MeinPferd_04_2019
THEMA DES MONATS | SICHER AUSREITEN Grundgangarten sicher reiten und selbstständig das Tempo bestimmen können. Sie dürfen sich nicht an den Zügeln festhalten, wenn es mal brenzlig wird, sondern müssen gelernt haben, über Gewichts- und Schenkelhilfen einzuwirken“, sagt die Expertin. Das heißt, ein zügelunabhängiger Sitz ist elementar. Damit geht ein gutes Gleichgewichtsgefühl einher. Hat der Reiter seine Balance gefunden, so kann er sich den Bewegungen des Pferdes in einem unwegsamen Gelände besser anpassen. „Das will gelernt sein und ist für manchen Reiter, der nur Reitplatz oder Reithalle kennt, eine Herausforderung. Um ungewohnte Situationen besser bewältigen zu können, kann es hilfreich sein, sich zuerst von einem anderen Reiter im Gelände führen zu lassen (Handpferd) – zuerst im Schritt, dann im Trab und zu guter Letzt im Galopp“, empfiehlt die Expertin. Ferner sollte man vorher den Entlastungssitz erlernt haben, der ideal fürs Bergaufund Bergabreiten ist. Dafür steht der Reiter in den Steigbügeln und neigt den Oberkörper aus der Hüfte heraus ein wenig nach vorne. Das Gesäß bleibt so dicht wie möglich am Sattel, Unterarm, Zügel und Pferdemaul bilden weiterhin eine Linie. Das Fundament bilden Knie, Unterschenkel und Absatz, wobei die Unterschenkel am Gurt liegen und Kontakt zum Pferdeleib halten. „So wird der Pferderücken entlastet, damit dieser sich ausreichend bewegen kann. Ist der Hügel sehr steil, so darf sich der Reiter auch nach hinten lehnen, um das Gleichgewicht halten zu können. Die Füße sollten in den Bügeln gut Halt finden und mit dem Ballen aufgenommen sein. Die Hänge sollten übrigens immer gerade herauf- bzw. heruntergeritten werden, nie schräg“, so Maerten. Für das Pferd gilt: Ist es halfterführig, können Sie es Schritt für Schritt an ungewohnte Umgebungen gewöhnen, egal, ob Sie einen Youngster oder ein älteres, aber im Gelände unerfahrenes Pferd besitzen. „ Zuerst sollten Sie es auf dem heimatlichen Hofgelände an Autos und Traktoren gewöhnen. Wenn hier alles klappt, kann der erste Spaziergang ins Gelände erfolgen. Die Straßensicherheit sollte frühzeitig mit in die Ausbildung genommen werden“, erklärt Maerten. Hilfreich ist es, einen Pferdekumpel oder mehrere mitzunehmen, welche die nötige Ruhe ausstrahlen. Sollte das Pferd unruhig werden, kann es z. B. mit drei Pferden leicht eingerahmt werden. Langsam beginnen „Mein nächster Schritt wäre dann, das Pferd als Handpferd mitzunehmen, um den Trab mit aufnehmen zu können. Wenn alles gut klappt, kommt der Galopp hinzu. Aber das Handpferdereiten will gelernt sein, muss das 58 www.mein-pferd.de 04/2019 MÖGLICHE GEFAHREN • Straßen: Die Straßensicherheit kann man peu à peu trainieren. Ist viel los, z.B. in der Erntezeit, sollte der Reiter die frequentierten Stellen großräumig meiden oder das Pferd führen, sofern es nicht 100-prozentig verkehrssicher ist. • Bahnübergänge: Diese haben oft einen Boden, auf den das Pferd nicht gern treten mag, wenn es das nicht kennt. Hier sollte bei der ersten Überquerung ein sicheres Führpferd vorweggehen. • Zug- und Autobahnbrücken: Sie können angsteinflößend sein. Es gilt: Absteigen und Führen bzw. ein sicheres Tier vorangehen lassen. • Tunnel: Hier kann es je nach Bodenbefestigung hallen. Außerdem müssen die Pferde vom Hellen ins Dunkle gehen. Straßensicherheit des Pferdes sollte früh trainiert werden Nicht alle Tiere mögen das. • Morast: Nicht vom Weg abkommen. Gerade in morastigen Gegenden, wenn die Pferde mit den Hufen zu tief einsinken, können sie panisch reagieren. • Tiefe Sandböden: