Industrieanzeiger 07.2023
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09.05.2023 Ausgabe 07 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
Interview<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Wie künstliche Intelligenz zum<br />
Unternehmenserfolg beiträgt<br />
» Seite 18<br />
Industrie 4.0<br />
Status quo der digitalen<br />
Transformation<br />
» Seite 38<br />
Drahtwälzlager<br />
Im Interview: Sascha Eberhard,<br />
Geschäftsführer von Franke<br />
» Seite 62<br />
Ludwig von Reiche,<br />
Geschäftsführer<br />
Nvidia über industrielle<br />
Metaversen<br />
» Seite 16<br />
TOPSTORY<br />
IIoT-Consulting<br />
Neue Beratungsansätze, um die<br />
digitale Transformation der<br />
Fertigung weiter voranzutreiben<br />
» Seite 30<br />
Wissen für Entscheider in der Produktion
Ausfallzeiten vermeiden!<br />
Mit Advanced Analytics identifizieren<br />
wir frühzeitig Schwachstellen in<br />
der Lieferkette und sorgen für eine<br />
stabile Versorgung mit C-Teilen -<br />
intelligent und dynamisch.<br />
2 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
» MEINUNG<br />
Das bringt’s jetzt<br />
Smart-Factory-Grundsätze bestimmen maßgeblich, wie effizient und<br />
wettbewerbsfähig die Fertigung ist. Digitalisierung in diese Richtung ist<br />
aber längst kein Selbstzweck mehr. Haben Unternehmen vor Jahren noch<br />
häufiger investiert, um etwas mit Digitalisierung oder vielmehr IIoT<br />
(Industrial Internet of Things) „zu machen“ oder vielleicht einfach bei<br />
diesen Hype-Themen dabei zu sein, muss heute deutlich klarer sein,<br />
was das Ganze bitteschön bringt. Der Mehrwert ist in den Vordergrund<br />
gerückt. Entsprechend sichtbarer und sicherlich verständlicher müssen<br />
die Benefits digitaler Technologien derweil sein.<br />
Eine wichtige und zentrale Kennzahl ist dabei die Gesamtanlageneffektivität<br />
beziehungsweise -effizienz (Overall Equipment Effectiveness,<br />
OEE), die es weiter zu optimieren gilt. Um die Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit<br />
und Prozessstabilität – künftig noch flexiblerer und effizienterer –<br />
Produktionslayouts sicherzustellen und weiter zu heben, ist bereichsübergreifende<br />
Transparenz erfolgsentscheidend geworden. Denn ohne einen<br />
Echtzeit-Einblick in den Zustand von Maschinen und der Prozessleistung<br />
kann sich die Produktion verzögern, die Qualität kann leiden und letztlich<br />
kann es zu ungeplanten Ausfallzeiten kommen.<br />
Allzu oft scheint dennoch unklar zu sein, ob sich Investitionen in an sich<br />
vielversprechende IIoT-Technologien lohnen, um die Fertigung in Richtung<br />
Smart Factory voranzutreiben. Insofern sind mehr und mehr verfügbare<br />
Consultingangebote nützlich (Details in der Topstory ab S. 30), die einen<br />
konkreten Mehrwert von IIoT in der Produktion vermitteln. Die neuen<br />
Beratungsservices richten sich im ersten Schritt ans C-Level-Management<br />
der Fertigungsunternehmen. Idealerweise setzen sie also dort an, wo<br />
digitale Transformationsprojekte budgetiert und sinnvolle Laufzeiten sowie<br />
Erfolgszielmarken vereinbart werden. Zudem bringen IIoT-Consultants<br />
häufig selbst Erfahrungen aus Projekten der Fertigung sowie Branchen -<br />
wissen mit. Das macht die angebotene Beratung besonders erfolgversprechend<br />
und auch einfacher annehmbar, weil sich die Beteiligten<br />
durchaus auf Augenhöhe begegnen können während sie Industrie-<br />
4.0-Technologien planen, implementieren und profitabel nutzen.<br />
So beschriften<br />
echte Profis.<br />
Mit P-touch und den Pro Tapes<br />
sieht die Beschriftung nicht nur<br />
professioneller aus, sondern erhöht<br />
die Sicherheit und spart bei späterer<br />
Wartung kostbare Arbeitszeit.<br />
www.brother.de/elektro<br />
Nico Schröder<br />
Korrespondent <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 3
» INHALT 07 | 2023 145. JAHRGANG<br />
TOPSTORY<br />
IIoT-Consulting<br />
Beratung und Services, um die<br />
digitale Transformation der<br />
Fertigung weiter<br />
voranzutreiben<br />
» Seite 30<br />
Bild: Schneider Electric<br />
In aktuellen Consulting-Angeboten liegt die Chance, Industrieunternehmen<br />
bei Bedarf fürs IIoT-Zeitalter „fit zu machen“.<br />
» Seite 30<br />
NEWS & MANAGEMENT<br />
Industrienews<br />
Verbände geben Empfehlungen zu Interoperabilität 08<br />
Siemens wird Partner von AWS 09<br />
Projekt zur Entwicklung von effizienteren Batterien 10<br />
Raumwicklungsverfahren sorgt für mehr Nachhaltigkeit 11<br />
Ziehl-Abegg verbucht Rekordumsatz 12<br />
IGUS macht Ernst in Sachen Digitalisierung 14<br />
Kursangebote zu IT-Security und Forschungsprojekten 15<br />
» Interview<br />
Ludwig von Reiche, Geschäftsführer, Nvidia GmbH, im<br />
Gespräch über industrielle Metaversen 16<br />
Digitale Transformation<br />
Ein Überblick über künstliche Intelligenz in Zusammenspiel<br />
mit Industrie 4.0 18<br />
Changeprozess Digitalisierung<br />
Digitalisierung stellt Unternehmen vor Herausforderungen 20<br />
Serie Recht<br />
Ein genauer Blick auf die EU-Verordnung künstliche<br />
Intelligenz 22<br />
bvik-Serie<br />
Experten informieren über Arbeitgebermarken-Strategie 24<br />
WBA-Serie<br />
Datengetriebe Geschäftsmodelle Modelle<br />
im Werkzeugbau 26<br />
TECHNIK<br />
Special » Smart Factory<br />
Blicke in die Fabrik der Zukunft 29<br />
» IIoT-Consulting<br />
Neue Beratungsansätze und Services für die Fertigung 30<br />
Interview<br />
Marco Thull von Igus über das „Iguverse“ 36<br />
» Industrie 4.0<br />
Über den Status Quo der industriellen Digitalisierung 38<br />
Fertigung<br />
Technologien für mehr Effizienz in der Produktion 40<br />
Digitalisierung<br />
Verein unterstützt KMU beim Digitalisieren 42<br />
Toolmanagement<br />
Digitale Werkzeugverwaltung mit integrierter Vermessung 44<br />
Cybersecurity<br />
Ganzheitliches IT-Sicherheitskonzept für die<br />
Smart Factory 46<br />
TITEL » Digitalisierung<br />
IT-Infrastruktur mit Fokus auf das MES 48<br />
Qualitätssicherung<br />
Fortschritte in der KI-basierten Bildanalyse<br />
demokratisieren die industrielle Bildverarbeitung 50<br />
Robotik<br />
Bei den Mitarbeitern muss ankommen, dass der Cobot<br />
für sie arbeitet und nicht gegen sie 52<br />
Informationstechnologie<br />
Projektmanagement-ERP-System sorgt für Daten–<br />
durchgängigkeit bei Werkzeugmaschinenbauer 56<br />
Predictive Maintenance<br />
Mit der Software-Lösung „Sensaia“ lassen sich<br />
Photovoltaik- und Windenergieanlagen überwachen 58<br />
Ressourcengewinnung<br />
Nachhaltiges Ausschöpfen des<br />
Energiewendemetalls Nickel 60<br />
Drahtwälzlager<br />
Im Interview spricht Franke-CEO Sascha Eberhard über<br />
Kunden- und Marktanforderungen bei Drahtwälzlagern 62<br />
Zeit und Zutritt<br />
Bei der biometrischen Zeiterfassung braucht man weder<br />
Karte noch Schlüssel, sondern nur einen Finger 68<br />
4 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Bild: Item<br />
Für eine erfolgreiche Implementierung von Cobots müssen die Mitarbeiter<br />
von Anfang an mit ins Boot genommen werden. » Seite 52<br />
Leistung übersetzt in Effizienz<br />
Industrie-<br />
Schraubenkompressoren<br />
mit SIGMA PROFIL<br />
Serien CSD und CSDX<br />
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin<br />
Interview mit Sascha<br />
Eberhard, Geschäftsführer<br />
von Franke,<br />
über die kundenspezifische<br />
Fertigung von<br />
Drahtwälzlagern<br />
» Seite 62<br />
NEU<br />
PRODUKTE & SERVICE<br />
Meinung 03<br />
Augenblicke der Technik 06<br />
Produkte 70<br />
Impressum 72<br />
Vorschau 73<br />
Zuletzt 74<br />
» Zum Titelbild<br />
MES-Lösungen sind Produktionsleitsysteme, die zwischen ERP-<br />
Systemen und der Produktionsebene angesiedelt und unmittelbar<br />
mit den Betriebsprozessen vernetzt sind. Mehr dazu ab<br />
Seite 48. Bild: ipopba/iStock/Gfos<br />
• Sechs Druckvarianten für eine<br />
optimale Anpassung an<br />
individuelle Anforderungen<br />
• Neue Verdichterblöcke mit<br />
optimiertem SIGMA PROFIL<br />
• Höchste Effizienzklasse<br />
für das Antriebssystem<br />
(Festdrehzahl: IE4, SFC: IE5)<br />
• Drehzahlgeregelter Lüfter<br />
spart Energie<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 5
» Augenblicke<br />
der Technik<br />
6 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Die industrielle Bildverarbeitung ist eine vergleichsweise junge<br />
Technologie. Die ersten Lösungen kamen Mitte der neunziger<br />
Jahre auf den Markt. Die Anwender hielten sich eher zurück, weil<br />
die Systeme nicht einfach zu installieren und zu bedienen waren.<br />
Trotzdem wuchs der Markt in den Anfängen zweistellig. Die Spezialmesse<br />
„Ident/Vision“ wurde etabliert, die heute als Fachmesse<br />
„Vision“ alle zwei Jahre in Stuttgart stattfindet. In der Zeit danach<br />
wuchs die Leistungsfähigkeit der Kameras, die von einer zugeschnittenen<br />
Beleuchtungstechnik unterstützt wurden. In den<br />
letzten Jahren rückten die einfache Implementierung und leichte<br />
Bedienbarkeit der Systeme in den Vordergrund. Im Bild zu sehen ist<br />
ein modernes Bildverarbeitungssystem, das eine Oberflächenprüfung<br />
an Bauteilen durchführt. Speziell bei reflektierenden<br />
Werkstücken, wie in diesem Fall, spielt die Beleuchtung eine<br />
Schlüsselrolle und sorgt dafür, dass die Kamera nur das sieht, was<br />
sie sehen soll. Störende Faktoren werden ausgeblendet. Die aufgenommenen<br />
Prüfdaten werden gespeichert, ausgewertet und für<br />
die Datenanalyse übersichtlich aufbereitet. Bild: Vitronic<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 7
» NACHRICHTEN<br />
Verbände veröffentlichen Diskussionspapier mit Handlungsempfehlungen<br />
Big Picture Interoperabilität<br />
Offene Standards haben sich bereits mehrfach als Selbstläufer erwiesen und werden<br />
daher früher oder später auf allen Gebieten etabliert sein. Die Verbände Automa tion<br />
ML, IDTA, OPC Foundation und VDMA haben jetzt ein gemeinsames Zielbild und<br />
Handlungsempfehlungen für industrielle Interoperabilität veröffentlicht.<br />
Interoperabilität ist die<br />
Fähigkeit von Geräten<br />
oder Diensten, eigenständig<br />
miteinander kommunizieren<br />
zu können.<br />
Bild: profit_image/stock.adobe.com<br />
Die Verbände Automation ML, Industrial<br />
Digital Twin Association (IDTA), OPC<br />
Foundation und VDMA haben ein gemeinsam<br />
erstelltes Diskussionspapier zum<br />
Thema „Interoperabilität mit AutomationML,<br />
der Verwaltungsschale, OPC UA inklusive<br />
Companion Specifications“ veröffentlicht.<br />
Das Papier ist bei den jeweiligen<br />
Organisationen als Download verfügbar.<br />
Unternehmen sind auf der Suche nach<br />
Lösungen für die Umsetzung von Industrie<br />
4.0. Aus Sicht der Verbände sind hierbei<br />
proprietäre und geschlossene Interoperabilitätslösungen<br />
langfristig kaum<br />
zukunftsfähig. Insbesondere Automation<br />
ML, die Verwaltungsschale (Asset Administration<br />
Shell – AAS), sowie OPC UA mit<br />
ihren zugehörigen Informationsmodellen<br />
(OPC UA Companion Specifications) gelten<br />
als Industrie-4.0-Schlüsseltechnologien,<br />
werden von der Plattform Industrie<br />
4.0 empfohlen und bieten umfassende<br />
Konzepte für eine vereinheitlichte digitale<br />
Interoperabilität zwischen Industrie<br />
4.0-fähigen Maschinen und Systemen<br />
während ihres gesamten Lebenszyklus.<br />
Das Diskussionspapier wurde gemeinsam<br />
mit Experten von Industrieunternehmen<br />
Microsoft, Kuka und Siemens entwickelt,<br />
um Orientierung und Handlungsempfehlungen<br />
zu geben. Es richtet sich an Entscheider,<br />
Strategen und Experten in Unternehmen,<br />
die das Ziel verfolgen, die eigenen<br />
Wertschöpfungssysteme im Sinne<br />
von Industrie 4.0 zukunftsfähig zu gestalten.<br />
Es beschreibt ein Zielbild bzw. ein<br />
„Big Picture Interoperabilität“, das zeigt,<br />
wie die genannten Technologien zusammenpassen,<br />
sich komplementär gegenseitig<br />
ergänzen und wie Interoperabilität<br />
über Domänen hinweg durch kombinierte<br />
Anwendung in der Industrieautomation<br />
erreicht wird. Weiter richtet das Diskussionspapier<br />
konkrete Handlungsempfehlungen<br />
an Entwickler und Anwender von<br />
interoperablen Systemlösungen und gibt<br />
Orientierung zur Nutzung der genannten<br />
Technologien.<br />
Die Verbände und Organisationen in diesem<br />
Diskussionspapiers bekunden ihren<br />
Willen zur Kooperation, um im Sinne ihrer<br />
Mitglieder und der gesamten Industrie<br />
Doppelstandardisierung zu vermeiden.<br />
Die Verbände, Forschung und Industrie<br />
sind eingeladen, das vorgestellte Big<br />
Picture Interoperabilität weiter zu verfeinern<br />
und zu verbessern. (ag)<br />
Was ist Interoperabilität?<br />
Interoperabilität ist die Fähigkeit von Geräten oder Diensten, eigenständig<br />
miteinander kommunizieren zu können ohne von einem anderen Akteur abhängig<br />
zu sein. Dies ist im IoT von zentraler Bedeutung, da erst hierdurch das<br />
Potenzial eines derart großen Netzes mit unzähligen eingebetteten Systemen<br />
voll ausgeschöpft werden kann. Interoperable Systeme sollen jeder beteiligten<br />
Partei Vorteile bringen und die Qualität von Produkten verbessern.<br />
8 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
AWS Partnerprogramm<br />
Siemens wird Kompetenzpartner<br />
Siemens Digital Industries Software erlangt<br />
bei Amazon Web Services (AWS)<br />
den Partnerstatus Manufacturing and Industrial<br />
Competency. Um diesen Status zu<br />
erhalten, müssen Partner eine strenge<br />
technische Validierung durchlaufen und<br />
geprüfte Kundenreferenzen vorlegen. Mit<br />
Hilfe des Partnerprogramms von AWS finden<br />
Kunden aus der Fertigungsindustrie<br />
leichter Dienstleister für ihre digitale<br />
Transformation.<br />
AWS Manufacturing and Industrial Competency<br />
Partners bieten Kunden Lösungen<br />
für ihre digitale Transformation an und<br />
geben ihnen die Sicherheit, dass sie von<br />
einem validierten AWS-Partner unterstützt<br />
werden, der ihre Anforderungen erfüllt.<br />
Diese Lösungen folgen den Best<br />
Practices von AWS, die es den Kunden ermöglichen,<br />
eine sichere, leistungsstarke,<br />
Unlimited Tomorrow stellt mit<br />
Hilfe von Siemens-Applikationen<br />
auf Basis von Amazon<br />
Web Services hochfunktionale,<br />
personalisierte Prothesen her.<br />
Bild: Unlimited Tomorrow<br />
widerstandsfähige und effiziente Cloud-<br />
Infrastruktur für Industrieanwendungen<br />
aufzubauen.<br />
AWS ermöglicht skalierbare, flexible und<br />
kosteneffiziente Lösungen von Startups<br />
bis hin zu globalen Unternehmen. Um die<br />
nahtlose Integration und Bereitstellung<br />
dieser Lösungen zu unterstützen, hat das<br />
Unternehmen das AWS Competency Program<br />
ins Leben gerufen, das Kunden dabei<br />
hilft, Partner mit umfassender Branchenerfahrung<br />
und -kompetenz zu finden.<br />
Ein Beispiel ist Unlimited Tomorrow,<br />
ein Hersteller hochfunktionaler, personalisierter<br />
Prothesen. Das Unternehmen ar-<br />
beitet mit Software, die 3D-Scans in Designs<br />
für die additive Fertigung umwandelt,<br />
und zwar mit Hilfe von Siemens-Anwendungen,<br />
die auf AWS betrieben werden.<br />
Unlimited Tomorrow nutzt Lösungen<br />
aus dem Xcelerator-Portfolio von Siemens,<br />
darunter NX-Software für die Produktentwicklung<br />
und Teamcenter X-Software<br />
für das Product Lifecycle Management,<br />
die beide die Leistung von AWS<br />
nutzen. Easton LaChappelle, CEO und<br />
Mitbegründer von Unlimited Tomorrow,<br />
ist der Ansicht, dass AWS und Siemens<br />
das gesamte Vorhaben ermöglichen und<br />
unterstützen.<br />
salvagnini.de<br />
Produktionsmanagementsoftware von Salvagnini<br />
VERWALTEN SIE IHRE PRODUKTION<br />
IN ECHTZEIT.<br />
INDUSTRIE 4.0-LÖSUNG<br />
PLANT DIE PRODUKTION DURCH<br />
DEFINIEREN VON PRIORITÄTEN<br />
ERZEUGT AUTOMATISCH<br />
MASCHINENPROGRAMME<br />
GIBT FEEDBACK AN DAS ERP<br />
OPS ist die modulare Software zur Produktionsverwaltung von Salvagnini. OPS agiert<br />
als Produktionskoordinator, verwaltet Informationen und leitet sie weiter, eliminiert<br />
Kritizitäten und verbessert die Prozesseffizienz erheblich.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 9
» NACHRICHTEN<br />
Projekt „Revolect“<br />
Lithium-Ionen-Batterien mit höherer Energiedichte<br />
Der Lehrstuhl „Production Engineering of<br />
E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH<br />
Aachen ist mit sieben Partnern aus Wissenschaft<br />
und Industrie in das Projekt<br />
„Revolect“ gestartet. Bis Ende August<br />
2025 sollen die Akteure in dem vom Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Klimaschutz<br />
geförderten Vorhaben neue Technologien<br />
und Komponenten entwickeln,<br />
mit deren Hilfe sich Lithium-Ionen-Batterien<br />
effizienter und ressourcenschonender<br />
produzieren lassen. Das Projekt verfolgt<br />
dafür zwei wesentliche Innovationen.<br />
Erstens den Ersatz der üblichen Metallfolien<br />
durch eine metallisierte Gewebestruktur<br />
und zweitens die Verwendung<br />
von Silizium als Anodenmaterial.<br />
„Lithium-Ionen-Batterien sind noch auf<br />
längere Sicht eine unverzichtbare Schlüsselkomponente<br />
für die Elektromobilität<br />
und das Gelingen der Energiewende“, sagt<br />
PEM-Leitungsmitglied Professor Heiner<br />
Heimes: „Ihre hohe Energiedichte und<br />
Zyklenfestigkeit ermöglicht Elektrofahrzeugen<br />
eine hohe Reichweite zu marktfähigen<br />
Kosten.“ Nun gelte es, das Potenzial<br />
der Akkus durch die Weiterentwicklung<br />
aller ihrer Komponenten und deren Produktionstechnologien<br />
auszuschöpfen.<br />
Dazu wollen die Projektpartner ihre Kompetenzen<br />
entlang der gesamten Prozesskette<br />
der Batterieproduktion bündeln und<br />
neuartige Elektroden mit leichtgewichtigen<br />
Stromsammlern auf Gewebebasis für<br />
Lithium-Ionen-Batterien mit einer ressourcenschonenden<br />
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PEM-Leiter Prof. Achim Kampker und sein Team<br />
widmen sich der ressourcenschonenden Produk -<br />
tion von Batteriezellen.<br />
ckeln. Das Verfahren erfordere im Vergleich<br />
mit bisherigen Lithium-Ionen-<br />
Batterien einen geringeren Einsatz von<br />
Primärrohstoffen wie etwa Kupfer und<br />
Aluminium. Gleichzeitig ermögliche die<br />
Technik durch eine höhere Energiedichte<br />
weitere Materialeinsparungen von der<br />
Zell- bis zur Systemebene.<br />
Bild: PEM RWTH Aachen/Patrizia Cacciotti<br />
Batterierecycling<br />
Bosch liefert die Technik für die erste vollautomatische Lösung in Europa<br />
Bild: Bosch<br />
Vollautomatisches Recycling von Batterien.<br />
Immer mehr Elektroautos kommen auf die<br />
Straßen. Nach Schätzungen von Bosch<br />
sollen sie bis 2030 rund 70 % aller neu<br />
zugelassenen Pkw in Europa ausmachen.<br />
Damit einher geht ein steigender Bedarf<br />
an Batterien und Recycling der darin enthaltenen<br />
Rohstoffe wie Lithium, Kobalt<br />
oder Nickel. Das Unternehmen hat dafür<br />
spezielle Maschinen, Anlagen und Software<br />
entwickelt.<br />
Das Tochterunternehmen Bosch Rexroth<br />
liefert jetzt der Battery Lifecycle Company<br />
die erste vollautomatische Anlage zur<br />
Entladung und Demontage von Batteriemodulen<br />
in Europa. „Elektromobilität<br />
kann sich nur dauerhaft etablieren, wenn<br />
ausreichend Rohstoffe für die Herstellung<br />
der Batterien zur Verfügung stehen“, versichert<br />
Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender<br />
der Bosch-Geschäftsführung. „Recycling<br />
kommt dabei eine tragende Rolle zu.“ Experten<br />
gehen davon aus, dass in Europa<br />
bis 2030 Recycling-Kapazitäten für maximal<br />
420.000 t Batteriematerial pro Jahr<br />
notwendig sein werden. „Wollen wir eine<br />
europäische Kreislaufwirtschaft aufbauen,<br />
müssen wir Recycling fest in den Lebenszyklus<br />
von Produkten integrieren und<br />
die notwendige Infrastruktur dafür schaffen“,<br />
sagt Hartung.<br />
Immer mehr Elektroautos bei gleichzeitig<br />
begrenzten Ressourcen und steigenden<br />
gesetzlichen Vorgaben für das Recycling –<br />
die Herausforderungen nehmen zu. Die<br />
aktuell in Fahrzeugen eingebauten Batte-<br />
rien haben in zehn bis 15 Jahren ihr Lebensende<br />
erreicht. Dieses Zeitfenster gilt<br />
es zu nutzen, um die entsprechenden Recyclingkapazitäten<br />
zu errichten. In Magdeburg<br />
am Standort der Battery Lifecycle<br />
Company entsteht derzeit die erste vollautomatisierte<br />
Anlage Europas. Bosch<br />
Rexroth liefert hierfür die Technik. Vor Ort<br />
sollen gebrauchte Batterien unterschiedlicher<br />
Hersteller geprüft, tiefentladen und<br />
für das anschließende Schreddern vorbereitet<br />
werden. Dabei transportiert die<br />
neue Anlage Batteriematerial maximal<br />
150 kg je Werkstückträger mit einer Geschwindigkeit<br />
von 18 m/s. Innerhalb von<br />
weniger als 15 min lassen sich auf diese<br />
Weise acht Lithium-Ionen-Akkus von<br />
Elektroautos automatisiert entladen. Mit<br />
seiner automatisierten Lösung erhöht<br />
Bosch das Recyclingtempo signifikant.<br />
Beim derzeit üblichen manuellen Verfahren<br />
dauert es bis zu 24 h, ehe die Akkus<br />
tiefentladen sind.<br />
10 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Sustainability Summit<br />
Das Raumwickeln geht in Serie<br />
sehen die Akteure nachhaltige technische<br />
Lösungen als als wesentliche Aufgaben,<br />
um das Überleben auf der Erde zu sichern.<br />
Dazu werden schnell CO 2<br />
-neutrale und<br />
ressourcenschonende Materialien und<br />
Prozesstechnologien benötigt. Deshalb<br />
veranstaltet die AMC noch vor dem offiziellen<br />
Fertigungsstart von „xFK in 3D“ ih-<br />
Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit<br />
geht das Raumwickelverfahren „xFK in<br />
3D“ für ultraleichte Bauweisen an den<br />
Produktionsstart beim luxemburgischen<br />
Raumfahrt-Unternehmen Gradel. Technologie-Partner<br />
und -Initiator AMC (Automotive<br />
Management Consulting) lädt zu<br />
diesem Anlass zum Sustainability Summit<br />
ein: Im Dominikaner Weingut<br />
bei Trier und in Hautcharage/Luxemburg<br />
trifft<br />
sich am 4. Mai 2023 das<br />
„Who is who“ des Leichtbaus,<br />
um die Industrialisierung<br />
des vollautomatisierten<br />
Raumwickelverfahrens<br />
zu begleiten und die Fertigung<br />
zu eröffnen. Mit dem<br />
Produktionsstart erweitern<br />
AMC und Gradel ihre Zusammenarbeit.<br />
Die neuartige,<br />
serienfähige Fertigung<br />
sehen sie als disruptive<br />
Nachhaltigkeitstechnik: ultraleicht,<br />
abfallfrei, additiv.<br />
Die Technologie-Partner<br />
entwickelten sie in nur sieben<br />
Jahren vom Fahrrad-<br />
Flaschenhalter über Le-<br />
Mans-Bauteile bis hinein in<br />
den Weltraum. Das Foto<br />
des Exponats vermittelt einen<br />
plastischen Eindruck<br />
der Material-optimierten<br />
Leichtbauweise, die auf<br />
FEM-Berechnungen basiert.<br />
Zum industriellen Fertigungsstart<br />
im luxemburgischen<br />
Hautcharage veröffentlichen<br />
AMC und Gradel<br />
ein rund 300-seitiges Kompendium,<br />
das den ambitionierten<br />
Innovations- und<br />
Nachhaltigkeitsweg der<br />
beiden Unternehmen und<br />
weiterer Partner von 2015<br />
bis heute nachzeichnet.<br />
Angesichts einer fragiler<br />
werdenden Energieversorgung<br />
und beschleunigten<br />
Klimaschutzanforderungen<br />
Heidelberg Industry.<br />
Ihr Partner für die<br />
industrielle Produktion.<br />
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der Größe oder den Zielen Ihres Unternehmens. Alle<br />
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Das Raumwickelverfahren steht für Ultra-Leichtbau.<br />
Die Veranstalter des Sustainability Summit<br />
wollen Lösungen präsentieren, um der Erderwärmung<br />
etwas entgegenzusetzen.<br />
ren jährlichen Sustainability Summit, bei<br />
dem viele weitere Lösungen erörtert und<br />
präsentiert werden.<br />
Bild: AMC<br />
Apr. 2023<br />
Heidelberger Druckmaschinen AG<br />
Gutenbergring, 69168 Wiesloch, Deutschland<br />
Telefon 06222 8267456, heidelberg.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 11
» NACHRICHTEN<br />
E-Motoren und Ventilatoren<br />
Ziehl-Abegg verbucht Rekordumsatz<br />
Mit einem Umsatz von 873 Mio. Euro<br />
konnte Ziehl-Abegg 2022 im Vergleich<br />
zum Vorjahr (716 Mio. Euro) um rund<br />
22 % zulegen. Die Mitarbeiterzahl stieg<br />
global auf 5.100 (Vorjahr 4.700), in<br />
Deutschland auf 2.800 (Vorjahr 2.600).<br />
Trotz der Schließung des Standorts in<br />
Russland und einer insgesamt instabilen<br />
Lieferkette, welche die Produktionsplanung<br />
erschwerte, konnte der Elektromotoren-<br />
und Ventilatorenhersteller seinen<br />
Erfolg fortsetzen und plant weitere Investitionen<br />
in neue Werke.<br />
„Wir sind gut auf Spur“, sagt Vorstandsvorsitzender<br />
Dr. Marc Wucherer. Das Umsatzwachstum<br />
ist einerseits auf die nicht<br />
vermeidbare notwendige Erhöhung der<br />
Verkaufspreise infolge stark gestiegener<br />
Einkaufspreise zurückzuführen; andererseits<br />
hat die zunehmende Nachfrage nach<br />
effizienten und langlebigen Elektromotoren<br />
und Ventilatoren den Umsatz getrieben.<br />
Investitionen in neue Produktionsstandorte<br />
machen das Unternehmen fit<br />
für die Zukunft: im Herbst 2022 startete<br />
der Neubau eines 50-Mio.-Euro-Werks in<br />
Lodz (Polen); zum Jahresstart 2023 wurde<br />
in den USA der Grundstein für ein neues<br />
Werk gelegt, in das rund 100 Mio. Euro<br />
investiert werden. „Wenn wir näher am<br />
Bild: Ziehl-Abegg<br />
Idrizaj Granit nimmt in der Kunststofffertigung<br />
bei Ziehl-Abegg einen bionisch optimierten<br />
Radialventilator vom Band<br />
Kunden produzieren, können wir schneller<br />
liefern und es entfällt ein langer Transport“,<br />
erklärt Firmenchef Wucherer den<br />
positiven Effekt eines globalen Produk -<br />
tionsnetzwerks auf den geringeren CO 2 -<br />
Fußabdruck der Produkte.<br />
Trends wie Digitalisierung, Ausbau der<br />
Windkraft, Lebensmittelproduktion sowie<br />
Gebäudebelüftung, Heizung und Klimatechnik<br />
werden die Nachfrage nach Ziehl-<br />
Abegg-Produkten in den kommenden<br />
Jahren weiter steigern. Dazu wird das<br />
wachsende Interesse an Wärmepumpen,<br />
den Bedarf an leisen und effizienten Ventilatoren<br />
weiter anheizen. Infolgedessen<br />
prognostizieren Experten zweistellige<br />
Wachstumsraten für die Branche weltweit.<br />
Um das Wachstumspotenzial trotz<br />
des schwierigen Arbeitsmarkts in<br />
Deutschland auszuschöpfen, setzt Ziehl-<br />
Abegg auf Automatisierung in allen bestehenden<br />
Werken und einen Ausbau der<br />
internationalen Produktionskapazitäten.<br />
Marc Wucherer: „Mit unseren innovativen<br />
Lösungen und der kontinuierlichen<br />
Erweiterung unseres Produktportfolios<br />
sind wir bestens gerüstet, um den steigenden<br />
Anforderungen gerecht zu werden<br />
und unsere Wettbewerbsposition<br />
weiter zu stärken.“<br />
Ziehl-Abegg ist sich der demografischen<br />
Herausforderung und des Fachkräftemangels<br />
bewusst und investiert gezielt in den<br />
Nachwuchs, um auch langfristig erfolgreich<br />
am Markt bestehen zu können. „Die<br />
Möglichkeiten für jungen Menschen, mit<br />
einer dualen Ausbildung oder einem dualen<br />
Studium ins Berufsleben zu starten,<br />
werden im Jahr 2023 qualitativ und<br />
quantitativ weiter ausgebaut“, unterstreicht<br />
Wucherer.<br />
Anzeige<br />
Mit MES-Software in die Zukunft<br />
Industrie 4.0 mit GFOS<br />
09.05.2023 Ausgabe 07 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
GFOS, Gesellschaft für Organisationsberatung<br />
und Softwareentwicklung mbH, ist<br />
führender Anbieter für Softwarelösungen<br />
und Cloud Services in den Bereichen<br />
Workforce Management, Manufacturing<br />
Execution Systems, Security sowie Cloud<br />
& Infrastructure – modular aufgebaut<br />
und branchenunabhängig einsetzbar sowohl<br />
in Großkonzernen als auch in kleinen<br />
und mittelständischen Betrieben.<br />
GFOS unterstützt mehr als 4500 Kunden<br />
und Kundinnen in 30 Ländern mit umfas-<br />
senden Systemen und smarten Tools auf<br />
dem Weg zur Industrie 4.0. Dafür liefert<br />
das Unternehmen Module von der Zeiterfassung<br />
über Betriebs- und Maschinendatenerfassung<br />
bis zur Zutrittskontrolle<br />
mit Besuchermanagement. Auch im Bereich<br />
SAP-Anbindung profitieren Kunden<br />
und Kundinnen von Know-how und<br />
Beratung. Als ISO 27001-zertifiziertes<br />
Unternehmen steht GFOS zudem für<br />
höchste Standards rund um IT- und<br />
Cyber-Security.<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Wie künstliche Intelligenz zum<br />
Unternehmenserfolg beiträgt<br />
» Seite 18<br />
TOPSTORY<br />
IIoT-Consulting<br />
Neue Beratungsansätze, um die<br />
digitale Transformation der<br />
Fertigung weiter voranzutreiben<br />
» Seite 30<br />
Industrie 4.0<br />
Status quo der digitalen<br />
Transformation<br />
» Seite 38<br />
Drahtwälzlager<br />
Im Interview: Sascha Eberhard,<br />
Geschäftsführer von Franke<br />
» Seite 62<br />
Wissen für Entscheider in der Produktion<br />
Interview<br />
Ludwig von Reiche,<br />
Geschäftsführer<br />
Nvidia über industrielle<br />
Metaversen<br />
» Seite 16<br />
Bild: ipopba/iStock/Gfos<br />
12 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Anzeige<br />
Volle Kontrolle über Ihre Daten in der AWS Cloud<br />
