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MeinPferd_04_2019

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TITELTHEMA<br />

Fotos: Daniel Elke (1), slawik.com (7), IMAGO/ Frank Sorge (4), Privat (3)<br />

FEST IM RÜCKEN?<br />

Was es mit diesem Ausdruck auf sich<br />

hat, erklärt unsere Expertin:<br />

„Wenn das Pferd im Rücken fest ist,<br />

heißt das, dass es sich verspannt. Pferde,<br />

die im Rücken fest sind, haben häufig<br />

ein langsames Hinterbein, sind triebig,<br />

steif, es gibt Anlehnungsprobleme. Viele<br />

galoppieren nicht an, bocken oder sind<br />

Manche Pferden versuchen,<br />

sich durch Bocksprünge<br />

gegen den schmerzenden<br />

Rücken zu wehren<br />

WAS KORREKTES TRAINING<br />

BEWIRKEN KANN<br />

Die Fotos stammen aus dem Archiv von<br />

Anne Schmatelka. Sie zeigen die Entwicklung<br />

der Muskulatur von Bamboo<br />

im Abstand von 12 Monaten.<br />

Um die fehlerhafte Muskulatur zu korrigieren<br />

und das Pferd aufzubauen, wurde<br />

ein Jahr lang nur an den Grundlagen<br />

gearbeitet: Zügel aus der Hand kauen<br />

lassen, korrekte Übergänge, große gebogene<br />

Linien, häufige Handwechsel und<br />

Tempounterschiede. Alles, was die junge<br />

Remonte in den ersten Jahren der Ausbildung<br />

eigentlich lernen sollte. „Leider<br />

Bamboo vor dem Aufbautraining mit<br />

festem Rücken und wenig Muskulatur<br />

18 www.mein-pferd.de <strong>04</strong>/<strong>2019</strong><br />

widersetzlich. Übergänge erfolgen stockend,<br />

die Pferde kommen auf die Vorhand<br />

oder drücken auf das Gebiss. Das<br />

sind alles Hinweise auf Schmerzen, und<br />

meist ist die Diagnose Kissing Spines<br />

dann nicht mehr weit. Für mich sind das<br />

immer Alarmsignale. Wenn man diesen<br />

Punkt erreicht hat, sollte man den Ausbildungsweg<br />

überdenken.“<br />

beherrschte Bamboo alle diese Grundlagen<br />

nicht“, erinnert sich Anne Schmatelka.<br />

„Er war im Rücken fest wie ein Brett,<br />

war triebig, hatte ein langsames Hinterbein,<br />

massive Anlehnungsprobleme und<br />

war sehr gestresst.“ Durch die Grundlagenarbeit<br />

bekam er neues Vertrauen.<br />

Bamboo lernte, dass ihm nichts passiert,<br />

dass Bewegung Spaß macht und dass<br />

der Reiter nur das fordert, was sein<br />

Pferd auch mental leisten kann. Dadurch<br />

konnte Bamboo auch innerlich immer<br />

mehr entspannen und äußerlich – sprich<br />

körperlich – loslassen.<br />

Bamboo ein Jahr später nach<br />

konsequenter Grundlagenarbeit<br />

mit deutlich veränderter Oberlinie<br />

nehmen, sich nicht korrekt versammeln lassen<br />

und keine Galoppwechsel springen, haben oft<br />

nichts anderes als Rückenschmerzen“, erzählt<br />

unsere Expertin.<br />

Weitere Alarmsignale erkennen<br />

Kann das Pferd trotz kontinuierlichen Trainings<br />

in der Anlehnung nicht konstant sein,<br />

dann weist auch das auf Probleme mit der<br />

Wirbelsäule beziehungsweise der Rückenmuskulatur<br />

hin. Beobachten Sie Ihr Pferd an<br />

der Longe und unter dem Sattel: Bewegt es<br />

sich anfangs hölzern und fußt es im Schritt<br />

wie im Trab mit den Hinterhufen nicht einmal<br />

in die Spur des Vorderhufs? Wird das<br />

Gangbild nach einer Aufwärmphase zwar<br />

besser, doch haben Sie weiterhin das Gefühl,<br />

dass irgendetwas nicht rundläuft? Neigt Ihr<br />

Pferd in Trabverstärkungen dazu, nur eiliger<br />

zu werden und Taktfehler zu zeigen? Oder<br />

fällt es auf die Vorhand und lässt sich nicht<br />

wieder aufnehmen? Auch dann sollten Sie die<br />

Anzeichen ernst nehmen. Ein weiterer Hinweis<br />

auf Rückenprobleme: Sie können nicht<br />

entspannt und bequem aussitzen. „Wieder<br />

andere stellen das Kauen komplett ein, lassen<br />

sich nicht stellen oder biegen“, betont Anne<br />

Schmatelka und fügt hinzu: „Das Pferd verspannt<br />

und verkrampft sich, was mit der Zeit<br />

zu Kompensationsverhalten, zu einer Schonhaltung<br />

führt. Gangmuster und Muskulatur<br />

verändern sich.“ Zudem litten viele Pferde<br />

mit Rückenproblemen unter deutlichem Gewichtsverlust.<br />

Sie wirkten eckig und kantig<br />

trotz guten Futters. „Wenn Reiter oder Trainer<br />

hier nicht die Bremse ziehen, werden aus<br />

diesen Rückenproblemen sehr schnell Kissing<br />

Spines“, gibt unsere Expertin zu bedenken.<br />

„Man weiß, dass es je nach Intensität der<br />

fehlerhaften Arbeit schon innerhalb von 14<br />

Tagen zu periostalen Reaktionen, also Knochenhautreizungen,<br />

kommen kann.“<br />

Eine Frage der Muskulatur<br />

Werfen wir einen Blick auf die Anatomie und<br />

die Biomechanik des Pferdes. Eine wichtige<br />

Rolle in Bezug auf einen gesunden Bewegungsapparat<br />

spielt der lange Rückenmuskel.<br />

Pferde sind nicht dazu gemacht, Lasten<br />

zu tragen. Stellen Sie sich vor, Sie gingen auf<br />

allen Vieren und müssten auf einmal eine<br />

Stunde lang einen schweren Rucksack auf<br />

dem Rücken tragen. Wohlgemerkt bewegt<br />

sich dieser im Gegensatz zu einem Reiter<br />

nicht einmal. Ohne die entsprechende Muskulatur<br />

und Kraft würden Sie wahrscheinlich<br />

bald über Schmerzen klagen. Doch ein kurzer<br />

Gang ins Fitnessstudio würde nicht ausreichen,<br />

um den Belastungen standzuhalten.<br />

Ebenso braucht es Zeit, um den langen Rückenmuskel<br />

des Pferdes so aufzubauen, dass<br />

er weitestgehend stabil ist und seine Funktion<br />

beim Reiten übernehmen kann. Laut<br />

Anne Schmatelka sind drei Jahre korrekten<br />

Trainings nötig. Sie kritisiert: „Wenn man das

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