Sie können Bänder und Sehnen schädigen, wenn die Pferde es nicht gewohnt sind, darin zu laufen. Ausritte nicht zu lang ausdehnen und nicht zu viel traben und galoppieren. • Insekten: In manchen Gegenden gibt es Hirschlausfliegen. Manche Pferde reagieren panisch auf die Bisse. Für ausreichenden Insektenschutz sorgen, damit der Ritt angenehm verläuft. • Wetter: Beobachten Sie unterwegs das Wetter. Starke Sonneneinstrahlung, Sturm und Gewitter meiden. In der Erntezeit stellen Mähfahr zeuge und Co. ein Risiko dar Fotos: Getty Images (1), IMAGO/ Frank Sorge (2)/ imagebroker (1), slawik.com (1), Privat (1), AdobeStock/ Ruud Morijn (1)
Handpferd doch an der richtigen Position gehen und das eingeschlagene Tempo willig mitlaufen“, so die Expertin. Ein so vorbereitetes Pferd kann bereits nach dem ersten Anreiten mit einem erfahrenen Führpferd das Gelände erkunden. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass „Gas“ und „ Bremse“ im Außenbereich funktionieren. Das heißt: „Das Pferd muss gelernt haben, auf Schenkeldruck zu reagieren und vorwärts zu gehen (Gas). Es sollte mindestens auf die Zügelhilfen reagieren, um das Tempo zu reduzieren (Bremse). Wünschenswert wäre es, wenn das Pferd vornehmlich auf Gewichtsund Schenkelhilfen vermehrt untertritt, das Gewicht mit den Hinterbeinen aufnimmt und durchlässig auf alle Zügelhilfen reagiert“, sagt die Expertin. Wichtig ist es, dem Pferd Zeit zu geben, sich an alles zu gewöhnen. Dazu zählt auch das Laufen auf unebenem Boden. „Es muss erst einmal trittsicher werden und seine Balance neu finden. Das muss genauso trainiert werden wie andere Übungen auch. In kleinen Schritten kann man vom Leichten zum Schweren gehen: Zuerst den Wiesenweg mit kurzem Gras wählen, dann den unebenen Weg mit umgestürzten Bäumen, über die geklettert werden muss, und später bergauf und bergab. Eine Weide in hügeligem, waldreichem Gelände, möglichst an einer befahrenen Straße gelegen, bietet übrigens die beste Grundlage dafür“, weiß Maerten. Wenn Pferd und Reiter sich gut an den unebenen Boden des Geländes anpassen können, ohne sich gegenseitig zu behindern, steht einem harmonischen Ausritt nichts im Wege. Je trainierter das Reiter-Pferd-Paar ist, desto länger und schneller kann es unterwegs sein. Bei entsprechendem Training können die Runden weiter gefasst werden bis hin zu einem Wanderritt. Wie trainiert ein Pferd sein muss, um welche Strecke und welches Tempo zu schaffen, ist allerdings nicht pauschal zu beantworten. „Sollte hier eine korrekte Antwort erfolgen, so müsste man intensiv auf die Trainingslehre eingehen, auf die PAT-Werte (Puls, Atmung und Temperatur), auf das Intervalltraining usw.“, sagt Maerten. Nach der Winterpause Waren beide eine längere Zeit nicht mehr draußen unterwegs, ist das für die Planung eines Ausritts zu berücksichtigen. „Ich selbst mache eine kurze Winterpause. Meine Pferde leben auf einer LAG-Offenstall-Anlage und haben zu viert mindestens einen 5.000 Quadratmeter großen Auslauf. Je nach Witterung werden fast täglich die Weiden geöffnet. Schwinge ich mich also im Frühjahr wieder auf meine Pferde, so ist der begrenzende Faktor mein fehlendes Training. Die ersten Runden beschränken sich daher nur auf eine bis anderthalb Stunden im gemütlichen Schritt mit kurzen Trab- und Galoppreprisen“, so die Expertin. Hinzu kommt, dass viele Offenstallpferde im Frühjahr noch einen Teil ihres Winterpelzes tragen. Das heißt, das Tempo muss so gewählt werden, dass die Tiere nicht übermäßig ins Schwitzen kommen. Sollte der Reiter dennoch WO DARF GERITTEN WERDEN? Die