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RhPfalz_Mai_2023

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Inklusion<br />

Zeitung <strong>Mai</strong> <strong>2023</strong><br />

11<br />

Wann kommt der Aufschwung?<br />

Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung stagniert – VdK hofft auf Wirkung der verschärften Ausgleichsabgabe<br />

Die Corona-Pandemie beeinträchtigt<br />

die Beschäftigungssituation<br />

von Menschen mit Behinderung<br />

bis heute. Während der allgemeine<br />

Aufschwung bereits seit<br />

2021 am Arbeitsmarkt angekommen<br />

ist, finden Schwerbehinderte<br />

noch mühsamer einen Job als zuvor.<br />

Ihre Beschäftigungsquote in<br />

den Unternehmen ist gesunken.<br />

offensichtlich zu schwach, wir<br />

machen Rückschritte statt Fortschritte“,<br />

ärgert sich Bentele. Deshalb<br />

begrüßt der VdK das neue<br />

Gesetz zur Förderung des inklusiven<br />

Arbeitsmarkts, das jüngst<br />

verabschiedet wurde und eine<br />

verdoppelte Ausgleichsabgabe für<br />

Null-Beschäftiger vorsieht (siehe<br />

VdK-Zeitung, April <strong>2023</strong>).<br />

Ab dem dritten Quartal 2021<br />

setzte am Arbeitsmarkt eine deutliche<br />

Erholung ein. Doch Menschen<br />

mit Schwerbehinderung<br />

können offenbar nicht vom Aufschwung<br />

profitieren, so das Ergebnis<br />

der Bundesagentur für Arbeit<br />

(BA) in einem aktuellen Bericht.<br />

An der Qualifikation kann das<br />

nicht liegen. Im Jahr 2021 hatten<br />

55 Prozent der arbeitslosen Menschen<br />

mit Behinderung eine Berufsausbildung<br />

vorzuweisen, bei<br />

Menschen ohne Behinderung<br />

waren es mit 45 Prozent deutlich<br />

weniger. Trotz höherer Qualifizierung<br />

sind Menschen mit Behinderung<br />

viel länger ohne Job: 47 Prozent<br />

sind zwölf Monate oder länger<br />

arbeitslos gemeldet und damit<br />

langzeitarbeitslos, bei arbeitslosen<br />

Menschen ohne Behinderung sind<br />

es nur 39 Prozent.<br />

Der hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen<br />

ist sicherlich auch dem<br />

durchschnittlich höheren Alter<br />

von arbeitslosen Menschen mit<br />

Behinderung geschuldet. 2021 waren<br />

46 Prozent von ihnen über 55<br />

Jahre alt. Bei der Gruppe ohne<br />

Arbeiten mit Behinderung geht auch im Home-Office.<br />

Behinderung waren nur 22 Prozent<br />

älter als 55.<br />

Die Diskriminierung am Arbeitsmarkt<br />

ist also frappierend,<br />

erklärt VdK-Präsidentin Verena<br />

Bentele: „Die Zahlen der Arbeitsagentur<br />

decken sich mit den Erfahrungen<br />

von VdK-Mitgliedern mit<br />

Behinderung. Viele erzählen, dass<br />

ihre höhere Qualifikation trotz<br />

gegenteiliger Beteuerung der Arbeitgeber<br />

weniger zählt. Und das<br />

Alter wiegt doppelt so schwer bei<br />

der Suche nach einem Job, wenn<br />

jemand eine Behinderung hat.“<br />

Viele Betroffene sind gezwungen,<br />

vorzeitig in Rente zu gehen, und<br />

müssen das mit hohen Abschlägen<br />

büßen. Angesichts des Beschäftigungspotenzials<br />

von Menschen<br />

mit Behinderung kann Bentele<br />

kein Verständnis für Arbeitgeber<br />

aufbringen, die keinen Menschen<br />

mit Behinderung beschäftigen.<br />

Mehr Null-Beschäftiger<br />

Laut BA erfüllten 2021 nur 39<br />

