BwB 05-98 Basel und der Ochse
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EDITORIAL<br />
Christiane Widmer, Chefredaktorin<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Zuerst ernteten wir meistens ungläubiges<br />
Staunen, wenn wir jemanden zum<br />
Thema <strong>Ochse</strong>n befragten. Lebendige<br />
<strong>Ochse</strong>n o<strong>der</strong> gar ein <strong>Ochse</strong>ngespann?<br />
Nein, das gibt es nicht mehr. Woher die<br />
<strong>Ochse</strong>nschwanzsuppe kommt? – Nun,<br />
eh die kommt… also die nimmt man…<br />
ja, woher nimmt man eigentlich die<br />
<strong>Ochse</strong>nschwänze für die Suppe?<br />
Ein lebendiges <strong>Ochse</strong>ngespann haben<br />
wir wirklich nicht mehr gef<strong>und</strong>en, da -<br />
für sonst viel Informationen über den<br />
<strong>Ochse</strong>n. Die <strong>Ochse</strong>nschwanzsuppe<br />
stammt meistens von jungen Rin<strong>der</strong>n,<br />
die nicht unbedingt <strong>Ochse</strong>n sein müssen.<br />
Überhaupt werden richtige Mast -<br />
ochsen nur noch auf Bestellung aufgezogen;<br />
wenn ein Stierenkalb zum<br />
<strong>Ochse</strong>n gemacht wird, dann lebt es<br />
höchstens ein Jahr.<br />
Ein Anknüpfungspunkt auf unserer<br />
<strong>Ochse</strong>nsuche war natürlich auch die<br />
Metzgernzunft. Dank ihres Meisters,<br />
Herrn Peter Itin, sind wir zwar nicht<br />
auf ein <strong>Ochse</strong>ngespann gestossen, aber<br />
auf sensationelle Bil<strong>der</strong> eines Osterochsenumzugs<br />
in <strong>Basel</strong> im Jahr 1923.<br />
Wir hatten nicht einmal gewusst, dass<br />
es solche Umzüge gegeben hatte, geschweige<br />
denn, dass heute noch Fotos<br />
davon existieren. So haben wir die<br />
mo<strong>der</strong>nste Technik bemüht, um aus<br />
den zum Teil schon verblassten Fotos<br />
möglichst viele Details herauszuholen.<br />
Wir sind überzeugt, dass Sie auch Ihnen<br />
gefallen werden!<br />
Herr Itin hat es uns auch ermöglicht,<br />
das Zunftsilber aus <strong>der</strong> Schatzkammer<br />
des Historischen Museums herausholen<br />
<strong>und</strong> fotografieren zu können (wir<br />
waren alle froh, als das Silber glücklich<br />
wie<strong>der</strong> im Tresorraum des Museums<br />
war – wir hatten Albträume<br />
beim Gedanken, den Vorsitzenden <strong>der</strong><br />
Metzgernzunft erklären zu müssen,<br />
wieso man bei uns eingebrochen <strong>und</strong><br />
das Silber gestohlen habe. Metzger<br />
können sicher auch sehr unangenehm<br />
werden…).<br />
Sehr angenehm war die Zusammenarbeit<br />
mit dem Historiker Dr. Markus<br />
Kutter, welcher uns spontan <strong>und</strong> mit<br />
viel Engagement Informationen über<br />
Peter Ochs <strong>und</strong> die Helvetik gab. Ich<br />
empfehle Ihnen, unbedingt die Helvetikausstellung<br />
im Museum <strong>der</strong> Kulturen<br />
zu besuchen. Ich bin überzeugt,<br />
dass jede Baslerin, je<strong>der</strong> Basler noch<br />
viel zum Thema «Basler Geschichte<br />
am Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts» lernen<br />
kann. Lei<strong>der</strong> wurde ja dieses Thema<br />
in unseren Schulbüchern sehr «diskret»<br />
behandelt, respektive überhaupt nicht<br />
erwähnt.<br />
Sollte nun endlich <strong>der</strong> Frühling kommen<br />
<strong>und</strong> die Temperaturen etwas steigen,<br />
so könnten Sie einmal die «<strong>Ochse</strong>n»<br />
unserer Umgebung besuchen. Im<br />
Umkreis von wenigen Kilometern finden<br />
Sie insgesamt 20 schweizerische,<br />
elsässische <strong>und</strong> süddeutsche Re -<br />
staurants, die alle «<strong>Ochse</strong>n» heissen.<br />
Ohne speziell einen herausheben zu<br />
wollen – wir sind ja schliesslich kein<br />
Gastronomie-Führer – können wir Ihnen<br />
versichern, dass Sie in allen gut<br />
essen werden. In welchem Dorf welcher<br />
<strong>Ochse</strong> steht <strong>und</strong> wie er aussieht,<br />
zeigen wir Ihnen auf unseren Seiten<br />
«Impressionen».<br />
Unser Kunsthistoriker, Dr. Beat Trach s -<br />
ler, hatte ebenfalls Schwierigkeiten,<br />
Bil<strong>der</strong> mit <strong>Ochse</strong>n zu finden. Offenbar<br />
ist <strong>der</strong> <strong>Ochse</strong> zu friedlich <strong>und</strong> strah l te<br />
von jeher mehr Gemütlichkeit <strong>und</strong><br />
Robustheit aus, als <strong>der</strong> aggressive,<br />
männliche Stier. Deshalb das Fazit des<br />
Historikers: <strong>Basel</strong>s Künstler bevor zu -<br />
gen den Stier.<br />
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