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MeinPferd_04_2019

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Fotos: slawik.com (1), IMAGO/ blickwinkel (1), AdobeStock/ pfluegler photo (1), Peter Prohn (1)<br />

nicht „bewusst“, dass sie auf der Welt sind. Der Saugreflex<br />

fehlt ihnen, sie laufen im Kreis, lassen den Kopf<br />

hängen und kauen in der Luft. Und wenn man sie nicht<br />

behandelt, sterben sie meist innerhalb einer Woche.<br />

Die Behandlung erfolgt durch das sogenannte Foal<br />

Squeezing – man simuliert den Geburtsvorgang, indem<br />

man das Fohlen fesselt und presst (to squeeze =<br />

quetschen, pressen). Der Effekt soll erstaunlich sein:<br />

Nach dem Entfesseln stehen die Fohlen auf, schütteln<br />

sich und gehen auf die Suche nach dem Euter – sie<br />

sind „angekommen“. Puuh. Ich stehe vor dem kleinen<br />

Hengst – und der trinkt, wenn auch sehr wenig und<br />

irgendwie etwas steif. Aber ein Dummy Foal trinkt<br />

nicht, und mir fällt ein Stein vom Herzen. Über Dummy<br />

Foals weiß ich nämlich nur theoretisch Bescheid – mir<br />

ist noch keines begegnet. So häufig, wie es manchmal<br />

in der Presse klingt, ist das Symptom bei uns<br />

nämlich nicht. Aber was ist nun mit dem Kleinen? Ich<br />

nehme Blut, schicke es ins Labor und bekomme am Abend das<br />

Ergebnis: Dem Kleinen fehlt Selen. Seine Mutter hat wohl auch<br />

nicht genug, dadurch hat er einen Mangel. Das ist – vor allem<br />

im Hinblick darauf, dass sein Züchter sofort reagiert hat – gut zu<br />

behandeln, und er wird wohl keine Schäden davontragen.<br />

MITTWOCH<br />

Ankaufsuntersuchung, die zweite – dieses Mal mit<br />

einem sehr „handlichen“ Kandidaten: Hengstjährling, zwölf<br />

Monate alt – und vom Verkäufer als künftiger Superkracher<br />

und sicherer Körkandidat angeboten. Ich finde schon wieder<br />

was unter dem Schweif – beziehungsweise ich finde da zu<br />

wenig: Bei dem Jungen ist nur ein Hoden abgestiegen. Der<br />

andere steckt in der Bauchhöhle. Damit ist er ein sogenannter<br />

„Klopphengst“, der vermutlich nicht nur im Verhalten Störungen<br />

zeigen wird, sondern außerdem Gefahr läuft, dass der hängen<br />

gebliebene Hoden verkrebst. Man muss also operieren und<br />

den Hoden holen. Und damit fällt der Knabe als Zuchthengst<br />

auf jeden Fall aus, und der Preis muss sich mindern, weil ja die<br />

Operation einiges kosten wird.<br />

DONNERSTAG<br />

Aller guten Dinge sind zwei: Eine Freundin hat vor Kurzem<br />

eine Lipizzaner-Stute gekauft. Die hat mit ihrem österreichischen<br />

Charme eine Bekannte der ehemaligen Besitzerin so bezirzt,<br />

dass die nun auch einen Besuch in Piber gemacht hat. Sie ist<br />

Melanome können<br />

tickende Zeitbomben<br />

sein<br />

„Sind die Melanome zu nah am After,<br />

so ist zu befürchten, dass diese mit der<br />

Zeit aufgehen.“<br />

Sogenannte Dummy<br />

Foals sind zu schnell auf<br />

die Welt gekommen<br />

„Wenn Dummy Foals nicht behandelt<br />

werden, dann sterben sie normalerweise<br />

innerhalb von einer Woche.“<br />

mit einem sechsjährigen Hengst heimgekommen – und die<br />

Ankaufsuntersuchung wurde in Österreich gemacht. Ich muss<br />

nun impfen und schlackere dabei mit den Ohren: Der kerngesunde<br />

Sechsjährige, ein ausgesprochen hübscher Junge,<br />

solide geritten, hat gerade mal 10.000 gekostet – und ich<br />

vergleiche mit dem PRE für 75.000 und denke: Wenn mir je<br />

nach Iberer wäre, würde ich wohl auch nach einem Lipizzaner<br />

schauen. Die sind aus irgendwelchen Gründen nicht „in Mode“<br />

und darum erstaunlich preiswert. Und die zwei Lipizzaner-Fans<br />

in diesem Stall sagen: „Es hat auch was, zum Erhalt einer so<br />

alten, wertvollen Kulturrasse beizutragen.“<br />

FREITAG<br />

Satira hat Rehe – das vierte- oder fünfte Mal. Sie ist da sehr<br />

anfällig, und darum ist ihre Besitzerin auch gut informiert. Heute<br />

erzählt sie mir, sie habe von einem neuen Rehe-Medikament<br />

gelesen, das Hufrehe verhindern solle. „Veladingens oder so<br />

heißt das …“ „Velagliflozin“, ergänze ich – Besserwisserin, die<br />

ich in solchen Fällen ja sein sollte. Ich habe davon gelesen: Das<br />

Medikament ist mit einem verwandt, das in der Humanmedizin<br />

zur Behandlung des metabolischen Syndroms eingesetzt wird.<br />

Tatsächlich hat Velagliflozin bei ersten Anwendungsversuchen<br />

mit Ponys gute Ergebnisse gebracht. Aber im Moment ist es<br />

noch im Versuch und in Deutschland nicht zugelassen. Es<br />

kann noch einige Zeit dauern, bis es vollends ausgetestet ist<br />

und bei uns eingesetzt werden darf. Bis dahin kann ich nur die<br />

alte Empfehlung abgeben: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Pferd<br />

nicht zu dick wird. Besonders Rassen, die ursprünglich auf<br />

kargen Böden gezüchtet wurden – Haflinger, Schwarzwälder<br />

Füchse, aber auch Araber – neigen auf unseren fetten Wiesen<br />

zum Dickwerden. Damit steigt aber die Rehegefahr. Konkret<br />

bedeutet das: Wenn Ihr Pferd zum Übergewicht neigt, setzen<br />

Sie es auf Diät und sorgen Sie für viel Bewegung! Dabei zählt<br />

die Koppel übrigens nicht – da frisst es ja nur. Genau das soll<br />

es aber nicht, darum sind solche Kandidaten gut auf einem<br />

Kiespaddock untergebracht – wenigstens halbtags.<br />

Ihre Kerstin Oberbeck<br />

<strong>04</strong>/<strong>2019</strong> www.mein-pferd.de 81

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