gesetzlichen Bestimmungen für das Reiten sind unübersichtlich: Während für öffentliche Straßen immerhin einheitlich die Straßenverkehrsordnung gilt, sind für private Wege Gesetze der einzelnen Bundesländer zu beachten, die meistens unterschiedliche Regelungen für die freie Landschaft und den Wald vorsehen. Öffentliche Straßen Reiter und Pferd gelten als Fahrzeuge und dürfen sich auf allen öffentlichen Straßen bewegen, nicht aber Fuß- und Radwege benutzen. Dafür müssen sie entsprechend verkehrstauglich sein, das heißt weder sich selbst noch andere gefährden und sich entsprechend der Straßenverkehrsordnung verhalten. Dazu gehört das Reiten (und Führen) am rechten Fahrbahnrand, das Anzeigen der Richtung, wenn man abbiegen möchte (Hand heraushalten) und das entsprechende Einordnen. Reitet man in einer größeren Gruppe, so gilt diese als Verband. Die Reiter sollten sich also nicht trennen, sondern hintereinander oder paarweise reiten. In der Dämmerung müssen Reiter und Pferd zudem nach vorne und hinten ausreichend beleuchtet Bedenken haben, nach einer Pause hinauszugehen, rät Maerten dazu, die ersten Runden nach einer gymnastizierenden Hallen arbeit zu absolvieren. „Denn ist der Reiter aufgeregt, weil er das Ausreiten als etwas Besonderes empfindet, überträgt sich dies aufs Pferd“, warnt sie. Im Idealfall reitet man nicht alleine, sondern zu dritt aus. So kann einer im Notfall Hilfe holen, während der andere beim Nicht immer gibt es ausgewiesene Reitwege sein. Zur besseren Sichtbarkeit empfehlen sich reflektierende Gegenstände (Leuchtweste, Leuchtgamaschen etc.). Wald- und Naturschutzgesetze Diese Gesetze sind den jeweiligen Ländern vorbehalten. Sie geben einen Rahmen für die Nutzung von Wald und Flur vor. Informationen erhalten Reiter z. B. bei den Tourismusverbänden, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (www.pferd-aktuell.de) und bei der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland (www.vfdnet.de). Führen ist kein Reiten Das klingt banal, bedeutet aber nach einem Präzedenzfall im Jahr 2015, dass Reiter mit ihrem Pferd unter Umständen auch außerhalb ausgewiesener Reitwege unterwegs sein dürfen, sofern sie absitzen und ihren Vierbeiner führen. Vignetten- oder Plakettenpflicht In bestimmten Ländern und/oder Gebieten herrscht Vignetten- bzw. Plakettenpflicht (auch beim Führen eines Pferdes). Hier muss man erfragen, ob die Gemeinde, in der man reiten möchte, diese fordert. 04/2019 www.mein-pferd.de 59
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Grundgangarten sicher reiten und selbstständig<br />
das Tempo bestimmen können. Sie<br />
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gelernt haben, über Gewichts- und Schenkelhilfen<br />
einzuwirken“, sagt die Expertin.<br />
Das heißt, ein zügelunabhängiger Sitz<br />
ist elementar. Damit geht ein gutes Gleichgewichtsgefühl<br />
einher. Hat der Reiter seine<br />
Balance gefunden, so kann er sich den<br />
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Gelände besser anpassen. „Das will<br />
gelernt sein und ist für manchen Reiter,<br />
der nur Reitplatz oder Reithalle kennt, eine<br />
Herausforderung. Um ungewohnte Situationen<br />
besser bewältigen zu können, kann<br />
es hilfreich sein, sich zuerst von einem<br />
anderen Reiter im Gelände führen zu lassen<br />
(Handpferd) – zuerst im Schritt, dann im<br />
Trab und zu guter Letzt im Galopp“, empfiehlt<br />
die Expertin.<br />
Ferner sollte man vorher den Entlastungssitz<br />
erlernt haben, der ideal fürs Bergaufund<br />
Bergabreiten ist. Dafür steht der Reiter<br />