Mit Data Protection as a Managed Service erfüllen Sie Compliance-Vorgaben wie die EU-DSGVO<br />
Mit der Cloud setzen Unternehmen auf Zukunftssicherheit. Doch viele Services verarbeiten sensible Daten, beispielsweise Kundennamen in<br />
Verbindung mit Adressen oder Bankverbindungen. Und das wirft Fragen auf wie:<br />
• „Dürfen wir diese Daten in der AWS Cloud verarbeiten?“<br />
• „Verletzen wir rechtliche Vorgaben wie die EU-DSGVO?“<br />
So setzen Sie AWS auch für personenbezogene Daten ein<br />
Unternehmen wollen auf der sicheren Seite sein. Sie wollen die Vorteile<br />
der AWS Cloud nutzen, aber sie wollen auch die Sicherheit haben, dass sie<br />
im Einklang mit den geltenden rechtlichen Vorgaben handeln. Und diese<br />
gehen weit über Datensicherheit hinaus. So dürfen personenbezogene<br />
Daten beispielsweise den EU-Raum nicht verlassen – weder physisch noch<br />
virtuell. Dasselbe gilt für einen Zugriff von Personal außerhalb des EU-Raums<br />
auf die Daten.<br />
In der Vergangenheit erforderte dies die Implementierung spezifischer<br />
Datenschutz-Maßnahmen, sowohl in technischer, als auch organisatorischer<br />
und vertraglicher Hinsicht. Und das wiederum verlangsamte Cloud-Projekte<br />
und erzeugte zusätzliche Kosten sowie Aufwände. Die Leichtigkeit der Cloud<br />
musste hinter der Erfüllung von Compliance-Anforderungen zurücktreten.<br />
Mit Data Protection as a Managed Service (DPaaS) hat T-Systems ein<br />
Paket geschnürt, das alle notwendigen technischen und organisatorischen<br />
Maßnahmen für einen datenschutzkonformen Cloud-Einsatz umfasst.<br />
Data Protection as a Managed Services meistert<br />
Privacy-Herausforderungen<br />
Auf der Cloud-Plattform von AWS sind auf technischer Seite alle notwendigen<br />
Dienste verfügbar, damit der AWS-Einsatz europäischen Regularien<br />
genügt. Doch zwei Aspekte bleiben offen: Zum einen braucht es zusätzlich<br />
auch einen organisatorischen Rahmen jenseits der Technik – und die<br />
technischen Komponenten müssen passend zu den Anforderungen und<br />
dem Umfeld des Unternehmens kombiniert werden. In DPaaS fließen<br />
alle drei Aspekte unter der Regie von T-Systems zusammen.<br />
DPaaS ist ein modular aufgebautes Offering, das die drei von Aufsichtsbehörden<br />
geforderten Facetten des Datenschutzes abbildet und Vertraulichkeit<br />
von Daten erzeugt: Verschlüsselung, die Einführung von<br />
Datenresidenzkontrollen und ausschließlicher Einsatz von EU-Personal.<br />
Die entsprechenden Maßnahmen werden gebündelt mit dem Aufbau<br />
und dem Betrieb einer „Trusted Cloud Landing Zone“, die das Privacy<br />
and Security Assessment der Telekom durchläuft. Mit diesen vier Pfeilern<br />
können auch Datenschutz-konforme Lösungen realisiert werden.<br />
Die vier Pfeiler von Data Protection as a Managed Service<br />
§ §<br />
Cloud compliant eingesetzt<br />
Erfüllung gesetzlicher<br />
Ansprüche, z. B. für Datenschutz<br />
0100010101<br />
00111010110<br />
11010001<br />
0100010101<br />
00111010110<br />
11010001<br />
0100010101<br />
00111010110<br />
11010001 0100<br />
01010100111010110<br />
11010001<br />
0100010101<br />
00111010110<br />
11010001<br />
Europäischer Support<br />
Ausschließlich europäisches<br />
Personal (von T-Systems)<br />
Cloud-Vorteile ausnutzen<br />
Gestärkte Wettbewerbsfähigkeit<br />
und Innovation für agiles Business<br />
1 2 3 4<br />
AWS Cloud für sensible Workloads<br />
Zukunftssichere und topsicheres<br />
Setup für agiles Business<br />
1<br />
Vertrauenswürdige<br />
Cloud Landing Zones<br />
2<br />
Nachweise der<br />
Datenresidenz<br />
3<br />
Vertraulichkeit<br />
der Daten<br />
4<br />
Europäischer<br />
Kunden-Support<br />
Wir konfigurieren und betreiben Ihre Trusted<br />
Cloud Landing Zone auf Basis des Well<br />
Architected Framework, integriert mit dem<br />
Data Privacy und Data Residency Framework.<br />
Mit einem Datenresidenz-Bericht bieten wir<br />
Ihnen Echtzeit-Überwachung für Zugriffe und<br />
Flag-Warnungen. Lokalisierung und Anonymisierung<br />
über externe Identitätsanbieter ist möglich.<br />
Wir helfen ihnen, die Verschlüsselungstools<br />
zu finden, die zu den jeweiligen Daten passen.<br />
Unser Support-Team aus zertifizierten AWS-<br />
Spezialisten bietet 24/7 Service Desk in Ihrer<br />
Landessprache.<br />
Sie planen die Nutzung von AWS zur Verarbeitung personenbezogener<br />
Daten? Mit DPaaS sind Sie auf der sicheren Seite.<br />
Sprechen Sie uns an.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 13<br />
Ihr Ansprechpartner: Siegfried Höck | T-Systems | Cloud Solution Expert | Mail: AWS-Info@t-systems.com
» NACHRICHTEN<br />
Igus-Enjoyneering<br />
Spielerisch zu Ingenieurs-Höchstleistungen<br />
Bild: Igus<br />
Ein Low-Cost-Roboter, den Mitarbeiter<br />
mit einer Virtual-Reality-Brille bedienen.<br />
Eine künstliche Intelligenz, die über das<br />
Smartphone Ersatzteile in Sekundenschnelle<br />
identifiziert und bestellt. Eine<br />
App, die sofort zeigt, wo und wie man am<br />
Bagger zur Schmiermittelfreiheit kommt:<br />
Igus macht bei der Digitalisierung 2023<br />
Tempo und entwickelt Produkte und Services,<br />
die nicht nur Kosten senken, sondern<br />
auch kinderleicht zu bedienen sind.<br />
Das Ziel: Anwender einfach und spielerisch<br />
den Zugang zum richtigen Motion-<br />
Plastics-Produkt ermöglichen und damit<br />
dem Unternehmensziel „the easiest company<br />
to deal with“ noch näherkommen –<br />
Igus-Geschäftsführer<br />
Frank Blase als Avatar<br />
im Iguversum. Unter<br />
dem Motto ‚enjoyneering<br />
– spielerisch zu<br />
Ingenieurs-Höchstleistungen’<br />
präsentierte<br />
Igus auf der Hannover<br />
Messe neue digitale<br />
Angebote, die die<br />
Entwicklung von<br />
Maschinen revolutionieren<br />
sollen.<br />
und das CO 2 -neutral und ohne Kunststoffabfälle.<br />
Im digitalen Raum treffen sich Ingenieure,<br />
Materialexperten und Planer und bauen<br />
gemeinsam 3D-Modelle von neuen<br />
Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen im<br />
1:1-Maßstab. Ohne unproduktive Meetings<br />
und ohne teure Anreisen, die<br />
CO 2 -Emissionen verursachen.<br />
Produkte lassen sich dadurch nicht nur<br />
schneller, nachhaltiger, zuverlässiger und<br />
kostengünstiger entwickeln, sondern in<br />
dieser virtuellen Realität auch leichter in<br />
Betrieb nehmen. Schulungen wie auch<br />
Serviceeinsätze profitieren ebenso von<br />
den digitalen Zwillingen.<br />
„Die Möglichkeiten der Virtuellen Realität<br />
für den Maschinenbau sind absolut<br />
faszinierend. Wir möchten diese Technologie<br />
von Anfang an aktiv mitgestalten“,<br />
betont Igus-Geschäftsführer Frank<br />
Blase. „Wir wollen neuartige Lösungen<br />
entwickeln, die auch kleine und mittelständische<br />
Unternehmen mit begrenztem<br />
Budget und Know-how ganz einfach<br />
nutzen können.“<br />
So plant Igus, das Iguversum mittelfristig<br />
als digitalen Service zu öffnen. Betriebe<br />
können dann von dieser Zukunftstechnologie<br />
profitieren, die vollständig<br />
von Igus gemanagt wird – ohne<br />
eigene Entwicklungskosten.<br />
Und bis es so weit ist, gibt es noch<br />
reichlich andere Erfindungen zu entdecken<br />
– wie IgusGO, eine cloudbasierte<br />
App. Schießt der Anwender von seinem<br />
Produkt, etwa einem Bagger, ein Foto,<br />
analysiert eine künstliche Intelligenz,<br />
wo schmierfreie Bauteile von Igus in<br />
diesem Produkt für mehr Wirtschaftlichkeit<br />
sorgen könnten.<br />
Nicht zuletzt wächst auch das Igus-<br />
Portfolio an Low-Cost-Robotik, die die<br />
Automatisierung im Mittelstand vorantreiben<br />
soll.<br />
Zukunft mit System<br />
Maximale Effi zienz und Flexibilität im Schaltschrankbau<br />
Die AX Kompakt-Schaltschränke lassen sich im 25 mm-Systemraster ausbauen und sind auf alle Ausbauund<br />
Nachrüstfälle vorbereitet. Systemkomponenten und -zubehöre lassen sich auf die patentierten Innenausbauschienen<br />
ohne Bohren einbauen und nachrüsten. So wird zeitaufwendige Nacharbeit vermieden<br />
und der UL-Erhalt gesichert.<br />
14 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
IT-Security<br />
Wibu Academy will Thema in Forschung und Praxis vorantreiben<br />
Die neu gegründete Wibu Academy bietet<br />
Kurse zu Security und öffentlich finanzierten<br />
Forschungsprojekten an. Die<br />
Akademie startete am 12. April mit zwei<br />
Kursen. Ziel ist es, das Thema IT-Security<br />
in Forschung und Praxis voranzutreiben,<br />
was sich in den beiden Themenblöcken<br />
widerspiegelt.<br />
Die Titel der beiden Eröffnungskurse<br />
lauten „Identifizierung von Sicherheitslücken<br />
in der Implementierung“ und „Do’s<br />
and Don’ts der Antragstellung“. Im ersten<br />
Kurs geht es um Sicherheitslücken und<br />
die verschiedenen Werkzeuge, die automatisiert<br />
nach Fehlverhalten von Programmen<br />
suchen, und wie diese Werkzeuge<br />
in eigenen Entwicklungs- und<br />
Build-Umgebungen integriert werden<br />
können. Im zweiten Kurs werden Stolperfallen<br />
bei der Antragsstellung von Forschungsprojekten<br />
identifiziert und Tipps<br />
und Tricks gezeigt, um die Chancen auf<br />
die Förderung eines F&E-Projekts zu<br />
maximieren.<br />
Die Kurse richten sich an Software -<br />
entwickler und an Manager, die sich mit<br />
Kooperationsprojekten befassen, aber<br />
auch an Studierende, die die Themen<br />
kennenlernen wollen. Weitere Kurse mit<br />
Wibu-Systems bietet über die Wibu Academy verschiedene Kurse zu IT-Security und öffentlich finanzierten<br />
Forschungsprojekten an.<br />
ganz unterschiedlichen Themen, die von<br />
entsprechenden Experten durchgeführt<br />
werden, können vom April bis Juli gebucht<br />
werden. Die Kurse werden in deutscher<br />
Sprache gehalten. Der Veranstaltungsort<br />
ist in Karlsruhe in den Räumlichkeiten<br />
des IT Security Clubs in der Zimmerstraße<br />
3. Die Anmeldung ist ab sofort<br />
über die Anmeldeseite möglich, die auch<br />
die unterschiedlichen Konditionen listet.<br />
Diese sind so aufgesplittet, dass es<br />
neben der Standardgebühr auch Rabatt -<br />
möglichkeiten gibt: Die Kursgebühr ist<br />
sowohl für Frühbucher als auch für<br />
Unternehmen, die mehrere Plätze in<br />
einem Kurs buchen, etwas niedriger. Um<br />
Studierende für das Thema IT-Security zu<br />
begeistern, können sie sich mit der Vor -<br />
lage ihres Studentenausweises von den<br />
Gebühren befreien.<br />
Das Kursangebot für das zweite Halbjahr<br />
wird noch veröffentlicht.<br />
Bild: Wibu-Systems<br />
Erfahren Sie mehr:<br />
www.rittal.com/AX<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 15
MANAGEMENT » Interview<br />
Mit der Plattform Omniverse will Nvidia industrielle Metaversen ermöglichen<br />
„KI in virtuellen Welten trainieren und<br />
industrielle Prozesse optimieren“<br />
IM INTERVIEW<br />
Ludwig von Reiche,<br />
Geschäftsführer,<br />
Nvidia GmbH,<br />
Berlin<br />
Kollaboration im Engineering war bereits mit Einführung des Product Lifecycle<br />
Managements zu Beginn der 2000er Jahre ein wichtiges Thema, parallel entstand die<br />
Idee des Second Life. Mit den technischen Möglichkeiten der 2020er Jahre bringen<br />
Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) das Thema zurück – jetzt als Metaverse.<br />
Eine Voraussetzung ist weiter entscheidend: der Einsatz offener Standards.<br />
Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion und<br />
Alexander Gölz, Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Mit der Plattform Omniverse lassen<br />
sich Metaverse-Anwendungen erstellen<br />
und betreiben – wollen<br />
Sie uns kurz erläutern, wo Sie<br />
Einsatzmöglichkeiten im industriellen<br />
Bereich sehen und<br />
welche Vorteile sich ergeben?<br />
Anwendungsmöglicheiten für<br />
ein industrielles Metaverse finden<br />
sich überall. Gerade im<br />
technischen Bereich sehen wir eine<br />
Perspektive für Fertigungsunternehmen,<br />
ihre Produktivität auf diese<br />
Weise nachhaltig zu steigern. Entwicklungszyklen<br />
können deutlich verkürzt<br />
werden. Im Vordergrund steht dabei immer,<br />
kollaborativ an Objekten zu arbeiten<br />
– so intuitiv und produktiv wie möglich<br />
Über unsere Plattform Omniverse lassen<br />
sich Medien aller Art auf beliebigen Endgeräten<br />
nutzen und bearbeiten – und so<br />
3D-Design und Zusammenarbeit beschleunigen.<br />
Die Anwendung setzt also<br />
nicht zwingend ein Head-mounted Display,<br />
sprich eine VR-Brille voraus – auch<br />
wenn das in manchen Anwendungen sicherlich<br />
sehr zweckmäßig ist. Gerade im<br />
industriellen Bereich ist es zudem wichtig,<br />
den Zugang zum Metaversum kontrollieren<br />
zu können. Es gibt also nicht<br />
nur ein allumfassendes Metaversum, sondern<br />
viele spezifische nebeneinander. Das<br />
ermöglicht es, je nach Aufgabenstellung<br />
nur Mitarbeitenden des Unternehmens<br />
selbst oder eben auch Geschäftspartnern<br />
und Zulieferern den Zugriff zu erlauben.<br />
Bild: Nvidia<br />
All diese verschiedenen Metaverse-Anwendungen<br />
lassen sich mit Omniverse<br />
leicht umzusetzen. Damit das gelingt,<br />
setzen wir wo immer möglich auf Standardtechnologien<br />
– nur so kann der Einsatz<br />
von Metaverse-Anwendungen einfach,<br />
schnell und breit erfolgen. Ein Beispiel<br />
für solch einen offenen Standard ist<br />
die Beschreibung der Umgebung mittels<br />
Universal Scene Description (USD).<br />
Wollen Sie das etwas näher ausführen?<br />
USD ermöglicht es, eine dreidimensionale<br />
Szene mit allen Komponenten darin darzustellen.<br />
Der aus dem Filmbereich kommende<br />
Standard wurde von Pixar entwickelt<br />
und findet heute bereits Einsatz<br />
auch bei CAD-Anwendungen und in der<br />
Robotik. In ähnlicher Weise erlaubt die<br />
Material Definition Language (MDL) die<br />
Beschreibung von Materialien – ein<br />
»Unsere Plattform Omniverse<br />
bietet die Möglichkeit, verschiedene<br />
Metaverse-Anwendungen<br />
leicht umzusetzen.<br />
Damit das gelingt, setzen wir<br />
wo möglich auf Standard -<br />
technologien wie USD.«<br />
Ludwig von Reiche, Geschäftsführer, Nvidia GmbH, Berlin<br />
einheit licher Standard, der aber alle Facetten<br />
verschiedener Werkstoffe umfasst.<br />
Neben Farben lassen sich so Strukturen<br />
einer Oberfläche erfassen – oder auch die<br />
Interaktion mit der Beleuchtung. In diesem<br />
Sinne kann über unsere Plattform Omniverse<br />
unterschiedlichste Software und<br />
zum Teil auch Hardware verwendet werden,<br />
um ein industrielles Metaversum aufzubauen.<br />
Vergleichen lässt sich das mit<br />
dem CAD-Bereich, in dem beispielsweise<br />
Motor-Komponenten aus CAD-System A in<br />
einer Karosserie in System B eingesetzt<br />
werden können. Das zeigt, wie wichtig das<br />
Thema Offenheit an dieser Stelle ist – nur<br />
so lassen sich Datensätze zusammenführen,<br />
die mit unterschiedlichen Software-<br />
Werkzeugen erzeugt wurden. Nicht zuletzt<br />
einer der Gründe dafür, warum Siemens<br />
unsere Plattform einsetzt.<br />
16 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Sie meinen die Verknüpfung der Engineering-Plattform<br />
Xcelerator von Siemens<br />
mit Omniverse?<br />
Genau – Ziel ist hier, ein industrielles Metaversum<br />
zu schaffen, in dem physikalisch<br />
gestützte, digitale Zwillinge von Siemens<br />
mit den Möglichkeiten der Echtzeit-KI<br />
von Nvidia kombiniert werden können.<br />
Unternehmen soll dies ermöglichen, bessere<br />
und schnellere Entscheidungen zu<br />
treffen, so Roland Busch, Vorstandsvorsitzender<br />
der Siemens AG und Jensen Huang,<br />
Gründer und CEO von Nvidia, bei der<br />
Bekanntgabe der Partnerschaft Mitte<br />
2022.<br />
Und die Künstliche Intellienz (KI) profitiert<br />
dabei von den ‚Grafikkarten‘, für<br />
die man Nividia ja ursprünglich kennt?<br />
Das, was man früher Grafikkarten nannte,<br />
sind heute sehr komplexe, hochintegrierte<br />
Prozessoren. Unsere OVX-Systeme etwa<br />
ermöglichen den Betrieb KI-fähiger Metaversum-Welten<br />
in Echtzeit. Den grundlegenden<br />
Baustein dieser Systeme bildet<br />
die Kombination aus acht L40-GPUs und<br />
drei ConnectX-7-Netzwerkadaptern mit<br />
erstklassigen CPUs und superschnellem<br />
NVMe-Speicher auf dem OVX-Server. Zusammen<br />
mit Omniverse Enter prise bietet<br />
OVX damit eine skalierbare End-to-End-<br />
Plattform zum Verbinden, Erstellen und<br />
Simulieren von 3D-Anwendungen und<br />
virtuellen Welten. Diese Rechenleistung<br />
kommt letztlich allen Anwendungen zugute.<br />
Von der Plattform Omniverse profitieren<br />
sowohl Designer, die digitalen Content<br />
mit verschiedenen 3D-Tools erstellen,<br />
als auch Entwickler, die KI in virtuellen<br />
Welten trainieren oder über Simulationen<br />
mit digitalen Zwillingen<br />
industrielle Prozesse optimieren.<br />
Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
Nehmen wir die Entwicklung des autonomen<br />
Fahrens. Ohne Zweifel spielen dabei<br />
echte Szenarien auf der Straße eine wichtige<br />
Rolle. Doch das Training der Systeme<br />
kann und muss digital unterstützt werden.<br />
Über animierte Szenen, basierend<br />
auf real gefilmten, lassen sich die Systeme,<br />
die im Fahrzeug implementiert werden,<br />
mit Lernmaterial versorgen und trainieren.<br />
Das lässt sich auf viele KI-gestützte<br />
Vorgänge übertragen. Ein anderes Beispiel<br />
ergibt sich aus der Nutzung der Daten,<br />
die heute bereits in einer Fertigungsanlage<br />
anfallen. Gerade solche Echtzeitdaten<br />
bieten in der Kombina tion mit digitalen<br />
Modellen – eben den digitalen Zwillingen<br />
– die Chance, die Fertigung zu optimieren.<br />
Solche Feedback-Schleifen sind<br />
bislang noch nicht sehr verbreitet, auch<br />
wenn hier das Potential der Digitalisierung<br />
liegt. Auch bei der Datenaufnahme – sprich<br />
der Sensorik – macht sich übrigens die Miniaturisierung<br />
auf Prozessorebene bemerkbar,<br />
die wir insbesondere in den letzten 20<br />
Jahren vorangetrieben haben.<br />
Mehr als HR, Security und MES!<br />
Zeit für die<br />
wichtigen Sachen!<br />
Mit der tisoware.MES-Lösung optimieren Sie Ihre<br />
Fertigungsprozesse. Das entlastet Ihre Mitarbeiter<br />
und gibt Ihnen mehr Zeit für die wesentlichen<br />
Aufgaben in der Fertigung. So steigern Sie Ihren<br />
Unternehmenserfolg mit tisoware.<br />
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und Kontakt unter:<br />
www.tisoware.com<br />
oder den QR-Code scannen.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 17
» MANAGEMENT<br />
Ein Überblick über künstliche Intelligenz in Zusammenspiel mit Industrie 4.0<br />
KI und Industrie 4.0 –<br />
die Transformation läuft<br />
Sackgassen vermeiden und schneller als der Wettbewerb mit KI zum Erfolg kommen: dazu<br />
muss man Klarheit über die eigenen Geschäftsziele haben und ihnen die jeweils am besten<br />
geeignete KI-Methode zuordnen. Denn letztere unterscheiden sich je nach Einsatzgebiet,<br />
Datenlage und Zielstellung. Der Artikel zeigt, wie das geht.<br />
» Prof. Dr. Dirk Schmalzried, Professor für Wirtschaftsinformatik und Leiter des Zentrums für angewandte KI, Jena<br />
Künstliche Intelligenz<br />
kann Unternehmen<br />
helfen, sich gegen<br />
Wettbewerber durchzusetzen.<br />
Der Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz ist<br />
beeindruckend. Systeme wie ChatGPT 4 wirken<br />
disruptiv auf viele Geschäftsfelder: Produktbeschreibungen<br />
können in Sekundenschnelle passend zum<br />
Zielpublikum erstellt und langwierige Recherchen<br />
vermieden werden. Mit dem Prinzip von Dall-E lassen<br />
sich nicht nur Bilder erstellen, sondern bald auch<br />
Grundrisse von Gebäuden anhand von konkreten Anforderungen,<br />
wie Fluchtwegen oder der gesetzlich<br />
geforderten Anzahl von Toiletten.<br />
KI wird alle betreffen. Doch wie ist darauf zu reagieren?<br />
Ignorieren kann existenzbedrohend werden.<br />
KI ist ein Werkzeug<br />
Bild: Gorodenkoff/stock.adobe.com<br />
Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug. So, wie ein<br />
Taschenrechner dem Rechenschieber überlegen war<br />
und diesen komplett abgelöst hat, so werden KI-Methoden<br />
schon bald disruptiv viele klassische Algorithmen<br />
ablösen. Gerade die Fähigkeit, aus Daten Wissen<br />
zu extrahieren, ohne explizite Regeln formulieren zu<br />
müssen, und die Fähigkeit, aus neuen Daten weiter<br />
zu lernen und sich anzupassen, ermöglichen bessere,<br />
schnellere und verallgemeinernde Lösungen für viele<br />
Probleme. KI ist überlegen, als Tools verfügbar und<br />
setzt sich in kurzer Zeit durch. Um KI einzuführen,<br />
sollte man dennoch nicht vom Werkzeug her denken,<br />
sondern vom Geschäftsmodell und den konkreten<br />
Anforderungen. Wenn klar ist, welche Unternehmensziele<br />
man erreichen möchte, oder welche Geschäftsmodelle<br />
durch den Einsatz von KI bei Wettbewerbern<br />
bedroht werden, dann kann man anschließend<br />
das geeignete Tool auswählen. KI-Anwendungen<br />
sind bereits heute im Industrie-4.0-Kontext sehr<br />
erfolgreich und tragen zu den in Abb. 1 genannten<br />
Zielen bei.<br />
In Abb. 2 sind 13 Domänen dargestellt, die insgesamt<br />
ca. 50 konkrete KI-Anwendungsbereiche zusammenfassen<br />
und in der (erweiterten) ISA95-Pyramide<br />
verorten. Dazu gehören Wissensmanagement<br />
und Dokumentation, Modellbildung, optimiertes Ressourcenmanagement,<br />
Prognosen, Planung, Robotik,<br />
Fertigungsprozesse, Assistenzsysteme und Mensch-<br />
Maschine-Interaktion, Analysen und Überwachung,<br />
autonomes Fahren, Intelligente Fertigungsautomation,<br />
Intelligente Sensorik und die Verbesserung von<br />
Produkten.<br />
KI ist nicht gleich KI. Heute werden über 70 verschiedene<br />
Verfahren der KI im Industrie-4.0-Kontext<br />
eingesetzt. Man unterscheidet einerseits mathematische<br />
Verfahren und symbolische KI als Vertreter eines<br />
regelbasierten und nicht lernfähigen Ansatzes von<br />
andererseits lernenden Verfahren, die vor allem auf<br />
Wissen aus Daten basieren.<br />
Der Vorteil der zweiten Klasse von Verfahren ist,<br />
dass kein explizites Regelwissen benötigt wird, sondern<br />
die Zusammenhänge von den Machine Learning<br />
18 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
www.tbwom.de<br />
Methoden erkannt werden. Ihr Nachteil ist, dass es<br />
zu Fehlinterpretationen bei mangelnder Datenqualität<br />
oder mangels Ausgewogenheit bei der Auswahl<br />
der Trainingsdaten kommen kann. Dem wirkt man<br />
mit Methoden der Erklärbaren KI (XAI) entgegen, um<br />
ein besseres Verständnis der erkannten Zusammenhänge<br />
zu bekommen.<br />
Aus dem Wissen um die Stärken der jeweiligen<br />
Methoden kann man Empfehlungen generieren, welches<br />
KI-Verfahren für welches Einsatzgebiet bei Industrie<br />
4.0 passend zum strategischen Geschäftsziel<br />
die besten Ergebnisse generiert. Diese präzise Zuordnung<br />
der Methode unter Berücksichtigung möglicher<br />
„Fallen“ in der Datengewinnung und -aufbereitung<br />
ist der Schlüssel für den zügigen und erfolgreichen<br />
Einsatz von KI.<br />
12 – 16 June<br />
Düsseldorf<br />
Germany<br />
2023<br />
The Bright<br />
World<br />
of Metals<br />
Technologies Processes<br />
Applications Products<br />
Ausblick<br />
Wissenssysteme analog zu ChatGPT von OpenAI oder<br />
zu Bard von Google sowie Ableger von dall-E werden<br />
vermutlich sehr schnell starke Assistenten bei der Erfindung<br />
neuer Produkte und Verfahren werden. D.h.<br />
neben operativen Aufgaben in Prozessautomation<br />
und -planung wird KI zusätzlich auch auf der strategischen<br />
Ebene sehr viel relevanter werden und zum<br />
Beispiel Investitionsentscheidungen unterstützen.<br />
Damit wird die vertikale Integration verstärkt und Industrie-4.0-spezifische<br />
Aufgabenbereiche mit den<br />
darüberliegenden Ebenen in Echtzeit verwoben.<br />
Verbesserung von Produkten<br />
Erfindung neuer Produkte<br />
Generative KI im Bereich<br />
Dokumentation<br />
Bild: Autor<br />
Optimiertes<br />
Ressourcenmanagement<br />
SCM<br />
MES<br />
SCADA<br />
Autonomes Fahren<br />
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Intelligente<br />
Fertigungsautomation<br />
Analysen und<br />
Überwachung<br />
SPS<br />
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Modellbildung<br />
Wissensmanagement<br />
ERP<br />
Dokumentenmanagement<br />
Prognosen<br />
Planung (Personal,<br />
Produktion, Logistik)<br />
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physisches<br />
Handeln<br />
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zusammenfassen.<br />
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» MANAGEMENT<br />
Digitalisierung stellt Unternehmen vor Herausforderungen<br />
Die digitale Transformation im<br />
Unternehmen richtig angehen<br />
Die digitale Transformation stellt Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Sie bringt nicht<br />
nur neue Technologien und Prozesse mit sich – der tiefgreifende Wandel, der damit einhergeht,<br />
stellt auch immense Anforderungen an das Management.<br />
» Ulrike Dautzenberg, freie Journalistin<br />
Die digitale Transformation<br />
treibt viele<br />
Unternehmen um.<br />
Gerade kleine und<br />
mittlere Unternehmen<br />
sehen in ihr nach wie<br />
vor große Hürden.<br />
Bild: Xtravagant/stock.adobe.com<br />
Der Erfolg der digitalen Transformation, insbesondere<br />
wenn sie unternehmensweit oder global<br />
erfolgen soll, setzt voraus, dass das Thema auf<br />
höchster Ebene in der Unternehmensorganisation<br />
verankert ist und durch die konsequente Unterstützung<br />
des Top-Managements die notwendige Relevanz<br />
erhält“, erklärt Milad Safar, Managing Partner<br />
der Weissenberg Group. „Darüber hinaus muss sie<br />
durch ein unternehmensweites Change Management<br />
begleitet werden, um eine erfolgreiche organisationsübergreifende<br />
Skalierung zu gewährleisten.“<br />
Da die so genannte Gerüchteküche oder der vielerorts<br />
bekannte Flurfunk viel Schaden anrichten könne,<br />
sei jedes Unternehmen gut beraten, mit der kommunikativen<br />
Begleitung im Rahmen des Change Managements<br />
so früh wie möglich zu beginnen, so Safar.<br />
Andernfalls reichten die Folgen von bloßer Verunsicherung<br />
der Mitarbeiter, die doch noch irgendwie<br />
mitspielen wollen, über starkes Misstrauen gegenüber<br />
den vermeintlichen Veränderungen und<br />
Motiven des Managements bis hin zu echtem Blockadeverhalten.<br />
„Transparenz ist das Zauberwort. Die<br />
Idee hinter Change Management ist es, eine Kultur<br />
zu entwickeln, die Veränderungen mit Agilität und<br />
Zuversicht annimmt.“<br />
Das A und O eines erfolgreichen Change Managements<br />
liegt in der frühzeitigen Einbindung aller Mitarbeiter.<br />
„Unsere Erfahrung zeigt, dass ein etabliertes<br />
Change Management auf einer Unternehmenskultur<br />
aufbaut, in der Veränderung als etwas Natürliches –<br />
als eine natürliche Entwicklung – verstanden und<br />
angegangen wird“, sagt Carolin Enke, Projektmitarbeiterin<br />
im Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur<br />
der Initiative Mittelstand-Digital des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Klimaschutz<br />
(BMWK). „Im Mittelpunkt steht dabei die aktive Einbindung<br />
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in<br />
den Veränderungsprozess.“<br />
Für Unternehmen, die den Digitalisierungsprozess<br />
nicht durch ein aktives Change Management begleiten,<br />
können die Folgen durchaus gravierend sein.<br />
„Der Verzicht auf Change Management-Methoden<br />
kann die erfolgreiche Transformation von Unternehmen<br />
negativ beeinflussen“, so Enke. „Ohne eine sorgfältige<br />
Vorbereitung kommt es zu Verzögerungen,<br />
Fehlern und Störungen im Geschäftsbetrieb. Dies<br />
kann zu Produktivitätsverlusten und unzufriedenen<br />
Kunden führen. Auch die Kosten für die Durchführung<br />
von Veränderungen können ohne eine effektive<br />
Planung höher sein als erwartet und damit zu finanziellen<br />
Belastungen führen. Zudem entsteht ohne<br />
eine transparente und motivierende Kommunikation<br />
Unsicherheit und damit Widerstand bei den Mitarbeitern<br />
gegen die Veränderung.“<br />
Laut Milad Safar ist die erfolgreiche Umsetzung<br />
von Veränderungen eine der größten Herausforderungen<br />
für Führungskräfte. „Wenn Führungskräfte<br />
über eine organisatorische Transformation nachden-<br />
20 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
ken, konzentrieren sie sich oft darauf, was verändert<br />
werden soll und warum dies notwendig ist. Wird jedoch<br />
der Art und Weise, wie die Änderung erfolgen<br />
soll, nicht die gleiche Priorität eingeräumt, kann dies<br />
alle Transformationsbemühungen untergraben.“<br />
Führungskräfte verbrächten oft viel Zeit damit, die<br />
geplante Veränderung zu kommunizieren, um Unterstützung<br />
zu erhalten, bevor sie mit der Veränderungsinitiative<br />
beginnen, so Safar. Change-Management-Strategien<br />
scheiterten jedoch häufig oder verpufften,<br />
wenn die Führungskräfte nach der Ankündigung<br />
der Initiative nicht mehr ausreichend kommunizierten.<br />
„Jede Veränderungsinitiative stößt automatisch<br />
auf Widerstand. Vielen Führungskräften ist<br />
nicht bewusst, dass es beim Change Management<br />
darum geht, Menschen nur so weit zu verärgern, wie<br />
sie es ertragen können. Menschen wehren sich aus<br />
