Mission Beef 2023
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eef<br />
Warenkunde • Cuts • Zubereitung<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 81
2 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Cuts • Garmethoden • Tipps • Rezepte<br />
Mit unserem brandneuen Medienformat FOODBOOX starten wir <strong>2023</strong> eine<br />
Reihe von speziellen, thematisch fokussierten Magazinen. Diese sind als PDF<br />
für jedermann gratis erhältlich – z.B. unter grillzeit.at – oder bei unseren<br />
Vertriebspartnern als 2in1-Magazin mit unserer GRILLZEIT. Mit jeder Menge<br />
Details, Fotos, Hintergrundinformationen, Tipps und Rezepten zum jeweiligen<br />
Thema. Übersichtlich strukturiert und ausgesprochen sammelwürdig – für jederzeit<br />
griffbereite „Information on demand“.<br />
Die Nr. 1 unseres neuen Print-Formates<br />
FOODBOOX liefert unter dem Titel „<strong>Mission</strong><br />
<strong>Beef</strong>“ auf 90 Seiten jenes Knowhow, das<br />
Ihnen Auswahl, Einkauf sowie Zubereitung<br />
von Rindfleisch künftig gehörig erleichtern<br />
und die Grundlagen Ihrer Kochkunst massiv verbessern<br />
kann. Denn gerade bei Rindfleisch gibt es eine ganze<br />
Reihe von qualitätsbestimmenden, aber trotzdem oft<br />
wenig beachteten Kriterien – in der Folge kurz Q-Faktoren<br />
benannt –, die anspruchsvolle <strong>Beef</strong>eater unbedingt<br />
kennen sollten.<br />
Die Dimensionen der Rindfleischqualität, die wir Ihnen<br />
auf den nächsten Seiten zeigen, reichen von grundsätzlichen<br />
Parametern wie Alter, Geschlecht und Rasse<br />
der Tiere über qualitätsbestimmende Einflüsse wie<br />
Fütterung und Haltung bis hin zu essenziellen Veredelungsmethoden<br />
wie die Fleischreifung. Und natürlich zur<br />
anatomisch perfekten Zerlegung der Karkassen in eine<br />
Vielzahl sehr unterschiedlicher Teilstücke. Viele solche<br />
„Second Cuts“, raffinierte Zuschnitte und Geheimtipps<br />
sind übrigens nicht nur spürbar günstiger, sondern den<br />
teuren Edelteilen in mancherlei Hinsicht kulinarisch<br />
sogar überlegen.<br />
Essenziell sind in diesem Zusammenhang selbstverständlich<br />
auch die passenden Vorbereitungs- und<br />
Gartechniken. Denn es gibt ja gar keine edlen oder<br />
unedlen Rindfleisch-Teilstücke, sondern lediglich falsche<br />
Einsatzgebiete und ungeeignete Garmethoden. Der<br />
Grund für diese Missgriffe liegt meist am Informationsmangel,<br />
mitunter aber auch an falschen Erwartungshaltungen<br />
durch übermotiviertes Marketing. Denn ehrliche,<br />
aber schlichte Rindfleischqualitäten werden manchmal<br />
gerne in aufwendig gestaltete SB-Packungen gesteckt<br />
und durch populäre Schlagworte wie „Dry Aged <strong>Beef</strong>“<br />
oder „Tomahawk Steak“ aufgerüstet. Beispielsweise<br />
wird so manch solider Rostbraten derart zum zähen Rib<br />
Eye Steak degradiert – und damit den Originalen dieser<br />
Gattungen ein Bärendienst erwiesen. Denn nichts ist<br />
nachhaltiger als eine Enttäuschungserfahrung am Grill<br />
oder am Teller.<br />
Allemal besser ist es also, einen verlässlichen Rindfleisch-Lieferanten<br />
zu haben, der einem keinen BBQ-<br />
Bären aufbindet. Und noch besser ist es, sich selbst<br />
auszukennen.<br />
Impressum FOODBOOX: Medieninhaber / Produktion / Copyrights / Redaktion / Inhalte: produktiv pr+produktion GmbH, Anton Lorenzstraße 32,<br />
A-2100 Korneuburg, Tel.: 0043 2262 20400 | GESCHÄFTSFÜHRUNG: Marketa Schubert, marketa.schubert@propr.at | HERAUSGEBER: Michael<br />
Schubert, michael.schubert@propr.at | GESTALTUNG / LAYOUT: Daniela Brandstätter | BILDBEARBEITUNG: Rudolf Koch | FOTOS: GRILLZEIT,<br />
Stefan Hobel, Arnold Pöschl, Michael Schubert, Johannes Brunnbauer, ARGE Rind eGen, EZG Gut Streitdorf eGen | ILLUSTRATIONEN: Mia Tlustos |<br />
DRUCK: Walstead Leykam Druck<br />
© <strong>2023</strong>. Alle Rechte vorbehalten.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 3
18<br />
16<br />
Intro<br />
06 <strong>Beef</strong> aktuell<br />
Flugscham statt Kuhbashing<br />
08 <strong>Beef</strong> Shopping<br />
Der richtige Einkauf<br />
Die Qualitätsfaktoren<br />
12 Die Kategorien<br />
Rind & Rind & Rind<br />
Jungstier für Fortgeschrittene<br />
21<br />
16 Gute Gene<br />
Rinder-Tinder<br />
Die wichtigsten Rassen<br />
18 Das Futter macht‘s<br />
Grass Fed – Grain Fed<br />
20<br />
20 Eine Frage der Haltung<br />
22<br />
21 Fleischfehler<br />
Stress lass nach<br />
22 Fleischreifung<br />
Fleisch mit Matura<br />
Reifungsmethoden<br />
82<br />
30<br />
Teilstücke & Cuts<br />
26 Die hohe Kunst der Teilung<br />
28 Teilstücksübersicht<br />
30 Cuts aus dem Englischen<br />
34 Cuts aus dem Knöpfel<br />
50 Cuts aus dem Vorderviertel<br />
42<br />
72 Special Cuts<br />
82 Innereien<br />
4 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
50<br />
72<br />
<strong>Beef</strong> Darlings<br />
38 Das Hüferschwanzel<br />
Markus Mair<br />
42 Das Hüferscherzel<br />
Christa Eppensteiner<br />
60<br />
46 Die Fledermaus<br />
Patrick Bayer<br />
54 Das Hintere Ausgelöste<br />
Adi Matzek<br />
58 Die Brisket<br />
Erich Stiefsohn<br />
60 Die Short Ribs<br />
Leo Gradl<br />
inhalt<br />
68<br />
64 Das Schulterscherzel<br />
Adi Bittermann<br />
68 Das Flank Steak<br />
Jenny Gruber<br />
76 Das Schulterfilet<br />
Johann Stabauer<br />
Küche & Grillen<br />
80 Burger Meister<br />
Selbst ist der Wolf<br />
80<br />
84 Gartechniken<br />
Garstufen &<br />
Kerntemperaturen<br />
Das Steak 1x1<br />
Große Braten<br />
Rauch & Zeit<br />
Die Luft ist raus<br />
84<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 5
Flugscham<br />
und Kuhbashing<br />
Rindfleisch und Milch sind aufgrund<br />
des Methanausstoßes der Wiederkäuer<br />
als CO2-Treiber in Verruf geraten. Zu<br />
Unrecht, wie ein Blick auf die Fakten<br />
beweist.<br />
Das Bashing ist zumindest bei Weiderindern aus<br />
regionaler Produktion schwer nachvollziehbar,<br />
da sich diese Tiere in der Regel nicht von fossilen<br />
Lagerstätten, sondern von nachwachsendem<br />
Gras und Heu ernähren, dieses gründlich verstoffwechseln<br />
und mit ihren Fladen die nächste Futter-Generation<br />
düngen, die wiederum CO 2 aus der Luft bindet. Das<br />
klingt eher nach Kreislauf, als nach Ressourcenvergeudung<br />
– insbesondere gilt das auch für die horrenden Wasserverbräuche,<br />
die man dem armen Vieh in gewöhnlich schlecht<br />
informierten Kreisen gerne anlastet. Das Rind scheidet jedoch<br />
fast genau so viel Flüssigkeit aus, wie es<br />
aufnimmt. Sonst würde es nämlich platzen.<br />
Wenn man sich aber dennoch auf den stark<br />
hinkenden Vergleich eines traditionell und<br />
naturnah produzierten Lebensmittels mit<br />
dem Betrieb von Verbrennungsmotoren und<br />
Turbinen einlassen möchte, hat man trotzdem<br />
mehr Grund zum Flug- als zum Fleischverzicht:<br />
Der Konsum von 100 kg Fleisch pro<br />
Kopf und Jahr ist laut Studie des WWF<br />
für 900kg CO 2 Ausstoß verantwortlich. Da<br />
jedoch auch vegane oder vegetarische Ernährung<br />
für eine CO 2 -Last sorgt, sind hier<br />
nicht diese absoluten Zahlen, sondern die<br />
CO 2 -Differenz zwischen Carnivoren und Fleischverzichtlern<br />
relevant. Und diese liegt laut WWF bei etwa 450 kg CO 2<br />
pro Jahr. Anders gesagt: Das Steak auf dem Teller wiegt in<br />
Sachen jährlicher CO 2 -Bilanz etwa so schwer, wie ein einziger<br />
Städteflug. Ein mitteldickes SUV hingegen sorgt durchschnittlich<br />
für 3.000 kg CO 2 per anno, also für etwa so viel<br />
wie ein einziger Maledivenurlaub.<br />
Der Stromverbrauch des Internets aber verursacht sogar<br />
genau so viel CO 2 wie der gesamte weltweite Flugverkehr.<br />
Und besonders schädlich sind hier die wahnwitzigen Hyperaktivitäten<br />
der Kryptowährungen. 2022 lag alleine der<br />
2022 lag alleine der<br />
Stromverbrauch der<br />
globalen Bitcoin-<br />
Schürfungen mit 75,4<br />
Terawattstunden<br />
deutlich über jenem<br />
von ganz Österreich!<br />
Stromverbrauch der globalen Bitcoin-Schürfungen mit 75,4<br />
Terawattstunden deutlich über jenem von ganz Österreich!<br />
Anleitung zum CO2-Fasten. Jedes einzelne Mobiltelefon<br />
(auch jenes der allerletzten Generation) verbraucht<br />
durchschnittlich über 30 Kilowattstunden Strom pro Jahr<br />
– das Doppelte konsumiert eine Playstation 5, rund 90 kWh<br />
ein PC, 120 kWh ein LED-TV. Die Grundausstattung eines<br />
Kinderzimmers frisst also durchschnittlich jährlich rund 300<br />
kWh. Ohne die Strombilanz des World Wide Webs wohlgemerkt,<br />
in dem auch der Bobo-Nachwuchs permanent surft.<br />
Und da wir den grünen Strom ja schon<br />
für unsere E-Autos und Wärmepumpen<br />
brauchen, stammt der Saft meist aus dem<br />
Gaskraftwerk.<br />
Es gibt auch kein verbrieftes Menschenrecht<br />
auf billige Städteflüge, die weniger<br />
kosten als das Taxi zum Flughafen. Und ein<br />
zweiwöchiger Mallorca-Urlaub wiegt in der<br />
CO 2 -Bilanz jedes Einzelnen ebenso schwer,<br />
wie ein ganzes SUV-Jahr auf der deutschen<br />
Autobahn (Quelle WWF). Nicht bei Tempo<br />
100, sondern mit bundesdeutschem Vollgas.<br />
Kreuzfahrtschiffe verschandeln nicht nur<br />
den Markusplatz und karibische Traumstrände. Schon sieben<br />
Tage Mittelmeerkreuzfahrt verursachen pro Kopf die<br />
vierfachen CO 2 -Emissionen eines ungebremster deutschen<br />
PKW-Alleinfahrers im Jahr. An- und Abreise noch gar nicht<br />
eingerechnet. Ein einziges großes Kreuzfahrtschiff hat (lt.<br />
NABU) durchschnittlich den CO 2 -Ausstoß von 84.000<br />
Autos – und weltweit sind schon knapp 400 solcher schwimmenden<br />
Städte unterwegs. Zusätzlich wird auch noch deren<br />
Abwasser meist direkt ins Meer geleitet, während Lebensmittelabfälle<br />
und Plastikmüll in der Regel ungefiltert verbrannt<br />
oder über Bord gekippt werden. Also bleibt doch lieber öfter<br />
zu Hause und werft den Grill an!<br />
6 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Homo fertilis<br />
Die aktuelle Nachrichtenlage zum Weltuntergang<br />
ist unübersichtlich. Auch deswegen, weil immer<br />
wieder „Bad News“ auftauchen, die eigentlich<br />
schlimmer sein könnten. Die allerletzten: Das<br />
Ozonloch schrumpft und Chinas Bevölkerung tut<br />
dies jetzt ebenfalls – erstmals seit 1961.<br />
Zumindest Letzteres ist sogar einen Asbach Uralt<br />
wert, auf jeden Fall aber eine Retrospektive: Zu<br />
Christi Geburt lebten noch weniger als 200 Millionen<br />
Menschen auf der Welt, vor 100 Jahren bereits<br />
knapp 2 Milliarden. Noch vor 50 Jahren – also 1973<br />
– lag die Weltbevölkerung bei etwa 4 Milliarden<br />
Menschen, heute sind es bereits über 8 Milliarden.<br />
An dieser steilen Populationskurve der Menschheit<br />
haben in Summe sogar die Hunnen, zwei Weltkriege,<br />
etliche Völkermorde, der Holocaust und zuletzt<br />
Corona recht wenig geändert. Gerade einmal<br />
die Pest im Mittelalter verschaffte der Natur historisch<br />
betrachtet eine nenneswerte Atempause.<br />
Und genau das ist unser eigentliches Problem, bzw<br />
jenes von Mutter Erde. Denn diese Fruchtbarkeit<br />
des Menschen ist der CO 2 -Treiber schlechthin,<br />
nicht die furzende Kuh auf der Alm und auch nicht<br />
das Mammut aus dem Permafrost in der Auftaustufe.<br />
Die gibt es beide schon seit tausenden von<br />
Jahren und außerdem immer weniger. Alle 50 Jahre<br />
doppelt so viele Leute bedeuten aber einfach auch<br />
doppelt so viele Emissionen, doppelt so viel Abfall,<br />
doppelt so viel Energieverbrauch, Überfischung,<br />
Nahrungsbedarf, Besiedelung, Abholzung, Naturzerstörung,<br />
Konflikte, Migrationsdruck...<br />
Global gesehen. Denn dass wir in Europa<br />
seit 1973 ganz sicher keine Verdoppelungen der<br />
Umweltbelastungen erlebt haben, sondern im Gegenteil<br />
heute viel bessere Luft atmen als damals<br />
und unter anderem den sauren Regen sowie das<br />
Blei im Benzin und auf den Feldern überwunden<br />
haben, wissen jene am besten, die heute von der<br />
selbstgerechten „letzten Generation“ als gedankenlose<br />
Boomer denunziert werden. Die dramatischen<br />
Verbesserungen liegen nämlich an den Errungenschaften<br />
der vorletzten Generation, die den Begroff<br />
„Öko“ eigentlich erst erfunden hat. Auch wenn hier<br />
noch sehr viel zu tun bleibt.<br />
Die meisten der rappelköpfigen Straßenkleber und<br />
Kunstterroristen durften aber behütet in einem<br />
ziemlich sauberen, friedlichen, wohlhabenden und<br />
demokratischen Europa aufwachsen. Aber selbstgefälliger<br />
Aktionismus wird die Welt nicht retten. Da<br />
müssen eher schon ein paar persönliche Verzichtserklärungen<br />
her. Und selbst das ist dann gerecht,<br />
aber mäßig relevant für das Weltklima, solange wir<br />
insgesamt immer mehr werden. Und die größten<br />
Umweltsünder wie China und die USA in Sachen<br />
Selbstbeschränkung mit der kalten Schulter zucken.<br />
Das neue<br />
Kalbfleisch<br />
Erlebnis<br />
Genuss mit Verantwortung.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 7
<strong>Beef</strong> Shopping<br />
Früher war mehr Lametta in der Fleischabteilung. Kundige Kunden<br />
unterhielten sich mit den Metzgern ihres Vertrauens über Wahl und<br />
Behandlung jedes einzelnen Rindfleisch-Teilstückes, das sie beide<br />
beim Namen kannten und nannten. Dry Aging hieß damals noch<br />
Abhängen und war ganz selbstverständlich. Heute aber ist man als<br />
Käufer informationstechnisch besser autark.<br />
Zugegebenermaßen war damals nicht alles besser.<br />
Oft durfte man sich bis in die 90er des vergangenen<br />
Jahrhunderts im Wirtshaus gerade einmal<br />
zwischen Rot- und Weißwein entscheiden. Und<br />
auch das Weinkaufserlebnis im Lebensmittehandel<br />
beschränkte sich oft auf ein paar Doppler Brünnerstrassler<br />
in der Bückzone sowie einen Regalmeter Bouteillen mit<br />
Saurüssel und Gumpoldskirchner. Dazu vielleicht noch einige<br />
verstaubte Chiantiflaschen im Baströckchen. Heutzutage<br />
aber stellen die Weinabteilungen im Supermarkt in Sachen<br />
Auswahl und Regalmeter so manche frühere<br />
Vinothek tief in den Schatten und sind Umsatzmaschinen.<br />
Mit der gerühmten österreichischen Rindfleischkultur<br />
ging das leider jahrzehntelang<br />
genau den umgekehrten Weg. Denn statt<br />
Kompetenz standen lange halsbrecherische<br />
Preisaktionen des Lebensmittelhandels im<br />
Vordergrund, der bereits vor rund 50 Jahren<br />
damit begann, Frischfleisch als Lockartikel<br />
und Frequenzbringer auf jedes Flugblatt zu<br />
setzen. Ein Großteil der Fleischergeschäfte in den großen<br />
Städten fiel in den folgenden Jahrzehnten dem resultierenden<br />
Preisdruck, oft aber auch den eigenen Nachwuchsproblemen<br />
zum Opfer. Gelernte Fleischer sind dann auch<br />
im Supermarkt rar geworden - während ausgerechnet ein<br />
Diskonter jetzt vermehrt auf Fachkraft setzt. Der Kompetenz<br />
jenseits des Tresens hat diese Entwicklung jedenfalls nicht<br />
gutgetan. Immer öfter fehlen unsereinem im Lebensmittelhandel<br />
die adäquaten Gesprächspartner hinter der Theke.<br />
Und so mancher Kunde hat inzwischen deutlich mehr Ahnung<br />
als sein professionelles Visavis.<br />
Die Fleischsortimente in der Selbstbedienung sind zwar in<br />
den letzten Jahren durch die importierte Steak-Kultur der<br />
Grillenthusiasten intensiv befruchtet worden, die Trans-<br />
So mancher Kunde<br />
hat inzwischen deutlich<br />
mehr Ahnung als<br />
sein professionelles<br />
Visavis<br />
parenz und Vielfalt des reslichen Angebotes konnte damit<br />
jedoch nicht schritthalten. In den SB-Theken verbergen Nahund<br />
Fernversorger vielmehr das wahre Wesen ihrer vakuumverpackten<br />
und schutzbegasten Ware gerne hinter möglichst<br />
unscharfen Begriffen, wie „Bratenfleisch“ oder „Medaillons“<br />
sowie lakonischen Zubereitungsempfehlungen wie „zum Kochen“<br />
auf den Etiketten. Was nur sehr wenige Informationen<br />
über die tatsächlichen Eigenschaften der obendrein auch<br />
noch gerne dilletantisch zugeschnittenen Steaks oder Schnitzels<br />
in der folierten Packung liefert.<br />
Auf Schnitzeljagd. Die Zahl der<br />
anspruchsvollen Fleisch- und Wissenshungrigen<br />
steigt dennoch seit Jahren<br />
unaufhörlich. Nicht zuletzt aufgrund des<br />
Grill- und BBQ-Booms, der auch viele<br />
Männer erst an den Rost und später in die<br />
Küche geführt hat. Damit öffneten sich<br />
große Marktnischen für Direktvermarkter,<br />
Steak-Gurus mit Reifeschrank und vor<br />
allem für etliche Online-Versandhändler<br />
mit umfangreichem Steak-Portfolio und<br />
hoch gelegten Latten für Qualität und Preis.<br />
Die zahlungskräftige Klientel dieser florierenden Web-<br />
Tempel ist aber inzwischen auch Zielgruppe für etliche<br />
recht gelungene Flagshipstores des Lebensmittelhandels.<br />
Kompetente Metzger (die gibts auch in Supermärkten), die<br />
sich heute auch gerne Butcher nennen und Hut tragen, versuchen<br />
hier den Steakversendern durch eine Differenzierung<br />
des Angebotes Paroli zu bieten. Keine ganz leichte Aufgabe,<br />
denn wollte man tatsächlich nur die interessantesten Rindfleischsorten,<br />
-qualitäten, -provenienzen und -teilstücke<br />
frisch „from nose to tail“ anbieten, bräuchte man dafür eine<br />
Frischfleischtheke in mindestens dreifacher Länge. Im organiserten<br />
Lebensmittelhandels ist das mangels Platz, Drehung<br />
und Personal aber wohl kaum machbar. Daher liegt hinter<br />
den gewölbten Scheiben der Kühltheken immer nur die<br />
8 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Spitze des Sortiment-Eisberges. Spezielle Wünsche, wie eine<br />
große Bavette, ein Flank Steak, das Teres Major oder auch<br />
nur ein sauber aus dem Schulterscherzel geschältes Flat Iron<br />
Steak werden nur selten erfüllt – und dann eher auf Bestellung.<br />
Das gilt leider auch für Innereien wie Kutteln, Herz und<br />
Zunge.<br />
Fazit: Die Jagd nach dem optimalen Rohstoff für unsere<br />
kulinarischen Projekte ist heute also wieder genau so herausfordernd,<br />
wie einst im Neandertal. Denn wir wissen nie<br />
so genau, was uns im Supermarkt vor das Fadenkreuz unseres<br />
Einkaufswagens läuft. Selbst ein hoher Preis taugt oft<br />
nicht wirklich als Qualitätssiegel bzw. Orientierungshilfe. Mit<br />
ein paar wichtige Informatioen über Rindfleisch ausgestattet<br />
kann man aber selbst im stinknormalen Supermarkt ums<br />
Eck oft gute Qualitäten kaufen - mitunter auch noch recht<br />
günstig.<br />
Kennt man sich aus und schneidet die Steaks gerne fachgerecht<br />
selbst aus dem Englischen, ist der Großhandel (vulgo<br />
C&C) eine interessante Option. Hier tragen die Teilstücke<br />
noch ihre Namen und die Etiketten informieren meist auch<br />
recht gründlich über Herkunft und Reifung. Denn selbst ist<br />
der Butcher.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 9
Das ultimative<br />
<strong>Beef</strong>-Kompendium<br />
Kategorien. Fleisch von der Kalbin hat nichts<br />
mit Kalbfleisch zu tun und ein Jungstier ist kein<br />
Jungrind. Den wenigsten Konsumenten ist klar, dass<br />
der umfassende Begriff „Rindfleisch“ eigentlich ein<br />
sehr breites Spektrum recht unterschiedlicher Produkttypen<br />
und -qualitäten umfasst, was sehr unterschiedliche<br />
Fleischsorten ergibt.<br />
Die moderne Rindfleischküche reicht „from nose<br />
to tail“ und in Wahrheit gibt es keine edlen und<br />
unedlen Teilstücke vom Rind, sondern lediglich<br />
die richtige und falsche Wahl für den jeweiligen<br />
Verwendungszweck. Das beste Steak eignet sich<br />
nicht für ein saftiges Gulasch – und umgekehrt der schönste<br />
Wadschinken nicht für den Grill. Aber natürlich gibt es<br />
jeweils weniger gute, durchschnittliche, gute und hervorragende<br />
Qualitäten am Markt. Und diese zu erkennen, ist für<br />
den Laien oft gar nicht so einfach.<br />
Navigation statt Blindflug. Rindfleischkauf ist also<br />
eine Frage des Durchblicks – den man mit diesem Handbuch<br />
„AMA-Gütesiegel Rindfleisch Knowhow“ erhält. Denn nicht<br />
immer ist ein Fachmann zur Hand, und wer sich auskennt,<br />
bekommt deutlich mehr für sein Geld. Auf über 300 Seiten,<br />
mit einem Farbleitsystem übersichtlich in sechs Abschnitte<br />
strukturiert, informiert es über alle wichtigen Aspekte der<br />
Rindfleischqualität. Von den Anfängen der Rinderzucht über<br />
die Genetik bis hin zu weiteren bestimmenden Qualitätsfaktoren<br />
wie Kategorie, Haltung, Futter und Reifung. Von den<br />
Eigenschaften der unterschiedlichen Teilstücke bis zu den<br />
optimalen Zubereitungsmethoden, Garstufen und Küchentricks.<br />
Und für jeden der Cuts, Steaks und Klassiker gibt es<br />
auch ein passendes Rezept.<br />
Genetik. Wagyu, Angus, Hereford, Simmentaler...<br />
In den Online-Katalogen der Steak-Versandhäuser<br />
und Theken der Edelfleischer findet sich eine unüberschaubare<br />
Rassenvielfalt im Angebot. Denn in<br />
den unterschiedlichen Weltregionen und Kulturzonen<br />
entstanden im Laufe der Jahrtausende auch<br />
sehr unterschiedliche Rinderrassen, die jeweils für<br />
besondere Eigenschaften stehen.<br />
Futter und Haltung. Das Rind ist, was es isst. Deshalb<br />
ist sein Speiseplan eines der Hauptkriterien für die Beschaffenheit<br />
und den Geschmack des Fleisches. Im Fachchinesisch<br />
der Steak-Community haben sich deshalb für Rindfleisch<br />
der Premiumliga die Begriffe „Grass fed“ für jenes von Weidetieren<br />
und „Grain fed“ für Fleisch aus der Intensivmast<br />
etabliert.<br />
Reifung. Frischfleisch ist eigentlich erst dann wirklich<br />
ein Genuss, wenn es nicht mehr ganz so frisch ist. Denn<br />
vorausgesetzt es altert in Würde und unter optimalen Bedingungen,<br />
entwickeln sich gerade bei Rindfleisch frühestens<br />
nach einer Woche im Kühlhaus Zartheit und Aroma.<br />
Teilstücke. In diesem umfangreichen Kapitel finden Sie<br />
auf 68 Seiten nicht nur die Details zu sämtlichen Teilstücken<br />
vom Rind, die sich aus der klassischen österreichischen Teilung<br />
ergeben, sondern auch internationale Special Cuts, Geheimtipps<br />
und Second Cuts, die Experten in aller Welt in den<br />
letzten Jahren in der Rinder-Anatomie „gefunden“ haben.<br />
Küche und Rezepte. Das Kapitel „Küche“ beschäftigt<br />
sich mit sämtlichen aktuellen Vorbereitungs- und Gartechniken<br />
der extrem diversifizierten Rindfleischküche und ist<br />
10 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
daher mit 78 Seiten ebenfalls eines der umfangreichsten<br />
in diesem Handbuch. Denn das Spektrum der<br />
Optionen ist extrem breit und reicht vom Grillsteak<br />
über die Wiener Rindfleischküche bis zum BBQ im<br />
Smoker und anderen Niedertemperatur-Garmethoden.<br />
Die Wahl der richtigen Gartechnik und der richtigen<br />
Gartemperatur ist nämlich für das Gelingen eines<br />
Rindfleischgerichtes fast ebenso wichtig wie die des<br />
richtigen Rohstoffes.<br />
Laden Sie sich dieses Buch<br />
kostenlos als eBook herunter<br />
oder lesen Sie es einfach online:<br />
https://fleischknowhow.at/rind<br />
Gewinnen Sie eines<br />
von 150 Originalen!<br />
Die Teilnahme ist direkt auf der Website möglich oder Sie<br />
schicken uns einfach eine Postkarte oder E-Mail mit Absender<br />
und dem Kennwort „Rindfleisch Knowhow“ an:<br />
Redaktion GRILLZEIT<br />
Anton Lorenzstraße 32, A-2100 Korneuburg<br />
redaktion@grillzeit.at<br />
Die Ziehungen erfolgen unter Ausschluss des Rechtsweges ab 8. Mai<br />
<strong>2023</strong> laufend 1 x pro Woche zu je 30 Stück – insgesamt 5 Wochen<br />
lang. Die Gewinner werden schriftlich verständigt.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 11
Rind & Rind & Rind<br />
Wichtige Merkmale für die Beurteilung von Rindfleischqualität sind<br />
die Beschaffenheit des Bindegewebes, der Fleischfasern, die Fleischfarbe,<br />
die Fettfarbe und die Marmorierung – Dinge also, die auch<br />
viel mit Alter und Geschlecht der Tiere zu tun haben.<br />
Die Bezeichnung Rindfleisch ist lediglich ein Überbegriff.<br />
Doch während kaum jemandem einfiele,<br />
eine Weinflasche zu kaufen, auf deren Etikett lediglich<br />
„Rotwein“ steht und vielleicht noch „zum<br />
Mischen“, ist derlei bei Frischfleisch oft gang und<br />
gäbe. Hier wie dort spielen jedoch Sorten, Herkunft, Selektion<br />
und Lagerung eine große Rolle für Qualität und Typizität, dazu<br />
kommt bei Rindfleisch noch eine extreme Vielfalt an sehr unterschiedlichen<br />
Teilstücken.<br />
Doch die erste wichtige Differenzierung startet bereits mit der<br />
sogenannten „Kategorie“, die vor allem durch Geschlecht und<br />
Alter definiert wird und gesetzlich genau geregelt ist. Und hier<br />
lauern auf den Laien schon die ersten Stolperfallen hinter den<br />
gängigen Bezeichnungen: Denn Fleisch von der Kalbin hat rein<br />
gar nichts mit Kalbfleisch zu tun und ein sogenannter Jungstier<br />
ist nun wirklich kein Jungrind.<br />
Alterserscheinungen. Das Fleisch jüngerer Tiere ist logischerweise<br />
zarter als das älterer Tiere. Eine der Ursachen ist<br />
in der Veränderung des Gewebes, da die Anteile an löslichem<br />
Bindegewebe mit zunehmendem Alter geringer werden. Liegen<br />
sie bei einem Rind mit 14 Monaten noch bei 20 Prozent,<br />
so sind sie mit 24 Monaten bereits auf 11,2 Prozent abgesunken.<br />
Allerdings können Marmorierungen, also intramuskuläre<br />
Fettgehalte, den Einfluss der Bindegewebsanteile auf die Zartheit<br />
überlagern. Eindeutig ist, dass mit zunehmendem Alter<br />
der Anteil des Blutfarbstoffs Myoglobin ansteigt, sodass die<br />
Fleischfarbe ein intensiveres und dunkleres Rot annimmt.<br />
Die Kategorien<br />
Jungrind. Dieses kräftig dunkelrosafarbene Fleisch stammt<br />
von 8 bis 12 Monate alten Rindern, die meist in Mutterkuhhaltung<br />
aufgezogen werden und sich daher sowohl von Milch<br />
als auch von Gras, Heu und Getreide ernähren. Das Fleisch<br />
von Jungrindern ist von Haus aus zart und muss daher nur<br />
kurz gereift werden. Im Geschmack ist es nicht so kräftig wie<br />
andere Rindfleischsorten, was aber bei vielen Konsumenten<br />
durchaus willkommen ist.<br />
12 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Jungstier, die Muskeln relativ feinfaserig, zart, saftig und von<br />
hellen Fettadern durchzogen.<br />
Stier. Stiere (Bullen) sind geschlechtsreife männliche Tiere,<br />
spielen auf dem Markt aber keine bedeutende Rolle. Denn ihr<br />
dunkelrotes bis rotbraunes, meist bindegewebereiches Fleisch<br />
ist etwas zäh und landet daher großteils in der Verarbeitung.<br />
Kuh. Kühe haben wenigstens einmal gekalbt, ihr Fett ist<br />
meist gelblich, ältere Kühe liefern dunkleres Fleisch.<br />
Dieses wird in Österreich und Deutschland nicht sonderlich<br />
geschätzt und kommt in die Verarbeitung. Es erfreut sich jedoch<br />
in Frankreich großer Beliebtheit und in den letzten Jahren<br />
hat sich auch international ein Trend zu Steaks aus dem<br />
Englischen von gemästeten Kühen entwickelt.<br />
Die Ochsen-Tour<br />
Jungstier. Das Fleisch von jungen, aber ausgewachsenen<br />
männlichen Rindern, die im Alter von bis zu max. 20 Monaten<br />
geschlachtet werden, ist jenes, dem wir am häufigsten im<br />
Handel begegnen. Das kräftig rote Fleisch ist eher mager, die<br />
Fasern sind etwas gröber als bei Ochsen- und Kalbinnenfleisch<br />
und die Fettabdeckung meist weiß. Natürlich gibt es auch hier<br />
große Qualitätsunterschiede innerhalb der Kategorie, aber das<br />
Gros der angebotenen Teilstücke ist aufgrund seines frischen,<br />
kräftigen Geschmacks perfekt für die Siedeküche und Schmorgerichte<br />
sowie für Burger & Co. geeignet. Zum Kurzbraten und<br />
Grillen sind meist jedoch nur die ausgewiesenen Edelteile zu<br />
empfehlen, die zudem auch eine gewisse Fleischreifung benötigen.<br />
Einst galt der Mastochse als Inbegriff für hochwertiges<br />
Rindfleisch mit besonders kräftigem<br />
Geschmack. Inzwischen macht er sich in den<br />
Fleischtheken aber eher rar, nur im Herbst nach<br />
dem Almabtrieb wird er öfter einmal angeboten.<br />
Dafür gibt es einige Gründe:<br />
Die Jungstier-Mast ist heute oft attraktiver als die<br />
längere und aufwendigere „Ochsen-Tour“. Kastrierte<br />
