71/E9<br />

Bourges<br />

A71/E1<br />

A83<br />

Poitiers<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 86<br />

Saint-Sigismond<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 83<br />

Léonardo da Vinci: Der Geist eines<br />

N11/E601<br />

Niort Monmousseau, wenn Loire-Schlösser Montluç<br />

Genies im Loire-Tal<br />

La Rochelle<br />

Weinkeller illuminieren (18 km<br />

Das Château du Clos Lucé in Amboise<br />

E5/A10 entfernt)<br />

(Indre-et-Loire) zählt nicht gerade zu<br />

Im Herzen des Loire-Tals, nur wenige<br />

den bekanntesten Schlössern an der<br />

E602/A837<br />

Minuten von Schloss Chenonceau<br />

Loire. Denjenigen, die sich ein wenig<br />

entfernt, liegt eine regelrechte lokale<br />

für die Region und ihre imposanten<br />

Institution: die Keller von Limoges Maison<br />

Gebäude interessieren,<br />

Angoulême Monmousseau in Montrichard<br />

sei jedoch ein Besuch<br />

(Loir-et-Cher). Seit 1886<br />

ans Herz gelegt, zumal<br />

werden dort stille Weine, vor<br />

dort eines der größten Montalivet<br />

allem aber die Spezialität<br />

Genies aller Zeiten seine<br />

des Hauses, Schaumweine<br />

letzten Lebensjahre<br />

nach der Méthode Tulle<br />

Périgueux<br />

verbrachte: Leonardo<br />

traditionnelle, hergestellt. Brive-la-Gaillarde<br />

Die<br />

da Vinci (1452-1519). Das<br />

A89/E70 Weinkeller befinden Le Pescher sich in<br />

E5/A10<br />

Gebäude befindet sich<br />

beeindruckenden Souillac sur Stollen, Saillac<br />

zwar in Privatbesitz,<br />

Dordogne<br />

Le Porge<br />

die in den für die Gegend<br />

ist jedoch seit 1954<br />

Bordeaux<br />

Sarlat-le-Canéda typischen Kalkstein – den<br />

für die Öffentlichkeit<br />

Payrac Rocamadour<br />

Cap-Ferret<br />

sogenannten Tuffstein<br />

A52/E72<br />

A20/E9<br />

zugänglich. In den letzten Jahren wurde es umfassend renoviert – gehauen sind. Seit einigen Jahren ist dies für Besucher die<br />

mit dem Ziel, « das Erbe von Leonardo da Vinci weiterzugeben » Kulisse für ein ganz unerwartetes Erlebnis: Die langen Gänge<br />

und sich in Frankreich als Ort zu positionieren, den alle gesehen werden durch eine einfache, aber wirkungsvolle Technik<br />

haben sollten, die mehr über Leben und Werk des angesehenen illuminiert, und die gelungene Inszenierung ist gleichzeitig eine<br />

Künstlers und Naturwissenschaftlers erfahren möchten. Mimizan Eine<br />

Hommage an die Schlösser der Loire, die zum Teil mit dem an<br />

Ambition, der die Eigentümer absolut gerecht geworden sind. diesem Ort abgebauten Stein errichtet wurden. Eine schöne Art,<br />

E5-E70/A63 die Region und ihre Weine zu entdecken!<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 82.<br />

Hossegor<br />

Biarritz<br />

Hendaye<br />

Donostia-<br />

S. Sebastian<br />

Sare<br />

Bayonne<br />

France<br />

A64/E80<br />

Pau<br />

Toulouse<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 65


FRANKREICH HEUTE Interview<br />

STÉPHANE BERN, DER MONSIEUR PATRIMOINE FRANKREICHS<br />

« Mir ist wichtig,<br />

dazu beizutragen,<br />

dass Frankreich<br />

schöner wird! »<br />

Der Kontext: Im September 2017 übertrug der französische Staatspräsident<br />

Emmanuel Macron dem bekannten und vielseitigen Radio- und TV-Moderator<br />

Stéphane Bern die Aufgabe, gefährdete Kulturgüter im Hexagon ausfindig zu machen<br />

und neue Finanzierungsquellen für deren Restaurierung zu suchen. Aus dieser<br />

Mission entstand 2018 das Loto du Patrimoine, dessen Einnahmen zu einem<br />

Teil für die Finanzierung solcher Instandsetzungsprojekte verwendet werden.<br />

Seitdem beteiligen sich Millionen Spieler an diesem Lotto. Seit 2018 wurden von<br />

den 5200 gefährdeten Denkmälern, die auf der partizipativen Plattform www.missionbern.fr<br />

registriert sind, 762 selektiert. Bei 470 davon sind die Arbeiten im Gange<br />

oder bereits beendet. Für die ausgewählten Projekte wurden Finanzmittel von<br />

mehr als 230 Millionen Euro aufgebracht. Im Frühjahr <strong>2023</strong> wurde die Liste der 18<br />

herausragenden regionalen Projekte veröffentlicht, die in diesem Jahr in den Genuss<br />

von Mitteln aus dem Loto du Patrimoine kommen, an dem man ab September<br />

teilnehmen kann. Wir haben uns aus diesem Anlass mit dem Monsieur Patrimoine<br />

Frankreichs, Stéphane Bern, unterhalten.<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Stéphane Bern, welche Beziehung haben wir Ihrer Meinung<br />

nach zum Begriff Kulturerbe?<br />

Eine sehr persönliche und innige Beziehung. Eine<br />

Beziehung zum Schönen und zur Kultur: Ich bin davon<br />

überzeugt, dass Kulturgüter, egal wo wir geboren sind,<br />

uns für Schönheit und Kultur empfänglich machen.<br />

Nehmen Sie beispielsweise eine Dorfkirche. Oft ist sie<br />

es, die uns neue Wahrnehmungen eröffnet, die unser<br />

gewohntes Umfeld übersteigen und uns weiterbringen.<br />

Sie steht nicht nur für die Religion, sondern auch für<br />

Schönheit und Kultur. Das wurde mir bereits klar, als<br />

ich noch ein Junge war. Wir wohnten in Nancy. Mit<br />

dem Platz Stanislas, dem Musée Lorrain, der Chapelle<br />

des Cordeliers und vielem anderen ist das eine sehr<br />

attraktive Stadt. Ich wohnte allerdings mit meiner Familie<br />

in einem Gebäude aus den Siebzigerjahren, das<br />

absolut hässlich war. Doch durch die Kulturgüter in<br />

Nancy entdeckte ich, dass es gleich neben dem Hässlichen<br />

etwas Schönes und Harmonisches gab, das für<br />

mich zugänglich war. Das hat mich nicht nur in Entzücken<br />

versetzt, sondern auch aufgeschlossen gemacht.<br />

Dadurch verspürte ich schon früh die Lust, andere<br />

historische Denkmäler zu entdecken, mich mit dem so<br />

schwer fassbaren Begriff « Kulturerbe » auseinanderzusetzen.<br />

Was macht Ihrer Meinung nach ein Kulturgut aus?<br />

Das ist eine grundlegende, wenngleich sehr schwierige<br />

Frage. Eines ist klar: Bei einem Schloss, einer<br />

Kirche sagen wir alle ganz « instinktiv », dass sie Teil<br />

des Kulturerbes sind. Ich habe jedoch festgestellt, dass<br />

der Begriff mit der Zeit immer differenzierter betrachtet<br />

wird, dass wir eine archäologische Stätte, das Haus<br />

eines Malers oder eines Schriftstellers ebenfalls als<br />

Kulturgut bezeichnen. Die Begriffsdefinition weitet<br />

sich also nach und nach aus. Ich persönlich setze mich<br />

zudem für die Aufwertung des Industrieerbes ein, das<br />

in Frankreich weit weniger wertgeschätzt wird, als<br />

in Deutschland: Dabei sind die Fabriken aus dem 19.<br />

Jahrhundert Zeugnisse der industriellen Revolution,<br />

sie erinnern an die Menschen, die dort beschäftigt<br />

waren. Und unter diesem Gesichtspunkt haben sie eine<br />

Die Stallscheune in Saint-Michel de Cours (Gemeinde Bellefont-La Rauze im Departement Lot) vor und<br />

nach der Renovierung, die durch die Fondation du Patrimoine ermöglicht wurde.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 67


FRANKREICH HEUTE Interview<br />

allem die Engländer interessieren sich ebenfalls<br />

sehr stark für ihre Kulturgüter. Allerdings<br />

sorgen sie sich noch viel mehr um ihr « alltägliches<br />

Kulturerbe », nämlich ihre Häuser und<br />

Dörfer.<br />

Denken Sie, dass die Dinge in Bezug auf dieses<br />

« alltägliche Kulturerbe » in Frankreich schlechter<br />

stehen?<br />

Ja. Ich glaube, das liegt daran, dass man in<br />

England gewöhnlich viel öfter umzieht, man<br />

lässt sich insbesondere dort nieder, wo es Arbeit<br />

gibt. Also muss man sein Haus regelmäßig<br />

verkaufen. Die Folge: Man achtet viel mehr<br />

darauf als in Frankreich, es gut zu unterhalten,<br />

um sicher zu sein, einen guten Preis zu erzielen.<br />

Im Hexagon ist man viel « sesshafter » und<br />

daher viel seltener « gezwungen », sein Haus<br />

zu verkaufen. Insofern kümmert man sich weniger<br />

um die Instandhaltung. Man sagt sich,<br />

das hat noch Zeit … Wenn ein Franzose ein<br />

Haus erbt, ist es oftmals in einem schlechten<br />

Zustand. Die Einstellung in diesem Punkt ist<br />

also in Frankreich und England sehr unterschiedlich.<br />

Und in einem deutschsprachigen<br />

Land ist es nochmals anders, dort wird derartiges<br />

Vermögen meiner Meinung nach sehr aufgewertet:<br />

Egal, welches Dorf in Deutschland<br />

oder Österreich Sie nehmen, die Häuser sind<br />

meist sehr gut instand gehalten. Ganz anders<br />

in Frankreich, wo viele Gebäude aufgrund<br />

einer mangelnden Unterhaltung verwahrlost<br />

aussehen …<br />

Bedeutung als Kulturgut. Selbst wenn wir sie heute nicht<br />

mehr brauchen, dürfen wir nicht vergessen, dass sie zu ihrer<br />

Zeit essenziell waren. Wir haben nicht das Recht, sie<br />

zu vergessen, daher müssen wir sie auch in Frankreich als<br />

Kulturerbe behandeln.<br />

Sie sind ein überzeugter Europäer, haben die französische<br />

und luxemburgische Staatsangehörigkeit, sprechen mehrere<br />

Sprachen und reisen regelmäßig kreuz und quer durch Europa.<br />

Glauben Sie vor diesem Hintergrund, dass der Stellenwert des<br />

Kulturerbes von Land zu Land unterschiedlich ist?<br />

Ich habe das Gefühl, dass die Franzosen sehr an ihrer<br />

Geschichte und ihrem Kulturerbe hängen. Das sieht man<br />

schon daran, wie erfolgreich die Europäischen Tage des<br />

Kulturerbes Jahr für Jahr im Hexagon sind. Doch damit<br />

sind sie auf europäischer Ebene nicht die Einzigen. Vor<br />

Franzosen sind also viel weniger für die Instandhaltung<br />

ihres individuellen Kulturerbes empfänglich?<br />

Leider ja, manchmal ist das wirklich offensichtlich.<br />

Stellen Sie sich vor, dass man<br />

in Frankreich beispielsweise im Jahr <strong>2023</strong><br />

immer noch typische Elsässer Fachwerkhäuser aus dem<br />

18. Jahrhundert abreißt! Das ist geradezu unglaublich. In<br />

Deutschland werden derartige Häuser nicht nur gut in<br />

Schuss gehalten, sondern stehen zudem unter Denkmalschutz.<br />

Alle sind sich darüber bewusst, dass sie nicht nur<br />

ein wertvolles Erbe darstellen, sondern uns auch ökologische<br />

Aspekte vermitteln: Ihre Konstruktionsmethode,<br />

die Art ihrer Isolierung sind sehr nützliche Inspirationsquellen!<br />

In Frankreich dagegen reißt man sie ab! Wenn<br />

ich so etwas sehe, macht mich das verrückt! Wie lässt sich<br />

das erklären? Mit einem fehlenden Sinn für Ästhetik und<br />

Ökologie? Deutsche, Schweizer, Österreicher, Luxemburger:<br />

Alle sind viel besser darin, dieses « kleine » Kulturerbe,<br />

die alltäglichen Kulturgüter zu erhalten. Die Franzosen<br />

haben die Tendenz, sie zu vergessen. Allerdings muss<br />

ich zugeben, dass man sich hier dafür mehr um das « gro-<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


ße » Kulturerbe kümmert, um die « großen Monumente ».<br />

Man ist im Übrigen der Meinung, dass dies Aufgabe des<br />

Staates sei …<br />

Ist das nicht zuletzt auch eine ökonomische Frage?<br />

Vor allem beim « großen Kulturerbe » ist das selbstverständlich<br />

ein Kriterium. Seien wir ehrlich: Welche französische<br />

Gemeinde kann sich denn beispielsweise so einfach<br />

die Erneuerung eines Kirchendachs leisten? Die Kosten<br />

dafür liegen oft bei über 1,5 Millionen Euro. In Deutschland<br />

haben Kirchen – und andere Kultstätten – Glück,<br />

denn sie profitieren von der Kirchensteuer. In Frankreich<br />

gibt es diese Steuer nicht, die Kirchen sind Eigentum der<br />

Gemeinden, deren Aufgabe es ist, sie zu unterhalten …<br />

Das ist ein schlechtes System.<br />

Daher muss der Staat eingreifen oder man muss andere Mittel<br />

für die Finanzierung finden?<br />

Genau. Man kann von den Gemeinden<br />

nicht verlangen, Güter zu unterhalten, bei denen<br />

selbst kleinere Arbeiten gleich ein Vermögen<br />

kosten. Also muss der Staat eingreifen und<br />

helfen, wo es möglich ist, vor allem mit Subventionen.<br />

Was er im Übrigen tut, zusätzlich<br />

zu den europäischen Subventionen. Dennoch<br />

muss man neue Möglichkeiten finden, um<br />

Kulturgüter in schlechtem Zustand zu retten.<br />

Und zwar schnell. Also kam mir die Idee, nach<br />

dem Vorbild des englischen National Trust jedes<br />

Jahr ein Loto du Patrimoine zu organisieren.<br />

Diesen Vorschlag habe ich Emmanuel Macron<br />

unterbreitet, als er Präsidentschaftskandidat<br />

war. Nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten<br />

beauftragte er mich mit der Umsetzung, und<br />

so haben wir ein System für eine partizipative<br />

Finanzierung unter Beteiligung der Bevölkerung<br />

entwickelt. Die Menschen sind aufgefordert,<br />

Kulturgüter, die man ihrer Meinung<br />

nach restaurieren sollte, auf der Website Mission<br />

Patrimoine zu registrieren. Gemeinsam mit<br />

den zuständigen Behörden werden die Stätten<br />

überprüft, ihr Zustand beurteilt, die Machbarkeit<br />

einer Restaurierung eingeschätzt. Für<br />

die ausgewählten Kulturgüter wird dann ein<br />

staatliches Lotto organisiert. Der größte Teil<br />

des eingespielten Geldes wird immer an die<br />

Spieler ausgeschüttet, der staatliche Anteil an<br />

den Einnahmen fließt jedoch in die Rettung<br />

des Kulturerbes. Das erzeugt eine positive<br />

Dynamik, und auf diese Weise konnten bereits<br />

knapp 800 Monumente gerettet werden. Es<br />

sind zwar noch mehrere Tausend weitere erfasst,<br />

aber es ist ein guter Anfang!<br />

Die Tatsache, dass die Franzosen Sie kennen und<br />

schätzen, scheint ein Vorteil zu sein: Dank Ihnen<br />

ist die Rettung des Kulturerbes in Frankreich heute personifiziert,<br />

Sie sind quasi dessen Gesicht. Nicht umsonst werden Sie<br />

im Hexagon liebevoll « Monsieur Patrimoine » genannt …<br />

(Lacht) Es stimmt, durch die Aufgabe, die mir der<br />

französische Staatspräsident Emmanuel Macron übertragen<br />

hat, bin ich eine Art Botschafter für die Rettung des<br />

Kulturerbes geworden. Doch abgesehen davon vertrauen<br />

mir die Menschen, was wiederum nicht immer einfach<br />

ist. Stellen Sie sich vor, nach dem Brand von Notre-Dame<br />

de Paris erhielt ich Schecks für den Wiederaufbau, die<br />

auf meinen Namen ausgestellt waren. Teilweise war eine<br />

Nachricht dabei, in der die Spender erklärten, dass Sie mir<br />

voll und ganz vertrauten, dass ich dieses Geld dem richtigen<br />

Zweck zuführen würde … Das ist eine ungeheure<br />

Verantwortung, das können Sie mir glauben! Für die Rettung<br />

von Kulturgütern ist es in der Tat ein Vorteil, denn<br />

die Franzosen wissen, an wen sie sich wenden können.<br />

Und sie wissen, dass ich vollkommen unabhängig bin.<br />

Hôtel de Polignac in Condom im Departement Gers (linke Seite)<br />

und Château de Beaucamps-le-Jeune im Departement Somme<br />

(diese Seite), jeweils vor und nach den Arbeiten.