vielen Gründen gegen Veränderungen. Das unbekannte<br />
oder wahrgenommene Risiko kann sie beunruhigen.<br />
Wenn ihre spezifischen Bedenken nicht berücksichtigt<br />
werden, kann Widerstand die Veränderungsinitiative<br />
verdeckt oder offen zum Scheitern<br />
bringen oder untergraben.“<br />
Bei der Beulco GmbH & Co. KG, einem mittelständischen<br />
Familienunternehmen mit Sitz in Attendorn,<br />
ist man sich der Risiken, die der digitale Wandel mit<br />
sich bringen kann, sehr bewusst. „Bei der Entwicklung<br />
unserer Strategie für 2025 war die Digitalisierung<br />
eines der Top-Themen“, erklärt Matthias Parlings,<br />
Head of Transformation & Business Development.<br />
„Und natürlich haben wir uns in dem Zusammenhang<br />
die Frage gestellt, wie es einem traditionellen<br />
Familienunternehmen wie dem unseren gelingen<br />
kann, alle Unternehmensbereiche mit einzubeziehen<br />
und möglichst viele Mitarbeiter mitzunehmen. Wir<br />
haben uns für eine agile Organisation entschieden,<br />
deren integraler Bestandteil ein Open Space-Format<br />
ist. Zu Beginn alle sechs, inzwischen alle 12 Monate<br />
kommen alle Mitarbeiter für einen Tag in einer Betriebsversammlung<br />
zusammen. Hier werden Ergebnisse<br />
vorgestellt und Ideen für neue Digitalisierungsprojekte<br />
entwickelt. Gemanagt werden diese Projekte<br />
von agilen und speziell geschulten Projektleiterinnen<br />
und Projektleitern in der so genannten Community of<br />
Practice.“ In dieser agilen Organisation können bei<br />
Beulco Mitarbeiter aller Bereiche dabei sein. Sind die<br />
Projekte definiert, gibt es eine Info-Veranstaltung,<br />
bei der die Initiatoren Mitglieder für ihre jeweiligen<br />
Arbeitsgruppen anwerben. Einmal pro Halbjahr werden<br />
die Projekte in einem Pitch vor einer Jury präsentiert.<br />
So seien die Mitarbeitenden der einzelnen Projekte<br />
in die Umsetzung involviert und deshalb motiviert,<br />
später auch die daraus resultierenden Prozesse<br />
entsprechend zu leben.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 21
Bild: Alexander Limbach/stock.adobe.com<br />
Europa soll das globale Zentrum für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz werden. Doch es sollen auch rechtliche Rahmenbedingungen gelten. So muss<br />
beispielsweise gewährleistet sein, dass die in der EU verwendeten KI-Systeme sicher sind und die bestehenden Grundrechte der EU gewahrt sind.<br />
Serie Recht: EU-Verordnung künstliche Intelligenz<br />
Chance und Risiko vor allem für<br />
kleine und mittlere Unternehmen<br />
Künstliche Intelligenz (KI) wird zu einer der wesentlichen digitalen Schlüsseltechnologien,<br />
die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bestimmen wird. Das Beispiel ChatGPT zeigt<br />
eindrucksvoll die Möglichkeiten auf, die diese Technologie mit sich bringt. Während viele<br />
fast unbegrenzte Möglichkeiten für Einsatzfelder wie das autonome Fahren, das effektive<br />
Ordnen riesiger Informationsmengen oder die Optimierung von Produktionsprozessen sehen,<br />
fürchten andere Risiken, die niemand mehr kontrollieren kann.<br />
» Dr. Jörg Kahler, Dr. Jonathan Jung, Kanzlei GSK Stockmann<br />
Zwischen diesen beiden Polen bewegen<br />
sich auch die Reaktionen auf den<br />
Entwurf der KI-Verordnung der EU, den<br />
die Kommission im Jahr 2021 vorgelegt<br />
hat. Ziel der KI-Verordnung und ihres risikobasierten<br />
Ansatzes ist es vor allem, Regelungen<br />
für Systeme zu schaffen, die<br />
hohe Risiken mit sich bringen und gleichzeitig<br />
risikofreie Systeme nicht zu regulieren.<br />
KI-Lösungen mit „unannehmbaren“<br />
Risiken werden komplett verboten.<br />
Das betrifft unter anderem solche Systeme,<br />
die zur biometrischen Echtzeitidentifikation<br />
von Menschen gedacht sind.<br />
„Hochrisiko“-Systeme, also vor allem<br />
für die Verwaltung kritischer Infrastruktur,<br />
werden umfassender Regulierung unterworfen,<br />
was erhebliche Sicherheitsund<br />
Dokumentationspflichten nach sich<br />
zieht. Das ist verständlich, bedrohen Fehlfunktionen<br />
in diesem Bereich regelmäßig<br />
Gesundheit oder Sicherheit von Menschen.<br />
Zwar umfasst der Bereich kritischer<br />
Infrastruktur im Kommissionsentwurf<br />
neben dem Straßenverkehr bisher<br />
„nur“ die Wasser-, Gas-, Wärme- und<br />
Stromversorgung, allerdings kann die EU-<br />
Kommission nach dem Entwurf weitere<br />
Hochrisiko-Anwendungen definieren. Insbesondere<br />
Unternehmen, die nach allgemeinem<br />
Verständnis zur kritischen Infrastruktur<br />
gehören oder solche, die Unternehmen<br />
der kritischen Infrastruktur „zuarbeiten“,<br />
kann eine nachträgliche Regulierung<br />
auch bereits bestehender Systeme<br />
drohen.<br />
Sonstige KI-Systeme werden entweder<br />
kaum reguliert, wie solche, die nur im<br />
Kundenservice eingesetzt werden, oder<br />
gar nicht, wenn Systeme beispielsweise<br />
Produktionsprozesse optimieren oder<br />
Spam erkennen.<br />
22 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
MANAGEMENT «<br />
Hinsichtlich des Regulierungsziels –<br />
Schaffung vertrauenswürdiger und vor allem<br />
auch europäischer künstlicher Intelligenz<br />
– besteht Einigkeit. Kritisiert werden<br />
zum Teil die konkreten Anforderungen,<br />
die an Hochrisiko-KI gestellt werden. Diese<br />
sind mit Blick auf die Einsatzfelder –<br />
kritische Infrastruktur oder Rechtspflege<br />
– nachvollziehbar, können sich aber als<br />
innovationshemmend erweisen. Insbesondere<br />
die Anforderungen an das Risikomanagementsystem<br />
oder die Sicherstellung<br />
der Qualität der Trainingsdaten kann<br />
gerade kleine und mittlere Unternehmen<br />
vor erhebliche Herausforderungen stellen.<br />
Auch die Regulierung von Allzweck-KI<br />
ist ein Streitpunkt. Solche Systeme können<br />
gleich einem „dual-use“-Produkt je<br />
nach Trainingsdaten beliebig eingesetzt<br />
werden, und so beispielsweise Hausaufgaben<br />
schreiben, aber auch die Energieversorgung<br />
eines Krankenhauses steuern.<br />
Wahrscheinlich unter dem Eindruck<br />
neuerer Diskussionen hat der Rat in seinem<br />
Vorschlag Allzweck-KI in weiten Teilen<br />
den Pflichten, die für Hochrisiko-Systeme<br />
gelten, unterworfen. Diese Entwicklung<br />
ist aus Sicht europäischer Unternehmen<br />
grundsätzlich zu begrüßen. Allzweck-KIs<br />
sind zumeist frei verfügbar und<br />
damit für Unternehmen interessant, die<br />
sich die Entwicklung eines eigenen KI-<br />
Systems nicht leisten wollen oder können.<br />
Setzt sich der Vorschlag des Rates durch,<br />
können Unternehmen, die bestehende<br />
Allzweck-KI für Hochrisiko-Anwendungen<br />
nutzen, (u.a.) auf Vorarbeit der KI-Ersteller<br />
für die Erfüllung der regulatorischen<br />
Anforderungen zurückgreifen.<br />
Als Ausgleich für kleine und mittlere<br />
Unternehmen (KMU) hat der Rat vorgeschlagen,<br />
dass diese bei der Schaffung<br />
von Allzweck-KI nicht den obigen Anforderungen<br />
unterliegen, sodass diese nicht<br />
in ihrer Entwicklung gebremst werden.<br />
Auch wurden Pflichten im Zusammenhang<br />
mit dem Einsatz von Hochrisiko-KI-<br />
Systemen präzisiert und speziell für KMU<br />
die Anforderungen an die Dokumentation<br />
verringert.<br />
Nachdem sich das EU-Parlament am<br />
28. April auf seine Position verständigt<br />
hat, wird im Trilogverfahren zwischen<br />
diesem, der Europäischen Kommission<br />
und dem Rat der Europäischen Union verhandelt.<br />
Es ist davon auszugehen, dass<br />
die Verordnung voraussichtlich 2024 in<br />
Kraft treten wird.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass mit der KI-Verordnung<br />
bald technische Standards in der<br />
EU etabliert werden, die Rechtssicherheit<br />
schaffen und gleichzeitig notwendige Innovationen<br />
und die Anwendung von KI<br />
nicht hemmen. Wünschenswert wäre,<br />
dass sich die Befürworter einer eher zurückhaltenden<br />
Regulierung im Gesetzgebungsverfahren<br />
durchsetzen und gerade<br />
KMUs von dieser Schlüsseltechnologie der<br />
Zukunft nicht abgehängt werden.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 23
» MANAGEMENT<br />
B2B-Experten informieren über Arbeitgebermarken-Strategie<br />
Sichtbar werden als starke<br />
Employer Brand<br />
Mittlerweile gehen drei Viertel aller deutschen Unternehmen davon aus, dass sie<br />
künftig Schwierigkeiten haben werden, passendes Personal zu finden. Doch was<br />
tun, wenn Stellenanzeigen und Jobportale nicht mehr zum Recruiting-Erfolg<br />
führen? Immer mehr Unternehmen im B2B-Bereich sehen in dieser Situation<br />
eine starke Arbeitgebermarke als den entscheidenden Hebel.<br />
» Tanja Auernhamer, Leitung Verbandskommunikation & Pressesprecherin des bvik<br />
Budget, wie die Studie „B2B-Marketing-Budgets<br />
2022“ des bvik belegt.<br />
HR, Marketing und<br />
Unternehmenskommunikation<br />
müssen beim<br />
Thema Arbeitgebermarke<br />
eng zusammen<br />
arbeiten.<br />
Das Baugewerbe und die Industrie sind laut Fachkräftereport<br />
2022 der Deutschen Industrie- und<br />
Handelskammer von Personalengpässen besonders<br />
stark betroffen. Unternehmen müssen daher aktiv<br />
daran arbeiten, sich als attraktiver Arbeitgeber zu<br />
positionieren, um neue Talente zu gewinnen und diese<br />
langfristig zu binden. Diese 5 Faktoren gilt es dabei<br />
zu beachten:<br />
1. Zusammenarbeit von HR & Marketing<br />
Voraussetzung für erfolgreiches Employer Branding<br />
ist die enge Zusammenarbeit der relevanten Abteilungen.<br />
Denn es braucht ein Verständnis für die Markenarchitektur<br />
des Unternehmens sowie Erfahrung<br />
mit Kampagnen, Kanälen und den entsprechenden<br />
Tools – alles Domänen des Marketings. Anderseits<br />
sind aber Zielgruppen, Botschaften und Kommunikationsanlässe<br />
andere als im Marketing. Hier ist das<br />
Wissen der Personalabteilung gefragt. Leider fehlen<br />
häufig die Strukturen für abteilungsübergreifendes<br />
Handeln oder ein gebündeltes Employer-Branding-<br />
Bild: Coloures-Pic/stock.adobe.com<br />
2. Strukturiertes Vorgehen<br />
Employer Branding ist ein strategischer Ansatz, der<br />
seine Zeit braucht, um Wirkung zu entfalten. Er fußt<br />
dabei auf einem methodisch sauberen Prozess, der<br />
sich in fünf Phasen unterteilt: 1. Analyse (intern und<br />
extern), 2. Positionierung (mit Ausarbeitung der Employer<br />
Value Proposition), 3. Strategie (Leitfaden zu<br />
Marke, Zielen, Zielgruppen, Haltung, Auftreten, Maßnahmen<br />
und Fahrplan), 4. Umsetzung (alle Maßnahmen<br />
zu internem und externem Employer Branding)<br />
und 5. Evaluierung (nach festgelegten Zielen und Recruiting-KPIs).<br />
3. Intern vor extern<br />
Es braucht Mitarbeitende, die sich mit ihrem Arbeitgeber<br />
identifizieren und dessen Werte leben, um die<br />
Marke glaubwürdig nach außen zu tragen. Zufriedene<br />
Mitarbeitende übernehmen damit für das Recruiting<br />
eine ähnliche Funktion wie zufriedene Kunden<br />
für den Vertrieb: Sie fungieren als Botschafter, die<br />
das Unternehmen weiterempfehlen und so zur Gewinnung<br />
neuer Talente beitragen.<br />
4. Attraktive Unternehmenskultur<br />
Stimmen Markenversprechen und Kultur überein?<br />
Zur positiven Unternehmenskultur gehören Diversity<br />
Management ebenso wie Angebote zur Weiterbildung,<br />
Gesundheitsförderung oder Vernetzung mit<br />
Kollegen, flexible Arbeitszeitmodelle und gezielte<br />
Nachwuchsförderung. Eine professionelle und ehrliche<br />
interne Kommunikation als Spiegel der Unternehmenskultur<br />
ist dabei ein zentraler Wettbewerbsfaktor,<br />
wie das Trendbarometer Industriekommunikation<br />
2023 des bvik belegt.<br />
24 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
5. Als Employer Brand sichtbar werden<br />
Die Marke muss nach außen sichtbar werden – und<br />
zwar möglichst an jedem Punkt der so genannten<br />
„Candidate Journey“. Potenzielle Bewerber kommen<br />
an verschiedenen Touchpoints mit dem Unternehmen<br />
in Kontakt: über Stellenanzeigen, Social Media Posts,<br />
Messeauftritte, die Karriereseite oder Bewerbungsgespräche.<br />
Die Aufgabe des Employer-Branding-<br />
Teams ist es, diese Reise so zu gestalten, dass die<br />
Kandidaten nicht abspringen, sondern die Marke erleben<br />
und sich für sie und ihre Werte begeistern.<br />
Diese Fehler sollte man vermeiden<br />
Wer sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt positionieren<br />
möchte, sollte Folgendes unterlassen:<br />
• Mehr versprechen, als man halten kann – das wird<br />
immer abgestraft.<br />
• Die Zielgruppe nicht kennen – nur auf Basis detaillierter<br />
Analysen schärfen Unternehmen ihre<br />
Arbeitgebermarke nach dem tatsächlichen Bedarf.<br />
• Alle Kanäle gleichzeitig bespielen – viel hilft nicht<br />
viel, sondern verschwendet wertvolle Ressourcen.<br />
• Employer Branding nur einer Abteilung zuordnen<br />
– erst entsprechende Strukturen und ein eigenes,<br />
gebündeltes Budget sorgen für ausreichend<br />
Schlagkraft.<br />
• Employer Branding als kurzfristige Kampagne<br />
verstehen – es ist ein langfristiger strategischer<br />
Ansatz mit fortdauernder Evaluierung.<br />
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07 | 2023 25<br />
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Datengetriebene Geschäftsmodelle<br />
Wie datengetriebe Geschäftsmodelle<br />
Modelle im Werkzeugbau gelingen<br />
Datengetriebene Geschäftsmodelle beruhen auf Gewinn abzielenden Interaktionen zwischen<br />
Unternehmen, welche monetäre Mehrwerte durch die Verarbeitung und den Handel von Daten<br />
sowie datenbasierten Informationen schaffen. Derartige Geschäftsmodelle zeigen sich in<br />
zahlreichen Branchen traditionellen Geschäftsmodellen überlegen.<br />
» Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Boos, MBA; Gerret Lukas, M.Sc.; Julian Schweins, M.Sc.; Julian Trisjono M.Sc., M.Sc.<br />
Die Überlegenheit datengetriebener Geschäftsmodelle lässt sich anhand eines grundlegenden Gesetzes der Produktionstheorie erklären –<br />
dem sogenannten Gesetz sinkender Grenzerträge.<br />
Grafik: Fotomek/stock.adobe.com<br />
nelle Modelle treffen und sich gegen diese<br />
durchsetzen. Die Überlegenheit datengetriebener<br />
Geschäftsmodelle lässt sich<br />
anhand eines grundlegenden Gesetzes der<br />
Produktionstheorie erklären – dem sogenannten<br />
Gesetz sinkender Grenzerträge.<br />
Grenzerträge führen dazu, dass Geschäftsmodelle<br />
bei steigender Skalierung<br />
ab einem gewissen Punkt nur eine degres-<br />
Während um die Jahrtausendwende<br />
Unternehmen mit traditionellen<br />
Geschäftsmodellen die Liste der wertvollsten<br />
Unternehmen dominierten, agieren<br />
die aktuell wertvollsten Unternehmen<br />
im Rahmen datengetriebener Geschäftsmodelle.<br />
Es wird daher auch von einer<br />
„Kollision“ gesprochen, bei der datengetriebene<br />
Geschäftsmodelle auf traditiosive<br />
oder sogar sinkende Wertschaffung<br />
aufweisen (vgl. Abbildung 1). Dies gilt für<br />
alle Geschäftsmodelle, die nicht der eingangs<br />
dargelegten Definition entsprechen.<br />
Demnach tritt das Gesetz der sinkenden<br />
Grenzerträge selbst bei Unternehmen mit<br />
interner datenbasierter Optimierung auf,<br />
mit derer beispielsweise die Entscheidungslatenz<br />
reduzieren werden kann. In-<br />
26 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
terne datenbasierte Optimierungen ergeben<br />
sich zum Beispiel über die Visualisierung<br />
von Auslastungsverläufen. Dennoch<br />
unterliegen lediglich datengetriebene Geschäftsmodelle<br />
dem Gesetz sinkender<br />
Grenzerträge nicht und können grenzkostenfreie<br />
Skaleneffekte erzielen. Einmal erfasste<br />
Daten sowie resultierende datengetriebene<br />
Leistungen lassen sich in wenigen<br />
Sekunden zu geringen Kosten, näherungsweise<br />
grenzkostenfrei, replizieren.<br />
Die mittelständisch geprägte<br />
Branche Werkzeugbau<br />
ist aufgrund des Unikatcharakters<br />
der Leistungen<br />
und somit der relativ<br />
geringen Skaleneffekte traditionell<br />
sinkenden Grenzerträgen<br />
ausgesetzt. Um<br />
sinkenden Grenzerträgen<br />
entgegen zu wirken, müssen<br />
Werkzeugbaubetriebe<br />
entsprechend datengetriebene<br />
Geschäftsmodelle<br />
oder Geschäftsfelder aufweisen.<br />
Bisher konnten datengetriebene<br />
Geschäftsmodelle<br />
im Werkzeugbau<br />
jedoch kaum umgesetzt<br />
werden. Wenige Ausnahmen<br />
lassen sich vor allem<br />
im Kunststoffbereich beobachten.<br />
Ein zentrales Hindernis<br />
der Einführung datengetriebener<br />
Geschäftsmodelle<br />
und entsprechender<br />
Leistungen stellt der<br />
mangelnde Zugriff auf Serienproduktionsdaten<br />
dar.<br />
Abbildung 2 gliedert Leistungen<br />
datengetriebener<br />
Geschäftsmodelle in drei<br />
Gruppen. Zur Gliederung<br />
dient einerseits der Grad<br />
der Kundenoffenheit zur Integration<br />
in seine Wertschöpfungsprozesse.<br />
Je höher<br />
dieser Grad ist, desto<br />
eher wird der Zugriff zu Daten<br />
aus dem Serienproduktionsprozess<br />
möglich. Beispielsweise<br />
ist dieser Grad<br />
in der Verpackungsindustrie<br />
oftmals höher als im Auto-<br />
mobilsektor. Andererseits wird die Bedeutung<br />
des Werkzeugs zur Herstellung des<br />
Endprodukts betrachtet. Diese Bedeutung<br />
ist beispielsweise für ein Kunststoffwerkzeug<br />
zur Herstellung eines Trinkbechers<br />
größer als bei einem Strukturteilwerkzeug,<br />
mit dem lediglich eine Komponente<br />
eines Fahrzeugs hergestellt wird.<br />
Die Gliederung der drei Gruppen in dem<br />
Schalenmodell verdeutlicht zudem, dass<br />
die Einführung nicht zwangsläufig von<br />
Serienproduktionsdaten abhängig ist.<br />
Werkzeugorientierte, datengetriebene<br />
Leistungen basieren auf der Analyse von<br />
Daten, die direkt am Werkzeug anfallen.<br />
Zu derartigen Leistungen zählen beispielsweise<br />
die Werkzeugortung oder die<br />
Werkzeugzustandsüberwachung. Ein weiteres<br />
Beispiel stellt die digitale Werkzeugakte<br />
dar, in der Daten über die Historie<br />
des Werkzeugs entlang des kompletten<br />
Lebenszyklus anwendergerecht zur Verfü-<br />
DAUERHAFTE<br />
LEICHTBAUHALLEN<br />
Breite<br />
flexible<br />
10m<br />
Größe<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 27<br />
Wandhöhe
» MANAGEMENT<br />
Generierter Mehrwert<br />
Effizienzsteigerung über datenbasierte<br />
interne Optimierung<br />
Skalierung<br />
Datengetriebene<br />
Geschäftsmodelle<br />
Die Überlegenheit datengetriebener Geschäftsmodelle.<br />
Grenzkostenfreie, nichtlineare<br />
Skaleneffekte<br />
Datenbasierte<br />
Optimierung interner<br />
Strukturen bei tradierten<br />
Geschäftsmodellen<br />
Gesetzt sinkender<br />
Grenzerträge<br />
Grafik: WBA<br />
Tradierte<br />
Geschäftsmodelle<br />
gung gestellt werden können. Derartige<br />
Leistungen können bereits vielfältige<br />
Mehrwerte bieten, ohne das Daten vom<br />
Kunden benötigt werden. Aufgrund dieser<br />
Mehrwerte werden bereits durch diese<br />
Leistungen neue Differenzierungsmerkmale<br />
geschaffen, welche die Verteidigung<br />
von Wettbewerbspositionen stärken.<br />
Über den werkzeugorientierten Leistungen<br />
hinaus existieren die prozessorientierten<br />
und artikelbasierten Leistungen.<br />
Prozessorientierte Leistungen basieren<br />
sowohl auf Werkzeugerstellungs- und<br />
-nutzungsdaten als auch auf Maschinenund<br />
Maschinenperipheriedaten. Weit verbreitet<br />
sind beispielsweise Leistungen zur<br />
vorausschauenden Wartungen. Der optimale<br />
Zeitpunkt für eine Wartung wird auf<br />
Basis des Werkzeugzustands sowie des<br />
Auftragsstatus und -fortschritts der Serienproduktion<br />
ermittelt. Die Messung der<br />
Werkzeugparallelität laufendem Serienproduktionsprozess<br />
bildet ein weiteres<br />
Beispiel für eine prozessorientierte Leistung.<br />
Darüber hinaus benötigen artikelbasierte<br />
Leistungen auch Informationen<br />
hinsichtlich des Artikelzustands. Dies ermöglicht,<br />
dass die Werkzeugnutzung auf<br />
Basis der Erkenntnisse der Artikelnutzung<br />
optimiert wird. Obwohl derartige Leistungen<br />
im Rahmen von Industrie 4.0 proklamiert<br />
wurden, lassen sie sich in der Praxis<br />
jedoch nicht finden.<br />
Die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie<br />
(WBA) analysiert seit längerer Zeit<br />
datengetriebene Geschäftsmodelle im<br />
Werkzeugbau. Anhand des dargestellten<br />
Schalenmodells werden beispielsweise<br />
passende Leistungen datengetriebener<br />
Geschäftsmodelle für verschiedene Typen<br />
von Werkzeugbaubetrieben identifiziert.<br />
Wenn Sie sich grundsätzlich zu dem Thema<br />
austauschen wollen, steht Ihnen die<br />
WBA jederzeit zur Verfügung. Nehmen Sie<br />
gerne Kontakt auf: www.werkzeugbauakademie.de<br />
Exemplarische datengetriebene<br />
Leistungen:<br />
1. Werkzeugortung<br />
Offenheit zur Integration in<br />
die Kundenwertschöpfung<br />
Bedeutung des Werkzeugs zur<br />
Herstellung des Endprodukts<br />
Grafik: WBA<br />
2. Werkzeugzustandsüberwachung<br />
3. Digitale Werkzeugakte<br />
4. Remote Service<br />
5. Parallelitätsmessung<br />
6. Vorausschauende Wartung<br />
7. Zykluszeitreduktion<br />
8. Vorbereitung<br />
Feinrüstvorgänge<br />
Werkzeugorientierte<br />
Leistung<br />
Prozessorientierte<br />
Leistung<br />
Artikelorientierte<br />
Leistung<br />
Schalenmodell zur Einordnung datengetriebener Leistungen im Werkzeugbau.<br />
28 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
SPECIAL<br />
» Smart Factory<br />
Maschinen und Produktion sind hochgradig vernetzt und können im<br />
Idealfall autonom betrieben werden – diese Technologie-Trends<br />
bestimmen die Smart Factory: IIoT, samt KI & Big Data, oder Robotik.<br />
Wie das aussehen kann, zeigen unter anderem folgende Themen...<br />
IIoT-Consulting gegen<br />
lahmende Digitalisierung<br />
» Seite 30<br />
Marco Thull über Igus’<br />
Vision vom Metaverse<br />
» Seite 36<br />
Stand der Digitalisierung<br />
in der deutschen Industrie<br />
» Seite 38<br />
Forscher arbeiten an<br />
klimaneutraler Produktion<br />
» Seite 40<br />
Eine Fabrik in der Produkt und Anlage miteinander kommunizieren: Die Vernetzung in<br />
der Smart Factory macht Produktionsprozesse effizienter und sicherer.<br />
Bild: ZinetroN/stock.adobe.com<br />
IT-Sicherheitskonzepte<br />
für die Smart Factory<br />
» Seite 46<br />
Aufbau einer konsistenten<br />
IT-Infrastruktur<br />
» Seite 48<br />
Deep Learning ermöglicht<br />
komplexe Anwendungen<br />
» Seite 50<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 29
TOPSTORY » Smart Factory<br />
Digitale Transformation: In aktuellen Consulting-<br />
Angeboten liegt die Chance, Industrieunternehmen<br />
schneller fürs IIoT-Zeitalter „fit zu machen“.<br />
Bild: Schneider Electric<br />
Consultingangebote zum Industrial Internet of Things (IIoT)<br />
IIoT-Wissen als<br />
Businesskompetenz<br />
Um die digitale Transformation der Fertigung voranzutreiben, sind mehr und<br />
mehr IIoT-Consulting-Angebote nutzbar, die aus der Industrie heraus angeboten<br />
werden. Vielfältiges Digitalisierungs-Know-how und gleichsam ihre eigenen Fertigungserfahrungen<br />
stellen unter anderem das Porsche-Tochterunternehmen MHP,<br />
Emerson Discrete Automation oder auch Schneider Electric zur Verfügung.<br />
» Nico Schröder, Korrespondent <strong>Industrieanzeiger</strong>, Augsburg<br />
30 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Den Grad der Automatisierung und Digitalisierung<br />
in der Produktion voranzutreiben, damit<br />
setzen sich die Industrieunternehmen auseinander.<br />
Nur sehen sie auch unterschiedliche Gründe für Hindernisse<br />
ihrer digitalen Transformation. Verschiedene<br />
IIoT-Consulting-Angebote – idealer Weise aus der<br />
Industrie mit Fertigungserfahrung für die Fertigung –<br />
sollen hier Abhilfe schaffen und unterstützen Fertigungsunternehmen<br />
bereits dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu sichern und auch auszubauen.<br />
Die Studie der Management- und IT-Beratung<br />
MHP „Industrie 4.0 Barometer 2023“ mit 899 befragten<br />
Industrieunternehmen aus Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz sowie China, UK und den USA<br />
dokumentiert: Lediglich 50 % der Produktionsprozesse<br />
sind automatisiert. Mehr als die Hälfte der<br />
Unternehmen setzt sich nicht mit den Potenzialen<br />
und Möglichkeiten der Industrie 4.0 auseinander<br />
oder sieht sie als „nicht zielführend“ an.<br />
Gründe für lahmende Digitalisierung<br />
Der Industrie 4.0 Barometer 2023, der von der MHP<br />
und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)<br />
München veröffentlichen worden ist, kommt zu dem<br />
Schluss, dass für zwei Drittel der befragten Unternehmen<br />
die Unsicherheit beim Return on Investment<br />
(ROI) das ausschlaggebende Argument für ein mangelndes<br />
Engagement bei der Digitalisierung und<br />
Automatisierung darstellt. Durch den extremen<br />
Fokus auf Wirtschaftlichkeit in allen Belangen würden<br />
die Unternehmen gelähmt. Nur die wenigsten<br />
von ihnen seien bereit, die notwendigen Ressourcen<br />
aufzubringen, um langfristig und zukunftsorientiert<br />
zu investieren, urteilt die Studie.<br />
Dr. Walter Heibey, Partner bei MHP, sagt: „Unternehmen<br />
haben zwar aus den vergangenen Krisen<br />
gelernt – insbesondere in Bezug auf Lieferengpässe –<br />
und können mittlerweile durch erfolgreiche Implementierung<br />
von Industrie 4.0-Technologien ihre Produkte<br />
über die gesamte Supply Chain deutlich besser<br />
orten. Es fehlen jedoch nach wie vor ganzheitliche<br />
Vernetzungen des Shopfloors. Ein Grund dafür ist,<br />
dass durch den Fokus auf Wirtschaftlichkeit Investitionen<br />
in ganzheitliche Automatisierungslösungen<br />
vernachlässigt und mehrheitlich nur Insellösungen<br />
umgesetzt werden.“<br />
Das gelte laut MHP insbesondere bei der Digitalisierung<br />
des Shopfloors. Eine der größten Hürden bei<br />
der Realisierung einer ganzheitlichen Vernetzung des<br />
Shopfloors sei die unklare Rentabilität der in Frage<br />
kommenden Industrie-4.0-Technologien. Die größte<br />
Wirkungsfähigkeit werde hier vor allem zwei Technologien<br />
zugesprochen: dem autonomen Transport<br />
(43 %) und der künstlichen Intelligenz (KI) (39 %).<br />
IIoT-Consulting verdeutlicht Mehrwerte<br />
Wie Optimierungsmöglichkeiten bei künftig noch<br />
flexibleren Fertigungsmöglichkeiten und effizienten<br />
Produktionslayouts begreifbar werden, erläutert<br />
Dr. Michael Britzger, Direktor für IIoT-Engineering bei<br />
Emerson: „Wenn wir über die Losgröße 1 und die<br />
Anforderungen der zukünftigen Produktion sprechen,<br />
müssen wir bei Emerson mit unseren Teams und<br />
unserer Sales-Force eine ganz andere Prozessnähe<br />
herstellen. Mit unseren Workflows müssen wir viel<br />
näher an den Kunden herankommen, dessen einzelne<br />
Prozesse und die einzelnen Maschinen noch besser<br />
verstehen, um eine konkrete Lösung anzubieten. Wir<br />
sind eben nicht im B2C-Markt (business-to-consumer,<br />
Anm. d. Red.), wo angebotene Lösungen global<br />
gleich skalieren, sondern jedes Produktionsunterneh-<br />
Bild: Tom Oettle<br />
Fit fürs IIoT-Zeitalter<br />
Die große Chance besteht im sichtbaren Mehrwert von IIoT.<br />
In Hinblick auf die Smart Factory sind geeignete Services<br />
gefragt, um die digitale Transformation voranzutreiben.<br />
Das „Industrie-4.0-Barometer“ macht deutlich sichtbar,<br />
welch enormer Bedarf hier aktuell besteht. Umso vielversprechender<br />
sind Consulting -<br />
ansätze, die von Unternehmen<br />
kommen, die selbst über breites<br />
Fertigungs-Know-how verfügen<br />
und gleichzeitig ihre Expertise zur<br />
digitalen Transformation anbieten.<br />
Nico Schröder,<br />
Korrespondent<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Beispiel eines digitalen<br />
Software-as-a-Service-Produkts:<br />
die KIgestützte<br />
Akustik -<br />
prüfungs-Software<br />
namens „Sounce“ zur<br />
Qualitätssicherung im<br />
Karosseriebau.<br />
Bild: Porsche AG<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 31
TOPSTORY » Smart Factory<br />
men ist etwas unterschiedlich.“ Hierfür eine standardisierte,<br />
aber trotzdem flexible Architektur bereitzustellen,<br />
die kundenspezifisch konfiguriert werden<br />
kann, darauf komme es Emerson an – gerade auch<br />
unterstützt durch IIoT-Consultants, die diese neue<br />
Expertise bis zum Kunden und bis ins erste Kundengespräch<br />
detailliert hereintragen, um mit den Kunden<br />
die möglichen Mehrwerte und mögliche Synergien<br />
zu diskutieren.<br />
In der diskreten Fertigung bestimmen heute ein<br />
hoher Automatisierungsgrad, zunehmende Robotisierung,<br />
Industrie-4.0- und Smart-Factory-Grundsätze<br />
über die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Zentrale Kennzahl ist dabei die Gesamtanlageneffektivität<br />
beziehungsweise -effizienz (Overall Equipment<br />
Effectiveness, OEE). Um die Zuverlässigkeit,<br />
Verfügbarkeit und Prozessstabilität der Anlagen und<br />
technischen Infrastruktur sicherzustellen, ist<br />
bereichsübergreifende Transparenz erfolgsentscheidend.<br />
Ohne einen Echtzeit-Einblick in den Zustand<br />
von Maschinen und die Prozessleistung verzögert<br />
sich die Produktion, die Qualität leidet und es kann<br />
zu ungeplanten Ausfallzeiten kommen.<br />
In der Fertigungsindustrie findet insofern ein großer<br />
Wandel von einzelnen smarten Komponenten hin<br />