Stiere wachsen nämlich langsamer, haben<br />
eine geringere Muskelfülle als ihre Testosteron-<br />
Brüder – also einen höheren Knochen- und Fettanteil.<br />
Das ergibt zwar feinere Fleischfasern und<br />
eine bessere Marmorierung, aber auch weniger<br />
Fleischausbeute. Ochsen werden zudem oft in<br />
Mutterkuhhaltung gemästet, wachsen also tiergerecht<br />
in kleinen Gruppen an der Seite ihrer Mutter<br />
auf. Auch das kostet mehr als die konventionelle<br />
Jungstierhaltung. Und da die Kilopreise für Ochsen,<br />
die Handel und Schlachthof an die Bauern auszahlen,<br />
derzeit kaum über denen des Jungstiers liegen,<br />
gibt es leider wenig Anreize für die Mäster, in diese<br />
Form der Produktion zu investieren.<br />
Kalbin. Junge, ausgewachsene weibliche Rinder, die noch<br />
nicht gekalbt haben, werden Kalbinnen genannt (in Deutschland<br />
„Färse“) und dürfen maximal 24 Monate alt sein. Ihr<br />
Fleisch hat feine Fasern sowie eine stärkere Fettmarmorierung<br />
und ist daher meist zarter und saftiger als Jungstierfleisch.<br />
Aufgrund dieser Eigenschaften ist diese Kategorie für<br />
viele Steakliebhaber erste Wahl, denn auch die sogenannten<br />
„Second Cuts“ von der Kalbin, also günstigere Alternativen zu<br />
den Edelteilen, sind oft zum Kurzbraten und Grillen geeignet<br />
– eine entsprechende Fleischreifung vorausgesetzt.<br />
Ochse. Ochsen sind kastrierte männliche Rinder, deren<br />
Fleisch eine ähnlich gute Fettmarmorierung wie das der Kalbinnen<br />
hat. Sie werden meist mit einem Alter von rund zwei<br />
Jahren vermarktet. Die Fleischfarbe ist dunkler als jene vom<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 13
Jungstier für<br />
Fortgeschrittene<br />
Jungstierfleisch ist das, was man gemeinhin<br />
als Rindfleisch kaufen kann – denn es ist im<br />
Handel omnipräsent und relativ günstig. Abgesehen<br />
vom Preis hat Jungstierfleisch aber<br />
auch einige weitere Vorzüge.<br />
Was Ihnen im Handel als Rindfleisch begegnet,<br />
ist in neun von zehn Fällen Fleisch vom<br />
Jungstier. Und das hat natürlich Gründe: In<br />
der Jungstiermast sind Tageszunahmen<br />
von über einem Kilogramm möglich, das<br />
Schlachtgewicht der Tiere liegt bereits nach 19 Monaten bei<br />
350 bis 450 Kilogramm oder mehr. In der extensiven Weidehaltung<br />
vielleicht auch etwas weniger – dafür wird dort das<br />
Grünfutter der Almen optimal genützt und ist recht kostengünstig.<br />
Auf jeden Fall ist Jungstierfleisch günstiger zu produzieren als<br />
jenes von Kalbinnen oder Ochsen. Bei gleichem Futtereinsatz<br />
nehmen diese nämlich deutlich langsamer zu, haben dafür jedoch<br />
feinere Fleischfasern und neigen eher zu intramuskulärer<br />
Fetteinlagerung. Jungstierfleisch hingegen hat eine mittelfeine<br />
Faserstruktur und ist tendenziell eher mager. Die Fleischfarbe<br />
ist ein intensives, helles Rot und die Fettabdeckung nahezu<br />
weiß – der Preis manchmal heiß. In Aktionen wird man aufgrund<br />
der günstigeren Erzeugungskosten nahezu ausschließlich<br />
diese Standardqualität finden.<br />
Was aber nicht heißen soll, dass es keine Jungstiersteaks mit<br />
Topmarmorierung und keine Kalbinnensteaks mit nahezu fettfreiem<br />
Muskelfleisch gibt. Wenn Ihnen beim Fleischer also ein<br />
wunderschön marmoriertes Steak über den Weg läuft, das<br />
auch noch perfekt abgehangen ist, ist das großartig – aber<br />
trotzdem in den meisten Fällen vom Jungstier. Ganz einfach<br />
deswegen, weil der Löwenanteil des frischen Rindfleisches<br />
vom Jungstier stammt und daher die Bandbreite innerhalb<br />
dieser Kategorie enorm ist.<br />
Ganz unabhängig vom relativ günstigen Preis hat Jungstierfleisch<br />
aber auch eine Reihe von weiteren Stärken. Sein meist<br />
eher mageres Muskelfleisch beispielsweise, das relativ kalorienarm<br />
ist und daher manchen Leuten besser in den Diätplan<br />
passt. Oder seinen besonders frischen, sauberen Rindfleisch-<br />
geschmack. Auch für Burger ist das Fleisch vom Jungstier<br />
daher sehr gut geeignet, wenn man die richtigen Teilstücke<br />
dafür wählt und den Fettgehalt nicht zu niedrig ansetzt.<br />
Low & slow. Prinzipiell ist Jungstierfleisch auch jenseits der<br />
Edelteile dort sehr gut im Rennen, wo „low & slow“ gearbeitet<br />
wird – etwa beim Schmoren und beim BBQ. Denn wenn<br />
reichlich vorhandenes Kollagen genug Zeit hat, abgebaut zu<br />
werden, verwandelt es sich in delikate Gelatine und würzigen<br />
Fleischsaft. Daher sind eine Brisket, Short Ribs oder auch ein<br />
Hinteres Ausgelöstes vom Jungstier mit zwei bis drei Wochen<br />
Reifung eine sehr gute Wahl für die Zubereitung im Smoker.<br />
Sous vide – also das Garen von vakuumiertem Fleisch im Wasserbad<br />
– schließt ebenfalls eine lange vorherige Reifung aus.<br />
Denn hier wird oft bei nur 50 bis 60°C und über viele Stunden<br />
gegart, etwaige Keime und geschmackliche Fehlnoten können<br />
sich bei diesen Bedingungen explosionsartig vermehren. Auch<br />
hier ist relativ frisches Jungstierfleisch daher eine ausgezeichnete<br />
Wahl.<br />
14 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Advertorial<br />
20 Jahre<br />
Rindfleisch<br />
à la carte<br />
Mit dem Kooperationsprojekt<br />
„Rindfleisch<br />
à la carte“ starteten<br />
TANN-SPAR und die<br />
Erzeugergemeinschaft<br />
Gut Streitdorf 2003 eines der ersten<br />
Qualitätsfleischprogramme in Österreich,<br />
ein Leuchtturmprojekt, an dem<br />
sich heute viele Produzenten orientieren.<br />
Die Zielsetzungen und Ansprüche,<br />
mit denen EZG-Geschäftsführer Werner<br />
Habermann und Helmut Gattringer,<br />
damaliger Betriebsleiter des TANN-<br />
Werkes in St. Pölten, das Projekt starteten,<br />
sind heute so aktuell wie einst.<br />
Diese Marke steht seit 20 Jahren für<br />
mindestens 14 Tage gereiftes Rindfleisch<br />
von AMA-Gütesiegel-Kalbinnen,<br />
ausschließlich in Niederösterreich<br />
gemästet und geschlachtet. Die genau<br />
definierten Haltungs- und Fütterungsrichtlinien<br />
der Rinder sowie die<br />
Einhaltung der strengen Alters- und<br />
Gewichtsgrenzen bei der Schlachtung<br />
haben dieses Qualitätsprogramm einzigartig<br />
gemacht.<br />
RFC aktuell. „Heute ist diese regionale<br />
Topqualität nicht nur in den<br />
Bedienungstheken der diversen Spar-<br />
Märkte in Niederösterreich, Wien und<br />
dem nördlichen Burgenland erhältlich,<br />
sondern auch in deren Selbstbedienungsbereichen.<br />
Die sehr ansprechend<br />
gestaltete Skin-SB-Packung informiert<br />
detailliert über den Inhalt, schützt diesen<br />
aber auch vor negativen Umwelteinflüssen<br />
– und verlängert zudem die Reifezeit<br />
des Fleisches selbst noch im Kühlschrank.<br />
Das Kombilogo „AMA-Gütesiegel + Regionale<br />
Herkunft“ mit der Länderfahne<br />
lässt jeden Käufer auf einen Blick erkennen,<br />
dass es sich bei „Rindfleisch à la<br />
carte“ um ein 100% in Niederösterreich<br />
produziertes Qualitätsprodukt handelt.<br />
Und neu ist bei diesem Programm nun<br />
auch die zertifiziert gentechnikfreie<br />
Fütterung. Das ist auf der Verpackung<br />
durch den Andruck des „Ohne Gentechnik<br />
hergestellt“-Logos klar ersichtlich“,<br />
erklärt Leopold Scharmer, TANN-Betriebsleiter<br />
Werk St.Pölten.<br />
Das Fest. Anlässlich des 20-Jahre-<br />
Jubiläums wird es für Rindfleisch à la<br />
carte in den 28 EUROSPAR-Märkten<br />
in Wien im Zeitraum vom 25.5. bis<br />
7.6.<strong>2023</strong> Produktverkostungen geben.<br />
Durchgeführt von den geschulten Seminarbäuerinnen<br />
der Landwirtschaftskammer<br />
Niederösterreich sowie an<br />
ausgewählten Standorten auch mit<br />
Doppelgrillweltmeister und Haubenkoch<br />
Adi Bittermann. Informieren,<br />
verkosten, sich einfach selbst von der<br />
Qualität überzeugen – lassen Sie sich<br />
diese Möglichkeit nicht entgehen.<br />
Die Facts. Wissen zur Produktion,<br />
Zubereitungstipps inkl. ausführlicher<br />
Steakkunde sowie delikate Rezeptideen<br />
finden Sie in der 64 Seiten starken<br />
AMA-Gütesiegel Rindfleisch à la carte<br />
Infobroschüre.<br />
Einfach QR-Code auf Handy oder Tablet<br />
laden oder die Broschüre im Gut<br />
Streitdorf Kiosk am PC online lesen:<br />
www.yumpu.com/kiosk/Gutstreitdorf/<br />
rindfleisch-genuss-rindfleisch-a-lacarte/65193406.<br />
Fotos © ARGE Rind (Brunnbauer / Lehmann)<br />
v.l.n.r.: DI Werner Habermann (GF ARGE Rind/EZG Gut Streitdorf),<br />
Johannes und Dominik Kreuzer (AMA-Gütesiegel Rindfleisch à la carte<br />
Produzenten)<br />
Ab Mitte Mai finden Sie alle<br />
Infos und noch ein bisschen<br />
mehr auf der neuen Website<br />
www.rindfleisch-alacarte.at.<br />
Allzeit gutes Gelingen, egal ob<br />
am Grill oder in der Küche!
Gute Gene<br />
Wagyu, Angus, Hereford, Simmentaler...<br />
in den unterschiedlichen Weltregionen<br />
und Kulturzonen entstanden im Laufe der<br />
Jahrtausende eine Vielzahl von Rinderrassen,<br />
die jeweils für besondere Fähigkeiten<br />
und Fleischeigenschaften stehen.<br />
Besonders hinsichtlich Fleischfaserung, Marmorierung<br />
und Größe der Teilstücke spielt die Rasse<br />
eine bestimmende Rolle für die Rindfleischqualität.<br />
Das liegt hauptsächlich am unterschiedlichen<br />
Stoffwechsel und Wachstum der Tiere. Kleinrahmige<br />
Rassen wie Angus und Limousin sind nämlich „frühreif“,<br />
beginnen also auch früher Fett im Muskel einzulagern, was<br />
wiederum der kulinarischen Qualität sehr zuträglich ist. Andere<br />
Rassen erzielen wiederum ein besonders schnelles und<br />
kräftiges Muskelwachstum, was dem sogenannten Magerfleischanteil<br />
zustatten kommt.<br />
Rinder Tinder. Geschickte Züchter wissen über die<br />
Stärken und Schwächen der verschiedenen Rassen und<br />
Schläge genau Bescheid und sichern sich deren Tugenden<br />
durch gezielte Einkreuzungen. Die Basis dafür sind meist<br />
heimische Rassen – allen voran das Fleckvieh, eine klassische<br />
Mehrnutzungsrasse, die heute das heimische Angebot dominiert<br />
und als „Simmentaler“ auch international populär<br />
ist. Die Vermählung einer autochthonen Fleckviehkuh mit<br />
einem Fleischrasse-Stier – wie Limousin oder Angus – ergibt<br />
eine sogenannte „Gebrauchskreuzung“. Durch eine erneute<br />
Einkreuzung der Fleischrasse entstehen in der Folge die sogenannten<br />
„Verdrängungskreuzungen“, wie sie sehr oft in<br />
österreichischen Qualitätsfleischproduktionen der Mutterkuhhaltung<br />
zu finden sind. Äußerlich dominieren da oft noch<br />
die Flecken, während genetisch längst die Fleischrasse die<br />
Oberhand hat.<br />
Spezialisten und Generalisten. Typische Fleischrassen<br />
sind etwa das Angus-Rind (Black Angus, Aberdeen<br />
Angus) und das Hereford, die für ihre feinen Fleischfasern<br />
geschätzt werden, das hervorragend bemuskelte Charolais,<br />
das schnellwüchsige Limousin, das Blonde d’Aquitaine<br />
oder auch das robuste Hochlandrind. Die Milchleistung von<br />
Fleischrassen ist in der Regel relativ niedrig, auf diesem Sektor<br />
gibt es dann andere Spezialisten wie das Holstein Rind<br />
oder das Jersey Rind.<br />
Als Arbeitstiere werden Rinder in der westlichen Welt kaum<br />
mehr gehalten, aber dennoch blieben diese Rassen mitunter<br />
erhalten, denn ausgerechnet unter diesen finden sich einige<br />
Feinschmeckertipps, wie etwa das riesige Chianina, Originallieferant<br />
des „Bistecca alla fiorentina“, oder das urige,<br />
langhornige Boskarin aus Istrien, das dem ungarischen<br />
Steppenrind ähnelt und ebenfalls hervorragendes Fleisch<br />
liefert. Und nicht zuletzt ist auch das japanische Wagyu-<br />
Rind trotz seiner Kleinwüchsigkeit ursprünglich als Zugtier<br />
gezüchtet worden, steht heute jedoch als Kobe-Rind mit<br />
Abstand an der Spitze der globalen <strong>Beef</strong>-Preisskala.<br />
Eine Sonderstellung nehmen die tropenfesten, asiatischen<br />
Zebu-Rassen ein, die in heißen Regionen stark verbreitet<br />
sind und aufgrund ihrer hohen Toleranz gegenüber Hitze<br />
und Sonneneinstrahlung auch in Südamerika gerne mit<br />
Fleischrassen gekreuzt werden. Ihr Nachteil: Das Fleisch der<br />
Zeburinder, die optisch leicht an ihrem typischen Höcker<br />
zu erkennen sind, ist etwas zäh und geschmacklich gewöhnungsbedürftig.<br />
Das schlägt bei lateinamerikanischen Steaks<br />
oft etwas durch.<br />
Traditionelle heimische Mehrnutzungsrassen sind hingegen<br />
Tiroler Grauvieh, Pinzgauer Rind, Ennstaler Bergschecken,<br />
Kärntner Blondvieh, Murbodner Rind, Braunvieh und vor<br />
allem das genannte Fleckvieh. Mehrnutzungsrassen sind<br />
also nicht nur im Sinne einer nachhaltigen und schonenden<br />
Nutzung alpiner Regionen vorteilhaft, sondern auch kulinarisch<br />
mehr als wettbewerbsfähig – und wie gesagt genetisch<br />
längst nicht mehr lupenrein. Denn während der reinrassige<br />
Fleischrassenanteil in Österreich nur bei ca. 5% liegt, gibt<br />
es nicht nur eine Vielzahl an Gebrauchskreuzungen, sondern<br />
auch beim Fleckvieh selbst sogenannte Milch- und Fleischschläge.<br />
Die wichtigsten<br />
Rinderrassen<br />
Weltweit gibt es rund 450 Rinderrassen, die in<br />
Größe, Typ und Färbung zum Teil stark voneinander<br />
abweichen. Diese Rassen werden dann oft<br />
noch einmal nach Schlägen bzw. nach Herkunft<br />
unterschieden. Einige wertvolle alte Rassen, die<br />
fast schon ausgestorben waren, wurden von<br />
Züchtern wieder auf größere Bestände gebracht,<br />
existieren aber oft nur in kleinen Herden von wenigen<br />
tausend Tieren.<br />
Auf dem abgebildeten Poster sind 14 Vertreter<br />
jener Fleisch- und Mehrzweckrinder zu sehen, die<br />
in unserer Grillküche zu Recht eine besondere<br />
Rolle spielen.<br />
16 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Online www.epaper.grillzeit.at<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 17
Das Futter macht’s<br />
Die Beschaffenheit und Qualität von<br />
Gras, Heu, Getreide und anderen Futtermitteln<br />
ist eines der wichtigsten<br />
Kriterien für die resultierenden Rindfleischqualitäten<br />
wie Zartheit und<br />
Geschmack. Denn auch das Rind ist<br />
lediglich, was es isst.<br />
Seit Jahrtausenden verwandeln domestizierte<br />
Rinder Gräser und Kräuter ihrer Weiden in die<br />
hochwertigen Eiweißträger Milch und Fleisch.<br />
Nachhaltig und landschaftspflegend. Mehr als<br />
zwei Drittel der weltweiten Agrarflächen sind<br />
solches Grünland, denn in Regionen wie der Hochalm im<br />
Gebirge oder den Poldern an der Nordsee ist ja gar nichts<br />
anderes zu kultivieren als Gras. Für die sogenannte Endmast<br />
in den letzten Wochen vor der Schlachtung sowie auch für<br />
die Intensivmast im Stall kommen allerdings Futterrationen<br />
aus Silofutter, Getreide sowie zusätzlichen Vitaminen und<br />
Mineralstoffen zum Einsatz, die auf das Lebensalter der Tiere<br />
abgestimmt sind. Sowie gerne auch Eiweißfutter wie Soja,<br />
das jedoch auch durch Rapsschrot, Lupinen und anderes ersetzt<br />
werden kann.<br />
18 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Grass fed, Grain fed. Die Zusammensetzung des Futters<br />
ist in Geschmack und Textur des Steaks mitunter recht<br />
deutlich wiederzufinden – vor allem in den Aromen des<br />
Fettes, das die Muskeln und Fleischfasern umgibt. Denn dieses<br />
ist zum einen als Geschmacksträger ja immer ein bestimmender<br />
Faktor und reagiert zum anderen besonders deutlich<br />
auf die Zusammensetzung des Futters.<br />
Im Fachchinesisch haben sich deshalb für Steaks der Premiumliga<br />
die Begriffe „Grass fed“ für Fleisch von Weidetieren<br />
und „Grain fed“ für Fleisch aus der Getreidemast etabliert.<br />
Ersteres ist oft unschwer am Gelbstich des eher weichen<br />
Fettes zu erkennen, der vom hohen Anteil mehrfach ungesättigter<br />
Fettsäuren in Gras und Heu kommt. Und es ist<br />
meist etwas magerer als Grain-fed-Fleisch, das oft eine<br />
bessere intramuskuläre Marmorierung aufweist. Mit Getreide<br />
gemästete Rinder entwickeln außerdem nahezu weiße, feste<br />
Fettpolster mit einer gewissen Standfestigkeit am Grill.<br />
Beide Fleischtypen haben ihre überzeugten Fans und tatsächlich<br />
gibt es bei beiden absolute Topqualitäten.<br />
Im richtigen Leben findet man allerdings selten pure Grassfed-<br />
oder Grain-fed-Steaks, sondern meist Mischformen.<br />
Denn auch wenn ein Jungstier zwei Jahre ausschließlich auf<br />
der Weide verbracht hat und erst vor der Schlachtung für<br />
ein paar Wochen in die sogenannte Endmast kommt, basiert<br />
diese natürlich auf stark getreidelastigem Kraftfutter und<br />
das Tier gilt als „Grain finished“. Auch dann übrigens, wenn<br />
das Futter einen hohen Maisanteil hat, der aufgrund seines<br />
Fettsäuremusters (Linolensäure) wieder zu eher weichem,<br />
gelblichem Fett führen kann, das man optisch als „Grass<br />
finished“ bewerten könnte. Den Rindern ist diese Mast-Diät<br />
jedenfalls als Ergänzung gar nicht unrecht, denn sie mundet<br />
ihnen meist mehr als Heu alleine.<br />
Zauberformel IMF. Fett ist nett. Die Fettauflage auf<br />
den Muskeln ist wichtig für die Reifephase der Karkassen<br />
nach der Schlachtung. Und die Marmorierung im Fleisch ist<br />
bestimmend für den Geschmack, die Textur und die Klassifizierung<br />
des Fleisches. Diese wird besonders in den USA,<br />
Kanada, Australien und Japan primär nach dem intramuskulären<br />
Fettgehalt (IMF) vorgenommen. Und auch bei uns<br />
bürgert sich diese Bewertung zumindest bei Steaks und Edelteilen<br />
sinnvollerweise immer mehr ein.<br />
Steaks der 4 Jahreszeiten<br />
Tatsächlich unterscheiden manche Steakfans ihr<br />
„Grass fed“-Fleisch nicht nur nach Region, Rinderrasse<br />
und Kategorie, sondern auch nach dem Vegetationsstatus<br />
der vier Jahreszeiten. Der bei weit gereisten<br />
Steaks der südlichen Hemisphäre gegenüber heimischer<br />
Ware natürlich auch ins Gegenteil verkehrt<br />
sein kann.<br />
Frühling. Heimisches Rindfleisch von der Frühlingsweide<br />
kommt nach relativ kurzer Reifezeit bereits<br />
ab April in den Handel. Seine Aromen sind frisch<br />
und floral mit zarten Kräuter-Noten. Länger gereifte<br />
Teilstücke aus dieser Periode sind von Mai bis Juli erhältlich.<br />
Sommer. Sommergräser und Kräuter sind trockener<br />
und intensiver – das Fleischaroma ist jetzt also merkbar<br />
dichter und mit leichter Heu-Note. Kurz gereifte<br />
Teilstücke sind von Ende Juni bis in den August im<br />
Handel, länger Gereiftes von August bis Oktober.<br />
Herbst. Der Herbstregen macht die Gräser wieder<br />
saftig, manche Kräuter haben überhaupt erst jetzt Saison.<br />
Das gibt ein qualitativ herausragendes Rindfleisch<br />
mit besonderem Geschmack, das ab November und<br />
bis in die erste Januarhälfte hinein erhältlich ist.<br />
Winter. Über den Winter stehen die Tiere meistens<br />
im Stall und werden mit Heu und Trockenfutter ernährt,<br />
der sporadische Weidegang dient eher dem<br />
Wohlbefinden als der Nahrungsaufnahme. Das ergibt<br />
einen intensiveren Fleischgeschmack, der manchmal<br />
auch als etwas animalisch beschrieben wird. Bei langer<br />
Reifung kommt das Fleisch aus der Winterfütterung<br />
ab Februar in den Handel, kurz Gereiftes bereits ab<br />
Januar.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 19
Eine respektvolle und tiergerechte Behandlung<br />
von Nutztieren ist sicher kein<br />
Luxus, sondern ein entscheidendes Qualitätskriterium<br />
für den Fleischeinkauf.<br />
Nicht nur aus ethischen Gründen.<br />
Eine Frage<br />
der Haltung<br />
Dass viele Konsumenten beim Fleischkauf inzwischen<br />
das schlechte Gewissen drückt, hängt<br />
nicht zuletzt damit zusammen, dass wir Fleisch<br />
zu billig kaufen können. Oft billiger inzwischen<br />
als Brot, Gemüse oder eine Packung Tofu. Und<br />
tatsächlich haben sowohl die Lebensqualität der Tiere als<br />
auch die Produktqualität des Fleisches einiges mit dessen<br />
Preis zu tun.<br />
Eine möglichst tiergerechte Lebenszeit unserer Nutztiere ist<br />
nämlich ein Kostenfaktor. In der Haltung bedeutet das nämlich<br />
ausreichendes Platzangebot, Auslauf und Rückzugsmöglichkeiten,<br />
Liegeflächen mit Einstreu und ein angenehmes<br />
Stallklima. Und auch das Futter sollte nicht nur auf größtmögliche<br />
Tageszunahmen, sondern auch auf die spezifische<br />
Ernährungsphysiologie und die aktuelle Lebensphase abgestimmt<br />
sein. Darüber hinaus wird in einer tiergerechten Haltung<br />
auch dem Sozialverhalten der Tiere Rechnung getragen.<br />
Tierwohl. Der relativ junge Begriff „Tierwohl“ als Prädikat<br />
einiger Markenprogramme und Gütesiegel steht für diesbezüglich<br />
verbesserte Haltungsbedingungen, oft nicht allzu<br />
weit von jenen der Bio-Produktion entfernt. Und diese zeitgemäßere<br />
Form der Fleischwirtschaft sollte für Produzenten<br />
wie für Konsumenten gleichermaßen Ehrensache sein, auch<br />
wenn das manchmal ins Geld geht.<br />
Obwohl gerade bei heimischen Rindern, die oft ohnehin sehr<br />
extensiv gehalten werden, der Kostenunterschied zwischen<br />
konventionell gemästeten Tieren sowie jenen mit Tierwohl<br />
oder gar Biosiegel nicht so hoch ausfällt wie bei intensiv<br />
gemästeten Gattungen. Denn bei extensiver Weidehaltung<br />
entspricht die Haltung in vielen Fällen dem Klischee der<br />
glücklichen Kuh auf der Alm. Und auch ein moderner, konventioneller<br />
Laufstall mit Auslauf für die Tiere kann sehr<br />
tiergerecht sein, das Futter kommt in Österreich ja ohnehin<br />
meist zum Großteil vom eigenen Hof.<br />
Aber selbstverständlich fressen in der Regel nur Bio-Rinder<br />
auch Bio-Futter und die Mindestflächen im Stall pro Tier sind<br />
nach den Bio-Richtlinien mit 10m 2 pro Tier gut dreimal so<br />
groß wie in der österreichischen Tierhaltungsverordnung verlangt<br />
wird. Mindestens 120 Tage Weidehaltung schreibt das<br />
AMA-Biosiegel seinen Mitgliedsbetrieben auch bei Stallhaltung<br />
vor. Oft sind es aber in der Praxis deutlich mehr – etwa<br />
auf den rund 5.000 bewirtschafteten Almen in Österreich.<br />
Bereits 22% der österreichischen Rinder leben aktuell in Bio-<br />
Haltung, im Vergleich dazu sind es bei Schweinen nur 3%.<br />
Kein Rindfleisch ist auch keine Lösung – zumindest im Sinne<br />
des Artenschutzes. Denn wenn wir unsere alten Rinderrassen<br />
erhalten wollen, müssen wir sie essen. Sowie ihre Milch trinken<br />
und ihr Leder tragen. Denn sonst gibt es sie eines Tages<br />
einfach nicht mehr, und auf der Alm hört man statt Kuhglocken<br />
nur mehr Motorsensen.<br />
Die gute alte Zeit<br />
In der kollektiven Erinnerung war ja früher alles<br />
besser und idyllischer. Auch im Stall. Aber von<br />
Massentierhaltung kann zumindest in Österreich<br />
am Rindersektor auch heute gar keine Rede sein.<br />
Und wer die früher sehr verbreitete „Anbindehaltung“<br />
in kleinen, engen Ställen mit der Haltung in<br />
modernen Laufställen vergleicht, weint der guten<br />
alten Zeit keine Träne mehr nach.<br />
Tatsächlich gab es früher viel mehr Kleinbauern<br />
mit Hornvieh als heute, die Anzahl der Tiere pro<br />
Hof hat sich infolge des Marktdrucks stark nach<br />
oben entwickelt. Rund 34 Rinder sind es heute laut<br />
Statistik der Agrarmarkt Austria pro Betrieb, 2006<br />
waren es noch 25. Allerdings sank in diesem Zeitraum<br />
von 15 Jahren auch die Zahl der „Hörndlbauern“<br />
von über 80.000 auf knapp 58.000.<br />
20 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
STRESS<br />
lass nach<br />
PSE und DFD sind gefürchtete Fleischfehler, die<br />
einerseits von der Genetik, aber vor allem von<br />
der schonenden Behandlung der Tiere bei Transport<br />
und Schlachtung abhängen. Denn Stress und<br />
Angst beeinflussen den pH-Wert (also die Säuerung)<br />
des Fleisches sehr stark. Die objektive Feststellung von<br />
Qualitätsmängeln erfolgt daher primär durch die Bestimmung<br />
des pH-Wertes nach Schlachtung und Klassifizierung.<br />
Beim Rind wird der pH-Wert 36 Stunden nach der Schlachtung<br />
zwischen 9. und 13. Rippe bei einer Kerntemperatur<br />
des Schlachtkörpers von mindestens 7°C gemessen. Diese<br />
Kerntemperatur wird an der dicksten Stelle, also dem<br />
Knöpfel gemessen. Gut gesäuertes Rindfleisch weist einen<br />
End-pH-Wert von 5,4 bis 5,8 auf, weniger gut gesäuertes<br />
Fleisch kann pH-Werte von 6,2 bis 7,0 aufweisen. Eine stärkere<br />
Säuerung hat auch hygienische Vorteile: Bei niedrigem<br />
End-pH-Wert wird die Vermehrung von Verderbniskeimen<br />
stärker gehemmt.<br />
DFD-Fleisch. DFD ist die Abkürzung für dark (dunkel),<br />
firm (fest) und dry (trocken). Fleisch mit diesem Fehler, der<br />
auch als DCB (Dark Cutting <strong>Beef</strong>) bekannt ist, wird gerne als<br />
sogenanntes „Schuhsohlenfleisch“ bezeichnet. Es ist fest, die<br />
Oberfläche trocken, klebrig oder auch schmierig. Es hat ein<br />
muffiges Aroma und ist nach der Zubereitung unweigerlich<br />
zäh. Wegen des hohen End-pH-Wertes fällt der Effekt der<br />
„Eigenkonservierung“ weg, das Fleisch ist daher besonders<br />
anfällig für mikrobiellen Verderb und für eine Reifung nicht<br />
geeignet.<br />
Die Ursachen für DFD. DFD-Fleisch entsteht, wenn<br />
zum Zeitpunkt des Schlachtens aufgrund von Stressbelastungen<br />
die Glykogenreserven großteils aufgebraucht sind<br />
und die Folge eine unzureichende Milchsäurebildung ist. Der<br />
pH-Wert bleibt zu hoch (6,2 und höher nach 24 Stunden).<br />
PSE-Fleisch. PSE ist die Abkürzung für pale (hell), soft<br />
(weich) und exsudative (wässrig). Dieser Fleischfehler tritt<br />
vor allem bei Schweinefleisch auf. PSE-Fleisch ist plastisch<br />
verformbar und zeigt neben der extrem schlechten Wasserbindefähigkeit<br />
ein erhöhtes Salzaufnahmevermögen. Die<br />
geringe Wasserbindefähigkeit zeigt sich ganz besonders bei<br />
der Zubereitung. Das Fleisch verliert enorm an Gewicht, wird<br />
trocken und schmeckt fade.<br />
Die Ursachen für PSE. Stresshormone (Adrenalin,<br />
Noradrenalin) lösen in den Zellen einen überstürzt ablaufenden<br />
Stoffwechsel aus, der aus Sauerstoffmangel nach<br />
dem Schlachten nur anaerob ablaufen kann und rasch zur<br />
Milchsäurebildung und damit zu einem Abfall des pH-Wertes<br />
führt. Nach 45 Minuten ist im Muskel bereits ein pH-Wert<br />
von unter 5,6 nachzuweisen. Diese Säuerung bewirkt eine<br />
Denaturierung (ein Stocken) der Proteine in den Muskelzellen<br />
und den Muskelzellmembranen. Die Löslichkeit der Zellproteine<br />
sowie deren Quell- und Wasserbindevermögen und<br />
ihre Farbintensität werden dadurch verringert.<br />
Cold shortening. Eine zu schnelle Abkühlung des<br />
Schlachtkörpers auf unter 12°C kann bei Rindfleisch zu<br />
einem starken Anstieg der Zähigkeit des Fleisches führen,<br />
wenn die Energiereserven (Glykogen) des Muskels noch<br />
nicht vollständig abgebaut und in Milchsäure umgewandelt<br />
worden sind – das dauert beim Rind etwa 6-12 Stunden.<br />
Der pH-Wert des Fleisches ist daher noch relativ hoch (über<br />
6,2). Eine Vorkühlung von 4-5 Stunden bei Temperaturen<br />
zwischen 14-19°C und eine anschließende intensive Kühlung<br />
wirken sich daher positiv auf die Zartheit des Fleisches aus.<br />
Fibrose. Zu schön, um wahr zu sein. Manchmal ist das,<br />
was den Rindfleischfan an der Schnittfläche seines Steaks<br />
entzückt, aber nur optisch eine dichte, feinädrige Marmorierung<br />
mit dem BMS (<strong>Beef</strong> Marbling Standard) von 8 oder 10,<br />
was schon einer Topqualität von Wagyu-<strong>Beef</strong> entspräche.<br />
In Wahrheit handelt es sich dabei manchmal – und gottlob<br />
sehr selten – nicht um Fettäderchen, sondern um krankhaft<br />
vermehrtes Bindegewebe, das einer Fettmarmorierung zum<br />
Verwechseln ähnlich sieht und in Fachkreisen unter dem<br />
Begriff „Fibrose“ bekannt ist. Selbst Profis merken die Verwechslung<br />
aber dann oft eher am Widerstand, den das Messer<br />
beim Schnitt rückmeldet, als an der Optik. Und natürlich<br />
dann beim Essen, denn das viele und harte Bindegewebe<br />
macht das Fleisch zwar nicht ungenießbar, aber recht zäh.<br />
Ein Bilderbuch-Steak –<br />
aber leider Fibrose statt<br />
IMF.