FRANKREICH HEUTE Interview<br />

Die pyramidenförmige Scheune in Récy in der Gemeinde Vinon im Departement<br />

Cher (diese Seite) und die Kirche in Celle-Guénand im Departement<br />

Indre-et-Loire (rechte Seite), jeweils vor und nach den Arbeiten.<br />

Baudenkmals in seiner Gemeinde von staatlicher<br />

Seite gebremst wird, dann greife ich<br />

zum Telefon und rufe den Präsidenten direkt<br />

an, um ihn zu fragen: « Es scheint, der Élysée-Palast<br />

will nicht. Aber der Élysée-Palast<br />

bist du, oder? Also wie denkst du darüber? »<br />

Oft reicht es, darüber zu sprechen, um einen<br />

Ausweg aus einer festgefahrenen Situation zu<br />

finden. Sie können sich aber vorstellen, dass<br />

ich das nicht ausnutze. Das funktioniert,<br />

weil mir der Präsident vertraut. Er hat mich<br />

gebeten, die Mission patrimoine zu übernehmen,<br />

damit ich diese Rolle spiele. Ich erlaube<br />

mir, den Mechanismus etwas zu schmieren,<br />

auf die Gefahr hin, dass das manchmal ein<br />

wenig lästig ist. Wenn es hilft, umso besser<br />

… Mir ist wichtig, dazu beizutragen, dass<br />

Frankreich schöner wird!<br />

Stéphane Bern, vielen Dank für das Gespräch.<br />

Die 18 herausragenden<br />

regionalen Denkmäler des<br />

Loto du Patrimoine <strong>2023</strong><br />

Im Gegensatz zu einem Minister oder Präfekten bin ich lediglich dem<br />

Staatspräsidenten unterstellt, und ich übe diese Aufgabe ehrenamtlich<br />

aus. Wenn mir etwas nicht gefällt, kann ich das offen sagen. Da halte<br />

ich mich nicht zurück. In gewisser Weise bin ich manchmal eine<br />

« Nervensäge », aber dazu stehe ich. Ich betrachte mich als « Zerstörungsverhinderer<br />

». Wenn ein Vorhaben blockiert wird, kann es auch<br />

vorkommen, dass ich mich direkt an den Präsidenten wende …<br />

In einem Land wie Frankreich, mit einem starken Präsidialsystem und einem<br />

tief verankerten Zentralismus, ist das umso wertvoller …<br />

Es stimmt, in Frankreich ist es oft nützlich, eine « unbequeme Person<br />

» an seiner Seite zu haben, die in der Lage ist, Dinge in Bewegung<br />

zu bringen, wenn etwas ins Stocken geraten ist. Wenn mir zum Beispiel<br />

ein Bürgermeister sagt, dass die Restaurierung dieses oder jenes<br />

• Aquädukt, Ansignan (Pyrénées-Orientales)<br />

• Moulin de Brissac, Les Garennes-sur-Loire<br />

(Maine-et-Loire)<br />

• Galloromanische archäologische Stätte,<br />

Châteaubleau (Seine-et-Marne)<br />

• Synagoge, Elbeuf (Seine-Maritime)<br />

• Ateliers Lorin, Chartres (Eure-et-Loir)<br />

• Institut de Biologie Marine Michel Pacha,<br />

La Seyne-sur-Mer (Var)<br />

• Château de Montmuran, Les Iffs (Ille-et-<br />

Vilaine)<br />

• Chartreuse Notre-Dame des Prés,<br />

Neuville-sous-Montreuil (Pas-de-Calais)<br />

• Tour Carabelli, genannt « Maison de<br />

Colomba », Fozzano (Corse-du-Sud)<br />

• Ehemalige Kathedrale Saint-Vincent,<br />

Mâcon (Saône-et-Loire)<br />

• Maison de potier – Atelier Wingerter-<br />

Ruhlmann, Betschdorf (Bas-Rhin)<br />

• Abbaye de Saint-Antoine, Saint-Antoinel’Abbaye<br />

(Isère)<br />

• Abbaye Saint-Jean de Sorde, Sordel‘Abbaye<br />

(Landes)<br />

• Ehemalige Zuckerfabrik der Habitation<br />

Belleville, Trois-Rivières (Guadeloupe)<br />

• Hôtel de ville, Saint-Esprit (Martinique)<br />

• Église Saint-Antoine-de-Padoue, Saül<br />

(Guyane)<br />

• Ehemalige Kapelle Sainte-Jeanne d’Arc,<br />

Saint-André (La Réunion)<br />

• Ehemalige Gouverneursresidenz,<br />

Dzaoudzi (Mayotte)<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />

Handel mit Beute: Wein und Zigaretten. Frühjahr 1941. Rechte Seite: Porträt von Christophe Lucand.<br />

Der französische Wein während<br />

des Zweiten Weltkriegs<br />

Schluss mit dem Mythos um die « Drei Bruchpiloten in Paris »<br />

Es gab bereits zahlreiche historische Studien<br />

über die wichtigsten Wirtschaftsbranchen Frankreichs<br />

während des Zweiten Weltkriegs und deren<br />

Beziehungen zur nationalsozialistischen Besatzungsmacht.<br />

Obwohl der Wein in den 1930er-<br />

Jahren die bedeutendste Devisenquelle des Landes<br />

darstellte und immerhin 15 % der Bevölkerung<br />

in dieser Branche arbeitete, wurden Funktionsweise<br />

und Entwicklung des französischen<br />

Weinmarktes während des Krieges bislang niemals<br />

fundiert untersucht. Das ist nun geschehen.<br />

Vor Kurzem wurde eine gewissenhaft erstellte<br />

Studie veröffentlicht, die Licht in eine dunkle Zeit<br />

bringt, die offensichtlich in der Welt des französischen<br />

Weins lange Zeit tabu war.<br />

Historiker und Forscher sind bekannt dafür, ihre<br />

Worte genau abzuwägen und intuitiv zunächst den<br />

notwendigen Abstand zu suchen, bevor sie sich äußern.<br />

Vor allem gegenüber Journalisten. Wenn Sie also einen<br />

Wissenschaftler treffen, der gerade das Ergebnis einer<br />

mehrjährigen Forschungsarbeit publizierte und ihnen unverblümt<br />

ins Gesicht sagt, « obwohl ich mich seit 25 Jahren<br />

mit der Welt der Reben und des Weins beschäftige, habe<br />

ich bei diesen Recherchen eine Überraschung nach der anderen<br />

erlebt, und ich kann Ihnen sagen, dass ich aus allen<br />

Wolken gefallen bin », dann sind Sie zwangsläufig besonders<br />

gespannt auf das Gespräch. Christophe Lucand ist 54<br />

Jahre alt. Er ist promovierter Historiker und Dozent an der<br />

Universität von Burgund, Lehrbeauftragter am Institut für<br />

politische Studien in Paris Sciences Po, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am UNESCO-Lehrstuhl « Kultur und Traditionen<br />

des Weins » sowie Verfasser mehrerer Referenzwerke<br />

in Verbindung mit Wein und Geschichte, darunter Le pinard<br />

des Poilus – Une histoire du vin en France durant la<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Grande Guerre (Presses Universitaires de Dijon, 2015, 180<br />

Seiten, 18 €, ISBN 978-2364411319). Man kann also sagen,<br />

was die Geschichte des französischen Weins angeht,<br />

kann man ihm so schnell nichts vormachen. Nebenbei bemerkt<br />

kennt er sich mit Wein umso besser aus, als er zudem<br />

Bürgermeister von Gevrey-Chambertin (Côte d‘Or)<br />

ist, einer Gemeinde in einem der renommiertesten Weingebiete<br />

Frankreichs. Aus den dortigen 550 Hektar der edlen<br />

Rebsorte Pinot noir, Spätburgunder, werden immerhin<br />

neun von insgesamt dreiunddreißig Grands Crus in Burgund<br />

erzeugt. Als sich der Akademiker über Jahre durch<br />

alle verfügbaren öffentlichen und privaten Archive in Frankreich<br />

arbeitete, die eine Verbindung zum französischen<br />

Weinmarkt während des Zweiten Weltkriegs haben, machten<br />

ihn einige Entdeckungen richtiggehend perplex. Das<br />

Ergebnis seiner Arbeit wurde kürzlich in Frankreich publiziert<br />

(Le vin des Nazis – Comment les caves françaises ont été<br />

pillées sous l’Occupation, Grasset, 352 Seiten, 23 €, ISBN<br />

978-2246824930) und gibt in der Tat dem Leser allen<br />

Grund zum Staunen …<br />

Wein als französischer Reichtum,<br />

nicht nur in Friedenszeiten<br />

Bevor er zu seinen Schlussfolgerungen kommt, ruft<br />

uns der Autor als guter Wissenschaftler zunächst<br />

einmal den Kontext seiner Recherchen in Erinnerung.<br />

Im Frühjahr 1940, am Vorabend<br />

der deutschen Invasion, war Frankreich<br />

weltweit der größte Produzent und Exporteur<br />

von Wein. Wein und Weinerzeugnisse<br />

hatten daher einen großen<br />

Anteil an der wirtschaftlichen<br />

Leistungsfähigkeit des Landes. Wie<br />

Christophe Lucand im Laufe seiner<br />

Nachforschungen schnell klar wurde,<br />

verschlechterte sich die Situation<br />

erstaunlicherweise während des Krieges<br />

nicht, im Gegenteil: Gerade in jener Zeit<br />

florierte dieser Wirtschaftszweig in Frankreich,<br />

und nicht wenige große Weingüter verdienten<br />

während der Besatzungszeit ein Vermögen. Dieser<br />

Punkt machte den Forscher stutzig, zumal ihm schnell<br />

klar war, dass der Sachverhalt unbekannt und bisher so<br />

gut wie gar nicht untersucht worden war: « Während meines<br />

Geschichtsstudiums musste ich mich mehrfach mit<br />

der französischen Weinwirtschaft befassen; die wenigen<br />

veröffentlichten Arbeiten über den französischen Wein<br />

während des Zweiten Weltkriegs, die ich finden konnte,<br />

beschränkten sich darauf, eine schöne Geschichte zu erzählen,<br />

die jeder hören wollte: über die heldenhafte Résistance<br />

der französischen Winzer, die ihre Reben und damit<br />

einen Teil des französischen Wohlstands retteten … » Zu<br />

solchen Geschichten, die man regelmäßig in Publikationen<br />

über diese Zeit liest, zählen vor allem Erzählungen<br />

von Winzern, wie sie « ganz hinten im Weinkeller doppelte<br />

Wände » einzogen, « um dahinter ihre besten Weine<br />

vor den Deutschen zu verstecken ». Dies mag in einzelnen<br />

Fällen durchaus der Fall gewesen sein, ist aber zu verbreitet,<br />

als dass es immer auf fundierten Tatsachen basieren<br />

könnte. « Ich wollte mehr darüber wissen; das war für<br />

mich eine zu ‹schöne› Geschichte, die auf der Legende der<br />

berühmten französischen Komödie ‹ Drei Bruchpiloten<br />

in Paris › aufbaut, in der die ‹ schlauen Franzosen › zwar<br />

als Besiegte dargestellt werden, denen es jedoch gelingt,<br />

diese ‹ großen Dummköpfe ›, die Deutschen, an der Nase<br />

herumzuführen. » « Ich konnte das nicht glauben und habe<br />

daher mit meinen Nachforschungen begonnen », erläutert<br />

Christophe Lucand.<br />

« Weiterfahren, es gibt nichts zu sehen! »<br />

Die Angelegenheit war nicht einfach. Dem Historiker<br />

war klar, dass es unmöglich war, sich auf einem Weingut<br />

in Frankreich, egal auf welchem, als Wissenschaftler vorzustellen,<br />

der über die Besatzungszeit recherchiert. « Dann<br />

schlägt man ihnen gleich die Tür vor der Nase zu », führt<br />

er aus. « Es mag überraschen, aber selbst im Jahr <strong>2023</strong> ist<br />

es in Frankreich immer noch ein riesiges Tabu, vor allem<br />

in großen Domainen in der Champagne, in Burgund und<br />

im Bordelais. » Selbstverständlich fanden seine Gesprächspartner<br />

immer eine « glaubhafte Erklärung » dafür,<br />

ihn höflich abzuweisen: Meistens führten<br />

Sie an, dass sie nichts mehr hätten, da die<br />

Archive während des Krieges zerstört<br />

worden seien. Doch der Wissenschaftler<br />

ließ sich nicht täuschen. Da er die<br />

Privatarchive der großen Weingüter<br />

nicht einsehen konnte, wendete er<br />

sich an öffentliche Archive von Gemeinden,<br />

Departements und sogar des<br />

Staates, vor allem des Finanzministeriums.<br />

Obwohl diese Institutionen viel<br />

leichter zugänglich waren, gibt Christophe<br />

Lucand zu, dass die Aufgabe dennoch<br />

nicht einfach war. Im Übrigen mangelt es ihm<br />

diesbezüglich nicht an Anekdoten. So erzählt er<br />

beispielsweise, wie er eines Tages Dokumente in einem<br />

Archiv im Osten Frankreichs, mitten in der Champagne,<br />

einsehen wollte. Als der Archivar ihm die angeforderten<br />

Unterlagen brachte, konnte dieser sich nicht verkneifen, zu<br />

sagen, dass er « es nicht normal findet, über diese Periode<br />

zu recherchieren », denn « diesen Dreck sollte man nicht<br />

aufwühlen » … Ähnlich ging es ihm später im Staatsarchiv,<br />

wo man ihm zu seiner Verblüffung « indirekt » die<br />

Aushändigung bestimmter Schriftstücke verweigerte,<br />

mit der Begründung, dass « der genaue Index für die Archive<br />

1944 bis 1946 noch nicht erstellt worden ist, und<br />

die Schriftstücke folglich nicht einsehbar sind … » « Eine<br />

höfliche Art, mir zu sagen, ‹fahren Sie weiter, hier gibt es<br />

nichts zu sehen›, als ob alle Angst hätten. » Trotz allem gab<br />

der Geschichtswissenschaftler sich nicht geschlagen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 73


FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />

Ein bewachter Konvoi mit Weinfässern.<br />

Côtes-du-Rhône, <strong>Sommer</strong> 1943.<br />

Ansturm der Besatzer auf die französischen Weine<br />

Ungeachtet der Zurückhaltung, die seine Gesprächspartner<br />

an den Tag legten, machte Christophe Lucand<br />

eine Entdeckung, bei der er, seinen eigenen Worten nach,<br />

buchstäblich « aus allen Wolken fiel »: Er realisierte das<br />

« gigantische Ausmaß des Weinhandels in Frankreich<br />

während der Besatzungszeit », die « absolute Unverhältnismäßigkeit<br />

dieses Handels in einer derartigen Epoche ».<br />

Beim unermüdlichen Durchforsten der Archive stellte<br />

der Historiker fest, dass die Zahlen einen spektakulären<br />

Aufschwung nahmen: Ab <strong>Sommer</strong> 1940 erzielten einige<br />

große Weingüter innerhalb nur weniger Wochen das<br />

Zwei- bis Dreifache ihres Jahresumsatzes! Und die « enge<br />

beziehungsweise sogar privilegierte Beziehung » zwischen<br />

einigen « prestigeträchtigen » Domainen und den Besatzern<br />

ist nur die Spitze des Eisbergs: Es geht noch viel<br />

tiefer, denn die gesamte französische Weinbranche scheint<br />

von der damaligen Situation profitiert zu haben, an der<br />

die Nazis selbstverständlich nicht unwesentlich beteiligt<br />

waren. Das ist eine Tatsache, die sich nicht ignorieren<br />

lässt. Der Geschichtsforscher machte sich auf die Suche<br />

nach den Gründen, warum der Weinmarkt während der<br />

Besatzung nicht nur stabil bleiben, sondern sogar wachsen<br />

konnte. Im Rahmen der Erklärungsansätze in seiner<br />

Studie führt er unter anderem aus, dass sich die Besatzer<br />

bei der Invasion nach Frankreich im Frühjahr 1940 regelrecht<br />

auf den französischen Wein stürzten. Bereits vor<br />

dem Krieg hatten nationalsozialistische Amtsträger eine<br />

ausgesprochene Vorliebe für herausragende Weine aus<br />

Burgund, Bordeaux und der Champagne. « Sie hatten die<br />

diplomatische Seite des Weines erkannt », erklärt Christophe<br />

Lucand. « Indem sie einen französischen Grand Cru<br />

in Aussicht stellten oder verschenkten, versicherten sich<br />

manche von ihnen der Treue ihrer Verbündeten, stellten<br />

sich beim Chef in ein gutes Licht oder beeindruckten ihre<br />

Gegner. » Der französische Wein hatte also eine hohe Anziehungskraft<br />

für sie. Dabei gingen die höchsten Amtsträger<br />

mit dem entsprechenden Beispiel voran: Obwohl<br />

Adolf Hitler (1889-1945) selbst keinen Alkohol trank,<br />

legte er sich außergewöhnliche Weinbestände an. Der<br />

größte Weinkeller, in dem immerhin 500 000 Flaschen<br />

lagerten, befand sich in Berchtesgaden. Hermann Göring<br />

(1893-1946) besaß in seinem Reichsjägerhof in Rominten<br />

ebenfalls einen Weinkeller mit 300 000 Flaschen, darunter<br />

viele französische Grand Crus, unter anderem ein<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