Prozent der Unternehmen mit mindestens<br />

20 Arbeitsplätzen die gesetzliche<br />

Schwerbehindertenquote<br />

von mindestens fünf Prozent. Die<br />

Foto: picture alliance/Britta Pedersen<br />

Zahl ist im Fünfjahresvergleich<br />

sogar um 0,9 Prozent zurückgegangen.<br />

Die Quote der „Null-<br />

Beschäftiger“ unter den verpflichteten<br />

Unternehmen lag 2021 bei<br />

25,9 Prozent und damit um 0,4<br />

Prozent höher als fünf Jahre zuvor.<br />

Unternehmen, die ihre Pflichtquote<br />

gar nicht oder nur teilweise<br />

erfüllen, müssen pro unbesetztem<br />

Arbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe<br />

zahlen. Dies soll Anreiz sein,<br />

Menschen mit Schwerbehinderung<br />

einzustellen beziehungsweise deren<br />

Arbeitsplätze zu erhalten.<br />

„Diese Anreizfunktion ist ganz<br />

Fürsorgepflicht<br />

Trotzdem sieht der VdK noch<br />

Nachbesserungsbedarf. „Die meisten<br />

Menschen haben ihren Behindertenstatus<br />

aufgrund einer Erkrankung<br />

und nicht von Geburt<br />

an. Unternehmen haben eine<br />

Fürsorgepflicht gegenüber ihren<br />

Beschäftigten. Deswegen muss die<br />

betriebliche Prävention verpflichtend<br />

werden, mit besseren Regelungen<br />

zur stufenweisen Wiedereingliederung<br />

von erkrankten<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />

Zudem müssen die Schwerbehindertenvertretungen<br />

in den<br />

Unternehmen deutlich gestärkt<br />

werden“, fordert die VdK-Präsidentin.<br />

Damit lasse sich verhindern,<br />

dass so viele Beschäftigte wegen<br />

einer Behinderung ihren Arbeitsplatz<br />

verlieren.<br />

Und noch etwas muss dringend<br />

vom Tisch, sagt Bentele: „Die Kosten<br />

der Ausgleichsabgabe können<br />

Unternehmen einfach von der<br />

Steuer absetzen. Das ist mehr als<br />

kontraproduktiv für die Inklusion.“<br />

Dr. Bettina Schubarth<br />

Die Sesamstraße wird inklusiver<br />

Ab Herbst gehört Puppe Elin mit zum Team – sie ist im Rollstuhl unterwegs<br />

ESC ohne Barrieren<br />

Die ARD bietet barrierefreie Übertragung an<br />

Seit 50 Jahren begeistert die Sesamstraße<br />

Groß und Klein. Bald<br />

erhält sie Verstärkung durch eine<br />

neue Puppe.<br />

Zöpfe, gelbe Jacke, coole rosa<br />

Schuhe und ein strahlendes Lachen<br />

– das ist Elin. Wie der Norddeutsche<br />

Rundfunk (NDR) berichtet, ist<br />

das kleine Mädchen sieben Jahre alt<br />

und zieht als neue Bewohnerin in<br />

die Sesamstraße ein. Sie mag Zahlen,<br />

Technik und Handwerken. Und<br />

sie fährt in einem blauen Rollstuhl<br />

durchs Leben.<br />

Elin ist die erste Puppe mit einer<br />

Behinderung in der Sesamstraße.<br />

Dass es sie gibt, ist einer Idee von<br />

René Schaar zu verdanken. Er ist<br />

der Gleichstellungsbeauftragte im<br />

NDR und war der Ansicht, dass es<br />

für alle Kinder gleich wichtig ist,<br />

sich in der Sendung repräsentiert<br />

zu sehen.<br />

Bunt und vielfältig<br />

„Die deutsche ‚Sesamstraße‘ ist<br />

seit 50 Jahren bunt und vielfältig.<br />

Monster und Menschen aller Hautund<br />

Fellfarben sind hier zu Hause“,<br />

sagt NDR-Programmdirektor<br />

Frank Beckmann. „Jetzt wird die<br />

Puppenwelt etwas inklusiver.“<br />

Der Rollstuhl gehört zu Elins<br />

Alltag – ein Hilfsmittel, das sie<br />