Fleisch mit Matura<br />
Frisches Rindfleisch ist perfekt für Burger,<br />
Carpaccio, Tatar und alles, was in den<br />
Smoker soll. Doch am Grill verlangen wir<br />
von unseren Steaks zumindest die mittlere<br />
Reife.<br />
Frischfleisch ja, allzu frisch nein. Denn bei frischem<br />
Rindfleisch entwickeln sich frühestens nach einer<br />
Woche kontrollierter Reifung Zartheit und Aroma,<br />
bei Kurzbratstücken dauert das sogar mindestens<br />
zwei oder drei. Insbesondere gilt das für alle Steaks<br />
und Schnitzel, die wir schnell und heiß braten, grillen, frittieren<br />
und sautieren wollen. Denn hier kann die Garmethode<br />
wenig an der Festigkeit der Fleischfasern ändern, während<br />
man für langsames Garen bei niedriger Temperatur weniger<br />
gereifte Teile verwenden kann. Aber so ganz ohne geht es<br />
auch hier nicht.<br />
Der Reifungsprozess. Die Fleischreifung spielt sich –<br />
unabhängig vom Reifeverfahren – innerhalb der Muskelfasern<br />
ab und beginnt bereits beim Abkühlen des noch schlachtwarmen<br />
Fleisches, das vorerst steif wird und schnell Wasserbindungsvermögen<br />
verliert. Das in der Muskulatur befindliche<br />
Glykogen wird dann mit der Zeit zu Lactat abgebaut, das<br />
dabei entstehende ATP (Adenosintriphosphat) sorgt dafür,<br />
dass die Muskelkontraktion nachlässt und das Fleisch langsam<br />
wieder weicher wird. Freiwerdende Enzyme, wie Cathepsine<br />
und Calpaine, bewirken ein Auflösen der Muskelfaserstrukturen<br />
und sorgen somit für eine zunehmende Zartheit und<br />
eine Intensivierung des Fleischaromas.<br />
Rindfleisch benötigt von allen üblichen Fleischsorten die längste<br />
Zeit zur Reifung. Denn die Muskeln der großen, schweren<br />
Tiere haben besonders kräftige Faserbündel aus nur 10-100<br />
Mikrometer kleinen Muskelfasern, die ihnen bei Bedarf besondere<br />
Festigkeit und Kraft geben. Dafür sorgen die längs<br />
der Faserrichtung verlaufenden Myofibrillen (Proteinfäden)<br />
innerhalb der Muskelzellen, die schon zweieinhalb Stunden<br />
nach der Schlachtung eine Kontraktion und Verhärtung der<br />
Muskeln bewirken.<br />
Die Entspannung der Fleischfasern beginnt dann spätestens<br />
36 Stunden nach der Schlachtung im Kühlhaus. Eine heikle<br />
Phase, denn die Temperatur darf nicht so hoch sein, dass sich<br />
Keime bilden, aber auch nicht zu kalt, denn sonst werden die<br />
Enzyme daran gehindert, die Proteine langsam aufzuspalten.<br />
Die Zellstruktur fängt an, sich ganz langsam aufzulösen, die<br />
Festigkeit nimmt ab. Aber schon kleinste Fehler in der Temperaturführung<br />
können das Fleisch ruinieren.<br />
Diese Reifungsperiode lockert also primär die Fleischstruktur<br />
und macht es mürbe. Aber auch geschmacklich wird Rind-<br />
22 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Nassreifung<br />
fleisch durch Reifung um Welten besser. Bindegewebsreiche<br />
Teilstücke hingegen profitieren deutlich weniger von der Reifung,<br />
hier sorgen lange Garzeiten bei mäßigen Temperaturen<br />
für die Umwandlung des Kollagens in saftiges Gelee, während<br />
die Denaturierung des Eiweißes (die eigentliche Garung) langsamer<br />
vonstattengeht.<br />
In den ersten sieben Tagen nach der Schlachtung sind die<br />
Reifungsfortschritte hinsichtlich der Zartheit am deutlichsten<br />
zu sehen, danach flacht die Kurve etwas ab. Aber erst bei<br />
längerer Reifung wird auch das volle Rindfleischaroma eines<br />
Steaks entwickelt.<br />
Die Gesamtdauer des Reifungsprozesses liegt bei Rindfleisch<br />
meist zwischen 14 und 21 Tagen. Unabhängig von der Reifungsmethode<br />
hat das Fleisch nach etwa 14 Tagen etwa 80<br />
Prozent der enzymatisch erreichbaren Zartheit.<br />
Trockenreifung<br />
Bei gutem Reifungsmanagement jedoch ist die Nassreifung<br />
eine gute und sichere Methode, die noch einen weiteren<br />
Vorteil hat: Die erwähnte Milchsäure im Vakuumpack macht<br />
das Fleisch auch etwas schneller zart als bei der Trockenreifung.<br />
In den USA wird daher gerne das Dry Aging in den<br />
ersten Wochen mit einem anschließenden Wet Aging kombiniert.<br />
Die wichtigsten Reifungsmethoden<br />
Nassreifung. Ein Großteil der Kurzbratstücke für den<br />
Lebensmittelhandel wird kurz nach der Schlachtung in Teilstücke<br />
oder Steaks zerlegt und einzeln vakuumiert. Heute ist<br />
diese sogenannte Nassreifung (Wet Aging) die mit Abstand<br />
gebräuchlichste Reifungsmethode, weil einfach, platzsparend,<br />
effizient und risikoarm. Denn unter Luftabschluss gibt<br />
es kaum Verkeimungen, keine Verluste durch die Austrocknung<br />
der oberen Schichten und auch keinerlei Verdunstung<br />
– also keinen Gewichtsverlust.<br />
Zu lange oder zu warme anaerobe Reifung im Vakuum verursacht<br />
jedoch dumpfe „sauerkrautige“ oder metallische Geschmackstöne<br />
durch die entstehende Milchsäure, wie man<br />
das von manchen weitgereisten Steaks kennt. Diese Folgen<br />
der Überlagerung sind aber oft schon durch den transparenten<br />
Vakuumbeutel erkennbar, wenn sich im Fleischsaft<br />
Bläschen bilden.<br />
Trockenreifung. Das sogenannte „Dry Aging“ ist ja eigentlich<br />
ein alter Hut. Nur hieß es einst schlicht „Abhängen“<br />
und die wochenlange Lagerung kompletter Rinderhälften an<br />
einem Haken im Kühlhaus war der Normalfall und nicht die<br />
Ausnahme. Oft aber auch bei deutlich höheren Temperaturen<br />
und weniger hygienischer Sicherheit als heute, was zur<br />
schnelleren Reifung beitrug. Aber oft auch zu unerwünschten<br />
Resultaten.<br />
Heute steht Dry Aging allerdings für eine sehr kontrollierte<br />
und exakt gesteuerte Reifung bei konstanten 0,5 bis 2°C und<br />
75 bis 80% Luftfeuchtigkeit in edelstählernen Reinräumen<br />
mit mächtigen Ventilatoren, die ständig gefilterte Luft an<br />
den Rinderkarkassen oder Teilstücken vorbeischaufeln. Diese<br />
professionelle Trockenreifung dauert zwar länger als Nassreifung,<br />
aber nach spätestens drei Wochen ist auch hier die<br />
Zartheit der Steaks bereits optimiert und es beginnt eine<br />
Phase, die nur mehr der weiteren Entwicklung des Aromas<br />
dient. Manche Spezialisten lassen deswegen ihre „Englischen“<br />
sogar monatelang reifen, aber 30 Tage sind für die<br />
meisten Steakfans geschmacklich mehr als genug. Und auch<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 23
Reifung in der Rinderbutter<br />
Reifung in der Holzasche<br />
Weitere spezielle Reifungsmethoden<br />
Luma <strong>Beef</strong>. Wie Camembert sieht die Oberfläche von<br />
Steaks aus, die mit dem „Luma“-Verfahren Schweizer<br />
Fleischveredler gereift wurden. Die Edelpilzsporen, die dafür<br />
eingesetzt werden, sind tatsächlich nahe Verwandte jenes<br />
Weißschimmels, den man auch von Salamis und Weichkäse<br />
kennt. Bis zu acht Wochen darf das mit dem Pilz infizierte<br />
Fleisch reifen, das Myzel zersetzt während dieser Phase gezielt<br />
das in Sehnen, Zellwänden sowie dem Fett enthaltene<br />
Kollagen und sorgt damit für Zartheit und eine gewisse<br />
Cremigkeit des Fleisches. Geschmacklich erinnert Luma-<strong>Beef</strong><br />
dann tatsächlich ein wenig an Camembert.<br />
die Gewichtsverluste der Trockenreifung durch Abtrocknung<br />
und Verdunstung liegen schon nach vier Wochen bei 30 bis<br />
40 Prozent.<br />
Generell wird beim Dry Aging übrigens das Fleisch von<br />
Kalbinnen bevorzugt – also von weiblichen Jungrindern, die<br />
noch nicht gekalbt haben. Es ist meist zarter und hat einen<br />
überdurchschnittlichen intramuskulären Fettgehalt (Fettmarmorierung).<br />
Hat Kalbinnenfleisch am Gesamtmarkt einen<br />
Anteil von höchstens 15-20 Prozent, sind es beim Dry Aging<br />
über 90 Prozent. Von den Teilstücken eignen sich jene mit<br />
guter Fettausstattung besser für Dry Aging als magere.<br />
Homedry. Die Trockenreifung von Rindfleisch im heimischen<br />
Normalo-Kühlschrank ist kein Thema. Denn die<br />
Temperatur sollte niemals schwanken, der Luftdurchsatz und<br />
die Luftfeuchtigkeit müssen passen und die Türe sollte tunlichst<br />
stets geschlossen bleiben. Wer also unbedingt zuhause<br />
reifen möchte, sollte sich einen speziellen Reifeschrank<br />
zulegen, den es inzwischen schon in der Preisklasse eines<br />
ordentlichen Weinkühlers gibt. Ist das Steak dann nach 3-4<br />
Wochen gereift, wird die dunkel gewordene Oberfläche<br />
großzügig weggeschnitten.<br />
Reifung in der Rinderbutter. Schon bei der Trockenreifung<br />
ganzer Rinderhälften, -pistolen oder Rückenstränge<br />
helfen sich viele Fachleute mit einem Trick: Sie<br />
besprühen oder übergießen die Fleischoberfläche großzügig<br />
mit ausgelassenem Rinderfett oder Schweineschmalz, um<br />
sie vor allzu schneller Austrocknung oder auch vor Verkeimungen<br />
zu schützen.<br />
Noch weiter geht die uralte Methode der Reifung in der<br />
„Rinderbutter“, also gestocktem Rindertalg.<br />
Dafür werden kleinere Teilstücke oder auch einzelne Steaks<br />
in Fettziegel eingegossen, was diese sehr effektiv vor Gewichtsverlusten<br />
bewahrt, aber dennoch einen gewissen Gasaustausch<br />
mit der Umgebungsluft ermöglicht.<br />
Reifung in der Holzasche. Diese Variante geht auf<br />
eine alte Konservierungsmethode zurück. Im Prinzip ist das<br />
eine Art Trockenreifung, nur dass statt einer Talgschicht<br />
fein gemahlene Holzkohlenasche auf die Fleischoberfläche<br />
kommt. Diese hat zum einen antibakterielle Wirkung, wie<br />
schon unsere Ahnen wussten, zum anderen aber auch Auswirkungen<br />
auf Fleischtextur und Geschmack. Um die hygienische<br />
Wirkung zu perfektionieren, empfiehlt es sich, die<br />
Asche noch einmal gründlich zu erhitzen, bevor sie als „Rub“<br />
dickschichtig auf das Fleisch kommt.<br />
Reifung im Mineralwasser. Eine alternative Reifungsmethode<br />
für Frischfleisch hat schon vor etlichen Jahren<br />
ein deutscher Metzger unter dem Namen „Aqua Aging“ entwickelt,<br />
in Österreich wird unter der Marke „Payer Aging“ ein<br />
ähnliches System angeboten. Die Teilstücke werden dafür<br />
dicht an dicht in spezielle Kunststoffbehälter geschlichtet,<br />
beschwert und mit Mineralwasser geflutet. Ein Vorteil dieser<br />
Methode: Es können bei Bedarf jederzeit Teile entnommen<br />
und dazugelegt werden.<br />
Entscheidend ist dabei aber immer das richtige Verhältnis<br />
von Fleisch, Wasser, Mineralien, Kohlensäure und Fleisch.<br />
Reifung im Mineralwasser<br />
Mürbmacher<br />
Die Tataren legten sich ihr Frischfleisch unter den<br />
Sattel, um es mürbe zu reiten, die amerikanischen<br />
Ureinwohner nutzten die Enzyme bestimmter<br />
Blätter als Zartmacher. Vielleicht aber auch, weil<br />
sie gar keine Sättel hatten.<br />
Tatsächlich sind Enzyme in der Lage, die Zellstruktur<br />
von Fleisch durch die sogenannte Proteolyse<br />
zu knacken. Egal ob als Bestandteil eines Gewürzsalzes<br />
oder als Saft der frischen Frucht kommen<br />
hier Papain (Papaya), Bromelain (Ananas), Actinidain<br />
(Kiwi) und Ficin (Feige) in Frage. In unzähligen<br />
Blogs kursieren außerdem zermürbende Tipps<br />
unter Zuhilfenahme von Backpulver (Natron) oder<br />
hochprozentigem Alkohol. Allen gemeinsam ist,<br />
dass gutes Fleisch weder Mürbsalz noch Ananassaft<br />
braucht, um zart zu werden – geschmacklich<br />
ist die Fleischreifung hier bei weitem vorzuziehen.<br />
Und auch mechanische „Steaker“ mit ihren faserbrechenden<br />
Klingen sind nur dort notwendig, wo<br />
die falschen Fleischqualitäten eingekauft werden.<br />
24 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
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<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 25
Die hohe Kunst<br />
der Teilung<br />
26 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Die fachgerechte Zerlegung des Rindes<br />
nach der Schlachtung oder Reifung ist<br />
eine Kunst mit Lokalkolorit. Nicht nur,<br />
dass sich die amerikanischen, britischen<br />
und französischen Schnittführungen recht<br />
deutlich von den europäischen unterscheiden,<br />
herrschte lange selbst innerhalb der<br />
Landesgrenzen eine erstaunliche Buntheit<br />
an Metzger-Traditionen und Usancen –<br />
ganz speziell bei der Nomenklatur der<br />
Teilstücke.<br />
Erst seit Dezember 1988 wird im „Österreichischen<br />
Lebensmittelbuch“ die Zerteilung und<br />
Bezeichnung der einzelnen Teilstücke einheitlich<br />
geregelt. Das tiefe, anatomische Wissen hinter<br />
diesen Zauberformeln hingegen ist uralt. Daher<br />
stammt bis heute so manche gebräuchliche österreichische<br />
Fachbezeichnung aus dem mittelalterlichen Fachjargon<br />
der Fleischergilde. Etwa „Schalblattl“ für die Fledermaus,<br />
„Ludel“ für einen Wadenmuskel oder „Ortsschwanzel“ für<br />
die Schale. Ganz zu schweigen von den nahezu zärtlichen<br />
Idiomen der Wiener Teilung wie „Bibergoschen“, „Bratzerl“<br />
und „Gschnatter“.<br />
Vorderes, Hinteres, Pistolen… Bis heute erschließt<br />
sich dem Laien die Logik des Fachvokabulars nicht immer<br />
auf den ersten Blick. So liegt das „Hintere Ausgelöste“ ganz<br />
weit vorne beim Hals und heißt lediglich so, weil es an das<br />
weniger populäre „Vordere Ausgelöste“ anschließt. Unter<br />
„Hinteres“ werden listigerweise aber auch andere hochwertige<br />
Teilstücke des Vorderviertels unverbindlich zusammengefasst.<br />
Etwa „Kavalierspitz“, „Dicker Spitz“, „Brustkern“ und<br />
„Kruspelspitz“.<br />
Als „Gustostücke“ wiederum werden recht unpräzise einige<br />
besonders beliebte Teilstücke aus dem Vorder- und Hinterviertel<br />
bezeichnet. Das kann also z.B. eine „Dicke Schulter“<br />
sein, ein „Schulterscherzel“ oder ein „Tafelspitz“, ein „Hüferscherzel“<br />
oder die „Schale“. Hier empfiehlt es sich also<br />
unbedingt, Details zu recherchieren. Der „Lungenbraten“<br />
schließlich ist ein unterbeschäftigter Muskel und kein Atmungsorgan,<br />
das „Dünne Kügerl“ alles andere als rund und<br />
das „Magere Meisel“ kein Singvogel.<br />
Meister der Anatomie. Bereits im Schlachthof findet<br />
die sogenannte Grobzerlegung statt. Die ausgenommenen<br />
Schlachtkörper werden der Länge nach halbiert und meist<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 27
auch noch in Vorder- und Hinterviertel<br />
geteilt. Früher wurde diese Teilung<br />
meist zwischen 8. und 9. Rippe vorgenommen,<br />
heute bevorzugt zwischen<br />
6. und 7. Rippe. Oder aber im „Pistolenschnitt“,<br />
wo am Hinterviertel auch<br />
noch der sogenannte „Englische“ hängt,<br />
dessen Fleisch die besten Preise erzielt.<br />
Nachteil der „Pistole“: Bei diesem<br />
Schnitt lassen sich keine langstieligen<br />
Tomahawk Steaks mehr aus dem Englischen<br />
schneiden.<br />
Das Hinterviertel wird im nächsten<br />
Schritt in den bewussten „Englischen“,<br />
das „Knöpfel“ (Schlögel) samt Wadschinken<br />
und die „Platte“ zerteilt. Aus<br />
dem Vorderviertel werden Hals, Brust,<br />
Spitz und das Hintere Ausgelöste geschnitten,<br />
das direkt an den Rostbraten<br />
anschließt. In dieser Reihenfolge finden<br />
Sie im Anschluss auch die Teilstücke,<br />
die bei der sogenannten Feinzerlegung<br />
aus den Vierteln entstehen.<br />
In jedem Fall lohnt es sich, die<br />
Teilstücke und ihre Eigenschaften<br />
möglichst gut zu kennen, denn sie unterscheiden<br />
sich in ihrer Beschaffenheit<br />
und Eignung oft dermaßen, als ob sie<br />
Teilstücksübersicht<br />
ENGLISCHER<br />
VORDERVIERTEL<br />
1 Lungenbraten / Filet 13 Hals / Tristel<br />
2 Beiried<br />
14 Hinteres Ausgelöstes / Gab<br />
3 Rostbraten<br />
15 Kruspelspitz<br />
16 Kavalierspitz<br />
KNÖPFEL<br />
17 Brust<br />
4 Tafelspitz<br />
18 Platte<br />
5 Tafelstück<br />
19 Beinfleisch<br />
6 Hüferscherzel<br />
20 Dicke Schulter<br />
7 Hüferschwanzel<br />
21 Schulterscherzel<br />
8 Weißes Scherzel<br />
22 Mageres Meisel<br />
9 Nuss<br />
23 Rieddeckel<br />
10 Schale mit Deckel<br />
11 Fledermaus<br />
12 Vorderer und Hinterer<br />
Wadschinken<br />
24 Riedhüfel<br />
25 Mittleres & Dünnes Kügerl<br />
26 Dickes Kügerl<br />
27 Bauchfleisch<br />
13<br />
22 16<br />
14<br />
15<br />
23<br />
19<br />
3<br />
2<br />
24<br />
1<br />
7<br />
6<br />
11<br />
10<br />
4<br />
8<br />
21<br />
20<br />
18<br />
9<br />
5<br />
von einer völlig anderen Tierart<br />
stammen würden und nicht<br />
etwa von der gleichen Schlachthälfte.<br />
Von weiteren Kriterien wie<br />
Alter, Geschlecht, Reifung etc. einmal<br />
ganz zu schweigen.<br />
Ein Filet wird jedoch immer ganz etwas<br />
anderes sein als ein Wadschinken.<br />
Gottlob. Denn nicht immer ist das<br />
teuerste und populärste Teilstück für<br />
den Kenner die erste Wahl, weil viele<br />
Gerichte und Zubereitungsarten funktionieren<br />
nur dann, wenn ausreichend<br />
Kollagen und Sehnen mit an Bord sind.<br />
Das bedeutet letztendlich nämlich auch<br />
viel Saft und Geschmack.<br />
12<br />
26<br />
25<br />
27<br />
12<br />
28 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Vom Kenner<br />
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<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 29
Cuts aus<br />
dem Englischen<br />
Der sogenannte „Englische“ ist nichts anderes<br />
als der zugeputzte Rückenstrang des<br />
Rindes, dessen unterschiedliche Fleischpartien<br />
sich besonders gut für saftige und<br />
zarte Steaks eignen – die jedoch keinesfalls<br />
übergart werden wollen.<br />
Manch einer erinnert sich noch<br />
dunkel an die Zeiten, als Opa<br />
im Restaurant sein Steak<br />
gerne „englisch“ bestellt hat,<br />
womit in etwa „medium rare“ gemeint war.<br />
Bis ins Heute geblieben ist der Fachbegriff<br />
des „Englischen“ als Bezeichnung der Gesamtheit<br />
recht unterschiedlicher Partien<br />
des Kotelettstranges des Rindes, die vom<br />
Rostbraten im Nacken bis zum Filet an der<br />
Lende reichen und allesamt hervorragende<br />
Kandidaten für den Grill sind. Von diesem<br />
famosen Englischen stammen daher viele<br />
populäre Steaks mit Knochen – vom Porterhouse<br />
bis zum Tomahawk – und aus dem<br />
ausgelösten Rücken werden die Teilstück-<br />
Klassiker Lungenbraten, Beiried und Rostbraten<br />
geschnitten.<br />
30 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Lungenbraten<br />
Filet, Lendbraten<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 2,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,2 kg<br />
Das Filet liegt an der Innenseite des Rippenbogens unterhalb der Beiried,<br />
was ihm auch die etwas irreführende Bezeichnung „Lungenbraten“<br />
eingebracht hat. Bei diesem Teilstück handelt es sich um die innere Lendenmuskulatur,<br />
die im Vergleich mit anderen Muskelpartien relativ unterbeschäftigt<br />
ist.<br />
Aufgrund dessen ist dieses Fleisch auch ohne Reifung wunderbar kurzfaserig,<br />
weich, zart – und entsprechend begehrt. Einziger Nachteil der<br />
unsportlichen Vergangenheit des Filets ist die Tatsache, dass der Rindfleischgeschmack<br />
nicht ganz so ausgeprägt ist wie bei anderen Cuts.<br />
Verkauft wird der Lungenbraten mit und ohne „Kette“ – eine mit Fett und<br />
Sehnen durchzogene Anheftung.<br />
Man unterscheidet die Partien des Filets in den Zapfen bzw. Kopf, das<br />
Mittelstück und den Lungenbratenspitz, auch Filetspitze genannt. Aus dem<br />
Filetkopf werden große Steaks geschnitten, sonst wird dieses locker strukturierte<br />
Fleisch auch gerne für kleinteilige Gerichte verwendet. Begehrtestes<br />
Rohmaterial für klassische Filetsteaks ist das Mittelstück.<br />
Das Chateaubriand ist ein doppeltes Filetsteak aus dem dicksten Teil des<br />
Filets mit einem Gewicht von 400 bis 800 Gramm und in der Regel für<br />
mindestens zwei Personen gedacht.<br />
Filetsteaks werden als dicke Tranchen (bis zu 5 cm!) mit einem Gewicht<br />
zwischen 160 und 300 g aus dem dicken Mittelstück des Lungenbratens<br />
geschnitten. Die sogenannten Lady’s Cuts sind hingegen oft nur fingerdick.<br />
Tournedos nennt man dicke Scheiben aus dem dünnen Mittelstück des<br />
Filets mit einem Gewicht von etwa 80 bis 100 g. Man bindet sie oft mit<br />
Garn auf 4-5 cm hoch. Je nach Gewicht werden 2 bis 3 Tournedos pro Portion<br />
serviert. Als Filet Mignon werden kleines Steak aus der Filetspitze mit<br />
einem Gewicht von 40 bis 80 g bezeichnet.<br />
Am Grill. Sowohl für Steaks wie auch bei Verwendung im Ganzen empfiehlt<br />
es sich, das Filet möglichst schonend zu entvliesen, also anhaftendes<br />
Fett und vor allem die silbrig glänzende Bindehaut zu entfernen. Bei der<br />
Zubereitung der Filetsteaks steht der richtige Garpunkt im Fokus, da das<br />
Fleisch bei Übergarung (also well done +) grau und fade im Geschmack<br />
wird.<br />
Filet, geteilt<br />
Filetsteak, Mittelstück<br />
Filet Mignons<br />
Beiried<br />
Roastbeef, Lende, Rumpsteak<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 5,5 kg<br />
Kalbin: ca. 4,5 kg<br />
Filet Tournedo, gebunden<br />
Die Beiried liegt anatomisch betrachtet zwischen dem 1. und 6. Lendenwirbel,<br />
hat einen markanten Fettdeckel auf dem Fleisch und gilt als ausgesprochener<br />
Edelteil. Sie ist weitaus kräftiger im Geschmack und etwas fester in<br />
der Struktur als das Filet, jedoch ebenfalls sehr kurzfaserig und eher fettarm.<br />
Wobei es hier gewisse Unterschiede zwischen der mageren, lendenseitigen<br />
„Niederen Beiried“ und der etwas durchzogeneren „Hohen Beiried“<br />
gibt, die an den Rostbraten anschließt. Wenn der Knochen noch dran ist,<br />
spricht man vom Porterhouse, T-Bone oder Club Steak – je nach Filetanteil.<br />
Die Niedere Beiried ist nicht nur die Basis für Steak-Klassiker wie Rumpsteak,<br />
Strip Loin, New York Strip, Sirloin und Entrecôte double, sondern<br />
Beiried<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 31
wird auch oft im Ganzen zu Roastbeef verarbeitet. Das sogenannte „Vein<br />
End Steak“ ist nichts anderes als ein Rumpsteak vom „Ass End“ der Beiried<br />
– also von jenem Ende, das an die Hüfte anschließt. Benannt wurde<br />
es nach der Lage der Vene, deren bissfestes Bindegewebe manche Steakfreunde<br />
stört. Ein Sonderfall ist die sogenannte Beiriedkette, die an dem<br />
Rückenmuskel anliegt und oft entfernt wird. Dieses eher grobfaserige, aber<br />
gut durchzogene Fleisch eignet sich aber sehr gut zum Grillen und für Ragouts.<br />
Rumpsteak, Hohe Beiried<br />
Am Grill. Die Fettabdeckung und das darunter liegende Bindegewebe<br />
sollten vor dem Garen keinesfalls gänzlich entfernt, sondern nur eingeschnitten<br />
werden, denn sie halten das Fleisch saftig und in Form.<br />
An diesem Teilstück zeigen sich Fleischqualität und Reifung besonders<br />
deutlich, denn während ein gut abgelegenes und zartes Rumpsteak zum<br />
Besten gehört, was auf den Teller kommt, kann eine allzu frische Beiriedschnitte<br />
zur Trainingseinheit für die Kaumuskulatur werden. Aber auch die<br />
richtige Gartechnik ist entscheidend. Ein Rumpsteak oder Entrecôte wird<br />
nach dem scharfen Anbraten am Grill bei indirekter Hitze langsam auf den<br />
Punkt gegart und vor dem Servieren in schräge Tranchen geschnitten.<br />
Beiriedkette<br />
Rostbraten<br />
Ribeye Steak<br />
Tomahawk Steak<br />
Rostbraten<br />
Hochrippe, Entrecôte, Ribeye<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Der Rostbraten liegt zwischen der 7. und 13. Rippe vor der Beiried und wird<br />
zur Hälfte vom Rieddeckel überlappt. Sein guter Fettgehalt (um die 10-12<br />
%) und die mürben Fleischfasern der unterschiedlichen Muskelstränge<br />
machen den Rostbraten – ob mit oder ohne Knochen – zur ersten Wahl<br />
auf dem Grill. Denn ein gut abgelegener Rostbraten braucht nur sehr kurze<br />
Garzeiten und verzeiht zudem auch gartechnische Sünden.<br />
Im Vergleich mit der anatomisch benachbarten Beiried hat der Rostbraten<br />
nämlich eine wesentlich stärkere intramuskuläre Marmorierung sowie dazu<br />
noch eine handfeste intermuskuläre Fettausstattung zwischen den Muskelsträngen,<br />
die für den herzhaften Geschmack und die Saftigkeit dieses<br />
Teilstücks verantwortlich sind.<br />
Das Ribeye ist daher nicht ohne Grund das weltweit beliebteste Material<br />
für saftige Grillsteaks.<br />
Das Fleisch ist nicht ganz so feinfaserig wie jenes der Beiried, aber sogar<br />
noch weicher im Biss, die Bindehäute sind erstaunlich zart.<br />
Rieddeckel und Cap of Ribeye. Der Rieddeckel braucht küchentechnisch<br />
natürlich eine Sonderbehandlung, denn er ist von einer gänzlich<br />
anderen Fleischqualität als der darunter liegende Rostbraten. Sein grobfaseriges,<br />
bindegewebsreiches, aber ausgesprochen schmackhaftes Fleisch<br />
eignet sich sehr gut zum Schmoren und zum Sieden. Nicht zu verwechseln<br />
ist der Rieddeckel übrigens mit dem „Cap of Ribeye“, also dem Muskel<br />
„Spinalis Dorsi“, der getrennt durch eine Fettschicht oben auf dem Ribeye<br />
sitzt. Dieser gut marmorierte, besonders delikate Teil des Entrecôtes ist bei<br />