zu digitalen Ökosystemen statt. Das bedeutet, dass<br />
»Es fehlen nach wie vor<br />
ganzheitliche Vernetzungen<br />
des Shopfloors.«<br />
Dr. Walter Heibey, MHP<br />
die horizontalen Komponenten und die vertikalen<br />
unterschiedlichen Layer einer Produktion innerhalb<br />
eines digitalen Ökosystems verknüpft werden. Denn<br />
smarte Komponenten bringen erst dann einen Mehrwert,<br />
wenn diese Smartness mit den anderen Komponenten<br />
interagieren kann. Und auch Software<br />
Bild: MHP<br />
Aussagen zur technologischen<br />
Ausstattung<br />
von Industrieunternehmen<br />
entlang der Wertschöpfungskette<br />
laut<br />
Industrie 4.0 Barometer<br />
2023.<br />
Abbildung: MHP<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Bild: Emerson<br />
Emerson nutzt die eigene<br />
Dashboard-Software<br />
namens „PACEdge“<br />
zur Überwachung<br />
des Energieverbrauchs<br />
seiner Fertigungslinien.<br />
allein hilft nicht viel, wenn man nicht weiß, wie man<br />
sie anwenden muss. Erst mit der Verknüpfung von<br />
Hard- und Software zu einem digitalen Ökosystem<br />
können Mehrwerte erzielt werden.<br />
Unter dem Schlagwort „Floor-to-Cloud“ fasst<br />
Emerson Discrete Automation Lösungen für die<br />
Smart Factory zusammen, die dazu beitragen, durch<br />
Sensorik und Vernetzung kontinuierlich Real-Time-<br />
Daten zu gewinnen und damit die Zuverlässigkeit,<br />
Verfügbarkeit und Prozessstabilität der Anlagen<br />
sicherzustellen. Emerson-Experten unterstützen<br />
Kunden aus der diskreten Fertigung mit ihrem Branchen-Wissen<br />
bei der Implementierung diskreter<br />
Automatisierungslösungen, um Optimierungschancen<br />
zu identifizieren und Betriebsabläufe kontinuierlich<br />
zu verbessern. Floor-to-Cloud meint dabei den<br />
Zugriff und die Analyse von Maschinendaten, um<br />
durch Real-Time-Diagnosen eine Verbesserung der<br />
OEE zu erzielen, aber auch die Nachhaltigkeit und<br />
Sicherheit der Produktion zu steigern. Von intelligenten<br />
Geräten und Sensoren bis hin zu robuster Hardware<br />
und Analysesoftware sind die Lösungen darauf<br />
ausgelegt, die vorhandenen Maschinen, Prozesse und<br />
Arbeitskräfte zu optimieren und so ambitionierte<br />
Produktivitäts-, Sicherheits- und Nachhaltigkeits -<br />
ziele zu erreichen.<br />
Trend: industrielle Cloudanwendungen<br />
Kunden aus der Fertigungsindustrie suchen für den<br />
Wechsel in die Cloud nach Cloud-Experten mit<br />
Erfahrung in der Fertigung, die sie bei der Transformation<br />
und Nutzung von Daten auf neue Weise<br />
unterstützen. Für die digitale Transformation bietet<br />
MHP – gemeinsam mit Amazon Web Services (AWS)<br />
als Technologiepartner sowie mit Volkswagen als<br />
Partner aus der Industrie – cloudbasierte Softwareas-a-Service-Lösungen<br />
(SaaS-Lösungen) an. Sie sollen<br />
die industriellen Produktionsprozesse effizienter,<br />
datengetriebener, resilienter und nachhaltiger<br />
machen. Digitale SaaS-Produkte sollen das Leistungsportfolio<br />
ergänzen, denn, so fasst es MHP zusammen:<br />
Die Produktion der Zukunft arbeitet datengetrieben<br />
und agiert weitestgehend autonom. Produktionsnetzwerke<br />
sind über Cloud-Architekturen<br />
hochgradig vernetzt und ermöglichen einen schnellen<br />
Datenaustausch.<br />
Ein weiteres Beispiel zum Trend industrieller<br />
Cloudanwendungen: Siemens Digital Industries Software<br />
hat bei AWS den Partnerstatus Manufacturing<br />
and Industrial Competency erlangt. AWS Manufacturing<br />
and Industrial Competency Partners bieten<br />
Kunden Lösungen für ihre digitale Transformation an<br />
»Wenn wir über die Losgröße 1<br />
und die Anforderungen der<br />
zukünftigen Produktion sprechen,<br />
müssen wir eine ganz andere<br />
Prozessnähe herstellen.«<br />
Dr. Michael Britzger, Emerson<br />
Bild: Emerson<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 33
TOPSTORY » Smart Factory<br />
»Für eine erfolgreiche digitale<br />
Transformation kommt es<br />
darauf an, sämtliche Abteilungen<br />
und Berufsgruppen mit ins<br />
Boot zu holen.«<br />
Marc Fromager, Schneider Electric<br />
und wollen ihnen die Sicherheit geben, von einem<br />
validierten AWS-Partner unterstützt zu werden, der<br />
ihre Anforderungen erfüllt. Diese Lösungen folgen<br />
dabei Best Practices, die es den Kunden ermöglichen,<br />
eine sichere, leistungsstarke, widerstandsfähige und<br />
effiziente Cloud-Infrastruktur für Industrieanwendungen<br />
aufzubauen. AWS will skalierbare, flexible<br />
und kosteneffiziente Lösungen von Startups bis hin<br />
zu globalen Unternehmen ermöglichen.<br />
IIoT-Wissen fürs Industriegeschäft<br />
Auf IIoT-Consulting und entsprechende Beratungsservices<br />
setzt auch Schneider Electric. Für große<br />
Industrieunternehmen und den Mittelstand bietet<br />
der Tech-Konzern seit neuestem seine Industrial Digital<br />
Transformation Services an. Die Consulting-<br />
Abteilung ist weltweit verfügbar, dennoch mit regionalen<br />
Fachleuten besetzt und unterstützt Produktionsunternehmen<br />
sowie Maschinen- und Anlagenbauer<br />
bei der Planung, Implementierung und Nutzung<br />
von Industrie-4.0-Technologien. Anspruch der<br />
neuen Services sei es, den unternehmerischen Mehrwert<br />
von IIoT-Lösungen verstehbar und zu jeder Zeit<br />
quantifizierbar zu machen. Dabei stünden zunächst<br />
keine bestimmten Technologien oder Produkte im<br />
Vordergrund, sondern die individuellen Anforderungen<br />
und Marktbedingungen der Kunden. Statt eines<br />
auf Einzelprojekte fokussierten Ansatzes verfolge<br />
man in puncto digitaler Transformation einen skalierbaren,<br />
programmatischen Ansatz, der sämtliche<br />
Bild: Schneider Electric<br />
Abteilungen und Standorte eines Unternehmens miteinbezieht,<br />
beschreibt Schneider Electric das Vorgehen.<br />
Gehe es um die Implementierung von Industrie-<br />
4.0-Technologien, werde die hohe Komplexität des<br />
Themas in zahlreichen einschlägigen Studien als<br />
wichtiger Hinderungsgrund genannt, betont Schneider<br />
Electric. Und damit sei nicht nur die technische<br />
Umsetzung gemeint. Mit den neuen Industrial Digital<br />
Transformation Services ziele man daher bewusst<br />
auf die Findungsphase ab. Zunächst gehe es darum,<br />
auf Basis des konkreten Kunden-Business sowie der<br />
jeweiligen Marktsituation ein klareres Verständnis<br />
für den individuellen Bedarf und Nutzen von Industrie-4.0-Technologien<br />
zu entwickeln. Auf diese Weise<br />
sollen die unternehmerische Kompetenz in puncto<br />
Digitalisierung geschärft sowie das entsprechende<br />
Mindset für eine digitale Transformation im gesamten<br />
Unternehmen etabliert werden.<br />
„Für eine erfolgreiche digitale Transformation<br />
kommt es darauf an, sämtliche Abteilungen und<br />
Berufsgruppen mit ins Boot zu holen,“ betont Marc<br />
Fromager, der als Senior Vice President für den<br />
Bereich Industrial Automation Services bei Schneider<br />
Electric tätig ist. „Alle Mitarbeitenden müssen die<br />
gebotenen Mehrwerte kennen und spürbar davon<br />
profitieren. Aus diesem Grund entwickeln wir<br />
gemeinsam mit unseren Kunden langfristige Programme,<br />
die nicht nur allgemein mehr Effizienz,<br />
Nachhaltigkeit und Cybersicherheit zum Ziel haben,<br />
sondern insbesondere darauf ausgelegt sind, die tägliche<br />
Arbeit der Mitarbeitenden effektiver zu gestalten.<br />
Dazu werfen wir unsere Expertise in den Bereichen<br />
Energiemanagement, Automatisierung und<br />
Software in die Waagschale und kombinieren lokales<br />
und globales Know-how“, erklärt Fromager.<br />
Industrie 4.0 Barometer<br />
Das Industrie 4.0 Barometer 2021 liefert<br />
wichtige Erkenntnisse zum Stand der Digitalisierung<br />
von Industrieunternehmen in<br />
der DACH-Region sowie erstmals für die<br />
Länder China, UK und USA. Im besonderen<br />
Fokus standen aktuell die Themengebiete<br />
Digital Leadership und Supply-Chain-Resilienz.<br />
hier.pro/ZOcKC<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
ANZEIGE<br />
Foto: Conrad Electronic<br />
Rund 50.000 Pakete verlassen im Schnitt pro Tag das Conrad Logistikzentrum.<br />
Foto: NDABCREATIVITY –– stock.adobe.com<br />
Welche Vorteile E-Procurement bringt und welche<br />
Lösung für Unternehmen die richtige ist, steht in<br />
dem neuen Whitepaper von Conrad.<br />
E-Procurement bei Conrad<br />
Die Auswirkungen von Krisen wie dem Ukraine-Krieg und die damit verbundenen<br />
Lieferengpässe beschäftigen den Einkauf. Es gilt, den Balanceakt zwischen<br />
Qualitätssicherung, Versorgungssicherheit und Kosteneinsparung zu meistern.<br />
Professionalisiertes Einkaufen über eine Beschaffungsplattform kann helfen.<br />
Im Bereich des technischen Bedarfs bietet die Conrad<br />
Sourcing Platform mit neun Millionen Produktangeboten<br />
Unternehmen aller Größen verlässliche<br />
Beschaffung aus einer Hand. Durch die Einführung einer<br />
elektronischen Beschaffungslösung können Einkaufsprozesse<br />
beschleunigt werden, insbesondere<br />
bei der Bestellung von C-Teilen. Unternehmen mit eigenem<br />
ERP-System können sich per OCI anbinden.<br />
Per EDI, also elektronischem Datenaustausch, können<br />
zudem auch nach dem Bestellvorgang Nachrichten<br />
automatisiert ausgetauscht werden. Für Unternehmen<br />
ohne eigenes ERP-System gibt es Conrad<br />
Smart Procure, ein browserbasiertes und kostenfreies<br />
Einkaufstool.<br />
Egal, für welche Lösung sich Unternehmen entscheiden:<br />
Durch E-Procurement-Tools können Einkaufsprozesse<br />
an die Unternehmensstruktur angepasst<br />
und Maverick Buying am Einkauf vorbei verhindert<br />
werden. Durch digitale Freigabeworkflows mit<br />
dediziertem Rollenmanagement werden Daten in<br />
Echtzeit übermittelt, eine schnelle Abwicklung der<br />
Bestellung ermöglicht und Fehler minimiert. So kann<br />
durchschnittlich mit bis zu 30% Einsparung bei<br />
den Prozesskosten gerechnet werden. Das Team im<br />
Einkauf gewinnt Zeit für wichtigere Themen, um den<br />
aktuellen Herausforderungen in der Beschaffung zu<br />
begegnen. Weitere Infos: conrad.de/eproc<br />
KONTAKT<br />
Conrad Electronic<br />
Klaus-Conrad-Str. 1<br />
92240 Hirschau<br />
Tel.: 09604/408787<br />
Fax: 09604/408936<br />
E-Mail: businessbetreuung@conrad.de<br />
www.conrad.de<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 35
TECHNIK » Interview<br />
Marco Thull, Senior Marketing Activist bei Igus über das Metaverse<br />
Vertrieb und Engineering im<br />
digitalen Paralleluniversum<br />
Um das kollaborative Arbeiten an Maschinen und Anlagen in virtuellen Welten zu ermöglichen<br />
und dabei zu helfen Konstruktionen nachhaltiger, kostensparender und zeiteffizienter zu<br />
machen, hat Igus das „Iguverse“ geschaffen. Wie die neue digitale Welt das Engineering<br />
optimieren soll, erklärt Marco Thull, Senior Marketing Activist bei Igus, im Interview.<br />
» Hagen Wagner, Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Es wird viel darüber geredet, aber was es<br />
ist und wofür es gut sein soll, scheint<br />
noch irgendwie unklar zu sein. Herr<br />
Thull, was ist das Metaverse?<br />
Für mich ist es eine virtuelle, miteinander<br />
verbundene Welt, die sowohl von Menschen<br />
als auch von künstlicher Intelligenz<br />
bevölkert werden kann. Es ermöglicht<br />
Benutzern, in digitalen Umgebungen<br />
zu interagieren, zu kommunizieren<br />
und Geschäfte abzuwickeln.<br />
Das Metaverse kann als eine<br />
Fusion aus sozialen Medien, Online-Spielen<br />
und erweiterter Realität<br />
betrachtet werden, die ein immersives,<br />
umfassendes digitales<br />
Erlebnis bietet. Es ist der Beginn der dritten<br />
Welle des Internets, das Internet of<br />
Everything oder wie AOL-Gründer Steve<br />
Case sinngemäß sagte: „Die dritte Welle<br />
des Internet Booms sind echte Lösungen.“<br />
Igus gehört hierzulande zu den „Early<br />
Adoptern“ unter den Industrieunternehmen,<br />
die erste Schritte ins Metaverse<br />
wagen. Was verspricht sich Igus vom<br />
„Industrial Metaverse“?<br />
Wir sind stets auf der Suche nach innovativen<br />
Ideen, um Kunden dabei zu unterstützen,<br />
ihre Technik zu verbessern und<br />
Kosten zu senken. Vor allem mit dem<br />
Start unseres virtuell-realen Messestandes,<br />
während der Corona-Pandemie haben<br />
wir festgestellt, dass der digitale<br />
Raum als Medium enormes Potenzial bietet.<br />
Dazu kommt die technische Neugierde.<br />
Für viele ist das Metaverse noch Neuland.<br />
Auch wir wollen dazu lernen und<br />
diesen Weg gemeinsam mit unseren Kunden<br />
gehen. Ein digitales Paralleluniversum<br />
bietet ganz neue Möglichkeiten für<br />
den Vertrieb und das Engineering der Zukunft.<br />
Zukünftig sollen ganze Engineering-Projekte<br />
im Iguverse durchgeführt<br />
werden. Schneller und reibungsloser, als<br />
» Wir wollen das kollaborative<br />
Arbeiten in virtuellen<br />
Welten ermöglichen. «<br />
Marco Thull<br />
es in der physischen Welt allein möglich<br />
ist. Projekte werden so vom ersten Tag an<br />
anschaulicher und greifbarer. Gleichzeitig<br />
spielt die Distanz keine Rolle mehr.<br />
Welchen Nutzen wird es Kunden bieten?<br />
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der ortsunabhängigen<br />
kollaborativen Zusammenarbeit.<br />
Gerade in der Prototypenentwicklung<br />
spielt das Iguversum seine Stärken<br />
aus. Zum Beispiel bei der Entwicklung von<br />
Sonderbauteilen steht oft Kommunikations-Ping-Pong<br />
auf dem Programm. Es<br />
werden Konstruktionszeichnungen per<br />
E-Mail ausgetauscht und zahlreiche Telefante<br />
geführt. Mit dem Iguversum geht<br />
das künftig deutlich schneller. Vertriebsmitarbeiter<br />
und Kunden treffen sich als<br />
Avatare im digitalen Raum, um gemeinsam<br />
ein 3D-Modell des Bauteils zu entwickeln.<br />
Dabei sind Indikatoren wie Werkzeugkosten<br />
und Lieferzeit immer in Echtzeit<br />
sichtbar. Am Ende ist die Entwicklung<br />
nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger.<br />
Denn die „Hardware“ wird erst<br />
einmal nicht benötigt und kann im Iguversum<br />
optimiert werden. Da für die Zusammenarbeit<br />
keine physische Präsenz<br />
erforderlich ist, spart man zudem Reisezeit<br />
und -kosten. Auch in puncto<br />
Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor,<br />
da so CO 2 -Emissionen vermieden<br />
werden. Das Iguverse ist eine<br />
Kollaborationswelt und digitales<br />
Werkzeug zugleich. So können<br />
zum Beispiel Mitarbeiter aus der<br />
Ferne ohne Verletzungsgefahr Maschinen<br />
bedienen oder Servicetechnikern<br />
in der virtuellen Realität bei<br />
einer Reparatur über die Schulter schauen.<br />
Unternehmen bietet sich so die Möglichkeit,<br />
ihre Arbeitsumgebung sicherer<br />
und attraktiver zu gestalten. Das führt zu<br />
einer höheren Zufriedenheit und Motivation<br />
der Mitarbeiter und ist auch ein Pluspunkt<br />
bei der Gewinnung von neuen<br />
Fachkräften. In einer weiteren Stufe<br />
möchten wir das Iguversum um eine<br />
B2B-Plattform für andere Hersteller erweitern.<br />
Sie können dann ebenfalls Maschinen<br />
und Anlagen im virtuellen Raum<br />
präsentieren, sofern sie Bauteile von igus<br />
verwenden.<br />
Auf der Messe „IAA Mobility 2022“ in<br />
Hannover konnten die Besucher am<br />
Igus-Stand Virtual-Reality-Brillen testen<br />
und schon einen kleinen Vorgeschmack<br />
erhaschen. Wie hat sich das<br />
„Iguverse“ seitdem weiterentwickelt?<br />
36 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Bild: Igus<br />
Mit der Virtual-Reality-Brille in andere Welten eintauchen: Marco Thull mit VR-Brille.<br />
Im Iguversum entstehen Branchen- und<br />
Maschinenwelten, wo Kunden alleine<br />
oder zusammen mit Igus-Mitarbeitern<br />
Maschinen und Anlagen besichtigen können<br />
und wo unsere Motion Plastics an<br />
virtuellen Maschinen entdeckt, angefasst<br />
und erklärt werden können. Hier entstehen<br />
auch sogenannte Labs, wo wir Kunden<br />
ermöglichen, ihre Maschine in der<br />
virtuellen Welt auszustellen und gemeinsam<br />
mit uns oder ihren Dienstleistern<br />
weiterzuentwickeln. Wichtig bei all diesen<br />
Entwicklungen ist, dass wir uns in einem<br />
kollaborativen Raum bewegen, um<br />
eben gemeinsam das virtuelle Engineering<br />
zu erleben. Wir integrieren auch einen<br />
virtuellen Zwilling der Igus-Fabrik,<br />
wo man etwas Markenluft schnuppern<br />
kann. Im Fokus steht für uns aber der direkte<br />
Kundennutzen und dies sind Maschinen,<br />
Anwendungen und Produkte.<br />
Deshalb werden wir zum Beispiel auch<br />
das Thema VR und unsere Low Cost Robotik<br />
kombinieren, da es wunderbar zusammenpasst.<br />
Erste Ideen haben wir auf der<br />
Hannover Messe 2023 vorgestellt, etwa<br />
wie eine Steuerung unseres Rebel Cobots<br />
mit herkömmlichen Meta Quest Brillen<br />
funktionieren kann.<br />
Welche Auswirkungen wird es nach erfolgreicher<br />
Implementierung am Markt<br />
auf Vertrieb, Engineering und Service<br />
haben?<br />
Im Vertrieb ermöglicht es digitale Marktplätze<br />
und Showrooms für Produkte sowie<br />
personalisierte Kundenerlebnisse. Im Engineering<br />
fördert es Zusammenarbeit und<br />
Effizienz bei der Produktentwicklung<br />
durch virtuelle Umgebungen. Gleichzeitig<br />
verbessert es den Kundenservice mit virtuellen<br />
Assistenten und ermöglicht effektive<br />
Schulungen in virtuellen Umgebungen.<br />
Wegen der Entwicklung des Metaverse<br />
verzeichnete der Facebook-Mutterkonzern<br />
Meta allein im Jahr 2022 Verluste<br />
in Höhe von 13,7 Mrd. Euro, die Meta-<br />
Aktie hat über 70 % verloren und knapp<br />
13 % aller Mitarbeiter mussten entlassen<br />
werden. Wieso hat Igus so viel Vertrauen<br />
in das Metaverse?<br />
Wir sind davon überzeugt, dass das Metaverse<br />
das Potenzial hat, die Zusammenarbeit<br />
zwischen Unternehmen und Kunden<br />
zu revolutionieren. Die ersten Erfahrungen<br />
und Feedbacks waren sehr positiv.<br />
Das hat uns gezeigt, wir sind hier auf dem<br />
richtigen Weg. Das Iguversum kann Unternehmen<br />
bei allen technischen Entwicklungen<br />
unterstützen. Das Zusammenspiel<br />
aus günstiger Hardware, Software<br />
und Extended Reality in Verbindung<br />
mit künstlicher Intelligenz wird es Kunden<br />
ermöglichen, ihre Maschinen und Anlagen<br />
permanent zu verbessern und<br />
schnell an die Bedürfnisse ihrer Kunden<br />
anzupassen – ein enormer Wettbewerbsvorteil.<br />
Wir sind zuversichtlich, dass wir<br />
angesichts der Industrie 4.0 mit dem Iguverse<br />
einen echten Mehrwert für unsere<br />
Kunden schaffen können und die virtuelle<br />
Welt das Zeug dazu hat, weitere Bereiche<br />
wie den digitalen Verkauf als moderner<br />
und kundennaher Kanal zu erobern.<br />
Ein Blick in die Zukunft: Was kommt bei<br />
Igus nach dem „Iguverse“? Gibt es spezielle<br />
Strategien für den digitalen<br />
Raum?<br />
Es passiert gerade so viel. Auch wir setzen<br />
jetzt schon auf die aktuellen Technologien<br />
wie ChatGPT und integrieren diese<br />
Technologien in neue Werkzeuge, wie etwa<br />
unsere revolutionäre KI-Produktsuche<br />
igusGo. Sie ermöglicht das Optimierungspotential<br />
von tausenden Maschinen in<br />
wenigen Sekunden aufzudecken.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 37
» TECHNIK<br />
Digitaler Status quo<br />
Industrie 4.0 am Scheideweg<br />
Mit dem von vor zehn Jahren vorgestellten Konzept der Industrie 4.0 wurde nichts anderes<br />
als die vierte industrielle Industrie eingeläutet. Heute stellt sich die Frage, wie weit wir mit<br />
der digitalen Transformation in der Industrie wirklich gekommen sind?<br />
» Michael Finkler, Geschäftsführer Proalpha Gruppe<br />
Bild: besjunior / stock.adobe.com<br />
Alarmierend: Die meisten<br />
Industrieunternehmen<br />
sind bei der Digitalisierung<br />
kaum vorangekommen.<br />
Sogar<br />
negative Produktionseffekte<br />
sind sichtbar.<br />
Das Resümee fällt leider ernüchternd aus. Das<br />
heutige Produktionsniveau ist auf dem Stand<br />
des Jahres 2011. Die Produktivität im Maschinenbau<br />
ist trotz hoher Auslastung sogar gesunken. Das sind<br />
zehn verlorene Jahre, in denen die breite Masse der<br />
Industrieunternehmen in ihrer digitalen Transformation<br />
kaum vorangekommen ist und weitgehend kein<br />
Umsatz- und Gewinnwachstum durch Investitionen<br />
in die Digitalisierung erreicht hat. Studien stellen sogar<br />
einen negativen Produktionseffekt fest, obwohl<br />
vielfältig in Software und Co. investiert wurde.<br />
Diese Bilanz ist deswegen auch alarmierend, weil<br />
Unternehmen aus der Industrie längst weiter sein<br />
sollten, um sich für die neuen Herausforderungen der<br />
Zukunft zu wappnen. Während es in der Vergangenheit<br />
darum ging, die industrielle Produktion mit Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien zu<br />
verzahnen, müssten sich insbesondere Unternehmen<br />
aus der Produktion für die auch im B2B-Bereich anbahnende<br />
Plattformökonomie aufstellen. Unternehmensentscheider<br />
sollten heutzutage digitale Plattformen,<br />
Mehrwertdienste und Geschäftsmodelle in<br />
ihre strategischen Überlegungen mit einbeziehen –<br />
sowie die höchste Kundenzentrierung und Teilhabe<br />
an für sie passenden Ökosystemen anstreben.<br />
Heute gilt es mehr denn je, nicht den Anschluss an<br />
die heranrauschende industrielle Plattformökonomie<br />
zu verschlafen; insbesondere wenn man bedenkt,<br />
dass die Hyperscaler wie Amazon Web Services, Microsoft<br />
und Google den Aufbau von Industrie-Plattformen<br />
forcieren.<br />
Eine Studie von McKinsey, die sich explizit auf den<br />
Maschinen- und Anlagenbau bezieht, zeigt, dass erst<br />
rund die Hälfte der analysierten Unternehmen Erfahrungen<br />
mit der Entwicklung von Mehrwertdiensten<br />
gesammelt hat – und noch weniger mit Entwicklun-<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
gen rund um digitale Plattformen. Die strategische<br />
Relevanz digitaler Plattformen und Mehrwertdienste<br />
wird von vielen Maschinen- und Anlagenbauern bisher<br />
als gering angesehen. Ein Großteil der Unternehmen<br />
nutzt zwar digitale Angebote, um sich die Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu sichern, allerdings ohne Monetarisierung.<br />
Nur knapp die Hälfte bietet laut der Studie<br />
digitale Lösungen an, die eng mit dem Produktportfolio<br />
zusammenhängen und auch verkauft werden.<br />
Produktunabhängige digitale Lösungen und Betreibermodelle<br />
wie „Pay per Use“ nehmen hingegen<br />
jetzt als auch zukünftig einen nachrangigen Platz ein.<br />
Lösungen und Handlungsempfehlungen<br />
Um den Rückstand in der Digitalisierung aufzuholen<br />
und den Bedürfnissen der Endkunden gerecht werden<br />
zu können, stehen Unternehmen also vor der großen<br />
Aufgabe, sich nicht nur mit Digitalisierungsinitiativen<br />
in der Fabrikhalle oder im Büronetzwerk auseinandersetzen,<br />
sondern intensiv mit digitalen Geschäftsoptionen<br />
und werttreibenden Services zu beschäftigen.<br />
Hierzu gehört die Identifizierung von neuen digitalen<br />
Mehrwertdiensten, die das Unternehmen anbieten<br />
beziehungsweise monetarisieren kann, sowie die<br />
Entwicklung von Lösungen, die das eigene Produktund<br />
Serviceportfolio plattformkompatibel machen. Es<br />
müssen außerdem Konzepte und Pläne zur Optimierung<br />
und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten<br />
in der Smart Factory auf den Tisch – mit einem Fokus<br />
darauf, welche Produkte und Services das Unternehmen<br />
digitalisieren und zur Marktreife bringen kann.<br />
Ein Beispiel: Ein Maschinenanlagenbauer kann<br />
über digitale Mehrwertdienste einerseits den Ressourceneinsatz<br />
beim Kunden optimieren sowie auch<br />
weiteren gewinnbringenden Output generieren –<br />
beispielsweise indem er eine Vergütung nach Gut -<br />
stückfertigung (ein klassisches Product-as-a-Service-Modell)<br />
oder nach Kubikmeter Druckluft einführt.<br />
Neben einem flexiblen und kundennahen Verkaufs-<br />
und Nutzungsmodell für den Endkunden profitiert<br />
der Maschinenanlagenbauer außerdem von einem<br />
besseren, weil zielgerichteteren After-Sales.<br />
Bei Mehrwertdiensten ist die Auseinandersetzung<br />
mit Kundenbedürfnissen, aber auch mit der eigenen<br />
Herangehensweise zwingend. Netflix und Amazon<br />
haben es im Consumer-Bereich vorgemacht, jetzt ist<br />
die B2B-Industrie am Zug.<br />
Für Unternehmensentscheider empfiehlt sich hierfür<br />
ein dreistufiger Ansatz:<br />
• Definition des Marktsegments: Es gilt, den Markt<br />
nach anwendungsspezifischen Charakteristika wie<br />
der Unternehmensgröße der Kunden, IT-Affinität,<br />
digitalem Reifegrad der Kunden sowie deren Prozess-Know-how<br />
zu segmentieren.<br />
• Aufzeigen des Mehrwerts für den Kunden: Der<br />
Segmentierung folgt eine ausführliche Betrachtung<br />
und Definition des Mehrwerts aus Kundensicht.<br />
• Festlegen des eigenen Geschäftsmodells: Zuletzt<br />
muss das bestmögliche Geschäftsmodell zielgruppenspezifisch<br />
festgelegt werden, dessen Alleinstellungsmerkmal<br />
gegenüber Wettbewerbern klar<br />
definiert und der technologische Vorsprung sowie<br />
die Risiken des neuen Geschäftsmodells umfassend<br />
bewertet werden.<br />
Entscheidend bei der Entwicklung einer übergreifenden<br />
Digitalstrategie sind allerdings auch die Basics,<br />
also, dass das IT- und organisationsspezifische Fundament<br />
auf einem soliden Stand ist. Egal ob IT-,<br />
ERP-, MES-, Finanzbuchhaltungs- oder Planungs-<br />
Systeme – sie alle müssen in einen ordentlichen Zustand<br />
gebracht werden, also möglichst aktualisiert<br />
sein. Hierzu bieten sich breit aufgestellte ERP+ Lösungen,<br />
wie die von Proalpha, an. Nur dann können<br />
Unternehmen die Prozesse in der eigenen Organisation<br />
optimieren und auch (so banal das klingt) entsprechend<br />
an den Daten arbeiten – diese also für die<br />
eigenen Geschäfte verwertbar machen.<br />
Die Digitalisierung der Industrie hat also ohne<br />
überzeugende Geschäftsmodelle einen schwierigen<br />
Weg vor sich. Entscheidend ist nicht mehr nur, wer<br />
Maschinen und Anlagen mit der größtmöglichen<br />
technischen Finesse bauen und seine Automatisierungsprozesse<br />
in der Fabrikhalle optimieren kann,<br />
sondern wie Unternehmen sich so positionieren, dass<br />
sie einen größtmöglichen Mehrwert für Kunden generieren<br />
und monetarisieren. Es muss hier zwingend<br />
ein „Umdenken“ – das von der Unternehmensspitze<br />
getrieben wird – stattfinden.<br />
Um den Rückstand<br />
in der Digitalisierung<br />
aufzuholen stehen<br />
Unternehmen vor einer<br />
großen Aufgabe.<br />
Bild: Patrik/stock.adobe.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 39
» TECHNIK<br />
Technologien für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit in der Produktion<br />
Forscher zeigen große<br />
Bandbreite an Lösungsansätzen<br />
Eine klimaneutrale und vernetzte Zukunft gehört zu den Hypethemen der fertigenden<br />
Industrie. Weil die Digitalisierung der Produktion in vielen Fällen die Effizienz steigert<br />
und damit ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit ist, zeigte das Fraunhofer-Institut für<br />
Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) auf der Hannover Messe eine große<br />
Bandbreite an Technologien, die helfen, Energie und Ressourcen zu sparen.<br />
Mit FabOS entsteht ein offenes, verteiltes, echtzeitfähiges und sicheres Betriebssystem für die ganze Fabrik.<br />
Bild: IFF/Fraunhofer IPA/Bez/Quosdorf<br />
Zu den zentralen Aspekten einer nachhaltigeren<br />
Zukunft gehört, die Nutzenpotenziale<br />
von Energie und Rohstoffen<br />
besser auszuschöpfen und deren<br />
Verbrauch zu minimieren. As-a-Service-<br />
Konzepte sind auf diesem Weg ein<br />
Lösungsansatz. Dabei werden Hersteller<br />
oder Anbieter zu Dienstleistern. Kunden<br />
müssen beispielsweise Maschinen nicht<br />
mehr kaufen oder leasen, um sie nutzen<br />
zu können. Genauso gut könnten sie<br />
Eigentum des Herstellers bleiben und der<br />
Kunde bezahlt entweder monatlich einen<br />
Pauschalbetrag für die Nutzung oder es<br />
wird pro produzierter Stückzahl abgerechnet.<br />
So müssten Unternehmen nicht<br />
mehr Unsummen in Produktionsmittel investieren,<br />
sondern könnten sofort mit der<br />
Fertigung beginnen. Und Maschinenbauer<br />
hätten ein lebhaftes Interesse daran, ihre<br />
Maschinen so lange wie möglich einsatzfähig<br />
zu halten.<br />
Solche neuen Geschäftsmodelle basieren<br />
auf dem kontinuierlichen Austausch<br />
von Daten über Unternehmensgrenzen<br />
hinweg. So werden Hersteller nicht nur zu<br />
Dienstleistern, sondern alle Prozesse in<br />
einer Werkhalle lassen sich als einzelne<br />
Services begreifen: Everything as a Service<br />
(XaaS). Welche Bedingungen erfüllt<br />
sein müssen, damit diese datenbasierten<br />
Geschäftsmodelle wirtschaftlich und<br />
technisch umsetzbar sind, klären Fachleute<br />
vom Fraunhofer IPA gemeinsam mit<br />
der Industrie im Großforschungsprojekt<br />
»X-Forge«.<br />
In einem anderen Forschungsprojekt<br />
namens „Privacy-Aware, intelligent and<br />
Resilient Crisis Management“ (PAIRS)<br />
entwickeln die Wissenschaftler eine<br />
Plattform für das Krisenmanagement, die<br />
Störungen bereits in deren Entstehungsphase<br />
identifiziert und datengestützte<br />
Handlungsempfehlungen bereitstellt. So<br />
soll vermieden werden, dass Unternehmen<br />