außergewöhnlicher Romanée-Conti. Der Wissenschaftler<br />

erinnert zudem daran, dass die Besatzer den Wechselkurs<br />

für eine Reichsmark eigenmächtig auf 20 Francs festgelegt<br />

hatten, sodass die deutschen Soldaten und Offiziere über<br />

eine beachtliche Kaufkraft verfügten, dank derer sie sich<br />

problemlos französische Weine « unter den Nagel reißen »<br />

konnten: Im <strong>Sommer</strong> 1940 wurden die großen Weingüter<br />

des Hexagons von den Besatzern überrannt, die Weine<br />

kistenweise kauften. Grund genug also, dass die französischen<br />

Verkäufer, die über den Absatz ihrer Weine nicht<br />

unglücklich waren, das Angebot verknappten, um die<br />

Preise in die Höhe zu treiben. Aber es kommt noch besser.<br />

Christophe Lucand enthüllt ebenfalls, dass die Nazis<br />

nicht nur große Weine hamsterten. Sie machten sich auch<br />

über einen großen Teil der Alltagsweine her, über die<br />

« Tischweine » der Franzosen. Diese wurden in riesigen<br />

« Tankwagenkonvois » nach Deutschland transportiert,<br />

zunächst für den Konsum der dortigen Bevölkerung. Im<br />

Laufe seiner Arbeit machte der Historiker darüber hinaus<br />

die erstaunliche Entdeckung, dass französischer Alkohol<br />

sogar als Treibstoff für die sogenannten « Vergeltungswaffen<br />

2 » (kurz V2 genannt) verwendet wurde. Aufgrund des<br />

Treibstoffmangels hatten die Nazis Ersatzprodukte für<br />

Benzin entwickelt, darunter eine Mischung aus Agraralkohol<br />

und Gas. Dieser Alkohol stammte vorwiegend aus<br />

Frankreich und wurde von Händlern und Industriellen in<br />

der Charente geliefert, die aktiv mit den Nazis kollaborierten.<br />

Am Ende zahlte Frankreich die Rechnung<br />

Für Christophe Lucand steht nach Abschluss seiner<br />

Recherchen fest, dass « es in Frankreich nur wenige<br />

Weinproduzenten und -großhändler gab, die sich weigerten,<br />

an Deutsche zu verkaufen ». Das ist nachvollziehbar,<br />

denn das hätte unweigerlich zum Bankrott geführt.<br />

Die Forschungen förderten zutage, welch beträchtliches<br />

Vermögen einige dabei machten, eine Tatsache, die der<br />

Historiker immer noch nicht fassen kann: Beispiele sind<br />

der Weinhändler Pierre André in Burgund, der Winzer<br />

Maurice Doyard in der Champagne und der Weinhändler<br />

Roger Descas im Bordelais. Alle arbeiteten sie Hand und<br />

Hand mit denjenigen, die in Frankreich in der Branche<br />

« Weinführer » genannt wurden. Dabei handelte es sich<br />

um Angestellte des Nazireichs, deren Aufgabe es war,<br />

französische Weine zu kaufen. Was sie dann auch meist<br />

zu sehr guten Preisen taten. In diesem Zusammenhang<br />

ist eine weitere Erkenntnis aus dieser Studie sehr interessant:<br />

Die Käufe wurden nämlich durch die kolossalen<br />

Besatzungskosten finanziert, die Frankreich gemäß den<br />

Bestimmungen des Waffenstillstands vom Juni 1940<br />

entrichten musste: 300 Millionen Francs pro Tag, Ende<br />

1942 waren es sogar täglich bis zu 500 Millionen Francs.<br />

« Auch wenn die ‹Weinführer› sich den Franzosen gegenüber<br />

großzügig zeigten, wurde die Rechnung am Ende …<br />

von Frankreich selbst bezahlt », zeigt Christophe Lucand<br />

Deutsche Soldaten breiten ihre Beute aus.<br />

<strong>Sommer</strong> 1940, in der Nähe von Orléans.<br />

auf. Dann fährt er nachdenklich fort: « Zugegeben, es war<br />

schlau: Auf diese Weise konnte der Winzer oder Händler<br />

vor Ort, oberflächlich betrachtet, das Gefühl haben,<br />

Frankreich nahezu ‹ patriotisch › zu ‹ verteidigen ›, indem<br />

er den Deutschen Wein verkaufte. Er trug dazu bei, die<br />

lokale und nationale Wirtschaft am Laufen zu halten.<br />

Dabei war das Vorgehen vonseiten der Besatzer ziemlich<br />

niederträchtig. Auf jeden Fall hat es sehr gut funktioniert,<br />

und dadurch konnte sich der Handel mit französischem<br />

Wein in der Besatzungszeit in nennenswerter Weise entwickeln!<br />

» Am Ende kann man nicht verleugnen, dass die<br />

französische Weinbranche rein ökonomisch gesehen von<br />

der Besatzungszeit profitiert hat. Das ist eine der wichtigsten<br />

Lehren, die man aus dieser Arbeit ziehen kann. Es<br />

ist allerdings nicht sicher, ob diese Schlussfolgerung ihm<br />

in Zukunft die Türen einiger Weingüter im Hexagon öffnet.<br />

Vermutlich ebenso wenig, wie die der Berufsverbände<br />

der Weinbranche, die in all den Jahren ebenfalls lieber<br />

schwiegen, als zu viele Fragen zu stellen. Dennoch ist der<br />

Geschichtsforscher zuversichtlich: « Ich bin kein Richter.<br />

Auf jeden Fall sind die Verantwortlichen nicht mehr da,<br />

und es geht in keiner Weise darum, nach so langer Zeit<br />

eine Moralpredigt zu halten. Heute zu sagen « ich hätte<br />

widerstanden », wäre schon sehr verwegen! » Man spürt,<br />

dass es Christophe Lucand nicht darum geht, mit dem<br />

Finger auf diese Domaine oder jenen Weinhändler zu zeigen.<br />

Im Gegenteil. Es geht ihm um etwas ganz anderes.<br />

Das bestätigt er schließlich, nach einer nachdenklichen<br />

Stille, auf nahezu philosophische Art: « Meine Arbeit ist<br />

getan, man kann nun nicht mehr sagen, man wisse nichts<br />

davon. Wenn diese Arbeit zum Nachdenken anregt, dann<br />

würde mich das ganz einfach glücklich machen. Jetzt ist<br />

die Öffentlichkeit am Zug, sich des Themas anzunehmen<br />

– oder auch nicht. Wir werden sehen. Auf jeden Fall gibt<br />

es keinen Grund mehr, an die ‹ schöne Geschichte ›, an<br />

den Mythos der ‹ Drei Bruchpiloten › zu glauben! »<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 75


ART DE VIVRE Festival<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Vibre!<br />

Ein Festival macht das Quartett populär<br />

Vom 26. Mai bis 11. Juni <strong>2023</strong> treffen sich renommierte Musikensembles sowie<br />

junge vielversprechende Musiker aus Frankreich und anderen Ländern in Bordeaux.<br />

Dann findet die diesjährige Auflage von Vibre! statt, einem etwas anderen<br />

Festival für klassische Musik, bei dem Streichquartette im Mittelpunkt stehen. Bei<br />

dieser Gelegenheit wird offensichtlich, dass klassische Musik und Streichquartette<br />

entgegen ihrem elitären Image durchaus in der Lage sind, die Herzen der Menschen<br />

zum Vibrieren zu bringen.<br />

Der Anblick bleibt im Gedächtnis haften. Wir<br />

befinden uns in der Garage moderne in Bordeaux,<br />

einem ausgedehnten Hangar mit einer Fläche<br />

von über 2200 m². Hier stellt ein Verein seit 2003 seinen<br />

Mitgliedern alles Notwendige zur Verfügung, damit diese<br />

ihr Fahrzeug oder Fahrrad selbst reparieren können.<br />

Es ist also eine riesige « solidarische » Autowerkstatt, ein<br />

Ort der Begegnung, an dem sich Kulturen und Generationen<br />

mischen und der sich im Laufe der Jahre neben<br />

dem Angebot an Mechanik-Workshops auch für kulturelle<br />

und künstlerische Events geöffnet hat. Wir befinden<br />

uns also mitten in einem riesigen Sammelsurium,<br />

zwischen Fahrzeugen, die auf Hebebühnen thronen,<br />

Stapeln von Reifen, die auf die Montage warten, einem<br />

abgetakelten Bus, der in ein Büro verwandelt wurde,<br />

und, etwas weiter, Karosserieteilen, die gerade neu lackiert<br />

werden. Und genau hier hat eines der gefragtesten<br />

Streichensembles unserer Zeit, das normalerweise in<br />

den renommiertesten Konzertsälen der Welt auftritt,<br />

beschlossen, seine Pressekonferenz für die diesjährige<br />

Ausgabe des Festivals Vibre! abzuhalten. Es handelt sich<br />

um das französische Quatuor Modigliani, dessen vier<br />

Musiker seit 2020 die künstlerische Leitung des Festivals<br />

innehaben.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 77


ART DE VIVRE Festival<br />

Ein dynamisches und fröhliches Quartett<br />

Sieht man das dynamische Auftreten und die fröhlichen<br />

Minen der vier Musiker des 2003 gegründeten<br />

Quartetts – Amaury Coeytaux, (Violine), Loïc Rio<br />

(Violine), Laurent Marfaing (Bratsche) und François<br />

Kieffer, (Violoncello) –, sagt man sich, dass die<br />

Künstler sichtlich eine schelmische Freude darüber<br />

verspüren, sich in diesem besonderen Umfeld aufzuhalten.<br />

Und man kann sie verstehen! Obwohl sie<br />

regelmäßig in den Vereinigten Staaten und in Asien<br />

auftreten, bei ihren zahlreichen Europatourneen in so<br />

legendären Konzertsälen wie der Berliner und der Pariser<br />

Philharmonie, dem Wiener Konzerthaus und der<br />

Elbphilharmonie in Hamburg spielen, sind die Musiker<br />

unübersehbar glücklich darüber, heute in dieser so<br />

besonderen Autowerkstatt, in einer ganz anderen Welt,<br />

offen und frei heraus über ihre Passion, die klassische<br />

Musik, zu sprechen. Selbstverständlich wurde dieser<br />

Ort nicht zufällig ausgewählt, sondern entspricht ihrem<br />

Wunsch, das Image der klassischen Musik – vor<br />

allem das des Streichquartetts – zu modernisieren. Es<br />

ist also der ideale Ort, die Ausgabe <strong>2023</strong> des Festivals<br />

Vibre! zu präsentieren, ein Festival, dem alle drei Jahre<br />

der anspruchsvolle Wettbewerb Concours International<br />

de Quatuors à Cordes de Bordeaux angeschlossen ist, wie<br />

es 2022 der Fall war.<br />

Eine Stadt findet Gefallen an Quartetten<br />

Dieser Wettbewerb, dessen letzte Ausgabe bereits unter<br />

der künstlerischen Leitung des Quatuor Modigliani stattfand,<br />

existiert seit 1999 und ist derzeit der einzige Kammermusik-Wettbewerb<br />

in Frankreich und eine Referenz auf<br />

internationaler Ebene. Es ist weit mehr als « nur » ein Wettstreit<br />

von Spezialisten der klassischen Musik, es ist mittlerweile<br />

eine kulturelle Veranstaltung, die im letzten Jahr<br />

ausgesprochen erfolgreich war. Im Mai 2022 konnte man<br />

zehn Tage lang mit Erstaunen feststellen, wie sehr sich die<br />

Menschen in Bordeaux für eine Musik begeistern, von der<br />

man dachte, sie gehöre der Vergangenheit an. Von einem<br />

Tag des Wettbewerbs auf den anderen füllte sich das Auditorium<br />

de l’Opéra de Bordeaux, wo die meisten der Konzerte<br />

stattfanden, mit einer stetig wachsenden und sehr vielschichtigen<br />

Zuhörerschaft. Während man bei den ersten<br />

Auftritten im Wesentlichen Fachleute und Liebhaber von<br />

klassischer Musik beziehungsweise von Streichquartetten<br />

sah, füllte sich der Saal von einem Vorspiel zum nächsten<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


mit einem neuen und immer jüngeren Publikum, das von<br />

der besten Art der Werbung angezogen wurde, die es gibt:<br />

der Mund-zu-Mund-Propaganda. Eine Art der Werbung,<br />

die sich in der Hauptstadt der Gironde augenscheinlich als<br />

äußerst wirkungsvoll erwies: Es war nicht zu übersehen,<br />

wie die Menschen Gefallen daran fanden, die zehn Quartette<br />

(von insgesamt dreißig Bewerbungen) aus allen Teilen<br />

der Welt (Deutschland, Österreich, Südkorea, Frankreich,<br />

Japan, Russland, Großbritannien …) im Rahmen einer<br />

Reihe kostenloser Konzerte gegeneinander antreten zu<br />

sehen. Und das vor einer Ausnahmejury unter dem Vorsitz<br />

des weltberühmten kanadischen Violinisten Martin Beaver.<br />

Der große Sieger des Ereignisses, das einhellig als Erfolg<br />

bezeichnet wurde, kam aus Deutschland: Dem Leonkoro<br />

Quartet gelang die herausragende Leistung, nicht nur den<br />

Grand Prix zu erspielen, sondern darüber hinaus den Publikumspreis<br />

und den Preis des jungen Publikums.<br />

Herausragendes Niveau und frischer Wind<br />

Angesichts der Begeisterung, die der internationale<br />

Wettbewerb 2022 auslöste, wollen die Organisatoren nicht<br />

einfach « still und leise » auf das Jahr 2025 und damit den<br />

nächsten Wettbewerb warten, sondern sie sind entschlossener<br />

denn je, das jährliche Streichquartett-Festival in<br />

Bordeaux ebenfalls attraktiver zu machen: « Wir müssen<br />

unbedingt die hervorragende Qualität beibehalten, die wir<br />

während des Wettbewerbs hatten », erläutert Julien Kieffer,<br />

der künstlerische Leiter. « Auch in den Jahren ohne Wettbewerb,<br />

muss der Funke auf das Publikum überspringen,<br />

sollen die Menschen staunen. Das Publikum fühlte sich im<br />

vergangenen Jahr derart in die Veranstaltungen eingebunden,<br />

dass wir dies in diesem Jahr noch verstärken wollen. »<br />

Die Programmplanung für das Festival <strong>2023</strong> ist daher<br />

ausgesprochen vielfältig: 16 Konzerte und eine Vielzahl<br />

von Workshops und Meisterkursen, 18 Veranstaltungsorte<br />

in der Metropolregion und dem angrenzenden Médoc,<br />

50 Musiker und Künstler. Darüber hinaus sind vier junge<br />

Streichquartette aus Europa eingeladen, die nicht nur auf<br />

der Bühne auftreten, sondern auch an den öffentlichen<br />

Workshops und Meisterkursen sowie am interdisziplinären<br />

Austausch (Hip-Hop, Literatur, Musik aus aller Welt …)<br />

teilnehmen. Eines ist sicher: Vibre! ist weit vom herkömmlichen<br />

Image der klassischen Musik entfernt, die ausschließlich<br />

Kenner dieses Genres anspricht! « Unsere Rolle<br />

besteht gerade darin, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen<br />

», begeistert sich Julien Kieffer. « Vibre! will nicht<br />

nur das Image der klassischen Musik entstauben, sondern<br />

dieser Musik regelrecht frischen Wind verleihen. Wenn<br />

wir kostenlose oder sehr günstige Konzerte unter freiem<br />

Himmel organisieren, mit Liegestühlen für das Publikum<br />

und einer Bar, an der man Wein und lokale Spezialitäten<br />

verkosten kann, oder wenn wir mitten in der Halle des<br />

Auditoriums in Bordeaux ein Geigenbauatelier aufbauen,<br />

in dem Geigenbauer während des Festivals vor dem Publikum<br />

ein Instrument anfertigen, dann zeigen wir allen,<br />

dass klassische Musik etwas Lebendiges sein und den<br />

Dialog fördern kann. » Das war im letzten Jahr nicht zu<br />

übersehen: Vor allem zu den Konzerten im Freien kamen<br />

die Menschen oft im Freundeskreis, wollten unverkennbar<br />

mit anderen ein schönes Erlebnis teilen. Dabei war allen<br />

bewusst, dass sie das Privileg hatten, für wenig Geld ein<br />

Konzert mit einem herausragenden Niveau zu erleben. Die<br />

Atmosphäre war daher besonders angenehm, ganz anders<br />

als es üblicherweise in einem « großen Konzertsaal » der<br />

Fall ist. Eine Feststellung, die im Übrigen die Musiker<br />

ebenfalls teilen. Loïc Rio vom Quatuor Modigliani drückt<br />

es so aus: « Frischer Wind, das bedeutet auch, vergnügt zur<br />

Kenntnis zu nehmen, dass die Menschen zwischen zwei<br />

Sätzen applaudieren, was man in einem großen Konzertsaal<br />

üblicherweise nicht tut! Bei einem Konzert im Rahmen<br />

des internationalen Wettbewerbs im Auditorium ist<br />

das natürlich etwas anderes, aber während des Festivals ist<br />

eine solche spontane Reaktion ein echter Glücksmoment! »<br />

Französisch lernen am Puls der Zeit<br />

Mai <strong>2023</strong><br />

• N o 5 | 7 0 º A n n é e •<br />

Ar tikel aus führenden französischsprachigen Medien und unserer Redaktion<br />

| Photo : Picture A liance/Christophe Geyres<br />

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AC T UA L I T É<br />

• Visite de Charles III<br />

reportée: «Une humiliation<br />

pour la France»<br />

Page 2<br />

P O L I T I Q U E<br />

• Réforme des retraites:<br />

le pouvoir exécutif met<br />

le feu à la France<br />

Page 4<br />

S O C I É T É<br />

• Enfants d’immigrés:<br />

«À 8 ans, ma mère me disait<br />

que je devais savoir remplir<br />

les chèques»<br />

Page 6<br />

F R A N Ç A I S FAC I L E<br />

C U LT U R E<br />

S p r a c h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s mat e r i a l<br />

Le muguet connaît son<br />

B1–C2<br />

| Photo : Pixabay<br />

MICROMOBILITÉ<br />

Le 2 avril dernier, les Parisiens<br />

se sont prononcés, par référendum,<br />

contre le maintien des<br />

trottinettes en libre-service<br />

dans la capitale. La veille du<br />

vote, Le Figaro revenait sur les<br />

potentielles conséquences de<br />

cette décision.<br />

• «Bien s’exprimer, ça donne 1 POUR UNE entreprise, il y a<br />

confiance en soi»<br />

situation plus confortable. Dans<br />

Page 8<br />

la capitale, les opérateurs de trottinettes<br />

en « free floating » jouent<br />

leur avenir à quitte ou double<br />

ce dimanche [2 avril]. Consultés<br />

• Combat de titans à Orsay par référendum, les Parisiens<br />

entre Manet et Degas<br />

diront s’ils sont « pour ou contre<br />

Pages 10–11<br />

les trottinettes en libre-service ».<br />

La maire de Paris, Anne Hildago,<br />

i est dans le camp du non l’a<br />

,<br />

jour de gloire chaque 1 er mai, lorsque<br />

les Français se l’offrent pour se porter<br />

bonheur. Portrait d’une coutume qui<br />

serait née à la Renaissance.<br />

Lire l’article en page 9<br />

Zaho de Sagazan est,<br />

à 23 ans seulement, la nouvelle étoile<br />

montante de la chanson française.<br />

Son premier album « La Symphonie des<br />

éclairs » a convaincu la critique.<br />

Lire l’article en page 12<br />

Votation à Paris: les opérateurs<br />

de trottinettes sur la sellette<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 79