vielen Kennern heiß begehrt.<br />
Die Steaks. Am häufigsten zu finden sind Cuts vom Rostbraten als klassisches<br />
Ribeye Steak, das bei passender Schnittstärke rund 300 g wiegt und<br />
gerne auch Entrecôte oder Zwischenrippenstück genannt wird.<br />
Ein ordentliches „Entrecôte double“ mit ca. 6 cm Schnittstärke bringt gut<br />
ein halbes Kilo auf die Waage, das fast 10 cm dicke „Entrecôte chateau“ ernährt<br />
mit seinen rund 700 g auch zwei starke Esser. In der amerikanischen<br />
Version heißt das dann Delmonico Steak. Aber auch als Côte de Bœuf oder<br />
Tomahawk Steak zählt das Ribeye ebenfalls zu unseren Favoriten.<br />
32 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Am Grill. Das „Fettauge“ sollte vor der Zubereitung niemals entfernt<br />
werden, denn es ist für den tollen Geschmack des Ribeye mitverantwortlich.<br />
Der intramuskuläre Fettgehalt des Rostbratens spricht für zumindest<br />
anfangs höhere Temperaturen am Grill, die ein Ribeye Steak auch gut verträgt.<br />
Fertig gegart wird dann bei verhaltener Temperatur. Für ein 3 bis 4<br />
Zentimeter starkes Steak (so dick sollte ein echtes Ribeye schon geschnitten<br />
werden!) wird schon eine Kerntemperatur von 50°C für die Garstufe<br />
„medium“ reichen, aber übergaren kann man dieses gut durchzogene Steak<br />
bei weitem nicht so leicht wie ein Filetstek.<br />
Auch ganze Braten aus diesem famosen Teilstück mögen es anfänglich<br />
heiß (20 Minuten bei rund 200°C), um dann bei 120°C fertig gebraten zu<br />
werden.<br />
Porterhouse Steak<br />
Die Knochenjobs.<br />
Man könnte Rinder-Steaks vom Englischen „bone in“ – also am Rippenknochen<br />
– auch lapidar als Rindskoteletts bezeichnen. Was den sehr eigenständigen<br />
Charakteren dieser Cuts aber nicht gerecht werden würde. Denn<br />
durch ihre sehr verschiedenen Muskelstränge, Bindegewebe und Fetteinlagerungen<br />
sind nicht nur die Gartechniken, sondern auch die Geschmackserlebnisse<br />
dieser Steaks mit Knochen höchst unterschiedlich.<br />
T-Bone Steak<br />
Porterhouse Steak. Ein populärer Steak-Cut mit Knochen aus dem<br />
sogenannten Englischen, angrenzend zum T-Bone Steak. Allerdings ist<br />
beim Porterhouse der Filetanteil um einiges höher, da das Steak aus dem<br />
hinteren Rückenbereich geschnitten wird. Herausforderung: Das Filet beim<br />
Grillen vor Übergarung schützen.<br />
T-Bone Steak. Das T-Bone Steak ist einer der Knochensteak-Klassiker<br />
schlechthin und stammt wie Porterhouse und Club Steak aus dem Rückenstrang<br />
mit Rippe. Unschwer zu erkennen ist es durch seinen T-förmigen<br />
Knochen, der das Rumpsteak vom Filet trennt. Besonders große und vier<br />
Finger dicke Exemplare kommen auch gerne als Bistecca alla fiorentina<br />
auf den Grill.<br />
Club Steak<br />
Club Steak. Neben dem T-Bone und dem Porterhouse Steak ist das<br />
Club Steak das dritte im Bunde der populärsten Steaks am Knochen, die<br />
aus dem Englischen geschnitten werden. Es hat im Gegensatz zu den beiden<br />
anderen jedoch keinen oder sehr kleinen anhaftenden Filetanteil, besteht<br />
also fast ausschließlich aus der Beiried am Rippenknochen.<br />
Tomahawk Steak. Bleibt fast der gesamte Rippenbogen am Ribeye<br />
Steak, wird es wegen seiner Form gerne Tomahawk Steak genannt. Aufgrund<br />
seiner Größe und Dicke ist der Grill ideal für die Zubereitung dieses<br />
attraktiven Cuts.<br />
Shell Steak<br />
Shell Steak. Als Shell Steak wird in den englischsprachigen Ländern<br />
das Club Steak – also ein Steak von der Beiried am Knochen – bezeichnet,<br />
wenn es keinerlei Filetanteil enthält. Die Bezeichnung hat sich aber auch<br />
für Tomahawk Steaks mit langem Rippenknochen von der Beiried eingebürgert,<br />
die sonst ja vom Rostbraten geschnitten werden.<br />
Das Prime Rib Steak oder auch Côte de Bœuf ist das Kotelett<br />
vom Rind aus dem Vorderteil der sogenannten Hohen Rippe, also eigentlich<br />
ein Ribeye Steak mit Knochen. Es wird zwischen der achten und<br />
zwölften Rippe aus dem Englischen geschnitten und ist mit seiner kräftigen<br />
Marmorierung besonders gut zum Grillen und Kurzbraten geeignet.<br />
Prime Rib Steak<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 33
Cuts aus<br />
dem Knöpfel<br />
Das Knöpfel – auch Schlögel bzw. Keule genannt – umfasst Ober- und<br />
Unterschenkel sowie Hüfte, Becken und Kreuzbein des Rindes. Es besteht<br />
also aus vielen sehr unterschiedlichen Muskelpartien, deren Fleisch sich<br />
in Textur, Qualität und Geschmack erheblich unterscheidet.<br />
34 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Viele davon sind „Gustostücke“, wie der österreichische Metzgerjargon<br />
kulinarisch besonders vielversprechende Teilstücke pauschal<br />
zusammenfasst, manche haben sogar Steakqualität. Andere<br />
wiederum sind besonders sehnig und kollagenreich, was sie zwar<br />
als Kurzbratstück disqualifiziert, jedoch im Smoker besonders saftig und<br />
geschmackvoll werden lässt.<br />
Tafelspitz<br />
Hüftdeckel, Schwanzstück, Picanha,<br />
Bottom Steak<br />
Tafelspitz<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 2,7 kg<br />
Kalbin: ca. 2 kg<br />
Dieses überaus populäre Teilstück liegt dem Hüferscherzel an und überdeckt<br />
die Schale. Gerne wird es wegen seines Wertes größtmöglich aus der<br />
Keule geschnitten, für Tafelspitz-Topqualität kommt aber eigentlich nur<br />
der echte „Spitz“ in Frage.<br />
Das kurzfaserige Fleisch des Tafelspitz ist zwar relativ mager, hat aber<br />
im Idealfall eine gute intramuskuläre Fettmarmorierung, die es auch bei<br />
langen Garprozessen schön saftig hält. Es ist typischerweise mit einer<br />
schönen, gleichmäßigen Fettabdeckung ausgestattet, die während der<br />
Zubereitung am Fleisch bleiben sollte. Denn sie hält nicht nur den Saft im<br />
Steak, sondern auch den Braten in Form.<br />
Am Grill. Gerne wird der Tafelspitz als ganzer Braten oder als Steak auf<br />
den Rost gelegt (Bottom Steak, Picanha & Co.) – was jedoch nur bei guter<br />
Fleischqualität und nach ausreichender Reifung zu empfehlen ist. Dann<br />
aber sehr. Optimal im Biss ist der Tafelspitz-Braten übrigens nur dann,<br />
wenn er nach der Zubereitung auch richtig tranchiert wird. Also nie zu dick<br />
und immer quer zur Faser schneiden, die damit deutlich verkürzt wird. Das<br />
ist beim Tafelspitz etwas tricky, denn die Fasern laufen eigentlich in drei<br />
Richtungen.<br />
Tafelspitz<br />
Tafelspitz (Bottom Steak)<br />
Tafelstück<br />
Unterschale, Fricandeau<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 4,5 kg<br />
Kalbin: ca. 3,8 kg<br />
Das Tafelstück ist ein weiteres Gustostück und wird bei der Zerlegung<br />
meist zusammen mit dem Weißen Scherzel aus der Außenseite des Knöpfels<br />
geschnitten. Oft wird das Tafelstück noch weiter entlang des Bindegewebes<br />
in zwei bis drei kleinere Stücke feinzerlegt und entvliest.<br />
Im Unterschied zum nobleren Tafelspitz ist das gleich daran anschließende<br />
und preislich weitaus günstigere Tafelstück nicht ganz so fein in<br />
der Fleischstruktur und auch weniger marmoriert – aber dennoch völlig zu<br />
Recht ein Klassiker der österreichischen Rindfleischküche und sehr vielseitig<br />
verwendbar. Wenn auch nicht unbedingt für Steaks.<br />
Am Grill. Als ganzer Braten sollte das Tafelstück besser gut gespickt werden,<br />
da das Fleisch ausgesprochen mager ist. Alternativ empfiehlt sich eine<br />
Niedertemperatur-Garmethode wie BBQ oder Sous-vide. Immer aber sollte<br />
dieser Rindsbraten keinesfalls übergart und saftig gehalten werden, sonst<br />
wird das Fleisch gerne strohig.<br />
Tafelstück<br />
Hüferscherzel<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 35
Weißes Scherzel<br />
Semerrolle, Schwanzrolle<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3 kg<br />
Kalbin: ca. 1,8 kg<br />
Hüferschwanzel<br />
Das Weiße Scherzel sitzt am hinteren Teil des Knöpfels, gleich neben dem<br />
Tafelstück, von dem es schon aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften<br />
so gut wie immer getrennt wird. Klassisch landet das Weiße Scherzel<br />
gerne als Schmorbraten auf dem Tisch, in den USA wird es als „Eye of<br />
Round Steak“ bezeichnet. Das Fleisch dieses runden Muskels ist eher hell,<br />
grobfasrig, mager, ja fast schon trocken.<br />
Am Grill. Meist wird dieses Teilstück im Ganzen geschmort oder gebraten<br />
– dabei angepeilte Kerntemperatur: maximal 78°C. Grundsätzlich<br />
empfiehlt sich aber das Spicken mit Streifen vom grünen Speck längs der<br />
Faser oder aber das Bardieren mit Speckscheiben. Das sieht nicht nur gut<br />
aus, sondern bewahrt das ausgesprochen magere Fleisch auch vor dem<br />
Austrocknen.<br />
Weißes Scherzel<br />
Schale<br />
Ortsschwanzel, Oberschale<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 7 kg<br />
Kalbin: ca. 5 kg<br />
Schale<br />
Die Schale wird aus dem inneren Teil des Knöpfels geschnitten und besteht<br />
aus drei unterschiedlichen Muskelpartien: dem etwas grobfaserigen „Deckel“,<br />
dem schwanzseitig gelegenen „Beinscherzel“ (auch „Kaiserteil“) und<br />
dem kopfseitig gelegenen „Schwarzen Scherzel“. Es empfiehlt sich in jedem<br />
Fall, die Schale nicht einfach in der Mitte, sondern entlang des Bindegewebes<br />
in die genannten Teile zu zerlegen, um die unterschiedlichen Faserrichtungen<br />
zu neutralisieren.<br />
Am Grill. Beide Scherzel sind sehr feinfaserig und mager, Steaks vom<br />
Schwarzen Scherzel sind aber besonders gut zum Kurzbraten geeignet. Aber<br />
auch für kleinteilige Gerichte wird die Schale gerne verarbeitet und macht<br />
– gut abgelegen – am Spieß oder als Geschnetzeltes gegart eine sehr gute<br />
Figur. Der gröbere Schalendeckel eignet sich jedoch eher für Schmorgerichte.<br />
Fledermaus<br />
Nuss<br />
Nuss<br />
Zapfen, Kugel, Knuckle, Thin Flank<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Die Nuss liegt in der Mitte des Knöpfels und ist eines der beliebtesten<br />
Gustostücke vom Rind. Ihre anatomische Lage kennzeichnet sie als Muskelpartie<br />
mit mittlerer Beanspruchung, das Fleisch ist eher kurzfasrig, fettarm<br />
und typischerweise etwas dunkler als jenes anderer Teilstücke sowie herzhaft<br />
im Geschmack. Im Grunde besteht die Nuss aber aus drei Muskeln,<br />
deren Faserverlauf und Qualitäten recht unterschiedlich sind. Daher ist<br />
ein Schnitt quer durch alle Partien eher nachteilig, da solche Steaks sich<br />
unweigerlich beim Braten verwerfen. Die Nuss sollte daher nach Möglichkeit<br />
entlang des Bindegewebes in ihre drei Muskelpartien geteilt werden.<br />
36 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Aus dieser optimalen Feinzerlegung ergeben sich folgende Teilstücke: die<br />
„Flache Nuss“, die „Runde Nuss“ und der „Nussdeckel“.<br />
Am Grill. Die finale Kerntemperatur sollte bei Steaks von der Nuss<br />
eher knapp gewählt werden, damit das magere Fleisch beim Braten nicht<br />
trocken und hart wird. Der Gargrad „medium rare“ ist hier gerade richtig,<br />
„medium“ kann manchmal sogar schon zu viel sein. Empfehlenswert ist es,<br />
Steaks von der Nuss kurz und kräftig am Grill anzubraten und langsam im<br />
Ofen nachgaren zu lassen.<br />
Die Flache Nuss ergibt besonders zarte, kleine Steaks, die beim Kurzbraten<br />
oder Grillen einem Hüftsteak in nichts nachstehen. Die Runde Nuss – auch<br />
Nussrose genannt – ist aufgrund ihrer Form, Größe und Qualität besonders<br />
gut für Schnitzel, aber auch für Steaks geeignet. Im Ganzen ergibt sie einen<br />
kompakten Rindsbraten.<br />
Der Nussdeckel hat ein intensives Aroma, jedoch eher längere, gröbere<br />
Fleischfasern. Daher eignet er sich besonders gut für Schmorgerichte, sollte<br />
aber auch dafür immer quer zur Faser zugeschnitten werden.<br />
Zerlegung Nuss<br />
Wadschinken<br />
Haxe, Hesse<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 4 kg<br />
Kalbin: ca. 3 kg<br />
Flache Nuss<br />
Runde Nuss<br />
Nussdeckel<br />
Als besonders stark beanspruchter Teil der Bewegungsmuskulatur des<br />
Rindes ist das Fleisch an den Beinen natürlich stark mit Sehnen durchwachsen,<br />
wobei die vorderen Wadschinken mit acht verschiedenen Muskeln und<br />
dem rekordverdächtigen Kollagenwert von 21 den hinteren Wadschinken<br />
(immer noch sechs einzelne Muskeln, Kollagenwert 18) in Sachen Flachsigkeit<br />
noch einmal deutlich überlegen sind.<br />
Der hintere Wadschinken mit dem anschließenden „Wadelstutzen“ – in<br />
Deutschland auch „Rosenstück“ genannt – ist naturgemäß deutlich größer<br />
und hat auch einen höheren Fleischanteil als der vordere Wadschinken mit<br />
dem sogenannten „Bugscherzel“ daran.<br />
Der fleischige Wadelstutzen wird in Österreich oft auch noch in die drei<br />
Teile „Dickes Gschnatter“, „Dünnes Gschnatter“ und „Ludel“ unterteilt.<br />
Während die beiden Gschnatter deutlich weniger Sehnen als der eigentliche<br />
Wadschinken haben und daher auch oft als Braten Verwendung finden,<br />
wandert das Ludel meist gleich ins Gulasch. Gerade dieses Teilstück ist<br />
aber gut zugeputzt sogar ein besonderer Geheimtipp als kleiner, sehr gut zu<br />
tranchierender Braten.<br />
Hinterer Wadschinken<br />
Am Grill. Das massiv präsente Kollagen im gesamten Wadschinken<br />
erfordert in jedem Fall langsames Garen bei mäßigen Temperaturen, also<br />
beispielsweise im Dutch Oven, beim BBQ oder im Wasserbad. Was letztendlich<br />
kulinarisch sogar von Vorteil ist. Denn durch den allmählichen<br />
Abbau des Kollagens der Flachsen und des Bindegewebes, das zu weicher<br />
Gelatine umgewandelt wird, ist gerade dieses Fleisch am Ende besonders<br />
saftig und herzhaft – und schlussendlich auch sehr weich, ohne jemals trocken<br />
zu werden.<br />
Zerlegung Wade<br />
Aus dem Wadschinken mit Knochen werden aber auch gerne „Beinscheiben“<br />
(Ossobuco) geschnitten, die als Schmorgerichte sehr populär sind.<br />
Soll das Gschnatter oder das Ludel des Wadelstutzens als Braten ausgelöst<br />
werden, muss es gut von allen Sehnenansätzen befreit und pariert werden,<br />
anschließend wird es meist noch in Form gebunden (bardiert). Doch auch<br />
hier empfiehlt sich eher eine Zubereitung im Niedertemperaturbereich<br />
mit finaler Temperaturerhöhung, um zu den notwendigen Röststoffen zu<br />
kommen.<br />
Beinscheibe (Ossobuco)<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 37
eef darlings<br />
Das Hüferschwanzel<br />
Hieferschwanzel, Bürgermeisterstück, Tri Tip Steak<br />
Dieses dreieckige Teilstück war einst so beliebt,<br />
dass es den besten Kunden des Fleischers<br />
vorbehalten blieb, wie die deutschen<br />
Bezeichnungen „Bürgermeisterstück“ und<br />
„Pastorenstück“ noch verraten. Heute ist das<br />
Hüferschwanzel als „Tri Tip Steak“ längst auch eine besondere<br />
Bereicherung für das Grillsortiment. Im BBQ-Englisch<br />
trägt es aufgrund seiner Haifischflossen-Form den Namen<br />
„Tri Tip Steak“, ist aber eigentlich zu groß für ein einzelnes<br />
Steak. Am Grill wird es daher immer im Ganzen zubereitet<br />
und erst nach einer ausgiebigen Rastphase in Scheiben<br />
tranchiert.<br />
Auch Grillprofi Markus Mair liebt diesen Cut – aufgrund<br />
seiner Vielfältigkeit, aber ebenso aufgrund seines hervorragenden<br />
Preis-Leistungsverhältnisses. Denn das oft unterschätzte<br />
Teilstück ist mindestens so zart wie der beste Teil<br />
vom Tafelspitz und für Markus eine kulinarische Allzweckwaffe<br />
in der Grillküche. Denn das Hüferschwanzel kann<br />
man nicht nur sieden, schmoren und braten, sondern vor<br />
allem auch sehr gut am Rost oder im Smoker zubereiten.<br />
Etwa als Picanha oder leicht geräuchert, wie im folgenden<br />
Rezept. Für diese Aufgaben verwendet Markus allerdings<br />
bevorzugt Tri Tip Steaks von der österreichischen Kalbin<br />
oder vom Ochsen. Und immer nur gut gereiftes Fleisch<br />
mit ordentlicher Fettauflage sowie ausgeprägter Fettmarmorierung.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Wie der Name schon<br />
andeutet, stammt auch das Hüferschwanzel von der Hüfte<br />
– genau genommen aus der Nische zwischen Hüfte und<br />
Nuss. Das Hüferschwanzel ist zwar nicht ganz so zart wie<br />
das zum Verwechseln ähnlich klingende Hüferscherzel,<br />
aber auch wunderbar saftig, angenehm im Biss und außerdem<br />
sehr gut portionierbar. Das Teilstück wird vor der<br />
Zubereitung entvliest, die Fettabdeckung sollte jedoch<br />
beim Grillen oder Sieden besser weitgehend dran bleiben,<br />
um das relativ magere Fleisch vor dem Austrocknen zu<br />
schützen.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 1,5 kg<br />
Kalbin: ca. 1 kg<br />
Markus Mair<br />
Der Innsbrucker stammt aus einer Tiroler Fleischerdynastie und ist diplomierter Fleischexperte<br />
sowie Lehrgangsleiter und Mitglied der Prüfungskommission für Diplom-Fleischsommeliers am WIFI. Dem Thema<br />
Grillen ist Markus schon vor Jahren mit Haut und Haar verfallen und inzwischen ist er einer der Hauptprotaginsten bei der<br />
Ausbildung zum AMA Grilltrainer bzw. den anschließenden Schulungen. In jüngster Vergangenheit wurde Markus auch<br />
Grillstaatsmeister (2021) sowie Judge und Table Master bei der World-BBQ Meisterschaft (2022). Gemeinsam mit seiner<br />
Frau Annemarie betreibt er in der Tiroler Landeshauptstadt eine Gourmet-Grillschule und gibt in Tirol und Vorarlberg auch<br />
mobile Grillkurse. Infos & Kontakt: gourmetgrillen.at<br />
38 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 39
eef darlings<br />
Hüferschwanzel im Buchenrauch<br />
Das Hüferschwanzel war schon immer ein Geheimtipp<br />
für Rindfleischkenner, hat aber als „Tri<br />
Tip Steak“ in der Grillszene eine zweite Karriere<br />
gemacht. Bei der Wahl des Teilstückes sollte man<br />
auf eine gute Fettabdeckung achten, die das<br />
Fleisch am Grill oder im Smoker saftig hält.<br />
Zutaten für 3-4 Portionen<br />
1 Hüferschwanzel von der Kalbin<br />
2 TL Salz<br />
2 TL Rohrzucker<br />
½ TL Piment, gemahlen<br />
½ TL Kreuzkümmel<br />
1 TL Paprikapulver<br />
1 TL Thymian<br />
¼ l Apfelsaft, 1:1 mit Wasser gemischt<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Die Gewürze gut vermischen und das<br />
Hüferschwanzel damit rundum fest einreiben.<br />
Das Fleisch bei Zimmertemperatur<br />
etwas in der Trockenmarinade ziehen<br />
lassen und inzwischen den Smoker oder<br />
Kugelgrill vorheizen und auf etwa 110<br />
bis 120°C indirekte Hitze einstellen.<br />
Dann ein paar Buchenholz-Chunks in<br />
die Glut geben und das Fleisch auf den<br />
Rost legen. Den Temperaturfühler eines<br />
Funkthermometers in der Fleischmitte<br />
platzieren und das Tri Tip Steak in ca. 1,5<br />
Stunden bis zu einer Kerntemperatur von<br />
etwa 52-55°C smoken. Dabei dann und<br />
wann mit der Mischung aus Apfelsaft<br />
und Wasser besprühen, um eine Austrocknen<br />
der Oberfläche zu vermeiden,<br />
die dadurch auch eine fruchtige Geschmackskomponente<br />
erhält.<br />
Nach einer Ruhephase von weiteren 10<br />
Minuten hat das Fleisch schließlich eine<br />
Kerntemperatur von 55°-58°C und kann<br />
aufgeschnitten werden. Aber Achtung<br />
dabei auf den Faserverlauf! Als Beilage<br />
empfiehlt Markus Mair geschmorte<br />
Kirschtomaten.<br />
40 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 41
42 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Das Hüferscherzel<br />
Hüfte, Huft, Hüferl, Sirloin<br />
Für Christa ist das Hiefer- oder Hüferscherzel<br />
aufgrund seiner feinen Fleischstruktur eines der<br />
allerbesten Gustostücke vom Rind, das sie nicht<br />
nur für Steaks, sondern auch besonders gerne zu<br />
einem Roastbeef verarbeitet. Das Hüferscherzel<br />
ist nicht nur ausgesprochen zart und mürb, sondern dazu<br />
auch wesentlich kräftiger im Geschmack als das Filet. Und<br />
natürlich preiswerter. Für ihr Roastbeef verwendet Christa<br />
sowohl das Hüferscherzel von der Kalbin als auch jenes<br />
vom Jungstier – Hauptsache, die Reifung passt.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Dieses Teilstück<br />
stammt von jenem Teil des Knöpfels, der an die Beiried<br />
anschließt, und ist nicht zu verwechseln mit dem<br />
daran anschließenden „Hüferschwanzel“. Es besteht aus<br />
drei durch Bindehäute getrennte Partien, nämlich dem<br />
„Hüftzapfen“, dem eigentlichen „Hüferscherzel“ (der sogenannten<br />
„Steakhüfte“) und dem „Zungenstück“. Die<br />
Feinzerteilung sollte entlang dieses Bindegewebes erfolgen,<br />
das die einzelnen Muskelstränge voneinander trennt.<br />
Daraus ergeben sich dann automatisch die genannten drei<br />
Teile und richtig zugeputzt macht dieses Trio sogar dem<br />
Lungenbraten Konkurrenz. In den USA steht übrigens für<br />
einen Cut aus der Hüfte meist der Begriff Sirloin Steak –<br />
aus dem besonders zarten Hüftzapfen werden die „Sirloin<br />
Filet Steaks“ geschnitten. Diese empfehlen sich primär für<br />
das schnelle Garen auf dem Rost oder in der Pfanne.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Christa Eppensteiner<br />
Christa Eppensteiner ist Biobäuerin aus Überzeugung – aber auch<br />
erfolgreiche Kochbuchautorin, populäre Seminarbäuerin und eine bekannte Größe in der heimischen Grillszene, die auch<br />
den Lesern der GRILLZEIT keine Unbekannte ist. Mit ihrem Team, den Mostviertler Grillladys, errang sie bei der Grillmeisterschaft<br />
2021 sogar den Vizestaatsmeister-Titel und vermittelt ihr Know-how als eine der besten AMA Grilltrainerinnen bei<br />
Grillkursen und Catering-Events in ganz Österreich, die sie mit ihrem top ausgestatteten Grill-Anhänger erreicht.<br />
Aber auch in ihrem eigenen Bauerngarten im niederösterreichischen Marbach an der kleinen Erlauf finden Grillkurse für<br />
Anfänger und Fortgeschrittene statt, die Produkte vom Biohof Eppensteiner gibt es dort, aber auch online zu erwerben.<br />
Beispielsweise Knoblauchpulver, Kräutersalz und andere Gewürze in einer fabelhaften Qualität, aber auch Erdäpfel, Knoblauch,<br />
Sojabohnen, Karottensalat, Aufstriche, Kompott, Chutneys... Infos & Kontakt: biohof-eppensteiner.at<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 43
eef darlings<br />
44 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Roastbeef vom Hüferscherzel<br />
mit zweierlei Saucen<br />
Für das Roastbeef kann man sowohl den kleineren Zapfen als auch die Steakhüfte verwenden –<br />
also das eigentliche Hüferscherzel. Dieses hat den Vorteil, beim Anschnitt des kalten Bratens eine<br />
größere, zartrosa Fläche zu zeigen, wogegen sich der Zapfen besonders gut als warmes Roastbeef<br />
in Medaillons tranchieren lässt. Dazu serviert Christa gerne zwei Saucen – eine davon kalt, die<br />
andere warm.<br />
Zutaten für 5 Portionen<br />
1 Steakhüfte, ca. 1,5 kg<br />
2 EL scharfer Senf<br />
20 g Salz<br />
1 EL frisch gemahlener Pfeffer<br />
1 Büschel frische Kräuter wie<br />
Rosmarin, Thymian, Lorbeer<br />
Für die Oberskren-Sauce:<br />
100 g Frischkäse<br />
100 g Obers<br />
2 EL frisch geriebener Kren<br />
Salz<br />
weißer Pfeffer<br />
Für die Schalottensauce:<br />
½ kg rote Schalotten<br />
2 EL Zucker<br />
1 EL Schweineschmalz<br />
½ l Rotwein<br />
3 Kardamom-Kapseln<br />
1 Sternanis<br />
2 EL grüner Pfeffer in Salzlake<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Das Hüferscherzel entlang des Bindegewebes wie beschrieben<br />
teilen und die Steakhüfte gut zuputzen. Aus dem Senf,<br />
dem Salz und dem Pfeffer eine Paste rühren und das Fleisch<br />
rundum damit einreiben. So mindestens eine Stunde bei<br />
Zimmertemperatur ziehen lassen – gerne auch über Nacht,<br />
aber dann im Kühlschrank.<br />
Eine Plancha oder Gusseisenpfanne heiß werden lassen, dann<br />
etwas Öl darauf geben und das marinierte Hüferscherzel<br />
rundum anbraten, bis die Farbe passt. Die Würzpaste bleibt<br />
dabei auf dem Fleisch.<br />
Einen Grill mit Deckel (oder aber ein Backrohr bei Ober-/<br />
Unterhitze) auf 220°C indirekte Hitze auf dem Deckelthermometer<br />
vorheizen und das Roastbeef auf den Rost setzen.<br />
Etwa 15 Minuten indirekt grillen, dann die Hitze auf 150 bis<br />
160°C reduzieren und die Sonde eines Stichthermometers<br />
so setzen, dass die Nadelspitze zirka in der Mitte des Bratens<br />
platziert wird.<br />
Bei einer Kerntemperatur von 56°C das Fleisch aus dem Grill<br />
nehmen, mit den frischen Kräutern doppelt in Backpapier<br />
einschlagen und eine volle Stunde rasten lassen. Dabei steigt<br />
die Kerntemperatur und damit der Gargrad um 2 bis 4°C<br />
Soll das Roastbeef kalt gegessen werden, lässt man es im<br />
Backpapier auskühlen und wickelt es danach in Lebensmittelfolie.<br />
So muss es im Kühlschrank dann noch mindestens<br />
drei Stunden, besser aber über Nacht ruhen. Wird das Roastbeef<br />
aber warm serviert, kommt es ausgepackt noch für eine<br />
Viertelstunde bei 200°C in den Grill oder Ofen.<br />
Die Saucen<br />
Für die kalte Oberskrensauce werden die Zutaten einfach<br />