erst auf eine Krise reagieren, wenn<br />
deren Auswirkungen bereits spürbar sind<br />
und es eigentlich schon zu spät ist.<br />
Um rechtzeitig Alternativen zu erkennen,<br />
wertet eine künstliche Intelligenz<br />
(KI) einerseits öffentlich zugängliche Daten<br />
aus: Auf welchen Straßen stockt gerade<br />
der Verkehr? Welche Häfen sind blockiert?<br />
Wo drohen Unwetter? Wo haben<br />
40 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Bild: Fraunhofer IPA<br />
sich Erdbeben, Vulkanausbrüche oder andere<br />
Naturkatastrophen ereignet? Wie<br />
entwickeln sich die Preise bestimmter<br />
Rohstoffe? Andererseits greift die KI auf<br />
Unternehmenskenn zahlen zurück, etwa<br />
die Liefertermintreue eines bestimmten<br />
Zulieferers. Sobald die KI zum Schluss<br />
kommt, dass Störungen in der Lieferkette<br />
zu erwarten sind, können die Algorithmen<br />
geeignete Gegenmaßnahmen vorschlagen,<br />
etwa den Lieferanten zu wechseln<br />
oder einen anderen, vergleichbaren Rohstoff<br />
zu bestellen. Das erhöht die Resilienz<br />
eines Unternehmens.<br />
Anhand einzelner bereits fertiggestellter<br />
Module der PAIRS-Plattform gab das<br />
Forschungsteam in Hannover einen Einblick<br />
in seine bisherige Arbeit.<br />
Automatisiert abwickeln<br />
Eine weitere Herausforderungen für produzierende<br />
Unternehmen besteht darin,<br />
in immer kürzerer Zeit personalisierte<br />
Produkte kostengünstig herzustellen. Um<br />
dabei im weltweiten Wettbewerb bestehen<br />
zu können, empfiehlt sich die sogenannte<br />
„DesignChain“, also die durchgehende<br />
Digitalisierung und Automatisierung<br />
der technischen Auftragsabwicklung<br />
– von der Bestellung bis zum fertigen<br />
Produkt. Wie genau das funktioniert,<br />
zeigte ein Forscherteam der Abteilung<br />
Fabrikplanung und Produktionsmanagement.<br />
Messebesucher konnten auf dem<br />
Stand ein individuelles Produkt konfigurieren,<br />
das in der Folge als CAD-Modell<br />
erzeugt, fertigungsgerecht simuliert und<br />
auf einem 3D-Drucker hergestellt wurde.<br />
Zu den Folgen personalisierter Produkte<br />
gehören sinkende Losgrößen, steigende<br />
Variantenvielfalt und schnell benötigte<br />
Produktionsumgebungen, die oft sauberkeits-<br />
und feuchtigkeitskontrollierte Bedingungen<br />
erfüllen müssen. Stationäre<br />
Reinräume sind oft nicht die effizienteste<br />
Lösung in Bezug auf Investitions- und Betriebskosten<br />
sowie die Bereitstellungszeit.<br />
Ein Forscherteam des IPA hat deshalb mit<br />
dem „Clean and Protective Environment“<br />
(CAPE) ein mobiles Reinraumsystem entwickelt,<br />
das eine Luftreinheit der ISO-<br />
Klassen 1 bis 9 realisiert. Wie ein Zelt auf<br />
dem Campingplatz lässt es sich in etwa<br />
einer halben Stunde aufbauen und in Betrieb<br />
nehmen. Das neuste Mitglied der<br />
Produktfamilie heißt DryClean-CAPE und<br />
erzeugt nicht nur eine reine Produktions-<br />
Das Trockenreinraumzelt DryClean-Cape schafft nicht nur eine reine Produktionsumgebung, sondern<br />
auch eine mit geringer Luftfeuchtigkeit.<br />
Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez<br />
„DesignChain“ ist die<br />
durchgehende Digita -<br />
lisierung und Auto -<br />
matisierung der<br />
technischen Auftragsabwicklung<br />
– von der<br />
Bestellung bis zum<br />
fertigen Produkt.<br />
umgebung, sondern zugleich eine mit geringer<br />
Luftfeuchtigkeit – beispielsweise<br />
mit einem Taupunkt von –50 °C. Vor allem<br />
in der Batteriezellen- und Automobilproduktion,<br />
aber auch in der Luft- und<br />
Raumfahrt spielt das eine entscheidende<br />
Rolle für die Produktqualität.<br />
Betriebssystem für die Fabrik<br />
Zu den Schwierigkeiten für viele Betriebe<br />
gehört, dass sich die IT-Landschaft in der<br />
Produktion aus Systemen verschiedener<br />
Anbieter zusammensetzt und entsprechend<br />
schwierig zu verwalten ist. Abhilfe<br />
soll ein Betriebssystem für die Produktion<br />
schaffen, das Wissenschaftler des IPA<br />
derzeit mit Partnern aus 23 weiteren Forschungseinrichtungen,<br />
Hochschulen und<br />
Unternehmen entwickeln. FabOS heißt es<br />
und wird ähnlich wie Betriebssysteme für<br />
Computer eine Plattform für Maschinen,<br />
Infrastruktur und KI-Dienste sein.<br />
In Hannover präsentierten die Projektpartner<br />
elf Exponate, die unterschiedliche<br />
Teilaspekte des offenen, verteilten, echtzeitfähigen<br />
und sicheren Betriebssystems<br />
FabOS. Darunter war zum Beispiel ein Roboter,<br />
der selbstständig Blechteile erkennt<br />
und aus einer Kiste greift. Die dafür verwendeten<br />
KI-Verfahren werden anhand<br />
einer Simulation trainiert und benötigen<br />
keine manuelle Exper tenkonfiguration.<br />
Zudem enthält das Exponat eine Technologie<br />
des Projektpartners Compaile, die<br />
die unsortiert gelagerten Bauteile beim<br />
Zuführen einer neuen Kiste mit hinterlegten<br />
Bauplänen abgleicht. Das System<br />
muss also nicht für jedes neue Bauteil<br />
eigens trainiert werden. (mw)<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 41
Bild: Perzeptron<br />
Die Software-Lösung „MiG – Materialwirtschaft im Gleichgewicht“ unterstützt<br />
produzierende Unternehmen dabei, Fehlplanung zu erkennen und zu beheben.<br />
Verein will KMU für mehr Nachhaltigkeit durch Digitalisierung sensibilisieren<br />
Durchblick bei internen Abläufen<br />
Als Industrie 4.0-Initiative möchte der Smart Electronic Factory e.V. insbesondere kleine und<br />
mittlere Unternehmen unterstützen, aktuelle und künftige Herausforderungen in der Produktion<br />
zu meistern. Ein wichtiges Ziel ist dabei, auch die digitale Nachhaltigkeit zu gewährleisten.<br />
Die zunehmende Digitalisierung in vielen Bereichen<br />
der Industrie habe zwei Seiten, sagt Christina<br />
Hild. Ohne einen nachhaltigen Ansatz könne sie<br />
sogar zu einer Erhöhung der CO 2<br />
-Emissionen führen,<br />
ergänzt die Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic<br />
Factory e.V. Deshalb setze digitale Nachhaltigkeit<br />
auf Technologien, die sowohl die Umweltbelastung<br />
als auch die Energieverbräuche verringern. So können<br />
beispielsweise maßgeschneiderte Systeme und<br />
optimierte Wartungszyklen helfen, schlanker, transparenter<br />
und ressourcenschonender zu produzieren.<br />
„Genau dafür möchten wir in den kommenden Monaten<br />
verstärkt Lösungen entwickeln und testen“, erklärt<br />
Hild. Sie will die Industrie 4.0-Initiative noch<br />
stärker auf Zukunftsthemen wie die digitale Nachhaltigkeit<br />
ausrichten und gemeinsam mit den Mitgliedern<br />
besonders KMU dabei unterstützen, die Herausforderungen<br />
von heute und morgen durch eine<br />
passende Digitalisierungsstrategie zu bewältigen.<br />
Der SEF unterstützt seit 2015 kleine und mittlere<br />
Unternehmen beim digitalen Wandel. Durch gemeinschaftliche<br />
technologische Entwicklungen im Industrie<br />
4.0-Umfeld, Beteiligungen an Forschungsprojekten<br />
sowie den regen Austausch der Mitglieder untereinander<br />
und mit der Öffentlichkeit. Im Verein fließen<br />
Kompetenzen von Unternehmen unterschied -<br />
licher Spezialisierung zusammen, wobei ganzheit -<br />
liche Digitalisierungslösungen entstehen.<br />
Hild betont: „Auch für kleine Unternehmen ist die<br />
Digitalisierung unerlässlich, denn sie führt unter anderem<br />
zu neuer Innovationskraft, Kosteneinsparungen<br />
und Effizienzgewinnen.“ Öfter als vermutet gäbe<br />
es in der Praxis jedoch noch Hemmungen, traditionelle<br />
Strukturen zu verlassen. „Wir möchten Mut<br />
machen, die Digitalisierung anzugehen und vom<br />
Wissen unserer Mitglieder zu profitieren. Wenn alle<br />
die Chancen der digitalen Transformation erkennen<br />
und ihr Domänenwissen einbringen, lassen sich Innovationen<br />
schneller und effizienter umsetzen.“<br />
Effiziente Prozesse rund um die interne Supply-<br />
Chain sind eine Voraussetzung für eine flexible und<br />
wirtschaftliche Produktion – das zeigt sich in Zeiten<br />
von Materialengpässen und Lieferkettenproblemen<br />
besonders. Fertigungsbetriebe brauchen Auftrags-<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
„Auch für kleine Unternehmen<br />
ist die Digitalisierung<br />
unerlässlich.<br />
Sie führt zu neuer Innovationskraft,<br />
Kosteneinsparungen<br />
und<br />
Effizienzgewinnen“,<br />
sagt Christina Hild,<br />
Geschäftsführerin des<br />
SEF Smart Electronic<br />
Factory e.V.<br />
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klarheit und Transparenz über alle Abteilungen und<br />
Produktionsschritte hinweg. Eines der jüngsten Mitglieder<br />
im SEF, die Perzeptron GmbH, entwickelt<br />
Software-Werkzeuge für ein effizientes und transparentes<br />
Management produktionsrelevanter Daten bei<br />
der Elektronikproduktion. Das Unternehmen in Eschborn<br />
hat sich auf das Management der kompletten<br />
internen Supply-Chain spezialisiert und möchte in<br />
interdisziplinärer Zusammenarbeit Fertigungsunternehmen<br />
dabei unterstützen, die Herausforderungen<br />
in Materialwirtschaft und Produktionsprozessen<br />
durch Digitalisierung besser zu lösen.<br />
„Auftragsdurchlaufzeiten optimieren, Termintreue<br />
erhöhen, Kosten und Kapitalbindung bei der Bevorratung<br />
von Bauteilen und Produktion reduzieren – die<br />
Liste der Anforderungen, die gleichzeitig an die Elektronikfertigung<br />
gestellt werden, ist lang und wirkt in<br />
Teilen auch unvereinbar“, sagt Perzeptron-Geschäftsführer<br />
Markus Renner. Die aktuellen Krisen<br />
potenzierten die schon hohen Anforderungen. Dabei<br />
erfolgreich zu handeln, erfordere Auftragsklarheit<br />
und optimierte Prozesse. Mithilfe von Software-Lösungen,<br />
die Aufgaben sowie Terminketten rund um<br />
die interne Supply-Chain organisieren und visualisieren,<br />
erkennen Verantwortliche in produzierenden<br />
Unternehmen auf einen Blick, welche Aufträge geliefert<br />
oder produziert werden können, welche Engpässe<br />
die termingerechte Produktion anstehender Aufträge<br />
gefährden und mit welcher Priorisierung sie<br />
bearbeitet werden müssen. Damit entstehen standardisierte<br />
Prozesse und einheitliche Prioritäten.<br />
Aus der Praxiserfahrung von Perzeptron ist die<br />
Software-Lösung „MiG – Materialwirtschaft im<br />
Gleichgewicht“ entstanden. Das Tool verschafft Planungssicherheit<br />
und unterstützt produzierende Unternehmen,<br />
Fehlplanung zu erkennen und zu beheben.<br />
Fertigungsbetriebe erreichen somit eine höhere<br />
Produktivität und Liefertreue, senken ihre Fehlteilquote<br />
und reduzieren die Kapitalbindung. (mw)<br />
Bild: SEF<br />
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2020/1<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 43
» TECHNIK<br />
Digitale Werkzeugverwaltung mit integrierter Werkzeugvermessung<br />
Alle relevanten Informationen sind<br />
an der Maschine verfügbar<br />
Eine erfolgreiche Smart Factory definiert sich auch über effizienten Ressourceneinsatz. Der abgestimmte<br />
Einsatz der Werkzeugverwaltungs-Software MyXPert ToolManager von MySolutions<br />
mit den Werkzeugeinstellgeräten von Kelch lässt sich für eine nachhaltig optimierte Produktion<br />
nutzen, ohne dass bestehende Prozesse neu konzipiert werden müssen.<br />
Wie alle Voreinstellgeräte<br />
der Industrial und<br />
der Premium Line von<br />
Kelch sind auch das<br />
Kenova set line V3 und<br />
das Kenova set line<br />
V9-S in punkto Hardware<br />
und Software in<br />
Automatisierungsprozesse<br />
integrierbar.<br />
Bild: Kelch<br />
Mit der Software MyXPert ToolManager von<br />
MySolutions lassen sich alle benötigten Betriebsmittel<br />
und Einsatzwerkzeuge prozesssicher<br />
digital verwalten. Die Software bietet auch in einer<br />
Lean Production eine zuverlässige Grundlage für die<br />
Einsatzplanung. Werden gleichzeitig Kelch-Werkzeugeinstellgeräte<br />
und Präzisionswerkzeuge mit der<br />
Betriebsmittelverwaltungs-Software verwendet, sind<br />
die Kernkompetenzen der beiden Kooperationspartner<br />
geregelt. Die Voreinstellgeräte Kenova set line V3<br />
und das Kenova set line V9-S von Kelch sind in punkto<br />
Hardware und Software vollständig in Automatisierungsprozesse<br />
integrierbar.<br />
Die Datenbank-Module der Software sind durch<br />
den Einsatz des MyXPert-Frameworks je nach Einsatzart<br />
ausbau- und integrierbar. In Kombination mit<br />
dem passenden MyXPert-Terminal als flexibles und<br />
modulares Shopfloor-Managementsystem können<br />
die Produktionsmitarbeiter direkt an der Maschine<br />
alle fertigungsrelevanten Informationen zu Betriebsmitteln<br />
– zum Beispiel Artikel, Werkzeuge, Vorrichtungen<br />
oder Mess- und Prüfmittel – auf einer zentralen<br />
Benutzeroberfläche abrufen. Dabei ist es möglich,<br />
Daten und Informationen zu visualisieren und<br />
bei Bedarf direkt zurück an Drittsysteme zu senden.<br />
Das Framework ermöglicht die nahtlose Integration<br />
44 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Bild: Kelch<br />
We<br />
make<br />
it work.<br />
Mit der Software von MySolutions lassen sich alle benötigten<br />
Betriebsmittel und Einsatzwerkzeuge digital verwalten, auch für<br />
die Lean Production.<br />
von Fremdsystemen wie CNC-Maschinen oder manuellen<br />
und automatisierten Lagersystemen. Damit gelingt<br />
es, den Ressourceneinsatz im Produktionsprozess<br />
zu optimieren, einschließlich der Werkzeugrüstung<br />
und Werkzeugvorbereitung.<br />
Eine innovative Ergänzung bietet das modulare<br />
Konzept The Box von MySolutions für eine automatische<br />
Lagerverwaltung. Das vertikale Lagersystem ist<br />
fürs gewichtsunabhängige Lagern von kleinen und<br />
mittelgroßen Artikeln konzipiert und optimiert die<br />
Flächennutzung im Lagerbereich.<br />
Durch die enge Zusammenarbeit der Kooperationspartner<br />
ist eine tiefe Integration der Werkzeug -<br />
datenbank und der Software der Werkzeugeinstellgeräte<br />
gegeben. Damit profitieren Betriebe von der<br />
direkten Integration der benötigten Module und<br />
somit von einer einheitlichen Datenstruktur und<br />
Bedienoberfläche. Weitere Entwicklungen sind in<br />
Vorbereitung. (mw)<br />
Es gibt nur eine<br />
Werkzeugmaschine, die<br />
dreht, fräst, bohrt und in<br />
höchster Präzision performt.<br />
Eine MILLTURN<br />
www.wfl.at von WFL.<br />
Bild: Kelch<br />
WFL Millturn Technologies GmbH&Co.KG | www.wfl.at<br />
Das Einstellgeräte Kenova set line V3 CNC.<br />
EINMAL SPANNEN –<br />
KOMPLETT <strong>Industrieanzeiger</strong> BEARBEITEN » 07 | 2023 45
» TECHNIK<br />
Ganzheitliches IT-Sicherheitskonzept für die Smart Factory<br />
Ein paar wichtige Schutzmaßnahmen<br />
Die Gefährdungslage im Cyberraum ist so hoch wie nie zuvor – das bestätigt das BSI in seinem<br />
aktuellen Lagebericht. Mittlerweile richten sich die meisten Angriffe gegen die Fertigungsindustrie.<br />
Wollen Unternehmen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren, ohne ihre vernetzten<br />
Systeme zu gefährden, brauchen sie ein ganzheitliches Sicherheitskonzept.<br />
» Axel Noack, Pagecouture PR, Markt Indersdorf<br />
Bild: Endian SRL<br />
So könnte der Aufbau<br />
einer sicheren digitalen<br />
Plattform aussehen.<br />
Die Lücken sind groß: „Viele OT-Systeme<br />
wurden über Jahre ohne Sicherheits-Updates<br />
betrieben. Das war unproblematisch,<br />
solange keine Verbindung<br />
zum Internet bestand“, so Endian CEO Raphael<br />
Vallazza. „Mit der Einführung der<br />
Smart Factory werden diese OT-Systeme<br />
mit der IT vernetzt und bieten damit<br />
schlagartig eine breite Angriffsfläche<br />
über Sicherheitslücken, die eigentlich<br />
längst gepatcht sein müssten.“<br />
Ein weiteres Risiko ist die exponentiell<br />
wachsende Zahl der vernetzten Geräte<br />
und die damit verbundene Komplexität<br />
der Netzwerke, besonders vor dem Hintergrund<br />
des anhaltenden IT-Fachkräfte-<br />
mangels. Außerdem verschwimmen die<br />
Unternehmensgrenzen immer mehr, bedingt<br />
durch das Konzept der Fernwartung<br />
sowie dem anhaltenden Home-Office-<br />
Trend. „Jedes internetfähige Gerät, das<br />
beispielsweise von Besuchern oder Mitarbeitern<br />
ins Unternehmen gebracht wird,<br />
kann sich verbinden und ein potentielles<br />
Risiko darstellen“, so Vallazza. “Die Smart<br />
Factory braucht ein ganzheitliches Sicherheitskonzept,<br />
das alle Risiken berücksichtigt“.<br />
Geräte sicher vernetzen<br />
Die Digitalisierung einer Fabrik startet<br />
nicht bei „Null“. Meistens müssen auch<br />
Maschinen vernetzt werden, die noch auf<br />
veralteten Betriebssystemen basieren. In<br />
diesem Fall ist es empfehlenswert, die<br />
Verbindung zum Internet über ein IoT-Security-Gateway<br />
herzustellen, wie beispielsweise<br />
das Endian 4i Edge X. Es verfügt<br />
nicht nur über die erforderlichen<br />
Konnektivitätsoptionen sondern ist<br />
gleichzeitig mit zahlreichen IT-Sicherheitsfunktionen<br />
ausgestattet, wie Firewall,<br />
Deep Packet Inspection (DPI), Intrusion<br />
Detection System (IDS) und Intrusion<br />
Prevention System (IPS) sowie VPN. Indem<br />
es vor die Maschine geschaltet wird<br />
und die eingehenden Datenströme analysiert<br />
und filtert, sorgt es auch bei älteren<br />
46 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Anlagen für ein aktuelles Sicherheitsniveau.<br />
Visualisieren und segmentieren<br />
Voraussetzung für ein ganzheitliches Sicherheitskonzept<br />
ist es, den Überblick zu<br />
behalten und zwar über alle im Netzwerk<br />
verbundenen Geräte, ihre Verknüpfungen<br />
miteinander und die regulären Datenströme.<br />
Netzwerkvisualisierung ist hier das<br />
Stichwort und mittlerweile gibt es für<br />
diesen Zweck Software, die alle Geräte<br />
automatisiert erkennt und die Verbindungen<br />
grafisch darstellt. Ist der Normalzustand<br />
bekannt, lassen sich Angriffe mittels<br />
einer automatisierten Anomalieerkennung<br />
frühzeitig identifizieren.<br />
Auf Basis der Netzwerkvisualisierung<br />
sollte im nächsten Schritt die Netzwerksegmentierung<br />
erfolgen. Dafür werden Bereiche<br />
mit einem vergleichbaren Sicherheitslevel<br />
bestimmt und über IoT-Gateways<br />
voneinander abgetrennt. Sollte ein<br />
Angreifer die Firewall überwinden, beispielsweise<br />
über gestohlene Zugangsdaten,<br />
so kann das IDS/IPS die Unregelmäßigkeiten<br />
im Datenverkehr erkennen und<br />
den Angriff stoppen.<br />
Nicht zuletzt müssen beim Aufbau der<br />
Sicherheitsarchitektur die rechtlichen<br />
Standards Berücksichtigung finden. Der<br />
Branchenstandard IEC 62443 beschreibt<br />
Anforderungen im Hinblick auf Technik<br />
und Prozesse für die Sicherheit bei industriellen<br />
Kommunikationsnetzen. Er fordert<br />
eine klare Segmentierung der einzelnen<br />
Produktionsbereiche. Nach Möglichkeit<br />
stellt jede einzelne Produktionslinie oder<br />
-zelle ein eigenes Segment dar. Darüber<br />
hinaus müssen Unternehmen eine Multi-<br />
Faktor-Authentifizierung etablieren, Daten<br />
verschlüsseln und die Zugriffsberechtigungen<br />
von Benutzern oder Benutzergruppen<br />
verwalten. Auch die Vorgaben<br />
der Datenschutzgrundverordnung müssen<br />
berücksichtigt werden und, je nach Branche,<br />
die der NIS2-Regelung und der KRI-<br />
TIS-Vorschriften.<br />
Zentrales Management<br />
der Anlagen<br />
Mit der sicheren Vernetzung der Anlagen<br />
ist die Basis für ein ganzheitliches Sicherheitskonzept<br />
gelegt. Mindestens genauso<br />
Raphael Vallazza, CEO Endian.<br />
wichtig ist im Anschluss die zentrale Verwaltung<br />
aller Anlagen über eine einzige<br />
IoT-Plattform. Auf diesem Weg lassen<br />
sich die angebundenen IoT-Gateways jederzeit<br />
mit den notwendigen Sicherheitsupdates<br />
versorgen, um die verbundenen<br />
Anlagen zu schützen.<br />
Über diese zentrale IoT-Plattform lassen<br />
sich idealerweise auch granulare Rollen<br />
und Berechtigungen einrichten und in<br />
Echtzeit verwalten. Damit können Unternehmen<br />
festlegen, wer welche Aktionen<br />
auf einer Maschine durchführen darf oder<br />
Einblick in bestimmte Daten erhält. Die<br />
Nutzungsrechte sollten nach dem „Least-<br />
Privilege-Prinzip“ vergeben werden, was<br />
bedeutet, dass jeder Nutzer nur so wenig<br />
Rechte wie nötig erhält.<br />
Durch ein Zero-Trust-Konzept wird das<br />
Sicherheitsniveau beim Zugriff auf die<br />
Systeme nochmals verbessert. Jeder einzelne<br />
Zugriff, ganz gleich, ob er innerhalb<br />
oder außerhalb des Unternehmens erfolgt,<br />
braucht eine eigene Berechtigung.<br />
Edge Computing<br />
Edge Computing steht für eine Datenverarbeitung<br />
möglichst nahe an dem Ort, wo<br />
sie entstehen. Je weniger Daten über das<br />
Internet versendet werden, desto geringer<br />
ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie abgefangen<br />
oder manipuliert werden. Leistungsstarke<br />
industrielle IoT-Gateways<br />
bieten dafür ausreichend Rechenkapazität<br />
und eine Möglichkeit, Daten zwischenzuspeichern,<br />
falls die Verbindung<br />
unterbrochen wird.<br />
Sofern die IoT-Gateways auch für den<br />
Einsatz von Docker Containern vorgesehen<br />
sind, können Unternehmen ihre individuellen<br />
Anwendungen auf den IoT-<br />
Gateways ausführen. Hat eine Niederlassung<br />
beispielsweise eine Software zur<br />
Datenverarbeitung entwickelt, lässt sie<br />
sich einfach und schnell per Docker-Container<br />
und über die zentrale IoT-Plattform<br />
an alle anderen Standorte verteilen.<br />
Mitarbeiter einbinden<br />
Am häufigsten kommt Schadsoftware<br />
nach wie vor per E-Mail ins Unternehmen.<br />
Angreifer setzten darauf, dass im<br />
hektischen Arbeitsalltag auf einen infizierten<br />
Anhang oder Link geklickt wird<br />
und sind damit viel zu oft erfolgreich.<br />
Künstliche Intelligenz in Sprachanwendungen<br />
wird zukünftig dafür sorgen, dass<br />
Phishing-Mails immer schwerer zu erkennen<br />
sind. Unternehmen sind deshalb trotz<br />
aller technischen Vorsichtsmaßnahmen<br />
gefordert, ihre Mitarbeiter permanent zu<br />
schulen und in Sachen IT-Sicherheit weiterzubilden.<br />
Auch ein vertrauensvolles Arbeitsklima<br />
und eine offene Fehlerkultur<br />
leisten einen wichtigen Beitrag zu einem<br />
höheren Sicherheitsniveau.<br />
Bild: Endian SRL<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 47
Bild: ARI-Armaturen Albert Richter GmbH & Co. KG<br />
ARI-Armaturen produziert Schwerarmaturen in seinen drei Werken in Deutschland und vertreibt sie weltweit.<br />
Mit MES & Co auf dem Weg zu Industrie 4.0<br />
Aufbau einer konsistenten<br />
IT-Infrasturktur<br />
ARI-Armaturen produziert Schwerarmaturen und vertreibt sie weltweit. Bereits im Jahr<br />
2007 hat das Unternehmen beschlossen, seine heterogene IT-Infrastruktur durch ein<br />
Komplettsystem der GFOS mbH zu ersetzen. Dadurch konnten Ziele wie Transparenz,<br />
höhere Liefertreue und Automatisierungsanbindung erreicht werden. Im Zeitalter von<br />
Industrie 4.0 gibt es immer noch Optimierungspotenzial für das MES.<br />
» Katharina Van Meenen-Röhrig, CEO GFOS mbH<br />
2007 stand das Unternehmen vor der Situation,<br />
dass unterschiedliche Systeme für Personalzeiterfassung,<br />
Betriebsdatenerfassung, Maschinendatenerfassung<br />
und Leitstand im Einsatz waren und<br />
Systemupdates anstanden. Zudem waren erste Ideen<br />
entstanden, ein Manufacturing Execution System<br />
(MES) einzuführen. In diesem Kontext entstand die<br />
Idee, einen Softwareanbieter zu finden, der eine<br />
Komplettlösung anbietet, wobei das Thema MES im<br />
Mittelpunkt stand.<br />
Zur Auswahl des Partners wurde ein umfangreicher<br />
Kriterienkatalog erstellt, der auch weiche Kriterien<br />
enthielt. Matthias Kornfeld (CIO) erklärt: „Uns war es<br />
wichtig, qualitativ hochwertige Software aus einer<br />
Hand zu bekommen. Aber wir wollten auch einen<br />
Partner finden, mit dem wir gut und langfristig für<br />
eine stabile Zukunft zusammenarbeiten können.“<br />
Nach einer längeren Auswahlphase überzeugte<br />
schließlich das Gesamtpaket der Essener GFOS mbH.<br />
Das Projektteam von ARI-Armaturen war sich sicher,<br />
dass GFOS die Unternehmenskultur und die gestellten<br />
Anforderungen am besten verstanden hatte. Ziel<br />
von MES-Lösungen ist es, die Produktion zu straffen<br />
sowie Abläufe und die Organisation zu optimieren.<br />
Diese Erwartungshaltung hatte auch ARI-Armaturen.<br />
Zudem sollte die neue IT-Lösung maßgeblich zur<br />
rückstandsfreien Planung beitragen. Denn mithilfe<br />
des MES ist es möglich, die Produktion sehr genau<br />
48 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
TECHNIK «<br />
und vor allem zeitnah – quasi online in Echtzeit – zu<br />
planen. Dafür muss der aktuelle Ist-Zustand immer<br />
verfügbar und auch die Zukunft muss verlässlich<br />
planbar sein. Nur durch diese Transparenz der aktuellen<br />
Zustände der Produktionsmittel, der Lagerbestände<br />
und der Aufträge ist es möglich, verlässlich zu<br />
planen, Liefertermine zu halten und damit wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben. So wurden alle Arbeitsplätze<br />
mit Terminals ausgestattet, sämtliche Daten werden<br />
mit einer Betriebs- und Maschinendatenerfassung<br />
(BDE und MDE) ermittelt.<br />
Die BDE hilft dabei, Transparenz in die Fertigungsprozesse<br />
und Abläufe zu bringen. Dazu sammelt das<br />
Modul Informationen zu den Mengen, Laufzeiten,<br />
Stillständen, Störgründen, Chargen- und Qualitätsdaten<br />
in der Produktion. Zudem müssen Liefertermine<br />
eingehalten, Weiterverarbeitungen zeitnah in die<br />
Wege geleitet, Maschinen effizient ausgelastet und<br />
Lagerkosten im Blick gehalten werden. Die MDE<br />
sammelt und wertet Stückzahlen, Maschinenzustände<br />
und Prozesswerte aus – eben alle Daten, die während<br />
der Herstellung eines Produktes entstehen und<br />
erforderlich sind. Dem Leitstand kommt eine besonders<br />
wichtige Bedeutung zu: Seine Kernaufgabe ist,<br />
die Dynamik im Planungshorizont zu steuern. Es werden<br />
kürzlich aufgetretene Ereignisse wie Störungen<br />
oder Anlagenausfälle unmittelbar berücksichtigt, um<br />
so stets in der Lage zu sein, präzise Endtermine festzulegen.<br />
Außerdem lässt sich so auf einen möglichen<br />
Konflikt reagieren, bevor ein Problem eskaliert. „Das<br />
MES ist in allen produzierenden Bereichen im Einsatz.<br />
Ohne MES wären wir gar nicht mehr arbeitsfähig.<br />
Die MES-Meldung gehört zu jedem Werkstück<br />
dazu“, fasst Matthias Kornfeld zusammen.<br />
Zeitwirtschaft und<br />
Personaleinsatzplanung<br />
ARI-Armaturen setzt auch auf die Zeitwirtschaft und<br />
Personaleinsatzplanung von GFOS. „Wir bieten unseren<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die unterschiedlichsten<br />
Arbeitszeitmodelle an: halbtags, 38<br />
Stunden-Woche, 40 Stunden-Woche und weitere<br />
Sondermodelle. Schließlich wollen wir für unsere<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein attraktiver Arbeitgeber<br />
sein. Zudem wird in Früh-, Mittag- und<br />
Nachtschicht gearbeitet. Um die Kapazitäten der<br />
Maschinen abzudecken, gibt es aber auch besondere<br />
Kombinationen. Dies ist ohne ein gutes Zeitwirtschaftssystem<br />
nicht zu handhaben“, so Kornfeld.<br />
Darüber hinaus kommt in der Fertigung und in der<br />
Organisation/Verwaltung die Personaleinsatzplanung<br />
zum Einsatz. Dabei war es dem Unternehmen wichtig,<br />
dass GFOS eine umfassende Personaleinsatzplanung<br />
anbietet und kein vereinfachtes Programm zur<br />
Urlaubsplanung. Denn nur so kann bereichsübergreifend<br />
gerecht und identisch geplant werden. Besonders<br />
die Verknüpfung von Leitstand und Personaleinsatzplanung<br />
bietet eine Menge Vorteile. Durch die<br />
stets aktuelle Datengrundlage aus der Fertigung<br />
kann ein optimaler Personaleinsatzplan erstellt werden<br />
– ohne dass der Meister viel manuellen Aufwand<br />
damit hat. Der fertige Personaleinsatzplan wird den<br />
Mitarbeitern als Aushang zur Verfügung gestellt.<br />
Das Projekt war sehr umfangreich und erforderte<br />
Ausdauer. Zunächst wurde die Zeitwirtschaft innerhalb<br />
von zwei Monaten eingeführt. Danach folgte<br />
das MES sukzessive. Für die Einführung des Leitstands<br />
nahmen sich die Projektbeteiligten viel Zeit,<br />
da dieses Element sehr komplex war und später besonders<br />
wichtig sein würde. Zudem erfolgten einige<br />
individuelle Anpassungen auf die Bedürfnisse von<br />
ARI-Armaturen. Im Anschluss an das MES wurde<br />
dann die Personaleinsatzplanung eingeführt.<br />
Und auch heute ist die Arbeit am MES nicht abgeschlossen,<br />
da ARI-Armaturen gerade vor dem Hintergrund<br />
von Industrie 4.0 nicht stehen bleiben will,<br />
sondern stetig um weitere Optimierung bemüht ist.<br />
Dies geschieht in enger Absprache mit dem MES-Berater<br />
der GFOS.<br />
Matthias Kornfeld zum Thema Industrie 4.0: „Natürlich<br />
ist Industrie 4.0 ein Thema für uns. Schließlich<br />
findet die Digitalisierung überall statt – privat<br />
und beruflich. Unternehmen müssen hier Schritt halten,<br />
sonst sind sie morgen nicht mehr da. MES-Systeme<br />
stellen aus meiner Sicht die Grundlage für Industrie<br />
4.0 dar. Denn ohne MES ist eine vernünftige<br />
Automatisierung nicht möglich. Aber natürlich müssen<br />
sämtliche Prozesse im Unternehmen IT-gestützt<br />
und miteinander verwoben sein – also ERP, MES,<br />
CRM, PLM usw. Wir bei ARI-Armaturen haben damit<br />
