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Zwischen den Welten

Ethnotourismus in Westneuguinea

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NEUGUINEA

Neuguinea zählt zu den mythischsten

Gegenenden und gilt als das Ende der

besiedelten Welt. Es ist nach Grönland

die zweitgrößte Insel und weist trotz

Einsatz modernster Vermessungstechniken

noch viele weißen Flecken auf

der Landkarte auf. Der Dschungel

scheint undurchdringlich, der Himmel

unentwegt wolkenverhangen. Politisch ist

das Land zweigeteilt: in das eigenständige

Papua-Neuguinea (PNG) und

das zu Indonesien gehörende Westneuguinea

(Papua und West-Papua).

Meine Reise führte mich im Frühjahr

2018 in das Baliem Valley, einem Hochtal

inmitten des zentralen Maokegebirges

der indonesischen Provinz Papua in

Westneuguinea. Dieses Tal wird von drei

indigenen Stämmen bewohnt, den Dani,

Lani und Yani mit insgesamt rund 50.000

Ureinwohnern.

BLUTRACHE UND

SCHWEINEKOCHFEST

Papuas Stämme werden als wild, primitiv

und unzivilisiert wahrgenommen. Eine

Reise dorthin hat den Ruf gefährlich zu

sein, nicht zuletzt weil man noch einen

praktizierten Kannibalismus vermutet.

Die traditionellen Schweinekochfeste

nähren das Bild der blutrünstigen

Barbaren. Der Stamm der Dani lebt

darin seine archaischen Rituale. Früher

konnten bereits kleinste Kontroversen

zu tödlichen Auseinandersetzungen und

zu Praktiken der Blutrache führen.

Die Papua glauben, dass der Geist eines

Verstorbenen in der Sippe weiterlebt,

womit eine Verpflichtung einhergeht,

sich um diesen zu sorgen. Fast jeder

Todesfall wird auf Zauberei zurückgeführt.

Damit der Geist zur Ruhe

kommen kann, ist es die heiligste Pflicht

der Lebenden, den Tod des Stammesangehörigen

zu rächen. Durch Zauberhandlungen

wird versucht, den ‚Mörder‘

zu enttarnen. Dessen Sippe wird dann

kurzerhand der Krieg erklärt (vgl 35).

In früheren Zeiten hätte Häuptling

Melius Walalua seine tapferen Krieger

auf die Wiese vor dem Dorf geführt.

Bewaffnet mit Pfeil & Bogen und langen

Speeren treten sie mit protzigem

Federschmuck, weißer Körperbemalung

und Nasenringen aus Eberzähnen den

Feinden gegenüber. In einem wilden hin

und her wird gekämpft bis jemand den

Tod findet. Das Töten führt zu einer

Kettenreaktion, da die Getöteten wieder

gerächt werden müssen (vgl 35). Um

dieser Gewaltspirale zu entkommen,

kann Lösegeld in Schweinewährung

ausverhandelt und der Streitschlichtungspakt

bei einem Schweinekochfest

besiegelt werden.

Melius übernimmt beim diesem Fest die

wichtige Aufgabe des Feuermachens.

Steinzeitlich mit Rattanschnur und

Weichholzstück entzündet er ein Büschel

trockenen Grases. Mit diesen Glimmstücken

wird dann einem großen

Holzstoß untergeheizt und gleich einmal

eine allgemeine Rauchpause zur Feier des

Anheizerfolges eingelegt.

Danach helfen die Dorfbewohner

zusammen. Eine große Menge an

Steinen wird ins Feuer gelegt, die

vorhandene Erdgrube von den Resten

der letzten Verwendung gesäubert und

ein freilaufendes Ferkel eingefangen. Mit

Pfeil und Bogen tötet Melius das junge

Schwein aus nächster Nähe durch einen

präzisen Schuss ins Herz. Am Dorfplatz

herumtorkelnd blutet das Tier aus.

Das anschließende Zerteilen erfolgt

respektvoll und äußerst geschickt mit

39

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