verrührt und dann mit Salz und weißem Pfeffer abgeschmeckt.<br />
Die gewünschte Konsistenz lässt sich über die Dosierung<br />
des Obers erreichen.<br />
Für die warme Sauce werden die Schalotten geschält und<br />
grob gehackt. Dann den Zucker langsam in der Pfanne karamellisieren<br />
lassen und die Schalotten mit dem Schmalz<br />
dazugeben. Mit dem vorher erhitzten Rotwein aufgießen (so<br />
klumpt der Zucker nicht), Kardamom und Sternanis dazugeben<br />
und die Sauce einkochen lassen. Dann noch den abgetropften<br />
grünen Pfeffer unterrühren, etwas köcheln lassen<br />
und schließlich die Sauce mit Salz und Pfeffer nach Bedarf<br />
abschmecken.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 45
46 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Die Fledermaus<br />
Schalblattl, Kachelfleisch, Spider Steak<br />
Patrick Bayer ist am Grill eine Art Batman – er<br />
liebt Fledermäuse. Und zwar jene vom Schwein<br />
und vom Rind, auf dem Rost und im Schmortopf.<br />
Denn diese ultrakompakten, stark durchzogenen<br />
Teilstücke aus dem Kreuzbein sind an<br />
Geschmack und Saftigkeit kaum zu überbieten. Für das<br />
langsame Garen im Dutch Oven ist ihm die Fledermaus<br />
vom Jungstier am liebsten oder sogar jene vom Ochsen<br />
– weil deren Fleisch besonders geschmacksintensiv ist.<br />
Und so eine Rinds-Fledermaus mit roh rund 300 bis 400<br />
Gramm Gewicht ergibt nach dem Bratverlust im Schmortopf<br />
gerade eine schöne, große Hauptspeisenportion.<br />
Die ausgelöste Fledermaus des Rindes wird in der österreichischen<br />
Küche sonst gerne als Siedefleisch zubereitet,<br />
eignet sich sonst aber nicht nur fürs Schmoren, sondern<br />
bei gut gereifter Qualität sogar fürs Grillen und Kurzbraten<br />
am Rost. Es ist medium rare gebraten ausgesprochen aromatisch,<br />
wird aber übergart dann recht schnell fest.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Die Fledermaus –<br />
in Wien auch als „Schalblattl“ bezeichnet – ist ein recht<br />
kleines, etwas versteckt liegendes Teilstück mit saftigem,<br />
sehr gut marmoriertem Fleisch, das den Hüftknochen abdeckt<br />
und aus dem Kreuzbein am Becken gelöst wird. Es<br />
ähnelt von seiner Form her einer Fledermaus, daher der<br />
etwas spezielle Name in Österreich – die amerikanische<br />
Bezeichnung „Spider Steak“ ist wohl den spinnenartig aufgefächerten<br />
Fettadern an der Oberfläche geschuldet.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
300-400 g<br />
Patrick Bayer<br />
Patrick Bayer hat für sein Alter schon ganz schön viel kulinarische Vergangenheit.<br />
Bei Haubenkoch Adi Bittermann in Göttlesbrunn brachte er es zum Sous-Chef und fuhr mit ihm auch zur BBQ-Weltmeisterschaft<br />
2018, von der er eine Goldmedaille für sein Pulled Pork mitbrachte. Mit dem dreifachen Grillweltmeister Adi Bittermann<br />
und Viktor Samwald gemeinsam (ebenfalls ein Grillchampion) war Patrick als BBQ-Trio „Pitmasters“ sehr erfolgreich<br />
bei Bewerben und Caterings unterwegs. Und inzwischen ist er schon seit geraumer Weile der Cheftrainer in der Weber Grill<br />
Academy Original in Brunn bei Wien, wo er sein Wissen bei Grillkursen und Events weitergibt.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 47
eef darlings<br />
48 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Fledermaus<br />
aus dem Dutch Oven<br />
Die gesottene und überbackene Fledermaus ist ein Klassiker der Wiener<br />
Rindfleischküche, aber auch als Schmorfleisch ein heißer Tipp. Und die<br />
verhaltene Hitze eines Dutch Ovens ist ideal, um dieses kleine, saftige<br />
Teilstück zur Hochform auflaufen zu lassen.<br />
Zutaten für 4 Portionen<br />
4 Stk. Fledermaus<br />
2 große Zwiebeln<br />
4 Knoblauchzehen<br />
1 TL Salz<br />
1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen<br />
2 EL Dijonsenf<br />
3 EL Rapsöl<br />
2 EL Mehl<br />
1/2 kg Pilze<br />
2 EL Tomatenmark<br />
1/4 l Rotwein<br />
1 l Rindsuppe<br />
1 Bio-Zitrone<br />
125 g Crème fraîche<br />
frische Kräuter<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Zwiebeln und Knoblauch schälen und blättrig aufschneiden. Die Fledermäuse<br />
von den äußeren Sehnen und der Silberhaut befreien, leicht mit einem Pfannenboden<br />
plattieren und beidseitig mit Salz, Pfeffer und Dijonsenf einreiben.<br />
Bei Zimmertemperatur etwas ziehen lassen.<br />
Den Dutch Oven in der Zwischenzeit auf dem geschlossenen Grill 10-15<br />
Minuten vorheizen – 250°C auf dem Deckelthermometer sind gerade richtig,<br />
denn das Gusseisen sollte wirklich heiß werden.<br />
Nun das Öl in den Dutch Oven geben, das Fleisch beidseitig mehlieren und<br />
zwei Minuten pro Seite anbraten, dann gleich wieder herausnehmen und<br />
beiseitestellen. Nun die Pilze kurz im Fett anbraten und ebenfalls wieder herausnehmen.<br />
Zwiebel und Knoblauch im Bratrückstand glasig anbraten, dann das Tomatenmark<br />
mitrösten und das restliche Mehl einrühren. Mit dem Rotwein ablöschen,<br />
der Suppe aufgießen und dann die Fledermaus einlegen. Dann kommt<br />
der Deckel auf den Gusseisentopf, Griller schließen und die Temperatur auf<br />
180 bis 200° runterregeln.<br />
Nach einer Stunde kann man dann schon mit der Fleischgabel die Zartheit<br />
prüfen, in den meisten Fällen wird das reichen.<br />
Nun das Fleisch aus dem Saft heben und die Zesten sowie den Saft der Zitrone<br />
dazugeben, die Crème fraîche einrühren. Mit dem Stabmixer pürieren,<br />
mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Pilze einlegen und kurz wieder heiß<br />
ziehen lassen. Die Fledermaus anschneiden mit dem Saft angießen und mit<br />
frischen Kräutern bestreuen.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 49
Cuts aus<br />
dem Vorderviertel<br />
Aus dem Vorderviertel werden Hals, Brust, Spitz und paradoxerweise auch<br />
das großartige „Hintere Ausgelöste“ geschnitten, das direkt an den Rostbraten<br />
anschließt. Für Grill und Smoker finden sich hier aber noch weitere<br />
heiße BBQ-Tipps wie der Kruspelspitz sowie die Cuts aus der Platte.<br />
50 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Aus der Platte schälen geschickte Metzger die „Große Bavette“ und<br />
die „Kleine Bavette“ – bekannt unter seinem Künstlernamen „Flank<br />
Steak“. Und aus dem sogenannten Beinfleisch werden unter anderem<br />
Short Ribs und die Zwerchrippe geschnitten. Aber auch die<br />
Schulter mit dem famosen Schulterscherzel (Flat Iron Steak), dem Schulterfilet<br />
(Teres Major) und dem Mageren Meisel gehört zu diesem Viertel.<br />
Kavalierspitz<br />
Schaufeldeckel, Shoulder Blade<br />
Hals<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 1,3 kg<br />
Kalbin: ca. 0,8-1 kg<br />
Der Kavalierspitz ist ein flaches Teilstück, das an der Unterseite des Schulterblattes<br />
liegt – anatomisch gesehen also der innere Schulterblattmuskel.<br />
Charakteristisch für den Kavalierspitz ist eine weiße Kollagenschicht auf<br />
beiden Seiten, die Fleischfarbe ist eher dunkel, die Dicke beträgt drei bis<br />
vier Zentimeter.<br />
Das besonders saftige, gut durchzogene, geschmacksintensive Fleisch<br />
eignet sich sehr gut zum Sieden und läuft schön auf und ist wegen dieser<br />
Saftigkeit als Suppen- und Schmorfleisch besonders beliebt. Unterhalb des<br />
Kavalierspitz liegt noch das kleine „Gratfleisch“ (nur etwa 500 g), das sich<br />
ebenfalls gut zum Sieden eignet. Dieses wird jedoch nur selten gesondert<br />
ausgelöst.<br />
Hinteres Ausgelöstes<br />
Am Grill. Der relativ preisgünstige, aber delikate Kavalierspitz liefert<br />
schmackhaftes Fleisch mit relativ grober Struktur und ist auch im Dutch<br />
Oven ein beliebter Tafelspitzersatz. Die Kollagenschicht sollte bei der<br />
Zubereitung immer dranbleiben, um das Fleisch in Form und den Saft im<br />
Fleisch zu halten.<br />
Kruspelspitz<br />
Zwischenrippe, Denver Cut<br />
Kavalierspitz<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3 kg<br />
Kalbin: ca. 2 kg<br />
Dieser unter der Schulter verborgen liegende Teil des Beinfleisches wird<br />
von einer weichen „Kruspel“ (Knorpel) durchzogen und hat sich daher<br />
den Namen „Kruspelspitz“ redlich verdient. Wie der „Dicke Spitz“ und der<br />
„Zwerchspitz“ ist auch dieser „Spitz“ ein besonders saftiges Teilstück von<br />
der Schulter des Rindes, das in Deutschland als „ausgelöste Zwischenrippe“<br />
bezeichnet wird. Wie bei anderen Partien aus der Schulter (z.B. Schulterscherzel,<br />
Teres Major, Paleta) kann ein geschickter Metzger aus dem Kruspelspitz<br />
einige ausgezeichnete Steaks herausschneiden.<br />
Am Grill. Für den Kruspelspitz kamen früher eigentlich nur der Kochtopf<br />
oder der Bräter in Frage. Allerdings eignet sich der zentrale Teil des<br />
Kruspelspitzes auch zum Kurzbraten und Grillen, wie wir von den US-Amerikanern<br />
lernen konnten. Denn die „Denver Cut Steaks“ (auch als „Under<br />
Blade Steaks“ bekannt) werden quer zur Faser aus dem zugerichteten<br />
Kruspelspitz geschnitten. Das Besondere an diesem Fleisch ist die üppige<br />
Marmorierung und die Geschmackscharakteristik des Fettes, die an bestes<br />
Wagyu-<strong>Beef</strong> erinnert. Jenseits der Garstufe „medium rare“ wird das Fleisch<br />
jedoch zusehends fest.<br />
Kruspelspitz<br />
Brust<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 51
Dicke Schulter<br />
Dickes Bugstück<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 5-6 kg<br />
Kalbin: ca. 4 kg<br />
Dicke Schulter<br />
Schulterscherzel<br />
Dieses Teilstück bildet den hinteren Hauptteil der Schulter und bietet viel<br />
saftiges, jedoch ziemlich festes Fleisch, das mit einer starken und mehreren<br />
feinen Sehnen durchzogen ist. Es erfordert im Ganzen längeres Garen,<br />
ergibt aber tolle Braten und Ragouts. Meist wird die Schulter nur grob<br />
entvliest und dann der Länge nach geteilt. Besser ist allerdings eine Teilung<br />
entlang des Bindegewebes in die einzelnen Muskelpartien, da dann der<br />
Faserverlauf gleichmäßiger ist. Aufgrund ihrer festeren Struktur behält die<br />
Dicke Schulter bei der Zubereitung gut ihre Form und kann nach dem Braten<br />
gut portioniert werden.<br />
Am Grill. Im Vergleich mit dem Fleisch der Keule braucht das der Schulter<br />
deutlich längere Garzeiten bei eher niedrigen bis mäßigen Temperaturen,<br />
um das Kollagen besser abzubauen und mürbe zu werden. Also ist<br />
sie ideal geeignet für alle „Slow-Jobs“ wie Niedertemperaturgaren, Warmräuchern,<br />
Schmoren, Sieden und Braundünsten. Aufgrund ihres kräftigen<br />
Fleischaromas wird die Dicke Schulter von Kennern aber auch gerne für<br />
Burger Patties und andere Hackfleischgerichte verwendet. Dafür sollte sie<br />
aber nicht zu mager sein – 20% Fettgehalt sind da goldrichtig.<br />
Mageres Meisel<br />
Falsches Filet, Chuck Tender<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 1,5 kg<br />
Kalbin: ca. 1 kg<br />
Mageres Meisel<br />
Rinderrippen<br />
Das Magere Meisel ist ein spitz zulaufender Fleischteil mit einer feinen Bindehaut<br />
rundum. Es stammt vom vordersten Teil der Schulter und ist unter<br />
dem Fetten Meisel gelegen – einem größeren, grobfaserigen Teilstück, das<br />
meist nur als Gulaschfleisch Verwendung findet. Das Magere Meisel hingegen<br />
ist relativ feinfaserig und für viele Gerichte geeignet. Der Begriff „Falsches<br />
Filet“ ist allerdings etwas irreführend, denn dieses Fleisch ähnelt dem<br />
Lungenbraten nur optisch, nicht aber in Geschmack und Konsistenz.<br />
Die „Meisel“ wurden übrigens nicht etwa nach einem Vogel, sondern nach<br />
der Maus benannt. Dieser altösterreichische Name stammt vom Lateinischen<br />
„Musculum“ (Mäuschen), weil trainierte Muskel unter der Haut<br />
manchmal wie die kleinen Nager tanzen. Und tatsächlich handelt es sich<br />
beim Mageren Meisel um einen idealtypischen Muskel. Sehr mager, mit<br />
rundem Anschnitt, kompakt und gut zu portionieren.<br />
Am Grill. Das Magere Meisel hat einen hervorragenden Rindfleischgeschmack,<br />
ist aber so mager, dass es als Braten besser mit grünem Speck<br />
gespickt oder bardiert wird. Es sollte auch nicht zu lange gegart werden,<br />
da das Fleisch sonst sogar in der Suppe trocken werden kann. In der Mitte<br />
des Muskels liegt eine kleine Sehne, die jedoch nicht so dick ist wie die<br />
des Schulterscherzels. Sie wird beim Schmoren ebenfalls ganz weich. Diese<br />
Zubereitungsmethode ist für das Teilstück übrigens sehr empfehlenswert,<br />
es macht aber auch als Roastbeef (Niedertemperaturgaren), Carpaccio und<br />
<strong>Beef</strong> Tatar eine gute Figur.<br />
Schulterfilet<br />
52 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Der Gipfel des Genusses<br />
Der Weber Genesis Gasgrill<br />
Von Generationen geliebt und immer in bester Qualität gebaut,<br />
setzt der neueste Weber Genesis weiterhin den Standard.<br />
Finde deinen nächsten Grill auf weber.com<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 53
eef darlings<br />
54 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Adis <strong>Beef</strong> Darling<br />
Das Hintere<br />
Ausgelöste<br />
Gab, Fehlrippe, Chuck Roll<br />
Mit seinem <strong>Beef</strong>-Darling Rindergab, meist<br />
weniger kurz „Hinteres Ausgelöstes“ genannt,<br />
verbindet Adi Matzek so etwas<br />
wie Hassliebe. Denn einerseits liebt er<br />
dieses vielseitige und hochdelikate Teilstück,<br />
weiß aber auch um dessen Macken. So ist der x-<br />
förmige Muskel, der die Gab auf der einen Seite mit dem<br />
Hals und auf der anderen mit dem Rostbraten verbindet,<br />
nach dem Grillen ziemlich trocken, während die kräftig<br />
marmorierten inneren Muskelstränge und die Rose sehr<br />
viel saftiger geraten. Brät man das Hintere Ausgelöste im<br />
Ganzen, ergeben sich am Schneidbrett also letztlich sehr<br />
unterschiedliche Tranchen. Sein zartes Fleisch braucht<br />
dafür aber keine allzu hohe Kerntemperatur, der stattliche<br />
Fettanteil verzeiht dem Grillmeister aber auch starke Hitze<br />
und zu lange Garzeiten.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Das Hintere Ausgelöste<br />
ist der Teil des Rückens zwischen 1. und 6. Rippe<br />
und reicht vom Tristel bis zum Rostbratenried. Dieses<br />
lange Zeit unterschätzte Teilstück gehört zum Besten,<br />
was uns das Rind an Braten liefert. Seine Struktur ähnelt<br />
jener des Rostbratens (alias Ribeye), ist aber noch etwas<br />
stärker marmoriert – der Fettanteil liegt durchschnittlich<br />
um die 12%, darf idealerweise aber auch 20% und mehr<br />
erreichen. Tolle Voraussetzungen also für einen saftigen<br />
Braten oder herzhafte Steaks. Daher ist das Hintere Ausgelöste<br />
ein sehr vielseitig verwendbarer Fleischteil mit einem<br />
immer noch sehr interessanten Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Neben dem Grillen der Steaks am Rost ist vor allem die<br />
Verwendung als „Großer Braten“ die natürliche Bestimmung<br />
des Hinteren Ausgelösten.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3-4 kg<br />
Kalbin: ca. 2-2,5 kg<br />
Adi Matzek<br />
Der Waldviertler Fleischermeister Adi Matzek ist ein Pionier der österreichischen Grillsportszene.<br />
Schon 1999 nahm er mit seinem Team an der ersten europäischen Weltmeisterschaft im schweizerischen Wil<br />
teil und erreichte prompt einen sensationellen Vizeweltmeistertitel. Zweifacher Weltmeister wurde er schließlich 2005 bei<br />
der WM in Ungarn in den Kategorien Rindfleisch und Fisch und baute als langjähriger Capo der Austrian Barbeque Association<br />
den österreichischen Meisterschaftsbetrieb erst auf.<br />
Pionierarbeit leistete Adi aber auch in Sachen Grillschulen – vor genau 20 Jahren eröffnte er die erste ihrer Art gleich neben<br />
dem Fleischergeschäft der Familie in seiner Heimatstadt Horn. Diese Grillschule wurde in der Folge Ideen- und Taktgeber<br />
für zahlreiche andere Projekte und Grilltrainer, die er dort ausbildete.<br />
Seit 2014 widmet sich Adi beruflich voll und ganz seinen zahlreichen Grillkursteilnehmern und Events. 2021 übersiedelte<br />
Österreichs erste und wohl auch größte Grillschule nach einem fünfjährigen Intermezzo in Maria Dreieichen ins malerische<br />
Burgerwiesen, wo die Familie ein Gehöft zur zünftigen Event- und Kurslocation ausgebaut hat. Zu sechst bieten Adi und<br />
sein Team dort jährlich fast 100 Kurse an, dazu kommen rund 80 Business-Seminare und Cateringeinsätze. Infos & Kontakt:<br />
www.grillschule.at<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 55
eef darlings<br />
BBQ Rindergab<br />
Das Hintere Ausgelöste ist bei den Rindsbraten vom Grill für Adi schon seit 20 Jahren die klare<br />
Nummer eins. Als Rohstoffe dafür verwendet der Grillprofi bevorzugt österreichisches Rindfleisch<br />
mit zwei bis drei Wochen Reifung (Kalbin), beim Jungstier dürfen es auch ein paar Tage mehr<br />
sein.<br />
Als Grillgerät ist hier ein Smoker ideal, da der die Temperatur über lange Zeit auf relativ niedrigem<br />
Niveau konstant halten kann. Es eignet sich jedoch auch ein Kugelgrill und jeder Gasgrill<br />
mit Deckel, auf dem man das Fleisch indirekt (also nicht direkt über der Flamme) platzieren kann.<br />
Und ein Stichthermometer zur Kontrolle der Kerntemperatur ist sowieso Pflicht.<br />
Zutaten für 3-4 Portionen<br />
1 Hinteres Ausgelöstes, ca. 2,5 kg<br />
2 EL grobes Salz<br />
2 EL frisch gemahlener Pfeffer<br />
Wood-Chunks (wie Buche, Erle oder Obstholz)<br />
Butcher Paper<br />
Alufolie<br />
optional: Glasur<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Dieses Rezept von Adi ist herrlich unprätentiös.<br />
Denn das Fleisch wird einfach kräftig mit<br />
Salz und Pfeffer oder auch einem hellbraunen<br />
Rub gewürzt und kalt auf den Rost des vorgeheizten<br />
Smokers oder Grill gelegt. Nicht einmal<br />
scharf angegrillt muss es davor werden,<br />
weil hier keine Versiegelung der Oberfläche<br />
angestrebt wird.<br />
Gegart wird bei 100 bis 110°C – also „low<br />
& slow“, und zwar insgesamt so um die 7<br />
Stunden, dazu kommt noch die Rastphase.<br />
Muss man die Gartemperatur aus Zeitgründen<br />
überschreiten, verändert sich der Biss des<br />
fertigen Fleisches und man landet eher beim<br />
„Pulled <strong>Beef</strong>“. Was allerdings auch nicht das<br />
Schlechteste ist.<br />
Die angepeilte Kerntemperatur sollte jedenfalls<br />
zwischen 78 und 85°C liegen, um einen<br />
guten Kollagenabbau zu gewährleisten, dieser<br />
Wert steigt während der Rastphase aber noch<br />
um einige Grad. Und diese Rastphase, die im<br />
Smoker bzw. Ofen bei etwa 60 bis 70°C stattfindet,<br />
sollte extra lange sein, denn dann wird<br />
das Hintere Ausgelöste – auch vom Jungstier<br />
– besonders zart und aromatisch.<br />
METHODE 1: Das kalte, gewürzte Fleisch<br />
kommt nackt auf den Rost und liegt mit ein<br />
paar Holzstücken oder einer Handvoll Holzchips<br />
auf der Kohle für rund zwei Stunden im<br />
Rauch. Dann wird das Fleisch erst in Butcher<br />
Paper (bzw. Backpapier) und dann in Alufolie<br />
gewickelt und kommt für weitere drei Stunden<br />
in den Smoker. Danach wird das Fleisch<br />
ausgepackt, optional mit einer fruchtigen<br />
Glasur bepinselt und wandert für weitere zwei<br />
Stunden unter die Grillhaube.<br />
METHODE 2: Das gewürzte Fleisch wird gleich<br />
einmal eingepackt und so 4-5 Stunden im<br />
eigenen Saft gegart. Erst dann kommt das<br />
Fleisch nackt auf den Rost und eine Handvoll<br />
Holzspäne in die Glut. Auf diese Weise ist der<br />
Rauchgeschmack dezenter als bei Methode<br />
1, dafür fehlt hier auch der typische Smoke-<br />
Ring.<br />
Aus einer Kalbinnen-Gab lässt sich jedoch<br />
auch ein Roastbeef am Grill rösten. Aber während<br />
man eine Beiried bereits bei 55°C Kerntemperatur<br />
vom Feuer nimmt, braucht die<br />
Gab doch ca. 60°C, damit das Bindegewebe<br />
geknackt wird. Nur keinesfalls mehr, denn<br />
jenseits der 65°C wird ihr Fleisch erst einmal<br />
fest und muss dann wieder bis rund 80°C<br />
Kerntemperatur weitergegart werden, damit<br />
sich die Fasern wieder lockern.<br />
Für Lady-Cut-Steaks oder einen zarten Braten<br />
wird auch gerne nur die Rose alleine ausgelöst,<br />
wobei die Kerntemperatur hier so um die<br />
60°C gewählt werden sollte.<br />
Als Beilage zur Rindergab schwört Adi übrigens<br />
auf Ofenerdäpfel, die gleich neben dem<br />
Fleisch weich gegart werden, auf einen Rahmdip<br />
sowie auf Weißkraut in jeglicher Form.<br />
Also etwa karamellisiert als Gemüse oder aber<br />
mit Zitrusfrüchten mariniert als frischer Salat.<br />
56 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 57
Erich Stiefsohn<br />
Der gelernte Lebensmitteltechnologe, Fleischermeister und Meistersommelier<br />
startete seine Karriere bei der Tann St. Pölten, wo er zuletzt als Produktionsleiter tätig war. Erich Stiefsohn leitet inzwischen<br />
aber schon seit Jahren den Fleischeinkauf und die Produktion beim niederösterreichischen Gastrolieferanten und Onlinehändler<br />
Wiesbauer Gourmet – und ist in dieser Eigenschaft auf dem gesamten Globus unterwegs, um die besten Lieferanten<br />
und Qualitäten für sein Sortiment zu finden. Als ausgewiesener Fleischexperte ist er ein gesuchter Berater für Medien und<br />
Autoren und war auch maßgeblich an der Entstehung einiger Inhalte des Fachbuches „Rindfleisch Knowhow“ beteiligt.<br />
58 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Die Brisket<br />
Die Rinderbrust, Brustkern, Brustspitz, Brisket<br />
Die Rinderbrust ist ein Favorit des Fleischkenners<br />
– besonders dann, wenn sie als<br />
„Full Packer Brisket“, also komplett mit dem<br />
„Flat“, dem „Point“ und der nötigen Fetteinlagerung<br />
für die Zubereitung einer langsam<br />
geräucherten „Brisket“ im amerikanischen BBQ-Style geeignet<br />
ist. Dieser Klassiker der Pitmaster in aller Welt wird<br />
nämlich nicht ohne weiteres mit jeder beliebigen Brust<br />
gelingen, denn viele Briskets sind einfach zu mager, um<br />
nach einem langen Gar- und Räuchervorgang von 5 bis 16<br />
Stunden noch saftig zu sein.<br />
Erich Stiefsohn präferiert bei heimischer Ware daher<br />
Fleisch von Mast- oder Weidekalbinnen mit einem<br />
Schlachtalter von mindestens 24 Monaten – auch wenn<br />
die Fleischfasern bei einem 18 Monate alten Tier feiner<br />
sind. Aber nur eine längere Mastdauer bewirkt, dass auch<br />
in der Brust intramuskuläres Fett angesetzt wird. Fehlt dieses,<br />
muss hingegen kompensiert werden. Entweder durch<br />
Vorgaren „Sous vide“ oder aber durch Profitricks wie Fett-<br />
Injektionen. Mit der Butterspritze sind aber schon BBQ-<br />
Weltmeisterschaften gewonnen worden.<br />
Für eine relativ kurze Zubereitung der Brisket im Smoker<br />
(„hot & fast“ in fünf Stunden) sind allerdings die Briskets<br />
aus den USA ungeschlagen, denn diese haben meist mehr<br />
Fett an Bord als die europäische Konkurrenz.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Die gesamte Brust<br />
besteht aus dem Brustkern oder Brustkopf und dem sogenannten<br />
„Frack“ der aus dem Dicken, Mittleren und<br />
Dünnen „Kügerl“ sowie dem Bauchfleisch besteht. Die<br />
Rinderbrust ist daher zerlegungstechnisch gesehen auch<br />
ein Grenzfall zwischen „Vorderem“ und „Hinterem“. Das<br />
„Dicke Kügerl“ ohne Knochen und der „Brustkern“ werden<br />
mitunter dem Sammelbegriff „Hinteres“ zugeordnet,<br />
während die anderen Partien stets als „Vorderes“ gelten.<br />
Mittleres und Dünnes Kügerl sind nämlich ebenso wie das<br />
Riedhüfel, Bauchfleisch und Beinfleisch Teilstücke der sogenannten<br />
Platte.<br />
Gänzlich anders sehen das Thema Rinderbrust die US-<br />
Amerikaner, für die eine „Brisket“ zusammen mit den<br />
Spare Ribs und Pulled Pork zur „Holy Trinity“ des BBQ<br />
zählt. Ein „Full Packer Brisket“-Zuschnitt entspricht der<br />
ganzen ausgebeinten Seite einer Rinderbrust, bestehend<br />
aus dem „Flat“, dem großen Pektoralismuskel, sowie dem<br />
darauf sitzenden „Point“, dem kleinen Pektoralismuskel<br />
(Pectoralis Minor). Diese Muskeln werden von einer Fettschicht,<br />
der Fat Cap, getrennt, die sich über das ganze Flat<br />
hinzieht und beim Smoken unbedingt dran bleiben sollte.<br />
Und am Ende wird der gegarte „Point“ auch oft würfelig<br />
zu den beliebten „Burnt Ends“ geschnitten und geröstet.<br />
Für Pastrami ist hingegen das Flat allein besser geeignet<br />
und darf auch magerer sein. Achten Sie aber darauf, eine<br />
mindestens 6 mm dicke Fettschicht auf dem Flat stehen<br />
zu lassen.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Der BBQ-Tipp vom Fleischexperten<br />
Seine persönliche Lieblingsmethode hat sich Erich Stiefsohn von den Grillweltmeistern in seinem Freundeskreis abgeschaut.<br />
Sie kostet zwar etwas Zeit, aber erstaunlich wenig Mühe.<br />
Am Anfang steht ein Rub ohne Zucker, mit dem das Fleisch regelrecht paniert wird, dann wird es in Folie gewickelt und<br />