bereits vor einigen Jahren begonnen und wir werden<br />
nicht stehen bleiben.“<br />
Bild: ARI-Armaturen Albert Richter GmbH & Co. KG<br />
ARI-Armaturen baut vielseitig<br />
einsetzbare Prozessarmaturen für<br />
flüssige und gasförmige Medien.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 49
» TECHNIK<br />
Künstliche Intelligenz demokratisiert die industrielle Bildverarbeitung<br />
Deep Learning ermöglicht<br />
komplexe Anwendungen<br />
Fortschritte in der KI-basierten Bildanalyse machen die industrielle Bildverarbeitung<br />
für Unternehmen jeder Größe zugänglich, auch ohne Spezialwissen. Dadurch lässt sich<br />
der Zeitaufwand für die Einrichtung von Prüfanwendungen reduzieren und die Effizienz<br />
der Produktionslinien steigern. Nicht zuletzt wird der Material- und Energieverbrauch<br />
optimiert und die Rückverfolgbarkeit verbessert.<br />
Bildverarbeitungssysteme können unter anderem die Vollständigkeit<br />
von Waren überprüfen wie zum Beispiel in der Pharmaindustrie.<br />
Bild: Cognex<br />
Ein Bildverarbeitungs-System, kurz BV-System,<br />
kann viele Anwendungen bewältigen. Es erkennt<br />
Fehler an Produkten, überprüft die Endmontage,<br />
zählt Teile und erfasst Maße. Im Gegensatz zur manuellen<br />
Prüfung arbeitet die BV rund um die Uhr mit<br />
konstanter Leistung und bietet eine höhere Präzision<br />
und Geschwindigkeit.<br />
Auf der Grundlage neuronaler Netze bringt Deep<br />
Learning den Robotern und Maschinen bei, was für<br />
Menschen selbstverständlich ist, nämlich aus Beispielen<br />
zu lernen. In Fertigungsprozessen ist diese<br />
Technik auch relevant für Qualitätsprüfungen und<br />
andere urteilsbasierte Aufgaben. Deep Learning eignet<br />
sich besonders für komplexe An-wendungen wie<br />
das Erkennen von unvorhersehbaren, kosmetischen<br />
Abweichungen. Das können zum Beispiel Kratzer und<br />
Dellen auf Teilen sein, die gedreht, gebürstet oder<br />
glänzend sind. Mit Deep Learning kann das BV-Sys-<br />
50 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Kamerabasierte Scanner kombinieren Visualisierungs- und Bildanalysefunktionen.<br />
Mit dieser Technik lassen sich Codes zuverlässig erkennen.<br />
tem Anomalien erkennen und gleichzeitig natürliche<br />
Abweichungen tolerieren. Lösungen, die diese Technik<br />
nutzen, verbessern ihre Leistung kontinuierlich,<br />
denn sie lernen dazu mit Hilfe neuer Texte und Bilder.<br />
In manchen Fällen, etwa bei der qualitativen Interpretation<br />
einer komplexen Szene, ist die menschliche<br />
Sicht immer noch die beste Wahl, aber Deep Learning<br />
kann die Herausforderungen einer urteilsbasierten Inspektion<br />
effektiver bewältigen als ein menschlicher<br />
Prüfer oder die traditionelle industrielle BV. Für das<br />
Unternehmen Schneider Electric beispielsweise hat<br />
sich die Investition in diese Technik gelohnt. Durch die<br />
Einführung eines BV-Systems, mit dem die komplexe<br />
Prüfung von Lötpunkten automatisiert werden konnte,<br />
spart das Werk in Plovdiv, Bulgarien, jedes Jahr<br />
40.000 Euro. Gleichzeitig wird der Ausschuss reduziert<br />
und die Produktivität der Fertigungslinie verbessert.<br />
Während die Umsetzung von Deep-Learning-basierten<br />
BV-Projekten viel Planung, Wissen und spezielle<br />
Ressourcen erfordert, ist die KI-basierte Bildanalyse<br />
durch eine neue Technik namens Edge Learning<br />
nun auch kleineren Unternehmen zugänglich.<br />
Edge Learning ist ein Unterbereich von Deep Learning.<br />
Mit der Technik lassen sich Daten direkt auf<br />
dem Gerät verarbeiten. Diese Vorgehensweise hat<br />
viele Vorteile. Zunächst ist sie einfach in der Anwendung.<br />
Für die Einrichtung und Nutzung einer auf Edge<br />
Learning basierenden BV-Lösung sind keine speziellen<br />
Kenntnisse erforderlich. Da die Algorithmen<br />
vortrainiert sind, braucht Edge Learning weniger Zeit<br />
und nur fünf bis zehn Bilder, um zu lernen, wie man<br />
gute von schlechten Teilen unterscheidet. Das macht<br />
die Technik zu einer geeigneten Lösung für Experten<br />
und Anfänger gleichermaßen, um eine breite Palette<br />
von Anwendungen in Produktionsstätten über viele<br />
Branchen hinweg zu relativ geringen Kosten zu automatisieren.<br />
Das Unternehmen Federal Package, das Kosmetika<br />
und pharmazeutische Produkte verpackt, hat in seinem<br />
Werk BV-Systeme mit Edge-Learning eingeführt.<br />
Tropfen, die nach dem Abfüllen aus den Flaschen<br />
kommen, wurden zuvor manuell erkannt. Die<br />
Qualitätskontrolle konnte mit Edge-Learning-Unterstützung<br />
auf eine Genauigkeit von 99 % verbessert<br />
werden. Federal Package ist mit der Leistung der KIgestützten<br />
BV zufrieden und plant derzeit, auch die<br />
auf den Etiketten aufgedruckten Chargencodes mit<br />
dieser Technik zu überprüfen. So soll die Bestandsverwaltung<br />
und Chargenkontrolle in der kompletten<br />
Lieferkette erleichtert werden. Das von der visuellen<br />
Kontrolle befreite Prüfpersonal kann dafür höherwertige<br />
Aufgaben übernehmen.<br />
Die Rückverfolgbarkeit, die vor allem in der Lebensmittel-<br />
und Pharmaindustrie gefordert wird, gewinnt<br />
auch in anderen Sektoren an Bedeutung. Mit<br />
ihr kann ein Teil, ein Produkt oder eine Verpackung<br />
während des gesamten Lebenszyklus verfolgt werden<br />
und ist somit eines der wichtigsten Themen in der<br />
gesamten Lieferkette. Um die in einem Barcode enthaltenen<br />
Informationen zu erfassen, stehen laserund<br />
kamerabasierte Barcode-Scanner zur Verfügung.<br />
Im Gegensatz zu laserbasierten Modellen kombinieren<br />
kamerabasierte Scanner Visualisierungs- und<br />
Bildanalysefunktionen in Echtzeit für jeden Barcode.<br />
Sie arbeiten mit modernen Dekodier-Algorithmen<br />
und Beleuchtungsoptionen und können deshalb auch<br />
problematische Codes auf glänzenden oder reflektierenden<br />
Oberflächen lesen.<br />
Durch die Kombination dieser Techniken mit Edge-<br />
Computing-Plattformen können Unternehmen ihre<br />
Rückverfolgbarkeitsprozesse auf die nächste Stufe heben,<br />
indem sie zentralisierte, Cloud-basierte Analysen<br />
direkt neben den Produktionslinien und Logistikprozessen<br />
nutzen. Die von den Barcode-Scannern gesammelten<br />
Daten helfen dabei, mögliche Probleme wie<br />
zum Beispiel fehlgelesene Barcodes zu erkennen. So<br />
lassen sich Lösungsmaßnahmen schneller einleiten.<br />
Um auch unter schwierigen Marktbedingungen<br />
mit Wettbewerbsdruck und Personalmangel bestehen<br />
zu können, ist die automatische Inspektionen<br />
und Rückverfolgbarkeit ein entscheidender Faktor.<br />
Eine Schlüsseltechnologie für Unternehmen jeder Art<br />
und Größe ist dabei die industrielle BV, deren Anwendungsgebiete<br />
sich mit KI-basierten Tools deutlich<br />
erweitert haben. Damit lassen sich Fertigungsund<br />
Logistikprozesse effizienter gestalten und die<br />
Qualität verbessern. Zudem können Fehler in der Produktion<br />
früh erkannt und so die Verschwendung von<br />
Ressourcen und Energie reduziert werden. (us)<br />
Bild: Cognex<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 51
» TECHNIK<br />
Erfolgreiche Implementierung von kollaborierenden Robotern<br />
So wird der Cobot<br />
ein Teil der Belegschaft<br />
Kollaborative Roboter, kurz Cobots, arbeiten eng mit dem Menschen zusammen und lassen sich<br />
in unterschiedlichen Anwendungen einsetzen. Dabei sollen sie den Werker bei der Arbeit unterstützen<br />
und entlasten. Wie das gelingt, zeigt das Unternehmen Item am Einsatz eines Modells<br />
von Universal Robots im eigenen Lager- und Produktionszentrum Piepersberg in Solingen.<br />
Cobots brauchen wenig Platz, lassen<br />
sich flexibel einsetzen und schnell an<br />
unterschiedliche Arbeitsanforderungen<br />
anpassen. Sie teilen sich einen gemeinsamen<br />
Arbeitsraum mit den Mitarbeitern<br />
und brauchen keinen Schutzzaun wie die<br />
klassischen Industrieroboter. Ausgestaltet<br />
wie ein Arm übernehmen die Cobots<br />
meist monotone, anstrengende Arbeiten<br />
und entlasten so den Werker. Doch wie<br />
integriert man einen Cobot in die bestehenden<br />
Prozesse und überzeugt zugleich<br />
die Kollegen von dem sinnvollen Einsatz,<br />
ohne Ängste um den eigenen Arbeitsplatz<br />
zu schüren? Anhand der Einführung eines<br />
Cobots im eigenen Montagebereich und<br />
Kleinteilelager zeigt das Unternehmen<br />
Item die richtige Vorgehensweise bei der<br />
Projektrealisierung.<br />
„Der Lean-Gedanke ist in unserem Unternehmen<br />
fest verankert“, sagt Przemyslaw<br />
Krzysztyniak, Projektleiter und Innovationsmanager<br />
bei Item. „Das bezieht<br />
sich nicht nur auf unsere Produkte, sondern<br />
auch auf Arbeits- und Produktionsprozesse<br />
im Unternehmens.“ Im Sinne des<br />
kontinuierlichen Verbesserungsprozesses<br />
entschieden sich die Solinger, ihre Montageprozesse<br />
schlanker zu gestalten und<br />
mit geringem Aufwand teilweise zu automatisieren.<br />
Der Schwerpunkt lag auf der<br />
Kleinteilemontage, bei der manuelle Tätigkeiten<br />
überwiegen.<br />
Bild: Item<br />
Um Mitarbeiter in der Kleinteilemontage<br />
zu entlasten,<br />
entschied sich die Geschäftsführung<br />
für den Einsatz eines<br />
Cobots von Universal Robots.<br />
52 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Im ersten Schritt wurden Abläufe in den<br />
Bereichen Bearbeitung, Montage und Konfektionierung<br />
geprüft und analysiert. Dazu<br />
betrachtete ein eigens gebildetes Team die<br />
komplette Prozesskette, die einzelnen Produkte<br />
und die genutzten Systeme und<br />
stellte sich dann die Frage, wie die ausgewählten<br />
Prozesse sich am besten optimieren<br />
lassen. Man entschied sich schließlich<br />
für den Einsatz eines Leichtbauroboters<br />
des Herstellers Universal Robots.<br />
Der Fokus der neuen Lösung lag auf der<br />
Fertigung kleiner Losgrößen. So wählte<br />
das Team die manuelle Montage einer<br />
Laufrolle, die aus mehreren Komponenten<br />
besteht. Diese müssen nacheinander zusammengefügt<br />
werden, was eine anstrengende<br />
und monotone Arbeit ist. Dieser<br />
Vorgang sollte optimiert und die Mitarbeiter<br />
durch den Cobot entlastet werden.<br />
Bei der Realisierung des Projekts konnte<br />
Item auf die eigenen Produkte zurückgreifen.<br />
Der Leichtbauroboter wurde in<br />
die vorhandene Arbeitsumgebung<br />
integriert,<br />
die aus ergonomischen<br />
Arbeitsplätzen<br />
und Bereitstellungs-Wagen<br />
besteht. In<br />
einem späteren Schritt wurde<br />
zudem ein Werkstück-Trägersystem in<br />
einer separaten Funktionsinsel angebaut.<br />
Während früher die einzelnen Komponenten<br />
der Laufrolle ausgepackt und in<br />
mehrere Schalen gelegt wurden, um sie<br />
anschließend in einer pneumatischen Fügevorrichtung<br />
zur Laufrolle zusammenzufügen,<br />
übernimmt nun der Cobot einen<br />
Großteil dieser Arbeiten. Die Mitarbeiter<br />
füllen dazu mehrere Magazine mit den<br />
Einzelteilen auf. Der Cobot entnimmt die<br />
Komponenten und legt sie in die Fügevorrichtung.<br />
Der Fügevorgang läuft automatisch<br />
ab. Anschließend sortiert der Roboter<br />
das fertige Produkt einen Werkstückträger<br />
ein.<br />
COBOTS...<br />
...sind die neuen Kollegen in<br />
der Montage. Die kollaborierenden<br />
Roboter übernehmen<br />
monotone Arbeiten, die<br />
keiner gern macht und<br />
das ist gut so.<br />
Auf diese Weise<br />
können drei unterschiedliche<br />
Rollen gefertigt<br />
werden. Dabei<br />
übernimmt der Roboter<br />
rund 90 % der Arbeit und<br />
der Mitarbeiter die verbleibenden<br />
10 %. Während der Cobot seine Arbeit<br />
macht, kann sich der Werker mit anderen<br />
Aufgaben beschäftigen. Da sich in<br />
den Magazinen vor Beginn der Montage<br />
die gleiche Zahl an Rollen befindet wie<br />
später im Werkstückträger, ist durch eine<br />
einfache optische Kontrolle sofort ersichtlich,<br />
ob der gesamte Vorgang fehlerfrei<br />
durchgeführt worden ist.<br />
Durch den Einsatz des Cobot konnte die<br />
Belastung der Mitarbeiter um 90 % reduziert<br />
werden, da sie sich nur noch um den<br />
Nachschub und das Auffüllen der Magazine<br />
kümmern müssen. Die gewonnene<br />
Zeit kann in andere, wertschöpfende Tätigkeiten<br />
investiert werden. „Vor dem Ein-<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 53
» TECHNIK<br />
Bild: Item<br />
Für die Fertigung<br />
einer Laufrolle entnimmt<br />
der Cobot die<br />
notwendigen Komponenten<br />
und legt sie in<br />
die Fügevorrichtung.<br />
satz des Cobots musste ein Mitarbeiter<br />
täglich bis zu 700 mal manuell die Presse<br />
betätigen, was nach einer gewissen Zeit<br />
unweigerlich zu körperlichen Beschwerden<br />
führte“, sagt Nasim Mahek, Leitstandmitarbeiter<br />
der Kleinteilemontage.<br />
„Nun ist die Arbeit erheblich ergonomischer<br />
und gesundheitsschonender.“<br />
Darüber hinaus sparen die Solinger Verpackungsmaterial,<br />
denn die<br />
fertigen Laufrollen werden gesammelt<br />
auf dem Werkstückträger<br />
eingelagert. Vor Einsatz<br />
des Cobots wurde eine definierte<br />
Anzahl von Rollen in<br />
Kartons verpackt. Der Roboter<br />
übernimmt also auch Zählaufgaben.<br />
Ist eine vorgegebene Stückzahl<br />
gefertigt und der Werkstückträger voll,<br />
signalisiert der Cobot dies durch eine optische<br />
Hilfseinrichtung. In einer Kiste<br />
werden die vollen Werkstückträger gestapelt,<br />
abgedeckt und in einem automatischen<br />
Kleinteilelager eingelagert. Unterm<br />
Strich werden mehrere Arbeitsschritte<br />
eingespart und die Produkte zudem nachhaltiger<br />
gefertigt.<br />
» Bei den Mitarbeitern muss<br />
ankommen, dass der Cobot für sie<br />
arbeitet und nicht gegen sie. «<br />
Przemyslaw Krzysztyniak, Projektleiter bei Item<br />
Wichtig für eine erfolgreiche Implementierung<br />
von Cobots ist die frühe, abteilungsübergreifende<br />
Einbindung der Mitarbeiter.<br />
Deren Wünsche und Ideen müssen<br />
aufgenommen werden. Außerdem sind sie<br />
über jeden Schritt in der Entwicklung zu<br />
informieren. „Eine umfassende Transparenz<br />
gleich zu Beginn und während der<br />
Realisierung ist das A und O, wenn Akzeptanz<br />
statt Ablehnung erreicht werden<br />
soll“, betont Krzysztyniak. „Bei den Mitarbeitern<br />
muss ankommen, dass die Applikation<br />
für sie arbeitet und nicht gegen sie.“<br />
Den Monteuren kommt dabei nach wie<br />
vor eine wichtige Aufgabe zu. Ohne sie<br />
kann der gesamte, teilautomatisierte Ablauf<br />
nicht funktionieren. Die Mitarbeiter<br />
nutzen den Cobot wie ein ganz reguläres<br />
Werkzeug oder Betriebsmittel und legen<br />
ihre Arbeitsgeschwindigkeit individuell<br />
fest. Viele Werker sollten dabei den Cobot<br />
eigenständig bedienen können. Daher<br />
legte man bei Item großen Wert auf eine<br />
einfache und intuitive Bedienung. „Die<br />
Einführung der neuen Technik hat alle<br />
restlos begeistert“, freut sich Mahek. „Wir<br />
haben eine bessere Arbeitsatmosphäre<br />
geschaffen und der Cobot ist ein Teil der<br />
Mannschaft geworden.“ Es<br />
gab keine Berührungsängste.<br />
Die Belegschaft schätzt den<br />
maschinellen Dauergast und<br />
gab ihm sogar einen Namen.<br />
Dabei waren seine schlangengleichen<br />
Bewegungen und das<br />
Jahr der Implementierung<br />
ausschlaggebend. Der neue Kollege heißt<br />
„Cobra20“.<br />
„Der Cobot ist ein Teil des Ganzen“, so<br />
Krzysztyniak. „Großen Einfluss auf eine<br />
erfolgreiche Integration haben dabei die<br />
Mitarbeiter, die eingesetzten Betriebsmittel<br />
und natürlich wirtschaftliche Aspekte“.<br />
Daher ist es unumgänglich, dass Cobra20<br />
nicht nur in einem Prozess eingesetzt<br />
wird, sondern mehrere Arbeiten überneh-<br />
54 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
men kann. Nach kurzer Rüstzeit soll der<br />
Roboter Schraubapplikationen umsetzen<br />
und Komponenten aus drei verschiedenen<br />
Produktgruppen fertigen.<br />
Natürlich spielen auch sicherheitstechnische<br />
Aspekte eine große Rolle bei der<br />
Einführung. Die Maschinenrichtlinie<br />
2006/42/EG sowie diverse Normen und<br />
technische Spezifikationen wie die ISO/TS<br />
15066 sind dabei zu berücksichtigen. Außerdem<br />
sollten nur zertifizierte Komponenten<br />
zum Einsatz kommen. Um die<br />
Mitarbeiter bestmöglich zu schützen,<br />
wurde der Cobot so in die Arbeitsumgebung<br />
integriert, dass ein zufälliger Kontakt<br />
mit dem Menschen nahezu ausgeschlossen<br />
ist. Virtuelle Zäune sorgen für<br />
zusätzliche Sicherheit. Verlässt der Roboterarm<br />
den festgelegten Arbeitsraum,<br />
wird die Bewegung automatisch abgebremst.<br />
Eine weitere Einflussgröße auf den Erfolg<br />
des Projekts ist die Zusammenarbeit<br />
mit verlässlichen Partnern, welche die benötigten<br />
Komponenten liefern. Hierzu gehört<br />
zum Beispiel ein Greifer, der sich flexibel<br />
für mehrere Tätigkeiten programmieren<br />
lässt. „Der Cobot soll an verschiedenen<br />
Arbeitsplätzen für unterschiedliche<br />
Fertigungen mit wechselndem Personal<br />
zum Einsatz kommen“, fasst Krzysztyniak<br />
zusammen. „Das System ist also nicht fest<br />
installiert, sondern als flexible Lösung<br />
konzipiert, die sich an die verschiedenen<br />
Stationen andocken lässt.“ (us)<br />
Der Roboter sortiert das fertige Produkt nach der Montage in den Werkstückträger ein.<br />
Bild: Item<br />
Pionier für Systembaukästen<br />
Die Item Industrietechnik ist ein Pionier für Systembaukästen,<br />
die in industriellen Anwendungen genutzt werden,<br />
und ein Partner der Fertigungsindustrie in der ganzen Welt.<br />
Das Produktportfolio umfasst mehr als 4.000 hochwertige<br />
Komponenten zur Konstruktion von Maschinengestellen,<br />
Arbeitsplätzen, Automationslösungen und Lean Production.<br />
Der Spezialist aus dem Ruhrgebiet ist vielfach ausgezeichnet<br />
für Produkte mit richtungsweisendem Industriedesign<br />
und einer durchgängigen Ergonomie.<br />
Als Vorreiter im Digital Engineering treibt das Unternehmen<br />
die Digitalisierung von Konstruktionsprozessen voran.<br />
Grundlage dafür sind Softwaretools, die selbst entwickelt<br />
wurden. Die Item Academy bietet Aus- und Weiterbildung<br />
durch mehrsprachige Online-Kurse und Training-on-demand.<br />
Neben ihrem Hauptsitz in Solingen ist Item mit<br />
Tochterfirmen international vertreten. Mit Know-how und<br />
Leidenschaft entwickeln rund 900 Mitarbeiter weltweit innovative<br />
Lösungen und Dienstleistungen. Die Kundennähe<br />
in Deutschland wird durch zwölf Standorte gewährleistet.<br />
Eine globale Logistikkette stellt die kurzfristige Lieferung<br />
aller Komponenten sicher.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 55
» TECHNIK<br />
Bedarfsplanung ab Losgröße 1+<br />
Exakt geschliffene Prozesse<br />
Bei einem Werkzeugmaschinenbauer setzten die Verantwortlichen bereits seit Jahren auf eine<br />
übergreifende Geschäftssoftware, stießen bei der angestrebten Komplettintegration dieser<br />
Software letztlich jedoch an Grenzen. Ein explizit auf die Losgröße 1+ zugeschnittenes Projektmanagement-ERP-System<br />
sorgt seit 2020 für die angestrebte Durchgängigkeit der Daten.<br />
» Guido Piech, PR-Redakteur, AMS Solution<br />
Das Unternehmen baut<br />
seit 2013 eigene Maschinen,<br />
rüstet aber<br />
auch Maschinen im<br />
Retrofit mit moderner<br />
CNC-Technik aus.<br />
Bild: SMS Maschinenbau<br />
Bereits 1995 erkannten die Gründer des Albstädter<br />
Maschinenbauers SMS den wachsenden Bedarf<br />
an elektronischer Steuerungstechnik für Werkzeugmaschinen.<br />
So startete das junge Unternehmen<br />
zunächst als Nachrüster älterer mechanischer Gewindeschleifmaschinen<br />
mit moderner CNC-Technik.<br />
Ab 2013 kam dann als zweites Standbein die Entwicklung<br />
und Herstellung eigener Gewindeschleifmaschinen<br />
hinzu.<br />
Die Kernforderung an die neue Business-Software<br />
bestand darin, sämtliche Geschäftsprozesse rund um<br />
Termin- und Kapazitätsplanung, Arbeitszeiterfassung<br />
und Materialwirtschaft zentral abzubilden. Neben<br />
der Durchgängigkeit der Software lag der Fokus des<br />
ERP-Projektleiters Andreas Stolzenburg zudem auf<br />
der Erfüllung der Anforderungen der „Losgröße 1+“.<br />
Denn während einige Produktlinien auf einem jeweils<br />
identischen Aufbau basieren, handelt es sich bei vielen<br />
anderen Maschinentypen um Unikate. ERP-seitig<br />
anspruchsvoll ist dabei, dass es wegen der sehr individuellen<br />
Bedürfnisse der Maschinenabnehmer immer<br />
wieder erforderlich ist, Teile oder Baugruppen<br />
auch in späten Stadien der laufenden Fertigung noch<br />
austauschen zu können.<br />
Hier spielt im Wesentlichen die Funktion „wachsende<br />
Stückliste“ hinein, die im Rahmen der fertigungsbegleitenden<br />
Konstruktion unabdingbar ist.<br />
Wie in der Einzel-, Auftrags- und Variantenfertigung<br />
üblich, ist auch bei SMS die letztliche Ausprägung<br />
des zu fertigenden Produkts bei der Auftragserteilung<br />
meist nicht vollständig bekannt. Dadurch müssen<br />
wichtige Wertschöpfungsprozesse wie Konstruktion,<br />
Beschaffung und Produktion parallel zueinander<br />
stattfinden, um die Finanzierung der Aufträge zu<br />
sichern und marktfähige Lieferzeiten zu ermöglichen.<br />
Dies war ein wichtiger Grund für die Wahl des<br />
EPR-Systems des Anbieters AMS Solution. Versionssicher<br />
bildet die Software alle Änderungen ab, die<br />
sich aus der fortlaufenden Konstruktion ergeben. Da<br />
sie auftragsbezogene ERP-Buchungen direkt mit der<br />
Auftragsstückliste verknüpft, erfahren die Projektbeteiligten<br />
in Fertigung, Beschaffung und Montage in<br />
Echtzeit, welche Arbeiten bereits ausgeführt wurden<br />
und welche weiterführenden Arbeitsschritte wann<br />
anstehen. Ein weiterer Vorteil des Zuschnitts der<br />
Software auf die Losgröße 1+ ergibt sich daraus,<br />
dass Sonderteile auch ohne Artikelnummern als sogenannte<br />
O-Teile durch den gesamten Auftrag geführt<br />
werden können, wodurch sich die Pflege des<br />
Artikelstamms auf die tatsächlich wiederkehrenden<br />
Teile beschränkt.<br />
Mitlaufende Kalkulation,<br />
mehr Transparenz<br />
Mit Blick auf das gesamte Unternehmen sorgt<br />
AMS.ERP für höhere Prozesseffizienz und mehr Kostentransparenz.<br />
Die Funktionalität der mitlaufenden<br />
Kalkulation liefert in Echtzeit präzise Informationen<br />
darüber, in welche Richtung sich die Projektkosten<br />
entwickeln – unter Berücksichtigung aller Budgetund<br />
Solldaten. Andreas Stolzenburg führt weitere<br />
konkrete Bereiche an, in denen das Unternehmen<br />
56 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
profitiert: „Wir können präzise ermitteln, wie viele<br />
Maschinen sich im Auftragseingang befinden und<br />
wie viele Serviceeinsätze wir im In- und Ausland mit<br />
welchem Kosten- und Personalaufwand gefahren haben.<br />
Und wir kennen den exakten Lagerbestand und<br />
können berechnen, in welchen Fällen sich die Eigenfertigung<br />
rentiert.“<br />
Der letzte Punkt gewinnt bei dem Werkzeugmaschinenhersteller<br />
zunehmend an Bedeutung: 2019<br />
fiel die Grundsatzentscheidung, Frästeile wenn möglich<br />
selbst zu produzieren. 2021 waren es bereits<br />
1.000 intern abgewickelte Aufträge, was 10 % des<br />
Gesamtvolumens entspricht – Tendenz steigend.<br />
„Aufgrund der vom ERP-System gelieferten Zahlen<br />
können wir die Rentabilität der Eigenfertigung sehr<br />
genau bewerten und gesichert entscheiden, ob wir<br />
eine weitere CNC-Fräsmaschine hinzukaufen sollten“,<br />
ergänzt Stolzenburg.<br />
Auch bei der Kapazitäts- und Terminplanung<br />
kommt die Geschäftssoftware zum Einsatz. Über die<br />
Grobplanung des Systems wird pro Maschinentyp<br />
das grobe Gerüst in einem Terminplan erstellt, der<br />
dann über die Stücklisten pro Baugruppe gefüllt und<br />
verknüpft wird. Im Rahmen der Betriebsauftragsbesprechung<br />
werden die vorhandenen Kapazitäten bewertet<br />
und die Beteiligten eruieren, in welchem Zeitkorridor<br />
ein konkreter Auftrag platziert werden kann.<br />
Passt der Termin, wird der Auftrag verbindlich eingeplant.<br />
Etwaige Terminverschiebungen, etwa aufgrund<br />
fehlender Teile, werden direkt über die Grafik des Kapazitäten-Pools<br />
eingespielt.<br />
Damit ist unmittelbar ersichtlich, welche Auswirkungen<br />
es hat, wenn sich die Fertigung einer bestimmten<br />
Baugruppe verzögert. „Verschieben wir eine<br />
Baugruppe, ergeben sich daraus natürlich terminrelevante<br />
Folgeabhängigkeiten für andere Baugruppen.<br />
Im System werden diese dann jedoch automatisch<br />
verlegt“, sagt Stolzenburg, der sich davon langfristig<br />
eine deutliche Reduzierung der Fehleranfälligkeit<br />
und eine höhere Genauigkeit gegenüber dem<br />
vorherigen Einsatz von Excel verspricht.<br />
Um die Angebotserstellung speziell der hochindividuellen<br />
Maschinen zu beschleunigen und zu vereinheitlichen,<br />
kommt bald der integrierte Produktkonfigurator<br />
des ERP-Systems verbindlich zum Einsatz.<br />
Das Ziel ist, dass der Vertrieb die Maschinen auch<br />
ohne unmittelbare Unterstützung der Konstruktion<br />
verkaufen kann, die bislang fast immer erforderlich<br />
war. Die künftige Formel lautet: Kann eine Maschine<br />
nicht über den Produktkonfigurator zusammengestellt<br />
werden, sollte zuerst die Machbarkeit mit der<br />
Konstruktion abgeklärt werden.<br />
Damit fungiert der Produktkonfigurator als ein<br />
Kontrollorgan zur Plausibilitätsprüfung. Umgekehrt<br />
gilt: Lässt sich eine Maschine über den Produktkonfigurator<br />
verkaufen, können schnell relativ fixe Liefertermine<br />
genannt werden. „Über den Konfigurator“, so<br />
Stolzenburg, „sollen die Vertriebler die Maschinen<br />
auf Knopfdruck verkaufen können. Weil auch die<br />
Stückliste dann bereits dahintersteht, können wir in<br />
allen Abteilungen früher loslegen.“<br />
Pro Jahr liefert das<br />
Unternehmen circa 30<br />
neue Maschinen aus,<br />
die zu 60 % ins weltweite<br />
Ausland gehen.<br />
Der Umsatz liegt bei<br />
rund 19 Mio. Euro.<br />
Bild: SMS Maschinenbau<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 57
Mit der Software-Lösung „Sensaia“ lassen sich Photovoltaik- und Windenergieanlagen<br />
umfassend überwachen.<br />
VORAUSSICHT<br />
Wer den Schaden hat, spottet<br />
jeder Beschreibung. An dieser<br />
Redewendung ist was dran.<br />
Zum Glück gibt es Techniken,<br />
die Schäden erkennen,<br />
bevor sie entstehen.<br />
Bild: pixardi/stock.adobe.com<br />
Intelligente Software für Predictive Maintenance<br />
Windkraftanlagen unter Kontrolle<br />
Die Iqony Solar Energy Solutions GmbH (Sens) hat die Testphase der Software-Pakets<br />
„Sensaia“ abgeschlossen. Mit der Plattform lässt sich ein umfangreiches Betriebsmonitoring<br />
von Photovoltaik- und Windenergieanlagen durchführen. Das Programm erkennt dabei in<br />
Echtzeit drohende Fehlfunktionen, bevor sie Schaden anrichten können.<br />
Das Software-System Sensaia ist eine Weiterentwicklung<br />
von Lösungen, die bei Iqony und Steag<br />
schon seit Jahren im Einsatz sind. Der Sensaia-Prototyp,<br />
speziell ausgerichtet auf die Überwachung von<br />
Photovoltaik- und Windenergieanlagen, wurde von<br />
Sens zum ersten Mal im Oktober 2021 auf einer Messe<br />
vorgestellt. Inzwischen hat das Projektteam die<br />
Plattform finalisiert und zur Marktreife gebracht.<br />
Dabei haben auch die Ergebnisse aus dem Einsatz bei<br />
Pilotkunden geholfen. Insgesamt 178 Megawatt<br />
(MW) in rund 80 Solarparks werden derzeit von Sensaia<br />
überwacht: „Dank der Rückmeldungen von unseren<br />
internen Teams und den Kunden konnte die<br />
Plattform ihre aktuelle Qualität erreichen“, erklärt<br />
Florian Dauber, Projektleiter von Sensaia. „Das bietet<br />
uns eine gute Ausgangsbasis, um die Lösung nun<br />
kundenorientiert weiterzuentwickeln.“<br />
Die intelligente Software ist für Anwender konzipiert,<br />
die Solar- und Windkraft-Anlagen besitzen,<br />
betreiben oder verwalten und deren Rentabilität<br />
steigern möchten. Dazu laufen alle Betriebsdaten eines<br />
Solarparks oder einer Windenergieanlage auf der<br />
Plattform zusammen, werden dort gespeichert und<br />
zugleich analysiert. Durch den Einsatz von künstli-<br />
58 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
TECHNIK «<br />
cher Intelligenz (KI) lassen sich dann exakte Vorhersagen<br />
über mögliche Fehlerquellen treffen, also eine<br />
vorausschauende Wartung oder Predictive Maintenance<br />
betreiben. Eine valide und frühzeitige Fehlererkennung<br />
spart dem Nutzer Geld und Zeit, denn es<br />
werden Stillstände und größere Schäden mit aufwendigen<br />
Instandsetzungen vermieden.<br />
Eine Schlüsselrolle spielt dabei die KI, welche die<br />
Daten analysiert und bei absehbaren Problemen einen<br />
Alarm auslöst. In der Software, die dahintersteht,<br />
stecken bereits mehr als zehn Jahre Erfahrung<br />
aus verschiedenen Anwendungen. Weltweit werden<br />
inzwischen Anlagen mit einer Gesamtkapazität von<br />
über 45 Gigawatt (GW) mit dem Programm überwacht.<br />
Mit den gewonnen Daten wird die Plattform<br />
fortlaufend optimiert.<br />
Die Software-Lösung nutzt die Möglichkeiten der<br />
KI und ermöglicht so eine umfassende Anwendung<br />
bei Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie.<br />
So kann die Plattform zum Beispiel Verschmutzungsprognosen<br />
für Solarparks erstellen oder perfekte<br />
