3_2023 Leseprobe
Ausgabe 3_2023 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
Ausgabe 3_2023 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 26. Jahrgang<br />
www.biogas.org<br />
3_<strong>2023</strong><br />
Ab Seite 38<br />
TITELTHEMA<br />
SICHERHEIT<br />
Inflation Reduction Act:<br />
EU und USA im Clinch 28<br />
Biomasse: dramatische<br />
Preissteigerung 54<br />
Indien: Biomethan aus<br />
Reisstroh 94
INHALT<br />
Biogas Journal | 3_<strong>2023</strong><br />
27 38<br />
EDITORIAL<br />
3 Stoppt die Bürokratie!<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
Geschäftsführer des<br />
Fachverbandes Biogas e.V.<br />
AKTUELLES<br />
6 Meldungen<br />
8 Bücher<br />
10 Termine<br />
12 Biogas-Kids<br />
14 „Flexibilisierung ohne Wärmesenke<br />
ist Harakiri“<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
20 KlimaFarming<br />
Konventionelle Ackerbausysteme<br />
infrage stellen!<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
27 Präsidium des Bayerischen Landtags<br />
besucht Biogas-Anlagenbetreiber<br />
Josef Götz<br />
Von Dipl.-Ing. agr. Andrea Horbelt<br />
POLITIK<br />
28 Inflation Reduction Act: Europa<br />
und die USA im Clinch<br />
Von Bernward Janzing<br />
30 Der lange Weg zur Definition<br />
des „grünen“ Wasserstoffs<br />
Von Bernward Janzing<br />
34 Gebäude-Energie-Gesetz: Ein<br />
Ringen, das sich lohnen kan<br />
Von Jörg Schäfer<br />
Beilagenhinweis: Das Biogas Journal<br />
enthält Beilagen der Firmen agrikomp,<br />
CLEANline und SM-Energy.<br />
4
Biogas Journal | 3_<strong>2023</strong><br />
INHALT<br />
SICHERHEIT<br />
TITELILLUSTRATION: BIGBENREKLAMEBUREAU I FOTOS: ANDREA HORBELT, MARTIN EGBERT, JÖRG BÖTHLING<br />
94<br />
38 Aktueller Stand zur Sicherheit<br />
auf Biogasanlagen<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />
Manuel Maciejczyk<br />
43 Gärproduktaufbereitung: Der richtige<br />
Umgang mit Schwefelsäure<br />
Dipl. Wirtschaftsing. (FH) Marion<br />
Wiesheu und Dipl.-Ing. Frank Weber<br />
48 Membran-Gasspeicher<br />
Dachschaden – das muss nicht sein!<br />
Von Christian Dany<br />
PRAXIS<br />
54 Preisexplosion bei den Substraten<br />
Von Dr. Stefan Rauh<br />
60 Biogas aus sieben regionalen Anlagen –<br />
Betriebsergebnisse der Aufbereitungsanlage<br />
in Bitburg<br />
Von Dipl.-Geograph Martin Frey<br />
66 Serie Teil 1<br />
Von der NawaRo- zur Abfallvergärungsanlage<br />
Von Dipl.-Geograph Martin Frey<br />
72 Konzept für Regionalwerke<br />
auf Landkreisebene<br />
„Wer macht die Energiewende?“<br />
Von Christian Dany<br />
78 Tag der Biotonne am 26. Mai<br />
Kampagne für fremdstofffreien Biomüll<br />
Von Dipl.-Ing. Mathias Hartel<br />
84 Gettorf macht´s vor<br />
Von Dierk Jensen<br />
92 Anlagen des Monats März und April<br />
INTERNATIONAL<br />
Indien<br />
94 Reisstroh: vergären statt verbrennen!<br />
Von Dierk Jensen<br />
Frankreich<br />
108 Wie Frankreich die Energiekrise<br />
meistert<br />
Von EUR ING Marie-Luise Schaller<br />
VERBAND<br />
Aus der Geschäftsstelle<br />
112 Licht und Schatten in der<br />
Biogasbranche<br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
118 LEE Niedersachsen/Bremen e.V.<br />
120 Bioenergie bleibt unter Druck<br />
Von Dr. Simone Peter, BEE<br />
122 Impressum<br />
5
POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Inflation Reduction Act:<br />
Europa und die USA im Clinch<br />
Die Erneuerbare-Energien-Branche hofft auf Unterstützung aus dem „Green Deal<br />
Industrial Plan“. Europa antwortet damit auf den „Inflation Reduction Act“ der USA.<br />
Von Bernward Janzing<br />
Der Name führt in die Irre. Ob der im August<br />
2022 von US-Präsident Joe Biden<br />
unterzeichnete Inflation Reduction Act<br />
(IRA) die Inflation in den USA wirklich<br />
reduzieren wird, muss sich erst noch zeigen.<br />
Sicher ist hingegen, dass der Staat im Rahmen<br />
des IRA viel Geld verteilen will. 370 Milliarden Dollar<br />
sollen in Form von Subventionen und Steuergutschriften<br />
ausgereicht werden.<br />
Die Gelder sind teilweise daran geknüpft, dass Unternehmen<br />
heimische Produkte verwenden oder diese<br />
selbst in den USA produzieren. Speziell stehen beim<br />
IRA grüne Technologien und kritische Rohstoffe im<br />
Fokus. Das Programm gilt als die größte Investition<br />
im Kampf gegen den Klimawandel in der Geschichte<br />
der USA.<br />
US-Klima-Protektionismus?<br />
Aber es ist eben in erster Linie ein Industrieprojekt.<br />
„Die USA wollen mit dem Inflation Reduction Act<br />
vor allem die heimische Wirtschaft stützen, sie resilienter<br />
gegen Lieferengpässe machen und sich als<br />
Technologieführer positionieren“, sagt Josefin Meyer<br />
vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW). Rund 60 Prozent aller Steuervergünstigungen<br />
beinhalteten eine sogenannte Local-Content-<br />
Bestimmung. Elektroautos und Batterien, die in<br />
den USA hergestellt werden, sollen mit Subventionen<br />
gefördert werden, ebenso Unternehmen, die<br />
Windräder oder Solaranlagen mit US-Stahl herstellen.<br />
Manche sprechen bereits von „Klima-Protektionismus“.<br />
Allerdings kämen bisher 76 Prozent der kritischen<br />
Rohstoffe aus Ländern, die kein Freihandelsabkommen<br />
mit den USA haben, weiß das DIW. Auch „ausgewählte<br />
grüne Technologien wie Photovoltaik, Windturbinen<br />
oder Lithium-Batterien“ stammten zu mehr<br />
als der Hälfte aus Nicht-Freihandelsländern, so eine<br />
Analyse des Instituts. Somit bestünden Abhängigkeiten<br />
der USA, die „nicht kurzfristig gelöst werden können“.<br />
Die USA hätten jetzt nur drei Möglichkeiten:<br />
„Entweder ziehen sie die Produktion dieser Technologien<br />
in die USA, sie lockern ihre Bedingungen oder<br />
sie schließen länder- und sektorspezifische Verträge,<br />
die Ausnahmeregelungen vorsehen.“<br />
Unternehmen in Europa sehen sich durch den IRA<br />
nun ein Stück weit ausgebootet. „In der EU hat das<br />
Gesetz Sorgen über die Zukunft des Investitionsstandorts<br />
Europa ausgelöst“, berichtet der Bundesverband<br />
der Deutschen Industrie (BDI). Auch der<br />
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und<br />
Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, nannte<br />
den IRA eine „gigantische Herausforderung“.<br />
Europa wehrt sich mit GDIP<br />
Da der IRA stark den Klimaschutz und Energietechnologien<br />
im Fokus hat, sind speziell auch die entsprechenden<br />