ART DE VIVRE Festival<br />

Fröhliche Zusammenkünfte<br />

Spontanität war auch an den Tischen auf den Terrassen<br />

der Restaurants und Bars rund um die Oper in<br />

Bordeaux die Devise. Zur großen Überraschung der<br />

Einwohner von Bordeaux sah man<br />

überall fröhliche Menschen, die sich<br />

auf Französisch, Englisch, Deutsch, Festival Vibre!<br />

Italienisch, Russisch, Japanisch<br />

oder sogar Koreanisch unterhielten,<br />

während sie ihre wertvollen Instrumente<br />

neben sich im Blick hatten.<br />

Die geselligen Runden gaben den<br />

Profimusikern aus aller Welt Gelegenheit,<br />

Berufskollegen kennenzulernen,<br />

sich auszutauschen und<br />

vielleicht gemeinsame Konzerte in der Zukunft zu planen.<br />

Doch die Musiker blieben nicht nur unter sich. Immer<br />

wieder konnte man erleben, dass « normale » Einwohner<br />

der Stadt oder Touristen – musikbegeistert oder nicht –<br />

von diesen fröhlichen Zusammenkünften neugierig angezogen<br />

wurden, sich ebenfalls niederließen und schnell<br />

mit den Künstlern ins Gespräch kamen. Dabei entdeckten<br />

viele erst, was ein Streichquartett genau ist und was es für<br />

26. Mai bis 11. Juni <strong>2023</strong><br />

Konzerte an verschiedenen Orten<br />

in Bordeaux und Umgebung<br />

(kostenlos - 37 €)<br />

Auskünfte und Ticketverkauf:<br />

www.vibrefestival.com<br />

vier Musiker bedeutet, über eine lange Zeit ein solches<br />

Engagement einzugehen. Nicht selten zogen sich solche<br />

Gespräche dann in die Länge, bis sie plötzlich unterbrochen<br />

werden mussten, da das nächste Konzert Musiker<br />

und Publikum zur Eile drängte. Diese angenehmen<br />

Momente sind allen im Gedächtnis<br />

geblieben, und man wartet bereits<br />

darauf, bis es in diesem Jahr wieder<br />

so weit ist. « Der Begegnungsaspekt<br />

ist wichtig für uns, es ist so schön,<br />

sich Zeit für Unterhaltungen mit<br />

anderen zu nehmen », betont Loïc<br />

Rio nachdrücklich. Als wir ihn fragen,<br />

ob diese Verbundenheit durch<br />

die klassische Musik als solche, die<br />

Ensembles, die Stadt Bordeaux oder<br />

den Wein ermöglicht wird, denkt er einige Augenblicke<br />

nach. « Ich glaube, es ist ein bisschen von allem. Während<br />

des Festivals entwickelt sich eine besondere Magie. Man<br />

ist nicht mehr, wie üblich, nur unter sich, und das ist besonders<br />

erfreulich! » Eines ist auf jeden Fall sicher: Auch<br />

in diesem Jahr sind die Organisatoren des Festivals Vibre!<br />

fest entschlossen, ihren Pioniergeist fortzusetzen und die<br />

Herzen der Menschen zum Vibrieren zu bringen!<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


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8<br />

9<br />

7<br />

12<br />

Reisethemen,<br />

nach Regionen<br />

geordnet:<br />

Landesweite Themen<br />

6<br />

11<br />

1 2<br />

3<br />

10<br />

13<br />

5<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Astrotourismous – Die beste 85<br />

Sicht aufs Sternenzelt<br />

Natur – Die schönsten Bäume 82<br />

Frankreichs<br />

Winterliche Illuminationen – 81<br />

Der Faszinierende Zauber der<br />

Lichterstädte<br />

Freizeitparks: Familienerlebnisse 79<br />

in Frankreich<br />

Radtourismus – von der Bretagne 77<br />

bis an die belgische Grenze<br />

Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />

Strecken entlang der Küsten<br />

Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />

noch authentisch zu?<br />

Winterurlaub – Romantische<br />

Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />

Wellness in den Bergen – Nach 43<br />

dem Sport die Erholung<br />

10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />

1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />

Paris – Die Französische<br />

Nationalbibliothek: Ein neues<br />

Muss bein einem Parisbesuch<br />

Paris – Streit um die Schönheit<br />

der Stadt<br />

Delacroix in Saint-Sulpice – Das<br />

Werk eines ganzen Lebens<br />

Städteplanung – Champs-<br />

Élysées: eine Aufforderung zum<br />

Träumen?<br />

Coup de cœur – Die<br />

Straßenbuchhändler an den<br />

Seine-Quais in Paris<br />

Saint-Germain-des-Prés: Mehr<br />

als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />

Le Train Bleu – Ist das legendäre<br />

Restaurant noch immer einen<br />

Besuch wert ?<br />

Musée d‘Histoire de la Médecine<br />

– ein ungewöhnliches Museum im<br />

Herzen der Hauptstadt<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser<br />

Institution feiert ihren 160.<br />

Geburtstag<br />

Hôtel des Invalides – Ein kleines<br />

Militär-Versailles mitten in Paris<br />

Avenue des Champs-Elysées<br />

– Wie steht es um den Glanz des<br />

Prachtboulevards?<br />

4<br />

15<br />

14<br />

16<br />

17<br />

18<br />

86<br />

83<br />

76<br />

75<br />

65<br />

60<br />

58<br />

57<br />

41<br />

38<br />

36<br />

HOTELS<br />

La Lanterne – Paris 76<br />

Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />

2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />

Yvelines – Potager du Roi: Das 86<br />

andere Versailles - Ohne Prunk<br />

und Pracht<br />

Yvelines – Bergerie nationale de 83<br />

Rambouillet, der Krieg der Schafe<br />

Ecouen – Ein Museum für die 50<br />

Renaissance<br />

HOTELS<br />

Hôtel Paradiso – Paris 79<br />

3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />

Hauts-de-France / Nord-Pasde-Calais<br />

– Nordfrankreich:<br />

84<br />

vom Kohlerevier zum beliebten<br />

Tourismusziel<br />

Hauts-de-France / Grand-Est 81<br />

/ Belgien – Gärten des Friedens,<br />

zwischen Erinnerung und Blick in<br />

die Zukunft<br />

Hauts-de-France / Pas-de-Calais 80<br />

– Boulogne-sur-Mer: Jeder hat das<br />

Recht auf etwas schönes !<br />

Hauts-de-France –<br />

79<br />

Hortillonnages von Amiens:<br />

von einer Verrückten Idee zum<br />

jährlichen Ereignis<br />

Hauts-de-France – Compiègne: 78<br />

musikalische Waldbäder und ein<br />

Einhorn<br />

Hauts-de-France – La Coupole: 77<br />

von der Vergangenheit in die<br />

Zukunft<br />

Hauts-de-France – Familistère de 64<br />

Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />

zum bewohnten Museum<br />

Baie de Somme – Eine<br />

63<br />

beeindruckende Reise (Teil 2):<br />

Le parc du Marquenterre<br />

Baie de Somme – Eine<br />

62<br />

beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />

Abbaye de Saint-Riquier<br />

Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />

eines großen französischen<br />

Architekten<br />

Marais Audomarois – Ein<br />

58<br />

Sumpfgebiet für Kenner<br />

Pays de Condé – Eine<br />

43<br />

Bergbaugegend erfindet sich neu<br />

Marne – In der Heimat des<br />

40<br />

Champagners<br />

10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />

Arras & Douai – Riesen für den 36<br />

Kleinen<br />

HOTELS<br />

Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />

Gosnay<br />

Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />

4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />

Elsass / Bas-Rhin – Baumwipfelpfad:<br />

ein ganz neue Art, das<br />

Elsass zu entdecken<br />

Elsass / Grand Est – Das<br />

Geheimnis des fehlenden Turms<br />

der Kathedrale von Straßburg<br />

Elsass / Grand Est – Mit dem<br />

Hausboot 100% elektrisch durchs<br />

Elsass<br />

80<br />

76<br />

74<br />

Elsass – Kaysersberg,eines der 69<br />

Lieblingsdörfer der Franzosen<br />

Vogesen – Eine Fotoausstellung 68<br />

unter freiem Himmel im Herzen<br />

der Vogesen<br />

Grand-Est – Mondial Air Ballons, 65<br />

der poetische Aufstieg von 456<br />

Heißluftballons<br />

Grand-Est – Graufthal,das Elsass 64<br />

zur Zeit der Streichhölzer<br />

Kirrwiller – 520 Einwohner<br />

62<br />

und die drittgrößte Music Hall<br />

Frankreichs<br />

Weihnachtskugeln aus<br />

61<br />

Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />

sondern Objekte voller Sinn<br />

Château de Lunéville – Wie 52<br />

Phoenix aus der Asche<br />

Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />

an die Glasmacherkunst<br />

10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />

im Elsass<br />

Haut-Koenigsbourg – Ein<br />

40<br />

wahrhaft deutsch-französisches<br />

Kulturerbe<br />

Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />

Zitadelle<br />

Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />

Erbe der lothringischen Kumpel<br />

HOTELS<br />

Le Chambard – Kaysersberg 69<br />

Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />

Gérardmer<br />

La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />

Roche<br />

La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />

La Petite-Pierre<br />

5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />

Doubs – Cercle immense: Auf das<br />

"weiße Gold" folgt das "Grüne<br />

Gold"!<br />

Yonne – Guédelon: Sie haben ihre<br />

Burg gebaut!<br />

Territoire de Belfort – die Stärke<br />

der Kleinen<br />

Côte d'Or – Am Tag als… 11. Juli<br />

2020: Die Stadt Dijon erhielt den<br />

"Trauerden <strong>Nr</strong>.17" zurück.<br />

Territoire de Belfort – Land-Art:<br />

Saype, von Belfort in die weite<br />

Welt<br />

Saône-et-Loire – Ein "essbarer"<br />

Wald<br />

Aufbruchstimmung in den<br />

französischen Thermalbädern<br />

Kirschen – das rote Gold einer<br />

Region<br />

Burgund – Eine Rundfahrt zum<br />

Auftanken!<br />

Châteauneuf-en-Auxois: Die<br />

Verbindung von Kulturerbe,<br />

Modernität und Lebendigkeit<br />

«Unsere Vorfahren, die Gallier»:<br />

Eine Reise ins Land von Asterix<br />

Morvan – Eine Geschichte von<br />

Ammen und Pflegekindern<br />

Jura – Weihnachten im Jura: vom<br />

Rosenkranz zum Spielzeugland<br />

Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />

in Ronchamp: eine<br />

Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />

Ostfrankreich – Vorreiter bei der<br />

Abschaffung der Sklaverei<br />

Belfort – Die wiederentdeckte<br />

Genialität eines Künstlers<br />

86<br />

84<br />

83<br />

83<br />

82<br />

78<br />

77<br />

76<br />

75<br />

74<br />

73<br />

71<br />

69<br />

69<br />

68<br />

64<br />

Bourgogne-Franche-Comté –<br />

Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />

Route des Grands Crus – Die<br />

Champs-Elysées von Burgund<br />

Montbéliard – 30 Jahre<br />

Lumières de Noël<br />

Maison de Louis Pasteur – Ein<br />

Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />

HOTELS<br />

Château Sainte-Sabine – Sainte-<br />

Sabine<br />

Relais Bernard Loiseau –<br />

Seaulieu<br />

63<br />

61<br />

61<br />

43<br />

74<br />

71<br />

6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Centre - Val de Loire / Indreet-Loire<br />

– Léonardo da Vinci: Der<br />

Geist eines Genies im Loire-Tal<br />

Coup de Cœur –<br />

Die Miniaturwohnung Micr'Home<br />

in Nantes<br />

86<br />

85<br />

Pays de la Loire / Sarthe –<br />

84<br />

Abbaye de l'Epau: Eine Oase<br />

der Harmonie im Dienste der<br />

Fotografie<br />

Centre - Val de Loire / Loir-et- 83<br />

Cher – Monmousseau, wenn Loire-<br />

Schlösser Weinkeller illuminieren<br />

Centre - Val de Loire – Die<br />

82<br />

Route de la Rose im Loiret: eine<br />

faszinierende Rundreise durch die<br />

duftende Welt der Rosen<br />

Pays de la Loire / Maine et Loire 81<br />

– Fontevraud, eine Abtei, die ihrer<br />

Zeit schon immer voraus war<br />

Pays de la Loire / Mayenne – 80<br />

Musée Robert Tatin: verwirrende<br />

Riesen und Wunderwerke<br />

Centre-Val-de Loire / Indre-et- 80<br />

Loir – Château de Chenonceau:<br />

florale Kunst im Schloss<br />

Pays de la Loire – Doué-en-Anjou: 78<br />

im Reich der Blumenkönigin<br />

Pays de la Loire – La Chartresur-le-Loir:<br />

das Dorf der<br />

77<br />

Antiquitätenhändler<br />

Centre - Val de Loire – Chaumontsur-Loire:<br />

die positive Dynamik<br />

76<br />

der Gärten<br />

Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />

Die kulturelle Revanche<br />

74<br />

eines kleinen Dorfes an der Loire<br />

Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />

«das schönste Dorf des<br />

Universums!»<br />

Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />

Reise ins Land der Troglodyten<br />

Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />

Garten<br />

La grange de Meslay: Von der 60<br />

Holzkathedrale zum Musiktempel<br />

Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />

Chambord – Mehr als nur ein 58<br />

beeindruckendes Schloss<br />

Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />

und Struppi<br />

Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />

Bitte zeichne mir ein Schloss<br />

Blois – Ein Schloss der<br />

36<br />

Geheimnisse und Intrigen<br />

HOTELS<br />

7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />

Manche – Mont Saint-Michel, die<br />

Geheimnisse des Gefängnisbergs<br />

83


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☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60<br />

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☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 86


Normandie – Biennale La Forêt<br />

Monumentale: Wenn Kunst den<br />

Wald verschönert<br />

Normandie – Villa «Les Rhumbs»<br />

in Granville: Wo für Christian Dior<br />

alles gegann<br />

Normandie – An Bord der Marité<br />

von Granville zu den Chausey-<br />

Inseln<br />

Le Havre – 500 Jahre, das will<br />

gefeiert werden !<br />

HOTELS<br />

Domaine de la Corniche –<br />

Rolleboise<br />

74<br />

73<br />

71<br />

62<br />

36<br />

10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />

Auvergne / Haute-Loire – Le 81<br />

Chambon-sur-Lignon, ein<br />

beispielhaftes Stück Frankreich<br />

Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />

Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />

Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />

de Travassac, eine Spektakuläre<br />

Reise in das Land des Schiefers<br />

Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />

HOTELS<br />

Domaine Saint Estève – Millau 53<br />

Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />

Reise zwischen gestern und<br />

morgen<br />

Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />

aus Lyon<br />

Wein – Clairette de Die 42<br />

Grignan – Im Land der schönen 40<br />

Briefe: eine Reise nach Grignan<br />

Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />

aus Nyons<br />

HOTELS<br />

Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />

La Bonne Etape – Château-<br />

Arnoux-Saint-Auban<br />

65<br />

18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />

Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />

Überseegebiete<br />

(DOM/TOM)<br />

Französisch-Guayana – Natur,<br />

Geschichte, Raumfahrt<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

37<br />

8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />

Leuchtürme und Leuchtfeuer – 77<br />

im Westen etwas neues!<br />

Finistère – Eine Reise zu Pflanzen 76<br />

aus aller Welt<br />

Morbihan – Am Tag als… 26 August 76<br />

1934… die Kinder aus dem Bagno<br />

auf Belle-Île-en-Mer Flüchten<br />

Finistère – Pont-Aven:<br />

75<br />

inspirierende Bretagne!<br />

Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />

konzentrierter Form<br />

Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />

de cœur für die größte bretonische<br />

Insel<br />

Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />

Saints, die bretonische Osterinsel<br />

Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />

zwei Gärten<br />

Bretagne – Umfriedete<br />

61<br />

Pfarrbezirke<br />

Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />

Leben<br />

Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />

HOTELS<br />

Château de Sable – Porspoder 58<br />

9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />

Nouvelle-Aquitaine / Gironde 84<br />

– Pont de pierre: Bordeaux feiert<br />

seine älteste Brücke<br />

Pont de pierre: Bordeaux feiert 82<br />

seine älteste Brücke<br />

Nouvelle-Aquitaine / Charente- 82<br />

Maritime – Brouage, die Zitadelle<br />

der geplatzten Träume<br />

Nouvelle-Aquitaine / Deux- 79<br />

Sèvres – Pougne-Hérisson: der<br />

Nabel der Welt<br />

Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />

zwischen Himmel<br />

75<br />

und Fluss am Ende der Welt<br />

Coup de cœur – Carrelets:<br />

74<br />

poetische Fischerhütten aus einer<br />

anderen Zeit<br />

Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />

eine Inspiration für den<br />

Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />

Nouvelle-Aquitaine – Die<br />

64<br />

Metamorphose von Bordeaux,<br />

Eine Zwischenbilanz<br />

Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />

Taubenschlag von Pouzay<br />

Bordeaux 60<br />

Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />

Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />

46<br />

Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />

Reif für die Insel(n)<br />

Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />

Bordelais<br />

Klöster – Abteien, die sogar 40<br />

Kinder begeistern<br />

Marais Poitevin – Die grünen 38<br />

Kanäle des Marais Poitevin<br />

Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />

aus einer Heilpflanze<br />

Gironde – Wie Vauban eine<br />

36<br />

Flussmündung abriegelte<br />

HOTELS<br />

Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />

Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />

11 Périgord & Midi-<br />

Pyrénées<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Périgord – Château des Milandes 82<br />

"Mein Leben, das ist Joséphine!"<br />

Vallée de la Dordogne: Wo man 60<br />

« wie Gott in Frankreich lebt »<br />

Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />

Airbus in Toulouse<br />

Gouffre de Padirac – Der<br />

44<br />

Erdmitte ein Stückchen<br />

näherkommen<br />

Pastell – Das blaue Gold 43<br />

HOTELS<br />

Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />

Vallée de la Dordogne<br />

Grand Hôtel Le Turenne –<br />

47<br />

Beaulieu-sur-Dordogne<br />

12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />

Le Train Jaune – Ein Zug als<br />

Wahrzeichen<br />

13 Languedoc-<br />

Roussillon<br />

45<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Okzitanien / Gard & Hérault – 85<br />