in den Steigbügeln und neigt den Oberkörper<br />
aus der Hüfte heraus ein wenig nach vorne.<br />
Das Gesäß bleibt so dicht wie möglich<br />
am Sattel, Unterarm, Zügel und Pferdemaul<br />
bilden weiterhin eine Linie. Das Fundament<br />
bilden Knie, Unterschenkel und Absatz, wobei<br />
die Unterschenkel am Gurt liegen und<br />
Kontakt zum Pferdeleib halten. „So wird<br />
der Pferderücken entlastet, damit dieser sich<br />
ausreichend bewegen kann. Ist der Hügel<br />
sehr steil, so darf sich der Reiter auch nach<br />
hinten lehnen, um das Gleichgewicht halten<br />
zu können. Die Füße sollten in den Bügeln<br />
gut Halt finden und mit dem Ballen aufgenommen<br />
sein. Die Hänge sollten übrigens<br />
immer gerade herauf- bzw. heruntergeritten<br />
werden, nie schräg“, so Maerten.<br />
Für das Pferd gilt: Ist es halfterführig,<br />
können Sie es Schritt für Schritt an ungewohnte<br />
Umgebungen gewöhnen, egal, ob<br />
Sie einen Youngster oder ein älteres, aber<br />
im Gelände unerfahrenes Pferd besitzen.<br />
„ Zuerst sollten Sie es auf dem heimatlichen<br />
Hofgelände an Autos und Traktoren gewöhnen.<br />
Wenn hier alles klappt, kann der<br />
erste Spaziergang ins Gelände erfolgen. Die<br />
Straßensicherheit sollte frühzeitig mit in<br />
die Ausbildung genommen werden“, erklärt<br />
Maerten. Hilfreich ist es, einen Pferdekumpel<br />
oder mehrere mitzunehmen, welche die<br />
nötige Ruhe ausstrahlen. Sollte das Pferd<br />
unruhig werden, kann es z. B. mit drei Pferden<br />
leicht eingerahmt werden.<br />
Langsam beginnen<br />
„Mein nächster Schritt wäre dann, das Pferd<br />
als Handpferd mitzunehmen, um den Trab<br />
mit aufnehmen zu können. Wenn alles gut<br />
klappt, kommt der Galopp hinzu. Aber das<br />
Handpferdereiten will gelernt sein, muss das<br />
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• Straßen: Die Straßensicherheit kann<br />
man peu à peu trainieren. Ist viel los,<br />
z.B. in der Erntezeit, sollte der Reiter<br />
die frequentierten Stellen großräumig<br />
meiden oder das Pferd führen, sofern es<br />
nicht 100-prozentig verkehrssicher ist.<br />
• Bahnübergänge: Diese haben oft einen<br />
Boden, auf den das Pferd nicht gern treten<br />
mag, wenn es das nicht kennt. Hier<br />
sollte bei der ersten Überquerung ein<br />
sicheres Führpferd vorweggehen.<br />
• Zug- und Autobahnbrücken: Sie<br />
können angsteinflößend sein. Es gilt:<br />
Absteigen und Führen bzw. ein sicheres<br />
Tier vorangehen lassen.<br />
• Tunnel: Hier kann es je nach Bodenbefestigung<br />
hallen. Außerdem müssen<br />
die Pferde vom Hellen ins Dunkle gehen.<br />
Straßensicherheit<br />
des Pferdes sollte<br />
früh trainiert werden<br />
Nicht alle Tiere mögen das.<br />
• Morast: Nicht vom Weg abkommen.<br />
Gerade in morastigen Gegenden, wenn<br />
die Pferde mit den Hufen zu tief einsinken,<br />
können sie panisch reagieren.<br />
• Tiefe Sandböden: Sie können Bänder<br />
und Sehnen schädigen, wenn die Pferde<br />
es nicht gewohnt sind, darin zu laufen.<br />
Ausritte nicht zu lang ausdehnen und<br />
nicht zu viel traben und galoppieren.<br />
• Insekten: In manchen Gegenden gibt<br />
es Hirschlausfliegen. Manche Pferde<br />
reagieren panisch auf die Bisse. Für<br />
ausreichenden Insektenschutz sorgen,<br />
damit der Ritt angenehm verläuft.<br />
• Wetter: Beobachten Sie unterwegs<br />
das Wetter. Starke Sonneneinstrahlung,<br />
Sturm und Gewitter meiden.<br />
In der Erntezeit<br />
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