Wirtschaftszweige in Deutschland alarmiert.<br />
Die Branche der Erneuerbaren in Deutschland<br />
mahnt nun eine entsprechende Antwort aus Europa<br />
an. Eine erste Positionierung der EU-Kommission ist<br />
mit dem Anfang Februar vorgestellten „Green Deal<br />
Industrial Plan“ (GDIP) bereits erfolgt. Dieser ist<br />
als Konter der Bestrebungen der USA zu verstehen<br />
und soll europäische Unternehmen davon abhalten,<br />
Standorte außerhalb der EU aufzubauen, um in den<br />
USA tätig sein zu können. Vorwürfe des Handelsprotektionismus<br />
und eine Benachteiligung europäischer<br />
Unternehmen stehen im Raum.<br />
Die Kommission propagiert nun ein „Netto-Null-Industrie-Gesetz“,<br />
also ein Gesetz über eine CO 2<br />
-neutrale<br />
Industrie. Damit soll ein Rechtsrahmen geschaffen<br />
werden, der „vereinfachte und beschleunigte<br />
Genehmigungsverfahren, die Förderung europäischer<br />
strategischer Projekte und die Entwicklung von Normen<br />
zur Unterstützung des Ausbaus von Technologien<br />
im gesamten Binnenmarkt unterstützt“.<br />
Zugleich will die Kommission es den Mitgliedstaaten<br />
erleichtern, die notwendigen Beihilfen zur Beschleunigung<br />
des grünen Wandels zu gewähren und<br />
die Verwendung bestehender EU-Mittel zur Finanzierung<br />
von Innovationen, Herstellung und Einführung<br />
sauberer Technologien erleichtern. Ein in diesem Zusammenhang<br />
oft genutzter Begriff ist die „Superabschreibung“,<br />
die ein besonders schnelles steuerliches<br />
Absetzen von Investitionskosten ermöglicht. Zugleich<br />
erklärte die Kommission, sie prüfe auch „Möglichkeiten<br />
für eine stärkere gemeinsame Finanzierung auf<br />
EU-Ebene zur Förderung von Investitionen in die Herstellung<br />
von CO 2<br />
-neutralen Technologien.“<br />
FOTO: ADOBE STOCK_COMOFOTO<br />
28
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
POLITIK<br />
Europäische Tech-Unternehmen<br />
stärken<br />
Der Bundesverband Erneuerbare Energie<br />
e.V. (BEE) sprach nach Bekanntwerden<br />
der EU-Pläne von „ersten guten Ansätzen“:<br />
Die Vorschläge der EU zeigten „die<br />
Dringlichkeit, den Heimatmarkt für Zukunftstechnologien<br />
zu stärken und die Pariser<br />
Klimaziele zu erreichen“. Er müsse<br />
nun „zügig präzisiert und umgesetzt werden“,<br />
so BEE-Präsidentin Simone Peter.<br />
In Europa würden dreistellige Milliardenbeträge<br />
für die ökologische Transformation<br />
benötigt. Zusätzlich zu den ohnehin<br />
geplanten Investitionen in den Green<br />
Deal und den 300 Milliarden Euro, die im<br />
Repower-EU-Programm vorgesehen sind,<br />
müsse der europäische Souveränitätsfonds<br />
vorangebracht werden. Es werde<br />
„schnell notwendig werden, frisches Geld<br />
für europäische Projekte einzubringen<br />
und nicht nur vorhandene Mittel umzuschichten“.<br />
Zudem müsse das Beihilferecht reformiert<br />
werden, um zu verhindern, dass Investitionen<br />
in Drittstaaten abwandern, so<br />
der BEE. Dabei müsse „der ökologische<br />
Umbau Kern einer jeden Krisenstrategie<br />
sein“. Dazu gehöre auch, den von Kommissionspräsidentin<br />
Ursula von der Leyen<br />
angekündigten „Net-Zero Industry Act“<br />
„schnell mit Leben zu füllen, um Ziele für<br />
die heimische Produktion von Klimatechnologien<br />
bis 2030 zu konkretisieren.“<br />
NGEU-Fonds soll um Klimaschutz -<br />
maßnahmen erweitert werden<br />
Längst hat auch die etablierte Finanzwirtschaft<br />
den GDIP im Blick. Die Allianz<br />
Trade, die Kreditversicherungsbank des<br />
Konzerns, betont, der „Schlüssel zu Europas<br />
grünem Übergang“ sei das Konjunkturpaket<br />
Next Generation EU (NGEU).<br />
Ohne dieses werde der GDIP „nicht<br />
funktionieren“. Der NGEU-Fonds soll<br />
Kreditlinien zur Konjunkturbelebung und<br />
Stärkung der Widerstandsfähigkeit bereitstellen.<br />
Er war ursprünglich geschaffen<br />
worden, um die wirtschaftlichen und sozialen<br />
Auswirkungen der Corona-Pandemie<br />
in den Mitgliedstaaten zu mildern. Jetzt<br />
soll der Fonds, der für die Jahre 2021 bis<br />
2027 aufgelegt wurde und 807 Milliarden<br />
Euro umfasst, auch Klimaschutzmaßnahmen<br />
und damit verbundene Ausgaben<br />
finanzieren.<br />
Unterdessen positionierte sich bereits<br />
auch ein Bündnis von 40 europäischen<br />
Wirtschaftsorganisationen, Unternehmen,<br />
Innovatoren, Think Tanks und<br />
Nichtregierungsorganisationen zum<br />
GDIP. Dieser sei „ein zentraler Hebel für<br />
eine rasche und robuste EU-Strategie zur<br />
Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität<br />
und Klimaschutz“, heißt es in<br />
einem im Februar veröffentlichten Brief<br />
an die Staats- und Regierungschefs der<br />
27 EU-Mitgliedsstaaten.<br />
Zu den Unterzeichnern zählt zum Beispiel<br />
auch die Stiftung KlimaWirtschaft,<br />
eine Unternehmensinitiative, die 2011<br />
unter dem Namen Stiftung 2° gegründet<br />
wurde. Deren Vorständin Sabine Nallinger<br />
sagt: „Wir brauchen dringend mehr<br />
Klarheit, wie sich die EU industriepolitisch<br />
gegenüber globalen Wettbewerbern<br />
aufstellen will.“ Die Unternehmen des<br />
Verbandes erwarteten „einfachere Prozesse,<br />
schnellere Mittelvergaben und<br />
mehr Pragmatismus“.<br />
Neue Konzepte zur Finanzierung<br />
wichtiger Industriezweige<br />
vonnöten<br />
Die Stiftung KlimaWirtschaft fordert neben<br />
der „strategischen Förderung von Cleantech-<br />
und Net-Zero-Technologien auch die<br />
produzierende Industrie zu stärken, die<br />
Infrastruktur für eine klimaneu trale Wirtschaft<br />
aufzubauen und die Finanzierung<br />
der Transformation zu sichern“. Im GDIP<br />
dürften „nicht nur alte Ideen in neues<br />
Gewand gehüllt werden“, sagt Nallinger.<br />
Vielmehr müssten „bereits diskutierte Beschleunigungskonzepte<br />
endlich in die Tat<br />
umgesetzt werden“. Mit Blick auf die im<br />
GDIP skizzierten Finanzierungsoptionen,<br />
blieben jedoch noch viele offene Fragen,<br />
sagt Nallinger: „Neben der Neuausrichtung<br />
bestehender EU-Töpfe braucht es<br />
langfristig neue Konzepte für die Finanzierung<br />
strategisch wichtiger Industriezweige<br />
in der EU.“<br />
Eine deutliche Lücke weise der GDIP gerade<br />
im Bereich der Betriebskostenförderung<br />
auf, beklagt auch der BEE: „Gerade<br />
dieses Instrument sei das Element, das<br />
den IRA für Investoren attraktiv mache<br />
und Unternehmen aus aller Welt anlocke.“<br />