verbringt mindestens einen halben Tag im Kühlschrank.<br />
Seinen Watersmoker heizt Erich dann auf 100-110°C auf und legt die Brisket offen auf den obersten Grillrost, versehen<br />
mit dem Temperaturfühler eines Funkthermometers. Nun kommen noch gewässerte Holzchips nach Geschmack in die<br />
Glut und dann vergehen meistens rund 12 Stunden, bis das Fleisch eine Kerntemperatur von<br />
mindestens 88°C erreicht hat. Kohle nachgelegt wird währenddessen nach Bedarf.<br />
Ist diese Marke erreicht, wickelt Erich das Fleisch noch in Butcherpaper und lässt es in der Thermobox rund eine Stunde<br />
ruhen – danach ist die Kerntemperatur auf finale 92-95°C gestiegen und die Brisket ist sowohl saftig als auch butterweich.<br />
Und immer noch heiß!<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 59
60 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Die Short Ribs<br />
Beinfleisch, Zwerchspitz, Zwerchried, Spannrippe<br />
Die Zwerchried – also das mittlere Beinfleisch<br />
von den ersten fünf Rippen des Rindes – wird<br />
im BBQ-Jargon gerne als „Short Ribs“ bezeichnet.<br />
Und viele Pitmaster schätzen das<br />
hocharomatische Fleisch zwischen den Rinderrippen,<br />
das von den Knochen geschmacklich intensiv<br />
profitiert, sogar höher ein als so manches teure Edelteil.<br />
Aber nur dann, wenn es relativ kurzfaserig sowie gut mit<br />
Fett durchzogen ist. Das ebenfalls reichlich vorhandene<br />
Bindegewebe in diesem Cut ist bei fachgerechter Behandlung<br />
kein Problem, denn dieses Kollagen wird beim BBQ zu<br />
aromatischer Gelatine umgewandelt, die dem Fleisch eine<br />
besondere Saftigkeit und Aromatik verleiht.<br />
Auch Leo Gradl zählt zu den glühenden (!) Verehrern der<br />
Short Ribs, die er besonders gerne über Holzkohle und mit<br />
etwas zusätzlicher Rauchwürze zubereitet – ob im Watersmoker<br />
oder im Kugelgrill. Die Short Ribs für das Rezept<br />
stammen übrigens vom Jungstier, denn diese Kategorie<br />
liefert oft die fleischigere Zwerchried als die Kalbin. Und<br />
„low & slow“ zubereitet wird das delikate Fleisch an den<br />
Rippen in jedem Fall zart. Allerdings achtet Leo sehr genau<br />
auf eine möglichst intensive Marmorierung, denn diese ist<br />
das Erfolgsgeheimnis dieses Cuts.<br />
Textur und Fettmarmorierung dieses Teilstücks können<br />
sich von Fall zu Fall nämlich extrem unterscheiden und<br />
sind ausschlaggebend für dessen Verwendung in der<br />
Küche.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Während man unter<br />
dem Begriff „Beinfleisch“ in Deutschland oft die Hesse<br />
(Wade) versteht, entspricht dort am ehesten die „Spannrippe“<br />
dem, was in Österreich so bezeichnet wird. Dieses<br />
je nach anatomischer Position auch „Zwerchried“ (vorderer<br />
Bereich) oder „Zwerchspitz“ (hinterer Bereich) genannte<br />
saftige Fleisch stammt von der sogenannten Platte<br />
im Vorderviertel und liegt in etwa unter der Schulter und<br />
dem Rieddeckel.<br />
Die Short Ribs (Quer- oder Zwerchrippen), gerne auch<br />
Chuck Short Ribs genannt, sind das Beinfleisch unterhalb<br />
von Rinderhals und Hochrippe und eigentlich alles andere<br />
als „short“. Ihr Name kommt vielmehr davon, dass sie aus<br />
der „Short Plate“ geschnitten werden – wie die Flanke zwischen<br />
der sechsten und zehnten Rippe in den USA genannt<br />
wird. Beliebt ist der Zuschnitt als Leiterstück (Jacobs Ladder).<br />
Das extrem marmorierte Fleisch mit hohem Bindegewebsanteil<br />
ist ideal für Niedertemperatur-Garmethoden<br />
wie die Zubereitung im Smoker oder sous vide – Hauptsache<br />
„low & slow“. So wird es weich, saftig und extrem<br />
geschmackvoll.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Leo Gradl<br />
Vom Haubenkoch zur Grillhaube. Zwölf Jahre lang führte Leo Gradl erfolgreich die Kitzbüheler<br />
Gourmet-Restaurants „Tennerhof“ und „Schwedenkapelle“ mit zwei Hauben, dem folgten innovative gastronomische<br />
Konzepte wie das „Vollgasmenü“ im „Stallhäusl“ in Söll und „Leos Auszeit“ in Scheffau. Nach vielen Jahren Extremsport<br />
in der Gourmetszene und dem ersten Weltmeistertitel im internationalen Grillsport übersiedelte Leo nach Oberösterreich<br />
ins „Stille Tal“, wo er in einer alten Mühle eine Grillschule der Extraklasse betreibt und unermüdlich ausbaut. Inklusive<br />
Fleischreifung, Fischteich, einer kleinen Schafherde, Hühner, Enten und Bienen...<br />
Gelegenheit, dieses sehenswerte Drei-Hektar-Refugium kennenzulernen, hat man bei Leos Grillkursen, aber auch beim<br />
„Smoke on the water“-Festival am 5. und 6. August, für das er sogar ein eigenes Bier brauen wird.<br />
Infos & Kontakt: leos-grillschule.at<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 61
eef darlings<br />
Shortribs im Gemüsebett<br />
Dieser leiterförmige Cut aus den vorderen Rippenknochen des Rindes ist<br />
aufgrund seines besonders zarten Fleisches und kräftigen Aromas zu Recht<br />
für viele BBQ-Fans einer der allerbesten Kandidaten für den Smoker.<br />
Zutaten für 4 Portionen<br />
2 kg Short Ribs vom Jungstier<br />
1 Knolle Knoblauch<br />
3 EL Rapsöl<br />
1 EL frisch gemahlener schwarzer Pfeffer<br />
1 EL Salz<br />
2 Zwiebeln<br />
2 Gelbe Rüben<br />
2 Karotten<br />
2 Stangen Staudensellerie<br />
1 l Rindsuppe oder Wasser<br />
Rosmarin und Thymian<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Am Vortag der Grillsession den Knoblauch schälen und pressen, mit dem Öl sowie Salz und<br />
Pfeffer zu einer Paste vermischen. Damit die Short Ribs großzügig einreiben und dann straff<br />
in Lebensmittelfolie einwickeln. So über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen.<br />
Als Grillgerät eignet sich jeder gute Holzkohlegrill mit Deckel, für die lange Gardauer von<br />
etwa 5 Stunden sind Watersmoker und Kamados natürlich besonders gut ausgelegt. Die Kohlekörbe<br />
füllt Leo mit standfesten Holzkohlebriketts, die er im Anzündkamin nur 7-8 Minuten<br />
vorglüht. Die Lüfter werden sowohl unten als auch am Deckel halb geöffnet, so sollten dann<br />
etwa 150°C am Deckelthermometer erreicht werden.<br />
Die Grillmethode ist indirekt – also nicht direkt über der Glut. Außerdem verwendet Leo für<br />
dieses Rezept einen Bräter.<br />
Die vormarinierten Short Ribs landen mit der Rippenseite nach unten auf dem Grillrost darüber,<br />
vorher kommen noch ein paar Holzchunks für den Rauch in die Glut und der Deckel des<br />
Grills wird geschlossen.<br />
So wird das Fleisch 30-40 Minuten gut angebräunt, dann lässt man die Hitze langsam auf ca.<br />
120°C absacken, nimmt den Grillrost heraus und stellt den Bräter zwischen die Kohlekörbe.<br />
Das Wurzelgemüse und die Zwiebeln werden lediglich in grobe Würfel geschnitten und<br />
kommen zusammen mit ein paar Rosmarin- und Thymianzweigen in den Bräter. Mit einem<br />
Liter Wasser und einem 1/2 TL Salz oder (besser noch) mit Rindsuppe angießen und die Ribs<br />
(wieder mit der Knochenseite nach unten) auf das Gemüse legen. Dann wird alles gut mit<br />
Backpapier und Alufolie abgedeckt.<br />
So garen die Short Ribs butterweich und werden anschließend in Segmente geschnitten. Wer<br />
mag, kann diese nun noch mit etwas BBQ-Sauce glasieren und auf dem Grillrost anziehen<br />
lassen. Als Beilage gibt es das Gemüse aus dem Bräter, das noch immer Biss hat, weil die<br />
Suppe im Bräter nicht gekocht hat – wenn man die richtige Temperaturkurve gekratzt hat.<br />
Als Beilage zum Flank Steak kommt natürlich vieles in Frage, Hauptdarsteller bleibt aber<br />
immer das Fleisch.<br />
Deswegen haben wir für unser Foto einfach ein paar vorgekochte Erdäpfel in Spalten auf der<br />
Plancha mitgebräunt und alles auf einem knackigen Blattsalat mit Kernöldressing angerichtet.<br />
62 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
<strong>Beef</strong> TV<br />
online auf<br />
grillvideo.at
eef darlings<br />
Das Flat Iron Steak<br />
Schulterscherzel, Schaufelstück, Flacher Bug<br />
Adis Lieblingscut vom Rind ist das mit dem<br />
Fleischermesser zum Flat Iron Steak veredelte<br />
Schulterscherzel. Einige Tonnen dieses<br />
Teilstücks verarbeitet der Haubenkoch jährlich<br />
in seinem Restaurant und der angeschlossenen<br />
Grillschule in Göttlesbrunn, fast immer stammt das<br />
Fleisch von österreichischen Kalbinnen und ist im Vakuum<br />
gereift. Am besten vier Wochen, manchmal sogar sechs.<br />
Von der Trockenreife hält Adi bei diesem Cut nämlich weniger,<br />
denn beim Wet Aging bleibt das Fleisch hier saftiger.<br />
Eine zu starke Abtrocknung würde die eher flachen Steaks<br />
dagegen allzu viel Substanz kosten.<br />
Um aus dem Schulterscherzel zwei Steaks zu filetieren,<br />
verwendet Adi am liebsten ein Messer mit mittellanger,<br />
schlanker, starrer und vor allem sehr scharfer Klinge. Mit<br />
diesem entfernt er zuerst die Fettabdeckung und auch die<br />
Beinhaut auf der unteren Seite, dann wird das Muskelfleisch<br />
von der durchgehenden Sehne geschält, was zwei<br />
flache Steaks ergibt. Deren Fleisch ist ausgesprochen saftig<br />
und kurzfaserig, wobei das innere Flat Iron Steak (von der<br />
Beinhautseite) etwas dünner, aber auch noch etwas zarter<br />
ist. Der kleine Muskel auf der Seite zum Wadelstutzen<br />
(neben der Beinhaut) gehört übrigens ebenfalls entfernt,<br />
denn der ist flachsig.<br />
Aus einem Schulterscherzel mit etwa 3 kg Gewicht fabriziert<br />
Adi solcherart zwei Steaks mit einem Gesamtgewicht<br />
von 1,8 bis 2 Kilogramm, also mindestens sechs sehr ordentliche<br />
Portionen.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Das Schulterscherzel<br />
ist ein länglicher, von einer charakteristischen Sehne<br />
durchzogener Muskel, der anatomisch zwischen „Dicker<br />
Schulter“ und „Magerem Meisel“ beheimatet ist. Zerlegt<br />
man das Schulterscherzel der Länge nach entlang dieser<br />
Sehne und entfernt diese, erhält man die beschriebenen<br />
„Flat Iron Steaks“. Wird das Schulterscherzel aber quer zu<br />
Faser und Sehne in dicke Scheiben geschnitten, ergibt das<br />
„Top Blade Steaks“. Im Ganzen gesotten ist das Schulterscherzel<br />
einer der beliebtesten Klassiker der Wiener Rindfleischküche.<br />
Es geht beim Kochen wunderbar auf und<br />
bleibt stets saftig und kräftig im Aroma.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 3 kg<br />
Kalbin: ca. 2,5 kg<br />
Adi Bittermann<br />
Der Grillweltmeister und Kochbuchautor aus dem Weinbaugebiet Carnuntum<br />
hatte schon Haubendekor in Wien sowie am Eingang seines Edelwirtshauses in Göttlesbrunn, bevor er 2010 erstmals in den<br />
Grillsport schnupperte und dort – nicht zuletzt aufgrund seiner besonderen gastronomischen Vergangenheit – sehr schnell<br />
sehr erfolgreich wurde. In drei Disziplinen brachte er mit seinem Team von den Weltmeisterschaften 2015 und 2017 Gold<br />
mit heim, heute ist seine „1. Carnuntum Grillschule“ in Göttlesbrunn eine der führenden Ausbildungsadressen der Nation<br />
in Sachen Grill und BBQ. Gemeinsam mit seiner Frau Bettina führt der Ausnahmekoch dort das Genusswirtshaus Bittermann<br />
samt Vinothek und Grillschule, ist aber auch oft in Sachen Catering mit seinem großen Smoker auf Achse. Besonderen Wert<br />
legt Adi bei all seinen Kursen, Büchern und Rezepten auf hochwertige, regionale, saisonale und frische Produkte. Infos &<br />
Kontakt: www.bittermann-vinarium.at<br />
64 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 65
eef darlings<br />
Flat Iron Steak<br />
Für seine Flat Iron Steaks verwendet Adi meist<br />
Fleisch von der Kalbin, findet bei entsprechender<br />
Reifung aber auch das geschmacksintensive<br />
Ochsenfleisch sehr delikat. Das<br />
Schulterscherzel vom Jungstier landet bei ihm<br />
jedoch meistens im Koch- oder Schmortopf.<br />
Zutaten für 3-4 Portionen<br />
1 zugeputztes Flat Iron Steak, ca. 900 g<br />
1 Bio-Zitrone<br />
3 EL Olivenöl<br />
Salz<br />
schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Das Flat Iron Steak wird beidseitig kräftig gesalzen und ruht<br />
dann eine Stunde bei Zimmertemperatur. Durch dieses<br />
Vorsalzen wird die Karamellisierung und die Geschmackintensität<br />
am Grill sowie auch die Safthaltigkeit nach dem<br />
Grillen stark verbessert.<br />
Nach dieser Salzphase wird das Fleisch gut abgetupft<br />
und der Rost bzw. die Grillplatte gut eingeölt. Nun wird<br />
das Steak bei kräftiger Hitze auf beiden Seiten<br />
direkt über der Glut scharf angegrillt und kurz<br />
vom Rost genommen. Nun wird der Grill<br />
für eine indirekte Garung eingestellt – also<br />
nicht direkt über der Hitzequelle und mit<br />
einem vom heißen Rost entkoppelten Gitter<br />
im Garraum. Die Deckeltemperatur sollte<br />
etwa bei 200°C liegen, dann kommt das<br />
Fleisch mit einer Temperatursonde versehen<br />
wieder unter die Haube, bis es die gewünschte<br />
Kerntemperatur erreicht hat. Ideal sind 52 bis 56°C,<br />
mehr sollte es beim Flat Iron nicht sein.<br />
„Heiß rasten“ nennt Adi diese Methode des Nachgaren in der Strahlungshitze<br />
ohne Kontakt zum heißen Rost, die auch sehr gut für Steaks vom Ribeye oder der<br />
Beiried funktioniert. Das kann man übrigens auch im Backrohr machen, nur sollte<br />
dort die Tür besser einen Spalt offen bleiben, damit der Dunst weg kann.<br />
Die abschließende Rastphase absolviert das Flat Iron Steak bei Adi Bittermann<br />
gerne in einer Pfanne am Rost, vom heißen Pfannenboden wieder durch ein paar<br />
rohe Kartoffelscheiben und einem Büschel Kräuter entkoppelt.<br />
Zum Servieren wird das Fleisch quer zur Faser in Streifen geschnitten, mit Olivenöl<br />
und Zitronensaft beträufelt sowie mit frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer und<br />
gerissenen Zitronenzesten bestreut.<br />
Als Beilage empfiehlt Adi lediglich frisches Saisongemüse vom Grill und/oder einen<br />
knackigen Salat sowie knuspriges Weißbrot.<br />
66 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 67
68 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Das Flank Steak<br />
Kleine Bavette<br />
Jenny Grubers Lieblingscut vom Rind ist das Flank<br />
Steak, denn dieser Cut ist nicht nur gartechnisch<br />
herausfordernder als einer der teuren Edelteile,<br />
sondern auch besonders herzhaft im Geschmack.<br />
Bei der Herkunft der Ware besteht die Regionalpatriotin<br />
aus dem Melktal übrigens auf Fleisch aus dem<br />
Umland – am liebsten von der Kalbin und gut gereift. Aber<br />
nicht zu gut, denn drei bis vier Wochen Nassreifung im<br />
Vakuum reichen vollauf und für die Trockenreifung im<br />
„Dry Ager“ des Pöchlarner Eurospar eignet sich dieses Teilstück<br />
eher weniger. Denn die Abtrocknung an der Oberfläche<br />
des flachen Flank Steaks würde zu viel der Substanz<br />
kosten.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Das Fleisch von der<br />
Flanke des Rindes – anatomisch gesehen die gesamte<br />
Partie unterhalb des Rückens zwischen dem Schlögel und<br />
dem Vorderviertel – wird von der Fachwelt mit dem Sammelbegriff<br />
„Platte“ bezeichnet, die im klassischen Wiener<br />
Zuschnitt meist noch gevierteilt wird. Früher oft pauschal<br />
als Siedefleisch oder für die Verarbeitung klassifiziert, verbergen<br />
sich hier jedoch einige sehr interessante Teilstücke,<br />
die von Kennern gerne zum Schmoren und Grillen verwendet<br />
werden. Aus dem Bauchlappen werden von geschickten<br />
Metzgern u.a. die „Kleine Bavette“ (das Flank Steak)<br />
und die „Große Bavette“ (das Flapmeat) herausgekitzelt.<br />
Die Kleine Bavette ist mit rund 800 Gramm Gewicht gar<br />
nicht so winzig und steckt im Bauchlappen verborgen<br />
unter einer ledrig-wachsigen Bindehaut, die vor der Zubereitung<br />
sorgfältig entfernt werden muss. Gegrillt wird das<br />
delikate, flache Flank Steak nach dem gründlichen Zurichten<br />
am bestem im Ganzen – die maximale Garstufe sollte<br />
„medium“ oder besser noch „medium rare“ nicht überschreiten.<br />
Nach einer ausgiebigen Rastphase im Warmen<br />
wird das Fleisch zum Servieren quer zur Faser in dünne<br />
Tranchen geschnitten. So sind die langen Fleischfasern<br />
kein Problem.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 2,5 kg<br />
Kalbin: ca. 2,2 kg<br />
Jenny Gruber<br />
Theoretisch hat die Mostviertlerin Jennifer Gruber als Jungbäuerin und Mutter zweier<br />
Schulkinder alle Hände voll zu tun. Trotzdem hat sich die wissbegierige Tochter einer Köchin und eines Fleischers im Lauf<br />
der letzten zehn Jahre bereits eine erstaunliche Sammlung an weiteren kulinarischen Kompetenzen zugelegt. Als Seminarbäuerin,<br />
Kräuterexpertin und Brotbotschafterin gibt sie ihr Wissen schon lange in Kursen weiter – das Brotbacken jetzt sogar<br />
mit einem eigenen Buch. Seit 2018 ist Jenny aber auch geprüfte AMA Grilltrainerin und hat 2019 sogar den Grillstaatsmeistertitel<br />
in der Kategorie Dutch Oven errungen. Dass sie kürzlich auch noch den Jagdschein erworben hat, wundert uns also<br />
nicht mehr.<br />
Inzwischen hat Jenny beim nagelneuen Eurospar Prauchner in Pöchlarn ein hochmodern ausgestattetes Koch- und Grillstudio<br />
als Location für ihr vielfältiges Kursangebot gefunden, in dem man unter www.natuerlich-jenny.at schmökern kann. Für<br />
mobile Aktivitäten wie Grillkurse „on demand“, aber auch Grill-Caterings hat sich die begeisterte Feuerköchin im Vorjahr<br />
einen eigenen, gut bestückten Grill- und BBQ-Anhänger zugelegt. Infos & Kontakt: jennifer.gruber88@gmx.at.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 69
eef darlings<br />
70 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
Flank Steak vom Grill<br />
So ein Flanksteak ist zwar minutenschnell gegrillt, bei Jenny braucht es aber einen Tag extra! Denn sie mariniert<br />
das Teilstück über Nacht, um es besonders mürbe und würzig zu machen. Allerding nie länger als 12 Stunden,<br />
damit der delikate Eigengeschmack des Fleisches nicht von den Aromen der Marinadenpaste überlagert wird.<br />
Zutaten für 3-4 Portionen<br />
1 Kleine Bavette<br />
1 EL Dijon-Senf<br />
1 TL Hagebuttenmarmelade<br />
1 unbehandelte Limette<br />
Salzflocken<br />
schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Zur Vorbereitung wird das Fleisch aus dem Vakuum genommen und mit kaltem Wasser<br />
abgeschwemmt. Dann sollte es bei Zimmertemperatur etwas Luft schöpfen, bis es<br />
wieder seine kräftige Farbe hat. Dann wird es gut abgetupft und mit der Würzpaste bestrichen.<br />
Dafür mischt Jenny den Senf mit der Hagebuttenmarmelade und massiert sie<br />
rundum in die Oberfläche des Fleisches. Danach wird das Flank Steak auf einen Teller<br />
gelegt und übernachtet so offen im Kühlschrank. Anderntags ist die Marinade gut in das<br />
Fleisch eingesogen und dessen Oberfläche relativ trocken. Sie sollte jetzt auch gar nicht<br />
mehr abgetupft werden.<br />
Der Grill bzw. die Grillplatte wird gut vorgeheizt – 250°C sind gerade richtig –, dann<br />
werden Rost oder Plancha noch etwas vorgeölt. Jenny nimmt dafür gerne selbst angesetztes<br />
Knoblauchöl.<br />
Das Fleisch kommt nun mit der oberen – also trockenen – Seite auf den Grill und bleibt<br />
dort bewegungslos liegen, bis klarer Saft aus der Oberfläche zu steigen beginnt.<br />
Erst wenn das Flank Steak „schwitzt“, ist nämlich der richtige Zeitpunkt<br />
gekommen, um es umzudrehen, ohne dass es auf dem heißen<br />
Metall kleben bleibt. Nun bleibt es wieder für wenige Minuten<br />
auf dem Grill, bis es die richtige Garstufe hat. Geübte erkennen das<br />
per Fingerdruck auf die Oberfläche, für Jenny muss sich das ähnlich<br />
anfühlen wie ihre Nasenspitze. Jedenfalls ist man gut beraten, bei<br />
der Garstufe eher im Medium-rare-Bereich zu bleiben. Übergart<br />
man das Flank Steak nämlich, wird aus rot, saftig und weich schnell<br />
grau, trocken und fest.<br />
Wenn die Garstufe passt, rastet das Flank Steak auf einem Kräuterbett<br />
noch für 5 bis 7 Minuten an einem warmen Ort (beispielsweise<br />
in einer Styroporbox), bevor es dann kurz vor dem<br />
Servieren noch einmal beidseitig heiß angegrillt wird.<br />
Dann wird das Flank Steak quer zur Faser (unbedingt!) in<br />
dünne Tranchen geschnitten, die jetzt erst gesalzen und<br />
mit etwas Limettensaft beträufelt werden. Im Anschnitt<br />
ist übrigens eine leichte rote Verfärbung an den Rändern<br />
zu sehen, die an den Rauchring von BBQ-Gesmoktem erinnern.<br />
Allerdings stammt diese Rinde von der Würzmarinade<br />
und gibt dem Steak eine ganz eigene Note. Am Schluss kommt<br />
dann noch ganz frisch Limettenabrieb und frisch gemahlener Pfeffer<br />
über das Steak.<br />
Als Beilage zum Flank Steak kommt natürlich vieles in Frage,<br />
Hauptdarsteller bleibt aber immer das Fleisch. Deswegen haben<br />
wir für unser Foto einfach ein paar vorgekochte Erdäpfel in Spalten<br />
auf der Plancha mitgebräunt und alles auf einem knackigen Blattsalat mit<br />
Kernöldressing angerichtet.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 71
Special Cuts<br />
„Special Cuts”, auch gerne „Second Cuts“ genannt, sind Fleischteilstücke oder<br />
Zuschnitte, die man bis vor wenigen Jahren kaum auf dem Schirm hatte. Manche<br />
davon – wie etwa das Flat Iron Steak – wurden sogar erst Anfang des 21. Jahrhunderts<br />
von Fleischexperten in Übersee in der Anatomie des Rindes gefunden.<br />
Aber auch vergessene Geheimtipps zählen zu dieser Kategorie, denn es sind oft alte<br />
Bekannte, die mit neuen Namen in den Steakhäusern eine zweite Karriere machen.<br />
Dazu kommt noch das internationale Erbe einer zunehmend globalisierten<br />
Fleischküche.<br />
72 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Richtig zubereitet sind die Second Cuts kulinarisch mindestens so<br />
interessant wie die etablierten Edelteile und zudem auch noch eine<br />
günstige Alternative. Sie besitzen meist einen ganz besonderen<br />
Charakter, der nicht nur Abwechslung auf die Speisekarten bringt,<br />
sondern von Steakfans sowie der BBQ-Community als wertvolle Bereicherung<br />
gefeiert wird.<br />
<strong>Beef</strong> Loin Ribs. Diese Rinderrippchen vom Rücken, auch <strong>Beef</strong> Back<br />
Ribs oder kurz Baby Backs genannt, sind ein amerikanischer BBQ-Klassiker<br />
und perfekt geeignet zum langsamen Garen im Smoker. Durch den stundenlangen<br />
Garprozess bei relativ niedrigen Temperaturen schmilzt das<br />
meiste Fett aus und das Fleisch wird ungemein saftig und zart. Die Back<br />
Ribs liegen gleich neben dem Ribeye, deswegen ist das Fleisch schön marmoriert,<br />
zart und schmackhaft. Und auch wesentlich schneller zuzubereiten<br />
als etwa Short Ribs.<br />
<strong>Beef</strong> Loin Ribs<br />
Bottom Steak. Das Bottom Steak wird aus dem Tafelspitz geschnitten<br />
– und zwar so, dass genug Fettauflage erhalten bleibt. Dann ähnelt es<br />
optisch dem Rumpsteak, ist ebenso kurzfaserig und zart, außerdem noch<br />
etwas intensiver im Geschmack. Wichtig ist die Schnittführung quer zur<br />
Fleischfaser, die beim Tafelspitz etwas tricky ist. Die südamerikanische Bezeichnung<br />
für das „Bottom Steak“ lautet Picanha.<br />
Bottom Steak<br />
Cap of Ribeye. Dieses Teilstück ist nicht mit dem Ribeye Cap zu<br />
verwechseln, also dem Rieddeckel, der sich mit seinem grob- und langfaserigen<br />
Fleisch meist eher für Ragouts als für den Grillrost empfiehlt. Das<br />
Cap of Ribeye ist vielmehr einer der außen anliegenden Muskelstränge des<br />
Entrecotes, der besonders zart, marmoriert und saftig ist und daher von<br />
manchen Enthusiasten separat ausgelöst und zubereitet wird.<br />
Delmonico Steak. Das in den USA besonders populäre Delmonico<br />
Steak ist eigentlich ein Ribeye Steak, aber im Zuschnitt doppelt gemoppelt.<br />
Mit 6-8 Zentimetern Stärke ist es eindeutig kein Lady-Cut, sondern ein<br />
Zwei-Personen-Stück wie das Chateaubriand beim Filet.<br />
Cap of Ribeye<br />
Denver Cut. Dieses Steak aus dem Kruspelspitz ist einer der neuen<br />
Cuts und Fleischexperten aus Denver zu verdanken, die das Potential dieses<br />
beliebten Suppenfleisches zwischen Nacken und Schulter entdeckt haben.<br />
Der Sitz dieses Muskels genau unterhalb des Schulterblattknochens sorgt<br />
für geringere Belastung und damit zartere Fasern, dazu kommt ein hoher<br />
Anteil an intramuskulärem Fett.<br />
Flap Steak. Die Große Bavette – sozusagen die große Schwester des<br />
Flank Steak – heißt im BBQ-Jargon „Flap Meat“ oder auch „Bottom Sirloin<br />
Flap“ und liegt anatomisch zwischen Brisket und Flank. Das Teilstück ist<br />
etwas weicher als das Flank Steak, grobfaseriger und stärker marmoriert. Es<br />
ähnelt in Konsistenz und Geschmack dem fabelhaften Skirt Steak und ist<br />
ein toller Cut für Leute, die damit umgehen können. Soll heißen: kurz und<br />
heiß grillen, lange rasten lassen.<br />
Delmonico Steak<br />
Hanging Tender. Dieses beliebte Teilstück hat viele Namen:<br />
Herzzapfen, Nierenzapfen, Onglet – und eben auch Hanging Tender, was<br />
seine Eigenschaften recht gut beschreibt. Der Herzzapfen ist nicht Teil<br />