Wartungszeiträume von Windkraftanlagen in windschwachen<br />
Perioden ermitteln. „Damit sind erhebliche<br />
Optimierungspotenziale im Bereich der Wirtschaftlichkeit<br />
der Anlage verbunden“, versichert<br />
Christian Groß, der das Projekt Sensaia verantwortet.<br />
Die bisherigen Pilotkunden sind nach eigenen Angaben<br />
zufrieden. Arthur Leutgeb von Green Source,<br />
einer der ersten Testkunden, kann das bestätigen.<br />
„Als langjähriger Kunde und Partner erwarten wir,<br />
dass die Software die gleiche Qualität bietet, wie die<br />
analogen Dienstleistungen von Sens und wir wurden<br />
nicht enttäuscht“, beschreibt Leutgeb die ersten Erfahrungen<br />
mit dem Produkt. „Das Programm ist ein<br />
individueller und innovativer Ansatz, der die Performance<br />
unserer Solaranlagen in Zukunft sichern<br />
kann.“<br />
Derzeit wird ein Solarpark von Green Source mit<br />
50 MW überwacht. Dabei wurden die verschiedenen<br />
Leistungsbestandteile getestet und weiter optimiert.<br />
Hierzu gehören Alarme, Maßnahmenplanung und individuell<br />
angepasste Nutzeroberflächen, die so genannten<br />
Dashboards. „Ähnlich gut ist die Testphase<br />
bei anderen Pilotkunden verlaufen“, berichtet Christian<br />
Groß.<br />
Und so soll es auch nach dem Marktstart der Software<br />
weitergehen. Jetzt geht es darum, weitere Erfahrungen<br />
mit neuen Kunden zu sammeln und die<br />
Features stetig weiterzuentwickeln. Die Rückmeldungen<br />
der Anwender werden laufend evaluiert und<br />
umgesetzt. „Mit dem starken Team, das uns zur Seite<br />
steht, habe ich keine Bedenken, dass wir das schaffen“,<br />
freut sich Christian Groß auf die Herausforderungen<br />
der kommenden Monate.<br />
Auch Florian Dauber ist zufrieden: „Es macht mich<br />
stolz, an der Entwicklung der Software mitzuarbeiten<br />
und zu erleben, wie die Plattform in der Anwendung<br />
durchstartet“, erzählt er. Es mache Spaß, gemeinsam<br />
mit dem Team an einem Produkt und einem gemeinsamen<br />
Ziel zu arbeiten. Neben der technischen Herausforderung<br />
sei es natürlich auch entscheidend,<br />
dass die Software einen wichtigen Beitrag für die<br />
Energiewelt von morgen leisten kann. „Sensaia treibt<br />
die Energiewende voran und das treibt auch mich<br />
und das ganze Team an“, bringt Florian Dauber seine<br />
Motivation auf den Punkt.<br />
Auch für Dr. Ralf Schiele, COO der Iqony GmbH, hat<br />
das Projekt eine große Bedeutung für das Unternehmen:<br />
„Mit dem erfolgreichen Abschluss löst Iqony<br />
das zu Beginn des Jahres gegebene Versprechen ein,<br />
die Energiewende zu voranzutreiben. Wir sorgen für<br />
einen Mehrwert bei unseren Kunden, vermeiden<br />
Stillstände und steigern so den Ertrag der Photovoltaik-<br />
und Windenergieanlagen. Das schafft einen<br />
wirtschaftlichen Mehrwert und hilft dem Klima.“ (us)<br />
Das Programm erstellt unter anderem Verschmutzungsprognosen für Solarparks und<br />
ermittelt Wartungszeiträume von Windkraftanlagen in windschwachen Perioden.<br />
Verschiedene Komponenten der Software werden ständig getestet und weiter optimiert.<br />
Dazu gehören auch die individuell angepassten Nutzeroberflächen, die so genannten<br />
Dashboards.<br />
Bild: Iqony<br />
Bild: Iqony<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 59
» TECHNIK<br />
Verantwortungsbewusste Ressourcengewinnung<br />
Nickelvorkommen nachhaltiger<br />
und wirtschaftlicher ausschöpfen<br />
Für Energiewendemetalle wie Kupfer, Nickel, Lithium, Kobalt und Seltene Erden gibt es –<br />
Stand heute – keine Ressourcen-Knappheit, heißt es in einem VDMA-Papier von 2022 über<br />
kritische Mineralien für die Energiewende. Sehr wohl – davon gehen die Autoren heute aus –<br />
wird aber mit einem durch die Energiewende stark steigenden Bedarf gerechnet.<br />
» Tino Böhler, freier Redakteur<br />
Das Beispiel Nickel<br />
verdeutlicht, dass es<br />
nicht nur eine Frage<br />
der Menge ist, sondern<br />
auch der Qualität.<br />
Nickel kommt welt weit<br />
in unterschiedlichen<br />
Qualitäten vor.<br />
Insbesondere in den Jahren bis 2030 ist zu erwarten,<br />
dass der rapide steigende Bedarf entlang des<br />
globalen klimazielkonformen Erneuerbare Energien-<br />
Ausbaus durch die aktuelle globale Bergbauprojektpipeline<br />
nicht ausreichend gedeckt werden kann. Das<br />
Beispiel Nickel verdeutlicht, dass es nicht nur eine<br />
Frage der Menge ist, sondern auch der Qualität. Nickel<br />
kommt weltweit in unterschiedlichen Qualitäten<br />
vor. In einem VDMA-Beitrag mit dem Titel „Rohstoffe:<br />
Schlüssel zur Technologischen Souveränität“<br />
heißt es: „In der allgemeinen Betrachtung steht das<br />
fertige Produkt, beispielsweise eine Windkraft-Anlage<br />
oder das E-Auto. Dass diese Produkte die Summe<br />
von vielen Einzelteilen und Zulieferungen sind, wird<br />
hingegen häufig ausgeblendet. Dabei spielen insbesondere<br />
Rohstoffe eine zentrale Rolle. Mineralische<br />
Rohstoffe gehören dazu.“ Die Autoren einer Studie<br />
des ‚Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz,<br />
Bild: Pure Battery Technologies<br />
Bau und Reaktorsicherheit’ konstatieren bereits<br />
2016: „Die Analyse der Werkstoffkomponenten eines<br />
E-Autos zeigt, dass zahlreiche für den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland als ‚kritisch’ bis ‚bedingt kritisch’<br />
eingestufte Materialien verwendet werden.<br />
‚Kritische’ Materialien in Elektrofahrzeugen, die nicht<br />
in konventionellen Fahrzeugen eingesetzt werden,<br />
sind dabei vor allem Kobalt und Seltene Erden. Als<br />
‚bedingt kritisch‘ werden heute auch die Kathodenmaterialien<br />
Nickel und Lithium eingestuft. Hier<br />
könnte zukünftig ein relevanter Anteil an der globalen<br />
Förderung durch die Elektromobilität beansprucht<br />
werden, so dass dann auch diese Materialien<br />
als kritisch eingestuft werden könnten.“ Bei dem<br />
Thema ‚Rohstoffversorgung’ kommt es aber vor allem<br />
darauf an, nicht nur auf die Vorkommen in politisch<br />
unsicheren Ländern zu setzen, sondern auf Herkunftsländer,<br />
die politisch stabil sind, wie etwa Australien,<br />
das bei den weltweiten Nickelvorkommen auf<br />
Position vier rangiert.<br />
pCAM-Hub steigert Wert der Ressourcen<br />
in der Region<br />
In Australien ist das Unternehmen Pure Battery Technologies<br />
(PBT) mit Hauptsitz im Brisbane beheimatet.<br />
In Hagen (Westfalen) hat das Unternehmen seinen<br />
ersten Produktionsstandort in der EU etabliert. Dort<br />
wurde 2020 die Nickel-Raffinerie Königswarter &<br />
Ebell Chemische Fabrik (K+E) übernommen und die<br />
PBT-Verfahren ‚Selective Acid Leaching’ (SAL) und<br />
‚Combined Leaching’ (CL) erfolgreich in Großserie<br />
und Produktkonformität getestet. Das 2017 gegründete<br />
Unternehmen produziert das Vorprodukt pCAM<br />
für nickelbasiertes aktives Kathodenmaterial CAM,<br />
das in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt wird, die<br />
für die Elektromobilität zwingend benötigt werden.<br />
„Wir können alle Nickel-Cobalt-Mangan-Produkte<br />
annehmen, solange sie in einer Hydroxidform (Ni-<br />
60 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
ckelhydroxid, gemischtes Hydroxidpräzipitat) vorliegen<br />
oder wir einfache Konzentrate in eine solche<br />
umwandeln können. Wir würden also zum Beispiel<br />
kein Ferronickel nehmen, wie es zum Großteil in Indonesien<br />
produziert wird, es muss in Hydroxidform<br />
vorliegen“, sagt Björn Zikarsky, CEO PBT. Die PBT-<br />
Raffinerie in Kalgoorlie, das Western Australia pCAM<br />
Hub (WA-pCAM Hub), unterscheidet sich von der bestehenden<br />
Nickelverarbeitung in Westaustralien, da<br />
sie eine größere Vielfalt an Rohstoffen und Quellen<br />
annehmen kann. Dies bedeutet, dass Projekte, die<br />
sich in der Entwicklung befinden, eine Weiterverarbeitungsoption<br />
haben, die geografisch näher liegt als<br />
die üblichen Anlaufpunkte in Asien und flexiblere<br />
Spezifikationen für das Material hat, das in der Anlage<br />
verwendet werden kann.<br />
Bei so vielen potenziellen Materialquellen für den<br />
pCAM-Hub handelt es sich wirklich um ein katalytisches<br />
Projekt, das nicht nur einen Mehrwert schafft,<br />
sondern den Wert der Ressourcen in der Region erheblich<br />
steigert, bevor sie exportiert werden. Da das<br />
PBT-Verfahren weniger Strom und andere Betriebsmittel<br />
wie Säure benötigt, sinken die Kosten für die<br />
Lieferkette um 250 US-Dollar pro Auto und die<br />
CO 2 -Emissionen werden um etwa 0,5 t pro Auto reduziert.<br />
Lieferkette widerstandsfähiger machen<br />
Die jüngsten weltweiten Krisen und Kriege haben<br />
sehr deutlich gemacht, dass die Lieferkette in Australien<br />
widerstandsfähiger werden muss. Pure Battery<br />
Technologies trägt dazu bei, diesen Bedarf zu decken,<br />
indem es das West Australien-pCAM Hub (WA-pCAM<br />
Hub) entwickelt, das die starke australische Bergbauindustrie<br />
nutzt, um wertschöpfende Herstellungsprozesse<br />
für Batteriematerialien an Land zu bringen.<br />
PBTs WA pCAM Hub wird PBTs patentierte und proprietäre<br />
Technologien nutzen, um nickel- und kobalthaltige<br />
Zwischenprodukte zu Lithium-Ionen-Batterievorläufermaterialien<br />
(pCAM) aufzuwerten. Dieser<br />
Ansatz ist eine Kombination von Verfahren, zu<br />
denen auch die von PBT patentierten Methoden SAL<br />
und CL gehören.<br />
Dieser Ansatz bietet einen neuen Verarbeitungsweg<br />
für die Veredelung von Nickel, Kobalt und Mangan<br />
zu Batteriemetallprodukten, indem die Unterschiede<br />
in den Löslichkeiten und Oxidationszuständen<br />
ausgenutzt werden. Die übliche Trennung der<br />
Metalle wir vermieden und durch hydrometallurgische<br />
Prozesse mit geringem Energieverbrauch ersetzt.<br />
Es entfallen kostspielige und energieintensive<br />
Produktionsschritte, wodurch die CO 2 -Äquivalent-<br />
Emissionen aus der Veredelung von Zwischenprodukten<br />
zu pCAM im Vergleich zu den derzeitigen Industriestandard-Prozessrouten<br />
um bis zu 85 % gesenkt<br />
werden kann. Das WA pCAM Hub wird auch aufstrebenden<br />
und bestehenden australischen Minen einen<br />
alternativen nachgelagerten Partner für die Veredelung<br />
von Erzen und Konzentraten bieten. Die PBT-<br />
Verfahren sind weniger kohlenstoffintensiv, haben<br />
eine bessere Metallrückgewinnung und sind weniger<br />
empfindlich gegenüber Verunreinigungen im Einsatzmaterial.<br />
Der PBT Ansatz gibt Nickelproduzenten<br />
die Möglichkeit, Erzarten zu verarbeiten, die für herkömmliche<br />
Verarbeitungsprozesse ungeeignet sind,<br />
und die Herstellung des höherwertigen pCAM-Produkts<br />
ermöglicht es, bisher unwirtschaftliche Lagerstätten<br />
als kohlenstoffreduzierende Mineralien für<br />
die Zukunft zu nutzen. Dazu Björn Zikarsky: „Die Fähigkeit,<br />
Off-Spec-Einsatzmaterial wirtschaftlich zu<br />
behandeln und gleichzeitig hohe Rückgewinnungsraten<br />
zu erzielen, ist unserer Ansicht nach ein Wettbewerbsvorteil.<br />
Wir können Nickel aus Erzen gewinnen,<br />
die zuvor unwirtschaftlich waren. Darüber hinaus<br />
kann sie bei der Verarbeitung von marginalem Material<br />
aus den Minen der Partner einen Mehrwert<br />
schaffen, was zu einer Verlängerung der Lebensdauer<br />
der Minen und einer Steigerung der Produktion führt.<br />
Dies ist mit herkömmlichen Technologien nicht möglich.<br />
Das Projekt WA pCAM Hub von PBT in Westaustralien<br />
wird ein Katalysator für die Diversifizierung<br />
des Mineralienangebots von Westaustralien für<br />
die Welt sein und gleichzeitig die bestehenden Stärken<br />
der Bergbauindustrie von Westaustralien nutzen<br />
und einen Mehrwert schaffen.“<br />
Bei Nickel existieren Unsicherheiten<br />
Dieses Projekt wird also die erste pCAM-Produktionsanlage<br />
in Australien sein, die Engpässe in der<br />
Batterie-Wertschöpfungskette in Australien beseitigen<br />
und der ganzen Welt grüne Mineralien liefern<br />
kann. Das wäre nicht nur wünschenswert, sondern<br />
auch dringend notwendig, wie es ein Papier des<br />
Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung<br />
(ISI) mit dem Titel ‚Batterien für Elektroautos:<br />
Faktencheck und Handlungsbedarf’ von 2020<br />
nahelegt: „Benötigte Batterierohstoffe wie Lithium,<br />
Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit sind global gesehen<br />
ausreichend vorhanden. Durch die Entwicklung<br />
hin zu Kobalt-reduzierten und Nickel-reichen Hochenergie-Batterien<br />
wird sich die Rohstoffsituation für<br />
Kobalt weiter entschärfen. Bei Lithium dürfte sie unkritisch<br />
bleiben, bei Nickel existieren Unsicherheiten.<br />
[…] Gemäß eigener Berechnungen des Fraunhofer ISI<br />
dürfte jedoch die Primärmaterial-Nachfrage um<br />
2030 für Lithium etwas höher als in bisherigen Studien,<br />
für Kobalt vergleichbar und für Nickel deutlich<br />
höher ausfallen.“<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 61
TECHNIK » Interview<br />
Interview mit Sascha Eberhard, Geschäftsführer der Franke GmbH in Aalen<br />
„Unser Fokus liegt auf kundenspezifischen<br />
Spezialwälzlagern“<br />
Zu kundenspezifischen Drahtwälzlagern und deren qualitativ hohen Fertigung hat Franke seit Jahrzehnten<br />
besondere Expertise aufgebaut. Sascha Eberhard, Geschäftsführer der Franke GmbH, erläutert Details zu<br />
aktuellen Kunden- und Branchenanforderungen sowie zur Unternehmensausrichtung.<br />
» Nico Schröder, Korrespondent <strong>Industrieanzeiger</strong>, Augsburg<br />
Sascha Eberhard, Geschäftsführer<br />
von Franke, am Stammsitz in<br />
Aalen im Gespräch mit der<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong>-Redaktion.<br />
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas WegelinFließtext std<br />
Herr Eberhard, was macht die Drahtwälzlager-Expertise<br />
von Franke aus?<br />
Franke ist Erfinder des Drahtwälzlagers.<br />
Unsere Expertise ist die Bearbeitung von<br />
Draht als Abrollmedium für Wälzkörper,<br />
insbesondere das Rollen des Drahtes, das<br />
Einbringen einer hochpräzisen Laufbahn<br />
und das Richten des fertigen Laufrings für<br />
besten Rund- und Planlauf.<br />
Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale<br />
dieses Know-hows?<br />
Der erste Schritt – und Voraussetzung für<br />
die weitere Qualität – ist es, dass wir das<br />
für die Kundenanwendung richtige Drahtwälzlager<br />
zusammen mit unseren Kunden<br />
konzipieren. Früher haben wir eher<br />
gesagt, unsere Kernkompetenz ist die<br />
Bearbeitung des Drahtes. Mittlerweile<br />
sage ich, unsere Kernkompetenz zu<br />
Drahtwälzlagern geht bei der Beratung,<br />
sprich dem gemeinsamen und spezifischen<br />
Engineering mit Kunden los, um<br />
das ideale Drahtwälzlager zu entwickeln.<br />
Eine weitere Ausbaustufe bei uns bedeutet,<br />
dass wir das Ganze inklusive<br />
Antriebssystem für unsere Kunden bauen,<br />
also mit integriertem Direktantrieb und<br />
integrierten Messsystemen.<br />
Wie grenzen Sie sich vom Wettbewerb<br />
ab?<br />
Unser Standardprogramm – bei Wälzlagern<br />
vielleicht fünf bis zehn Prozent<br />
unseres Geschäftes – soll lediglich eine<br />
Richtschnur sein, um dem Kunden zu zeigen,<br />
was möglich ist. Hier bieten wir ausgewählte<br />
Baureihen an Drahtwälzlagern<br />
und Drehverbindungen zum günstigen<br />
Preis und teilweise sogar ab Lager,<br />
wodurch wir uns vom Wettbewerb teilweise<br />
abgrenzen können. Unser Fokus<br />
liegt allerdings auf kundenspezifischen<br />
Spezial-Wälzlagern. Hier können wir das<br />
Potenzial des Drahtwälzlagerprinzips am<br />
weitesten ausnutzen und hier entsteht<br />
auch der größte Kundennutzen. Hier<br />
haben wir keine Konkurrenz. (lacht)<br />
Welche Produktneuheiten planen Sie?<br />
Wir sind gerade dabei, Drehverbindungen<br />
aus Kunststoff zur Serienreife zu bringen.<br />
Zwar gibt es bereits Wälzlager aus Kunststoff<br />
von anderen Anbietern. Durch die<br />
Integration eines Drahtwälzlagers in die<br />
Gehäuseringe spielen wir aber in einer<br />
ganz anderen Liga bezüglich Präzision<br />
und Belastbarkeit. Gegenwärtig sind wir<br />
dabei, Lieferanten für die Kunststoffteile<br />
zu qualifizieren, die unseren Ansprüchen<br />
an die Kunststoffverarbeitung genügen.<br />
Welche Voraussetzungen haben Sie in<br />
Ihrer Fertigung gerade in Hinblick auf<br />
additive Verfahren geschaffen?<br />
Bislang haben wir uns darauf konzentriert,<br />
unser Produkt – das Drahtwälzlager<br />
– als Herzstück additiv gefertigter Dreh-<br />
62 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
verbindungen anzupreisen. Sie können<br />
sich das so vorstellen, dass Sie mit einem<br />
Drahtwälzlager quasi die reine Funktion<br />
eines Lagers erwerben und diese einfach<br />
in Ihre frei gestaltete Umgebung integrieren.<br />
Wer das einmal erkannt hat, kann<br />
nicht anders, als davon begeistert zu sein.<br />
Gegenwärtig arbeiten wir mit externen<br />
Spezialisten zusammen, um metallgedruckte<br />
Komponenten zu erstellen. Intern<br />
experimentieren wir mit Kunststoffdruck.<br />
Mit starkem Interesse beobachten wir<br />
den Markt an Bearbeitungsmaschinen,<br />
bei denen additive Funktionen integriert<br />
sind. Wenn Sie aus dem Fenster<br />
sehen, erkennen Sie drüben die<br />
große Baustelle des neuen Werks 6.<br />
Gut möglich, dass wir dort die ersten<br />
Maschinen dieser Art aufstellen.<br />
Weitergedacht, denn wir mögen keine<br />
Tellerränder: Vielleicht schicken wir in<br />
zehn Jahren keine kompletten Drehverbindungen<br />
mehr in schweren Kisten über<br />
große Distanzen, sondern nur noch das<br />
Drahtwälzlager und eine Druckdatei. Der<br />
Ansatz ist wieder der, dass der Kunde entscheidet,<br />
was er möchte. Wenn der Kunde<br />
möchte, dass wir unser Engineering beim<br />
3D-Druck-Gehäuse einbringen, tun wir<br />
das sehr gerne, wenn das Lagerelement<br />
von uns stammt. Wo und wie er die<br />
Gehäuseteile druckt, also über unsere<br />
Partnerschaft oder selbstorganisiert,<br />
überlassen wir dem Kunden.<br />
aktuellen Entwicklungsstand und können<br />
darauf aufbauen beziehungsweise Pro -<br />
jekte zeitnahe und agil umsetzten.<br />
Wie geht Franke Fragen zur Digitalisierung<br />
zu Nachhaltigkeitsaspekten an?<br />
Wir haben eine dedizierte Roadmap zur<br />
Digitalisierung, sowohl für unsere internen<br />
Prozesse als auch für die Kommunikation<br />
mit unseren Kunden und Partnern.<br />
Gerade arbeiten wir beispielsweise an<br />
einem Kundenportal für unsere Website,<br />
um Kunden und Interessenten mehr<br />
»Wir sind gerade dabei,<br />
Drehverbindungen aus Kunststoff<br />
zur Serienreife zu bringen.«<br />
Informationen und Services rund um<br />
unsere Produkte und Dienstleistungen<br />
bieten zu können. Konkret: Den CAD-<br />
Download werden wir weiterhin über<br />
gängige Portale bieten, definitiv aber<br />
auch ins Kundenportal „MeinFranke“ auf<br />
unsere Website holen, um die Kundenbindung<br />
optimal aufzubauen. Mittelfristig<br />
möchten wir es unseren Kunden ermöglichen,<br />
die Fertigungsfortschritte ihrer Produkte<br />
in unserem Portal mitzuverfolgen –<br />
vom Angebot und der Bestellung über die<br />
Produktionsphase bis hin zur Auslieferung<br />
sowie zu After-Sales-Services. Zur Nachhaltigkeit:<br />
Sie ist heute in aller Munde<br />
und jeder versteht darunter etwas anderes.<br />
Für uns bedeutet Nachhaltigkeit<br />
einerseits, den eigenen Fußabdruck zu<br />
reduzieren. Wir möchten bis 2025 klimaneutral<br />
sein – und auch die Supply Chain<br />
diesbezüglich verbessern. Andererseits<br />
möchten wir potenzielle Kunden davon<br />
überzeugen, durch den Einsatz von Drahtwälzlagern<br />
an ihrer eigenen CO 2 -Bilanz<br />
zu arbeiten – zum Beispiel durch einen<br />
reduzierten Materialeinsatz und<br />
durch ein Refurbishing von Wälzlagern.<br />
Neben der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
sind uns aber auch die<br />
sozialen und natürlich auch die ökonomischen<br />
Aspekte ein Anliegen.<br />
Welche Nachfrage-Erwartungen haben<br />
Sie für das Geschäftsjahr 2023?<br />
Wir sind vorsichtig optimistisch – Stand<br />
heute sogar optimistischer als noch Ende<br />
vergangenen Jahres. Dennoch bleibt eine<br />
gewisse Unsicherheit. Die weltpolitische<br />
Lage verbunden mit ihren Konsequenzen<br />
im ökonomischen Sektor betrifft uns als<br />
Mittelständler heutzutage weitaus stärker<br />
als in früheren Zeiten. Unser Fokus<br />
2023 liegt auf der Weiterentwicklung der<br />
Märkte.<br />
Franke ist langjähriger Entwicklungspartner<br />
für Lager in Computertomographen<br />
(CTs). Was macht erfolgreiche und<br />
langfristige Partnerschaften aus?<br />
Die Erwartungshaltung der Kunden ist,<br />
dass man sein Wissen von Beginn an in<br />
eine Entwicklungspartnerschaft einbringt,<br />
was bei neuen Branchen natürlich<br />
schwieriger ist. Bei CT-Lagern ist Franke<br />
beispielsweise seit „Stunde Null“ dabei.<br />
Wir sind einer der ersten und wenigen<br />
Hersteller, die eine entsprechende Rotationseinheit<br />
mit den großen Medizintechnikherstellern<br />
der Welt entwickelt haben.<br />
Und über die Jahrzehnte haben wir natürlich<br />
weiteres Know-how aufgebaut. Das<br />
ist die Basis für Weiterentwicklungen von<br />
CTs, an denen wir beteiligt sind. Wir sind<br />
mit den Herstellern vernetzt, kennen den<br />
Franke-Geschäftsführer Sascha Eberhard und Nico Schröder, Korrespondent <strong>Industrieanzeiger</strong>, beim<br />
Blick in die Drahtwälzlager-Fertigung bei Franke.<br />
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 63
Bild: Mayr Antriebstechnik<br />
Bremsen und Kupplungen von Mayr liefern Daten und ermöglichen intelligente Sicherheit für die smarte Produktion und vorausschauende Maschinenwartung.<br />
Kosten senken mit „sprechenden“ Bremsen<br />
Der intelligente Antriebsstrang<br />
Smarte Bremsen, die Auskunft über ihren Zustand geben, helfen nicht nur, Fehler und Ausfallzeiten<br />
zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden. Sie ermöglichen daneben auch eine bedarfsbezogene<br />
Wartung, passend zur Auslastung sowie eine automatisierte Fernwartung. Und auch beim Aufbau<br />
und der Validierung eines digitalen Zwillings sorgen sprechende Bremsen für Durchblick.<br />
Der digitale Zwilling bleibt auch aktuell einer der<br />
wichtigsten Trends in der Automatisierung und<br />
Antriebstechnik. Denn mit digitalen Zwillingen lassen<br />
sich Prozesse simulieren, verschiedene Szenarien<br />
analysieren und auch das Arbeiten und die Wartung<br />
aus der Ferne werden leichter. Doch für den Aufbau<br />
und die Validierung eines solchen Modells ist eine<br />
Vielzahl an erweiterten Prozessdaten der verschiedenen<br />
Bauteile nötig. Im Normalfall werden diese Daten<br />
über Sensoren erfasst und dann damit das Modell<br />
gefüttert. „Unsere Bremsen sind aber auch ohne<br />
zusätzliche Sensoren kommunikationsfähig und liefern<br />
Informationen direkt aus dem Bauteil“, erläutert<br />
Andreas Merz, Produktmanager bei Mayr Antriebstechnik<br />
in Mauerstetten.<br />
Kosten und Zeit sparen<br />
Das Monitoring der Sicherheitsbremsen erfolgt mit<br />
dem nachrüstbaren Modul Roba-brake-checker, das<br />
in die Spannungsversorgung der Bremse geklemmt<br />
wird. Das Modul erkennt durch eine erweiterte Analyse<br />
von Strom und Spannung die Bewegung der Ankerscheibe<br />
und weiß, in welchem Zustand sich die<br />
Bremse befindet. Es leistet neben der Überwachung<br />
von Schaltzustand und kritischer Spulentemperatur<br />
auch eine präventive Funktionsüberwachung auf<br />
Verschleiß, Funktionsreserve und Fehler. In einer erweiterten<br />
Ausführung ist das Modul mit einer zusätzlichen<br />
Platine mit kundenspezifischer Schnittstelle<br />
(z. B. Ethernet basiert) ausgestattet. Über diese<br />
Schnittstelle kann es Daten zu Schaltzeit, Strom,<br />
Spannung, Widerstand, Leistung und relativem Anzugsstrom<br />
liefern. Damit sind auch Verläufe auswertbar,<br />
Auffälligkeiten im Prozess lassen sich schnell erkennen<br />
und somit Schlüsse aus komplexen Zusammenhängen<br />
ziehen und auch die Integration in Fernwartungssysteme<br />
ist möglich. Alles in allem Vorteile<br />
– nicht nur für die vorausschauende Wartung, son-<br />
64 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
TECHNIK «<br />
dern in der Konsequenz auch, um Instandhaltungskosten<br />
zu senken und technische Defekte und Stillstandszeiten<br />
zu reduzieren oder aber einen digitalen<br />
Zwilling aufzubauen und zu validieren.<br />
Intelligente Sicherheit für den Antrieb<br />
„Maschinen profitieren von der permanenten Inspektion<br />
der Sicherheitsbremsen, gerade auch, wenn Informationen<br />
aus verschiedenen Achsen zusammenfließen,“<br />
betont Andreas Merz. „Wird zum Beispiel<br />
die Grenztemperatur erreicht, ist dies ein Hinweis auf<br />
eine Schädigung der Bremse, auf Bremsenausfall<br />
oder gar eine falsche Auslegung. Der Roba-brakechecker<br />
zeigt zudem, wenn kritische Verschleißwerte<br />
erreicht werden. Dadurch ist eine vorbeugende Wartung<br />
möglich. Dies sorgt wiederum für eine höhere<br />
Anlagenverfügbarkeit.“ Sichtbar sind zudem Temperaturverlauf<br />
und Veränderungen der Parameter über<br />
die Lebensdauer. Mit bisherigen Lösungen wie beispielsweise<br />
der berührungslosen Lüftüberwachung<br />
sehen Anwender nur den Ausfall bzw. das Zerstörungsbild,<br />
wissen aber nicht, wie der Fehler zustande<br />
gekommen ist. Mit dem Mayr-Modul dagegen, werden<br />
Verläufe sichtbar und Fehleranalysen sind nutzbar<br />
bzw. auch übertragbar auf andere Anlagen eines<br />
Anwenders. All diese Daten aus Störung und Normalbetrieb<br />
liefern damit wertvollen Input für zukünftige<br />
Verbesserungen und Optimierungen, zum Beispiel für<br />
mehr Anlagensicherheit oder eine erweiterte Leistungsgrenze.<br />
„Wir bieten mit dem Roba-brake-checker im Standard<br />
eine intelligente Lösung für die sensorlose<br />
Überwachung elektromagnetischer Bremsen an“, ergänzt<br />
Andreas Merz. „Anwender können das Modul<br />
einfach und schnell in Maschinen und Anlagen integrieren,<br />
ohne dabei in die Komponenten ‚Umrichter‘<br />
oder ‚Steuerung‘ eingreifen zu müssen. Auch in bestehenden<br />
Anlagen lassen sich unsere Bremsen problemlos<br />
nachrüsten, es ist lediglich eine geringe Änderung<br />
an der Verkabelung erforderlich.“ Anwender<br />
gehen damit kein Risiko ein, weil sie Grenzwerte und<br />
Daten nicht selbst validieren müssen. Mayr Antriebstechnik<br />
liefert den Roba-brake-checker einbaufertig<br />
und testet alle Werte vorher ab. Für den Anwender<br />
bedeutet das sozusagen eine „Plug-and-play-Lösung“.<br />
(hw)<br />
Bild: Mayr Antriebstechnik<br />
Basierend auf permanenter<br />
Inspektion bietet Mayr<br />
Konzepte für die vorausschauende<br />
Wartung elektromagnetischer<br />
Sicherheitsbremsen.<br />
Wenn Komponenten sprechen lernen<br />
Der Roba-brake-checker ermöglicht<br />
durch sensorloses, vernetztes Bremsenmonitoring<br />
eine effiziente und vorausschauende<br />
Wartung.<br />
Bild: Mayr Antriebstechnik<br />
Eine intelligente Maschine beginnt mit intelligenten Komponenten.<br />
Nur wenn Komponenten sprechen und ihre Daten im richtigen<br />
Format bereitstellen, kann die Steuerung die Daten auch abgleichen,<br />
auswerten und weiterverarbeiten. Zum Vergleich: Ein 60 Jahre<br />
altes Auto lernt nicht allein durch eine neue Steuerung das autonome<br />
Fahren. Dafür benötigt es Komponenten, die die grundlegenden<br />
Voraussetzungen liefern. Sicherheitsbremsen sind mechanische<br />
Bauteile und zunächst einmal stumm. Daher hat Mayr mit<br />
dem Modul Roba-brake-checker ein smartes elektrisches Bauteil<br />
entwickelt, das die Bremsen ohne zusätzliche Sensoren kommunikationsfähig<br />
macht. Generell sind Bremsen prädestinierte Komponenten,<br />
um Daten zu sammeln. Denn Notabschaltungen oder unerwartet<br />
hohe Lastmomente beeinflussen direkt die geforderte Reibleistung<br />
der Bremsen und die Bremszeiten. Die Verläufe von<br />
Schaltzeit und Temperatur können folglich hilfreich sein für eine<br />
Analyse. Gleiches gilt für Stromverläufe.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 65
Bild: HeidelbergCement AG<br />
Im Zementwerk Lengfurt wurde der Greifer-Portalkran mit den neuen Hubwerksgetrieben ausgestattet.<br />
Antriebs-Retrofit eines Portalkrans in der Zementindustrie<br />
Fit für die Zukunft<br />
Portalkrane werden in nahezu allen Industriezweigen eingesetzt – auch in der Zementindustrie.<br />
Für einen zuverlässigen Betrieb spielt die Antriebstechnik eine Schlüsselrolle. In einer Zementfabrik<br />
wurden zwei Hubwerksgetriebe nach Erreichen der theoretischen Nutzungsdauer ausgetauscht.<br />
Dien neuen Antrieben stellen den Betrieb der Krananlage für weitere Jahre sicher.<br />
» Christian Rüttling, Marktmanager Industriegetriebe, SEW-Eurodrive<br />
Im laufenden Betrieb unterliegen Kranhubwerke<br />
fortwährendem Verschleiß sowie voranschreitender<br />
Materialermüdung. Die Restnutzungsdauer der<br />
Hubwerke nimmt hierdurch kontinuierlich ab. Ein<br />
über die projektierte Nutzungsdauer hinausgehender<br />
Betrieb birgt nicht vertretbare Sicherheitsrisiken. Der<br />
Gesetzgeber sieht daher vor, dass Hubwerke nach<br />
Ablauf der theoretischen Nutzungsdauer stillgelegt<br />
oder generalüberholt werden müssen. Die Ermittlung<br />
der Restnutzungsdauer oder SWP (Safe Work Period)<br />
ist daher integraler Bestandteil, um den sicheren Betrieb<br />