Canal du Rhône à Sète: Der "kleine<br />

Bruder" des Canal du Midi<br />

Okzitanien / Pyrénées-<br />

83<br />

Orientales – Céret: ein Künstlerdorf<br />

zwischen Bergen und Meer<br />

Weintourismus – Domaine<br />

81<br />

Riberach, es lebe die<br />

Entschleunigung!<br />

Hérault – Brassens & Sète, les 80<br />

Copains d'abord<br />

Aude – Die große Höhle von<br />

65<br />

Cabrespine, ein unterirdisches<br />

Abenteuer<br />

Occitanie – Assignan,Das<br />

64<br />

unglaubliche Schicksal eines<br />

französischen Dorfes<br />

Sigean: das Reservat der<br />

60<br />

glücklichen Tiere<br />

Languedoc-Roussillon –<br />

59<br />

Überraschende Mittelmeerregion<br />

Carcassonne – Imponierende 57<br />

Festungsstadt des Mittelalters<br />

Côte Vermeille – Paulilles, wenn 57<br />

die Hölle zum Paradies wird<br />

Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn 47<br />

ein Krieger zum Klosterbruder<br />

wird<br />

Stadtentwicklung – Montpellier, 47<br />

ein Synonym für Dynamik<br />

HOTELS<br />

Domaine Riberach - Bélesta 81<br />

14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Drôme – Die Schönheit der Dorfer 83<br />

Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />

Premier-Film<br />

Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />

der Hugenotten<br />

Lyon – Die Metamorphose<br />

61<br />

eines Arbeiterviertels in ein<br />

Freilichtmuseum<br />

Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />

Flussufer zurück<br />

15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />

Ain – Pays de Gex: Den Altag hinter 85<br />

sich lassen!<br />

Alpen – La Grande Odyssée<br />

81<br />

Savoie-Mont-Blanc – Blaue Augen,<br />

weißes Fell und Hundegebell<br />

Auvergne-Rhône-Alpes – La 77<br />

Grange au Lac: wie im inneren<br />

eines Cellos<br />

Auvergne-Rhône-Alpes: Evian: 71<br />

das Gedächtnis des Wassers<br />

HOTELS<br />

Jiva Hill Resort – im Herzen des<br />

Pays de Gex, zwischen Mont Blanc<br />

und den Bergen des Jura<br />

85<br />

16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />

Provence-Alpes-Côte d'Azur 79<br />

– Abbaye de Montmajour: eine<br />

Reise durch die Vergangenheit der<br />

Provence<br />

Provence-Alpes-Côte d'Azur 78<br />

– Crotte Cosquer: unglaublische<br />

Höhlenmalereien in den<br />

Calanques von Marseille<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />

Château La Coste: ein Hauch<br />

von Verrücktheit zwischen<br />

provenzalischen Reben<br />

Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />

Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />

Provence – Coup de cœur: le 71<br />

Moulin de Daudet, Fontvieille<br />

Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />

in der Camargue<br />

Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />

berühmteste Quelle Frankreichs<br />

Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />

in Gefahr<br />

HOTELS<br />

Attrap’Rêves – Allauch 33<br />

17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />

Côte d'Azur – Villa Ephrussi: « La<br />

vie en rose » an der Riviera<br />

Côte d'Azur – Die Magie eines<br />

mimosengelben und azurblauen<br />

Winters<br />

Saint-Tropez – Gemälde versus<br />

Realität<br />

Île de Port-Cros: von<br />

Schriftstellern, Naturschutz und<br />

einer zerrissenen Hose<br />

Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />

Schicksal<br />

Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />

Teppichs» von Cannes<br />

Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />

– Géoparc de Haute-Provence,<br />

eine erstaunliche Reise in die<br />

Vergangenheit der Erde<br />

Hyères – eine authentische Ecke<br />

am Mittelmeer<br />

Ile de Port-Cros – Kleine<br />

Trauminsel im Mittelmeer<br />

Domaine du Rayol – Die<br />

Geschichte eines ungewöhnlichen<br />

Parks<br />

Nizza – Frühlingsgefühle einer<br />

Diva<br />

HOTELS<br />

86<br />

81<br />

81<br />

79<br />

75<br />

74<br />

65<br />

63<br />

38<br />

36<br />

32<br />

Weitere Themen<br />

Chantals Rezepte<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

SUPPEN<br />

Potage d'hiver au chou-fleur et 81<br />

aux épices<br />

Gaspacho de tomates et fraises 46<br />

Gaspacho de tomate 40<br />

Velouté de laitue 38<br />

VORSPEISEN<br />

Soufflé d'été au basilic 79<br />

QUICHES & TARTES<br />

Tarte Tatin aux endives 80<br />

Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />

camembert<br />

Tarte d’automne aux champignons 60<br />

et à la farine de châtaignes<br />

Quiche Lorraine 33<br />

GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />

Camembert rôti au four 57<br />

FLEISCHGERICHTE<br />

Poulet fermier basse température 62<br />

à l’ail<br />

Rôti de porc aux pruneaux 59<br />

Coq au vin 43<br />

FISCHGERICHTE<br />

Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />

Encornets à la Sétoise 69<br />

Blanquette de saumon 65<br />

Millefeuille de crabe au saumon 63<br />

fumé<br />

Sole meunière 61<br />

FONDUES UND SAUCEN<br />

Die echte hausgemachte<br />

68<br />

Mayonnaise<br />

DESSERTS<br />

La crème caramel au beurre salé 84<br />

La tarte aux myrtilles 83<br />

La crème catalane 78<br />

La tarte au chocolat 77<br />

Le Mont-blanc 76<br />

Le Gâteau basque 71<br />

Le Far Breton 64<br />

Profiteroles au chocolat chaud 58<br />

GEBÄCK<br />

Le cake aux agrumes 86<br />

Le gâteau aux noix 85<br />

La Madeleine de Proust 82<br />

GETRÄNKE<br />

Liqueur d’estragon 36<br />

Weine & Alkoholika<br />

Wein – Wein aus der Loire-Tal:<br />

Brühmte Schlösser und ihre Weine<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

85<br />

Wein – "Wir brauchen einen 84<br />

anderen, einen wirkungsvolleren<br />

Weibau"<br />

Weintourismus – Domaine<br />

81<br />

Riberach, es lebe die<br />

Entschleunigung!<br />

Spirituosen – Der Cointreau 79<br />

Wein – Château La Coste: ein 76<br />

Versuchslabor für den Weinau von<br />

morgen ?


Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />

aus Tannennadeln<br />

Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73<br />

Spirituosen – Roderich Dühr, ein 65<br />

Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />

Wein/Portrait – Glucklich wie 64<br />

Sabine und Jörg in Frankreich<br />

Wein – Crémant, ein kleiner<br />

63<br />

Schaumwein mausert sich<br />

Wein – Der elsässische Winzer 61<br />

Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />

Reben näher denn je<br />

Alkoholische Getränke –<br />

60<br />

Frankreich, das neue Eldorado für<br />

Bierliebhaber<br />

Wein – Der neue Trend beim 59<br />

Aperitif à la française<br />

Wein – Warum wird Wein nicht 58<br />

grundsätzlich im Holzfass<br />

gelagert?<br />

Champagner – Was Sie schon 57<br />

immer über Champagner wissen<br />

wollten<br />

Peter Kwok – Ein asiatischer 46<br />

Winzer im Bordelais<br />

Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous 43<br />

plaît »<br />

Bier – Schattendasein oder<br />

40<br />

Geheimtipp?<br />

Lirac – Das « mediterranste » 40<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Angélique de Niort – Likor aus 38<br />

einer Heilpflanze<br />

Cognac – Eine ungewöhnliche 36<br />

Erfolgsgeschichte<br />

Genuss<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Gastronomie – Jacques Bockel: 77<br />

ein Elsässer «provoziert» die Welt<br />

der Schokolade<br />

Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />

der Rolls-Royce unter den<br />

französischen Muscheln<br />

Gastronomie – Kaviar von der 65<br />

französischen Atlantikküste,<br />

der neue Star<br />

Gilles Choukroun – Ein<br />

62<br />

Sternekoch, der die Pariser an den<br />

Flughafen zieht<br />

Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />

Koch einen Michelin-Stern erhält<br />

Spitzengastronomie – Fabian 53<br />

Feldmann, ein deutscher<br />

Sternekoch im Land der<br />

Feinschmecker<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />

Burgunds<br />

Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />

Korsikas<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />

der Bretagne<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 38<br />

der Auvergne<br />

L’O Provençale – Olivenöl aus 36<br />

Nyons<br />

Politik & Wirtschaft<br />

Kulturerbe & Wissenschaft<br />

– Notre-Dame de Paris: Mit der<br />

Vergangenheit die Zukunft bauen<br />

Tourismus – Hotels: die Reform<br />

des französischen Sterne-Systems<br />

Landwirtschaft – Hurra, in<br />

Frankreich ist es gelungen, die<br />

begehrten weißen Trüffel zu<br />

züchten!<br />

Wirtschaft – Discounter: Wenn<br />

Deutschland Frankreich erobert<br />

Wirtschaft – Die Revision<br />

der Gebietsgrenzen der<br />

AOC Champagne: ein neuer<br />

Goldrausch?<br />

Wirtschaft – Frankreich-<br />

Deutschland: der Krieg der<br />

Gummibärchen ist erklärt!<br />

Initiative – Die deutschfranzösische<br />

Freundschaft: welch<br />

eine Energie!<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

9<br />

83<br />

79<br />

78<br />

73<br />

69<br />

65<br />

Politik – Präsidentschaftswahlen<br />

2017, Präsidiale Orte<br />

Wirtschaft – Atomkraft in<br />

Frankreich: der Niedergang eines<br />

Systems, das sich zu sicher fühlte<br />

Hochschulpolitik – Teaching in<br />

English? Oh mon Dieu!<br />

Umwelt – Lavendel der Provence<br />

in Gefahr<br />

Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />

und Frankreich<br />

Medien – Die politische<br />

Ausrichtung französischer Medien<br />

Tourismus – Hauptsache<br />

außergewöhnlich<br />

Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />

Bilanz<br />

Umweltschutz –<br />

Kettensägenmassaker am<br />

Welterbe Canal du Midi<br />

Gesellschaft & Alltag<br />

Gesellschaft – Olympische<br />

Spiele Paris 2024: "Phryges":<br />

Moskottchen, die von sich reden<br />

machen<br />

Gesellschaft – Bayeux:<br />

Eine Stadt engagiert sich für<br />

Kriegsberichterstatter<br />

Kulturerbe – Fotografieren im<br />

Auftrag des Staates: die Mission<br />

photographique hat nichts von<br />

ihrer Aktualität verloren<br />

Restaurierung – Notre-Dame de<br />

Paris: umstrittene Neugestaltung<br />

des Innenraums<br />

Am Tag als… 3 Juni 1895… "Die<br />

Bürger von Calais" eingeweiht<br />

wurden<br />

Geschichte – Auvergne / Haute-<br />

Loire Le Chambon-sur-Lignon, ein<br />

beispielhaftes Stück Frankreich<br />

Ce qui fait débat – Bordeaux:<br />

das Erwachen einer gar nicht so<br />

schlummernden Vergangenheit<br />

Geschichte – Sanary-sur-Mer:<br />

die "Hauptstadt der deutschen<br />

Literatur im Exil"<br />

Ce qui fait débat – Soll man<br />

die Basilika Sacré-cœur in Paris<br />

schützen oder abreißen ?<br />

Geschichte – 150 Jahre Pariser<br />

Kommune: ein zwiespältiger<br />

Geburtstag für die Franzosen<br />

Gesellschaft – "Wie ich als<br />

Buchhändlerin die aktuelle<br />

Gesundheitkrise in Frankreich<br />

erlebe"<br />

Am Tag als… der Leichnam des<br />

Unbekannten Soldaten am Arc de<br />

Triomphe bestattet wurde<br />

Gesellschaft – Wo ist eigentlich<br />

das gute französische Brot<br />

geblieben?<br />

Gesellschaft – Lotto: Glücksspiel<br />

in Frankreich zur Rettung des<br />

Kulturerbes<br />

Geschichte – Koch und Pasteur:<br />

eine konstruktive Rivalität als<br />

Hoffnungsträger<br />

Kulturschock – Die Königin von<br />

Arles<br />

Geschichte – Montaigne: Ist die<br />

«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />

Gesellschaft – Literaturszene: das<br />

Ende eines zu langen Schweigens<br />

Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />

der Deutsche, der den Hafen von<br />

Bordeaux rettete<br />

Gesellschaft – Der unglaubliche<br />

Streit im das Erbe von Saint-<br />

Exupéry<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France» (2)<br />

René Martin, der französische<br />

Steve Jobs der Musik<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France»<br />

