BwB 05-98 Basel und der Ochse
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GESCHICHTE<br />
Gesetzliche Bestimmungen<br />
Wie <strong>der</strong> Brotmarkt unterstand auch <strong>der</strong><br />
Fleischmarkt strengen Vorschriften.<br />
Kein Metzger durfte zum Beispiel in<br />
seinem eigenen Haus Vieh schlachten;<br />
dies war nur im Schinthaus erlaubt, wo<br />
die Schlachttiere zuerst durch einen<br />
Fleischschauer kontrolliert wurden.<br />
Un ges<strong>und</strong>es Vieh musste sofort getötet<br />
<strong>und</strong> in den Rhein (!) geworfen werden.<br />
Auch durfte das Fleisch nie in Vierteln<br />
o<strong>der</strong> Stücken, son<strong>der</strong>n nur pf<strong>und</strong>weise<br />
verkauft werden. Allerdings hatten die<br />
Metzger keinen sehr guten Ruf, was<br />
die Ehrlichkeit anbelangt. Bereits<br />
1494 liest man im «Narrenschiff» von<br />
Sebastian Brant den Vers: «den tumen<br />
wiegt man zu dem fleisch», <strong>und</strong> um<br />
1830 findet man folgende Strophe in<br />
einem Lied des Kleinbasler Lokalpo e -<br />
ten Philip Hin<strong>der</strong>mann: «<strong>Basel</strong> het e<br />
grossi Schol, Wo d’Metzger nie versume,<br />
Im Fleisch e Druck z’gä uf <strong>der</strong><br />
Wog, Mit ihrem grosse Dume.»<br />
Spezielle Bestimmungen gab es für die<br />
Kuttler, welche als einzige die Füsse<br />
<strong>und</strong> die Innereien <strong>der</strong> geschlachteten<br />
Tiere verkaufen <strong>und</strong> – zusammen mit<br />
den Brätern – Würste herstellen durften.<br />
In seinen Erlassen bestimmte <strong>der</strong><br />
Rat ausdrücklich, dass einer nicht bei -<br />
de Tätigkeiten ausüben durfte: «Ein<br />
Metzger soll ein Metzger <strong>und</strong> ein Kutt -<br />
ler ein Kuttler sein.» Ein wichtiger <strong>und</strong><br />
von <strong>der</strong> Zunft ausgenommener Neben -<br />
beruf <strong>der</strong> Metzger war jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />
die Herstellung von Kerzen aus<br />
Rin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Hammeltalg.<br />
Die Hygiene<br />
Grosse Probleme hatten die Metzger<br />
mit den Ratten. Da alle Abfälle, die<br />
sich beim Schlachten ergaben, einfach<br />
in den Birsig geworfen wurden – ob<br />
dieser Wasser führte o<strong>der</strong> nicht – fanden<br />
die Ratten ein wahres Paradies vor.<br />
Erst <strong>der</strong> Neubau des Schlachthofs vor<br />
dem St. Johannstor beendete diese katastrophalen<br />
Zustände .<br />
Wi<strong>der</strong>spengstige Untertanen<br />
Eigentlich sollten die Metzger dafür<br />
sorgen, dass die Basler Bevölkerung<br />
immer genügend Fleisch zur Verfügung<br />
hatte, doch dies gelang nicht immer.<br />
Bei Fleischknappheit öffnete <strong>der</strong> Rat<br />
immer wie<strong>der</strong> einmal die Tore für fremde<br />
Metzger. Dies erboste die Basler<br />
Metzger so sehr, dass sie sich 1615 wei -<br />
gerten, ihre Waagen <strong>und</strong> Gewichte zur<br />
amtlichen Prüfung zu bringen. Sie er -<br />
klärten, so lange nicht mehr zu metzgen,<br />
bis die Auswärtigen wie<strong>der</strong> verschw<strong>und</strong>en<br />
seien. Der Rat bestrafte die<br />
An führer hart, <strong>und</strong> die Metzgern zunft<br />
musste nachgeben. 1620 liess <strong>der</strong> Rat<br />
sogar eine beson<strong>der</strong>e Schol für die aus -<br />
wärtigen Meister im «Ferbhaus» bei<br />
<strong>der</strong> Schifflände errichten.<br />
Immer wie<strong>der</strong> kämpften die Metzger<br />
hartnäckig um ihre Zunftprivilegien. Als<br />
Professor Christoph Bernoulli 1822<br />
seine Schrift ‹Über den nachteiligen<br />
Einfluss <strong>der</strong> Zunftverfassung auf die<br />
Industrie› veröffentlichte, beschmierten<br />
rabiate Metzgerburschen sein Landhaus<br />
vor dem Spalentor mit <strong>Ochse</strong>nblut.<br />
Doch schliesslich mussten auch sie<br />
nachgeben <strong>und</strong> Ende des 19. Jahrhun -<br />
<strong>der</strong>ts fand <strong>der</strong> Fleischverkauf nur noch<br />
in den privaten Metzgerläden statt.<br />
8: Die alte Schol an <strong>der</strong> Sporengasse; Aquarell von<br />
J.J. Schnei<strong>der</strong>, 1869; Privatbesitz. Hier – zwischen<br />
Marktplatz <strong>und</strong> Eisengasse – wurde nicht nur das<br />
Fleisch feilgeboten, son<strong>der</strong>n hier befand sich auch<br />
das Zunfthaus.<br />
9: <strong>Ochse</strong>n- o<strong>der</strong> Stierkopf, <strong>der</strong> sich in einer alten<br />
Metzgerei befand <strong>und</strong> von Metzgermeister Peter Itin<br />
«gerettet» wurde.<br />
10: Altes Glasdia, mit welchem in den ersten Kinos<br />
geworben wurde.<br />
11: Karikatur aus einer französischen Zeitung: «So<br />
sähen die Strassen von Paris aus, wenn das Metzgerhandwerk<br />
freigegeben würde».<br />
12: Meister-Abzeichen<br />
<strong>der</strong><br />
Metzgernzunft<br />
mit einem Stier<br />
<strong>und</strong> einem Wid -<br />
<strong>der</strong> als Wappen -<br />
halter. Das Abzeichen<br />
wurde<br />
auf <strong>der</strong> Basis eines<br />
alten Siegels<br />
reproduziert,<br />
das früher<br />
unter die Lehrbriefe<br />
gesetzt<br />
11 wurde.<br />
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Bwie<strong>Basel</strong> 5/<strong>98</strong> 11