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Taxi Times München - 2. Quartal 2023

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MINDESTPREIS<br />

SCHLUSS<br />

MIT<br />

ZÖGERN!<br />

Seit 2021 dürfen Kommunen<br />

Mindesttarife für Mietwagen festlegen.<br />

Es wird Zeit, dass diese Option endlich<br />

auch in <strong>München</strong> umgesetzt wird.<br />

Argumente gibt es genügend.<br />

Allgemeinverfügung<br />

für Mietwagen<br />

gemäß § 51a<br />

Wann endlich traut<br />

sich das KVR, per<br />

Allgemeinverfügung<br />

Mindesttarife für<br />

Mietwagen festzulegen?<br />

Das <strong>Taxi</strong>gewerbe war 2020 voller<br />

Hoffnung, als die damals noch<br />

schwarz-rote Bundesregierung<br />

nach langen Diskussionen und hartem<br />

Kampf eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes<br />

(PBefG) verabschiedete. Sie<br />

trat am 1. August 2021 in Kraft und hatte<br />

einige neue Paragrafen, unter anderem den<br />

§ 51a. Er ermöglicht den Genehmigungsbehörden,<br />

einen sogenannten Mindesttarif<br />

für Mietwagen festzulegen.<br />

Für <strong>München</strong> bedeutet dies: Das<br />

Kreisverwaltungsreferat (KVR) könnte<br />

bestimmen, wie viel eine Fahrt in einem<br />

Mietwagen mindestens kosten muss. Das<br />

Münchner <strong>Taxi</strong>gewerbe fordert solche Mindestbeförderungsentgelte<br />

seit zwei Jahren<br />

vehement und sieht diese Maßnahme als<br />

wirksames Instrument gegen die Dumpingpreise<br />

der taxiähnlich agierenden Mietwagen,<br />

die in <strong>München</strong> und am Flughafen den<br />

Wettbewerb massiv verzerren.<br />

JURISTISCHES NEULAND<br />

Die Stadtpolitiker wie auch das KVR wollen<br />

sich einer solchen Maßnahme nicht versperren,<br />

sie suchen allerdings noch nach<br />

der richtigen Form, wie man das rechtssicher<br />

ausgestalten kann. Katrin Habenschaden,<br />

<strong>München</strong>s Zweite Bürgermeisterin,<br />

sagte dazu im Interview mit <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

(siehe Seite 10), man prüfe derzeit die<br />

Schritte zum Mindesttarif und bittet die<br />

<strong>Taxi</strong>branche um Geduld: „Wir betreten hier<br />

juristisches Neuland und lassen uns dazu<br />

von Anwaltskanzleien gut beraten. Trotz<br />

der Novelle fehlt uns immer noch die eine<br />

oder andere Rechtsgrundlage.“<br />

Um das Zögern und Zaudern zu verstehen,<br />

muss man sich den Paragrafen 51a<br />

genau anschauen. Da heißt es zum einen<br />

„Die Genehmigungsbehörde kann zum<br />

Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen<br />

[…] Mindestbeförderungsentgelte festlegen.“<br />

Können heißt nicht müssen, somit<br />

liegt die Umsetzung von Kann-Paragrafen<br />

immer im Ermessen der dazu bevollmächtigten<br />

Behörde. Aber genau dieses<br />

„Ermessen“ kann dann auch als Muss-Vorschrift<br />

ausgelegt werden. Hier kommt der<br />

Paragraf 40 des Verwaltungsverfahrens-<br />

»Zu den öffentlichen<br />

Verkehrsinteressen<br />

zählt ein<br />

funktionierendes<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe.«<br />

Rechtsanwalt Dr. Michael Stehr<br />

gesetzes (VwVfG) ins Spiel: Ist die Behörde<br />

ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln,<br />

hat sie ihr Ermessen entsprechend<br />

dem Zweck der Ermächtigung auszuüben<br />

und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens<br />

einzuhalten.“ Unter Berufung auf § 40<br />

VwVfG kann man also auch das KVR dazu<br />

drängen, einen Mindestfahrpreis für Mietwagen<br />

für die Landeshauptstadt <strong>München</strong><br />

festzulegen.<br />

Zurück zum § 51a: Die juristische Rechtfertigung<br />

für die Vorgabe von Mindestbeförderungsentgelten<br />

ist dann gegeben,<br />

wenn diese für den „Schutz der öffentlichen<br />

Verkehrsinteressen“ notwendig sind.<br />

Wie definiert man nun aber diesen Schutz?<br />

Rechtsanwalt Dr. Stehr, Geschäftsführer der<br />

Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein,<br />

hat dazu kürzlich bei einer Veranstaltung<br />

in <strong>München</strong> (siehe Seite 4) eine<br />

Einschätzung abgegeben. Er verweist auf<br />

den § 13, Absatz 4 des PBefG, wonach<br />

neue <strong>Taxi</strong>genehmigungen nur dann erteilt<br />

werden dürfen, wenn das örtliche <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

in seiner Funktionsfähigkeit nicht<br />

bedroht wird.“ Für Stehr ist somit klar: „Zu<br />

den öffentlichen Verkehrsinteressen zählt<br />

ein funktionierendes <strong>Taxi</strong>gewerbe. Es gilt<br />

also zu schützen, dass Kunden jederzeit ein<br />

<strong>Taxi</strong> erhalten.“<br />

LEIPZIG UND LÖRRACH<br />

Wenn ein <strong>Taxi</strong>unternehmer allerdings Kunden<br />

und Fahrten an mit Dumpingpreisen<br />

agierende Mietwagen verliert, wird er sein<br />

Angebot nicht mehr aufrechterhalten können.<br />

Es muss deshalb im Interesse der Politik<br />

liegen, das <strong>Taxi</strong>gewerbe so zu schützen,<br />

dass es seine Aufgabe der mobilen Daseinsvorsorge<br />

jederzeit wahrnehmen kann.<br />

Somit hat der Gesetzgeber trotz seiner<br />

knappen Formulierung mit dem § 51a eine<br />

rechtssichere Voraussetzung für die Einführung<br />

eines Mindesttarifs geschaffen. Trotzdem<br />

gibt es bis heute nur zwei Kommunen<br />

in Deutschland, in denen bisher ein Mindesttarif<br />

nach § 51a festgelegt wurde: der<br />

Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg<br />

und die Stadt Leipzig. Wobei bei Letzteren<br />

nicht der Weg über eine Allgemeinverfügung<br />

gegangen wurde, sondern der Mindesttarif<br />

FOTOS: Axel Rühle, Adobe Stock / MatinosPhoto<br />

6 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI

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