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Fotos: slawik.com (1), IMAGO/ blickwinkel (1), AdobeStock/ pfluegler photo (1), Peter Prohn (1)<br />
nicht „bewusst“, dass sie auf der Welt sind. Der Saugreflex<br />
fehlt ihnen, sie laufen im Kreis, lassen den Kopf<br />
hängen und kauen in der Luft. Und wenn man sie nicht<br />
behandelt, sterben sie meist innerhalb einer Woche.<br />
Die Behandlung erfolgt durch das sogenannte Foal<br />
Squeezing – man simuliert den Geburtsvorgang, indem<br />
man das Fohlen fesselt und presst (to squeeze =<br />
quetschen, pressen). Der Effekt soll erstaunlich sein:<br />
Nach dem Entfesseln stehen die Fohlen auf, schütteln<br />
sich und gehen auf die Suche nach dem Euter – sie<br />
sind „angekommen“. Puuh. Ich stehe vor dem kleinen<br />
Hengst – und der trinkt, wenn auch sehr wenig und<br />
irgendwie etwas steif. Aber ein Dummy Foal trinkt<br />
nicht, und mir fällt ein Stein vom Herzen. Über Dummy<br />
Foals weiß ich nämlich nur theoretisch Bescheid – mir<br />
ist noch keines begegnet. So häufig, wie es manchmal<br />
in der Presse klingt, ist das Symptom bei uns<br />
nämlich nicht. Aber was ist nun mit dem Kleinen? Ich<br />
nehme Blut, schicke es ins Labor und bekomme am Abend das<br />
Ergebnis: Dem Kleinen fehlt Selen. Seine Mutter hat wohl auch<br />
nicht genug, dadurch hat er einen Mangel. Das ist – vor allem<br />
im Hinblick darauf, dass sein Züchter sofort reagiert hat – gut zu<br />
behandeln, und er wird wohl keine Schäden davontragen.<br />
MITTWOCH<br />
Ankaufsuntersuchung, die zweite – dieses Mal mit<br />
einem sehr „handlichen“ Kandidaten: Hengstjährling, zwölf<br />
Monate alt – und vom Verkäufer als künftiger Superkracher<br />
und sicherer Körkandidat angeboten. Ich finde schon wieder<br />
was unter dem Schweif – beziehungsweise ich finde da zu<br />
wenig: Bei dem Jungen ist nur ein Hoden abgestiegen. Der<br />
andere steckt in der Bauchhöhle. Damit ist er ein sogenannter<br />
„Klopphengst“, der vermutlich nicht nur im Verhalten Störungen<br />
zeigen wird, sondern außerdem Gefahr läuft, dass der hängen<br />
gebliebene Hoden verkrebst. Man muss also operieren und<br />
den Hoden holen. Und damit fällt der Knabe als Zuchthengst<br />
auf jeden Fall aus, und der Preis muss sich mindern, weil ja die<br />
Operation einiges kosten wird.<br />
DONNERSTAG<br />
Aller guten Dinge sind zwei: Eine Freundin hat vor Kurzem<br />
eine Lipizzaner-Stute gekauft. Die hat mit ihrem österreichischen<br />
Charme eine Bekannte der ehemaligen Besitzerin so bezirzt,<br />
dass die nun auch einen Besuch in Piber gemacht hat. Sie ist<br />
Melanome können<br />
tickende Zeitbomben<br />
sein<br />
„Sind die Melanome zu nah am After,<br />
so ist zu befürchten, dass diese mit der<br />
Zeit aufgehen.“<br />
Sogenannte Dummy<br />
Foals sind zu schnell auf<br />
die Welt gekommen<br />
„Wenn Dummy Foals nicht behandelt<br />
werden, dann sterben sie normalerweise<br />
innerhalb von einer Woche.“<br />
mit einem sechsjährigen Hengst heimgekommen – und die<br />
Ankaufsuntersuchung wurde in Österreich gemacht. Ich muss<br />
nun impfen und schlackere dabei mit den Ohren: Der kerngesunde<br />
Sechsjährige, ein ausgesprochen hübscher Junge,<br />
solide geritten, hat gerade mal 10.000 gekostet – und ich<br />
vergleiche mit dem PRE für 75.000 und denke: Wenn mir je<br />
nach Iberer wäre, würde ich wohl auch nach einem Lipizzaner<br />
schauen. Die sind aus irgendwelchen Gründen nicht „in Mode“<br />
und darum erstaunlich preiswert. Und die zwei Lipizzaner-Fans<br />
in diesem Stall sagen: „Es hat auch was, zum Erhalt einer so<br />
alten, wertvollen Kulturrasse beizutragen.“<br />
FREITAG<br />
Satira hat Rehe – das vierte- oder fünfte Mal. Sie ist da sehr<br />
anfällig, und darum ist ihre Besitzerin auch gut informiert. Heute<br />
erzählt sie mir, sie habe von einem neuen Rehe-Medikament<br />
gelesen, das Hufrehe verhindern solle. „Veladingens oder so<br />
heißt das …“ „Velagliflozin“, ergänze ich – Besserwisserin, die<br />
ich in solchen Fällen ja sein sollte. Ich habe davon gelesen: Das<br />
Medikament ist mit einem verwandt, das in der Humanmedizin<br />
zur Behandlung des metabolischen Syndroms eingesetzt wird.<br />
Tatsächlich hat Velagliflozin bei ersten Anwendungsversuchen<br />
mit Ponys gute Ergebnisse gebracht. Aber im Moment ist es<br />
noch im Versuch und in Deutschland nicht zugelassen. Es<br />
kann noch einige Zeit dauern, bis es vollends ausgetestet ist<br />
und bei uns eingesetzt werden darf. Bis dahin kann ich nur die<br />
alte Empfehlung abgeben: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Pferd<br />
nicht zu dick wird. Besonders Rassen, die ursprünglich auf<br />
kargen Böden gezüchtet wurden – Haflinger, Schwarzwälder<br />
Füchse, aber auch Araber – neigen auf unseren fetten Wiesen<br />
zum Dickwerden. Damit steigt aber die Rehegefahr. Konkret<br />
bedeutet das: Wenn Ihr Pferd zum Übergewicht neigt, setzen<br />
Sie es auf Diät und sorgen Sie für viel Bewegung! Dabei zählt<br />
die Koppel übrigens nicht – da frisst es ja nur. Genau das soll<br />
es aber nicht, darum sind solche Kandidaten gut auf einem<br />
Kiespaddock untergebracht – wenigstens halbtags.<br />
Ihre Kerstin Oberbeck<br />
<strong>04</strong>/<strong>2019</strong> www.mein-pferd.de 81