der Krananlage zu gewährleisten. Sie wird im<br />
Rahmen der jährlich stattfindenden Sachverständigenprüfung<br />
durchgeführt. Grundlage hierfür ist die<br />
Unfallverhütungsvorschrift 54 der Deutschen Gesetzlichen<br />
Unfallversicherung.<br />
Mit einer zu Ende gehenden Restnutzungsdauer<br />
des Kranhubwerks sah sich HeidelbergCement am<br />
Standort Lengfurt konfrontiert. Der betroffene 8,5 t<br />
Greifer-Portalkran sorgt hier für eine Entladung der<br />
anlandenden Schiffe, die das Werk mit Zuschlagstoffen<br />
wie Sand oder Kies versorgen. Die Schiffsanbindung<br />
erfolgt über den Main, der im unterfränkischen<br />
Lengfurt am Standort von HeidelbergCement vorbei-<br />
66 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
TECHNIK «<br />
führt. Eine geplante Revision an einer Schifffahrtsschleuse,<br />
während der der Schiffsverkehr ausgesetzt<br />
werden musste, sollte genutzt werden, um die notwendigen<br />
Modernisierungsarbeiten am Greifer-Kran<br />
durchzuführen.<br />
In Rekordzeit geplant und umgesetzt<br />
Bild: SEW<br />
Um die zeitliche Herausforderung zu meistern, die<br />
sich aus dem engen Zeitfenster der Schleusen-Revision<br />
ergab, musste HeidelbergCement den Austausch<br />
des Hubwerks unter Hochdruck vorantreiben. SEW-<br />
Eurodrive konnte flexibel auf die Anfrage reagieren.<br />
So vergingen zwischen Angebotslegung mit Maßaufnahme<br />
und Zeichnungserstellung, sowie der Auslieferung<br />
der Getriebe nur rund zehn Wochen.<br />
Die beiden neuen Hubwerksgetriebe vom Typ<br />
X4FCC140/HC haben jeweils ein dauerfestes Nenndrehmoment<br />
von 22.000 Nm. Sie sind damit ausreichend<br />
groß bemessen, um den sicheren Betrieb des<br />
Krans zu gewährleisten. Für die Adaption an die bestehenden<br />
Anschlussmaße im Maschinenhaus wurde<br />
unter jedem der beiden Getriebe eine Stahlplatte angebracht.<br />
Eine aufwändige Anpassung der bestehenden<br />
Konstruktion entfiel damit. Neben den Adapterplatten<br />
waren auch die an- und abtriebsseitigen<br />
Kupplungen Bestandteil des Lieferumfangs. Die Verbindung<br />
zwischen Hubwerksmotor und Getriebe<br />
wurde mit drehelastischen Bolzenkupplungen realisiert,<br />
während für die Anbindung an die beiden Seiltrommeln<br />
Tonnenkupplungen zum Einsatz kamen.<br />
Alle für das Retrofit erforderlichen Antriebskomponenten<br />
wurden somit von SEW-Eurodrive zentral<br />
projektiert und bereitgestellt. Auf diese Weise entfiel<br />
der für den Betreiber sonst übliche Abstimmungsaufwand<br />
zwischen verschiedenen Lieferanten und die<br />
hierdurch bedingten Schnittstellenprobleme. Neben<br />
Die beiden neuen Hubwerksgetriebe haben jeweils ein<br />
dauerfestes Nenndrehmoment von 22.000 Nm.<br />
Bild: SEW<br />
Auslegung und Lieferung der neuen Antriebskomponenten<br />
hat SEW zudem beim Ausbau der alten Antriebe<br />
sowie beim Einbau und der Inbetriebnahme<br />
unterstützt.<br />
Getriebe mit vergrößertem Achsabstand<br />
Die beiden neuen Getriebe des Krans basieren auf einer<br />
speziell für Hubwerke entwickelten Applikationsbaureihe.<br />
Typisch für Hubwerksanordnungen ist der<br />
Einsatz von Parallelwellen-Getrieben, bei der Seiltrommel<br />
und Motor auf der gleichen Getriebeseite<br />
angeordnet sind. Da der Achsabstand zwischen Anund<br />
Abtriebswelle bei kompakten Universalgetrieben<br />
hierfür häufig nicht ausreicht, müssen diese, in Bezug<br />
auf das Drehmoment, überdimensioniert werden.<br />
Die eingesetzte Applikationsbaureihe setzt hier an<br />
und ermöglicht durch den vergrößerten Achsabstand<br />
eine zum Drehmomentbedarf passende Getriebeauswahl:<br />
Überdimensionierung aus Platzgründen gehört<br />
damit der Vergangenheit an. Die optimierte Gehäusegestaltung<br />
spart zudem Gewicht. Mit einem Nenndrehmomentbereich<br />
von 12,8 bis 175 kNm ist die<br />
Baureihe X..e/HC in 15 Baugrößen verfügbar.<br />
Der Kran ist mit den neuen Hubwerksgetrieben<br />
nun wieder in der Lage die Materialversorgung des<br />
Werks sicherzustellen. Die zügige Umsetzung des Retrofits<br />
wurde durch eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />
HeidelbergCement und SEW-Eurodrive sichergestellt.<br />
Bereits in der Planungsphase wurden hierfür<br />
die Weichen gestellt: Die kurzfristige Vor-Ort-Maßaufnahme<br />
durch SEW sowie die Projektierung inklusive<br />
Zeichnungserstellung waren entscheidend dafür,<br />
frühzeitig die passende Antriebslösung zu finden.<br />
Weiterhin haben die kurze Lieferzeit sowie die Montageunterstützung<br />
mit zu einer pünktlichen Modernisierung<br />
der Antriebe beigetragen.<br />
Die alten Hub werks -<br />
getriebe vor dem<br />
Retrofit.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 67
» TECHNIK<br />
Biometrie erleichtert Zeit und Zutritt bei Max Schlatterer<br />
„Den Finger hat man immer dabei“<br />
Bei der Zeiterfassung und Zutrittskontrolle setzt die Geschäftsleitung bei der<br />
Max Schlatterer GmbH & Co. KG schon seit Jahren auf biometrische Lösungen.<br />
Die Technik arbeitet auch in Stoßzeiten bei Schichtende schnell und zuverlässig.<br />
Und man braucht kein weiteres Medium wie Schlüssel oder Karte.<br />
» Petra Eisenbeis-Trinkle, Dormakaba Deutschland GmbH<br />
Bild: bonnontawat/stock.adobe.com<br />
Vor drei Jahren hat das Unternehmen Max<br />
Schlatterer kräftig in den Standort Herbrechtingen<br />
in Baden-Württemberg investiert. Dort wurde<br />
angrenzend an das bestehende Gebäude ein von weitem<br />
sichtbarer Neubau errichtet. Über den Produktionsbereich<br />
ragt jetzt ein in der Firmenfarbe Rot abgesetzter,<br />
zweigeschossiger Bürokomplex hinaus.<br />
Durch den Neubau wurde das Werk um eine Nutzfläche<br />
von knapp 8.000 m² erweitert und die komplette<br />
Verwaltung sowie der größte Teil der Produktionsbereiche<br />
im Gewerbegebiet Vohenstein konzentriert.<br />
Damit wurden kurze Wege für effizientere Arbeitsabläufe<br />
geschaffen.<br />
Die endlosen Antriebs-, Transport- und Prozessbänder,<br />
die das Unternehmen herstellt, werden von<br />
Herbrechtingen aus weltweit an Kunden in über 100<br />
Ländern geliefert und daran soll sich auch nichts ändern.<br />
Als gebürtiger Herbrechtinger bekennt sich der<br />
geschäftsführende Gesellschafter Thomas Beckh, der<br />
das Familienunternehmen in dritter Generation<br />
führt, klar zum Standort.<br />
Bei der biometrischen<br />
Zeiterfassung braucht<br />
man kein zusätzliches<br />
Medium wie Schlüssel<br />
oder Karte, sondern nur<br />
den Daumen oder einen<br />
Finger. Und beides kann<br />
man schlecht zuhause<br />
vergessen.<br />
Bänder vom Feinsten<br />
Bei der Max Schlatterer GmbH & Co. KG dreht sich<br />
alles um Endlosbänder. Unter der Marke „Esband“<br />
produziert und vertreibt das Familienunternehmen<br />
aus Herbrechtingen Antriebsriemen, Transportbänder,<br />
Spezialbänder und Bänder für die Zigarettenindustrie.<br />
Mit ihrer einmaligen Fertigungsmethode stellen die<br />
Schwaben Produkte in absolut homogener Materialbeschaffenheit<br />
her. Das mittelständische Unternehmen<br />
agiert weltweit und definiert als Marktführer<br />
die Qualitätsstandards bei Hochleistungsriemen und<br />
-bänder. Der Erfolg basiert auf das handwerkliche<br />
Geschick der rund 700 Mitarbeiter.<br />
Hochleistungsriemen und -bänder werden in<br />
Herbrechtingen mit einer einmaligen Fertigungsmethode<br />
hergestellt.<br />
Bild: Max Schlatterer<br />
68 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Spezialist für Zeit und Zutritt<br />
Die Dormakaba Deutschland GmbH bietet ein umfassendes Portfolio an Produkten,<br />
Lösungen und Services rund um die Tür sowie den sicheren Zutritt zu Gebäuden<br />
und Räumen aus einer Hand. Zum Portfolio gehören Schließsysteme, voll vernetzte<br />
elektronische Zutrittslösungen, physische Zugangs- und automatische Türsysteme,<br />
Türbänder, Beschläge sowie Türschließer und -stopper. Hinzu kommen<br />
Zeiterfassung, Betriebsdatenerfassung, Hotelschließsysteme und Hochsicherheitsschlösser.<br />
Mit mehr als 15.000 Mitarbeitern und zahlreichen Kooperationspartnern<br />
ist das Unternehmen in über 130 Ländern präsent. So kann der Anwender<br />
jederzeit und weltweit von den Produkten, Lösungen und Services profitieren.<br />
Das Unternehmen ist aus dem Zusammenschluss von Dorma und Kaba entstanden.<br />
Die Historie der beiden Firmen zeigt parallele Entwicklungen, die sich<br />
nahtlos zusammenfügen und ergänzen. Innovationskraft war sowohl für Dorma<br />
als auch für Kaba stets ein zentraler Bestandteil des unternehmerischen Handelns.<br />
Dormkaba bündelt nun die Ressourcen, strebt die Innovationsführerschaft<br />
in der Branche an und investiert auch künftig in Innovation. Das Ziel<br />
dabei ist, dem Anwender mit smarten Zutritts- und Sicherheitslösungen einen<br />
Mehrwert zu geben.<br />
Niederlassung von Dormakaba in Ennepetal.<br />
Bild: Dormakaba<br />
Der Neubau war auch Anlass, das bewährte System<br />
der Zeiterfassung und Zutrittskontrolle zu erweitern<br />
und zu aktualisieren. Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter,<br />
die in verschiedenen Zeitmodellen unterwegs<br />
sind, werden an biometrischen Terminals von Dormakaba<br />
erfasst. Die Entscheidung für die Biometrie<br />
wurde bereits vor einigen Jahren gefällt. „Zum Buchen<br />
brauchen wir kein zusätzliches Medium wie<br />
Schlüssel oder Karte“, betont Sascha Einloft, Leiter<br />
Informationstechnik bei Max Schlatterer. „Die Biometrie<br />
funktioniert bei uns sehr gut, denn den Finger<br />
hat jeder immer dabei im Gegensatz zum Ausweis.“<br />
Nur sehr wenige Mitarbeiter nutzen stattdessen die<br />
alternativ mögliche PIN-Eingabe.<br />
Auch im Neubau sollten deshalb biometrische<br />
Zeiterfassungs-Terminals installiert werden. „Vor allem<br />
bei der Performance mussten die neuen Geräte<br />
überzeugen“, beschreibt Sascha Einloft die Anforderungen.<br />
„Gerade in den Stoßzeiten bei Schichtende<br />
müssen die Buchungen schnell gehen und die Verarbeitung<br />
zeitnah erfolgen.“ Unterstützt wurden die<br />
Schwaben vom langjährigen Partner Soft-Consult<br />
Häge GmbH. Das Beratungshaus bietet dem Mittelstand<br />
Lösungen mit Schwerpunkt Personalwesen und<br />
betreut im deutschsprachigen Raum rund 300 Unternehmen<br />
aus unterschiedlichen Branchen mit 20 bis<br />
5.000 Mitarbeitern. Bei Schlatterer verwalten die IT-<br />
Spezialisten die Zeiterfassungs-Software von Atoss<br />
und die Personalmanagement-Lösung Loga von P&I.<br />
Auf der Hardware-Seite entschied sich der Anwender<br />
für die Zeiterfassungs-Terminals 9720 von Dormakaba<br />
mit Fingerprint-Leser, die durch ihre Leistungsfähigkeit<br />
überzeugten. Installiert wurden die neuen<br />
Modelle an den Mitarbeitereingängen und an zentralen<br />
Punkten in der Fertigung.<br />
Die Sicherheit im Neubau gewährleistet ein Online-Zutrittssystem.<br />
Es erweitert das bestehende biometrische<br />
System, das bisher schon wichtige Unternehmensbereiche<br />
geschützt hat. Hinzu kamen rund<br />
25 Zutrittsmanager 9230 und knapp 40 Biometrieleser<br />
9150 zur Absicherung der Außeneingänge zum<br />
Gebäude und der sensiblen Zonen im Innenbereich.<br />
Außerdem wurden Bereiche definiert, welche die<br />
Produktion, die Verwaltung und das Lager voneinander<br />
trennen. Die Zutrittsleser befinden sich direkt vor<br />
den jeweiligen Abteilungen wie zum Beispiel der ITund<br />
Personalabteilung oder der Finanzbuchhaltung.<br />
Die Türen sind mit Türöffner ausgerüstet. Die Mitarbeiter<br />
legen lediglich ihren Finger auf den Sensor<br />
am Terminal und die Türen öffnen sich automatisch.<br />
Für den vorbeugenden Brandschutz sind einige Doppelflügeltüren<br />
mit Türschließern ausgerüstet. Zum<br />
Einbruchschutz wurde die Einbruchmeldeanlage mit<br />
der Zutrittskontrolle gekoppelt. So lässt sich die<br />
Alarmanlage an bestimmten Zutrittskontroll-Lesern<br />
scharf oder unscharf schalten.<br />
Max Schlatterer hat jetzt ein einheitliches System<br />
für Zeit und Zutritt in allen Bereichen und an allen<br />
Standorten. Die Performance des Systems garantiert,<br />
dass die Mitarbeiter zügig buchen können.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 69
» PRODUKTE<br />
Für den Einsatz in Reinräumen<br />
Scara-Roboter mit ESD-Schutz<br />
Omron hat neue Scara-Robotermodelle<br />
der Reihe i4H, die Schutz gegen elektrostatische<br />
Entladung (ESD) bieten und sich<br />
somit für den Einsatz in Reinräumen, etwa<br />
in Digital- und Automobilbranche sowie<br />
in der Halbleiterfertigung eignen. Die<br />
neuen ESD-Modelle – ESD steht für Electrostatic<br />
Discharge – wurden entwickelt,<br />
um den Aufbau statischer Elektrizität zu<br />
verhindern, die empfindliche elektronische<br />
Komponenten beschädigen kann. Die<br />
Reinraummodelle erfüllen die strengen<br />
Anforderungen von Umgebungen, die<br />
sehr geringe Partikelemissionen<br />
fordern.<br />
Beispiele finden<br />
sich in der<br />
Pharma-, Medizinoder<br />
Halbleiterindustrie.<br />
Die wichtigsten Merkmale und Vorteile<br />
der i4H-Modelle auf einen Blick:<br />
• 15 kg Nutzlast.<br />
• 650 mm, 750 mm und 850 mm Reichweite<br />
mit Tisch- und Wandmontageotionen.<br />
• Integrierte Robotersteuerung NJ-R für<br />
Multi-Roboter-Anwendungen mit<br />
EtherCAT-Modellen.<br />
• Eigenständige Ethernet-Modelle.<br />
• Lebensmitteltaugliche, ESD- und Reinraum-Modelle.<br />
• Schnelle Zykluszeit mit beispiellosem<br />
Bewegungsumfang und Wiederholgenauigkeit.<br />
Bild: Omron<br />
Hitzestabilisator für aliphatische Polyamide<br />
Längere Lebensdauer bei hohen Temperaturen<br />
Bild: Brüggemann<br />
Brüggolen TP-H1804 heißt der neue Hitzestabilisator von Brüggemann<br />
für den Einsatz aliphatischer Polyamide bei Dauergebrauchstemperaturen<br />
zwischen 160 °C und 190 °C. Das in Granulatform gelieferte<br />
Masterbatch lässt sich präzise und damit zielgerichtet dosieren.<br />
Das neue Modell übertrifft die bisher verfügbaren kupfersalzbasierten<br />
Stabilisatoren hinsichtlich des Erhalts der mechanischen Eigenschaften<br />
signifikant, sagt der Anbieter. So liegt beispielsweise die Zugfestigkeit<br />
eines glasfaserverstärkten PA6.6 bei Zugabe von 5 % nach<br />
5.000 h Wärmealterung bei 190 °C noch immer bei über 50 % des<br />
Ausgangswertes, während das nicht stabilisierte Material diese Grenze<br />
bereits nach etwas über 1.000 h. Die gute Dosierbarkeit des Masterbatches<br />
ermöglicht eine bedarfsgerechte Anpassung der angestrebten<br />
Bauteil-Lebensdauer an die zu erwartende thermische Belastung.<br />
Energiekette<br />
Große Schläuche sicher führen<br />
Um große Schläuche sicher führen zu<br />
können, hat Igus jetzt ein neues Bügeldesign<br />
für seine modulare Energiekettenserie<br />
E4Q entwickelt. Der Bügel lässt sich<br />
dabei mithilfe eines Adaptersystems auf<br />
die Energiekette montieren Zum Einlegen<br />
der Schläuche setzt der Anbieter auf die<br />
E4Q Öffnungsstege. Diese lassen sich<br />
komplett ohne Werkzeug öffnen und<br />
schließen und sind in 15 verschiedenen<br />
Breiten verfügbar.<br />
Durch den Einsatz der Bügel vergrößert<br />
sich der Innenraum der Energiekette<br />
enorm. So können neben den Schläuchen<br />
auch weitere Leitungen untergebracht<br />
und geführt werden. Vor allem bei hohen<br />
freitragenden Längen und langen Verfahrwegen<br />
kann die E4Q punkten, so der<br />
Anbieter. Der Anwender kann zudem<br />
40 % Montagezeit und 10 % Gewicht gegenüber<br />
der Standardserie E4.1 einsparen.<br />
Mit dem Programm an kabelschonenden<br />
Innenaufteilungselementen lässt sich die<br />
Energiekette unterteilen. Auch Kosten<br />
lassen sich laut Anbieter mit der neuen<br />
Bügelkette einsparen, denn statt einer<br />
großen Energiekette kann der Anwender<br />
eine kleinere Kette mit Bügeln für einen<br />
höheren Innenraum einsetzen.<br />
Bild: Igus<br />
70 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
Maschinensicherheit<br />
Konformität auf einen Blick<br />
Die neue Dienstleistung „Machinery<br />
Safety Evaluation“ (MSE) des Automatisierungsexperten<br />
Pilz umfasst die Bewertung<br />
von Maschinen einer Produktionsanlage<br />
vor Ort hinsichtlich der geltenden<br />
Sicherheits- und Konformitätsanforderungen.<br />
Dabei berücksichtigt das Unternehmen<br />
die gültigen Normen und Richtlinien<br />
am Einsatz- oder Bestimmungsort<br />
der Maschinen und auf Wunsch auch individuelle,<br />
unternehmensinterne Vorgaben<br />
der Kunden. Als Ergebnis erhalten Betreiber<br />
auf einen Blick den aktuellen Kon-<br />
firmitätsstatus pro Maschine<br />
oder Anlage auf einem<br />
übersichtlichen und umfangreichen<br />
softwaregestützten<br />
Dashboard. Eine<br />
Maßnahmenliste mit den<br />
entsprechenden Handlungsempfehlungen<br />
– sortiert nach Priorität<br />
– weist einen effizienten Weg zum<br />
sicheren Maschinenpark. Auf Wunsch unterstützt<br />
Pilz bei der Umsetzung dieser<br />
Maßnahmen. Die MSE richtet sich an Betreiber,<br />
die die Sicherheit und Konformität<br />
ihrer Bestandsmaschinen effizient für<br />
einen vollen Mitarbeiter- und Haftungsschutz<br />
bewerten lassen möchten.<br />
Bild: wera Rodsawang/Moment/Getty Images, Pilz GmbH & Co. KG<br />
Aluminium-Filterregler komplettieren Angebot<br />
Ventilregeltechnik aus einer Hand<br />
Mit den von Emerson neu auf den Markt<br />
gebrachten Asco Aluminium-Filterreglern<br />
der Baureihe 641, 642 und 643 können in<br />
vielen Prozessanwendungen die Prozesseffizienz<br />
maximiert und ungeplante<br />
Stillstandszeit reduziert werden. Als Alternative<br />
zu den Edelstahl-Filterreglern<br />
vervollständigen die neuen Filterregler<br />
Emersons Angebot an Ventilregeltechnik.<br />
Prozesshersteller können so ihre gesamte<br />
Ventilregeltechnik von einem Lieferanten<br />
beziehen und ihre Lieferketten vereinfachen.<br />
Mit den laut Anbieter höchsten<br />
Bild: Emerson<br />
Durchflussraten auf dem Markt von bis zu<br />
10.500 l/min verbessern die Aluminium-<br />
Filterregler die Prozesseffizienz und stellen<br />
sicher, dass strenge Anforderungen an<br />
das Öffnen/Schließen von Prozessventilen<br />
erfüllt werden. Höhere Durchflussraten<br />
versorgen den Ventilantrieb mit mehr<br />
Luft, wobei die Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit<br />
der Prozessventile erhöht<br />
wird. Je nach Anwendung kann langsames<br />
Ventilschließen zu höheren Sicherheitsrisiken<br />
führen. Eine spezielle Pulverbeschichtung<br />
gewährleistet den zuverlässigen<br />
Betrieb in rauen, korrosiven Prozessumgebungen.<br />
Effektiver Feuchtigkeitsentzug<br />
hält die Medien trocken und<br />
schützt so die nachgeschalteten Geräte.<br />
Steuerungstechnik – Plattform auf Basis von Siineos<br />
Condition Monitoring ohne Programmierkenntnisse<br />
Mit dem IM18-CCM60 hat Turck seine Condition-Monitoring-Plattform zur Zustandsüberwachung<br />
von Schaltschränken um ein weiteres Modell ergänzt. Während die Modelle<br />
IM18-CCM40 und -CCM50 mit dem Debian-Linux-System vor allem für OEMs<br />
maximale Freiheitsgrade bieten, um sie in vorhandene Unternehmensstrukturen einzubinden,<br />
kommt das neue Modell mit dem IIoT-Betriebssystem Siineos, das die Digitalisierungsspezialisten<br />
von In.Hub eigens für die CCM-Plattform entwickelt haben.<br />
Das in Siineos integrierte Incore-Framework bietet eine große Auswahl an fertigen<br />
Komponenten, über die sich die integrierten Schnittstellen und Sensoren sowie alle<br />
gängigen Netzwerk- und Industrieprotokolle einfach bedienen lassen. Neben vorhandenen<br />
Apps können auch eigene Programme und Apps erstellt oder wie beim<br />
Smartphone geladen werden. Der webbasierte Assistent begleitet die Einrichtung, sodass<br />
auch Nutzer ohne Vorkenntnisse mit dem IM18-CCM60 problemlos umgehen<br />
können.<br />
Bild: Turck<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 71
IMPRESSUM<br />
Kupplungen und Bremsen<br />
Smarte Vernetzung ermöglicht intelligente Sicherheit<br />
erscheint dienstags ISSN 0019–9036<br />
Organ des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung e.V.<br />
(WSM), Düsseldorf, Hagen. Die Mitglieder des Verbandes erhalten<br />
den <strong>Industrieanzeiger</strong> im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Zusammenarbeit<br />
im Fachbereich der Gießereitechnik mit der Zentrale für<br />
Gussverwendung, Düsseldorf.<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Mitherausgeber: Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher (Werkzeug -<br />
maschinen); Prof. Dr.-Ing. Thomas Bergs (Technologie der<br />
Fertigungsverfahren); Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt (Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement); Prof. Dr.-Ing.<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Günther Schuh (Produktions systematik),<br />
WZL RWTH Aachen<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredaktion:<br />
B. A. Alexander Gölz (ag), Phone +49 711 7594–438,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Redaktion:<br />
Frederick Rindle (fr), Phone +49 711 7594–539;<br />
Dipl.-Inf. (FH) Uwe Schoppen (us), Phone +49 711 7594–458;<br />
M. A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879;<br />
Dipl.-Ing. Olaf Stauß (os), Phone +49 711 7594–495;<br />
B. A. Hagen Wagner (hw), Phone +49 711 7594–391;<br />
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Infowirtin (FH) Mona Willrett (mw),<br />
Phone +49 711 7594–285<br />
Ständige freie Mitarbeiter:<br />
Dipl.-Ing. Volker Albrecht (va), Ulrike Dautzenberg (ud),<br />
Karin Faulstroh (kf), Michael Grupp (mg), Sabine Koll (sk),<br />
Markus Strehlitz (ms), Henriette Steuer (hs)<br />
Redaktionsassistenz: Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Layout: Laura Gehring, Jonas Groshaupt, Michael Kienzle,<br />
Ana Turina<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
Verantwortlich für den Anzeigenteil:<br />
Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565, Fax –1565<br />
Auftragsmanagement:<br />
Matthias Rath, Phone +49 711 7594–323, Fax –1323<br />
Leserservice: <strong>Industrieanzeiger</strong> +49 711 7252–209,<br />
konradinversand@zenit-presse.de<br />
Erscheinungsweise: dienstags (15 x jährlich)<br />
Bezugspreis: Inland jährlich 210,00 € inkl. Versandkosten und<br />
MwSt; Ausland 210,00 € inkl. Versandkosten. Einzelpreis 14,10 €<br />
(inkl. MwSt, zzgl. Versandkosten).<br />
Bestellungen erbitten wir an den Verlag. Sofern die Lieferung nicht<br />
für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich bestellt war, läuft das<br />
Abonnement bis auf Widerruf. Bezugszeit: Das Abonnement kann<br />
erstmals vier Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt<br />
werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist<br />
von jeweils vier Wochen zum Quartalsende.<br />
Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer Gewalt<br />
entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
Auslandsvertretungen:<br />
Großbritannien/Irland: Jens Smith Partnership, The Court,<br />
Long Sutton, GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info;<br />
USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />
19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881,<br />
Fax +1 212 6293988, detleffox@comcast.net<br />
Druck: Konradin Druck, Kohlhammerstraße 1–15,<br />
70771 Leinfelden-Echterdingen, Printed in Germany<br />
© 2023 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
Kupplungen und Bremsen von Mayr Antriebstechnik<br />
werden smart und vernetzt.<br />
Bauteile wie das Modul Roba-brake-checker<br />
oder die drehmomentmessende Wellenkupplung<br />
Roba-drive-checker liefern<br />
Daten und ermöglichen damit intelligente<br />
Sicherheit: Für die smarte Produktion und<br />
vorausschauende Maschinenwartung.<br />
Der digitale Zwilling bleibt auch 2023 einer<br />
der wichtigsten Trends in der Automatisierung<br />
und Antriebstechnik. Denn<br />
mit digitalen Zwillingen lassen sich Prozesse<br />
simulieren, verschiedene Szenarien<br />
analysieren und auch das Arbeiten und<br />
die Wartung aus der Ferne werden leichter.<br />
Doch für den Aufbau und die Validierung<br />
eines solchen Modells ist eine Vielzahl<br />
an erweiterten Prozessdaten der verschiedenen<br />
Bauteile nötig. Im Normalfall<br />
Automatisierungstool für Maschinenbauer<br />
Apps schneller installieren<br />
Seit dem 1. März 2023 kooperiert Schubert<br />
System Elektronik mit dem Start-up-<br />
Unternehmen Flecs, das ein Automatisierungstool<br />
zur einfachen Installation von<br />
Applikationen auf Maschinensteuerungen<br />
anbietet. Zunächst werden zwei Prime<br />
Cube Produkte im Shop erhältlich sein:<br />
Die Prime Box Pico, eine der kleinsten<br />
BoxPC im industriellen Umfeld, sowie das<br />
Prime Panel Pico Einbau 15,6“.<br />
Hintergrund: Die Installation oder Aktualisierung<br />
von Applikationen auf der Steue-<br />
Bild: Mayr Antriebstechnik<br />
werden diese Daten über Sensoren erfasst<br />
und dann damit das Modell gefüttert.<br />
„Unsere Bremsen sind aber auch ohne zusätzliche<br />
Sensoren kommunikationsfähig<br />
und liefern Informationen direkt aus dem<br />
Bauteil“, erläutert Andreas Merz, Produktmanager<br />
bei Mayr Antriebstechnik.<br />
Bild: Schubert System Elektronik<br />
rung (SPS) kosten den Maschinenhersteller<br />
viel Zeit und Geld. Flecs automatisiert<br />
diesen Prozess und bietet dem Maschinenbauer<br />
die Möglichkeit, hardwareunabhängig<br />
Softwareprogramme (Apps)<br />
schnell und einfach für jede Automatisierungsaufgabe<br />
zu verwenden. Über den<br />
Application Layer werden Apps installiert,<br />
überwacht und auf einem aktuellen Stand<br />
gehalten. Das Service Mesh liefert zudem<br />
eine Kommunikationsschicht, die alle<br />
Apps miteinander sprechen lässt.<br />
72 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
VORSCHAU «<br />
WERKZEUG- UND FORMENBAU<br />
Über wichtige Trends und Neuheiten können<br />
sich die Besucher der Stuttgarter Fachmesse<br />
Moulding Expo informieren. Wir zeigen, was<br />
rund um die Branchenschau wichtig ist.<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ<br />
Ein schwäbisches Unternehmen für Präzisionsmechanik<br />
hat die Qualitätskontrolle an eine<br />
künstliche Intelligenz „ausgelagert“. Nach anfänglichen<br />
Bedenken der Mitarbeiter hat sich die<br />
Umstellung jedoch schnell in Sachen Wirtschaftlichkeit<br />
und Qualität bewährt.<br />
ANTRIEBSTECHNIK<br />
Bild: Landesmesse Stuttgart GmbH<br />
Hochwertigkeit, Performance, hohe Verdrehsteifigkeit<br />
und Dynamik sind entscheidende Vorgaben<br />
an die Getriebe und Linearsysteme in Rohrbiegemaschinen.<br />
Der Rohrbiegemaschinen-<br />
Hersteller AMOB setzt auf eine leistungsfähige<br />
Systemlösung, die mit diesen Merkmalen eine<br />
maximale Systemsteifigkeit in den Biegeprozessen<br />
gewährleistet.<br />
Der <strong>Industrieanzeiger</strong> 08/2023 erscheint am 30.05.2023<br />
Markt « INDUSTRIEANZEIGER<br />
Verkäufe und Handel von gebrauchten Maschinen/Anlagen/Geräten<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023 73
» ZULETZT<br />
Liebesschwüre<br />
aus ...<br />
Ich möchte dir heute sagen, wie unendlich<br />
dankbar ich bin, dass ich dich an meiner<br />
Seite habe. Du bist mein Fels in der Brandung,<br />
mein Licht in dunklen Tagen und mein Grund zu<br />
glauben, dass alles möglich ist. Wir haben schon<br />
Bild:Panda/stock.adobe.com<br />
viele Herausforderungen gemeistert, aber jede davon hat uns nur noch enger<br />
zusammengeschweißt. Unsere Liebe ist wie ein Baum, der … immer stärker<br />
wird, egal wie viele Stürme vorbeiziehen. … Ich verspreche dir, dich immer zu<br />
unterstützen … und werde dich immer lieben.<br />
Ja, was ist denn das, lieber Leser? Ja ja, eine Liebeserklärung an Dich – noch nie so<br />
etwas gelesen in der Fachzeitschrift, gell? Da sieht man doch, wie fit wir sind beim<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong>, denn die Liebesschwüre stammen vom Bot, dem ChatGPT. Nur etwas<br />
zweckentfremdet und nicht von uns. Denn rühren sollen sie eigentlich jeglichen<br />
angeheirateten Menschen. Und beauftragt hat sie Sprachexperte Héctor Hernandéz<br />
von Babbel schon im Januar, zu Testzwecken. Beleidigt, lieber Leser, weils nicht<br />
echt und ehrlich war? Au sorry, das versteh ich. Dann probier ich‘s jetzt mal wirklich<br />
selbst, direkt aus dem schlagenden Redakteurs-Herzen heraus, ohne die KI.<br />
Du Leser, bist doch der Mittelpunkt meines Tuns, mein Herzblut, auch wenn ich<br />
dafür bezahlt werd‘, die Mitte meiner besten Stunden und der verzweifelten, wenn mir<br />
nix einfällt. Dir widme ich mein (Berufs-)Leben. Und liebe es, wie Du jede Seite achtungsvoll<br />
anfasst und einfühlsam umblätterst. Wie Du über meinen Vorspännen klebst,<br />
auch wenn sie nicht verständlich sind und Du den Kopf schüttelst und trotzdem<br />
weiterliest. Ach, und ich verzeihe Dir jedes einzelne Mal, als Du das Heft ungelesen in<br />
die Tonne gekickt hast. Vergessen und vergeben. Lass uns zusammen -<br />
bleiben. Und wir wollen Dir weiter alle Technik-Trends ungeschminkt zur Kenntnis<br />
bringen, zu Papier und zu Display. Bis der letzte Arbeitstag uns dann trennt,<br />
schluchz. Und der Chatbot übernimmt. (os)<br />
74 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023
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76 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 07 | 2023