Roger Diederen, Direktor der<br />

Kunsthalle München<br />

Gesellschaft – Le Mondial la<br />

Marseillaise à pétanque, der<br />

größte Boule-Wettkampf der Welt<br />

63<br />

59<br />

46<br />

46<br />

43<br />

40<br />

40<br />

38<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

86<br />

84<br />

82<br />

82<br />

81<br />

81<br />

80<br />

80<br />

79<br />

79<br />

79<br />

77<br />

76<br />

76<br />

75<br />

74<br />

74<br />

74<br />

71<br />

69<br />

69<br />

68<br />

63<br />

Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />

der vergessenen Sklaven<br />

Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />

Elyx, des Botschafters der guten<br />

Laune<br />

David Ken – Der Fotograf, der das<br />

Glück fotografiert<br />

Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />

die Umwandlung des Seine-Ufers<br />

in eine Fußgängerzone geht weiter<br />

Geschichte: Die Johnnies, die<br />

Lieblingsfranzosen der Engländer<br />

Frauen und Männer, die sich<br />

für die deutsch-französische<br />

Freundschaft einsetzen:<br />

Barbara Barberon-Zimmermann,<br />

Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />

Kulturfestivals<br />

arabesques<br />

Brexit: Wie denken Briten, die in<br />

Frankreich leben, darüber?<br />

Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />

warten auf die Fussballfans<br />

Integration – die Schwächen des<br />

französischen Systems<br />

Erfolgsgeschichten aus<br />

Frankreich –<br />

Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />

Geschichte – 300. Todestag<br />

von Ludwig XIV. in Versailles:<br />

Begräbnisrituale leben länger als<br />

Könige<br />

Gesellschaft – Hinter den<br />

Kulissen des CROSS Corsen.<br />

Erinnerungskultur – Passen<br />

Gedenken und Tourismus<br />

zusammen?<br />

EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />

Nantes und Marseille werden<br />

europäische Hauptstädte<br />

Winterschlussverkauf – Der<br />

andere Wintersport<br />

Simone Hérault – Die Stimme<br />

Frankreichs<br />

Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />

des Zentralismus<br />

Tourismus – Trends für den<br />

Winterurlaub 2011/12<br />

Gardienne – Félisa, Gardienne<br />

in Paris<br />

Kunst & Kultur<br />

Kunst – Die Herzen französischer<br />

Könige: Erstaunliche Pigmente für<br />

die Malerei<br />

Kultur: "Immersive Austellungen":<br />

Die Zukunft der französischen<br />

Museen?<br />

Kultur / Serie – Pablo Picasso (Teil<br />

2): "Ist Picasso nicht der Künstler,<br />

der mit Frauen Porblemen hatte?"<br />

Kultur / Serie – Pablo Picasso (Teil<br />

1): Der Ausslände, den Frankreich<br />

nicht akeptieren wollte<br />

Kultur – Rosa Bonheur: Eine<br />

grandiose Künstlerin und eine<br />

beeindruckende Frau<br />

Literatur – Michel Houellebecq:<br />

der Porträtist des Hexagons<br />

Kultur – Die andere Seite von<br />

Victor Hugo: der Zeichner<br />

Interview – "Der Doppelgänger":<br />

30 Jahre deutschsprachige<br />

Literatur in Frankreich<br />

Kultutrerbe – Der Wandteppich<br />

von Bayeux soll wieder in altem<br />

Glanz erstrahlen<br />

Kultur / Comic (5) – Interview:<br />

Richard Malka, Anwalt und<br />

Comicautor<br />

Ungewöhnliche Geschichten aus<br />

Frankreich –<br />

Alexandre Dumas: Wie der Vater,<br />

so der Sohn<br />

Kultur / Comic (4) – Cent mille<br />

ans: Bure ou le scandale enfoui des<br />

déchets nucléaires<br />

Portrait - Jean-Yves de Groote,<br />

Herausgeber von Ecoute<br />

Enthüllung –Das Geheimnis um<br />

Van Goghs letztes Bild gelüftet<br />

63<br />

62<br />

62<br />

61<br />

60<br />

60<br />

60<br />

59<br />

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58<br />

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57<br />

52<br />

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43<br />

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<strong>Nr</strong>.<br />

86<br />

85<br />

85<br />

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81<br />

80<br />

79<br />

78<br />

78<br />

77<br />

77<br />

Preise – Tyll Peters: ein junger<br />

Deutscher erhält Preis von Charlie<br />

Hebdo<br />

Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />

und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />

l’Aquarius<br />

Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />

und Pierre Van Hove: Algues<br />

vertes, l’histoire interdite<br />

Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />

Krug: Heimat, ein deutsches<br />

Familienalbum<br />

Kultur – Amüsante Geschichten<br />

rund um die französische<br />

Nationalhymne «La Marseillaise»<br />

Portrait – Auf den Spuren von<br />

Jacques Prévert<br />

Sprache – Aussprache,<br />

Kartografie eines Systems à la<br />

française<br />

Kultur – 1977-2017: Centre<br />

Pompidou, 40 Jahre und immer<br />

noch überraschend<br />

Musik: Das unglaubliche<br />

Vermächtnis von Maurice Ravel<br />

Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />

in Paris<br />

Museen – Frankreichs Museen auf<br />

der Überholspur<br />

ST-ART – Eine Kunstmesse<br />

zwischen den Welten<br />

Lebensart<br />

Kulturschock – Nächtliche<br />

Gedanken<br />

Guéwen a testé – … "e-Lettre<br />

rouge", das neue Angebot der<br />

französischen Post<br />

Guéwen a testé – … Y-Brush,<br />

die innovative Zahnbürste, mit<br />

der man seine Zähne in nur 10<br />

Sekunden putzt<br />

Produkte – Der Film "Le Père Noël<br />

est une ordure"<br />

76<br />

73<br />

72<br />

71<br />

68<br />

64<br />

64<br />

61<br />

60<br />

46<br />

45<br />

38<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

86<br />

86<br />

85<br />

85<br />

Produkte – Terre de Sommières: 84<br />

Ein Pulver, das Wunder bewirkt<br />

Guéwen a testé… Was ist ein 83<br />

"Trou normand"?<br />

Produkte – Louit Frères, der 83<br />

beseondere Senf in kleinen Fass<br />

Produkte – "Der<br />

82<br />

Geschichtenerzähler" Lunii<br />

Produkte – Chanel <strong>Nr</strong>.5: ein 81<br />

Mythos wird 100 Jahre alt<br />

Was ist aus Ihnen geworden ? 80<br />

Zurück an die Côte d'Or<br />

Produkte – Meteor: die größte der 80<br />

kleinen Brauereien Frankreichs<br />

Produkte – Briefkästen für<br />

79<br />

Frankreichliebhaber "Made in<br />

Alsace"<br />

Produkte – Parapluie de<br />

78<br />

Cherbourg<br />

Produkte – Die Künstlerfarben 77<br />

Lefranc Bourgeois<br />

Produkte – Das gelbe Oelzeug von 76<br />

Guy Cotten<br />

Produkte – La Hulotte, «das 74<br />

meistgelesene Magazin im<br />

Tierbau»<br />

Produkte – Les Herbes de<br />

71<br />

Provence<br />

Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />

eine kulturelle Revolution<br />

Produkte – Châteldon:<br />

68<br />

der Champagner unter den<br />

französischen Mineralwässern<br />

Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />

aus Glas von Luminarc<br />

Produkte – La Pléiade 64<br />

Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />

Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />

Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />

der Post<br />

Produkte – Der Bistrostuhl<br />

60<br />

« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />

Produkte – Bol à prénom 59<br />

Produkte – Eau de Javel 58<br />

Produkte – Sophie la girafe 57<br />

Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43


ART DE VIVRE Produkt<br />

Serie: Typisch französische Produkte (36)<br />

Der Guide du Routard<br />

Mein lieber Guide du Routard,<br />

vermutlich weißt du es nicht, aber es gibt einige<br />

Dinge, die uns eng verbinden. Der erste Punkt ist ganz<br />

offensichtlich: Du hast, wie ich, im Jahr 1973 das Licht<br />

der Welt erblickt. Wir beide feiern daher in diesem<br />

Jahr unseren 50. Geburtstag. Dazu gratuliere ich dir<br />

natürlich ganz herzlich! Ich weiß, dass du von Natur<br />

aus bescheiden bist und nicht gerne Komplimente<br />

hörst. Trotzdem erlaube ich mir die Feststellung –<br />

und da bin ich mit Sicherheit nicht der<br />

Einzige –, dass man dir<br />

dein Alter nicht ansieht! Obwohl sich die Welt in diesem<br />

halben Jahrhundert sehr verändert hat, verkaufst<br />

du dich heute in einem schwindelerregenden Takt von<br />

einem Exemplar alle acht Sekunden! 55 Millionen<br />

verkaufte Exemplare seit deiner Gründung! Diese<br />

Zahl bringt jeden Verleger zum Träumen. Ich sage<br />

es geradeheraus: Du bist ein echtes Phänomen in der<br />

französischen Verlagswelt. Nicht schlecht für etwas,<br />

das man schlicht und einfach « Reiseführer »<br />

nennen könnte! Und dabei habe ich noch<br />

nicht einmal die geradezu beispielhafte<br />

Zufriedenheit deiner Leser erwähnt: 95 %<br />

sind mit dir zufrieden und 92 % empfehlen<br />

dich weiter. Doch nun mache ich Schluss<br />

mit den Lobeshymnen, nicht dass dir das<br />

noch zu Kopf steigt! Schauen wir uns<br />

lieber an, was uns noch alles verbindet.<br />

Ich schreibe dir heute auch deswegen,<br />

weil ich dir danken möchte.<br />

Denn dank dir habe ich schon<br />

früh Frankreich und die Welt<br />

entdeckt, und zwar auf eine Art,<br />

die genau meiner Wunschvorstellung<br />

entspricht: angetrieben<br />

von einer tiefen Neugier und dem<br />

Bedürfnis, eine humanistische<br />

Vorstellung vom Reisen zu teilen.<br />

Reisen, die aus Begegnungen und<br />

Entdeckungen bestehen. Dank<br />

dir gibt es mehrere Generationen<br />

von Franzosen, die seit 50 Jahren<br />

diese Erregung verspüren, vor<br />

der Reise in eine Buchhandlung<br />

zu gehen, dich zu kaufen und<br />

dann die « etwas anderen » Reisetipps<br />

und Anregungen zu studieren.<br />

Für uns, die « Generation<br />

Routard », bist du der Einzige, dem<br />

wir in dieser Beziehung vertrauen.<br />

Egal ob wir uns in einer Großstadt<br />

oder in einem abgelegenen<br />

Dorf befinden, mit dir und deinen<br />

Ratschlägen in der Tasche sind wir<br />

beruhigt. Vielen geht es wie mir, wir<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


würden dir mit geschlossenen<br />

Augen<br />

ans Ende der Welt<br />

folgen. Wie oft habe<br />

ich es gewagt, eine unbekannte<br />

Tür zu öffnen,<br />

ein Gericht mit einem<br />

etwas seltsamen Aussehen<br />

zu bestellen, einen<br />

Weg einzuschlagen,<br />

der geradezu<br />

unpassierbar<br />

e r s c h i e n !<br />

Ganz einfach,<br />

weil<br />

ich ein unerschütterliches<br />

Vertrauen in<br />

deine Tipps<br />

hatte!<br />

Dabei bist du bei Weitem nicht der einzige Reiseführer:<br />

Natürlich könnte ich auch einen deiner Wettbewerber<br />

zurate ziehen, zum Beispiel den Guide Michelin, der viel<br />

klassischer und « gesetzter » ist, oder auch den sehr amerikanisch<br />

angehauchten Lonely Planet, der dir vermutlich<br />

aufgrund seiner Offenheit für « günstige Gelegenheiten »<br />

am meisten gleicht. Doch es funktioniert einfach nicht:<br />

Obwohl ich in anderen Guides auch schon die eine oder<br />

andere Anregung gefunden habe, so komme ich doch in<br />

all den Jahren immer wieder auf dich zurück!<br />

Deine Geschichte ist auch wirklich sympathisch: Die<br />

Idee für deine Entstehung stammt von Philippe Gloaguen,<br />

einem Routard, wie man in Frankreich die Rucksacktouristen<br />

nennt, der glücklicherweise immer noch<br />

der alleinige Besitzer deiner Marke ist, die im Hachette-<br />

Verlag erscheint. Der freiberufliche Journalist träumte in<br />

den 1970er-Jahren nicht nur davon, ein Grand Reporter<br />

zu werden, sondern auch davon, schöne Reisen zu unternehmen,<br />

Abenteuer zu erleben, Begegnungen zu machen,<br />

wobei es bis dato beim Träumen geblieben war. Eines<br />

Tages bot sich ihm jedoch die Gelegenheit, alleine, nur<br />

mit einem Rucksack bepackt, zehn Wochen lang kreuz<br />

und quer durch Indien zu reisen. Nach seiner Rückkehr<br />

hatte er den Wunsch, mehr als nur « einen Artikel » für<br />

eine Zeitung zu verfassen, er wollte seine Erfahrung mit<br />

anderen teilen, anderen ermöglichen, das zu erleben, was<br />

er selbst in Indien erlebt hatte. Er beschloss, einen Reiseführer<br />

zu schreiben. Dieser wurde allerdings erst drei<br />

Jahre später publiziert, nach immerhin 19 ablehnenden<br />

Bescheiden von Verlagen, die das heute vermutlich bitter<br />

bereuen … Der Erfolg stellte sich umgehend ein, und seit<br />

1975 erscheinst du im Hachette-Verlag.<br />

Nach all den Jahren schätzt man nach wie vor deine<br />

humane, « ungezügelte » Vorstellung vom Reisen, zumal<br />

du immer deinen Prinzipien treu geblieben bist. Während<br />

heute oftmals im Sinne des « Marketings » entschieden<br />

wird, ist bei dir nach wie vor Unabhängigkeit das Leitmotiv.<br />

Es ist kein Geheimnis, dass man die 45 Journalisten,<br />

die in deinem Auftrag durch Frankreich und den Rest<br />

der Welt reisen, nicht « kaufen » kann: Die Aufnahme in<br />

den Routard muss man sich verdienen. So einfach ist das.<br />

Und dieses Prinzip lässt sich weder durch eine kostenlose<br />

Mahlzeit oder ein kostenloses Zimmer, noch durch<br />

das Schalten einer Anzeige im Guide und noch weniger<br />

durch einen zugesteckten Geldschein außer Kraft setzen!<br />

Das ist lobenswert und du weißt genau, dass dies einer der<br />

Hauptgründe ist, weshalb deine Leser dir blind vertrauen.<br />

Und genau deswegen meinte ich auch am Anfang, dass<br />

es Dinge gibt, die uns verbinden: Du und ich, wir teilen<br />

dieselbe Vorstellung von einer objektiven, unabhängigen<br />

Presse. Von einer Presse, die ihre Leser begleitet und die<br />

sowohl ihre Empfehlungen als auch ihre Kritik mit ihnen<br />

teilt. Eine lebendige, neugierige Presse, die sich für die<br />

Welt, in der wir leben, interessiert. Eine Presse, die nach<br />

wie vor das Medium Papier liebt, koste es, was es wolle …<br />

Mein lieber Guide du Routard, aus allen diesen Gründen<br />

gehen mir dein Erfolg und dein Geburtstag besonders<br />

nahe, und ich weiß, dass das vielen Lesern auch so geht!<br />

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag,<br />

mein Freund!<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur von Frankreich erleben<br />

In dieser Serie werden Produkte vorgestellt,<br />

die sich in fast jedem französischen Haushalt<br />

befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />

Nationalheiligtümer sind. In den letzten<br />

Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und<br />

Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52),<br />

Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer<br />

(<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la<br />

girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom<br />

(<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe<br />

Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 75), das gelbe Ölzeug von Guy Cotten (<strong>Nr</strong>.<br />

(<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung 76), die Künstlerfarben Lefranc Bourgeois (<strong>Nr</strong>.<br />

La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse aus Glas 77), der Parapluie de Cherbourg (<strong>Nr</strong>. 78), der<br />

von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Briefkasten « Made in Alsace » für Frankreichfans<br />

Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67), Eau de (<strong>Nr</strong>. 79), Meteor, die größte der kleinen Brauereien<br />

Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>. 69), Frankreichs (<strong>Nr</strong>. 80), Chanel N°5, die berühmteste<br />

Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70), Herbes Nummer in der Welt der Düfte (<strong>Nr</strong>. 81), Lunii,<br />

de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac (<strong>Nr</strong>. 72), L’Image « der Geschichtenerzähler » (<strong>Nr</strong>. 82), der Senf<br />

d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das meistgelesene Louit Frères (<strong>Nr</strong>. 83), Terre de Sommières (<strong>Nr</strong>.<br />

Magazin im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74), Savon de Marseille 84) und «Le père Noël est une ordure » (<strong>Nr</strong>. 85).<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · <strong>87</strong>


ART DE VIVRE Porträt<br />

88 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Jean und Johnny<br />

Zwei Freunde, die mit Vögeln sprechen<br />

Die Geschichte klingt ein wenig verrückt, ist aber unbeschreiblich schön. Sie handelt vom<br />

unglaublichen Schicksal zweier Kinder in einem kleinen Dorf namens Arrest, im Norden<br />

Frankreichs, an der Baie de Somme. Jean Boucault und Johnny Rasse verfügten schon als<br />

kleine Jungs über eine herausragende Begabung: Nur mithilfe von Händen und Mund<br />

konnten sie Vogelstimmen täuschend ähnlich imitieren. Sie nahmen an Vogelstimmen-<br />

Wettbewerben in der Region teil, die sie haushoch gewannen. Mit zunehmendem Alter<br />

wurden sich die beiden ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten bewusst und beschlossen,<br />

als Duo aufzutreten. Inzwischen haben sie ihr Talent im wahrsten Sinne in ein eigenes Musikgenre<br />

verwandelt: Als Chanteurs d‘oiseaux, als « Vogelsänger », treten die beiden Künstler<br />

auf der ganzen Welt gemeinsam mit herausragenden Musikern auf.<br />

Es war einmal …» Es gibt nur wenige wahre Geschichten,<br />

die tatsächlich so beginnen könnten. Bei<br />

der Geschichte, die wir Ihnen erzählen werden, ist<br />

das jedoch der Fall, denn sie hat alles von einem Märchen,<br />

das die Menschen verzaubert. Und doch ist « das Märchen »<br />

wahr. Alles begann in Arrest, einem kleinen Dorf mit<br />

knapp 1000 Einwohnern, das rund 70 Kilometer nordwestlich<br />

von Amiens im Departement Somme liegt. Nicht<br />

einmal fünf Kilometer Luftlinie vom Meer entfernt. Von<br />

der Baie de Somme, um genau zu sein. Doch für die Menschen<br />

hier ist diese Bucht das Meer. Es ist eine so herrliche<br />

Naturlandschaft, dass sie neben den Buchten von San<br />

Francisco (Vereinigte Staaten) und Halong (Vietnam) zu<br />

den schönsten Buchten unserer Erde zählt. In diesem kleinen<br />

Paradies aus Sumpfgebieten, Dünen, Sand und Kieselsteinen,<br />

an der Grenze von Land und Wasser – man könnte<br />

fast von einem « Ende der Welt » sprechen –, suchen jedes<br />

Jahr Tausende Zugvögel Unterschlupf. Das Gebiet gilt als<br />

Réserve naturelle nationale und besitzt mit dem Parc du<br />

Marquenterre eines der bekanntesten Vogelschutzgebiete<br />

in Europa, über das wir vor einigen Jahren bereits berichteten<br />

(Eine beeindruckende Reise in der Baie de Somme: Le Parc<br />

du Marquenterre, Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 63). Genau hier<br />

begann also vor etwa 20 Jahren das Abenteuer zweier Jungs<br />

mit einer besonderen Gabe, die heute unsere ganze Aufmerksamkeit<br />

auf sich zieht …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 89


ART DE VIVRE Porträt<br />

« Gummistiefel »<br />

Als die Geschichte begann, wohnten Jean und Johnny<br />

zwar mit ihren Eltern im selben Dorf, kannten sich aber<br />

nicht persönlich. Johnny wusste lediglich, dass Jean der<br />

« Sohn des Apothekers » war – wie er von allen im Dorf<br />

genannt wurde –, dass Jean ihm gegenüber « riesig » war<br />

(in der achten Klasse maß Jean bereits 1,<strong>87</strong> m), dass er<br />

zwei Jahre älter war und in die vierte Klasse ging. Johnny<br />

hatte Jean jedoch einen anderen Spitznamen gegeben, der<br />

damit zusammenhing, dass dieser häufig ein bestimmtes<br />

Schuhwerk trug: « Gummistiefel ». Jean, also « Gummistiefel<br />

», wusste umgekehrt nicht viel über Johnny, vermutlich,<br />

weil dieser jünger war. Den zwei Buben war im<br />

Übrigen damals nicht bewusst, dass sie eine große Leidenschaft<br />

teilten, nämlich die Leidenschaft für Natur und<br />

Vögel. Heute erinnern sich beide daran, dass sie schon<br />

immer vom Gesang der vielen Vögel entzückt waren, die<br />

über ihre Köpfe hinwegflogen, wenn sie die Wege der<br />

Picardie durchstreiften. Und beide versuchten schon sehr<br />

früh, jeder auf seine Art, Vogelstimmen zu imitieren. Was<br />

als Spiel begann, entwickelte sich zu einer großen Neugier<br />

und schließlich zu einer regelrechten Passion. Einer Passion,<br />

auf der heute ihre Freundschaft basiert und die ihr<br />

Leben verändern sollte …<br />

« Ich kann wie eine<br />

Silbermöwe singen! »<br />

Für « Gummistiefel » gab es nichts Schöneres, als draußen<br />

in der Natur zu sein. Wenn keine Schule war, nutzte<br />

er jede Gelegenheit, um alleine durch die umliegende<br />

Landschaft zu streifen. Vor allem Vögel hatten es ihm angetan,<br />

und sein geheimster Traum war, mit ihnen zu kommunizieren.<br />

Er verschlang alles, was er über diese Tiere<br />

im heimischen Bücherschrank finden konnte. Für ihn<br />

war es das Höchste, dass er in der Baie de Somme nur die<br />

Augen zum Himmel heben musste, um die unglaublichen<br />

Vogelschwärme beobachten zu können, die im Winter gen<br />

Süden, Richtung Afrika, und im Frühjahr gen Norden,<br />

Richtung Polarkreis, zogen. Und eines Tages nahm das<br />

Schicksal von Jean eine Wendung. Er erzählt davon in<br />

Chanteurs d‘oiseaux (siehe Infobox am Ende des Artikels):<br />

« Ich marschiere. Da fliegt unversehens eine kleine Gruppe<br />

Laridae über mich hinweg, ihr Schrei lässt mich hochfahren.<br />

(Anm. d. Red.: Laridae, Möwenverwandte, sind eine<br />

Vogelfamilie mit 22 Gattungen und 102 Arten, zu denen unter<br />

anderem Möwen und Seeschwalben zählen.) Ich drehe mich<br />

um, lasse die etwa dreißig Vögel vorbeiziehen und, ohne<br />

genau zu wissen warum, stoße ich einen Schrei aus. Eine<br />

Mischung aus Bestürzung und Zuruf. Ein Schrei, der aus<br />

90 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


mir herausbricht, ein Echo des Vogelgesangs, den ich kenne. Der Gesang<br />

derjenigen, die über mich hinweggeflogen sind. Sogleich macht der Schwarm<br />

mit angelegten Flügeln eine Kurve nach links, Richtung Osten, fliegt über<br />

den Hangar des Hofes und mit dem charakteristischen Geschnatter großer<br />

Möwen, die den Kontakt suchen, erneut über mich hinweg. Und sie entfernen<br />

sich erneut. Ich stoße einen Schrei aus, sie kommen wieder … Sie antworten<br />

mir […] Ich kann wie eine Silbermöwe singen! »<br />

WÄLDER IN COMPIÈGNE<br />

1 STUNDE NÖRDLICH VON PARIS<br />

« Vogellehrstunden »<br />

Von da an ging Jean jeden Tag nach der Schule hinaus zu den Vögeln, egal,<br />

ob es regnete oder stürmte. Er beobachtete sie, hörte ihnen zu, um immer besser<br />

mit ihnen kommunizieren zu können. Alles, was Flügel hatte, machte ihn<br />

neugierig. Sein Wissensdurst ging sogar so weit, dass er mehr oder weniger<br />

im Verborgenen mit den Hühnern des Dorfes übte. Eines Tages erfuhr der<br />

Junge durch eine Reportage im Fernsehen, dass in Abbeville (Somme) jedes<br />

Jahr ein « Vogelfestival » stattfand, bei dem es unter anderem einen Concours de<br />

