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Zwischen den Welten

Ethnotourismus in Westneuguinea

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Betroffene es merkt. Das Fotografieren

ist das wahrscheinlich prägnanteste

Beispiel dafür, wie sich touristisches

Handeln über ethische, moralische und

religiöse Empfindungen der Bewohner

des Reiselandes hinwegsetzt. In einem

bestimmten religiös-kulturellen Kontext

kann Fotografiert-werden eine existentielle

Bedrohung darstellen.

In der touristischen Fotografie wird dies

allzu oft aus Unkenntnis, Unverständnis

oder Gedankenlosigkeit ignoriert.

Unbedacht stiehlt man den Bereisten die

Seele. Deren Angst wird deshalb als

unbegründet betrachtet, weil sie selbst

nicht empfunden wird. Es gibt Touristen,

die die Gefühle der Betroffenen

respektieren und auf eine Aufnahme

verzichten. Im Allgemeinen aber wird

zugunsten des Fotos die Bedrohung des

Fotografierten ignoriert, die nicht als

real, sondern als fiktiv interpretiert wird.

Im Grunde jedoch ist solches Abfotografieren

ein Eindringen in den

persönlichen Bereich des Fotografierten,

weil ungefragt ein Stück von ihm für sich

beansprucht wird. Hier zeigt sich die

voyeuristische Seite der Fotografie.

Intimsphäre und Freiheit wird missachtet.

Der Fotografierte wird nicht als

Individuum respektiert, sondern als

Objekt genommen (vgl 14). Folgerichtig

wird auch der Kontakt zwischen

Fotograf und Fotografiertem mit dem

Herrschaftsverhältnis des Kolonialismus

verglichen (31). Der Fotograf offenbart

hier die Wertvorstellungen seines

sozialen Umfeldes: das Anders-Sein der

anderen wird nicht als gleichwertig

akzeptiert, sondern die eigene

Überzeugung als die einzig objektiv

gültige betrachtet (vgl 14).

Fotolegende für dieses Buch:

a. bezahlte Fotos:

alle vom Schweinekochfest, Titelbild,

die Gruppenbilder, # 4/14/15/17

b. geschenkte Fotos: # 1/7

c. gestohlene Fotos: # 2/3/6/8 bis 12

d. ohne schlechtem Gewissen

fotografiert: # 5/13/16/18

DAS FOTO ALS TROPHÄE

Der Fotograf erweckt den Anschein der

Teilnahme dadurch, dass er das Motiv

ausgewählt hat und den Anschein des

Eingebundenseins, wenn er mit aufs Bild

kommt. Er lebt jedoch nicht mit,

sondern registriert, ist nicht Teilnehmer,

sondern Zuseher (vgl 40). Das

eigentliche Erlebnis der Begegnung mit

den Menschen des bereisten Landes hat

der Fotograf, wenn er zu Hause das Foto

ansieht. Nicht das Ereignis ist das

Erlebnis für ihn, sondern das

Dokumentieren des Ereignisses, die

fotografische Abbildung (vgl 14). Das

Foto ist gleichzeitig Konserve und

Trophäe, wie das Souvenir (vgl 20).

Als Außenstehender ist der Fotograf

dennoch ein Teil der Situation, die er

eigentlich unbeeinflusst festhalten

möchte, aber durch sein Verhalten stört

(vgl 38). Indem er fotografiert schafft

sich der Reisende eine Rolle. Er

identifiziert sich als ‚der, der Bilder sucht'

(vgl 39). Mit dieser Rolle, dem Akt des

Fotografierens an sich und der Kamera

selbst schafft er sich Werkzeuge zur

Bewältigung der Angst vor dem

Fremden und gleichzeitig dessen

Aneignung (26).

Die touristische Fotografie ist zuallerletzt

ein Medium um Reales zu reproduzieren,

ein Abbild des Fremden zu liefern und

ferne Wirklichkeiten den zu Hause

Gebliebenen zu vermitteln (26).

Vordergründig nährt das Fotografieren

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