Ziel regulatorischer Änderungen müsse<br />
zudem sein, starke heimische Nachfrage<br />
zu schaffen, so der BEE. Dafür seien<br />
„Flächen bereitzustellen, Planungs- und<br />
Genehmigungsverfahren zu beschleunigen,<br />
Förderprogramme auf den Bedarf<br />
auszurichten und Bürokratie zu beseitigen“.<br />
„Stärkster Treiber der internationalen<br />
Klimaschutzmärkte ist der Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien“, sagt Peter.<br />
Auch der Bundesverband der Energie- und<br />
Wasserwirtschaft (BDEW) positionierte<br />
sich bereits. Es sei „richtig, dass die EU<br />
nun mit einer eigenen Industriestrategie<br />
antwortet“, nachdem die USA mit dem<br />
IRA bereits vorgeprescht seien. „Dem De-<br />
Industrialisierungsgespenst müssen wir<br />
den Geist der innovativen Wertschöpfung<br />
entgegenstellen“, so der BDEW.<br />
Autor<br />
Bernward Janzing<br />
Freier Journalist<br />
Wilhelmstr. 24a · 79098 Freiburg<br />
07 61/202 23 53<br />
01 70/81 34 190<br />
bernward.janzing@t-online.de<br />
www.bernward-janzing.de<br />
29
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Preisexplosion bei den Substraten<br />
Erstmals seit 2018 konnten die Substratpreise der zurückliegenden Ernte ausgewertet werden. Dank<br />
digital durchgeführter Umfrage standen erstmals wieder ausreichend Daten für eine vernünftige Auswertung<br />
zur Verfügung. Und die Ergebnisse sind bemerkenswert! Bemerkenswert hoch!<br />
Von Dr. Stefan Rauh<br />
Über 1.000 Datensätze konnten<br />
für das Jahr 2022 in den<br />
Bereichen der Energiepflanzen<br />
und der Wirtschaftsdünger<br />
ausgewertet werden und<br />
damit die vierfache Zahl der letzten Auswertung<br />
aus dem Jahr 2018. Die meisten<br />
Rückmeldungen (rund ein Drittel) gab es<br />
– wenig überraschend – für den Silomais.<br />
Aber auch zu Grassilage oder Getreide-<br />
GPS lagen zur Auswertung größere Datenmengen<br />
vor (siehe Abbildung 1).<br />
Erstmals wurden mit den Datensätzen<br />
Flächen erfasst, so dass bessere Aussagen<br />
möglich sind, welche Flächenanteile<br />
die einzelnen Substrate auf sich vereinen.<br />
Bei der gemeldeten Fläche dominiert der<br />
Silomais mit 70 Prozent (siehe Abbildung<br />
2). Den nächstgrößeren Anteil hat etwas<br />
überraschend die Grassilage mit gut 12<br />
Prozent. Ebenso eine hohe Bedeutung haben<br />
Getreide-GPS und Ackergras. Andere<br />
Substrate kommen zusammen nur auf<br />
knapp 7 Prozent der Fläche.<br />
Neben der für den Einsatz in Biogasanlagen<br />
geernteten Fläche wurden in der<br />
Umfrage zudem die Erntemenge und<br />
der Trockenmassegehalt abgefragt (siehe<br />
Abbildung 3). Zwei Säulen fallen in<br />
Abbildung 3 besonders auf: Zum einen<br />
der hohe Ertrag der Zuckerrübe mit über<br />
80 Tonnen Frischmasse je Hektar bei einem<br />
Trockenmassegehalt von knapp 23<br />
Prozent. Zum anderen der hohe Trockenmassegehalt<br />
und dabei folglich niedrige<br />
Hektarertrag von Getreide, das im Gegensatz<br />
zu den anderen Substraten trocken<br />
vermarktet wird. Insgesamt liegen die<br />
Durchschnittserträge für das Jahr 2022<br />
noch unter denen des Jahres 2018, das<br />
ebenfalls ein Trockenjahr war.<br />
Der Silomais liegt mit 39,1 Tonnen Frischmasse<br />
je Hektar nochmal zwei Tonnen<br />
unter den damaligen Werten. Auch die<br />
Erträge für Grassilage und Getreide-GPS<br />
sind vergleichsweise niedrig. Positiv überraschen<br />
können die mehrjährigen Kulturen<br />
Durchwachsense Silphie (51 Datensätze)<br />
und Riesenweizengras (11 Datensätze)<br />
mit Erträgen jenseits der 30 Tonnen<br />
Frischmasse. Bei beiden Kulturen wurden<br />
Flächen genutzt, die sich mindestens im<br />
dritten oder vierten Nutzungsjahr befanden,<br />
weswegen bereits eine gute Etablierung<br />
und Wurzelausbildung erfolgt war, so<br />
dass die Trockenheit besser überstanden<br />
werden konnte. Wildpflanzenmischungen<br />
liegen dagegen bei unter 20 Tonnen.<br />
Zuckerrüben in 2022 mit<br />
höchstem Hektar-Energieertrag<br />
Spannend für den Anlagenbetreiber ist<br />
vor allem der Energieertrag. Anhand von<br />
KTBL-Gaserträgen und einem angenommenen<br />
Wirkungsgrad des BHKW von 40<br />
Prozent wurde der Stromertrag je Hektar<br />
berechnet (siehe Abbildung 4). Auch hier<br />
zeigt sich die herausragende Stellung der<br />
Zuckerrübe für das Jahr 2022, die mit<br />
der Trockenheit mit am besten umgehen<br />
konnte. Der Stromertrag je Hektar liegt<br />
bei fast 25.000 Kilowattstunden.<br />
Mit großem Abstand folgt der Mais mit<br />
rund 16.500 Kilowattstunden. Hier<br />
zeigen sich einmal mehr die Folgen der<br />
Trockenheit. Viele Betreiber rechnen bei<br />
Mais sicher mit einem Ertrag von 20.000<br />
Kilowattstunden oder mehr, was in niederschlagsreicheren<br />
Regionen auch 2022<br />
erreicht wurde. Auch beim Energieertrag<br />
auf der Fläche überrascht das Riesenweizengras,<br />
das sich in etwa auf dem Niveau<br />
von Getreide-GPS bewegt. Alle anderen<br />
Kulturen erzielen lediglich Hektarerträge<br />
von weniger als 10.000 Kilowattstunden.<br />
In den Abbildungen 5 und 6 sind die in<br />
der Umfrage ermittelten Substratpreise<br />
dargestellt, wobei unterschieden wird,<br />
ob das Substrat stehend ab Feld verkauft<br />
oder frei Silo gekauft wurde. Eigentlich<br />
sollten die Preise im Silo höher sein, da<br />
dort die Ernte- und Transportkosten enthalten<br />
sind. Bei den meisten Substraten<br />
ist dies der Fall. Insbesondere bei den<br />
Substraten mit mehreren Schnitten und<br />
damit höheren Erntekosten wie Grassilage<br />
und Ackergras ist dieser Effekt deutlich<br />
sichtbar. Bei Silomais, Getreide-GPS und<br />
Getreidekorn sind die Preise stehend ab<br />
Feld sogar höher, was eigentlich nicht rational<br />
erklärbar ist.<br />
Es könnte jedoch sein, dass aufgrund er<br />
Substratknappheit größere Mengen spontan<br />
ab Feld gekauft wurden und diese<br />
Preise höher lagen. Das Preisniveau ist<br />
insgesamt recht hoch. So liegt der Preis<br />
für Silomais jenseits der 40- beziehungsweise<br />
120-Euro-Marke. Sehr eindeutig<br />
sichtbar sind die hohen Preise bei Getreidekorn,<br />
die sich an den Marktpreisen des<br />
Sommers orientieren und rund um die<br />
300 Euro je Tonne liegen. Ebenfalls hohe<br />
Preise bezogen auf die Trockenmasse hat<br />
die Zuckerrübe.<br />
Preisvergleich verschiedener Wirtschaftsdünger<br />