der Skelettmuskulatur, sondern als sogenannter Zwerchfellpfeiler Teil der<br />
Atemmuskulatur des Rindes – stützt also das Zwerchfell und ist eines<br />
Denver Cut<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 73
der wenigen Teilstücke, die nur einmal pro Rind vorkommen. Es ist ein x-<br />
förmiger, stark marmorierter Muskel, lediglich 2-3cm dick und mit langen,<br />
aber weichen Fasern. Die nicht essbare Sehne in der Mitte sollte vor der<br />
Zubereitung der Länge nach entfernt werden. Ideal eignet sich das Hanging<br />
Tender zum Grillen oder Kurzbraten, wobei wir als Gargrad „medium rare“<br />
empfehlen.<br />
Flap Meat<br />
Kalbi Ribs. Diese Short Ribs im Korea-Style werden in etwa 1-1,5<br />
Zentimeter dünne Streifen quer zu den Rippenknochen aus dem besten<br />
Teil der Rippenplatte – den Chuck Short Ribs – geschnitten bzw. gesägt.<br />
Resultat sind etwa 20 Zentimeter lange, gut marmorierte Fleischstreifen<br />
mit Knochenscheibchen, die beim schnellen Braten am Grill oder auf der<br />
Plancha sehr viel Aroma entwickeln.<br />
New York Strips. So nennt man die gut mit Fett durchzogenen,<br />
kleinen Fleischstücke, die der Metzger nach dem Auslösen der Beiried zwischen<br />
den einzelnen Rippenknochen herausschneidet. Dieses Fleisch ist<br />
besonders gut durchzogen und auch aufgrund der Knochennähe äußerst<br />
geschmackvoll. Nicht zu verwechseln mit den genannten New York Strips,<br />
ist ein NY Stripe nichts anderes als ein Striploin Steak von der Niederen<br />
Beiried.<br />
Hanging Tender<br />
Paleta. Ein sehr, sehr kleines, aber auch sehr, sehr delikates und überaus<br />
gut marmoriertes Teilstück von der Schulter, das vollkommen zurecht als<br />
„Butcher Secret Cut“ gehandelt wird. Es ist nämlich so geheim, dass es<br />
auch versierte Metzger oft gar nicht kennen und achtlos mit den angrenzenden<br />
flachsigen Fleischpartien zum Verarbeitungsfleisch geben.<br />
New York Stripes<br />
Round Steak. Als Round Steak werden im Amerikanischen eine Reihe<br />
von Cuts aus Hüfte und Keule bezeichnet. Das „Eye of Round Steak“ steht<br />
beispielsweise für das Weiße Scherzel, der „Eye Round Roast“ für das Tafelstück,<br />
„Top Round Steak“ ist die Bezeichnung für ein Steak aus der Oberschale,<br />
das gerne mariniert wird, um die Zartheit zu verbessern.<br />
Sierra Cut. Dieses relativ kleine Teilstück sitzt an der Schulter genau<br />
über dem Denver Cut, ist aber mit diesem Geheimtipp der Steak-Szene<br />
nicht vergleichbar. Es ist kräftig im Geschmack, aber grobfaserig und kernig<br />
im Biss und eignet sich nur bedingt zum Kurzbraten.<br />
Paleta<br />
Sirloin Tip Steaks. Beim Sirloin Tip Steak und dessen weiteren Zuschnitten<br />
handelt es sich um Steaks aus der Nuss. Die Bezeichnung Sirloin<br />
ist hier also ein wenig irreführend. Und um die Sache noch komplizierter zu<br />
machen, steht der Begriff „Tip Side Steak“ für Steaks aus der Flachen Nuss<br />
sowie „Tip Center Steak“ für Steaks aus der Runden Nuss. Will man diese<br />
Steaks zum Grillen oder Kurzbraten verwenden, empfiehlt es sich, nach gut<br />
gereiftem Fleisch von der Kalbin (Färse) Ausschau zu halten.<br />
Sierra Cut<br />
Skirt Steaks. Neuer Name, neue Zubereitung. Das Kronfleisch, auch<br />
Saumfleisch genannt, ist die Zwerchfellmuskulatur des Rindes und liegt wie<br />
ein Rock (daher der US-Name „Skirt Steak“) innenseitig im Brustkorb des<br />
Rindes. Es ist langfaserig und weich in der Konsistenz, galt früher als Siedefleisch<br />
zweiter Wahl bzw. sogar als Innerei und war ein typischer Bestandteil<br />
des preisgünstigen „Bruckfleisches“.<br />
Inzwischen aber ist das Skirt Steak in der Grillszene längst Kult, denn es ist<br />
einer der Cuts mit besonders intensivem Geschmack und angenehmem<br />
Biss. Doch der Kenner unterscheidet hier auch noch in „Inside Skirt“ und<br />
74 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
„Outside Skirt“ – je nach Lage. Das Outside Skirt verläuft diagonal von der<br />
Unterseite der 6. Rippe zum oberen Teil der 12. Rippe, das Inside Skirt weiter<br />
hinten im Brustraum und parallel zur Flanke.<br />
Im Aussehen ist das Outside Skirt Steak sowohl länger als auch breiter als<br />
das Inside Skirt und auch etwas dicker. Beide Skirt Steaks haben einen herzhaften<br />
Rindfleischgeschmack und sind sehr gut marmoriert, das Outside<br />
Skirt wird aber noch etwas höher eingeschätzt.<br />
Beide Cuts eignen sich hervorragend zum Kurzbraten oder direkten, heißen<br />
Grillen und sollten maximal „medium“ gegart werden. Dann wird das Skirt<br />
in Segmente geteilt, um es quer zu den langen Fasern in Tranchen schneiden<br />
zu können.<br />
Sirloin Tip Steak<br />
Tira de Ancho. Dieser Cut ist eigentlich nichts anderes als die Dekonstruktion<br />
eines extra dicken Ribeye Steaks zu einem extra langen Streifen,<br />
der im Churrasco-Style über Holzkohle gegrillt wird. Irgendwie fast<br />
schade um das Steak, aber irgendwie auch sehr interessant. Und auf jeden<br />
Fall schmackhaft.<br />
Top Blade Steak. Schneidet man ein Schulterscherzel nicht der<br />
Länge nach entlang der Sehne in zwei „Flat Iron Steaks“, sondern quer zur<br />
Faserung in dicke Steaks mit markanter Sehne in der Mitte, spricht man<br />
von einem „Top Blade Steak“.<br />
(Outside) Skirt Steak<br />
Vegas Strip Steak. Das Vegas Strip Steak stammt wie Teres Major,<br />
Flat Iron Steak und der Denver Cut ebenfalls aus der Rinderschulter, ist kulinarisch<br />
jedoch nicht ganz auf Augenhöhe. Trotzdem ist es ein kleines, aber<br />
feines und gut marmoriertes Teilstück, das gerne mariniert wird, bevor es<br />
auf dem Grill landet.<br />
Vein End Steak. Dieses Steak stammt aus dem gleichen Teilstück<br />
wie das Striploin Steak, also der Beireid, jedoch von deren Hüftende, wo<br />
eine Vene verläuft. Aufgrund dieser Lage hat es Einschlüsse von zähem<br />
Bindegewebe, das beim Braten nicht zerfällt. Manchmal kann das ein erheblicher<br />
Teil des Steaks sein, meist betrifft es jedoch nur etwa ein Drittel.<br />
Geschmacklich ist dieser Teil der Beiried besonders intensiv. Und bei einem<br />
echten Porterhouse Steak findet sich das „Vein end“ immer im Beiriedanteil,<br />
sonst ist es eigentlich schon ein T-Bone Steak.<br />
Tira de Ancho<br />
Selbst ist der Butcher<br />
Basisausstattung für die Feinzerlegung ist ein gutes Fleischmesser<br />
– oft auch als Schinkenmesser oder Tranchiermesser deklariert<br />
– mit einer Klingenlänge von 21 Zentimetern aufwärts.<br />
Damit können auch der „Butterfly-Schnitt“ und das Schneiden<br />
gleichmäßiger, dünner Schnitzel sauber durchgeführt werden.<br />
Klassische, große Kochmesser sind natürlich auch o.k., ihr<br />
starker Rücken und die breite Klinge sind beim Schnitt durch<br />
rohes Fleisch aber bei weitem nicht so gut zu führen wie ein<br />
schlankes Fleischmesser.<br />
Sehr empfehlenswert sind auch ein kleines Spickmesser für die<br />
Feinarbeiten, ein Santokumesser mit Kullenschliff als Multitalent<br />
und eventuell ein flexibles Filiermesser zum Entvliesen. Und<br />
sollten Sie zu jenen KöchInnen gehören, die ihren „Englischen“<br />
gerne selbst zerlegen, brauchen Sie selbstverständlich noch ein<br />
großes Metzgermesser, ein Hackbeil, eine Knochensäge und ein<br />
Ausbeinmesser.<br />
Top Blade Steak<br />
Vein End Steak<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 75
eef darlings<br />
76 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
JoHanns <strong>Beef</strong> Darling<br />
Das Schulterfilet<br />
Teres Major, Flaches Filet, Metzgerstück,<br />
Petite Tender, Schulterrolle<br />
Das Fleisch dieses „faulen“ Muskels ist relativ<br />
fein in der Faser und zart im Biss. Es<br />
war daher früher als sogenanntes „Metzgerstück“<br />
ein Geheimtipp für Kenner, das sich<br />
der Fleischer auch ganz gerne als Bezahlung<br />
fürs Schlachten selbst behalten hat. Und auch der gelernte<br />
Fleischer Hans Stabauer weiß diesen Geheimtipp besonders<br />
zu schätzen – und natürlich auch richtig zuzubereiten.<br />
Was schon bei der Reifung beginnt – denn drei Wochen<br />
sind da nicht zu viel. Egal ob Trocken- oder Nassreife.<br />
Anatomie und Eigenschaften. Das Schulterfilet,<br />
auch Teres Major oder Flaches Filet, ist ein Muskel aus<br />
dem hinteren Teil der Schulter und sitzt auf der Innenseite<br />
des Schulterblattes neben dem Kavalierspitz. Es ist<br />
von der Konsistenz etwa mit dem zarten Zapfen aus der<br />
Hüfte vergleichbar, aber vielleicht sogar noch einen Tick<br />
weicher. Bei Zugochsen hingegen war das Teilstück früher<br />
deutlich fester in der Textur, da der Muskel beim Pflügen<br />
stark beansprucht wurde.<br />
Von den Bindehäuten befreit und gut zugeputzt, sieht das<br />
Schulterfilet fast aus wie ein Mini-Lungenbraten und ist<br />
ideal geeignet, um daraus kleine Steaks zu schneiden –<br />
wird aber auch besonders gerne im Ganzen zubereitet.<br />
Und auch als Carpaccio oder im Fondue macht das Schulterfilet<br />
eine sehr gute Figur.<br />
Teilstückgewicht im Ø<br />
Jungstier: ca. 0,5 kg<br />
Kalbin: ca. 0,4 kg<br />
Johann Stabauer<br />
Er ist Fleischexperte, Ausbildner und gerichtlich beeideter Sachverständiger<br />
in Sachen Metzgerei. Hans Stabauer ist aber auch Urgestein und nimmermüder Doyen der österreichischen Grillszene, die<br />
er und seine Mitstreiter aus Salzburg mit der Gründung der ABA (Austrian Barbecue Association) 1996 erst auf Schiene<br />
brachte. Dem folgte tätige Hilfe bei der Gründung des AMA Grillclubs und bei den ersten Schritten des neuen Magazins<br />
GRILLZEIT vor nunmehr fast 18 Jahren. Unzählige Grilleinsätze bei Meisterschaften, Verkostungen und Events sowie seine<br />
Tätigkeit als Coach der AMA Grillschulen und Prüfer bei dem Profi-Kursus „Fleischsommelier“ halten den Salzburger sichtlich<br />
fit und in der Branche stets auf dem Stand der Dinge, die er mit großem Interesse verfolgt. Bei seinen persönlichen<br />
Grill-Vorlieben haben es ihm besonders die sogenannten „Second Cuts“ und die Verwertung der Tiere „von Kopf bis Fuß“<br />
angetan, für die er in seinen Kursen immer sehr kompetent eine Lanze bricht. Kontakt: bbs1@sbg.at<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 77
eef darlings<br />
Schulterfilet<br />
mit Roquefortbutter<br />
Zur Vorbereitung wird das<br />
Schulterfilet gut zugeputzt und<br />
gesalzen, dann rastet es erst einmal<br />
mindestens ein Stunde bei<br />
Zimmertemperatur. Legt man es<br />
nämlich zu kalt auf den heißen<br />
Rost, wird die Garstufe im Inneren<br />
wenig gleichmäßig.<br />
Zutaten für 2-3 Portionen<br />
1 Schulterfilet, ca. 500g<br />
1 TL feines Salz<br />
Salzflocken<br />
schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen<br />
Vor- und Zubereitung<br />
Das ganze Filet sollte dann am Grill oder in der Pfanne bei kräftiger Hitze von allen Seiten scharf angebraten werden,<br />
um die Fleischoberfläche zu schließen und Röstaromen zu generieren. Danach wird es – im geschlossenen Grill<br />
oder im Ofen – bei indirekter, sehr mäßiger Hitze von ca. 80-120°C langsam bis zum gewünscht Garpunkt fertiggegart,<br />
den man am besten mit einem Stichthermometer feststellt.<br />
Bei einzelnen Steaks genügt aber oft sogar eine ausgedehnte Rastphase nach dem Grillen, denn die ideale Garstufe<br />
ist hier „medium rare“, also eine finale Kerntemperatur von ca. 53°C, während man für das Teres Major im Ganzen<br />
eher 56°C anpeilen sollte. Wird das Fleisch jedoch übergart („well done“ ist schon zu viel des Guten), verliert es sehr<br />
an Geschmack.<br />
Ohne Rastphase wird das Fleisch nach Erreichen des gewünschten Garpunktes sofort und heiß in schräge Tranchen<br />
aufgeschnitten, um die Schnittfläche zu vergrößern. Noch ein paar knusprige Flocken Salz und frisch gemahlener<br />
Pfeffer drauf, das reicht als zusätzliche Würze vollauf. Denn das aromatische Fleisch hat selbst sehr viel Charakter,<br />
den man nicht überdecken sollte.<br />
Als Beilagen passt natürlich alles, was ein gutes Steak an Gesellschaft verträgt. Aber da das Fleischaroma des Teres<br />
Major wie schon gesagt recht kräftig ist, dürfen auch geschmacksintensive Gemüse und Aromaten mit auf den Teller.<br />
In unserem Fall sind das Frühlingszwiebeln, Braterdäpfel und eine Roquefortbutter.<br />
78 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
eef darlings<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 79
Burger Meister<br />
Nur frisch Faschiertes hat die genau<br />
richtige Konsistenz für unser Projekt,<br />
die gewünschte Körnigkeit und Zusammensetzung<br />
sowie die ideale Fettstufe.<br />
Und wenn man selbst faschiert, weiß<br />
man wirklich ganz genau, was ins<br />
Patty kommt.<br />
Natürlich können wir Faschiertes auch im Supermarkt<br />
tagesfrisch und in guter Qualität bekommen.<br />
Immerhin unterliegt es dort strengen<br />
Bestimmungen und Kontrollen. Aber wenn man<br />
sich Teilstücke, Qualitäten und Herkünfte des<br />
Rindfleisches für Tatar, Burger und Kebabs selbst aussuchen<br />
kann, ist das optimal. Ganz abgesehen von dem passenden<br />
Feinheitsgrad des Faschierten, der ein entscheidender Faktor<br />
ist.<br />
Nicht zuletzt ist auch die Frische ein unschlagbares Argument<br />
für den eigenen Wolf. Denn durch die vergrößerte<br />
Oberfläche des zerkleinerten Fleisches ist dieses nicht nur<br />
besonders anfällig für Bakterien, sondern auch für Oxidationsprozesse<br />
und geschmackliche Veränderungen. Diese<br />
gehen bei Faschiertem um ein Zigfaches schneller vor sich<br />
als bei Frischfleisch.<br />
Selbst ist der Wolf. Seit Generationen basiert der<br />
Fleischwolf im Prinzip auf einer per Handkurbel oder Elektromotor<br />
angetriebenen Förderschnecke in waagrechter<br />
Lage samt einem daran montierten, mehrflügeligen Messer<br />
und der feststehenden Lochscheibe, welche die Feinheit des<br />
Faschierten definiert. Eingefüllt wird das Fleisch mittels eines<br />
Stopfers durch einen senkrechten Einfüllstutzen.<br />
Professionelle Geräte haben auch noch einen Vorschneider<br />
und vielleicht sogar zwei Klingensätze und sind mit den un-<br />
80 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
terschiedlichsten Faschierscheiben-Durchmessern erhältlich.<br />
Im Haushaltsbereich sind die Größen 5, 8 oder 10 die Norm,<br />
allerdings informiert uns dieser Wert nicht über die Größe<br />
der Löcher in der Scheibe, die praktischerweise gesondert in<br />
Millimetern angegeben wird. Im Haushalt sind Lochdurchmesser<br />
von 2 bis 15 mm die gebräuchlichsten Größen.<br />
Wahlqual. Will man sich einen elektrisch betriebenen<br />
Fleischwolf anschaffen, hat man mehrere Optionen. Beispielsweise<br />
jene, den entsprechenden Vorsatz zu einer vorhandenen<br />
Küchenmaschine zu erwerben. Das ist oft auch<br />
qualitativ nicht die schlechteste Lösung, denn der Motor<br />
einer starken Küchenmaschine läuft meist leiser und kraftvoller<br />
als die Antriebe vieler einfacher Fleischwolf-Modelle.<br />
Entscheidet man sich aber für einen Solo-Wolf, empfiehlt<br />
sich unbedingt die Wahl eines möglichst starken Gerätes und<br />
im Idealfall sogar eine Hörprobe im Geschäft. Denn selbst<br />
Markengeräte entwickeln durch Überforderung mitunter<br />
einen sehr unangenehmen Geräuschpegel – ganz abgesehen<br />
von der dann meist mangelnden Kraft. Die Wattzahl sagt da<br />
leider nicht viel aus. Denn während ein normaler Elektromotor<br />
mit 2.000 Watt jenem mit 1.600 Watt weit überlegen<br />
sein wird, sind die standfesten und leisen Induktionsmotoren<br />
aus dem Gewerbebereich oft mit 350 Watt in Sachen Power<br />
mindestens gleichauf. Und zu guter Letzt gibt es natürlich<br />
auch die Möglichkeit des manuellen Wolfens, das für seltene<br />
Gelegenheiten und kleine Mengen durchaus Sinn macht.<br />
Kurbelwölfe sind unschlagbar leise, sehr platzsparend und<br />
gut für den Bizeps.<br />
Die Nummer machts. Kauft man fertig Faschiertes<br />
im Geschäft, wird man dort am ehesten mit der 3er- oder<br />
4er-Scheibe Gewolftem begegnen. Zuhause wird man aber<br />
öfter auf andere Kaliber zurückgreifen, die für spezielle Anlässe<br />
besser geeignet sind. Wer die Patties seiner Edelburger<br />
beispielsweise aus zartem, sehnenfreiem Rindfleisch formt,<br />
wird besser zu einer groben Scheibe greifen, um Biss und Geschmack<br />
des Fleisches bestmöglich zu erhalten. Hier ist eine<br />
8er-Scheibe gar nicht falsch.<br />
Auch für ein Sugo Bolognese oder Chili con Carne ist die 6eroder<br />
sogar 8er-Scheibe besser geeignet als die Nr. 5. Dann<br />
bleibt nämlich die Stückigkeit des Fleisches bei längeren<br />
Schmorvorgängen noch erhalten. Für feine Scheiben (Größe<br />
3 und weniger) empfiehlt es sich, das Fleisch leicht vorzufrieren,<br />
dann tut sich das Messer des Gerätes wesentlich leichter<br />
und das Bindegewebe wird gut mitgeschnitten.<br />
Kebabs hingegen werden von Kennern gerne mit der 3er-<br />
Scheibe gewolft, also eher mittelfein. Das gilt auch für<br />
Cevapcici. Haben Sie keine feinen Scheiben, können Sie das<br />
Fleisch auch zweimal faschieren – das hat einen ähnlichen<br />
Effekt.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 81
Von Maul<br />
bis Schlepp<br />
Zunge<br />
Netzmagen<br />
Fleischverwertung „von Kopf bis Fuß“ ist die Devise von Topgastronomen<br />
und Gourmets. Im Vordergrund stehen dabei kulinarische<br />
Tugenden der Innereien, ihre unverwechselbaren Charaktere und<br />
nicht der oft verblüffend günstige Einkaufspreis. Der ist für Kenner<br />
kaum ein Motiv, stört jedoch auch nicht.<br />
Aber immer mehr Konsumenten überlassen die aufwendige Zubereitung von<br />
Leberknödeln, Milzstrudel & Co. lieber den Profis, viele Innereien sucht man<br />
daher in den Fleischtheken des Lebensmittelhandels inzwischen vergeblich.<br />
Auf Bestellung aber ist beim Fleischer und in Supermärkten mit Fachpersonal<br />
in Wahrheit auch heute noch vieles erhältlich – die Optionen dafür von A-Z:<br />
Beuschel. Als „Beuschel“ bezeichnet der Ostösterreicher ganz im Allgemeinen<br />
die Innereien, im Besonderen aber ein Eintopfgericht aus Lunge,<br />
Herz und Milz, manchmal aber auch Nieren und Zunge. Wichtig ist dabei<br />
auch immer eine säuerliche Komponente wie Essig oder Zitronensaft, seinen<br />
speziellen Reiz erhält das Gericht durch die Vielfalt an Fleischaromen und<br />
-texturen.<br />
Pansen<br />
Bries. Die im Brustbereich sitzende Thymusdrüse ist ausschließlich für das<br />
Wachstum des Rindes verantwortlich und hat sich daher bei erwachsenen<br />
Tieren zurückgebildet. Also ist das Bries eigentlich nur eine Innerei vom Kalb<br />
und eher der Vollständigkeit halber auf dieser Liste. Weil es so delikat ist,<br />
sollte es aber auf keiner Innereien-Speisekarte fehlen.<br />
Flotzmaul. Die feuchte Nase des Rindes, in Ostösterreich einst auch<br />
gerne „Bibergoschen“ genannt, ist der Rohstoff für den früher überaus beliebten<br />
Ochsenmaulsalat.<br />
Herz<br />
Herz. Das Rindsherz ist ein feinfasriger Muskel und hat sogar Steakqualität,<br />
wenn es nur kurz genug gegart wird. Jenseits der Garstufe medium rare wird<br />
das Fleisch jedoch fester und erst wieder durch einen langen Kochvorgang<br />
weich. Was aber auch sehr viel Sinn macht, denn das magere Muskelfleisch<br />
des Herzens ergibt hervorragende Ragouts und ist wichtiger Bestandteil des<br />
Beuschels.<br />
Kutteln. Oft auch „Fleck“ oder „Kaldaunen“ genannt, sind Kutteln nichts<br />
anderes als die Innenseite der Rindermägen, also des Netzmagens, Labmagens,<br />
Blättermagens und des Vormagens (Pansen). Letzteren findet man in<br />
unseren Breiten besonders häufig am Teller, in englischsprachigen Ländern<br />
wird bevorzugt der Netzmagen verwendet, in den Mittelmeerländern werden<br />
alle Versionen angeboten – oft namentlich differenziert.<br />
Milz<br />
Leber. Die Rindsleber ist naturgemäß gröber in der Struktur als Kalbsleber,<br />
was sie fürs Backen tatsächlich disqualifiziert. Geröstet jedoch und auch gebraten<br />
ist die kräftig schmeckende Rindsleber ein hervorragender Rohstoff,<br />
der lediglich beherzte Würze braucht. Und für Leberknödel, -pofesen und<br />
-aufstriche ist die Leber vom Rind auch immer eine gute Wahl.<br />
82 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Markknochen. Die Röhrenknochen des Rindes enthalten ein sehr helles<br />
(weil fettes) aromatisches Mark, das für die Suppe eigentlich fast zu schade<br />
ist. Besser ist es, aus dem blanchierten Knochenmark Scheiben zu schneiden,<br />
die wie Kräuterbutter auf ein Steak gelegt werden können oder als Aromaspender<br />
für Gerichte wie Burger, Sauce bordelaise, Risotto alla milanese oder<br />
Markknödel dienen.<br />
Maske und Kopffleisch. Als „Maske“ wird das Fleisch vom Gesichtsschädel<br />
des Rindes bezeichnet, das ähnlich wie das Ochsenmaul vor der Weiterverarbeitung<br />
meist gepökelt und weich gekocht wird. Dabei werden auch<br />
die vielen Knorpel der Maske weich und gallertig. Oft wird aber auch nur das<br />
Kopffleisch ausgelöst.<br />
Leber<br />
Milz. Die Rindermilz besteht aus einem weichen, dunkelroten Gewebe mit<br />
einer hellen Haut auf Ober- und Unterseite. Diese Haut wird vor der Zubereitung<br />
immer entfernt, verarbeitet man die Milz zu einer Masse (etwa für<br />
Knödel, Schöberl oder Würste) ist es am zweckmäßigsten, sie mit einem<br />
großen Messer von der Haut zu schaben.<br />
Nieren. Rindernieren haben nicht die typische Nierenform, wie etwa<br />
Schweine- oder Lammnieren, sondern bestehen aus vielen einzelnen, miteinander<br />
verbundenen, nussgroßen Segmenten. Sie sind aufgrund ihrer<br />
groberen Fleischstruktur und ihres intensiven Geschmacks auch weniger für<br />
Ragouts und zum Grillen geeignet, sondern vielmehr eine beliebte Zutat für<br />
Würste und Pasteten. Immer aber müssen sie vor der Verarbeitung gründlich<br />
gewässert werden.<br />
Das Fettgewebe, das die Nieren schützend umgibt, spielt bei der Herstellung<br />
von klassischen Mürbe- und Pastetenteigen eine Rolle, in Belgien werden<br />
Pommes frites traditionell in Rindernierenfett frittiert.<br />
Lunge<br />
Rinderbacken. Das Backenfleisch des Rindes hat eine dunkelrote Farbe,<br />
feine Fleischfasern, intensives Aroma und eine gute Marmorierung, aber auch<br />
einen relativ hohen Bindegewebsanteil. Die Summe dieser Eigenschaften<br />
macht die Rinderbacke zu einem idealen, überaus delikaten Kandidaten für<br />
den Schmortopf.<br />
Schlepp. Unabhängig von Geschlecht und Alter wird der Schlepp des<br />
Rindes gerne als „Ochsenschwanz“ bezeichnet. Er besteht aus den Schwanzwirbelknochen<br />
mit anliegender Muskulatur und zeichnet sich durch ein sehr<br />
kräftiges Fleischaroma aus, das gerne für klassische Suppen und Schmorgerichte<br />
genutzt wird.<br />
Stierhoden. Auf Speisekarten oft verschämt als „Weiße Nieren“ oder<br />
„Prairie Oysters“ bezeichnet, sind die Stier-Testikel nur mehr selten zu finden<br />
– meist nur auf Bestellung. Da die meisten Rinder im Frühjahr kastriert<br />
wurden, hat sich zu dieser Jahreszeit in bestimmten Regionen eine gewisse<br />
Stierhoden-Tradition entwickelt.<br />
Zubereitet werden sie meistens gegrillt oder gebacken, sollten davor allerdings<br />
mit etwas Essig und Salz blanchiert werden, um den Saftverlust in der<br />
Pfanne hintanzuhalten.<br />
Niere<br />
Markknochen<br />
Zunge. Die Rinderzunge ist ja eigentlich ein Muskel, zählt aber dennoch<br />
zu den Innereien, ihr Gewicht beträgt bei erwachsenen Tieren bis zu zwei<br />
Kilogramm. Im rohen Zustand ist ihr Fleisch zartrosa und sehr feinporig, wird<br />
zur Zungenwurzel hin aber grobfaseriger.<br />
Man erhält sie entweder frisch oder gepökelt und geräuchert, manchmal<br />
auch schon vorgekocht. Will man das selber übernehmen, sollte man mindestens<br />
drei Stunden Garzeit einplanen. Dem folgt ein Bad im Eiswasser und<br />
die gründliche Häutung der Zunge. Danach aber ist ihr Fleisch ungemein zart<br />
und aromatisch.<br />
Schlepp<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 83
Die drei großen<br />
Garmethode . Gartemperatur . Garpunkt<br />
G<br />
Die Wahl der richtigen Garmethode, der richtigen<br />
Gartemperatur und des richtigen Garpunktes ist<br />
für das Gelingen eines Rindfleischgerichtes fast<br />
ebenso wichtig wie die des richtigen Rohstoffes.<br />
Denn ein und dasselbe Stück Fleisch kann gegrillt<br />
völlig anders schmecken als frittiert oder gar geräuchert. Das<br />
liegt an den Röststoffen, die entstehen oder auch ausbleiben<br />
können, aber auch an den unterschiedlichen Wegen der<br />
Denaturierung der Eiweiße, die für Textur und Geschmack<br />
ausschlaggebend sind. Und nicht zuletzt ist der Abbau des<br />
Kollagens ebenfalls ein sensorisch sehr relevantes Thema, das<br />
primär von der Temperaturführung im Garprozess abhängt.<br />
