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Cover: Holger Schupp (1); Fotos: slawik.com (1), Holger Schupp (1)<br />
Die kindliche<br />
Faszina tion Pferd<br />
wird im Alltag<br />
häufig von anderen<br />
Gefühlen<br />
überlagert<br />
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EDITORIAL<br />
SCHLUMMERNDE<br />
LEIDENSCHAFT<br />
Vor ein paar Tagen stöberte ich durch<br />
Fotos, die verstaubt in einer Kiste lagen.<br />
Alte Bilder von mir aus meinen<br />
Kindertagen mit den Ponys kamen<br />
zum Vorschein, und ich erinnerte mich an<br />
die Situationen, die auf etwas vergilbtem 90er-<br />
Jahre-Fotopapier festgehalten wurden. Je mehr<br />
ich davon durchsah, desto tiefer fand ich mich<br />
in dem alten Gefühl wieder. Ich weiß noch,<br />
dass ich meiner Mutter versucht habe<br />
zu erklären, was ich empfinde, wenn<br />
ich bei Pferden bin, wenn ich Kontakt<br />
zu ihnen habe oder durch den Wald<br />
reite: das tief verbundene Vertrauen,<br />
das ich empfand, als ich auf ihnen<br />
saß, und die Dankbarkeit, die ich<br />
spürte, wenn sie mich an Orte trugen,<br />
die ich selbst nicht hätte auf diese<br />
Weise erkunden können. Diese Erklärung<br />
über meine Leidenschaft zu<br />
Pferden ist mir bis heute nicht wirklich<br />
geglückt, sodass meine Eltern<br />
wahrscheinlich einfach akzeptieren mussten,<br />
dass ich sie zum Glücklichsein brauche, und<br />
das reichte ihnen schließlich als Begründung.<br />
Leidenschaft – dieses große Wort bedeutet<br />
laut Duden „einen emotionalen Gemütszustand,<br />
der vom Verstand nur schwer<br />
zu steuern ist; eine ausgeprägte Neigung,<br />
eine Passion für etwas, was man sich immer<br />
wieder verschaffen möchte; eine bestimmte<br />
Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet“.<br />
Ich denke, dass ich nie eine größere<br />
Leidenschaft für etwas hatte als die für die<br />
Pferde. Die Dankbarkeit und die tiefe Verbundenheit,<br />
die aus dem Bewusstsein resultierte,<br />
dass das Pferd nur mir zuliebe handelte<br />
und nicht aus eigenem Interesse, machten<br />
wohl einen großen Teil dieser Begeisterung<br />
aus. Das Pferd, das war ein Freund, mit dem<br />
ich Dinge erlebte, die mir kein menschlicher<br />
Freund bieten konnte.<br />
Die kindliche Wahrnehmung, die uns einst<br />
mit Glück erfüllte, ist mittlerweile häufig<br />
einem Gefühl von Selbstverständlichkeit<br />
gewichen. Die Faszination Pferd blitzt bei<br />
den meisten Reitern nur noch selten hervor.<br />
Kürzlich stand ich mit einigen Besitzern auf<br />
dem Hof, als eine Einstellerin mit ihrem<br />
Pferd aus dem Wald kam und übers ganze<br />
Gesicht strahlte. Auf die Frage, warum sie<br />
so glücklich sei, sagte<br />
sie: „Es war einfach paradiesisch<br />
im Wald mit<br />
meinem Pferd“ – und<br />
dann lachten wir alle<br />
herzlich los. Schließlich<br />
ist der Wald in dieser Jahreszeit<br />
nicht besonders<br />
schön, und der Ausritt<br />
hatte sich auch nicht von<br />
anderen unterschieden.<br />
Trotzdem blieb uns ihre<br />
Aussage im Gedächtnis,<br />
da wir spürten, dass wir es als Kind sicherlich<br />
genauso ausgedrückt hätten, weil es in<br />
unserer Empfindung auch genau so war.<br />
Ich denke, dass diese tief empfundene<br />
Leidenschaft in uns allen schlummert – zwischen<br />
Arbeitsstress, Haushalt und Papierkram.<br />
Wenn wir ihr genug Raum geben,<br />
dann werden wir ihn auch wieder spüren<br />
können: den wirklichen Grund, warum<br />
Pferde sich damals so fest in unserem Herzen<br />
verankert haben.<br />
Ich wünsche Ihnen paradiesische Ausritte<br />
im heimischen Wald!<br />
Lara Wassermann<br />
Leitende Redakteurin Mein Pferd