Wirtschaftsdünger Rindergülle Schweinegülle Rinderfestmist Hühnermist / HTK Gärprodukt<br />
Trockenmassegehalt [%] 8,3 5,1 29,4 45,8 8,1<br />
Preis 3,04 2,68 9,29 32,12 2,78<br />
54
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
PRAXIS<br />
Abbildung 1: Verteilung der Datensätze<br />
Abbildung 2: Flächenanteile der gemeldeten Substrate<br />
21,83%<br />
32,63%<br />
7,3%<br />
3% 2,6%<br />
4,3%<br />
6,46%<br />
Silomais<br />
Grassilage<br />
12,7%<br />
Silomais<br />
Grassilage<br />
7,86%<br />
13,38%<br />
17,84%<br />
Getreide-GPS<br />
Ackergras (siliert)<br />
Getreidekorn<br />
70,1%<br />
Getreide-GPS<br />
Ackergras (siliert)<br />
Getreidekorn<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
Sonstige<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
Sonstige<br />
2022: starker Anstieg des<br />
Substratpreisindex<br />
Wie dramatisch der Preisanstieg im<br />
Jahr 2022 war, zeigt ein Blick auf den<br />
Index, bei dem die Preise mit dem Basisjahr<br />
2010 verglichen werden (siehe<br />
Abbildung 7). Die rechte rote Säule zeigt<br />
den Indexwert für das Jahr 2022. Der Indexwert<br />
über alle Substrate hinweg liegt<br />
bei 144 Punkten, also fast 50 Prozent<br />
über dem Wert aus dem Jahr der ersten<br />
Erhebung. Auch im Vergleich zum Jahr<br />
der letzten Erhebung (2018) – übrigens<br />
auch ein Trockenjahr – zeigt sich ein explosionsartiger<br />
Anstieg, während der Index<br />
zuvor immer nur zwischen 100 und<br />
110 schwankte.<br />
Selbst der bislang höchste Wert aus dem<br />
Jahr 2013 lag deutlich unter dem aktuellen<br />
Wert. Nahezu bei allen Substraten<br />
wurden Maximalwerte erzielt. Einzige<br />
Ausnahme ist Grassilage, bei der der<br />
Index sogar leicht sinkt. Ein Grund dafür<br />
könnte sein, dass Gras eben nicht an<br />
anderen Agrarmärkten veräußert werden<br />
kann. Viele Betreiber sehen diese extreme<br />
Entwicklung natürlich mit Sorge.<br />
Während im Jahr 2022 hohe Strompreise<br />
Mehrerlöse an der Börse oder den<br />
Terminmärkten ermöglichten, muss sich<br />
dieses Jahr erst zeigen, welche Entwicklung<br />
auf der Erlösseite möglich ist. Welch<br />
bedeutenden Kostenblock das Substrat<br />
einnimmt, zeigt Abbildung 8, in der die<br />
Substratpreise auf die erzeugte Kilowattstunde<br />
umgelegt werden.<br />
Abbildung 3: Erntemengen und Trockenmassegehalte<br />
Durchwachsene Silphie<br />
Riesenweizengras<br />
Wildpflanzenmischung (mehrjährig)<br />
Grassilage (Dauergrünland)<br />
Getreidekorn<br />
Ackergras (siliert)<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
Zuckerrüben<br />
Grünroggen<br />
Getreide GPS<br />
Silomais<br />
29,7<br />
32,0<br />
30,8<br />
32,4<br />
33,4<br />
19,4<br />
33,5<br />
22,9<br />
86,0<br />
7,0<br />
31,7<br />
24,7<br />
22,6<br />
80,8<br />
28,6<br />
26,6<br />
33,9<br />
30,2<br />
34,6<br />
39,1<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Durchschnittlicher TM-Gehalt in % Durchschnittsertrag in t FM/ha<br />
55
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Abbildung 4: Energieertrag je Hektar<br />
Durchwachsene Silphie<br />
8.565<br />
Riesenweizengras<br />
12.945<br />
Wildpflanzenmischung (mehrjährig)<br />
5.600<br />
Grassilage (Dauergrünland)<br />
Getreidekorn<br />
Ackergras (siliert)<br />
9.150<br />
8.983<br />
9.879<br />
Zuckerrüben<br />
24.253<br />
Grünroggen<br />
7.669<br />
Getreide GPS<br />
12.432<br />
Silomais<br />
16.577<br />
0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong> Stromertrag in kWh/ha Anmerkungen: Berechnung auf Basis der KTBL-Gaserträge; Wirkungsgrad 40 %<br />
Abbildung 5: Substratpreise in Euro pro Tonne Frischmasse (€/t FM)<br />
Durchwachsene Silphie<br />
Riesenweizengras<br />
Wildpflanzenmischung (mehrjährig)<br />
Grassilage (Dauergrünland)<br />
Getreidekorn<br />
Ackergras (siliert)<br />
Zuckerrüben<br />
Grünroggen<br />
Getreide GPS<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
Silomais<br />
41,85<br />
28,66<br />
33,22<br />
22,00<br />
37,91<br />
26,53<br />
31,70<br />
21,66<br />
246,54<br />
302,38<br />
34,80<br />
19,39<br />
39,34<br />
37,00<br />
31,91<br />
28,25<br />
39,28<br />
43,24<br />
42,77<br />
44,86<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
frei Silo stehend ab Feld<br />
Preiswerte Grasaufwüchse<br />
Die oberen gelben Säulen zeigen die Substratkosten<br />
frei Silo, das heißt, Ernte und Transport sind dort bereits<br />
enthalten. Der Silomais liegt hier bei rund 10 Cent<br />
(ct) je Kilowattstunde (kWh) und damit überraschenderweise<br />
nicht an der Spitze. Getreide-GPS (9,53 ct/<br />
kWh), Ackergras (8,70 ct/kWh), Grassilage vom Dauergrünland<br />
(7,92 ct/kWh) und auch Riesenweizengras<br />
(8,30 ct/kWh) liegen zum Teil deutlich darunter.<br />
Gerade die Gräser könnten davon profitiert haben,<br />
dass keine Vermarktung an andere Agrarmärkte so<br />
einfach möglich war und sich damit der Preisanstieg<br />
an den Agrarmärkten nicht direkt widerspiegelt.<br />
Andere alternative Energiepflanzen sind trotzdem<br />
höherpreisig gehandelt worden. Die Durchwachsene<br />
Silphie liegt sogar jenseits der 15-Cent-Marke.<br />
Auch die Zuckerrübe (13,11 ct/kWh) ist genauso<br />
wie das Getreidekorn (19,26 ct/kWh) als hochprei-<br />
56
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
PRAXIS<br />
Abbildung 6: Substratpreise in Euro pro Tonne Trockenmasse (€/t TM)<br />
Durchwachsene Silphie<br />
96,66<br />
141,14<br />
Riesenweizengras<br />
71,39<br />
107,78<br />
Wildpflanzenmischung (mehrjährig)<br />
79,33<br />
113,34<br />
Grassilage (Dauergrünland)<br />
64,69<br />
94,67<br />
Getreidekorn<br />
286,79<br />
351,75<br />
Ackergras (siliert)<br />
61,15<br />
109,76<br />
Zuckerrüben<br />
174,01<br />
163,66<br />
Grünroggen<br />
111,45<br />
98,66<br />
Getreide GPS<br />
116,01<br />
127,71<br />
Silomais<br />
123,56<br />
129,60<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
frei Silo stehend ab Feld<br />
sig einzustufen, eignet sich aber sehr gut für einen<br />
kurzfristigen Energiebooster, um gezielt Strommärkte<br />
zu bedienen. Möchte ein Betreiber die Kosten frei<br />
Fermenter wissen, müssen auf diesen Wert noch die<br />
Lagerungs- und Einbringkosten addiert werden. Ohne<br />
spezielle Aufbereitungstechnik kann dieser Kostenbeitrag<br />
pauschal mit 2 bis 3 Cent je Kilowattstunde<br />
angesetzt werden.<br />
Da die Vergütung bei vielen Anlagen nur zwischen 20<br />
