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Vorwort<br />
Im Studium konnte ich diese Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern. Ein sehr<br />
engagierter Professor im Fachbereich Hispanistik ließ in einem Gruppenseminar<br />
Stücke moderner spanischer Autoren übersetzen, die dann in Studentenaufführungen<br />
auf die Bühne gebracht wurden; mir fielen dabei einige Rollen und,<br />
ebenso wichtig, die Verantwortung für Bühnenausstattung und Technik zu. Ich<br />
bekam ein Gefühl dafür, welchem Stress Darsteller wie alle anderen Beteiligten<br />
an einer Bühne ausgesetzt sind. Im Studium lernte ich auch meine Frau kennen,<br />
noch im Examensjahr 1977 haben wir geheiratet. Dass ihre Sprachkombination<br />
Englisch-Französisch uns gemeinsam in fast ganz Europa sprachfähig machen<br />
würde, war mir damals schon bewusst. Dass aber ihre Sprachkompetenz Jahre<br />
später eine Rückversicherung für meine Übersetzungen der von mir gesammelten<br />
französisch- und englischsprachigen <strong>Callas</strong>-Literatur würde, konnte ich<br />
damals nicht ahnen. Das Jahr 1977 war im Übrigen für alle <strong>Callas</strong>-Verehrer ein<br />
sehr trauriges. Uns erreichte die Nachricht von ihrem Tod im Urlaub in Griechenland,<br />
wir saßen in einem urigen Lokal am Strand, ich holte neuen Wein<br />
an der Theke, als dort Bilder über den Fernseher liefen, die mich erschütterten:<br />
Maria <strong>Callas</strong> war gestorben, „kaputt“ sagte der Wirt.<br />
Wir reisten viel, die vier Wochen Urlaub, die damals üblich waren, verbrachten<br />
wir nie zuhause. Wir waren viel in Städten unterwegs, London, Paris, Rom,<br />
Venedig, und wo immer wir waren, nutzte ich die Gelegenheit und durchstöberte<br />
die Schallplattenläden, Buchgeschäfte, Flohmärkte und Antiquariate, um<br />
Platten von oder Literatur über Maria <strong>Callas</strong> zu ergattern. Je mehr Material zusammenkam,<br />
desto mehr ärgerte mich, dass in vielen Publikationen über Maria<br />
<strong>Callas</strong> die Künstlerin eher am Rande vorkam, die Jet-Set-Figur aber umso mehr<br />
und nicht immer bewundert im Fokus stand. Ich fand diese Schieflage unangemessen<br />
und ungerecht, und so entwickelte ich sehr früh die anfangs noch vage<br />
Vorstellung, eines Tages ein Buch über Maria <strong>Callas</strong> zu schreiben, in dem ihre<br />
Kunst, ihr Einfluss auf die Oper und ihre herausragende Stellung in der Musikgeschichte<br />
nicht durch den manchmal wahren, oft aber schamlos reißerischen<br />
Klatsch über ihre private Lebensführung übertüncht, ja verunglimpft wird.<br />
Mir war klar, dass ein solches Projekt kaum parallel zu meiner beruflichen Tätigkeit<br />
umzusetzen war, und dass es vor allem weiterer umfangreicher Recherchen<br />
bedurfte. So sammelte ich zur Vorbereitung hinfort alle Informationen,<br />
die ich bekommen konnte, durchforstete Zeitungen und Musikzeitschriften,<br />
schnitt Sendungen über Maria <strong>Callas</strong> in Rundfunk und Fernsehen mit, tauschte<br />
Material mit anderen Sammlern. Lange hatte ich keinen konkreten Plan, wie<br />
ein solches Buch gestaltet und strukturiert, geschweige denn am Markt platziert<br />
werden könnte. Schließlich, bei der Sichtung der in meinem Archiv vorhandenen<br />
<strong>Callas</strong>-Portraits, tauchte eine Sendereihe von Bernd Loebe auf, damals<br />
Musikredakteur im Hessischen Rundfunk, heute und seit über 20 Jahren erfolgreicher<br />
und vielfach ausgezeichneter Chef des Frankfurter Opernhauses. Er<br />
brachte 1987/88 eine 15-teilige Dokumentation über Maria <strong>Callas</strong>, beginnend<br />
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