Chants d‘Oiseaux gab. Daran teilzunehmen, wurde sein großer Wunsch. Trotz<br />

seines jungen Alters war sich Jean allerdings darüber bewusst, dass es für eine<br />

Teilnahme an diesem Wettbewerb nicht genügen würde, den Schrei der Silbermöwe<br />

und den Gesang der Turteltaube nachahmen zu können. Er musste<br />

sein Repertoire erweitern, und dazu benötigte er Hilfe. Aber nicht irgendeine<br />

Hilfe, sondern die eines Schäfers, der im Dorf dafür bekannt war, sich mit<br />

der Natur und mit Vögeln so gut auszukennen, wie kein anderer. Man sagte:<br />

« Er pfeift, wie er spricht. » Dieser Mann, war der Vater von Johnny, dem<br />

« Kleinen », dem « Gummistiefel » bis dato niemals Beachtung geschenkt hatte<br />

… Das sollte aber kein Hinderungsgrund sein! Jean nahm sein Herz in beide<br />

Hände, klopfte an die Tür der Familie Rasse und bat Johnnys Vater geradeheraus,<br />

ihm « Vogellehrstunden » zu geben, ihm « das Pfeifen zu lehren ».<br />

Als die Unterweisung begann, saß Johnny, der zwar ebenso vogelbegeistert,<br />

aber viel schüchterner war, die meiste Zeit unbemerkt oben an der Treppe und<br />

hörte heimlich zu. Er ließ sich nicht das Geringste von dem entgehen, was<br />

sein Vater Jean erklärte …<br />

21. JUNI<br />

BIS<br />

15. JULI<br />

Meister der Imitation<br />

Der « kleine » Johnny kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wie<br />

seine Eltern war er sprachlos, als er zum ersten Mal hörte, wie Jean eine<br />

Miaule imitierte, wie eine Möwe im dortigen Dialekt genannt wird. Das<br />

ging so weit, dass das Kind oben auf der Treppe den Spitznamen « Gummistiefel<br />

» fallen ließ und Jean ab sofort nur noch « La Miaule » nannte!<br />

Dank des « Unterrichts im Pfeifen » und der Ratschläge, die ihm Johnnys<br />

Vater gab, konnte Jean endlich am « Vogelstimmen-Wettbewerb » in Abbeville<br />

teilnehmen. Mit nur elf Jahren (!) schnitt er als zweitbester Imitator<br />

von neunzehn Teilnehmern ab und ging in der Altersgruppe bis sechzehn<br />

Jahre sogar als Sieger hervor. Er konnte es selbst nicht fassen! Als Johnny<br />

dies erfuhr, erwachte in ihm der Wunsch, es Jean gleichzutun. Er hatte die<br />

Worte seines Vaters genau registriert und, ohne jemandem etwas zu sagen,<br />

begann er draußen in der Natur alleine Vogelstimmen zu imitieren und<br />

die unglaubliche Vielfalt ihrer Pfiffe zu erfassen. Nach und nach wurde er<br />

selbstsicherer, entwickelte seine eigene Technik. Endlich erzählte er seinem<br />

Vater davon, der vom Talent seines Sohnes verblüfft war und logischerweise<br />

beschloss, ihn zu coachen. Mehrere Jahre lang traten Jean und Johnny bei<br />

den Wettbewerben in Abbeville gegeneinander an. Es war eine erstaunliche,<br />

aber motivierende Konkurrenz, und die beiden waren die « Stars »<br />

dieser Wettbewerbe. Jeder der zwei war sich über die außergewöhnlichen<br />

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ART DE VIVRE Porträt<br />

Fähigkeiten des anderen im Klaren. Irgendwann war die<br />

gemeinsame Passion stärker als das Konkurrenzdenken,<br />

Jean und Johnny freundeten sich an und beschlossen, als<br />

Duo aufzutreten. Durch stundenlanges Zuhören und<br />

Beobachten wurden sie schließlich unbestrittene Experten<br />

im Imitieren von Vogelstimmen. Ihr Repertoire umfasst<br />

heute Tausende Gesänge von Vögeln, die auf allen<br />

fünf Kontinenten zu Hause sind. Doch über die perfekte<br />

Beherrschung der Imitationstechnik hinaus, machten<br />

sie eine Entdeckung, die sie zu leibhaftigen « Vogelsängern<br />

» werden ließ …<br />

Von Imitatoren zu « Vogelsängern »<br />

Im Laufe der Jahre und der Wettbewerbe kamen<br />

Johnny und Jean zu der Überzeugung, dass es möglich<br />

sein musste, ihr Potenzial nicht nur « technisch » zu<br />

nutzen, sondern auch « künstlerisch » einzusetzen. 2006<br />

lernten sie den berühmten französischen Komponisten<br />

und Pianisten Jean-François Zygel kennen. Dieser war<br />

von ihrem Können fasziniert und erkannte sofort die<br />

Möglichkeit, Vogelgesang in die Musik zu integrieren.<br />

Er leitete das Duo diesbezüglich an und schlug einen<br />

Auftritt beim Festival des Forêts in Compiègne gemeinsam<br />

mit einem Orchester vor. Es war ein riesiger Erfolg!<br />

Mitten im Wald, im einzigartigen Umfeld des Festivals,<br />

kam ihr Talent noch besser zur Geltung. Für die<br />

zwei Freunde aus der Picardie war das der Beginn einer<br />

Metamorphose: Die « einfachen » (wenngleich genialen)<br />

Vogelstimmenimitatoren verwandelten sich bei diesem<br />

Auftritt im Wald von Compiègne in richtige « Vogelsänger<br />

». Das Festival wurde zum Sprungbrett für ihre Karriere.<br />

Diese Tatsache werden die beiden niemals vergessen<br />

und sind nach wie vor, wie es der Leiter des Festivals<br />

Bruno Ory-Lavollée bezeichnet, « treue Weggefährten ».<br />

2022 traten sie im Übrigen bei der 30. Ausgabe des Festivals<br />

auf. In der Folge überstürzten sich die Ereignisse,<br />

ihr Können führte die Künstler auf große französische<br />

und internationale Bühnen, wo sie nun zusammen mit<br />

Musikern von Rang auftreten. Überall feiern sie triumphale<br />

Erfolge. Die Zuhörer sind so beeindruckt, dass sie<br />

sogar vergessen, sich Fragen zur Imitationstechnik zu<br />

stellen, sie lassen sich einfach von der Musik und den<br />

täuschend echten Vogelstimmen von Johnny und Jean<br />

mitreißen. Es macht unglaublich viel Freude, zu sehen,<br />

wie die Zwei ihrem Auftritt eine erstaunlich poetische<br />

Note verleihen und damit tiefe Emotionen auslösen. Geschickt<br />

streuen sie hier und da ein Vogelgezwitscher ein,<br />

das wie eine Note in der Partitur zum Bestandteil der<br />

Musik wird. Dadurch entführen sie die Zuhörer an einen<br />

« anderen Ort », weit weg vom Konzertsaal, in dem sie<br />

sich befinden. Für die Sänger ist die Zeit der Imitation<br />

vorbei: Heute liegt es ihnen am Herzen, die Menschen<br />

die ursprüngliche Verbindung zwischen Musik und Natur<br />

spüren zu lassen. Mit Vögeln zu sprechen, können<br />

die Freunde bereits. Nun wenden sie sich an unser tiefstes<br />

Inneres und an unsere Sensibilität. Die Geschichte,<br />

die wie ein Märchen begann, endet mit einem uralten<br />

Traum: dem Traum, frei und glücklich zu sein. Und vielleicht,<br />

wer weiß, ebenfalls Vogelsänger zu werden …<br />

Wenn Sie mehr über die Vogelsänger<br />

erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen …<br />

eine CD: La<br />

Symphonie des<br />

Oiseaux, Les<br />

Chanteurs<br />

d’Oiseaux,<br />

Shani<br />

Diluka und<br />

Geneviève<br />

Laurenceau,<br />

Mirare,<br />

2016, 67<br />

Minuten,<br />

mit deutscher<br />

Textbeilage,<br />

20,63 €, ISBN 376-<br />

0127223276. Auf<br />

dem 2017 erschienenen Album interpretieren Johnny<br />

Rasse und Jean Boucault gemeinsam mit der Pianistin<br />

Shani Diluka und der Violinistin Geneviève Laurenceau<br />

klassische Musikstücke durch Vogelstimmen auf ganz<br />

neue Art. Bemerkenswert!<br />

ein Buch: Chanteurs d’Oiseaux,<br />

Jean Boucault und Johnny<br />

Rasse, Éditions les Arènes,<br />

Mai <strong>2023</strong>, 288 Seiten, 20,90 €,<br />

ISBN 979-1037509161. Eine<br />

ehrliche und berührende<br />

Erzählung, in der Jean und<br />

Johnny abwechselnd – quasi<br />

« vierhändig » – ihre Geschichte<br />

schildern. Die Geschichte zweier<br />

außergewöhnlicher Talente,<br />

die zunächst Konkurrenten<br />

sind, dann aber zu der weisen<br />

Entscheidung kommen,<br />

Freundschaft zu schließen und<br />

gemeinsam aufzutreten.<br />

einen QR-Code zum Scannen: Auf<br />

YouTube gibt es eine Arte-Sendung<br />

über den wunderschönen Auftritt der<br />

Chanteurs d‘Oiseaux gemeinsam mit<br />

dem Ural Philharmonic Orchestra unter<br />

der Leitung von Dimitri Liss anlässlich<br />

des Festivals La Folle Journée in Nantes<br />

2016. Dort sind auch noch weitere<br />

Videos zu finden. https://youtu.be/WikxJG3RR5g<br />

eine Website: Alle aktuellen Informationen über die<br />

Chanteurs d‘Oiseaux finden Sie auf www.chanteursoiseaux.com.<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Leserbriefe<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Frankreich zu bereisen, macht uns als Familie immer<br />

wieder Spaß. Zudem gibt es bei uns auch eine Vorliebe<br />

für französische Autos, insbesondere Citroën. Nach einer<br />

Reise mit einem Citroën DS Break zum 100-jährigen<br />

Citroën-Fest, haben wir ein Hobby-Wohnmobil zu<br />

einem Citroën Type H umgebaut. Das Modell erinnert<br />

an die HY-Lieferwagen aus Wellblech. Es ruft sehr viele<br />

positive Reaktionen auf der Straße hervor. So kam bei<br />

uns der Gedanke, dass es schön wäre, einen Artikel über<br />

das Wohnmobil und Camper-Reisen durch Frankreich<br />

ins Auge zu fassen … Das Wohnmobil wird sogar mit<br />

anderen Familien geteilt, und diese erzählen uns natürlich<br />

auch sehr viele Reiseerlebnisse. Weitere Informationen<br />

gibt es auf unserer<br />

Website: www.<br />

pumbacamper.com.<br />

Mit freundlichen<br />

Grüßen<br />

Tom Notermans<br />

Redaktion: Lieber<br />

Herr Notermans,<br />

Ihre Nachricht hat uns<br />

neugierig gemacht, sodass wir uns gleich Ihre<br />

Website angesehen haben. Ihr « Alkoven Simba » sieht<br />

wirklich sympathisch aus. Bravo! Es ist gut nachvollziehbar,<br />

dass ein Fahrzeug im Retrolook eines alten Citroëns<br />

positive Reaktionen auslöst! Wir teilen daher gerne diese<br />

Information mit den Lesern von Frankreich erleben, die<br />

direkt auf Ihrer Website Näheres über die Mietangebote in<br />

Erfahrung bringen können. Ihren Vorschlag, demnächst<br />

einen Artikel über die verschiedenen Arten des Campens in<br />

Frankreich zu veröffentlichen, werden wir in der Tat prüfen.<br />

Wie Sie in einer weiteren Zuschrift in dieser Rubrik lesen<br />

können, sind Sie nicht der Einzige, der dies vorschlägt!<br />

Hallo liebes Team,<br />

ich bin von Anfang an ein begeisterter Leser Ihres Magazins und<br />

besitze alle Ausgaben von 1 bis jetzt. Das sagt alles. Meine Frau und<br />

ich sind große Frankreich-Fans und fahren daher immer in unser<br />

Nachbarland, fast ausschließlich mit unserem Wohnmobil. Da wir in der<br />

Pfalz wohnen, haben wir das Glück, auch außerhalb unseres Urlaubs<br />

immer mal wieder kurze Ausflüge ins Elsass machen zu können. Es gibt<br />

eigentlich nur einen kleinen Kritikpunkt für mich. Camping wurde noch<br />

nie erwähnt, obwohl Frankreich ein Camping-Eldorado ist. Ich weiß<br />

schon, dass sie keine Campingzeitschrift sind, aber ab und zu mal einen<br />

kleinen Campingtipp zu geben, wäre schon schön. Sie stellen ja auch<br />

regelmäßig andere Feriendomizile vor. Noch eine Anregung hätte ich:<br />

Vor Kurzem habe ich das erste Mal Walnüsse aus Grenoble gegessen und<br />

war geflasht! Die sind so unglaublich lecker, dass ich sehr gerne mehr<br />

darüber erfahren möchte. Vielleicht wäre das mal ein Thema für Sie.<br />

Machen Sie weiter so und liebe Grüße<br />

Lothar Weller<br />

Redaktion: Lieber Herr Weller,<br />

zunächst herzlichen Dank für Ihre Treue! Es ist schön, dass wir immer<br />

wieder Zuschriften von Lesern erhalten, die, wie Sie, unser Magazin seit<br />

der ersten Ausgabe im Januar 2006 lesen. Die Zeit vergeht schnell! Schon<br />

mehr als siebzehn Jahre reisen wir gemeinsam durch Frankreich. Dabei<br />

entsteht in der Tat eine feste und stabile Beziehung! Wie wir bereits<br />

Herrn Notermans geantwortet haben, wollen wir gerne in Zukunft das<br />

Campen öfter in unser Magazin einbeziehen. Nüsse werden tatsächlich<br />

in Frankreich viele produziert, und zwar in mehreren Regionen. Über<br />

die Nüsse aus dem Périgord haben wir bereits berichtet, aber Sie<br />

haben recht, diejenigen aus Grenoble sind wirklich lecker und ebenfalls<br />

durch eine Appellation d‘Origine Protégée (AOP) geschützt. Chantal<br />

hat sie im Übrigen vor Kurzem erwähnt, als sie das Rezept für ihren<br />

köstlichen Gâteaux aux noix vorstellte (Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 85). Bei<br />

Gelegenheit werden wir sehr gerne auf diese Nüsse zurückkommen!<br />

Hallo, ich habe das Heft seit Beginn abonniert. Wenn ich die<br />

digitale Ausgabe möchte, muss ich diese zusätzlich bestellen<br />

oder ist diese in meinem Hefte-Abo integriert? Wie ist der<br />

Bezugspreis für die digitale Ausgabe? Könnte ich mein Abo<br />

vom Hefte-Abo auf die digitale Ausgabe umstellen?<br />

Gruß<br />

Alexander Goldbach<br />

Redaktion: Lieber Herr Goldbach,<br />

auch Ihnen herzlichen Dank für die Treue! Wie Sie als langjähriger<br />

Abonnent sicherlich bemerkt haben, beschäftigt uns die « Baustelle<br />

Onlineangebot » schon seit Längerem. Abgesehen von den nicht<br />

unerheblichen technischen Aspekten, die viel komplexer sind, als man<br />

denkt, erschien es uns wichtig, ein Angebot zu entwickeln, das sowohl<br />

die berechtigten Erwartungen der Leser an eine nutzerfreundliche<br />

digitale Lösung als auch unsere Anforderungen an ein ökonomisch<br />

vertretbares Modell erfüllt, wie es für eine kleine, unabhängige Struktur<br />

wie die unsere unerlässlich ist. Die gute Nachricht: Die technischen<br />

Probleme sind inzwischen so gut wie alle gelöst, sodass wir in der<br />

Lage sein werden, Ihnen in der nächsten Ausgabe für den Herbst neue<br />

Aboangebote zu machen, die auch eine digitale Version beinhalten.<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />

Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />

Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 93


ART DE VIVRE Rezept<br />

Die Technik, etwas in Heu zu garen, ist sehr alt: Französische Geschichtsforscher<br />

haben Hinweise entdeckt, dass sie bereits im Mittelalter<br />

angewandt wurde. Ich fand diese schonende Methode schon immer<br />

interessant, da das Fleisch dabei schön saftig bleibt. Seit einigen Jahren<br />

stelle ich fest, dass auch immer mehr bekannte Küchenchefs sie nutzen.<br />

Daher möchte ich Ihnen heute ein Rezept vorstellen, das ich besonders<br />

gerne mag. Die nicht alltägliche Art, ein Filet in Heu zu garen,<br />

wird Ihre Gäste mit Sicherheit überraschen. Man muss wissen, dass<br />

Heu, je nach Herkunft und Reife, dem Fleisch ein ganzes Spektrum<br />

subtiler Noten verleiht, die von Frucht- und Kräuteraromen bis hin zu<br />

leichten Holznoten gehen können. Ein wahrer Genuss! Bon appétit!<br />

Filet mignon<br />

de porc cuit au foin<br />

Für 4 Personen · Zubereitung: 20 Minuten · Garzeit im Ofen: 25 Minuten · Unverzichtbares Hilfsmittel: schmiedeeiserner Schmortopf<br />