und 24 Cent je Kilowattstunde und die Höchstwerte<br />
in den Ausschreibungen sogar unter 20 Cent je Kilowattstunde<br />
liegen, muss jeder Betreiber die Substratkosten<br />
genau im Blick behalten und prüfen, ob in<br />
manchen Fällen nicht weniger sogar mehr bedeuten<br />
kann. Gemeint sind weniger hochpreisiger Input und<br />
dafür mehr Flexibilität in der Stromerzeugung. Leider<br />
ist es aber nicht in jeder Situation so, dass der Betreiber<br />
die Wahl hat. Sei es, weil in seiner Region die<br />
Substrate so knapp sind, dass er zwingend zukaufen<br />
muss oder sei es, weil eine Wärmeversorgung garantiert<br />
ist, die eine Rücknahme der Stromerzeugung<br />
ausschließt.<br />
Fazit: Die Biomassepreise haben sich unter anderem<br />
wegen des Ukrainekrieges explosionsartig nach oben<br />
bewegt. Die Refinanzierung der Substratkosten wird<br />
mehr und mehr zur Herausforderung für den Betreiber.<br />
Setzt die Bundesregierung in der Nationalen<br />
Biomassestrategie weiter auf Biogas, sind An-<br />
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57<br />
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PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Abbildung 7: Vergleich des Substratpreisindex 2011 bis 2022<br />
180<br />
Index 2011 Index 2012 Index 2013 Index 2014 Index 2015 Index 2016 Index 2017 Index 2018 Index 2022<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong><br />
Stand März<br />
Silomais Grassilage Getreide-GPS Getreidekorn Grünroggen Zuckerrüben Biomasseindex<br />
Anmerkung:<br />
Substratpreisindex im Vergleich zum Jahr 2010 (2010 = 100); Ausnahme: Zuckerrüben (2011 = 100),<br />
passungen bei der Förderung unerlässlich – nicht nur<br />
wegen der Substratpreise, sondern wegen der steigenden<br />
Kosten allgemein.<br />
Exkurs: Preise von Wirtschaftsdüngern –<br />
Düngeverordnung zeigt Wirkung<br />
Neben nachwachenden Rohstoffen werden in den<br />
meisten Anlagen auch Wirtschaftsdünger (Gülle, Festmist,<br />
Geflügeltrockenkot) eingesetzt. In einigen Fällen<br />
steht Biogasanlagenbetreibern Gülle und Festmist<br />
zum Nulltarif zur Verfügung, in der Regel muss jedoch<br />
der Wirtschaftsdünger ebenfalls zugekauft werden –<br />
sicherlich auch aus steuerlichen Gründen.<br />
Im Mittel lag der Preis für Gülle zwischen 2,70 Euro<br />
(Schwein) und 3,04 Euro je Kubikmeter (Rind) (siehe<br />
Tabelle) und liegt auf dem gleichen Niveau wie schon<br />
© ZU_09, © nortonrsx | iStock<br />
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BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
PRAXIS<br />
Abbildung 8: Substratkosten in Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh)<br />
Durchwachsene Silphie<br />
10,70<br />
15,62<br />
Riesenweizengras<br />
5,50<br />
8,30<br />
Wildpflanzenmischung (mehrjährig)<br />
9,21<br />
13,16<br />
Grassilage (Dauergrünland)<br />
5,41<br />
7,92<br />
Getreidekorn<br />
19,26<br />
23,62<br />
Ackergras (siliert)<br />
4,85<br />
8,70<br />
Zuckerrüben<br />
13,11<br />
12,33<br />
Grünroggen<br />
11,08<br />
9,81<br />
Getreide GPS<br />
9,53<br />
10,50<br />
Silomais<br />
10,09<br />
10,58<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Quelle: FvB <strong>2023</strong> frei Silo stehend ab Feld<br />
Anmerkungen: Berechnung auf Basis der KTBL-Gaserträge; Wirkungsgrad 40 %<br />
2018. Deutlich höhere Preise sind bei Rinderfest-<br />
(9,29 Euro je Tonne) beziehungsweise Hühnermist/<br />
Hühnertrockenkot (32,12 Euro je Tonne) im Vergleich<br />
zum Jahr 2018 festzustellen. Dies liegt sicher daran,<br />
dass beide Stoffe aufgrund der höheren Energiedichte<br />
eine höhere Transportwürdigkeit besitzen und damit<br />
interessant für verschiedenste Anlagenkonzepte sind.<br />
Für beides wird mittlerweile das Doppelte gezahlt im<br />
Vergleich zu vor vier Jahren. Das Gärprodukt erfährt<br />
eine leichte Steigerung der Wertigkeit von 2,00 auf<br />
2,78 Euro je Kubikmeter.<br />
Vielen Dank noch einmal an alle Betreiber, die durch<br />
die Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens dazu<br />
beigetragen haben, dass auch dieses Jahr eine aussagekräftige<br />
und hilfreiche Analyse der Substratpreise<br />
veröffentlicht werden kann.<br />
Autor<br />
Dr. Stefan Rauh<br />
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59
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Neu-Delhi<br />
INDIEN<br />
Kurze Wege: Von der Biogasanlage<br />
gelangt das Compessed Bio-Gas (CBG)<br />
direkt zu Tankstellen in der Region.<br />
Reisstroh: vergären statt<br />
verbrennen!<br />
Biogas im großen Stil: Mit deutscher Technologie wird im nordostindischen Bundesstaat<br />
Punjab Stroh vergoren. Das erzeugte Biogas wird vor Ort zu CNG-Kraftstoff aufbereitet und<br />
an Tankstellen in der Region verteilt.<br />
Von Dierk Jensen<br />
Was für eine fruchtbare Ebene: Kein<br />
Berg, kein Hügel, nicht einmal eine<br />
sanfte Kuppe. Es ist einfach nur<br />
flach inmitten sattgrüner Felder im<br />
Herzen des indischen Bundesstaates<br />
Punjab. Während es weiter nördlich, in den Ausläufern<br />
des Himalayas, Mitte Januar noch schneit, steigen<br />
die Temperaturen im Punjab im Laufe des Tages<br />
schon mal auf über 15 Grad Celsius an.<br />
Allerdings fällt das Thermometer in der Nacht oft<br />
empfindlich, manchmal sogar knapp unter null Grad<br />
Celsius. Dann werfen die Mitarbeiter von Verbio India<br />
in ihrem Guesthouse unweit der Bioraffinerie schon<br />
mal den elektrischen Ölradiator an, um – trotz dicker<br />
Schlafdecke – nicht zu frieren. Kaum zu glauben,<br />
dass an gleicher Stelle, nur ein paar Monate später,<br />
Hitzewellen mit weit über 40 Grad Celsius vollkommen<br />
normal sind.<br />
Der Teleskop-Radlader auf dem Gelände der nagelneuen<br />
Verbio Bioraffinerie in der Nähe der Stadt Lehragaga<br />
piept ununterbrochen. Der Fahrer holt unablässig<br />
neue Großrundballen aus einer 12 Meter hohen<br />
Strohmiete heraus, um sie in die Vergärungsstraße<br />
zu bringen. Gleich mehrere Mieten von 100 Meter<br />
Länge befinden sich auf dem 11 Hektar großen Betriebsgelände.<br />
1.000 Landwirte liefern Stroh<br />
In den Ballen befindet sich das Stroh von Reis und<br />
auch, wenngleich deutlich weniger, Weizen. Es sind<br />
nach Angaben von Betriebsleiter Pankaj Jain seit<br />
Betriebsbeginn rund 40.000 Tonnen Stroh, die von<br />
rund 1.000 Landwirten im engeren Umkreis erfasst<br />