braucht, weil sie nicht so gut laufen<br />

kann, erklärt Schaar. Aber das sei<br />

bei weitem nicht alles, was sie ausmacht:<br />

Denn sie ist mutig, schlau<br />

und selbstbewusst. Basteln gehört<br />

Elin zieht in die Sesamstraße ein.<br />

zu ihren Leidenschaften. Manchmal<br />

wird sie ungeduldig, wenn<br />

etwas nicht so schnell gelingt, wie<br />

sie es möchte. Eine typische Siebenjährige<br />

eben.<br />

Entwickelt wurde die Puppe von<br />

der NDR-Redaktion der Sesamstraße<br />

und dem US-amerikanischen<br />

„Sesame Workshop“. Beide<br />

kooperieren seit über 50 Jahren<br />

miteinander. Der Fernsehsender<br />

hat zudem Menschen mit Behinderung<br />

in die Entwicklung einbezogen.<br />

So konnte nach Ansicht des<br />

NDR eine realistische und glaubwürdige<br />

Figur entstehen.<br />

Manchmal, wenn die Siebenjährige<br />

bastelt, ist sie ganz in sich<br />

vertieft. So wird das in den neuen<br />

Foto: picture alliance<br />

Folgen, die noch vor kurzem im<br />

Studio Hamburg gedreht wurden,<br />

erzählt. Wird Elin dann angesprochen,<br />

kann es vorkommen, dass sie<br />

sich verhaspelt und Worte auf lustige<br />

Weise vertauscht.<br />

Gebaut wurde die Puppe von der<br />

Jim Henson Company, und der<br />

Rollstuhl ist in den Werkstätten<br />

des NDR entstanden. Mit Hilfe der<br />

Puppenspielerin Iris Schleuss und<br />

der Handspielerin Charlie Kaiser<br />

erwacht sie zum Leben.<br />

Die neuen Folgen mit Elin laufen<br />

ab Herbst. Sie sind in der ARD-<br />

Mediathek, auf dem Kinderkanal<br />

KiKa, im NDR-Fernsehen und auf<br />

der Webseite www.sesamstrasse.<br />

de zu sehen. Kristin Enge<br />

37 Länder sind in diesem Jahr beim<br />

Eurovision Song Contest (ESC) in<br />

Liverpool vertreten. Der Norddeutsche<br />

Rundfunk überträgt den<br />

Songcheck, die Halbfinale sowie<br />

das Finale am Samstag, 13. <strong>Mai</strong>,<br />

auch für Menschen mit einer Hörund<br />

Sehbehinderung komplett<br />

barrierefrei.<br />

Zu den ESC-Shows aus Liverpool<br />

ist ein umfangreiches barrierefreies<br />

Angebot geplant. Während<br />

der Live-Übertragungen werden<br />

Untertitel erstellt, die als Text am<br />

unteren Bildrand eingeblendet<br />

werden. Auf einer zusätzlichen<br />

Tonspur gibt es eine sogenannte<br />

Audiodeskription, die die Bilder<br />

der Show beschreibt, beispielsweise<br />

die Kostüme der Künstlerinnen<br />

und Künstler, den Bühnenaufbau<br />

und die Show. Für Menschen mit<br />

Hörbehinderung wird das Finale<br />

zusätzlich in einer Fassung mit<br />

internationaler Gebärdensprache<br />

übertragen. In Deutschland ist die<br />

Live-Show mit Gebärdendolmetscherin<br />

im Programm von EinsPlus<br />

zu sehen. Diese Version wird<br />

außerdem auf der Webseite<br />

eurovision.de übertragen.<br />

Die beiden Halbfinale finden am<br />

Dienstag, 9. <strong>Mai</strong>, sowie am Donnerstag,<br />

11. <strong>Mai</strong>, jeweils von 21 bis<br />

23.10 Uhr statt. Das große Finale<br />

in der Liverpool-Arena ist am<br />

Samstag, 13. <strong>Mai</strong>, von 21 bis 0.45<br />

Uhr. Wer die Livesendungen verpasst<br />

hat, kann die Wiederholungen<br />

später in der ARD-Mediathek<br />

ansehen.<br />

ali

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