Öfen lügen, Thermometer selten. Schon bei nagelneuen<br />
Backöfen klaffen die eingestellte bzw. angezeigte und<br />
die tatsächliche Temperatur im Garraum oft weit auseinander.<br />
25 Grad Abweichung in die eine oder andere Richtung<br />
sind gar keine Seltenheit – und zwar bereits in mittleren Temperaturbereichen.<br />
Kaufen Sie sich also unbedingt ein Ofenthermometer,<br />
Ihr Grill besitzt ja wahrscheinlich ohnehin ein<br />
Deckelthermometer, auf das Sie sich verlassen können.<br />
Und verwenden Sie ein Stichthermometer zur Beurteilung des<br />
Gargrades – das wird Ihre Erfolgsquote dramatisch verbessern.<br />
Denn mit der Kerntemperatur des Fleisches steht und fällt das<br />
Thema Garpunkt.<br />
Wichtig ist übrigens auch die Ausgangstemperatur des Fleisches.<br />
Sie beeinflusst nicht nur die Garzeit, sondern auch die<br />
Beschaffenheit des fertigen Steaks. Wenn Sie beispielsweise<br />
ein dickes Porterhouse Steak von rund einem Kilogramm direkt<br />
vom Kühlschrank auf den Grill befördern, wird es dort fast<br />
doppelt so lange brauchen, um die gewünschte Kerntemperatur<br />
von knapp 50°C zu erreichen, als das gleiche Steak, das<br />
vorher ein paar Stunden auf Zimmertemperatur „chambriert“<br />
wurde.<br />
Garstufen und Kerntemperaturen<br />
blue rare<br />
bleu<br />
rare<br />
saignant<br />
medium rare<br />
anglais<br />
medium<br />
à point<br />
medium well<br />
demi-anglais<br />
well done<br />
bien cuit<br />
Kerntemperatur in °C<br />
Garstufe vor dem Rasten* nach dem Rasten*<br />
44 ° - 46 °<br />
47 ° - 50 °<br />
51 ° - 55 °<br />
56 ° - 58 °<br />
59 ° - 63 °<br />
ab 64 °<br />
46 ° - 48 °<br />
49 ° - 52 °<br />
53 ° - 57 °<br />
58 ° - 60 °<br />
61 ° - 65 °<br />
ab 66 °<br />
Fleischfarbe<br />
und Beschreibung<br />
lauwarmer, roher Kern,<br />
roter Saft<br />
warmer, roter Kern, roter<br />
Saft<br />
hellroter, weicher Kern,<br />
rosa Saft<br />
rosa, mittelweicher Kern,<br />
rosa Saft<br />
rosa-grauer, fester Kern,<br />
klarer Saft<br />
grau und relativ fest, klarer<br />
Saft<br />
*Die Rastphase ist notwendig, damit sich die Fleischfasern entspannen können und die Saftigkeit<br />
des Steaks gewährleistet wird. Ihre Dauer hängt von Garzeit und Gartemperatur ab,<br />
beträgt aber in der Regel mindestens fünf Minuten.<br />
84 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Das Steak 1x1<br />
Die perfekte Zubereitung eines Steaks ist eigentlich<br />
simpel, wenn man sie in zwei Phasen zerlegt:<br />
Die heiße Phase für die Markierung und die Röststoffe<br />
sowie eine Niedertemperaturphase für den optimalen<br />
Gargrad. Je nach Reihenfolge spricht man hier<br />
vom Vorwärts- und vom Rückwärtsgaren.<br />
Mindestens 3 bis 3,5<br />
cm stark muss ein<br />
echtes Steak schon<br />
sein, beim Filet oder<br />
bei Knochensteaks<br />
gerne noch dicker. Zur Vorbereitung<br />
sollten Steaks vor dem Braten oder<br />
Grillen immer auf Raumtemperatur<br />
gebracht werden, um ein gleichmäßiges<br />
Garergebnis zu erzielen. Und<br />
salzen Sie Ihr Steak eine Stunde vor<br />
dem Grillen oder Braten. Entgegen<br />
oft anders lautenden Empfehlungen<br />
hat genau das einen positiven Einfluss<br />
auf die Safthaltigkeit des Fleisches.<br />
Vorwärtsgaren: Zuerst wird das<br />
Fleisch bei starker Hitze auf der Platte<br />
oder am Grill auf beiden Seiten rasch<br />
knusprig braun gebraten, dann geht<br />
es in einen Grill oder Ofen. Fertiggegart<br />
wird das Steak dort bei mäßiger<br />
Hitze (maximal 120°C) bis zum<br />
gewünschten Garpunkt. Die anschließende<br />
Rastphase kann dann relativ<br />
kurz ausfallen, da das Fleisch ohnehin<br />
schon recht entspannt aus dem Ofen<br />
kommt.<br />
Rückwärtsgaren: Hier wird das<br />
Fleisch auf die gewünschte Kerntemperatur<br />
gebracht (ein paar Grad Luft<br />
nach oben lassen!) und dann erst am<br />
Rost oder auf der Plancha heiß zur<br />
Bräunung gebracht.<br />
In diesem Fall sollte die anschließende<br />
Rastphase etwas länger ausfallen,<br />
da die Fleischfasern durch den<br />
Hitzestoß kontrahiert sind und Zeit<br />
zur Beruhigung brauchen.<br />
Grillen von Steaks am Knochen.<br />
Anfangs startet die Zubereitung<br />
eines dicken Steaks am Knochen<br />
aufrecht, damit die Hitze durch<br />
Der Nachgareffekt<br />
den Knochen als Wärmeleiter gut in das<br />
Fleisch daran eindringen kann. Der Knochen<br />
wird dabei zwar gerne schwarz, dafür<br />
wandert bei dieser Technik aber auch viel<br />
Geschmack mit in das Steak.<br />
Beim T-Bone und Porterhouse Steak ist<br />
leider Fakt, dass der Filetanteil eigentlich<br />
eine deutlich kürzere Garzeit hat als der<br />
Lendenmuskel (Beiried). Abhilfe schafft<br />
hier, das empfindliche Filet am Grill mit<br />
einer dicken, rohen Kartoffelscheibe als<br />
Isolation vor der Übergarung zu schützen.<br />
Ruhe bitte! Das fertige Steak sollte<br />
unbedingt noch ein paar Minuten rasten,<br />
damit sich die durch die Hitze kontrahierten<br />
Fleischfasern wieder entspannen<br />
können und das Fleisch beim Anschnitt<br />
den Saft behält.<br />
Während dieser Rastphase steigt die Kerntemperatur<br />
noch um 2-3 Grad – das sollte<br />
man bei der Wahl des Gargrades bereits<br />
im Vorhinein berücksichtigen. Die ideale<br />
Umgebungstemperatur in der Rastphase<br />
sollte womöglich zwischen 30 und 50°C<br />
liegen. Besonders gut eignet sich dafür<br />
beispielsweise eine Thermobox oder ein<br />
am Grill vorgewärmtes Holzbrett. Damit<br />
erübrigt sich auch das übliche Einwickeln<br />
in Alufolie – denn derlei bringt das Steak<br />
nur zum Schwitzen und weicht die Kruste<br />
auf.<br />
Lässt man ein dickes Steak oder einen Braten nach dem Garen wie<br />
empfohlen ruhen, gart das Innere noch gehörig nach. Denn die Konduktionsgesetze<br />
sorgen dafür, dass sich Wärme in Lebensmitteln immer<br />
von heißen zu weniger heißen Stellen verteilt. Wenn also ein Temperaturgefälle<br />
besteht, dringt die Wärme von der Oberfläche ins Innere,<br />
obwohl die Wärmezufuhr längst gestoppt wurde. So gleichen sich Kernund<br />
Oberflächentemperatur nach und nach an. Dieser abklingende<br />
Wärmetransfer reicht aus, um die Kerntemperatur eines großen Bratens<br />
noch einmal um bis zu 6°C ansteigen zu lassen – bei einem Steak sind<br />
das immerhin noch gute 3°C.<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 85
Große<br />
Braten<br />
Dieses auch gartechnisch sehr umfassende<br />
Thema reicht vom Roastbeef bis<br />
zum Tri Tip Steak, vom Spieß- bis zum<br />
Schmorbraten. Und die Teilstücke, die<br />
für einen guten Rindsbraten in Frage<br />
kommen, sind ebenso zahlreich wie die<br />
Rezepte dazu. Dennoch gibt es ein paar<br />
Grundregeln.<br />
Die Spanne der Gartemperaturen für einen klassischen<br />
Rindsbraten vom Grill ist mit 160 bis<br />
225°C vergleichsweise groß. Darunter gehts in<br />
den Niedertemperaturbereich bzw. ins BBQ, darüber<br />
ins Power-Grillen. Je größer der Braten ist,<br />
desto größer ist während des Garprozesses auch die Differenz<br />
von der Oberflächen- zur Kerntemperatur. Deswegen sollten<br />
große Fleischstücke immer langsamer und behutsamer gebraten<br />
werden als kleine, da sie sonst außen schon grau und trocken<br />
werden, im Kern aber immer noch nahezu roh sind. Ganz<br />
besonders gilt das für magere Teilstücke ohne nennenswerten<br />
Bindegewebsanteil, die ohnehin niemals ganz durchgebraten<br />
werden, sondern möglichst immer einen rosa Kern behalten<br />
sollten.<br />
Fett hilft. Eine ausgeprägte intramuskuläre Fettmarmorierung<br />
ist ja ohnehin fast eine Gelinggarantie in der Grillküche<br />
– das gilt für große Braten mindestens so sehr wie für Steaks.<br />
Aber auch intermuskuläres Fett – also die dicken Fettadern<br />
zwischen den Muskelpartien – spendet dem Fleisch beim<br />
Garen im Ofen oder Grill Saft und Aroma. Und dort, wo dies<br />
natürlicherweise nicht vorhanden ist, hilft eine Infusion mit<br />
flüssiger Butter. Derart wurde schon so manche Weltmeister-<br />
Brisket fit gespritzt. Und auch das Auflagenfett sollte vor dem<br />
Braten oder Grillen möglichst nicht entfernt werden, sondern<br />
frühestens auf dem Tranchierbrett.<br />
Low & Slow. Ein weiterer hervorragender Helfer ist zumindest<br />
beim BBQ auch das Bindegewebe, so reichlich vorhanden.<br />
Denn während dieses kurz gebraten für Zähigkeit sorgt, passiert<br />
beim langsamen, sachten Garen gerade das Gegenteil:<br />
Das Kollagen verwandelt sich in saftige, hocharomatische Gelatine<br />
– das Elixier jeden gelungenen Bratenjus – und hält das<br />
Fleisch von innen her saftig und aromatisch, obwohl es letztendlich<br />
eine sehr hohe Kerntemperatur (von manchmal über<br />
90°C) erreicht, bei der ein Filet geschmacklich längst mausetot<br />
wäre. Am allerbesten sind für diese Niedertemperatur-<br />
Garmethoden wie Langzeitbraten, Warmräuchern (BBQ) und<br />
Schmoren natürlich Teilstücke geeignet, die sowohl reichlich<br />
Fett als auch Kollagen mit an Bord haben. Deswegen sind<br />
BBQ-Experten auch immer auf der Suche nach den am besten<br />
marmorierten „Second Cuts“.<br />
Wichtig ist bei diesen Gartechniken jedenfalls, dass der Kollagenabbau<br />
voll einsetzt, die Eiweißdenaturierung des Fleisches<br />
jedoch noch relativ langsam abläuft. Ideal ist für einen Rindsbraten<br />
daher der Bereich von 70 bis 120°C, wobei diese Gartemperaturen<br />
natürlich sehr lange Garzeiten mit sich bringen.<br />
Beim Schmoren im geschlossenen Bräter kommt die Gartemperatur<br />
schon aus physikalischen Gründen ohnehin nicht über<br />
den Siedepunkt hinaus.<br />
Selbstbräuner. Bei niedrigen Gartemperaturen verläuft<br />
allerdings auch jene Maillard-Reaktion recht schleppend, die<br />
für eine schöne Färbung, knusprige Krusten und die schmackhaften<br />
Röststoffe verantwortlich ist. Hier hilft nur Geduld,<br />
denn sogar bei 70°C stellt sich nach ein paar Stunden am Rost<br />
eine gesunde Bräune ein. Erliegen Sie aber besser nicht der<br />
Versuchung, einem zu wenig gebräunten Braten am Schluss<br />
noch einmal richtig Gas zu geben. Das wird besonders die mageren<br />
Fleischteile eher austrocknen und funktioniert nur bei<br />
fetterem Fleisch, das aber ohnehin meist bei höheren Temperaturen<br />
gegart wird.<br />
Nehmen Sie den Braten also lieber ganz aus dem Ofen, lassen<br />
Sie ihn mindestens eine halbe (oder auch ganze) Stunde<br />
ruhen, bis die Kerntemperatur wieder auf 50-55°C gesunken<br />
ist, und schieben Sie ihn dann wieder für 10-15 Minuten in<br />
den inzwischen auf 260°C hochgeheizten Grill oder Ofen.<br />
Solcherart wird der Braten knusprig finalisiert und auch die<br />
anschließende Ruhephase minimiert. Denn die muss sein, weil<br />
auch für den Rindsbraten gilt: In der Ruhe liegt der Saft. Wird<br />
er zu früh angeschnitten, läuft er unweigerlich aus.<br />
86 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
KEINE ZUSÄTZE<br />
100%<br />
O% FÜLLSTOFFE<br />
HÖCHSTER QUALITÄTSSTANDARD /<br />
AUS NACHHALTIGER WALDWIRTSCHAFT<br />
Geschmack<br />
GUT DUFTENDES MISCHHOLZ<br />
• GERINGER VERBRAUCH, SEHR ERGIEBIG<br />
• PRODUZIERT IN ÖSTERREICH<br />
• GEEIGNET ZUR AROMATISIERUNG VON<br />
GEGRILLTEM RIND, LAMM, SCHWEIN, HUHN, FISCH UND WILD<br />
ÖSTERREICHISCHE BBQ PELLETS ERHÄLTLICH BEI:<br />
GRILLSCHULE BITTERMANN<br />
www.bittermann-vinarium.at<br />
Abt Bruno Heinrich Platz 1<br />
2464 Göttlesbrunn<br />
ROHREGGER GMBH<br />
www.grillpellets.at<br />
Hallerstr. 35, 6020 Innsbruck<br />
GRILLCENTER GRAZ<br />
www.grillcenter-graz.at<br />
Rudolf Kratochwill-Str. 3,<br />
8054 Seiersberg-Pirka<br />
EISENWAREN GEB. ETTEL<br />
www.eisenwaren-ettel.at<br />
Dr.-Karl-Psenner-Str. 54, 6130 Schwaz<br />
Mixed<br />
Premium<br />
Woods<br />
BARBECUE POINT<br />
www.barbecue-point.at<br />
Bahnhofstr. 36<br />
2201 Gerasdorf bei Wien<br />
Marktstr. 9, 2331 Vösendorf<br />
GRILL & CO<br />
www.grillco.at<br />
Angyalföldstr. 101, 1210 Wien<br />
Wienerstr. 131-133, 2345 Brunn am Gebirge<br />
Welser Str. 33, 4614 Marchtrenk<br />
<strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong> 87
Rauch<br />
& Zeit<br />
BBQ ist unsere liebste Methode<br />
für die Veredelung besonders<br />
interessanter „Second Cuts“<br />
vom Rind.<br />
Was BBQ vom Grillen unterscheidet, sind die<br />
Parameter Temperatur, Garzeit und Raucharoma.<br />
Während sich Grillen – ob direkt<br />
oder indirekt – meistens weit jenseits der<br />
140°-Marke abspielt, liegt die klassische<br />
Temperaturzone des Barbecue zwischen 80 und 120°C, also<br />
noch weit entfernt von jedem klassischen Karamellisierungseffekt.<br />
Damit sind auch süße Würzungen und Rubs mit braunem<br />
Zucker, Melasse, Honig und Ahornsirup ungefährlich. Andere<br />
hitzeempfindliche Gewürze wie Paprikapulver oder frischer<br />
Knoblauch können ebenfalls großzügig eingesetzt werden.<br />
Aber auch sonst bietet diese Garmethode unschlagbare Vorteile:<br />
Sie macht zähes Fleisch garantiert mürb, holt unheimlich<br />
viel Aroma heraus und ist zwar langwierig, aber ausgesprochen<br />
komfortabel. Denn niemand wird gezwungen, neben<br />
dem Smoker auszuharren – sowas macht man freiwillig, kann<br />
es aber auch lassen.<br />
Ist ein Smoker nämlich richtig eingestellt, muss man nur mehr<br />
warten. Funkthermometer informieren uns präzise und drahtlos<br />
über den Fortgang unseres jeweiligen Smoker-Projektes.<br />
Während BBQ mit Anwesenheit von Rauch auch auf einem<br />
Gas-, Kugel- oder Keramikgrill stattfinden kann, sind die Smoker<br />
eine eigene Geräte-Kategorie, die ausschließlich dem Räuchern<br />
gewidmet sind.<br />
Geräuchert wird in so einem Smoker ja gemeinhin heiß bzw.<br />
warm, gelegentlich aber auch kalt. Der Unterschied? Beim<br />
Kalträuchern wird eigentlich nicht wirklich gegart, sondern<br />
Fisch, Fleisch, Wurst, Speck und Käse über einen langen Zeitraum<br />
bei Temperaturen von maximal 25°C (und auch deutlich<br />
darunter) aromatisch und haltbar gemacht. Und so etwas geht<br />
(mittels Räucherschnecke) auch ganz ohne Räucherkammer in<br />
einem Standard-Grillgerät.<br />
Ring of Fire. Aber wenn wir vom Smoken sprechen, dann<br />
meinen wir so gut wie immer das Warmräuchern als Niedertemperatur-Garmethode,<br />
die auch eine ganz spezifische Auswirkung<br />
auf unsere Lebensmittel hat. Direkt unter der dunklen<br />
Oberfläche des geräucherten Fleischteiles – vom Kenner gerne<br />
„Bark“ genannt – bildet sich beim Warmräuchern nach vielen<br />
Stunden eine typische rosa Fleischschicht, der sogenannte<br />
„Smoke Ring“. In ihm verbinden sich Stickstoffdioxide aus dem<br />
Rauch mit der Flüssigkeit des Fleisches zu Salpetriger Säure,<br />
die in das Fleisch einzieht und das Myoglobin im Muskel rosarot<br />
färbt. Je länger die Säure dafür Zeit hat, desto dicker kann<br />
dieser Smoke Ring werden. Und dieser ist nicht nur optisch attraktiv,<br />
sondern transportiert auch ein ganz eigenes, köstliches<br />
Aroma. Eine Kerntemperatur von 91-96°C für Brisket, Pulled<br />
Pork & Co. ist hier übrigens tatsächlich nicht zu viel!<br />
Und nach dem Smoken wird an einem warmen Ort geruht –<br />
1 bis 2 Stunden dürfen es bei einem großen Teilstück schon<br />
sein, dann entspannen sich die Fleischfasern gänzlich.<br />
Um die Entstehung des Smoke Rings zu begünstigen, gibt es<br />
ein paar Tricks: Der Smoke Ring mag es nass auf der Fleischoberfläche.<br />
Mopp ist also top, gut sind auch Sprühflaschen mit<br />
88 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Die Texaskrücke. Wer beim BBQ nicht 18 Stunden auf<br />
seine fachgerecht gesmokten Briskets, Ribs oder sein Pulled<br />
Pork warten möchte, bedient sich gerne eines beliebten Profi-<br />
Tricks: der Texaskrücke, im Amerikanischen „Texas Crutch“<br />
bzw. „Stall“ genannt. Mit dieser Methode geht’s gut doppelt<br />
so schnell:<br />
Die Kerntemperatur von Rindfleisch sollte am Ende eines<br />
BBQs, je nach Qualität und Teilstück, bei rund 90°C liegen.<br />
Was bei einer Gartemperatur, die vielleicht nur etwa 10-20°C<br />
darüber liegt, natürlich seine Zeit braucht. Schuld daran trägt<br />
unter anderem die sogenannte Plateauphase. Denn während<br />
die Kerntemperatur im Fleisch in den ersten vier Stunden im<br />
Smoker langsam, aber sicher auf 65 bis 75°C klettert, tut sich<br />
danach für einige Zeit scheinbar gar nichts mehr.<br />
Grund für diesen Effekt ist einerseits die Umwandlung von<br />
Kollagen in Gelatine, vor allem aber die Verdunstungskälte<br />
auf der Fleischoberfläche in relativ trockener Luft. Und mit<br />
der „Texaskrücke“ – einem eng gewickelten Schutzmantel aus<br />
einer doppelten Lage Butcher Paper oder Backpapier und zusätzlich<br />
Folie um das Fleisch – wird diese Verdunstung fast<br />
vollständig unterbunden und das Fleisch deutlich schneller<br />
weich gegart.<br />
der passenden Marinade. Selleriesalz als Bestandteil des Rubs<br />
bzw. der Moppsaucen beinhaltet natürliche Zartmacher. Das<br />
schafft gute Voraussetzungen für die gewünschten Prozesse.<br />
Je länger das Fleisch Holzrauch ausgesetzt ist, desto deutlicher<br />
wird der Smoke Ring. Die meiste Wirkung erzielt man jedoch<br />
bereits beim rohen Fleisch.<br />
Holzweg. Rauch entsteht durch verbrennendes Holz – egal<br />
ob nur mit Holz geheizt wird, mit Pellets oder lediglich ein<br />
paar Handvoll Holzchips auf der Glut landen. Im Offsetsmoker<br />
kommen ja meist ganze Holzscheite zum Einsatz – dort sind<br />
sie Brennstoff und Rauchspender zugleich. Und das Scheitholz<br />
der Nation ist in Österreich die Buche. Diese ist auch geschmacklich<br />
keine schlechte Wahl, immerhin werden gefühlte<br />
99 Prozent der heimischen Wurstproduktion über Buchenspänen<br />
geräuchert. Spezialisten am Smoker räuchern aber auch<br />
besonders gerne mit Obstholz oder mit Weinreben, Trester,<br />
Nussschalen etc.<br />
Bei kleinteiligem Räucherholz, also Chunks und Chips für Kugelgrill<br />
und Räucherbox, gibt es wohl die größte Auswahl. Sie<br />
reicht von typisch amerikanischen BBQ-Hölzern wie Hickory<br />
und Mesquite bis zu Erle, Kirsche, Apfel und ausgedienten<br />
Bourbon-Fässern. Chunks sind übrigens grobe Stücke, die<br />
weniger, dafür aber länger Rauch produzieren als Chips. Sie<br />
kommen direkt auf die Glut, müssen davor aber im Gegensatz<br />
zu den Chips nicht gewässert werden.<br />
Blaurauch<br />
Nur feuchtes Fleisch nimmt Rauch gut auf – halten<br />
Sie die Oberfläche auch während des Smokens<br />
mit einem Mopp oder einer Sprühflasche feucht.<br />
Auch eine Schale Wasser im Garraum ist immer<br />
eine gute Idee. Der ideale Rauch zum Smoken ist<br />
weder weiß (wie beim Anzünden) noch schwarz<br />
(wie bei feuchtem Holz), sondern bläulich und<br />
transparent. Je höher die Temperatur, desto geringer<br />
ist die Rauchentwicklung. Regelbar ist die Temperatur<br />
vor allem über die Luftzufuhr, wobei die<br />
Temperaturwahl grundsätzlich durch die Menge<br />
des Brennstoffes gegeben ist.
Die Luft<br />
ist raus<br />
Garen bei Niedertemperatur funktioniert<br />
am besten im Wasser, denn<br />
dessen Temperaturleitfähigkeit ist<br />
23 mal größer als jene der Luft. Aber<br />
Aromen, Mineralstoffe und Säfte sind<br />
wasserscheu, und warme Bäder diesseits<br />
des Siedepunktes laugen Fleisch<br />
und Gemüse unweigerlich aus. Die<br />
Lösung heißt „sous-vide“. Das steht<br />
im Französischen für „Vakuum“ und<br />
vor allem für eine revolutionäre und<br />
trotzdem erstaunlich einfache Niedertemperatur-Gartechnik,<br />
die inzwischen<br />
auch leistbar geworden ist.<br />
Während ambitionierte Hobbyköche noch vor<br />
ein paar Jahren drei bis vier Tausender für<br />
ein präzise temperiertes Wasserbad samt<br />
Kammervakuumierer erübrigen mussten,<br />
ist solide Sous-vide-Technik heute schon<br />
um wenig Geld zu bekommen. Und wer noch weniger ausgeben<br />
will, schafft sich sein Wasserbad mit einem großen Topf<br />
im Backrohr sogar einfach selbst. Das ist zwar nicht genau<br />
steuerbar, reicht aber für einfaches Vorgaren, wo die Präzision<br />
keine allzu große Rolle spielt.<br />
Optionen. Technisch besser ist es allerdings, das Wasser<br />
in seiner Wanne mittels Pumpe ständig in Bewegung zu halten.<br />
Die Temperaturen zirkulierter Wasserbäder sind nämlich<br />
sehr gleichmäßig und haben üblicherweise nur Schwankungen<br />
von weniger als 0,05°C. Und dafür braucht es nicht unbedingt<br />
Profigeräte.<br />
90 <strong>Mission</strong> <strong>Beef</strong>
Moderne Sous-vide-Stäbe, die optisch ein wenig an überdimensionale<br />
Lockenstäbe erinnern, ergeben in Kombination<br />
mit einem beliebigen hohen Topf bereits eine sehr ansprechende<br />
Gareinheit, sind zudem günstig und einfach in der Küchenlade<br />
zu verstauen.<br />
Oder aber die Temperatur wird mittels ausgeklügelter Technik<br />
in einer Wanne permanent überwacht und punktuell korrigiert.<br />
Diese Wannen-Temperierer sind besonders kommod zu<br />
bedienen und programmierbar. Dazu kommen noch die Kosten<br />
für ein ordentliches Vakuumgerät sowie die passenden<br />
Schlauchbeutel.<br />
Warmbad. Die allereinfachste Methode des Sous-vide-<br />
Garens ist die nach der Formel „Wassertemperatur = angestrebte<br />
Kerntemperatur“, wobei die Wassertemperatur meist<br />
um etwa 0,5 Grad höher eingestellt wird, um die Abkühlung<br />
durch das Lebensmittel selbst auszugleichen. Ein vakuumiertes<br />
Steak wird also beispielsweise in 54°C warmes Wasser gelegt<br />
und verbringt dort etliche Stunden, bis es durchgängig<br />
die Garstufe medium hat. Man kann es dabei kaum übertreiben,<br />
denn in diesem Temperaturbereich kann es theoretisch<br />
auch 24-48 Stunden ohne weiteren Texturverlust gehalten<br />
werden. Wichtig ist dabei allerdings die Temperaturkonstanz,<br />
denn selbst kleine Spitzen können sehr wohl zu Übergarungen<br />
führen.<br />
Die Mindestdauer des warmen Wasserbades ist aber letztlich<br />
von der Größe des Fleischstückes abhängig und steigt überproportional<br />
mit dessen Durchmesser. Wenn ein 3 Zentimeter<br />
dickes Steak bei 60°C nach 32 Minuten eine Kerntemperatur<br />
von 54°C erreicht, sind bei 6 cm Dicke bereits 128 Minuten<br />
Wartezeit angesagt. Beeinflusst werden diese Parameter aber<br />
auch von Fleischqualität, Teilstück, Fettgehalt etc., weswegen<br />
hier Geduld prinzipiell die beste Tugend ist. Und natürlich<br />
sollte man über die ideale Kerntemperatur des Cuts Bescheid<br />
wissen. Denn kollagenreiches Fleisch braucht natürlich eine<br />
weit höhere Kerntemperatur als ein zartes Steak.<br />
Ein weiterer Vorteil der Sous-vide-Methode ist die Möglichkeit,<br />
Gewürze und Aromen durch das Vakuum und die schonende<br />
Zubereitung in die Lebensmittel zu transferieren. Bei<br />
manchen Aromaten jedoch ist Vorsicht geboten – beispielsweise<br />
bei rohem Knoblauch, der seinen Geschmack im Vakuum<br />
recht unangenehm verändern kann.<br />
Finish. Erst nach dem Garen im Wasserbad kommt bei den<br />
meisten Fleischgerichten die heiße Phase der Bräunung – die<br />
sogenannte Maillard-Reaktion. Da der Kern des Fleisches bereits<br />
perfekt auf den Punkt vorgegart ist, muss am Grill nur<br />
mehr eine appetitliche Kruste auf die Oberfläche, die auch<br />
für intensive Röstaromen verantwortlich ist. Will man aber<br />
besonders viel Kruste, bleibt man besser schon beim Sousvide-Garen<br />
einige Grad unter der Zieltemperatur, um auch<br />
nach einer ausgiebigeren Bräunungsphase eine perfekte Garstufe<br />
zu erzielen.<br />
Haltbarkeit. Während sous-vide vorgegartes Rindfleisch<br />
im Vakuumbeutel im normalen Kühlschrank (bei rund 7°C)<br />
maximal fünf Tage aufgehoben werden sollte, steigt diese Lagerfähigkeit<br />
indirekt proportional mit dem Sinken der Temperatur.<br />
Bei maximal 2,5°C sind es schon bis zu 90 Tage, die das<br />
Fleisch ohne Qualitätsverlust gelagert werden kann. Ein klares<br />
Plädoyer also für die sogenannte Null-Grad-Zone.<br />
Voraussetzung ist allerdings, dass der Inhalt unmittelbar nach<br />
dem Garen im Wasserbad schockgekühlt wird. Und zwar in<br />
Eiswasser, das zur Hälfte aus Eis bestehen sollte. Und ausreichend<br />
lange – denn ein gut 5 cm dickes Steak, das bei einer<br />
Temperatur von nur 55°C vorgegart wurde, braucht fast zwei<br />
Stunden, um im Eisbad durch und durch abzukühlen.<br />
Vakuum<br />
Das Vakuum ist Grundvoraussetzung für diese<br />
Gartechnik. Also steht die Anschaffung eines ordentlichen<br />
Vakuumgerätes an erster Stelle – und<br />
das muss nicht unbedingt ein Kammervakuumierer<br />
der 1.000-Euro-Klasse sein. Auch günstige Geräte<br />
bieten heute bereits eine sehr ansprechende<br />
Leistung und sind außerdem auch sonst ideale<br />
Partner bei der Vorratshaltung, denn ohne Luft<br />
halten viele Lebensmittel im Kühlschrank um ein<br />
Vielfaches länger.