wurden. Das ist ein gewaltiges Volumen, weshalb<br />
das Stroh nicht nur direkt an den acht Fermentern<br />
der Anlage deponiert ist, sondern noch vier weitere<br />
Zwischenlager eingerichtet wurden, um das strohige<br />
Gärmaterial, abgedeckt mit Planen, zu stapeln.<br />
Die dahinterstehende Logistik, die dafür sorgt, dass<br />
das Stroh am Ende trocken von den Feldern geholt<br />
FOTOS: JÖRG BÖTHLING<br />
94
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
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gebracht wird, ist enorm. Und sicherlich<br />
auch einer der wichtigsten Schlüssel dafür,<br />
damit die erste Strohvergärungsanlage<br />
dieser Art in Indien, die mit viel Polit-Prominenz<br />
im Jahr 2022 eingeweiht<br />
wurde, nachhaltig Erfolg haben soll.<br />
Biomethan-Abfüllung in<br />
Standard-Gasflaschen auf Lkw<br />
Das 80-köpfige Team von Verbio India versprüht<br />
derweil positiven Pragmatismus.<br />
„Welcome into the Greenzone“ steht am<br />
Eingang zur Bioenergie-Anlage, die satte<br />
25 Millionen Euro an Investition erforderte.<br />
Vorbei am grünen Pferd von Verbio<br />
herrscht reger Verkehr zu und weg von<br />
der Biogasproduktionsstätte. Während<br />
Strohladungen kommen, verlässt das<br />
gereinigte und komprimierte Methan als<br />
Compressed BioGas (CBG), abgefüllt in<br />
Standard-Gasflaschen, den Ort. Lkw fahren<br />
es zu umliegenden Tankstellen, die<br />
sich in Entfernungen von 25 bis zu 100<br />
Kilometern befinden. Auch Gärprodukte<br />
werden abtransportiert – mit Lastern, aber<br />
auch mit kleinen von Traktoren gezogenen<br />
Anhängern. Diese werden als hochwertige<br />
Dünger auf die Felder zurückgebracht.<br />
Obschon sich die Biogasanlage in Lehragaga<br />
immer noch im Hochlauf befindet<br />
und sie erst mit maximal rund 100.000<br />
Tonnen Stroh pro Jahr die volle Produktionskapazität<br />
erreicht haben wird, sind<br />
die Erwartungen schon jetzt groß. Von<br />
der indischen Politik, aber auch von den<br />
Landwirten rundherum. Das bekommt<br />
keiner mehr als Pankaj Jain täglich zu<br />
spüren. Der studierte Chemie-Ingenieur<br />
ist an diesem nebelverhangenen Morgen<br />
ständig zwischen Fermentern, Stroh- und<br />
dem anwachsenden Gärdüngerlager unterwegs,<br />
um die Betriebsabläufe im Blick<br />
zu behalten.<br />
Die Fermenter werden – ein paar Monate<br />
nach Betriebsstart – mit rund 60 Tonnen<br />
Stroh pro Tag gefüttert. Die Anlage basiert<br />
auf der von Verbio bereits 2014 entwickelten<br />
Technologie. Die beiden deutschen<br />
Stroh-Biomethan-Anlagen gingen<br />
bereits 2014 und 2019 in Betrieb. 2021<br />
folgte dann die Inbetriebnahme einer<br />
weiteren baugleichen Anlage in Iowa<br />
(USA) und 2022 zog dann Indien nach.<br />
Während das Biomethan in Deutschland<br />
und den USA über das Erdgasnetz<br />
transportiert wird, wird es in Indien direkt<br />
in 75 bis 150 Liter großen<br />
95
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Die Trockenheit des Strohs wird ständig überprüft. Nur wenn es<br />
trocken genug ist, wird es in die Vergärungsstrecke eingebracht.<br />
Reisstroh wird über Förderbänder<br />
in die Vergärung geschickt.<br />
Standardflaschen abgefüllt, die auf Lkw-Trailern fest<br />
installiert sind. Sind die Flaschen eines Trailers abgefüllt,<br />
wird er von einem Truck abgeholt und zu einer<br />
Tankstelle gebracht. In Europa heißt dieser Kraftstoff<br />
CNG (Compressed Natural Gas), in Indien jedoch,<br />
etwas irreführend, heißt das Produkt Compressed<br />
BioGas (CBG).<br />
Autofahrer wissen nicht, dass sie grünes<br />
Methan tanken<br />
Es ist auch an der Tankstelle von Vivek Singia, die<br />
sich an der Hauptstraße zwischen Sangrur nach Patran<br />
befindet, zu bekommen. Nichts Spektakuläres.<br />
Es gibt Diesel, Benzin und eben Gas. Letzteres ist in<br />
Indien ein gängiger Kraftstoff. Dass die Autofahrer an<br />
der Tankstelle von Singia zu einem Viertel Bio-CNG<br />
tanken, wissen sie allerdings nicht, denn es gibt hier<br />
keinen Unterschied zwischen fossilem und erneuerbarem<br />
Methan. Wenn sich die Compressed Bio-Gas-<br />
(CBG)-Ladung an der Tankstelle dem Ende neigt, fährt<br />
der Trailer mit den leeren Gasflaschen wieder zurück<br />
zur Biogasanlage von Verbio India in Lehragaga. Ein<br />
Kreislauf, der schon nach kurzer Anlaufzeit gut funktioniert.<br />
Auch wenn die Produktionsmenge alsbald<br />
noch um ein Dreifaches stiege, wäre die CBG-Distribution<br />
logistisch kein Problem.<br />
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96
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
Fortlaufend werden Strohballen angeliefert.<br />
Komplexer ist die Logistik für Stroh und Gärdünger.<br />
„Es befinden sich noch verschiedene Modelle im Test.<br />
Das Stroh kann über Lohnunternehmen oder durch<br />
eine eigene Logistik erfasst werden“, sagt Ashish Kumar,<br />
Geschäftsführer von Verbio India. Kumar ist für<br />
ein paar Tage von der Hauptstadt des Bundesstaates<br />
Punjab, Chandigarh, wo sich das Headoffice von Verbio<br />
India befindet, gekommen, um das Thema Strohbergung<br />
mit einzelnen Landwirten als auch mit ganzen<br />
Dorfgemeinschaften direkt vor Ort zu diskutieren.<br />
Kumar hat nach seinem Militärdienst bei der indischen<br />
Marine in Leipzig das Fach International Business<br />
studiert und anschließend eine längere Zeit in<br />
München bei einer Unternehmensberatung (EAC)<br />
gearbeitet. Wie er zu Verbio gestoßen ist? „Mich hat<br />
der Pioniergeist beeindruckt, die kurzen Entscheidungswege<br />
und die flache Hierarchie“, antwortet der<br />
Endvierziger spontan in Englisch. Er ist fest davon<br />
überzeugt, dass die Strohvergärung in vielen Regionen<br />
Indiens in Zukunft großen Erfolg haben wird.<br />
Reisstroh-Vergärung macht die Luft<br />
sauberer<br />
Weshalb? „Allein die Tatsache, dass das flächendeckende<br />
Verbrennen von Reisstroh den gesamten<br />
Punjab nach der Ernte bisher in giftige Rauch-<br />
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INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Verladung des festen<br />
Gärdungs direkt für den<br />
Abtransport.<br />
Das Strohlager auf<br />
dem Betriebsgelände<br />
von Verbio in Lehragaga<br />
ist gut gefüllt,<br />
daneben die festen<br />
Gärprodukte, die auf<br />
Lkw verladen wieder<br />
in den landwirtschaftlichen<br />
Kreislauf<br />
gebracht werden.<br />