94 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Zutaten:<br />

1 Schweinefilet (je nach<br />

Größe des Schmortopfs<br />

ganz oder halbiert)<br />

6 ungeschälte<br />

Knoblauchzehen<br />

1 Lorbeerblatt<br />

15 cl Heuaufguss<br />

(Rezept siehe unten)<br />

10 cl Hühnerbrühe<br />

20 g Butter<br />

1 EL Sonnenblumenöl<br />

Grobes Salz und Pfeffer<br />

Ca. 100 g Heu, idealerweise spezielles<br />

Heu zum Kochen, das für<br />

diesen Zweck produziert<br />

wurde, von biologisch<br />

bewirtschafteten Flächen<br />

stammt und beim Trocknen<br />

belüftet wurde, um<br />

die Aromenvielfalt zu<br />

er halten. Ich persönlich<br />

be ziehe es von einem Hof<br />

in der Normandie, der auf<br />

Heuprodukte spezialisiert<br />

ist (www.degustonfoin.fr).<br />

Zubereitung:<br />

• Heuaufguss zubereiten: 5 g Heu<br />

in ein großes Tee-Ei oder in<br />

einen Tee-Filter geben. In 20 cl<br />

siedendes Wasser tauchen und<br />

sechs Minuten ziehen lassen.<br />

• Backofen auf 200° C vorheizen.<br />

•<br />

Schweinefilet von allen Seiten<br />

salzen und pfeffern, Gewürze mit<br />

der Handfläche einmassieren.<br />

• Die Butter mit dem Öl im<br />

Schmortopf bei mittlerer Hitze<br />

schmelzen. Sobald die Butter<br />

zu schäumen beginnt, Filet<br />

(ganz oder in zwei Hälften, was<br />

gegebenenfalls das Anbraten<br />

vereinfacht) von allen Seiten<br />

goldbraun anbraten. Fleisch aus<br />

dem Topf nehmen und auf einem<br />

Teller ruhen lassen. Achtung: Das<br />

Filet muss nicht länger als fünf<br />

Minuten gebraten werden, da es<br />

im Anschluss im Ofen gart.<br />

• Bratensatz im Schmortopf mit<br />

der Fleischbrühe ablöschen, mit<br />

einem Holzlöffel den Satz vom<br />

Boden loskratzen und 2 Min.<br />

aufkochen. Herd ausschalten.<br />

• Eine gute Handvoll Heu in<br />

den Topf geben, Filet, Knoblauchzehen<br />

und Lorbeerblatt<br />

darauflegen, mit einer weiteren<br />

Heuschicht abdecken. 15 cl des<br />

Heuaufgusses darüber gießen.<br />

• Schmortopf mit Deckel verschließen<br />

und 20 Min. im<br />

heißen Backofen garen.<br />

• Am Ende der Garzeit das obere<br />

Heu entfernen (und wegwerfen).<br />

Verbliebene Halme auf dem Fleisch<br />

entfernen, Filet in Scheiben schneiden<br />

und auf eine Servierplatte legen.<br />

• Knoblauchzehen entfernen und<br />

den verbliebenen Jus mit dem<br />

Heu durch ein Sieb in einen<br />

Topf abseihen. Heu dabei gut<br />

auspressen, um ein Maximum<br />

des Bratensaftes zu erhalten. Die<br />

Fleischscheiben damit überziehen.<br />

• Ein Tipp: Falls Sie nicht genug Sauce<br />

haben, können Sie den Bratensatz<br />

mit dem Rest des Heuaufgusses und<br />

einem haselnussgroßen Stück Butter<br />

bei sanfter Hitze loskochen. Mit<br />

diesem Jus dann die Sauce strecken.<br />

• Als Beilage eignen sich Kartoffeln,<br />

die zunächst im Dampf gekocht und<br />

am Schluss kurz im Schmortopf<br />

goldbraun angebraten werden.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 95


GUÉWEN A TESTÉ<br />

… die Begegnung<br />

zwischen Wanderern und<br />

Herdenschutzhunden<br />

Wenn Sie gerne bergwandern und bereits in den Pyrenäen<br />

oder im Vercors unterwegs waren, sind Sie vielleicht<br />

schon einmal einer Schafherde begegnet, die von einem<br />

imposanten Hund mit langem weißen Fell bewacht<br />

wurde: einem Pyrenäenberghund, auch Patou genannt.<br />

Obwohl das Wort Patou fast wie ein Kosename klingt<br />

und der Hund wie ein – zwar großes, aber dennoch<br />

kuscheliges – Plüschtier aussieht, darf man sich davon<br />

nicht täuschen lassen, denn es handelt sich um<br />

eine alte Berghunderasse, die für den Schutz von<br />

Herden gezüchtet wird.<br />

Was ist ein Patou?<br />

Im alten Pyrenäenfranzösisch spricht man von « Pastou »,<br />

abgeleitet vom « Pastre », dem Schäfer. Der Patou ist ein<br />

beeindruckender Hund der Rasse Montagne des Pyrénées,<br />

mit hellem Fell. Er kann bis zu 85 cm hoch werden und ein<br />

Gewicht von über 65 kg erreichen. Vermutlich ist er etwa<br />

3000 v. Chr. von Kleinasien in das Pyrenäengebiet zwischen<br />

Frankreich und Spanien gelangt und wurde in der<br />

Folge mit Hütehunden ungarischen Ursprungs gekreuzt.<br />

Wie hat sich der Patou in Frankreich ausgebreitet?<br />

Im Laufe der Jahrhunderte erwiesen sich die imposanten<br />

Hunde für viele Schäfer in Frankreich als unentbehrlich<br />

und sind heute fester Bestandteil<br />

der Weidewirtschaft des Landes. Alles<br />

begann im Mittelalter, als französische<br />

Lehnsherren Patous als sehr gute Wachhunde<br />

für ihre Besitztümer erachteten.<br />

Am Rande sei erwähnt, dass auch die<br />

« geheime Ehefrau » von Ludwig XIV.<br />

(1638-1715), Madame de Maintenon<br />

(1635-1719), mitverantwortlich für die<br />

Ausbreitung der Rasse war: Sie ließ<br />

einige Exemplare dieser Hütehunde<br />

nach Versailles bringen, wo sich Ludwig<br />

XIV. so für die großen, sympathischen<br />

« Fellknäuel » begeisterte, dass er ihnen<br />

den Status « Königliche Hunde Frankreichs<br />

» verlieh. Das wiederum verleitete<br />

den Adel dazu, die Hunderasse für die<br />

Bewachung herrschaftlicher Anwesen<br />

zu züchten. In der Folge bewährten sich<br />

Patous vermehrt in der Landwirtschaft, vor allem in Bergregionen.<br />

Insbesondere Schäfer in den Pyrenäen setzten<br />

diese Tiere aufgrund ihrer beeindruckenden Statur dazu<br />

ein, ihre Herden vor Angriffen von Wölfen, Luchsen und<br />

Bären zu schützen, die damals dort in großer Zahl lebten.<br />

Warum sind Patous gerade heute wieder<br />

bei französischen Schäfern beliebt?<br />

Seitdem in jüngster Zeit in den Gebirgsregionen des<br />

Landes erneut Wölfe, Luchse und Bären leben, sind<br />

Pyrenäenberghunde wieder eine wertvolle Hilfe für<br />

den Herdenschutz. Gerade in den Pyrenäen steigt<br />

ihre Zahl seit einigen Jahren daher erneut stetig an.<br />

Welche Beziehung besteht zwischen<br />

diesen Hunden und Schafen?<br />

Patous und Schafe haben eine sehr enge<br />

Beziehung. Der Hütehund, der die Herde<br />

bewachen soll, lebt gewöhnlich mit diesen<br />

Tieren zusammen. Idealerweise wird er<br />

innerhalb des Schafzuchtbetriebs geboren<br />

und betrachtet die Schafe so weit wie<br />

möglich als seine « Familie ». Insofern lebt<br />

ein Patou im <strong>Sommer</strong> wie im Winter in<br />

der Herde und beschützt sie. Während ein<br />

sogenannter « Treibhund » die Herde zusammenhält,<br />

ist ein Patou für deren Schutz<br />

verantwortlich. Zu diesem Zweck schafft<br />

er eine Art Sicherheitszone rund um die<br />

Herde, in der er instinktiv auf jede Art<br />

von Aggression gegen seine Schutzbefohlenen<br />

reagiert. Trifft man während einer<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


Wanderung auf einen Patou, ist daher Vorsicht geboten.<br />

Wie verhält sich ein Patou?<br />

Solange ein Patou keine Gefahr für die ihm anvertraute<br />

Herde erkennt, verhält er sich ausgesprochen friedlich.<br />

Er wird nicht zum Angriff ausgebildet, sondern zur<br />

Abschreckung. Wittert ein Patou allerdings eine Gefahr,<br />

stellt er sich sofort bellend zwischen den Eindringling<br />

und die Herde. Angesichts seiner Größe und der<br />

Lautstärke des Gebells reicht das oftmals aus, um den<br />

vermeintlichen Angreifer zu vertreiben. Gleichzeitig<br />

kann das Wanderern Angst machen. Insofern sollte man<br />

ein derartiges Verhalten als « Warnung » verstehen, ruhig<br />

bleiben und auf Distanz gehen. Andernfalls stuft der<br />

Hund das Verhalten möglicherweise als Gefahr für die<br />

Herde ein und kann durchaus die Konfrontation suchen.<br />

Wie sollte man sich als Wanderer verhalten,<br />

wenn man einer Herde begegnet?<br />

Manchmal denken Wanderer nicht daran, dass sie<br />

die Ruhe einer Herde respektieren und die Tiere<br />

nicht stören sollten. Insofern gebietet der gesunde<br />

Menschenverstand, einen größtmöglichen Abstand<br />

zum Weidegebiet zu wahren – egal, ob sich<br />

ein Patou auf der Weide befindet oder nicht …<br />

Wie sollte man sich gegenüber<br />

einem Patou verhalten?<br />

Man muss sich immer bewusst machen, dass der<br />

Hund die Präsenz des Wanderers nicht als Aggression<br />

einstufen darf. Daher sind absolute Ruhe und passives<br />

Verhalten angesagt. Entdeckt man einen Patou erst im<br />

letzten Moment, ist es besser umzukehren. Sind Sie<br />

mit dem Fahrrad unterwegs, steigen Sie ab, sobald Sie<br />

sich der Herde nähern. Führen Sie eigene Hunde an<br />

der Leine, damit sie die Schafherde nicht aufschrecken.<br />

Nähert sich ein Patou auf scheinbar freundliche Weise,<br />

versuchen Sie trotz des sympathischen Aussehens auf<br />

keinen Fall, ihn zu streicheln oder gar zu füttern. Halten<br />

Sie einen Sicherheitsabstand und verhindern Sie, dass<br />

Kinder den Hund anschreien oder auf ihn zu rennen.<br />

Patous erscheinen oft als sehr zutraulich, dennoch<br />

sind sie in erster Linie sehr gute Herdenschutzhunde<br />

und von dieser Aufgabe lassen sie sich auch durch<br />

Streicheln nicht abbringen. Respektiert man diese<br />

grundlegenden Hinweise, gibt es keine Probleme bei<br />

einer Begegnung zwischen Mensch und Patou.<br />

Lassen Sie sich von<br />

uns überraschen!<br />

Sparen Sie<br />

10 %!<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

gehen auch Sie abseits der ausgetretenen Pfade auf<br />

eine Entdeckungsreise durch Frankreich und abonnieren<br />

Sie jetzt das erste und einzige Magazin, das seit<br />

2005 ganz von Menschen kreiert wird, die in Frankreich<br />

leben, für nur<br />

24,90 €<br />

pro Jahr für 4 Ausgaben (Deutschland)<br />

Immer alle Ausgaben dabei: Laden Sie unsere<br />

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vergriffene Ausgaben!<br />

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Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> · 97<br />

www.frankreicherleben.de


IMPRESSUM/VORSCHAU<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren<br />

und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen<br />

Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine<br />

einzelnen Personen am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet<br />

die Nennung im Impressum statt.<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />

Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />

AVZ GmbH<br />

Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />

Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

abo@frankreicherleben.de<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />

Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine<br />

Doucet, Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard<br />

Rival, Serge Robin, Sabine Schmitt<br />

Layout: Ajc Presse<br />

Gültige Anzeigenpreisliste: 23/<strong>2023</strong><br />

Druck: westermann DRUCK | pva,<br />

Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig<br />

Nun sind wir auf der letzten Seite angelangt, aber das ist noch lange<br />

kein Grund, traurig zu sein, denn wir sehen uns bald wieder, genauer<br />

gesagt am 22. August <strong>2023</strong>. Ab diesem Tag ist die nächste Ausgabe<br />

von Frankreich erleben (<strong>Nr</strong>. 88 – Herbst <strong>2023</strong>) im Handel erhältlich.<br />

Sollten Sie allerdings zu unseren treuen Abonnenten gehören – was<br />

im Übrigen die beste Möglichkeit ist, uns zu unterstützen –, dann<br />

steckt sie bereits eine Woche früher in Ihrem Briefkasten.<br />

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, einige Anhaltspunkte auf<br />

Themen, an denen wir bereits arbeiten und die wir in der nächsten<br />

Ausgabe mit Ihnen teilen werden.<br />

Zunächst zwei Fotos:<br />

Vetrieb:<br />

DMV DER MEDIENVERTIEB GmbH & Co. KG. · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />

Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />

Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt<br />

zusammen gestellt. Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit<br />

kann jedoch nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung<br />

für un ver langte Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und<br />

Bearbeitung von Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des<br />

Verlags. Beiträge, Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich<br />

geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, Vervielfältigung auf fotomechanischen<br />

und anderen Wegen sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der<br />

schrift lichen Zustimmung des Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />

Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg<br />

und Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 6,90 € (D), 7,60 € (A), 11,90 CHF (CH),<br />

8,10 € (F/L/B/NL), 8,10 € (I)<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 24,90 € (D), 26,90 € (A),<br />

39,90 CHF (CH), alle anderen Länder: 32,90 €<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich,<br />

die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2023</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />

Und dann zwei Hinweise, von<br />

denen jeder eine Verbindung zu<br />

einem der Fotos hat:<br />

• Man nennt mich das « französische Rom ». Denken Sie nun aber<br />

nicht, ich würde mich auf dem Prestige meiner alten Steine<br />

ausruhen: Seit einigen Jahren werde ich immer attraktiver, und<br />

ich bin schon ein bisschen stolz darauf, dass das auch mit einer<br />

gewissen Modernität zu tun hat …<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />

unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Cédric Brown, Ajc Presse • S.4:<br />

Laurent Menec, DR; Serge Robin, Ajc Presse; Alain Lardière, Ajc Presse;<br />

Laurent Fournerie, Ajc Presse; Nicole Cobac, Ajc Presse; L’Armada de la<br />

Liberté, DR; Jean-François Robert, DR; Etienne Ramousse, Destination<br />

Beaujolais • S.6-7: Camping de la Paille Basse, Pixabay • S.8-9: Pixabay;<br />

Pastis Ty Jaune , Groupe Accor, DR • S.10: Festival de Cannes, DR ; Routes<br />

de la Lavande, DR; E. Flautre, Bioparc de Doué-la-Fontaine • S.11: Société<br />

du Tour de France, DR • S.12-13: DR • S. 14-15: Charlotte Krebs, Editions<br />

Julliard; Mantova Ni, Editions Galimard; Sophie Bassouls, Editions Sabine<br />

Wespieser, Olivier Roller, Editions Buchet Chastel; BBD Editions, DR;<br />

Macus Lieder, Editions Ullstein • S. 16: DR • S.17: Arte, DR • S.18: DR • S.20:<br />

DR • S.22-31: Serge Robin, Ajc Presse • S.32-40: L’Armada de la la Liberté •<br />

S.42-48: Serge Robin, Ajc Presse • S.50-56: Etienne Ramousse, Destination<br />

Beaujolais • S.58-64: Cédric Brown & Alain Lardière, Ajc Presse • S.66-71:<br />

Laurent Menec, DR: Dominic Leleu, DR; Ouiflash, DR; Alexis Frespuech,<br />

MyPhotoAgency; Thierry Orens, DR; François Joly, DR; Jean-Marc Pommé,<br />

MyPhotoAgency; OuiFlash, DR; Clément Lebraud, MyPhotoAgency • S. 72-<br />

75: Christophe Lucand, DR • S.76-80: Jc Albert & Serge Robin, Ajc Presse • S.<br />

86-<strong>87</strong>: Jc Albert, Ajc Presse • S.88-92: Jean-François Robert, DR; Emmanuel<br />

Viverge, DR; Yvan Schawandascht, DR • S. 94-95: Nicole Cobac, Ajc Presse<br />

• S.96-97: Office de Tourisme du Pays de Gex; Pixabay • S.98: Jerôme<br />

• Obwohl man in Frankreich in diesem Jahr meinen 100. Geburtstag<br />

feiert, kennen nur wenige Franzosen meine Geschichte. Man sagt<br />

oft von mir, dass meine Art zu gehen Michel Jackson zu seinem<br />

Moonwalk inspirierte. Und David Bowie fand durch mich ebenfalls<br />

Anregungen für seine Choreografien. In der Rolle des Bip habe ich<br />

immer daran geglaubt, dass eine bessere Welt möglich sein muss …<br />

Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />

indem Sie die folgenden Begriffe vervollständigen:<br />

_ _ M _ _<br />

_ E _ I _ _ _ A _ C _ _ U<br />

Raybaud, DR; Pixabay. Ausgabe <strong>Nr</strong>. 88 - Herbst <strong>2023</strong><br />

Erscheint am 22. August <strong>2023</strong><br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong>


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Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />

Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />

Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />

nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser atemberaubende<br />

Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />

Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />

und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />

Ort mit. Die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen Design bilden<br />

eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence finden<br />

werden. Der beheizte Infinity-Pool und 2.600 qm große Garten sind Garant für einen<br />

erholsamen Urlaub. Die Villa verfügt über Platz für bis zu zehn Personen, doch durch<br />

den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />

www.provence-living.fr

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