Wer große Mengen<br />
Stroh vergärt, erhält<br />
entsprechend große<br />
Mengen Gärdünger.<br />
wolken eintaucht, mit unserer Form der Verwertung<br />
ein Ende finden wird. Dieser Aspekt ist sehr wichtig<br />
für uns“, unterstreicht Kumar. Kurioserweise spielt<br />
Reis auf der Speisekarte der Punjabis traditionell im<br />
Gegensatz zu vielen anderen Regionen nur eine untergeordnete<br />
Rolle. Dies lässt sich noch im Westen<br />
des Punjabs, jenseits der Grenze, in Pakistan, gut<br />
beobachten, wo Reis bei Weitem weniger angebaut<br />
wird und stattdessen in der Fruchtfolge Weizen mit<br />
Baumwolle kombiniert wird.<br />
Der Reisanbau im östlichen Teil des Punjabs ist im<br />
Zuge der sogenannten „Grünen Revolution“ in Indien<br />
ab den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts<br />
von Politik und Agrarwissenschaft offensiv propagiert<br />
worden, um die Produktivität der Landwirtschaft zu<br />
steigern und somit die Ernährungsgrundlage der indischen<br />
Bevölkerung zu sichern.<br />
Der Punjab galt im indischen Subkontinent als „Food<br />
Basket“; er war zu jener Zeit deshalb auch einer derjenigen<br />
Regionen in Indien, in denen die vermeintlich<br />
revolutionären Methoden – mehr Düngung, mehr<br />
chemischer Pflanzenschutz, intensive Bewässerung,<br />
neue Sorten, Agrartechnik und neue Fruchtfolgen –<br />
nahezu überall im Bundesstaat umgesetzt worden<br />
sind. Leider mit langfristig negativen Folgen, die sich<br />
unter anderem auch im wenig nachhaltigen Verbrennen<br />
von Reisstroh manifestieren.<br />
Verbio schafft neue Jobs<br />
Wenn dies durch die Vergärung des Strohs in Zukunft<br />
vermieden und stattdessen grüne Energie erzeugt<br />
wird, sind zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.<br />
Darüber hinaus generiert die Aktivität von Verbio India<br />
viele neue Jobs im ländlichen Raum. Ein gutes<br />
98
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Oben: In acht großen Fermentern aus Beton wird das Stroh-Wasser-Gemisch vergoren.<br />
Unten: Große Anlage - große Notfackeln, weiter im Hintergrund die Methanisierungsanlage.<br />
Beispiel dafür ist Manseet Singh, der auf<br />
dem 3,5 Kilometer entfernten externen<br />
Strohlager einen Job als Radlader-Fahrer<br />
hat. „Meine Familie hat im Dorf Bhutal<br />
Kalan eine kleine Farm mit zwei Hektar“,<br />
erzählt der 27-Jährige vor einer Strohpyramide<br />
stehend. Sein Einkommen nimmt<br />
den ökonomischen Druck von der Kleinbauernfamilie.<br />
Zudem ist das Argument einer nachhaltigen<br />
Energieerzeugung von Bedeutung,<br />
wenngleich es in Indien noch längst nicht<br />
den gesellschaftlichen Stellenwert hat<br />
wie in Europa. Obgleich die Biogaserzeugung<br />
für den Kraftstoffsektor mit fixierten<br />
Tarifen innerhalb eines flexiblen Preiskorridors<br />
ökonomisch abgesichert ist, fehlt<br />
es noch an Transparenz im Markt. Denn<br />
wer ein Gas-Auto in Punjab betankt, weiß<br />
nicht, ob das Gas aus Qatar, Russland<br />
oder sonst wo herkommt oder ob es aus<br />
dem Stroh umliegender Felder erzeugt<br />
worden ist.<br />
Bioenergie-Förderprogramm wird<br />
bis 2026 verlängert<br />
Entsprechend erfährt das Bio-CNG keinen<br />
höheren Preis an der Zapfsäule. Dennoch<br />
gehöre Biogas, so das klare Bekenntnis<br />
der indischen Zentralregierung und des<br />
zuständigen Ministeriums für neue und<br />
erneuerbare Energie in New Delhi, zu<br />
einem wichtigen Baustein auf dem Weg<br />
zu einer klimafreundlicheren, bestenfalls<br />
klimaneutralen Energieerzeugung. So hat<br />
das zuständige Ministery of News<br />
99
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Oben links: Das Methangas wird nach der<br />
Komprimierung in Flaschen auf Lkw gefüllt<br />
und direkt zu Vertragstankstellen geliefert.<br />
Oben rechts: Ashish Kumar ist der Managing<br />
Director von Verbio India.<br />
Mitte: Vivek Singia und sein Sohn betreiben<br />
eine Indian Oil Tankstelle und bieten auch das<br />
Verbio Bio-CBG (CNG) an.<br />
Unten: Ein Verbio-Mitarbeiter prüft Proben aus<br />
dem Gärprozeß.<br />
and Renewable Energie (MNRE) in Delhi<br />
im November 2022 verkündet, dass das<br />
Förderprogramm für die Bioenergie bis<br />
2026 fortgesetzt wird.<br />
Mit einer Fördersumme von über acht<br />
Milliarden Rupien will die indische Regierung<br />
vor allem jegliche organischen<br />
Abfälle, ob sie nun in der Landwirtschaft,<br />
Industrie oder in Ballungsräumen anfallen,<br />
im großen Stil energetisch verwerten.<br />
Tatsächlich spielt Biomasse seit jeher<br />
eine unglaublich wichtige Rolle in der<br />
Energieversorgung Indiens: rund ein<br />
Drittel basiert bisher auf Nachwachsendem!<br />
Dabei stehen die Hunderttausenden<br />
Mini-Biogasanlagen, die in den letzten<br />
Jahrzehnten vom Kap Komorin im Süden<br />
bis in die Berge von Darjeeling installiert<br />
worden sind und deren Biogas vor allem<br />
fürs Kochen genutzt wird in keinem Wi-<br />
100
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
Der Farmer Darshan Singh<br />
ist einer der vielen Reisstrohlieferanten.<br />
Das Weizenstroh<br />
behält er für seine Tiere.<br />
Auf seinem Hof betreibt er<br />
eine eigene kleine Biogasanlage,<br />
mit deren Gas in der Küche<br />
gekocht und gebraten wird.<br />
derspruch zu den vorrangig in den letzten<br />
Jahren entstandenen Großanlagen, die<br />
entweder Strom liefern oder Kraftstoff<br />
herstellen.<br />
Beides existiert parallel nebeneinander –<br />
wie auf dem Hof von Darshan Singh zu<br />
beobachten ist. Singhs Familie vergärt<br />
den Dung ihrer zehn Kühe und von deren<br />
Nachzucht schon seit vielen Jahren<br />
mit einer kleinen simplen Hofan-<br />
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101
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Links: Gärprodukte<br />
werden gewogen und<br />
an Kunden aus Gartenbau<br />
und Landwirtschaft<br />
ausgeliefert.<br />
Mitte: An der<br />
Abfüllstation warten<br />
die firmeneigenen<br />
Gastransporter auf ihr<br />
nächstes Ziel.<br />
lage; die Gasmenge deckt den Kochenergiebedarf<br />
pro blemlos. Singh, der mit seiner Familie rund 18<br />
Hektar bewirtschaftet, kennt sich also aus eigener<br />
Erfahrung mit dem Thema Biogas aus. Nicht zuletzt<br />
deshalb begrüßt er die große Verbio-Vergärungsanlage,<br />
die nur drei Kilometer von seinem Hof entfernt<br />
gebaut worden ist.<br />
„Unser Reisstroh gebe ich dort gerne ab. Unsere Rinder<br />
fressen das aufgrund des hohen Silikat-Anteils<br />
sowieso nur sehr ungern. Von daher habe ich es bisher<br />
direkt nach der Ernte fast immer auf dem Feld<br />
verbrannt, um ein sauberes Saatbett für den nachfolgenden<br />
Weizen zu erhalten“, sagt Singh. Das eigene<br />
Weizenstroh würde er dagegen nicht abgeben wollen.<br />
„Zum einen brauche ich einen Teil davon für meine<br />
Tiere und mit dem Rest kann ich auf dem Strohmarkt<br />
einen guten Preis erzielen“, so Singh weiter.<br />
Subventionierter Mineraldünger im harten<br />
Wettbewerb zu Gärdünger<br />
Und wie ist es mit dem Humusgehalt seiner Böden,<br />
wenn er zwei Ernten pro Jahr einfährt und die gesamte<br />
Biomasse verbrennt bzw. abführt? Tatsächlich<br />
schwächele die Organik in den Böden seiner<br />
Felder, räumt Singh kleinlaut ein. So wie fast überall<br />
auf vielen Feldern im Punjab (übersetzt: „Fünf-<br />
Strom-Land“), die noch mit ausreichend Wasser<br />
aus Kanälen und zusätzlich über eigene Brunnen<br />
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INTERNATIONAL<br />
das ganze Jahr versorgt sind. Dies kaschiert vieles.<br />
„Aber es gibt ja auch Mineraldünger, der von der<br />
Regierung subventioniert wird“, erklärt Singh, der<br />
aber unabhängig davon auch Gärdünger von Verbio<br />
annehmen will. „Vorausgesetzt, ich bekomme sie<br />
umsonst“, betont Singh.<br />
Dass die Strohlieferanten von Verbio selbstbewusste<br />
Landwirte sind, ist auch auf dem Hof der Brüder<br />
Narinder und Barjinder Singh (fast jede zweite<br />
Sikh-Familie trägt diesen Nachnamen) einige Kilometer<br />
weiter im Distrikt Sangria deutlich zu spüren.<br />
„Auch wir sind froh, dass uns Verbio das Reisstroh<br />
abnimmt“, unterstreicht Kanwar, der 26-jährige<br />
Neffe von Barjinder beim Rundgang durch die<br />
Felder. Das sind 200 Tonnen von rund 30 Hektar<br />
Reis. Insgesamt bewirtschaftet die Familie mit sieben<br />
festangestellten Mitarbeitern rund 52 Hektar.<br />
Mit dieser Flächenausstattung gehört die Familie<br />
in Punjab schon zu den größeren Betrieben. Denn<br />
eines darf nicht vergessen werden: Es gibt ein Gesetz,<br />
das besagt, dass ein einzelner Landwirt nicht<br />
mehr als 6,8 Hektar besitzen darf. Nur über clevere<br />
Eigentumskonstruktionen, bei denen Bruder, Onkel<br />
und Neffen eingebunden sind, werden darüberhinausgehende<br />
Betriebsgrößen realisiert.<br />
Kanwar kritisiert diese für ihn überholte Gesetzgebung;<br />
sie würde aus seiner Sicht die ökonomische<br />
Dynamik im ländlichen Raum unterbinden.<br />
Betriebsleiter<br />
Pankaj Jain und seine<br />
Mitarbeiter bei einer<br />
Besprechung vor der<br />
Methanisierungsanlage.<br />
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INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Die Region Punjab<br />
gilt als „Kornkammer“<br />
Indiens: Weizen- und<br />
Reisfelder so weit das<br />
Auge reicht.<br />
Der Hof von<br />
Narinder und Barjinder<br />
Singh liefert Reisstroh<br />
an Verbio; ihre Feldarbeiter<br />
auf dem<br />
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BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
Welche Dimensionen die<br />
Verbio-Anlage tatsächlich<br />
hat, zeigt sich in der<br />
Abenddämmerung besonders<br />
eindrucksvoll.<br />
Seine fundamental-marktwirtschaftliche<br />
Sichtweise, kombiniert mit der hohen<br />
Affinität zum westlichen Lebensstil, wird<br />
auch vom eigenen Betrieb gespiegelt,<br />
denn neben Reis baut die Familie auch<br />
noch Guaven, Orangen, Senf, Baumwolle<br />
und Bohnen an. Produkte, die auf den<br />
Agrarmärkten nachgefragt werden und<br />
ordentliche Preise erzielen. Klar, dass<br />
der junge Mann Kanwar um den Wert der<br />
Gärprodukte weiß und sie auch, im Gegensatz<br />
zu einigen Landwirtschaftskollegen,<br />
auf jeden Fall wieder auf die eigenen<br />
Felder zurückbringen lassen will.<br />
Gerne gratis, aber wer weiß, vielleicht<br />
entwickelt sich in Zukunft ein moderater<br />
Preis für den wertvollen organischen<br />
Dünger.<br />
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INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Dünger-Lobby hat großen Einfluss auf<br />
Landwirtschaftspolitik<br />
„Wir sind immer noch in einer NPK-Wirtschaft“, kritisiert<br />
indes Verbio-Manager Kumar. Die Dünger-Lobby<br />
habe nach wie vor einen großen Einfluss auf die<br />
indische Landwirtschaftspolitik und blockiere eine<br />
nachhaltigere Bewirtschaftung. Weswegen auch die<br />
Indian Biogas Association erst vor Kurzem ein Programm<br />
einforderte, bei dem der Kauf von Mineraldünger<br />
mit dem Erwerb von Gärprodukten gekoppelt<br />
werden müsse.<br />
Eine solche Forderung findet bei Kumar sofort Zustimmung,<br />
weil viele Biogasanlagen durch die fehlende<br />
Wertschätzung von Gärdüngern gestresst sind<br />
und ihre Organik derzeit nur mit großem Aufwand<br />
und hohen Kosten verteilt bekommen. „Es braucht<br />
langfristig einen geschlossenen Kreislauf von Stroh,<br />
Energieerzeugung und Gärprodukten, um die durch<br />
die intensive Bewirtschaftung der letzten Jahrzehnte<br />
arg strapazierten Böden Punjabs wiederzubeleben“,<br />
ist Kumar überzeugt.<br />
Er bekommt an diesem Punkt vom Vice Chancellor<br />
der Punjab Agricultural University, Dr. S. S. Gosal, in<br />
Ludhiana volle Rückendeckung. „Der Humusgehalt<br />
hat in den letzten Jahren abgenommen und die dramatisch<br />
fallenden Grundwasserstände, verursacht<br />
durch flächendeckenden Reisanbau, zwingen uns<br />
zum Umdenken“, so Gosal in seinem Büro auf dem<br />
riesigen Campus inmitten von Ludhiana.<br />
„Wir haben in der Vergangenheit den Fokus immer<br />
auf die Pflanze gehabt, jetzt konzentrieren wir uns<br />
mehr und mehr auf den Boden und die Interaktionen<br />
im System generell.“ Der Sinneswandel ist auch eine<br />
Chance für Biogas in Indien – als integraler Bestandteil<br />
einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />
Autor<br />
Dierk Jensen<br />
Freier Journalist<br />
Bundestr. 76 · 20144 Hamburg<br />
040/40 18 68 89<br />
dierk.jensen@gmx.de<br />
www.dierkjensen.de<br />
Landwirte mit ihren typischen<br />
Turbanen sitzen vor einem Sikh<br />
Tempel zum gemeinsamen<br />
Plausch zusammen ... vielleicht<br />
ist ja Stroh ihr Thema.<br />
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